Die andere Frau von Yvaine ================================================================================ Kapitel 4: ----------- Es war ein anstrengender Tag gewesen, Oscar hasste es sich jedes Mal um die lästigen Büroarbeiten zu kümmern. Wenn es nur bei diesem einzigen Übel geblieben wäre, heute schien wirklich alles schief zu gehen. Zuerst waren einige Papiere abhanden gekommen, die fast bis zuletzt verschwunden blieben und nachdem sie fast das ganze Büro auf den Kopf gestellt hatte wurde sie letztendlich in ihrer Schublade fündig die sie zuvor schon mindestens dreimal durchwühlt hatte. Oscar konnte sich selbst nicht erklären wie diese kleinen Übeltäter dort hingelangt sein könnten, aufgrund des stressigen Alltags hatte sie wahrscheinlich in geistiger Umnachtung oder besser ausgedrückt völliger Übermüdung die Papiere mit anderen Unterlagen zusammen in die Schublade gestopft. Und dies war noch lange nicht das Ende ihres furchtbaren Arbeitstages, einige ihrer Soldaten meinten ihrem Commandanten einen Streich spielen zu müssen, und streuten Zucker über ihr geliebtes Filet Mignon, nachdem sie einen kräftigen Bissen genommen hatte spuckte sie das widerliche Zeug zu Boden. Die Soldaten die in freudiger Erwartung an Oscars Bürotür lauschten um zu erfahren wie sie darauf reagierte, brachen in schallendes Gelächter aus, als von drinnen ein Husten und Würgen sowie kleine Flüche ausstoßend, aus dem Büro zu vernehmen waren. Mittlerweile war Spätnachmittag, Oscar völlig erschöpft und ausgehungert, beschloss endlich ihren Feierabend einzuläuten. Aber irgend etwas war da noch woran sie denken sollte, was war es denn gleich noch mal? Oscar dachte angestrengt nach. “Ah!!!, das neue Kindermädchen!” “Wie konnte ich das nur vergessen, Sophie wird mich umbringen!” Mit schnellen Schritten eilte sie den Gang entlang und auf den Hof hinaus, in Richtung ihres Pferdes. Mit einem gekonnten Sprung saß sie auch schon auf dem prachtvollen weißen Schimmel. Es wurde schon langsam Abend, die Sonne hatte sich in einen feuerroten Ball verwandelt welcher langsam am Horizont unterging. Für dieses beeindruckende Schauspiel der Natur hatte Oscar momentan keinen Blick übrig, sie trat ihrem Pferd in die Flanken und einige Sekunden später konnte man nur noch eine Staubwolke von ihr sehen. Oscars Laune war auf einem Tiefpunkt angekommen, sie hoffte dieser Tag möge endlich ein Ende nehmen, zuvor würde es aber noch eine unerfreuliche Auseinandersetzung mit Sophie geben. Sophie versuchte sich derweil nichts anmerken zu lassen und redete unentwegt auf Celeste ein. Eine Stunde später streckte Sophie die Waffen. “Es tut mir leid mein Kind, Lady Oscar scheint sich zu verspäten! Selbst André ist noch nicht nach Haus gekommen!” “André ? Wer ist André?” fragte Celeste interessiert. Sophie fasste sich mit der rechten Hand bedächtig an die Stirn und schalt sich für ihre Vergesslichkeit. “Ach, das habe ich dir ja noch gar nicht erzählt, wie konnte ich das nur vergessen? André ist mein Enkel und lebt schon seit seiner Kindheit im Hause der Jarjayes, er ist sehr gut mit Lady Oscar befreundet! Anfangs arbeitete er als Stallbursche, mittlerweile ist er Soldat in der Söldnertruppe und nur noch gelegentlich daheim!” “Du wirst ihn sicherlich morgen früh kennen lernen!” Celeste starrte gedankenverloren auf ihr halb geleertes Glas Milch welches vor ihr stand, etwas schien sie zu beschäftigen. Nach einigen Minuten des Schweigens sah sie zu Sophie und fragte einfach frei heraus. “Oscar! Ist ein ziemlich merkwürdiger Name für eine Frau, es ist nur meine Meinung aber er ist etwas einfallslos wie ich finde! Fiel dem General und seiner Frau denn nichts besseres ein?“ Celeste hielt sich die Hand vor den Mund als sie Sophies verdutztes Gesicht sah. “Oooh!!! Entschuldigung” stotterte Celeste verlegen. ”Ich hatte nicht vor das so aus zu drücken!” Sie schalt sich für ihre unbedachten Worte. Hätte ich doch nur meinen vorlauten Mund gehalten, dachte Celeste verlegen. Sophie langsam wieder etwas um Fassung ringend antwortete dennoch brav auf die Frage die sie gestellt bekommen hatte. “Nun ja irgendwie hast du ja recht! Der Grund weshalb sie so heißt ist ein ganz bestimmter, General de Jarjayes hatte sich nach fünf Töchtern einen Sohn gewünscht, als dies jedoch ausblieb, entschied er sich kurzerhand dafür seine Tochter zu einem Mann zu erziehen, daher auch der Name!” “Ich sag Dir eines ich war überhaupt nicht damit einverstanden! Schimpfte Sophie. “Lady Oscar ist eine junge Dame, sie sollte Kleider tragen und mit jungen gut aussehenden Männern ausgehen, stattdessen trägt sie Männerkleidung und ist Commandant der Söldnertruppe!” Sophie konnte sich nur schwer wieder beruhigen. Nun sah Celeste wirklich erstaunt aus. Eine Frau in Männerkleidung und dazu auch noch Commandant. Ich glaub das wird noch interessant werden, dachte sie sich im Stillen. Sophie wollte nicht noch mehr Löcher in den Bauch gefragt bekommen, viel zu sehr ärgerte sie sich darüber, dennoch konnte sie nicht leugnen das sie auch ein klein wenig stolz auf Oscar war die es mittlerweile weit gebracht hatte. Sophie fasste Celeste kurzerhand am Arm und zog sie mit sich. “Bevor ich dich noch weiter mit Belanglosigkeiten voll schwätze werde ich dir jetzt dein neues Zimmer zeigen!”. Sophie war gerade dabei Celeste die Treppen nach oben zu führen bzw. hinter sich her zu ziehen, als Lady Oscar abgehetzt in der Eingangshalle erschien. “Na endlich, da seit ihr ja!” “Ich weiß was jetzt kommt!” kam entnervt von Oscar. “Es tut mir wirklich leid das es so spät geworden ist, aber du weißt ja die viele Arbeit!” Sophie hielt abwehrend beide Hände vor die Brust, “Ja, Ja ich hab schon verstanden, die viele Arbeit!” wiederholte sie nochmals. “Dann wird es euch doch sicherlich nichts ausmachen, Celeste jetzt mit in euer Büro zu nehmen um alles weitere zu klären in Bezug auf ihr Gehalt und was sie sonst noch wissen sollte!” Sophie sah Oscar herausfordernd an. Celeste sah in Oscars wenig begeistertes Gesicht, sie betrachtete eingehend die schlanke hoch gewachsene Frau mit den langen blonden Harren und dem engelsgleichen Antlitz. Oscar war wunderschön das musste sie zugeben, allerdings zeugte ihr Stolzes und zugleich erhabenes Auftreten eher von Arroganz, wie Celeste fand. Zumindest hatte Celeste jetzt endlich ein Gesicht zu diesem eigenartigen Namen. Oscar musterte die kleine Person vor sich, irgendwie erinnerte sie, sie an Rosalie, wie sie da so vor ihr stand ,zart und zerbrechlich wie eine Porzellanpuppe. Dennoch war etwas in ihrem Blick was Celeste mit Rosalie nicht gemein hatte, Celestes Augen starrten geradewegs in die von Oscar, sie schien keineswegs schüchtern zu sein und ließen in Oscar den Gedanken aufkommen das man sie nicht unterschätzen sollte. Oscar bewegte sich auf Celeste zu, blieb vor ihr stehen und schaute ihr mit intensiven Blick in die Augen. “Meine Name ist wie ihr sicherlich schon erfahren habt, Oscar Francois de Jarjayes!” Und ihr heißt Celeste?” Celeste wollte sich von Oscar nicht einschüchtern lassen und antwortete mit fester Stimme: “Ja, Madam!” Sie vernahm ein lautes Lachen von Oscar.” Du brauchst mich nicht Madam nennen, Lady Oscar reicht völlig!” Das Lachen von Oscar erweckte in Celeste den Eindruck als würde sie sich über sie lustig machen. Celeste war es nicht gewohnt das man sich auf ihre Kosten amüsierte, aber was konnte man schon erwarten von einer Frau in Männerkleidung, dachte sie verächtlich. Celestes Gedanken bewegten sich im Kreis, sie dachte an das was ihr womöglich noch bevor stand. “Bis jetzt lief alles so gut und ausgerechnet diese überhebliche Person werde ich in Zukunft bedienen müssen, na das kann ja lustig werden! Hoffentlich stimmt wenigstens die Bezahlung!” Sie mochte Oscar nicht, soviel stand schon mal fest. Mit einer herablassenden Handbewegung, forderte diese, Celeste nun dazu auf ihr zu folgen um die wichtigen Details ihrer Anstellung zu erledigen. Nachdem alle Formalitäten geklärt waren und auch die Höhe ihres Gehaltes besprochen wurde, welches zu Celestes Erstaunen höher ausfiel als sie erwartet hatte, verließ sie Oscars Büro um dann endlich von Sophie in ihr neues Zimmer geführt zu werden. Die Unterkunft die sie in ihrer vorherigen Anstellung bewohnt hatte konnte man schon als Kammer bezeichnen, dieses hier war dagegen ein Palast. Mit einer kleinen Ausnahme namens Oscar schien bisher alles perfekt zu laufen, hier würde sie sich wohl fühlen. Die Höhe ihres Gehaltes hatte sie etwas milde gestimmt. Nachdem Sophie zu Bett gegangen war und Celeste ihr Abendbrot genossen hatte, ließ sie sich genüsslich in die Kissen fallen, sie war todmüde, morgen würde ein anstrengender Arbeitstag vor ihr liegen. Und bevor sie noch weiter darüber nachdenken konnte welche Überraschungen sie im Palais Jarjayes in nächster Zeit noch erwartete, war sie auch schon eingeschlafen. Es war bereits nach 23 Uhr und Oscar ließ den Rest des Abends mit einem Glas Wein vor dem Kamin ausklingen, sie war froh darüber der Abreibung von Sophie wegen ihrem zu späten Erscheinen entkommen zu sein. Sophie war viel zu erledigt gewesen um Lady Oscar noch eine Standpauke zu halten. Vielleicht würde sie das am nächsten Tag nachholen wenn sie wieder neue Energie getankt hat, bei diesen Gedanken huschte ein kleines Lächeln über ihre Lippen. Oscar genoss es vor dem warmen prasselnden Kaminfeuer zu sitzen und dem Spiel der Flammen zu zuschauen, das half ihr dabei abzuschalten. In Gedanken war sie bei André, der sich ausgerechnet heute mit seinem Auftauchen viel Zeit ließ. Oscar vermutete das sich André noch mit Alain zum Kneipenbesuch verabredet hatte, das tat er hin wieder wenn er sich an seinen freien Tagen in Paris aufhielt. Die Freundschaft der beiden Männer zueinander war für Oscar unergründlich. Jenes Vorhaben ihn heute noch Sprechen zu können hatte sie schon aufgegeben, vielleicht war es aber auch nur eine Schnapsidee von ihr ihn beschützen zu müssen, aber sie würde zumindest in Zukunft ein Auge mehr auf André haben. Nach einer halben Stunde und einer geleerten Flasche Rotwein später beschloss Oscar ihr Gemach auf zu suchen, vor Müdigkeit konnte sie sich nicht mehr auf den Beinen halten. Nachdem sie sich in ihre weichen Kissen gelegt hatte verfiel auch sie in einen tiefen Schlaf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)