Chaos On Tour von _miku-kun_ (~~True Lies~~) ================================================================================ Kapitel 15: Auf nach Japan! --------------------------- Kapitel 15. Auf nach Japan! Nachdem sie sich umgezogen uns ausgeruht hatten, während der Staff die ganze Unordnung beseitigte, stiegen sie in ihren Tour-Bus. Miku setzte sich zusammen mit dem kranken Bou nach hinten, Kanon und Teruki in die Mitte. Der Blond- schopf hustete. Vor sich hinfröstelnd starrte er aus dem Fenster, Mikus Blicke möglichst nicht beachtend. „Komm her, ich wärme dich“, bot dieser ihm an und hob schon einladend die Arme, doch Bou schüttelte ablehnend den Kopf. „Ich möchte nicht, arigatou.“ //Dann halt nicht....// Miku wandte sich um, betrachtete die weißgepuderte Stadt. Überall, wo er hinsah, war Schnee. Nur nicht auf der großen Bundesstraße, auf der sie gerade fuhren. Bevor es zum Flughafen ging, mussten sie noch ihr Gepäck aus den Zimmern holen. Als der Bus vor dem Eingang hielt, wollte Bou schon aufstehen, doch Miku drückte ihn zurück auf den Sitz. „Bleib du hier“, sagte er. „Ich hole deine Sachen zusammen mit Kanon und Teruki.“ „Aber...“ Unter einem ermahnenden Blick stieg Miku mit den anderen zweien aus. Es war bereits nach zehn und dementsprechend war auch die Temperatur. Miku zog den Kragen seines Mantels höher, während er Kanon und Teruki hinterherlief, die auf die rettende Wärme des Hotels zueilten, und war froh, dass er Bou zurückgehalten hatte. „Teruki, wir kommen gleich nach und holen Bous Sachen“, rief Miku Teruki hinterher, als sie sich trennen mussten. Dieser nickte, dankbar für die Hilfe. Kanon kramte ihren Zimmerschlüssel hervor und schloss die Tür auf. Miku betrat hinter ihm den Raum. Es war alles sauber und aufgeräumt; die Betten waren bereits frisch bezogen worden. Miku schüttelte sich, als er sich an die unangenehme Situation im Hotelzimmer in Helsinki denken musste. „Alles OK bei dir?“, kam es von Kanon, dem das nicht entgangen war. Miku lächelte ihn beruhigend an. „Hai, mir geht es gut.“ Kanon wandte sich den Koffern zu, die fein säuberlich an ihren Betten aufgereiht waren. „Ich glaube, das wird sich gleich ändern. Wenn ich mir deine Sachen mal so angucke...“ Miku schluckte. Da könnte Kanon wohl Recht haben. Er hatte ganze zwei Koffer mitgenommen, in denen jeweils ein Elefant reinpassen könnte, und zudem noch eine große Tasche. Seine kleine, silbern schimmernde Umhängetasche befand sich bereits im Auto. „Nur gut, dass wir schon vorher gepackt haben“, meinte Kanon unter einem lauten Ächzen, während er versuchte, seine viel kleineren Koffer aus dem Zimmer zu ziehen. Miku nickte nur zustimmend und wagte sich dann an seinen Berg, der zusammen etwa eine Tonne wiegen musste. Als er sich seine große Tasche um die Schultern hängte und die zwei großen Koffer, welche zu Mikus Pech keine Rollen drunter hatten, hinter sich herschob, versuchte er sich verzweifelt daran zu erinnern, wie er das all die letzten Male hinbekommen hatte. Und wie er das ganze Zeug erst einmal hier raufbekommen hatte. Doch bei den vielen Einkäufen, die sich nach jedem Aufenthalt unweigerlich ins Unendliche gestapelt hatten, war das kein Wunder. Stöhnend lief er Kanon hinterher, der es etwas einfacher hatte. Teruki wartete bereits auf sie, umzingelt von großen Taschen und Koffern. Bou musste noch viel mehr mitgenommen haben als Miku. Der Älteste betrachtete stirnrunzelnd Miku. „Und du meinst, dass du noch was von Bou nehmen kannst?“ „Das werde ich doch wohl noch hinkriegen“, protestierte Miku und stellte keuchend seine Sachen ab. „Ich bin nicht so schwach, wie ihr immer denkt!“ „Echt?“ Kanon grinste frech. „Das wäre mir neu.“ Dafür erntete er einen vernichtenden Blick seitens Miku. „Teruki, gib mir die große Tasche dort!“, fuhr der Vocal den Drummer an. So ganz wohl fühlte sich dieser jedoch nicht, als er sich dem Befehl beugte und Miku das gewünschte Objekt zur anderen Tasche über die Schulter hängte. Kanon verschränkte die Arme. „Ich wette, du schaffst es noch nicht mal bis zum Aufzug.“ „Um was wetten wir?“, gab Miku herausfordernd zurück und sah den Schwarzhaarigen trotzig an. Dabei versuchte er die aufkommenden Schmerzen in seinem Rücken zu ignorieren. Wie sollte es erst werden, wenn er auch noch zwei voll bepackte Koffer tragen musste? „Um einen Tag mit dir allein.“ „Irgendwie war das klar“, knurrte Miku. „Aber ich nehme die Herausforderung an.“ Ohne auf die spöttischen Blicke Kanons achtend, griff er nach den zwei Koffern und hob sie mit aller Kraft hoch. Doch offenbar mit zu viel Kraft, denn die Koffer ließen sich nicht annähernd so schwer hochheben wie noch vor ein paar Minuten. Völlig perplex lief er los, doch das Ergebnis war nur, dass die Taschen um seinen Schultern gefährlich schwankten. Miku taumelte und fiel hin. „Autsch!“ „Alles in Ordnung, Miku?“, fragte Teruki und kniete sich neben ihn, Kanons Gelächter ignorierend. Miku rappelte sich auf, rieb sich seine schmerzende Brust, mit der er genau auf eine der zwei Taschen gefallen war. „Ich denke schon“, murmelte er. „Tja, dann habe ich die Wette wohl gewonnen“, kam es siegessicher von Kanon. Miku drehte sich ruckartig zu ihm um. „Das waren nicht meine Koffer!“, verteidigte er sich, denn er hatte Angst, einen ganzen Tag allein mit dem Schwarzhaarigen verbringen zu müssen. Wer weiß, was dieser anstellte und was für Gefühle in Miku wieder hochkommen würden? //Aber du hast dich doch schon längst für ihn entschieden//, flüsterte eine Stimme in seinem Ohr. //Dann musst du es auch ertragen können, mal mit ihm allein zu sein.// „Du solltest besser zuhören, Miku.“ Kanon schmunzelte. „Habe ich gesagt, dass es deine Koffer sein müssen?“ Der Vocal zog eine Schnute. „Nee.“ „Siehste? Und, habe ich die Wette nun gewonnen oder nicht?“ „Ja, ja!“, brummte Miku ärgerlich. „Aber jetzt lass mich in Ruhe!“ Irgendwie schafften sie es, den hohen Berg an Gepäck in den Aufzug zu schleppen und dann, mithilfe des Fahrers ihres Tour-Busses, der ihnen netterweise hinterhergegangen war, in den Auto zu packen. Miku, der immer noch höllische Schmerzen von dem Sturz hatte, ließ die anderen schuften und setzte sich auf seinen Platz neben Bou, der schon ungeduldig auf sie gewartet hatte und nun den Vocal erstaunt ansah. „Sag bloß, ihr habt alles mit einem Mal hier runter bekommen.“ Miku nickte nur. Dass er sich dabei ziemlich übel weh getan hatte, verschwieg er lieber. „Ich wusste gar nicht, dass du so viel Gepäck hast, Bou“, sagte er. Bou lächelte. „Das wollte ich dir ja sagen, aber dann warst du schon weg. Dein Pech!“ Frech wie er war, streckte er Miku die Zunge raus. Miku grummelte nur. //Aber immerhin hat Bou wieder Humor. Dann kann es ihm ja gar nicht mehr so schlecht gehen...// „Hi, Leute! Na, wie geht’s?“ Kanon hüpfte nach Teruki auf seinen Sitz, mit einem Grinsen, das von einem Ohr zum anderen reichte. „Geht das noch lauter?“, meinte Bou entnervt und schniefte. Teruki reichte ihm ein Taschentuch, welches er dankend annahm. „Gomen, Bou. Aber ich freue mich nur so! Das wird man doch wohl mal zeigen dürfen, oder?“ Kanon grinste ihn frech an. „Klar, aber doch nicht so!“ „Na, wie denn sonst? Soll ich etwa so niedergeschlagen und mies drauf sein wie du? Nee, danke.“ „Aber ich bin krank!“ Kanon ließ sich nicht weiter auf Bous Provokation ein, drehte sich nach vorne um und plapperte mit Teruki über ihre Weihnachtspläne. „Kami, wieso freut er sich nur so?“, raunte der Blondschopf Miku leise zu. „Wir waren doch nicht so lange weg.“ Miku schwieg lieber. Er hatte keine Lust, Bou von ihrer Wette zu erzählen, die er leider verloren hatte. //Kanon freut sich doch nur, weil er gewonnen hat...// Gedankenverloren blickte er aus dem Fenster. Er legte den Kopf etwas in den Nacken und entdeckte den Mond. Es war eine sternenklare Nacht. Nach einer Weile, in der er so vor sich hinüberlegt hatte, wie er ganze vierundzwanzig Stunden mit Kanon überleben könnte – klar, sie hatten sich früher des öfteren für mehrere Tage hintereinander verabredet, doch ohne, dass große Gefühle dahinter steckten – spürte er einen stechenden Blick auf sich ruhen. Fragend sah er Kanon an, der sich zu dem Vocal, der direkt hinter ihm saß, umgedreht hatte und nun, mit verschränkten Armen auf der Lehne des Sitzes ruhend, Miku interessiert musterte. „Was ist?“, fragte Miku, irritiert durch dessen Blick. „Nix.“ Kanon schmunzelte und der Vocal wandte sich seufzend ab. Er mochte es nicht, wenn jemand ihn so anstarrte – schließlich war er doch kein Tier im Zoo -, besonders nicht, wenn es sich um Kanon handelte. Bei Bou hätte er das ertragen können, von ihm war er das ja gewohnt. Miku fühlte sich, als ob Kanons Blick alles aufnehmen könnte, was in ihm vorging; und das behagte ihm nicht. Immer noch von dessen Blick irritiert, drehte er sich wieder zu ihm um und funkelte ihn wütend an. „Warum starrst du mich so an?“ Zu seiner Verwunderung ließ Kanon sich durch diesen kleinen Wutausbruch nicht aus dem Konzept bringen. Er grinste. „Ist doch klar, warum ich das mache?“ „Aha“, brummte Miku, dem überhaupt nichts klar war. „Ich finde dich einfach so süß, dass ich den Blick nicht mehr von dir abwenden kann.“ „Uhm...“ Miku wurde unwillkürlich rot. Darauf war jetzt nun wirklich nicht gefasst gewesen! Doch er spürte, wie sein Herz einen kleinen Hüpfer machte, zudem fühlte er sich geschmeichelt. //Was?! Ich und geschmeichelt von Kanons Kompliment?! Das gibt’s doch nicht!!!// Miku wusste nicht mehr weiter. „Wie süß! Du wirst ja ganz rot“, sagte Kanon und zwinkerte ihm zu. „Kannst mich mal!“ Wütend drehte Miku sich zum Fenster, in der Hoffnung, dass Kanon sein Gesicht nun nicht mehr sehen könne und sich endlich von ihm abwenden würde. Seine Taktik schien dieses Mal Erfolg zu zeigen. Aus den Augenwinkeln her realisierte er, dass Kanon sich wieder nach vorne umgedreht haben musste. Miku sah neben sich zu Bou, der die ganze Zeit wie gebannt aus dem Fenster geschaut hatte. Ab und zu hustete er stark, doch andere Lebenszeichen schien es nicht mehr viel von ihm zu geben. Der Vocal hoffte, dass Kanon ihn gerade nicht verletzt hatte und war gleichzeitig wütend auf den Bassisten, weil dieser auf Bous Gefühle einfach keinerlei Rücksicht zu nehmen schien. //Dabei hatte ich ihn extra darum gebeten! Aber er macht ja eh das, was er will//, dachte Miku seufzend. //Er hat mir auch versprochen, dass er das alles wieder in Ordnung bringen will und was ist jetzt? Nichts! Nichts ist besser geworden...obwohl...// Miku musterte den kleinen Blonden neben sich. //Bou scheint das jetzt alles etwas besser zu verkraften, er hat aufgehört ständig in Tränen auszubrechen....// Er hörte, wie sich Teruki mit Kanon über ihre jeweiligen Musikvorlieben unterhielt und konzentrierte sich auf deren Gespräch – auch, wenn es ihn kaum interessierte. Im Flughafen herrschte reges Treiben, obwohl es auf Mitternacht zuging. Geschäftsleute gingen mit energischen Schritten auf ihr Ziel zu – was entweder der Ausgang oder einer der Gates war. Mütter waren damit beschäftigt, ihre kleinen und sehr aufgeregten oder auch nur müden Kinder unter Kontrolle zu halten, während die Männer keuchend das Gepäck hinterher schoben. Doch alle verharrten einen kurzen Moment, um den großen Weihnachtsbaum anzuschauen, der genau in der Mitte des Flughafens unter einer riesigen Glaskuppel aufgestellt worden war, zu bewundern. An ihm glitzerten rote und silberne Kugeln und es waren tausende von Kerzen angezündet worden, die den weitläufigen Terminal in ein sanftes Licht tauchten. Auch Miku, Bou, Teruki und Kanon waren in respektvollem Abstand stehen geblieben, bewunderten den prächtigen Baum. „Wow“, kam es andächtig vom Blondschopf. Er legte eine kurze Pause ein, um zu husten. Dann fuhr er fort: „So einen Weihnachtsbaum habe ich noch nie gesehen.“ Er spürte eine Hand auf seiner Schulter und drehte sich fragend zu Miku um, der nur nach oben deutete. Bou legte den Kopf in den Nacken und blickte hoch zur Glaskuppel, durch die der sternenklare Himmel und der helle Vollmond auf sie herabfunkelten. Bou quiekte vor Freude auf und wollte sich dies am Liebsten ewig anschauen. So kam es zumindest Teruki vor, der den Kleinen dann an der Hand packte und mit ihm auf eine Bank in der Nähe des Baumes zusteuerte. Sofort fing dieser an, rumzuquengeln. „Terukiiii! Du bist fies!“, jammerte er, traute sich jedoch nicht, sich von Teruki loszureißen, welcher die Quengelei einfach über sich ergehen ließ. Miku und Kanon folgten ihnen, jedoch nicht ohne Sicherheitsabstand. „Bou hat völlig vergessen, dass er krank ist.“ Kanon grinste. „Wenn er von etwas fasziniert ist, vergisst er alles“, bemerkte Miku. „Einmal war er derart von einem Handy begeistert gewesen, dass er nicht gemerkt hatte, wie direkt hinter ihm ein kleines Mädchen in einen Ständer mit CDs gelaufen war.“ Kanon lachte. Sie setzten sich zu Teruki und Bou, der gerade mit seiner unaufhörlich laufenden Nase beschäftigt war, auf die Bank. Bou hatte zwar aufgehört zu jammern, doch er zog eine Schnute wie sieben Tage Regenwetter. „Ich habe Hunger!“, fing Bou wieder an zu maulen. Miku, der sich dazu berufen fühlte, Bou jeden Wunsch von den Lippen abzulesen, solange er krank war, sprang auf und hastete davon. „Wo läuft Miku denn jetzt hin?“, fragte der Blondschopf irritiert und schniefte. „Er holt für dich was zu Essen, du Baka“, kam es amüsiert von Kanon. Bou verschränkte grummelnd die Arme. „Ich hab doch nicht gesagt, dass er mir was holen soll.“ „Das hat er aber so verstanden“, meinte Teruki und gab dem Blonden einen leichten Klaps. „Jeder hätte das so verstanden. Außerdem ist das doch kein Weltuntergang.“ „Doch!“ „Aha? Warum denn?“ „Weil...“ Bou verstummte kurz und legte die Stirn in Falten, so, als ob er anstrengend über etwas nachdenken musste. „Weil was?“, hakte Kanon nach. „Weil es einfach so ist“, sagte Bou schnell, verschränkte schmollend die Arme und starrte geradeaus. Teruki und Kanon warfen sich heimlich Blicke zu. Sie fanden es einfach nur komisch, dass Bou so schnell einschnappen konnte. Dann fiel dem Schwarzhaarigen etwas ein. Er beugte sich etwas vor uns sah in Bous blasses Gesicht. „Sag mal...“, sagte er langsam. „Wieso rastest du eigentlich so schnell aus? Das ist doch schon gar nicht mehr normal bei dir.“ Kaum hatte er zuende gesprochen, wünschte er, er hätte nie den Mund aufgemacht. Bou starrte ihn verbissen an. „Ich und schnell ausrasten?“, fuhr er ihn erbost an. „Wer rastet denn hier immer als erster aus, hm?“ Er wollte noch weitersprechen, doch ein starker Hustenanfall hinderte ihn daran. Kanon lehnte sich an und sah sich nach Miku um. Er wünschte, der Vocal würde bald wiederkommen; mit der Hoffnung, dass das Essen Bous Laune wieder ins Normale befördern konnte. Teruki kümmerte sich derweil um Bou und gab ihm seine Wasserflasche, die der Blonde jedoch ausschlug. „Bou, du musst aber was trinken“, beharrte der Älteste und musterte Bou, der unaufhörlich am Husten war. „Ich möchte aber nicht.“ „Jetzt nimm schon,“ versuchte es Teruki weiter. „Nein!“ „Das Wasser beißt dich schon nicht.“ Bou, der sich nicht gegen Teruki zu Wehr setzen wollte, griff missmutig nach der Flasche und trank einen Schluck. Dann gab er sie ihm wieder. „Reicht das?“ „Fürs erste, ja.“ Teruki hatte gehofft, Bou würde mehr trinken, doch er konnte froh sein, dass sich dieser überhaupt dazu aufgerafft hatte, etwas Wasser zu sich zu nehmen. „Hey!“, rief Kanon auf einmal freudig. „Miku kommt wieder!“ „Wo?“ Teruki sah sich suchend um, doch der Schwarzhaarige war bereits aufgesprungen und hastete nun quer über den Platz auf jemanden zu, den der Drummer für einen Gepäckträger gehalten hatte. Doch es war kein Gepäck, was Miku da anschleppte. Er hatte fünf voll bepackte Tüten von McDonalds in den Händen und musste dazu noch ein Tablett aus Pappe mit Getränken in der Balance halten. „Ich nehme dir was ab“, bot Kanon an und ehe sich Miku versehen konnte, hatte dieser ihm auch schon die Getränke und zwei der Tüten aus der Hand gerissen. „Arigatou“, sagte der Vocal erleichtert. „Mache ich doch gern.“ Kanon zwinkerte ihm geheimnistuerisch zu. „Aber...warum hast du so viel gekauft? Bou kann doch nicht so viel essen.“ Miku musste lachen, als er in dessen zweifelndes Gesicht blickte. „Baka“, sagte er und hüpfte vergnügt auf Teruki und Bou zu. „Das ist für uns alle!“ Er drückte Teruki und Bou, bei dem der Husten allmählich wieder nachließ, jeweils eine Tüte in die Hand. „Miku, du bist der Beste!“, kam es begeistert vor Teruki, bevor dieser seine Tüte aufriss und den Inhalt inspizierte. „Woher weißt du denn mein Lieblings-Menü?“ „Tja, ich passe halt auf, was ihr esst“, meinte Miku grinsend. „Aber rechnen kannst du nicht! Du hast fünf Menüs geholt, wir sind aber nur zu viert.“ Kanon hielt ihm eine der beiden Tüten, die er Miku abgenommen hatte, besserwisserisch unter die Nase. „Falsch.“ Miku riss sie ihm aus der Hand. „Das ist noch meine.“ Er setzte sich wieder auf seinen Platz neben Teruki und Kanon, der dabei war, die Getränke zu verteilen. Bou nahm seins zwar an, stellte es jedoch neben sich, ohne es weiter zu beachten. „Du bist ein Vielfrass“, sagte Teruki noch, bevor er in seinen Burger biss. „Bin isch nischt!“, protestierte Miku, nachdem er sich eine ganze Hand voll Pommes in den Mund gestopft hatte und nun genüsslich kaute. Teruki und Kanon patteten ihn gleichzeitig. „Du bist unverbesserlich“, grinste der Bassist und trank einen Schluck. Miku war zu sehr mit seinem Essen beschäftigt, dass er das schon gar nicht mehr mitbekam. Er aß so schnell, dass er mit seinen zwei Menüs als Erster fertig war – weit vor den anderen. Nun saß er gelangweilt auf der Bank, wartete darauf, dass die anderen ebenfalls fertig wurden. „Ich komme gleich wieder“, entschuldigte er sich, als es ihm zu blöd wurde und stand auf. „Wo gehst du hin?“, fragte Bou und sah ihn neugierig an. Er hatte zwar am Lautesten nach etwas Essbarem gerufen, doch er hatte noch nicht einmal seine große Portion Pommes aufgegessen. „Ich gucke mir mal die Läden an“, lächelte Miku und entfernte sich. „Er kann es bestimmt nicht ertragen, dass wir essen“, raunte Kanon Teruki zu und setzte sich auf Mikus frei gewordenen Platz. „Damit könntest du Recht haben“, gab dieser zurück und trank seine Cola aus. „Nicht nur “könntest“, das ist so“, meinte Bou, nagte nachdenklich an einer Pommes rum. Derweil hatte Miku auf einen Zeitschriftenladen zugesteuert und ihn betreten. Suchend sah er sich nach etwas zu Lesen um und wunderte sich, dass die meisten Zeitschriften entweder in Englisch oder anderen, ihm sehr fremden Sprachen geschrieben waren. Erst dann fiel ihm wieder ein, dass sie sich noch nicht in Japan befanden, sondern immer noch in Stockholm. Da er keine Lust auf etwas Englisches hatte, verließ er den Laden schnell wieder. Bedrückt streifte er durch eine kleine Einkaufspassage, in der sich alle möglichen Geschäfte befanden. „Wenn ich doch bloß nicht so pleite wäre“, murmelte er leise vor sich hin, als er das Schaufenster eines Kleidungsgeschäftes sehnsüchtig betrachtete. Die Puppe trug eine dunkle Jeans mit einem Gürtel mit der in silbern glänzenden, durch Diamantähnliches hervorgehobenen Aufschrift „ELVIS“ und einem schwarzen Shirt, auf dem die Umrisse eines Adlers abgedruckt waren. Darüber hatte man der Schaufensterpuppe eine ebenso schwarze, schlichte Jacke angezogen und um deren Hals einen weichen Schal geschlungen. Doch Miku war froh, Bou die Gitarre geschenkt zu haben. Ein Lächeln huschte über Mikus Gesicht, als er sich an dessen Begeisterung erinnerte, die Bou übermannt hatte, während er zum ersten Mal auf seiner neuen E-Gitarre gespielt hatte. „Das würde dir bestimmt gut stehen“, raunte eine vertraute Stimme hinter ihm. Miku schrak zusammen und drehte sich hastig um. Dicht hinter ihm stand Kanon, der ihm offenbar gefolgt war, und betrachtete mit einem Lächeln die Puppe. „Was machst du denn hier?“, fragte Miku nur, immer noch geschockt von dessen plötzlichem Auftritt – geschweige denn davon, was Kanon da gerade gesagt hatte. Klar, er selbst fand das Outfit nicht schlecht, doch er bezweifelte, dass es ihm stehen würde. Kanon drehte den Kopf leicht zum Vocal und schmunzelte. „Das Gleiche wie du, nehme ich an.“ Miku betrachtete schweigend die Puppe, ohne sie jedoch wirklich anzusehen. Er war sich zu 200% sicher, dass Kanon ihm gefolgt war; der Terminal war sehr weiträumig und selbst wenn der Bassist nur seine Richtung, in die er aufgebrochen war, eingeschlagen hätte, gab es viele kleine Abzweigungen. Aber es machte Miku nicht wütend – was er eigentlich gehofft hatte. Er mochte es nicht, wenn er allein sein wollte und jemand ihm einfach hinterherdackelte. Der Vocal fühlte sich auf irgendeine Art nervös, seit Kanon aufgetaucht war. Dieser stand immer noch so dicht hinter ihm, dass Miku dessen Atem in seinem Nacken spüren konnte. „Ich kaufe es dir.“ „Nani?“ Miku drehte sich zu ihm um und sah ihn irritiert an. „Warum das denn? Ich habe doch erst in einigen Wochen Geburtstag. Außerdem ist das viel zu teuer!“ Aber Kanon war nicht mehr von seinem Einfall abzubringen, er zerrte Miku hinter sich her in den Laden. //Jetzt weiß ich wenigstens, wie sich Kanon gefühlt haben muss, als ich unbedingt die Gitarre für Bou kaufen wollte//, dachte Miku mulmig, während er hilflos mit ansehen musste, wie der Schwarzhaarige alle Sachen zusammen suchte. „Hier“, sagte Kanon, als er damit fertig war und Miku die Kleidungsstücke in die Hand drückte. „Aber Kanon!“ „Keine Wiederrede.“ Er schob den kleinen Vocal, der sich immer noch dagegen sträubte, auf eine der Kabinen zu. Bevor er ihn da reinschubste, schenkte er ihm einen sanftmütigen Blick „Tu’s mir zu liebe. Ich gucke auch nicht.“ „Na toll“, brummte Miku, als der schwere Vorhang von Kanon zugezogen wurde. Er legte die Sachen, die er anziehen sollte, auf den Stuhl und machte sich daran, sich auszuziehen. Warum er das tat und wieso er sich Kanon gegenüber nicht wehrte, war ihm schleierhaft. Vielleicht einfach nur, weil er das Outfit an sich klasse fand oder aber weil er Kanon damit einen Gefallen tun wollte. Doch warum sollte er ihm einen derartigen Gefallen tun? Als Miku sich die Hose anzog, fiel ihm auf, dass die Größe sofort passte. „Woher kennst du eigentlich meine Größe?“, fragte er irritiert. „Ich kenne dich besser als du denkst“, gab Kanon zurück, der neben der Kabine auf Miku wartete. Schnell streifte sich Miku das Shirt und die Jacke über. //So langsam wird mir das mit Kanon echt unheimlich//, dachte er unbehagen, während er den ELVIS-Gürtel enger um seine Hüften zog. //Obwohl das schon ziemlich süß ist...// Unwillkürlich errötete Miku und sein Herz schlug schneller. Er band sich den Schal so um, wie er es im Schaufenster gesehen hatte und nachdem er sicher war, dass die Röte aus seinem Gesicht verschwunden war, wagte er einen Blick in den Spiegel. Wider seiner Erwartung stand ihm das Outfit recht gut. Es betonte, wie schlank er war und ließ ihn um einige Zentimeter größer wirken. Zudem stach sein niedliches Gesicht deutlicher hervor. Er zupfte etwas an seinen hellen Haaren, um sie in die richtige Position zu bringen. „Bist du fertig?“, fragte Kanon. „Ja, aber ich – Kanon!“, schrie Miku, als er durch den Spiegel sah, wie Kanon in die Kabine getreten war. Der Vocal fuhr herum. „Du kannst doch nicht einfach so reinkommen!“ Kanon sagte nichts, sondern sah Miku nur an. Dieser wagte es nicht, den Schwarzhaarigen direkt in die Augen zu sehen. Ihm war das etwas peinlich. Sonst hatte er für Bou immer die Kleidung ausgesucht, oder anders herum. Er spürte, wie Kanon einen Schritt auf ihn zukam und sein Gesicht sanft zu sich drehte. Miku sah genau in dessen Augen, die ihn geheimnisvoll anfunkelten. Sein Herz machte einen Hüpfer vorwärts. Kanon lächelte ihn an. „Das steht dir sogar noch besser, als erwartet“, sagte er leise. „Dann...kann ich mich ja wieder umziehen“, murmelte Miku langsam, wich Kanons Blick aus. Der Bassist legte eine Hand in Mikus Nacken, zog diesen näher zu sich ran und bevor Miku sich versehen konnte, hatte dieser auch schon angefangen ihn zu küssen. Doch der Vocal wehrte sich nicht dagegen, das hatte er schon längst aufgegeben; sanft erwiderte er. Er spürte eine angenehme Wärme in ihm aufsteigen und genoss Kanons Streicheleinheiten auf seinem Rücken. Dann löste sich Kanon, sah Miku lächelnd an. „Bitte, lass es mich dir kaufen.“ Miku zögerte kurz. Er wollte das eigentlich nicht, schließlich kostete es viel Geld. Doch er wusste, dass selbst wenn er Nein sagen sollte, Kanon es ihm trotzdem schenken würde. „Na gut. Aber dann als Weihnachts- UND Geburtstagsgeschenk!“ „Einverstanden!“, rief Kanon erfreut. „Dann zieh es am besten schnell aus, damit ich es bezahlen kann.“ „Was ich aber nicht mache, wenn du hier drin bist“, meinte Miku schnell, der ahnte, auf was Kanon hinauswollte. „Schade. Aber ein Versuch war es doch Wert, oder?“ Er zwinkerte dem Vocal noch schnell zu, ehe er die Kabine verließ. „Baka“, murmelte Miku, mehr zu sich selbst. Er zog sich so schnell es ging um, bevor Kanon auf die Idee kommen könnte, noch einmal unangekündigt und ganz “zufällig“ die Kabine zu betreten. Nachdem er fertig war, reichte er Kanon die Sachen, der dann auf die Kasse zueilte. Miku wartete vor dem Laden auf ihn, bevor der Schwarzhaarige ihm noch einige andere Sachen zum Anprobieren geben konnte. Miku hatte nämlich so einen speziellen Ausdruck in seinen Augen gesehen, der ihm gar nicht gefallen hatte, als Kanon auf die Kasse zugegangen war und dabei einige Kleiderständer inspiziert hatte. Die spärliche Hoffnung, Kanon würde das nun doch nicht kaufen, erlosch sofort, als Miku die große Tüte in dessen Hand sah, während er auf ihn zukam. „Hier, die kannst du gefälligst selber tragen“, sagte Kanon und reichte sie ihm. Miku nahm sie und warf einen flüchtigen Blick rein. Erst jetzt wurde ihm richtig bewusst, was Kanon ihm da gerade für ein Geschenk gemacht hatte – und ein teures dazu. Okay, es war nicht annähernd so teuer wie die E-Gitarre, doch Miku ahnte, dass Kanon nun selbst erst einmal auf andere Gegenstände verzichten musste. Zudem berührte es ihn auf eine Art, die ihm neu war. „Arigatou!“, rief er gerührt und umarmte den Schwarzhaarigen fest. Dieser schien sein Glück noch gar nicht zu fassen, wo Miku ihm gerade zum zweiten Mal an diesem Tag wortwörtlich in die Arme gesprungen war. „Gern geschehen“, meinte er lächelnd und war froh, dass Miku ihm doch nicht den Kopf für diesen Kauf abgerissen hatte, wie er es noch an der Kasse befürchtet hatte. „Aber sag den anderen bitte nicht, dass ich dir das geschenkt habe“, fügte er noch warnend hinzu. „Sonst killen die mich – sowohl Teruki als auch Bou!“ „Keine Sorge“, murmelte Miku, der seine Umklammerung etwas gelöst hatte, sich aber noch nicht von ihm trennen wollte. „Solange du mich mit der Gitarre verrätst, ist es bei mir sicher.“ „Wow, dann bist du ja gut abgesichert“, lachte Kanon. Er bewegte sich etwas, in der Hoffnung, Miku würde dann von ihm ablassen. Als nichts dergleichen geschah, wurde er etwas ernster und betrachtete den Vocal stirnrunzelnd, der den Kopf auf seiner Schulter abgelegt hatte. „Ich fühle mich ja geehrt, dass du mich nicht mehr loslassen willst. Aber wir müssen zurück und so kann ich schlecht laufen.“ Keine Antwort. „Miku?“ Kanon packte den Vocal an den Schultern und sah ihn an. Er stöhnte, als er dessen geschlossene Augen sah und seine ruhigen Atemzüge wahrnahm. „Du kannst doch jetzt nicht schlafen!“ Er rüttelte etwas an ihm und Miku öffnete etwas verschlafen die Augen. „Gomen“, murmelte dieser und trat ein paar Schritte zurück. Er blinzelte, um die Müdigkeit, die ihn gerade auf einmal übermannt hatte, zu vertreiben. Doch es wollte nicht so recht gelingen. „Alles in Ordnung bei dir?“, fragte Kanon leicht besorgt. Der Vocal nickte, lächelte leicht. „Bin nur etwas müde.“ „Etwas müde?! Das meinst du jetzt doch wohl nicht ernst! Du bist mir im Stehen eingeschlafen!“ Kanon packte Mikus tütenfreie Hand und zerrte ihn energisch in Richtung Weihnachtsbaum. „Gomen“, wiederholte sich Miku. „Das war keine Absicht.“ „Das weiß ich doch.“ Kanon drehte sich im Gehen kurz zu ihm um und lächelte ihn an. Teruki und Bou hatten offenbar schon ungeduldig auf sie gewartet. „Wo ward ihr denn solange?“, kam es tadelnd von Teruki und reichte Kanon und Miku jeweils ihre kleinen Umhängetaschen. Ihr Gepäck hatten sie schon abgegeben, bevor sie auf den überdimensional großen Weihnachtsbaum gestoßen waren. „Unser Flug ist bereits aufgerufen worden.“ „Wir waren nur...“ „Einkaufen!“, wurde Kanon von einem eingeschnappten Bou unterbrochen, der die große Tüte in Mikus Hand entdeckt hatte. „Ohne mich!“ „Aber Bou. Du bist krank“, versuchte Miku ihn zu beruhigen. „Und da kommt Shopping an letzter Stelle. So leid es mit auch tut. Außerdem warst du noch am essen.“ „Das ist gemein“, protestierte Bou weiter, während sie auf das Gate zumarschierten. „Ach, Bou!“, schimpfte Teruki, dem die Meckerei des Blonden allmählich auf den Zeiger ging. „Jetzt hör doch mal auf. Und sieh endlich mal ein, dass es dir nicht gerade gut geht! Hätten wir das Konzert nicht von uns aus abgebrochen, wärst du uns vor den Fans noch umgekippt!“ Die Standpauke musste gesessen haben, denn Bou sprach kein Wort mehr, bis sie einige Minuten später im Flugzeug saßen. Dieses Mal hatten sie zwei Zweier-Plätze hintereinander. Kanon und Bou stürmten auf die Fensterplätze zu. „Bou! Du sollst doch nicht rennen!“, rief Miku ihm verzweifelt hinterher, doch der Blonde hockte bereits auf dem von ihm eingenommenen Platz und schaute aus dem Fenster. Dabei hustete er ganz gewaltig. Kopfschüttelnd setzte sich Teruki neben ihn und befahl ihm, etwas zu trinken. Bou nahm murrend die Flasche, die ihm gereicht wurde und verfluchte sich innerlich dafür, dass er sich Teruki gegenüber nicht zur Wehr setzen konnte. „Dabei hätte ich auch gerne ans Fenster gewollt“, murrte Miku leise und setzte sich vor die beiden, neben Kanon. „Willst du?“ Dem Bassist war dessen leidender Gesichtsausdruck nicht entgangen und wollte schon aufstehen, um ihm den Platz zu überlassen, doch er wurde von dem Vocal zurück in den weichen Sitz gedrückt. „Nein, bleib du nur da sitzen“, meinte Miku dankend, lächelte. „Als kleine Gegenleistung sozusagen.“ Damit gab Kanon sich zufrieden und sie schnallten sich an. Hinter sich hörte Miku den Blondschopf immer noch husten und drehte sich besorgt um. Durch den kleinen Schlitz zwischen den Sitzen konnte er Bou gut sehen. „Das hört sich echt nicht gut an.“ „Is’ gleich vorbei“, keuchte der Blonde, doch dann überkam ihm ein erneuter Anfall. Seufzend setzte sich Miku wieder richtig hin. //Ja, das kann man auch so gut hören...// Die Durchsage kam und kurz darauf setzte sich das Flugzeug in Bewegung, um auf die Startbahn zuzurollen und dann in die Höhe zu steigen. Ihnen wurde Essen angeboten, doch Miku lehnte dankend ab. Er wollte nur noch eins. Schlafen... ***Flashback 14*** Am nächsten Tag war von Teruki die Probe bereits schon um acht Uhr morgens anberaumt worden und so standen alle Mitglieder von AnCafe pünktlich im Proberaum, den Teruki zum Glück über Nacht gelüftet hatte. Selbst Miku hatte es nach über einer Woche mal wieder geschafft, pünktlich zu erscheinen – ja, er war sogar der Erste gewesen; aber das auch nur, weil er es nicht erwarten konnte, Bou zu sehen. Er hatte jedoch eine geschlagene Viertelstunde vor geschlossener Tür stehen müssen, da er seinen Schlüssel in der Eile zuhause vergessen hatte, bevor Kanon eingetrudelt war. Miku humpelte in den Raum und setzte seine Tasche ab. „Tut dir dein Fuß immer noch weh?“, fragte Kanon leicht besorgt, dem das nicht entgangen war, und ging ihm hinterher. Die Tür ließ er offen, damit Bou und Teruki nicht extra ihre Schlüssel hervorholen mussten. „Hai. Aber es ist schon etwas besser geworden.“ Kanon wollte etwas erwidern, doch er ließ es bleiben, als Teruki und Bou den Raum betraten. „Mikuuuu!“, rief Bou, rannte voller Freude auf Miku zu und umarmte diesen stürmisch. Miku konnte gerade noch so den Impuls unterdrücken, den Kleinen etwas inniger und leidenschaftlicher mit einem Kuss zu begrüßen. „Hey, na wie geht’s?“, erkundigte er sich, nachdem Bou sich gelöst hatte. „Prima!“ Bou ging strahlend zu seiner Gitarre, um sich schon mal einzuspielen. Während sich Miku startbereit auf seinem Stammplatz – den Verstärker – setzte, blickte er kurz in Kanons Gesicht, der gedankenverloren auf seinen Bass starrte, den er sich bereits umgehangen hatte. Er wollte Kanon gerade fragen, was er denn habe, als er von Teruki angesprochen wurde. „Hast du jetzt eigentlich einen neuen Text, Miku?“ „Oh! Das hatte ich ja ganz vergessen!“, rief dieser überrascht, als es ihm wieder einfiel. „Sag bloß, wir haben jetzt keinen Text“, stöhnte Teruki. „Nein, nein!“ Miku kramte aus seiner Hosentasche einen kleinen, zusammengefalteten Zettel hervor und reichte ihn grinsend Teruki, der es ihm buchstäblich aus der Hand riss. „Wenn ich ihn nicht gestern schon eingepackt hätte, würde er jetzt noch bei mir auf dem Tisch liegen, wollte ich damit sagen.“ „Wieso das denn?“, fragte Teruki stirnrunzelnd, während er den Zettel auseinander faltete. „Weil ich...sagen wir mal...andere Dinge im Kopf hatte“, sagte Miku langsam und sah kurz rüber zu Bou, der den Blick erwiderte und daraufhin einen Lachanfall unterdrücken musste. Miku schmunzelte nur und wartete, dass Teruki Text durchgelesen hatte. Als dieser fertig war, sah er den Songwriter zufrieden an. „Gefällt mir“, lobte er ihn. „Arigatou“, grinste dieser, konnte seinen Blick einfach nicht von Bou abwenden, der selbst über beide Ohren hinweg grinste. Teruki entging dies zwar nicht, doch momentan hatte er weiß Gott besseres zu tun als sich auf deren Albernheiten - wie er damals fälschlicherweise als Erstes gedacht hatte - einzulassen. „Hast du auch schon eine ungefähre Ahnung von der Melodie?“ Miku nickte und begann zu singen. Als er geendet hatte, war Teruki hoch auf begeistert und sie fingen an, an der Melodie zu feilen. Nach etwa drei Stunden intensiven Probens hatten sie das Gröbste bereits erarbeitet. „Lasst uns eine Pause machen“, schlug Teruki vor, der mit dem bisherigen Ergebnis sichtlich zufrieden war. Kanon und Bou stellten fast zeitgleich ihre Instrumente weg. Der Schwarzhaarige eilte zum Kühlschrank, um daraufhin mit einem kühlen Bier in der Hand Teruki in den TV-Raum zu folgen. „Kommst du auch?“, fragte Bou, der auf Miku wartete. „Hai. Es könnte nur etwas dauern.“ Er stand auf und Bous verwirrter Blick löste sich in Luft auf, als er dessen Humpeln bemerkte. „Was ist passiert?“, fragte er voller Sorge und ging zu ihm. „Ich habe ihn mir gestern nur verstaucht, keine Sorge“, versuchte er ihn zu beruhigen. „Ist nichts ernstes.“ Bou hatte bereits wieder den Mund aufgemacht, um ihn zu fragen, wie das denn passiert sei, doch sie hatten bereits den TV-Raum erreicht und Miku, der keine große Lust verspürt hatte, Bou von seinem Treffen mit Kanon zu erzählen, warf sich neben Teruki auf die Couch. „Hey, Kanon! Schalt mal eins höher, da läuft gerade meine Lieblingsserie“, rief Miku quietschvergnügt und Kanon schaltete, wenn auch murrend, auf den gewünschten Sender. „Und rutscht mal!“ „Hey, geht’s noch?“, fuhr Kanon ihn entnervt an, und kam den Wünschen des Vocals nun zum zweiten Mal nach, indem er brav ganz nach links auf die Couch rutschte. Nachdem auch Teruki etwas weitergewandert war, zog Miku seinen Blondschopf neben sich auf die Couch. Dieser kuschelte sich zufrieden an den Größeren. Miku schlang einen Arm um ihn und blickte auf den Fernseher. Dem Programm konnte er jedoch nicht wirklich folgen, er musste pausenlos an Bou denken, den er im Arm hielt. //Er ist einfach süß...//, dachte Miku, während er verträumt auf den Kopf des Blondschopfes guckte, der sich eng an seinen Arm schmiegte. //So unglaublich süß...// Er merkte, wie Kanon wieder zurückschaltete und sah verstört auf. „He!“ „Du guckst doch eh nicht hin“, meinte dieser, starrte auf das laufende Sportprogramm. „Aber - “ „Lass ihn doch, Miku-chan.“ Bou strich Miku sanft über den Rücken und sah ihn beruhigend an. Der Vocal seufzte kurz, machte aber keine Anstalten, sich gegen den Bassisten weiter zu Wehr zu setzen – alleine schon, um Bou einen Gefallen zu tun. „Ich hole mir mal was zu trinken“, entschuldigte sich Miku, schob den Blondschopf leicht zur Seite und erhob sich. Während er auf den Kühlschrank nebenan zuhumpelte, hörte er hinter sich, wie jemand ebenfalls aufgestanden war und ihm folgte. Er drehte sich um und sah direkt in die kleinen Augen des Blondschopfes, die ihn – jetzt, wo es ihm erst richtig bewusst wurde – schon immer fasziniert hatten. „Ich hätte auch für dich gehen können“, meinte Bou und warf einen Blick auf Mikus verletzten Fuß. „Du hättest nur was sagen brauchen.“ „Arigatou, Bou-chan“, lehnte Miku das Angebot nachträglich ab. „Aber das geht schon. Wirklich.“ „Wenn du meinst.“ Doch Bous Stimme klang keineswegs zufrieden. Nachdem Miku nach einer Flasche gegriffen hatte, drehte er sich zu ihm um, direkt in dessen leidendes Gesicht blickend. „Ist was?“ Doch Bou schüttelte nur den Kopf. „Ach, komm.“ Miku machte einen Schritt auf ihn zu, sodass er nun direkt vor ihm stand. „Irgendetwas hast du doch.“ Gedankenverloren spielte er mit einer Strähne, die sich in das niedliche Gesicht des Blondschopfes verirrt hatte. Dann spürte er, wie Bou sich an ihn drückte und klammerte. „Es ist nur so schwer, in deiner Nähe zu sein“, erklärte er leise das, was in ihm vorging. „Wieso? Ich dachte, du liebst mich,“ fragte Miku ein wenig irritiert aber auch besorgt. Was hatte Bou nur? Vor wenigen Minuten war doch noch alles in Ordnung gewesen. Obwohl...jetzt, wo er es sich recht überlegte, fiel ihm ein, dass Bou sich schon im TV-Raum stark an ihn geklammert hatte. „Deswegen ja“, murmelte der Blondschopf weiter. „Ich...ich finde es nur so schwer, es vor den anderen zu verheimlichen.“ „Nani? Du warst es doch, der das nicht wollte!“ „Das schon, aber ich denke, dass es das Beste ist, wenn wir es ihnen sagen. Ich meine, schließlich sind wir in letzter Zeit den ganzen Tag zusammen. Wie sollen wir denn da mal einen ruhigen Moment allein haben? Außerdem...“ Bou sah auf und zu Mikus Erleichterung – aber auch Verwirrung – grinste er ihn keck an. „Außerdem möchte ich es am Liebsten der ganzen Welt verraten!“ „Lass das bloß“, wehrte Miku schnell ab und lachte. „Ich weiß“, sagte Bou, es klang jedoch ein wenig enttäuscht. „Aber du bist so verdammt süß, dass ich mich richtig geschmeichelt fühle, mit dir zusammen zu sein!“ Miku spürte, wie er etwas rot wurde. „Das beruht aber auf Gegenseitigkeit“, beharrte er grinsend. „Aber wenn du möchtest...sagen wir es ihnen.“ „Hai.“ Bou nickte zufrieden. Er zerrte Miku hinter sich her, zurück in den TV-Raum. Dabei nahm er aber auf dessen Fuß Rücksicht. Teruki und Kanon waren derart von dem Baseball-Spiel fasziniert, was momentan wohl seinen Höhepunkt erreicht haben musste, als sie sich setzten. Miku öffnete seine Flasche und trank in hastigen Zügen. Auf Bous Dackelblick hin, der sich wieder an ihn geschmiegt hatte, reichte er sie ihm. Nachdem dieser das Wasser zu Mikus Entsetzen leer getrunken hatte, stellte er sie neben sich auf den Boden. „Uhm, Kanon? Teruki?“, fragte Miku ganz vorsichtig. „Können wir mal mit euch reden?“ „Hmm.“ „Später.“ //Na toll//, dachte Miku ärgerlich. //Und so etwas schimpft sich Freunde.// Aber auch egal, dann mussten sie halt bis nach dem Spiel warten. Doch dann hörte bestimmt nicht mehr Teruki zu, weil er dann mit der Probe weitermachen wollte. Er spürte, wie er angestubst wurde und sah runter in das Gesicht des Blonden, der abermals seinen Dackelblick aufgesetzt und den Kopf auf die Seite gelegt hatte. „Was ist?“, grinste Miku. „Ich halt’s nicht länger aus“, flüsterte dieser leise als Antwort, zappelte unruhig hin und her. Der Vocal schmunzelte, warf rasch einen Blick auf Kanon und Teruki, die anscheinend immer noch nicht mitbekommen hatten, dass sie wieder da waren, und beugte sich zu dem Gitarristen vor. Seine Lippen berührten fast die von Bou und ihre Blicke trafen sich. „Ich auch nicht“, hauchte er, bevor er sich ihre Lippen entgültig vereinten. Bou erwiderte den Kuss leidenschaftlich. Er bat bei Miku um Einlass, der diesen auch sofort gewährte. Der Vocal schloss, zufrieden in den Kuss hineinseufzend, die Augen, schmiegte den Blondschopf an sich. Er spürte, wie Bou daraufhin seine Arme um ihn schlang und er wünschte, der Kuss würde niemals enden. Wie aus weiter Ferne hörte er Terukis entsetzte Stimme. „Was macht ihr denn da?“ Doch dadurch ließen sie sich nicht stören und trennten sich erst voneinander, als sie keine Luft mehr bekamen. Miku warf Bou noch einen verliebten Blick zu, bevor er sich traute, aufzusehen. Kanon hatte offenbar vor Schreck etwas von dem Bier auf seinem Hemd verteilt, doch das schien ihn wohl gerade nicht wirklich zu interessieren. Er hatte sich nach vorne gebeugt, um an Teruki vorbei sehen zu können, und starrte sie entgeistert und mit offenem Mund an. Teruki schien nicht minder überrascht zu sein. „Sagt mal“, sagte dieser mulmig, nachdem er sich wieder einigermaßen gefasst hatte. „Es hat keiner was von Fanservice gesagt.“ Bou kuschelte sich an Miku an und sah mit einem verlegenen Lächeln im Gesicht zu Teruki auf. „Wissen wir.“ „Und...warum habt ihr das dann getan?“, hakte Teruki nach, der es schon ahnte. „Weil...“ Der Blondschopf überlegte, wie er das jetzt am besten sagen konnte, doch ihm wollte nicht so wirklich was einfallen. Hilfesuchend sah er Miku an, der es daraufhin an seiner statt erklärte. „Weil wir zusammen sind.“ Terukis Kinnlade klappte runter, starrte sie fassungslos an. Doch Kanons Reaktion war noch weit interessanter als die des Drummers. Er war aschfahl im Gesicht worden und hatte sich gedankenverloren wieder dem Baseballspiel zugewandt. „Ist das euer Ernst?“, fragte Teruki und sah die beiden nun ruhig an. Miku und Bou nickten. „So...richtig zusammen?“ Erneut nickten sie. Teruki sah sie noch einen Augenblick lang ausdruckslos an, doch dann wandte er sich achselzuckend ab, den Blick auf den Fernseher gerichtet. Miku und Bou warfen sich irritierte Blicke zu. Sie hatten eine andere Reaktion erwartet. Vielleicht nicht, dass sie sie jubelnd und freudeschreiend in die Arme nahmen, doch aber irgendwelche schönen Worte. Doch die blieben aus. Miku wollte gerade etwas sagen, als Teruki sich erhob, sie möglichst nicht ansehend – so kam es dem Vocal zumindest vor. „Lasst uns weitermachen.“ Kanon schaltete den Fernseher aus und hastete hinter dem Drummer her. Auch Miku und Bou standen auf. „Und? Fühlst du dich jetzt besser?“, fragte Miku leise, während sie in den Proberaum gingen. „Hai.“ Bou drückte den Vocal noch einmal kurz an sich, bevor er auf seine E-Gitarre zusteuerte und sich diese umhing. Miku wanderte einige Schritte weiter auf den Verstärker zu und ließ sich auf ihm nieder. Dann kam von Teruki der Befehl, den Song einmal so zu spielen, wie sie ihn bis jetzt erarbeitet hatten. Der Rest der Probe verlief schweigsamer als die ersten drei Stunden. Wenn sie etwas sagten, dann über den neuen Song. Gegen Abend erklärte Teruki die Probe für beendet. „Ich würde vorschlagen, dass wir uns morgen um die gleiche Zeit treffen.“ Miku, Bou und Kanon nickten zustimmend. Ihnen blieb ja eh nichts anderes übrig. Kanon stellte seinen Bass weg und räumte seine Sachen ein wenig zusammen, damit er sie am nächsten Tag nicht suchen musste. Bou hatte sich neben Miku auf den Verstärker gesetzt und schaute Kanon und Teruki beim Aufräumen fröhlich zu. Derweil massierte sich der Vocal seinen angeschlagenen Fuß, um ihn auf den langen Weg zur U-Bahn vorzubereiten. „Du könntest ruhig helfen, Bou“, sagte der Bassist kühl, als er merkte, dass er beobachtet wurde. „Nee, danke. Ihr seid heute dran, Miku und ich machen es dann morgen.“ Bou grinste. Er liebte es einfach nichts zu tun, während andere für ihn die ganze Arbeit erledigten. Besonders, da er am meisten Müll machte. „Scheiß Regel“, knurrte Kanon, während er sich wohl oder übel dran machen musste, Bous Saustall wegzuräumen. „Das hat dich doch sonst immer nicht gestört“, schaltete sich Miku ein. „Warum jetzt?“ „Weil er einfach schlecht drauf ist“, antwortete Bou für Kanon. „Schnauze!“, griff dieser den Blonden daraufhin an und schmiss wütend die Zettel, wo Bou seine Gitarrengriffe drauf notiert hatte und die er gerade erst aufgehoben hatte, auf den Boden. „Kanon!“, rief Teruki erbost, der bis gerade im TV-Raum aufgeräumt und den Lärm gehört hatte. „Ist doch wahr!“, schrie Kanon diesen daraufhin an. „Er macht am meisten Dreck von uns allen, wieso räumt er dann nicht immer auf?! Das macht er doch bestimmt extra! Aber mir reicht es!“ Wutentbrannt schnappte er sich seine Tasche, rannte ohne die anderen noch einmal anzusehen, die ihn mit ihren entgeisterten Blicken folgten, aus dem Proberaum und knallte die Tür hinter sich zu. „Wie habt ihr den denn so wütend bekommen?“, fragte Teruki, während er sich nach den Zetteln bückte, die Kanon fallen gelassen hatte. „Wir haben gar nichts gemacht“, entschuldigte sich Bou kleinlaut. „Wir haben hier nur gesessen. Stimmt’s, Miku-chan?“ Miku nickte zustimmend. Auch er konnte sich den plötzlichen Wutanfall Kanons nicht erklären. Er musste an gestern denken, was der Schwarzhaarige ihm am See gesagt hatte. Dass er sich manchmal überfordert fühlen würde durch die ganzen Proben. „Er steht bestimmt immer noch unter Schock“, meinte Teruki. „Wieso?“ Miku erhob sich und half dem Ältesten beim Aufräumen. Bou blieb dort sitzen, wo er war, ihnen zusehend. Teruki warf Miku einen freundlichen Blick zu. „Weil du und Bou jetzt wohl zusammen seid.“ „Und wieso war das ein Schock?“, fragte Miku weiter, der das einfach nicht verstehen konnte – oder wollte. Teruki hatte alle Zettel eingesammelt und legte sie sortiert auf eine kleine Anrichte neben dem Kuhlschrank. Dann drehte er sich seufzend zum Vocal um. „Weil das gerade ziemlich unerwartet kam. Wie würdest du denn reagieren, wenn ich von jetzt auf gleich mit Kanon zusammen wäre?“ „Schockiert.“ „Siehst du?“ Teruki lächelte und nahm Miku die zusammengeknüllten Zettel ab, auf denen sie ihre ersten Versuche gekritzelt hatten, und warf sie in den Müll. „Und genau so hat Kanon reagiert.“ „Aber ich verstehe es immer noch nicht.“ „Miku. Gib ihm einfach Zeit, sich daran zu gewöhnen. Okay?“ „Na gut.“ Da es für ihn nichts mehr zu tun gab, humpelte Miku wieder zum Verstärker und setzte sich neben Bou, der sich auch prompt an ihn kuschelte. „Warst du auch schockiert?“, fragte dieser und sah Teruki entschuldigend an. Dieser zögerte kurz, nickte dann aber. „Aber du bist nicht so ausgeflippt wie Kanon“, bemerkte Miku und grinste. „Kompliment!“ Teruki packte schweigend seine Tasche und Miku und Bou, die sich gerade unbeobachtet fühlten, nutzten die Gelegenheit für einen Kuss. „Dass mir das aber nicht zur Gewohnheit wird“, tadelte sie Teruki lächelnd, der es nun doch gesehen hatte. Miku und Bou trennten sich voneinander, grinsten sich an. „Also...akzeptierst du es?“ „Was heißt hier akzeptieren?“, sagte Teruki und betrachtete sie nachdenklich. „So lange ihr euch nicht ständig küsst und knuddelt ist das wohl in Ordnung. Ist ja schließlich eure Sache.“ Er hängt sich seine Tasche um und ging auf die Tür zu. Er machte sie auf, doch anstatt rauszugehen, drehte er sich zu Miku und Bou um, die immer noch auf dem Verstärker saßen. Er lächelte. „Kommt ihr oder wollt ihr hierbleiben?“ Miku und Bou brauchten sich nicht anzusehen, um sich zu einigen. „Arigatou, Teruki“, sagte der Vocal. „Wozu?“ „Dafür, dass du es anscheinend besser verkraftest als Kanon.“ Teruki verabschiedete sich lachend und machte die Tür hinter sich zu. Bou betrachtete den Vocal nachdenklich. „Und was machen wir jetzt?“ Dieser grinste ihn verführerisch an und sie küssten sich. Doch der Blondschopf löste den Kuss schnell wieder. Er stand auf und zerrte Miku in den TV-Raum. Dort setzten sie sich auf die Couch und Bou schmiegte sich an den Größeren. Miku genoss es mit dem Kleineren zu kuscheln, doch mit seinen Gedanken war er nicht so ganz bei der Sache. Bou, der seine Gedankenverlorenheit bemerkt hatte, sah ihn fragend an. „Was hast du?“ Miku blickte runter ihn dessen Gesicht. „Ich frage mich nur, warum Kanon so wütend geworden ist, und nicht Teruki.“ „Teruki ist älter – und vernünftiger.“ Miku lachte. „Stimmt. Komm her.“ Er legte Bou sanft auf den Rücken und beugte sich anschließend über ihn, um ihn zu küssen. Doch dieses Mal war Bou nicht so ganz bei der Sache. Er musste daran denken, was Kanon vor einigen Tagen zu ihm gesagt hatte. Dass er Miku schon länger über alles lieben würde. Und wenn Bou ehrlich zu sich war, hatte er es den beiden nur verraten, damit Kanon keine Chance mehr gegen ihn hatte. Er erwiderte den Kuss gierig und war froh, dass er Miku endlich für sich allein hatte... ***Flashback 14 Ende*** „Miku...Miku...“ „Was?“, nuschelte Miku leise, der gerade in seinem schönen Traum gestört fühlte. Er hatte auf einer großen saftigen Wiese gelegen; die Vögel hatten oben am Himmel gekreist und eine Hasenfamilie hatte nur einige Meter neben ihm gehockt. Zunächst hatte Miku gedacht, es wäre der Hasenvater gewesen, der ihn da gerufen hatte, doch dann war ihm eingefallen, das Hasen ja gar nicht sprechen könnten. Klar, im Traum ist alles möglich. Aber nicht, dass der Hase Kanons Stimme hatte! „Miku!“, kam es etwas energischer und daraufhin öffnete Miku verschlafen die Augen. //Seltsam...//, dachte er und runzelte nachdenklich die Stirn. //Wieso sehe ich nur blau???// Miku hielt das nun doch alles nur für einen bösen Traum und schloss die Augen wieder. „Miku! Bitte!“ „Was is’ denn los?“, fragte Miku, völlig verstört. Doch jetzt fiel ihm erst auf, dass er ziemlich weich lag...viel zu weich...denn bevor er eingeschlafen war, war es nicht so schön weich gewesen... //Egal...// Er nutzte den Wink des Schicksals, um wieder einzudösen und klammerte sich an das weiche Etwas, auf dem er wohl lag. //Moment mal!//, stutze Miku. //Wo bin ich eigentlich?// Zunächst völlig orientierungslos öffnete er die Augen, sah wieder nur blau. Dann drehte er seinen Kopf zur anderen Seite, und auf einmal sah er nur noch schwarz! „Seltsam“, murmelte er leise. Sein Blick wanderte immer höher, bis er nicht mehr schwarz sondern genau in die verstörten Augen sah, die Kanon gehörten. Erschrocken quiekte Miku auf und rappelte sich aus dessen Schoß auf, in dem er gelegen hatte. „Was ist denn da vorne los?“, hörte er Bou hinter sich rufen, doch er war immer noch so verschreckt, dass er kein Wort hervor brachte. Nun, wo er hellwach war, stellte Miku erstaunt fest, dass das blaue, was er gesehen hatte, der Sitz vor Kanon gewesen war; und das schwarze war dessen Kleidung gewesen. „Miku ist endlich aufgewacht“, antwortete dieser gerade und glättete seine ganz verknitterte Hose, auf welcher Miku vor einem Augenblick noch gelegen hatte. „Gomen, Kanon“, quengelte dieser drauf los, als ihm bewusst wurde, welchen Schaden er wohl bei dem Schwarzhaarigen angerichtet haben musste. „Kein Problem“, murmelte dieser. „Du kannst ja nichts dafür. Im Schlaf hat man sich eben nicht unter Kontrolle.“ Miku runzelte die Stirn und betrachtete den Bassisten, der nun nachdenklich aus dem Fenster starrte. Irrte er sich oder war dieser – bevor Miku eingepennt war – noch bester Laune gewesen? Und jetzt saß er abwesend auf seinem Platz, mit einem Gesicht, aus dem alle Farbe gewichen war. „Alles in Ordnung, Kanon?“, fragte er vorsichtig. „Klar“, antwortete dieser, kühler als er beabsichtigt hatte. „Was sollte denn sein?“ „Ich meine ja nur so“, sagte Miku kleinlaut, betrachtete den Bassisten besorgt. „Eben warst du nur so fröhlich und jetzt bist du so...so...“ „So was?“ Kanon hatte den Kopf zu ihm gedreht. Miku blickte genau in dessen tiefe Augen. „So abwesend wollte ich sagen.“ Kanon fuhr dem Vocal durch die Haare. „Baka“, sagte er dann. „Mach dir nicht immer sofort solche Sorgen. Ich war nur in Gedanken.“ „Ach so.“ Kanon schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln und erhob sich. „Wo gehst du hin?“, fragte Miku neugierig. „Wo kann man in einem Flugzeug schon großartig hingehen?“, gab Kanon zurück, bevor er – wie es Miku schien – eilig davon hastete. Miku konnte ja nicht ahnen, was er in Kanon ausgelöst hatte, als er auf dessen Schoß gelegen hatte. Als die Maschine in Tokio gelandet war und die Passagiere in den Terminal strömten, hatten Miku und Teruki Bou gerade noch rechtzeitig am Ärmel gepackt. Ansonsten wäre dieser freudig durch die ganze vertraute Anlage gehüpft und hätte wahrscheinlich jeden am liebsten angesprungen, der ihm begegnete. „Jetzt komm mal wieder runter, Bou“, ermahnte ihn Teruki und der immer noch zappelnde Bou beruhigte sich etwas. Aber das anscheinend auch nur, weil er eigentlich völlig erschöpft war. Nachdem sie ihr Gepäck abgeholt hatten, gingen sie zu dem Taxen, die vor dem Eingang des Flughafens in Massen bereit standen. Teruki und Kanon verabschiedeten sich von ihnen (Kanon war nach dem Vorfall mit Miku recht schweigsam und abwesend gewesen), da beide in die gleiche Richtung mussten. Miku verfrachtete den Blonden in das nächstbeste Taxi, verstaute mithilfe des Taxifahrers ihr Gepäck im Kofferraum und setzte sich dann neben Bou. „Überlebst du es eigentlich?“, fragte dieser ihn, als er sich anschnallte. Miku sah ihn verwirrt an. „Wieso?“ „Du weißt schon.“ Bou klang ein wenig nervös. „In London.“ „A-ach so.“ Miku lächelte den Blondschopf beruhigend an, nachdem ihm bewusst wurde, dass Bou die letzte Taxifahrt meinte, die buchstäblich in einem Chaos geendet war. „Keine Sorge. So was passiert mir nie wieder.“ Doch dessen war er sich eigentlich nicht so ganz sicher. Er wollte Bou jedoch nicht die Wahrheit sagen, dass er sich nicht gerade wohl fühlte, um ihn nicht zu beunruhigen. Bou musste seinen Zweifel wohl doch bemerkt haben, denn er sagte lächeln: „Du kannst ganz beruhigt sein. Ich schlafe dieses Mal nicht ein.“ Miku musste lachen. Der Rest der Fahrt verlief recht schweigsam. Bou überkamen ab und zu heftige Hustenanfälle, aber das war auch schon alles. Miku sagte dem Fahrer zunächst Bous Adresse. Dort angekommen bat er den Fahrer, er möge doch einen Moment warten, und half den Blondschopf, das Gepäck in dessen Wohnung zu tragen. „Arigatou, Miku“, sagte Bou erschöpft, als alles oben war. „Kein Problem. Leg dich am besten sofort ins Bett“, meinte Miku, den Blonden besorgt ansehend, als dieser erneut anfing zu husten. „Aber...“ „Keine Widerrede!“ Bou schlurfte ergeben ins Schlafzimmer und Miku hörte, wie er sich bettfertig machte. Schnell ging er in die recht kleine Küche und machte eine warme Milch mit Honig fertig. Dann ging er zum Schlafzimmer und klopfte vorsichtig an, da er Bous Privatsphäre nicht verletzen wollte. „Komm ruhig rein.“ Miku trat ein und sah zufrieden, dass Bou bereits im Bett lag, mit einer dicken Decke. Er reichte ihm die warme Tasse, die der Kranke dankend annahm. „Kommst du jetzt allein klar?“, fragte Miku ihn, als dieser vorsichtig an dem heißen Getränk nippte. „Das wäre ich auch vorher schon.“ Bou grinste ihn an. „Nein, war’n Scherz. Ich bin dankbar für deine Hilfe.“ Bevor Miku ihn nun endgültig allein ließ, befahl er ihm, er solle sich sofort melden, wenn es schlimmer würde oder einfach nur Gesellschaft haben wollte. Zuhause angekommen wollte er als Erstes nach Miruku schauen, um den sich eine Nachbarin in seiner Abwesenheit gekümmert hatte. Doch bevor er den Käfig auch nur erreichen konnte, klingelte das Telefon. „Mòshimoshi?“, meldete sich Miku. „Hey, ich bin’s“, hörte er darauf Kanons Stimme antworten. Sie hörte sich nicht gerade fröhlich an. „Kanon, was ist los?“, fragte Miku leicht besorgt. „Kommst du nicht in deine Wohnung oder was ist los?“ „Doch, doch. Das schon“, versicherte dieser ihm, schwieg dann kurz. „Hast du in drei Tagen schon was vor?“ „Eigentlich nicht, nein“, antwortete Miku irritiert. „Wieso fragst du?“ „Weil ich da auch nichts vorhabe.“ „Wieso fragst du mich das am Telefon?“ „Weil ich nicht wollte, dass Bou das mitbekommt.“ Das klang logisch. Und vernünftig. „Okay, von mir aus.“ „Cool!“ Kanon hörte sich nun besser an als vorhin. Miku nahm schmunzelnd an, dass er da wohl ziemlich nervös gewesen sein musste. „Kommst du dann so gegen sieben zu mir?“ „Klar.“ Sie verabschiedeten sich und Miku legte auf. Er setzte sich auf seine Couch und überlegte, warum Kanon sich mit ihm unbedingt erst in drei Tagen treffen wollte. Warum denn nicht morgen oder übermorgen? Dann schreckte er zusammen. „Himmel“, rief er. „Da ist Heiligabend!“ Sein Herz schlug schneller. //Der hat mich reingelegt!// „Weihnachten mit Kanon“, murmelte er leise, nachdem er sich wieder etwas beruhigt hatte und ihm klar geworden war, dass er jetzt schlecht absagen konnte. „Warum eigentlich nicht? Ich habe ja eh nichts besseres zu tun.“ Er fühlte sich irgendwie nicht recht wohl bei dem Gedanken, das Fest der Liebe zusammen mit Kanon zu feiern. Aber er hatte beschlossen, es mit Kanon zu versuchen, und da sollte es ihm eigentlich nichts ausmachen, mit ihm zu feiern. In Japan feierte man es zusammen mit seinem Partner, nicht etwa mit seiner Familie wie in den meisten anderen Ländern. Miku freute sich. Jetzt musste er sich nur noch ein Geschenk für ihn überlegen. Ganz in Gedanken versunken, was er ihm den schenken könnte, ging Miku zu Mirukus Käfig und spähte hinein. Sein Meerschweinchen schien wohl zu schlafen, es lag in einem großen Haufen aus Einstreu. //Seltsam...Sonst begrüßt er mich immer.// Doch er wollte ihn nicht länger stören, und so ging er zunächst ins Bad und dann ins Bett, um sich mal so richtig auszuschlafen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)