Chaos On Tour von _miku-kun_ (~~True Lies~~) ================================================================================ Kapitel 16: Misao ----------------- Kapitel 16. Misao Als Miku erwachte, schien ihm die Sonne mitten ins Gesicht. Zunächst glaubte er, es wäre Sommer, doch dann blinzelte er kurz und schaute auf die Thermometeranzeige seines Funkweckers, der auf dem Nachttisch neben seinem Bett stand. Fröstelnd zog er sich die Decke über den Kopf, drehte sich auf die andere Seite und versuchte, wieder einzuschlafen. Doch das wollte nicht so recht klappen. Daher stand er auf, mit dem Gefühl, gleich erfrieren zu müssen. Er verfluchte sich, dass er, bevor er zu Bett gegangen war, nicht noch schnell alle Heizungen angestellt hatte. Bevor Miku ins Bad ging, holte er dies noch schnell nach. Nach einer Viertelstunde ausgiebigen Duschens war auch die restliche Müdigkeit aus seinem Körper verschwunden und zog sich das wärmste an, was sein vollgestopfter Kleiderschrank hergab. Miku wollte gerade zu Miruku gehen, um ihn nun endlich begrüßen zu können, doch plötzlich knurrte sein Magen. Schmunzelnd betrat er die recht kleine Küche, um sich etwas zu essen zu machen, doch dann fiel ihm ein, dass er ja seit Wochen nicht mehr hier gewesen war und sein Vorrat an Lebensmitteln dementsprechend klein ausfiel. Zum Bäcker laufen wollte er aber nicht, dazu war er zu faul. Zielstrebig steuerte er auf den Kühlschrank zu, um in dessen Gefrierfach nach etwas Essbarem zu stöbern. Schon beim ersten Blick wurde er fündig. Miku packte die Pizza aus und legte sie auf ein Blech, schob es in den Backofen und machte diesen an. „Jetzt muss ich aber zu Miruku“, dachte der Vocal laut, der es schon gar nicht mehr aushalten konnte, sein Meerschweinchen endlich wieder in den Armen halten zu können. Doch bevor er auch nur einen Schritt aus der Küche setzen konnte, klingelte das Telefon. Miku sprintete ins Wohnzimmer und hob ab. „Mòshimoshi?“ „Hallo, Miku-san“, meldete sich eine weibliche Stimme, die der Vocal als die seiner älteren Nachbarin identifizierte. „Hallo, Takehito-san!“, sagte er freudig. Er mochte sie, sie war wie eine zweite Mutter für ihn. Früher, als er in diesem Wohnhaus noch neu gewesen war, hatte Takehito-san ihn unterstützt, wo es nur ging – und wo er es zugelassen hatte. „Wie geht es Ihnen?“ „Danke, ganz gut. Ich hoffe doch, ich störe nicht.“ „Ach was“, winkte Miku ab. „Sie stören doch nie.“ „Ich dachte, Sie kommen heute zurück“, erklärte sie verwirrt. „Nein, nein. Wir sind seit gestern Abend wieder da.“ Am anderen Ende der Leitung hörte er ein leises Lachen, doch die Stimme, mit der sie nun sprach, war etwas ernster. „Ich komme am besten gleich zur Sache. Es geht um Ihren Hamster. Wie hieß er noch gleich?“ „Miruku“, erinnerte Miku sie. „Und vielen Dank, dass sie sich um Ihn gekümmert haben, während ich weg war.“ „Das habe ich doch gern gemacht. Aber...“ „Was aber?“, fragte Miku nach. Plötzlich runzelte er die Stirn, als er seine Nachbarin am anderen Ende der Leitung auf einmal aufschluchzen hörte. „Was haben Sie?“ „Nichts“, antwortete Takehito-san, ihre Stimme zitterte. „Oh, Miku-san! Es tut mir ja so Leid! Er...er ist....ich kann nichts dafür, ehrlich! Als ich gestern früh die Wohnung wie jeden Tag betreten hatte, um nach ihm zu sehen, war er schon tot!“ „Was...sagen Sie da?“, fragte Miku tonlos, der glaubte sich verhört zu haben. Miruku konnte nicht tot sein, er war doch friedlich am schlafen! „Es tut mir wirklich Leid, Miku-san“, schluchzte seine nette Nachbarin zum zweiten Mal. Miku ließ langsam den Hörer sinken, starrte ausdruckslos zum Käfig. Das konnte doch nur ein Scherz sein! „Miku-san?“, hörte er leise die Stimme aus dem Telefon in seiner Hand. „Hallo? Sind Sie noch dran?“ Miku hob den Hörer wieder hoch. „Ich...ich muss jetzt auflegen.“ Er legte auf und ließ das Telefon achtlos neben sich auf die Couch fallen. Langsam ging er rüber zum Käfig. Bei jedem Schritt krampfte sich sein Magen immer mehr zusammen, er hatte Angst. Angst vor dem, was er sehen würde. Doch er musste es wissen. Ob Miruku, sein geliebtes Meerschweinchen, auch wirklich tot war. Es lag noch genau dort, wo Miku es am vorigen Abend vorgefunden hatte. Wenn seine Nachbarin nicht angerufen hätte, hätte Miku wirklich noch ein zweites Mal gedacht, Miruku wäre am Schlafen. Doch das dunkle Fell des Meerschweinchens glänzte nicht mehr; es fühlte sich spröde und trocken an, als Miku es berührte. Er spürte keine Bewegung, nur Steife. „Miruku“, sagte Miku leise, in der Hoffnung, er würde ihn hören. Seine Stimme zitterte unüberhörbar. Er wartete, dass Miruku aufsprang, fröhlich im Kreis rumhüpfend - was er sich wohl von seinem Herrchen abgeguckt haben musste – und laut quiekte, ihn mit seinen kleinen dunklen Augen lieb ansah. Doch nichts dergleichen geschah. „Miruku“, sagte Miku erneut, doch dieses Mal begleitet durch ein lautes Schluchzen. Er konnte seine Tränen nicht länger zurückhalten, die nun auf sein totes Meerschweinchen tröpfelten. „Miruku...“ Miku rutsche an der Kommode, auf welchem der Käfig stand, runter auf den Boden, sich dort zusammenkauernd. Das konnte nicht wahr sein! Das konnte nicht wahr sein! Das konnte nicht wahr sein! Das konnte nicht...Miku schluchzte auf, versuchte erst gar nicht, gegen seine Tränen anzukämpfen. Er wünschte, sie hätten nie diese verdammten Konzerte gegeben, wären nie nach Europa geflogen. Denn dann, so bildete er sich ein, würde Miruku noch leben. Miku konnte nicht denken, er konnte nicht richtig fühlen; er fühlte nur den Schmerz, den Mirukus Tod ihm angetan hatten. Er war das einzige, was ihm von seiner Familie geblieben war; er hatte ihm nie im Stich gelassen. Und jetzt? Jetzt hatte er keinen mehr. Keinen mehr, mit dem er Silvester feiern konnte. Er wusste nicht, wie lange er da auf den Boden gekauert, unaufhörlich geweint hatte, als das Klingeln des Telefons ihn aus seiner Litargie weckte. Er nahm an, dass es Takehito-san war, die sich wohl erneut entschuldigen wollte – obwohl es gar nicht ihre Schuld war. Miku wusste genau, dass sie sich rührend um Miruku gekümmert hatte; so, wie sie es immer getan hatte. Schwerfällig setzte sich Miku in Bewegung, wischte sich die Tränen fort. Doch sein Gesicht war mittlerweile so feucht, dass es schon gar keinen Sinn mehr ergab. „Ja?“, meldete er sich leise, merkte, wie sehr seine Stimme zitterte. „Miku, was ist mit dir los?“, hörte er Bous verschnupfte, aber auch besorgt klingende Stimme antworten. „Nichts“, antwortete Miku knapp. Er wollte nicht darüber reden. Er wollte nicht sagen, dass Miruku tot war; es hätte etwas entgültiges. Der Vocal fuhr schnell fort, um das Thema zu wechseln: „Warum rufst du an? Geht es dir wieder schlechter?“ Doch er hörte selbst, wie teilnahmslos und desinteressiert seine Stimme klang. „Eigentlich wollte ich dich fragen, ob du Lust hast, mir Gesellschaft zu leisten.“ Bou zögerte kurz, sprach schwerfällig weiter. „Auch wenn es mir schwer fällt, in deiner Nähe zu sein.“ „Bou...“ Miku schluchzte leise auf, seine Tränen kamen wieder. Er versuchte, sie zurückzuhalten, doch es wollte ihm nicht so recht gelingen. „Aber so wie du dich anhörst, komme ich lieber zu dir. Bleib, wo du bist! Ich bin gleich bei dir!“ Noch ehe Miku ihn davon abhalten konnte, hatte der Blondschopf aufgelegt. Seufzend legte er den Hörer beiseite, ließ sich auf die Couch fallen. Er wünschte, Bou wäre zu Hause geblieben. Er wollte nicht, dass er in seinem Zustand auf die Straße ging. Er wollte nicht, dass er ihn so sah. Miku brauchte eine Weile, bis seine Tränen wieder versiegt waren. Er stand auf, schlurfte ins Bad. Wo er versuchte, sein verheultes Gesicht zu überschminken. Doch schon nach fünf Minuten gab er es auf; seine Hände zitterten zu sehr und er konnte es einfach nicht abstellen. Auch, dass er ständig an Miruku denken musste. Er ging in die Küche, stellte den Backofen aus. Vorsichtig, um sich nicht zu verbrennen, zog er das Blech mit der fertigen Pizza raus, stellte es auf die Herdplatten. Angewidert betrachtete sie. Ihm wurde schon schlecht bei dem Gedanken an Essen. Es klingelte an der Tür. Irritiert ging Miku zur Tür und öffnete sie. Sofort fiel ihm der kleine Blondschopf in die Arme. „Mikuuu!“ Miku erwiderte die Umarmung kurz, schob ihn dann sanft von sich und sah ihn an. „Wieso bist du schon hier? Bist du geflogen?“ „Nein, nicht direkt.“ Bou lächelte verlegen. „Hast denn noch nie was davon gehört, dass Liebe bekanntlich Flügel verleihen soll?“ „Aber Bou...du kannst dich doch nicht so überanstrengen!“, sagte Miku verzweifelt. Er sah, wie verschwitzt und atemlos Bou war. Wieso hörte diese Blondschopf nur nie auf ihn? „Ich wäre doch auch zu dir gekommen!“ „Ist doch kein Weltuntergang, Miku“, stritt der Kranke ab, begleitet von einem heftigen Hustenanfall. Miku geleitete ihn zur Couch und brachte ihm eine Wolldecke, mit der er sich dankend zudeckte. „Du musst deine Jacke ausziehen“, befahl Miku und Bou gehorchte ohne zu murren. Der Vocal hängte sie neben seiner auf den Haken neben der Tür. Dann setzte er sich in die andere Ecke des Sofas, da Bous Beine den ganzen Rest in Beschlag genommen hatten. Er zog die Beine an und schlang seine Arme um seinen Körper, um wenigstens etwas mehr Wärme abzubekommen. Bou bot ihm daraufhin einen Teil seiner Decke ein, doch Miku schlug aus. Er hatte Angst, den Kleinen mit seiner Nähe zu verunsichern. „Wie geht es dir eigentlich?“, fragte er ihn. „Katastrophal.“ Miku schwieg, den Blonden gedankenverloren betrachtend. //Wie lange ist es schon her, dass wir uns mal richtig geliebt haben?...//, dachte er, leise seufzend. „Die Frage ist aber wohl eher, wie es dir geht“, bemerkte Bou. Miku wich dessen bohrendem Blick aus, antwortete nicht. „Du hast dich am Telefon schrecklich angehört, und genau so siehst du übrigens auch aus.“ Der Vocal hatte es gewusst. Er hasste sich dafür, dass er immer so schnell anfangen musste zu weinen, wenn er nicht mehr weiter wusste. Und auch jetzt in diesem Moment, wo er es gar nicht brauchen konnte, kamen ihm die Tränen. Schnell senkte er den Kopf, damit Bou es nicht mitbekam, doch zu spät. Dieser war auf ihn zugekrabbelt, legte eine Hand unter dessen Kinn und zog dieses hoch, sodass Miku nun genau in das Gesicht des Blonden schauen musste. Beschämt wich er dessen besorgtem Blick aus. „Miku“, sagte Bou ganz verzweifelt. „Du weinst ja!“ Dieser schluchzte auf, konnte es nicht länger zurückhalten. Wieso musste er in letzter Zeit so viel Pech haben? Angefangen hatte es mit dem Streit, dann mit Bou; von Kanon gar nicht zu schweigen. Und dann das mit Miruku. Es war einfach nicht fair. Miku spürte, wie er von Bou an sich gezogen wurde und glaubte, sich nun an dessen Schulter gelehnt zu befinden. So genau konnte er es auch nicht sagen, da ihm der Tränenschleier jegliche Sicht raubte. „Miku, was ist nur mit dir los?“ Bou fuhr ihm durch die Haare, so wie er es immer getan hatte. Um Miku zu beruhigen. Der Blondschopf betrachtete seinen Freund, der unaufhörlich schluchzte und weinte. Er machte sich allmählich richtige Sorgen um ihn. So hatte er ihn noch nie erlebt. Und so kannte er ihn auch nicht. Es machte ihm Angst. „Bou...“, schluchzte Miku leise, der nicht wollte, dass sie Bou wegen ihm weiter Sorgen machte. Das hätte dieser einfach nicht verdient. Doch er hatte immer noch Angst es zu sagen. Denn dann wäre die Sache entgültig. Er brachte nur ein einziges Wort hervor: „Miruku...“ Sofort weinte er wieder stärker, hatte sich zuvor doch wieder einigermaßen gefangen. „Was ist mit ihm?“, fragte Bou sanft nach. „Er...er ist...tot.“ Miku brach ab, drückte sich mehr an den Blonden. Dieser brauchte einige Sekunden, um zu realisieren, was Miku da gerade gesagt hatte. „Miku...“ Er kuschelte sich noch enger an den Blonden, streichelte ihn. Bou wusste, wie sehr Miku an seinem Meerschweinchen gehangen hatte. Er selbst war es auch gewesen, der es ihm einmal geschenkt hatte. An jenem Tag war der Vocal ausgerastet vor Freude, hatte sich kaum noch einkriegen können. Pausenlos hatte er Miruku bei sich gehabt– auch bei den Proben und Photo-Shoots. Und jetzt...sollte er auf einmal nicht mehr da sein? „Miku, es tut mir ja so Leid“, flüsterte er in dessen Ohr, strich ihm immer wieder beruhigend über den Rücken. Miku beruhigte sich allmählich wieder. Sein Schluchzen wurde immer leise und weniger, sodass Bou nach einer Weile annahm, er wäre eingeschlafen. Kontrollieren konnte er dies allerdings nicht, da er sich nicht traute, sich zu bewegen. Bou hielt ihn weiter fest in seinen Armen, versuchte weiter ihn zu beruhigen. Auch wenn dieser es nun nicht mehr brauchte. Doch Bou genoss es den Vocal so zu streicheln, ihn im Arm zu halten. Auch wenn sie nicht mehr zusammen waren, Miku ihn nicht mehr liebte. Zunächst war Bou sich nicht sicher gewesen, ob Miku tatsächlich in Kanon verliebt war – ohne es zu wissen –, doch auf dessen Blicke für den Schwarzhaarigen war er sich sicher. Er wusste allerdings nicht, ob Miku noch immer etwas für ihn empfand. Klar, er sagte es immer wieder. Unwillkürlich musste Bou lächeln. //Er ist der größte Baka, der mir je untergekommen ist...// Er musste kurz husten und als keine Reaktion von dem hübschen Jungen in seinen Armen kam, legte er ihn – Miku war tatsächlich eingeschlafen - sanft auf die Couch und deckte ihn zu. Dann stand er auf und ging erst einmal zu Mirukus Käfig. Sein Blick wurde traurig, als er das tote Tier darin entdeckte. Er konnte Miku verstehen, dass er so aufgelöst war. Er schluckte und ging schnell weiter in die Küche, um sich etwas zu trinken zu holen. Der Blonde füllte eine Tasse mit Milch, die er sich anschließend in die Mikrowelle stellte. Während er wartete, ließ er seinen Blick durch die kleine, aber gemütliche Küche schweifen. Wider seiner Erwartung zu Mikus Sinn für Ordentlichkeit war sie sauber und alles stand dort, wo es auch stehen sollte. Bou nahm an, dass er die Wohnung vor ihrer Abreise noch schnell aufgeräumt haben musste, denn auch das Wohnzimmer war ziemlich ordentlich. Sein Blick blieb dann an dem auf dem Herd abgestellten Blech mit der fertigen Pizza hängen. Er runzelte die Stirn, wo das doch sehr merkwürdig war. Schließlich war Miku der größte Vielfrass, den er kannte. //Bestimmt hatte er keinen Hunger mehr, nachdem er Miruku gesehen hatte//, vermutete Bou und holte sich einen Teller raus. Er wusste, wo was zu finden war. Denn schließlich war er gut ein halbes Jahr mit Miku zusammen gewesen und hatte sich dementsprechend oft bei ihm einquartiert, manchmal sogar über Wochen. Er legte die Pizza auf den Teller und viertelte sie. Anschließend holte er die Milch aus der Mikrowelle und vermischte sie mit etwas Kakao. //Eine gute Mischung//, musste er schmunzelnd eingestehen. //Pizza mit Kakao. Na, wenn das mal nicht lecker ist...// Anschließend kehrte er mit Teller und Tasse ins Wohnzimmer zurück. Miku hatte es sich in der Zwischenzeit auf dem ganzen Sofa breit gemacht. Die Decke hatte er eng um sich geschlungen, der Kopf lag auf der Seite und der Mund war leicht geöffnet. Sein Brustkorb hob und senkte sich langsam und gleichmäßig. Um ihn nicht zu wecken, setzte sich Bou neben ihn auf den Boden und legte den Teller mit der Pizza auf seinen Schoß. Er trank einen Schluck und nahm sich dann ein Stück von der Pizza. Während Bou aß, konnte er seinen Blick einfach nicht von dem Schlafenden abwenden. //Er sieht so verdammt süß aus//, schoss es ihm verträumt durch den Kopf. Auf einmal spürte er das Verlangen, ihn zu küssen. Doch er wusste, dass das nicht ging. Er würde es bestimmt nicht wollen. Er wollte sich gerade das nächste Stück Pizza nehmen, als sich Mikus Augen leicht öffneten. Doch ansonsten bewegte er sich nicht. Matt starrte er den kleinen Blonden an, der da vor ihm auf dem Boden hockte. „Hey, Miku“, wurde er von ihm begrüßt. „Na? Ausgeschlafen?“ Miku versuchte sich zu erinnern, wie er in diese liegende Position gekommen war, zudem noch zugedeckt. Das letzte, an das er sich erinnern konnte, war Bou gewesen, an dessen Schulter er sich ausgeheult hatte. „Wie lange habe ich geschlafen?“, fragte er leise. Wieso fühlte er sich nur so unendlich müde? Er hatte sich doch heute kaum bewegt und davor mindestens zwölf Stunden durchgeschlafen. „Na ja...“ Bou überlegte kurz, sah ihn an. „Nicht lange. Höchstens eine halbe Stunde schätze ich. Wieso fragst du?“ „Nur so“, sagte Miku leise. Die Augen hatte er längst wieder geschlossen. Zu schwer waren die Lider gewesen, die Anstrengung zu hoch, sie noch länger oben zu halten. „Ich fühle mich nur so müde.“ „Was ja auch kein Wunder ist“, meinte Bou fürsorglich. „Du bist fix und fertig von der Sache mit Miruku. Da ist es kein Wunder, dass du nur schlafen möchtest.“ Hatte er Recht? Hatte ihn der Tod von seinem Meerschweinchen wirklich so fertig gemacht? Klar, er und Miruku waren ein Herz und eine Seele gewesen, aber Miku hätte es dennoch nicht für möglich halten können, dass dessen Tod ihn so hart treffen würde. „Du kannst ruhig schlafen, wenn du das möchtest, Miku. Ich bleibe hier und passe schon auf dich auf“, hörte er Bous Stimme wie aus weiter Ferne zu ihm sprechen. Miku öffnete die Augen, versuchte gegen die Müdigkeit anzukämpfen. Schnell setzte er sich auf, um nicht wieder einzuschlafen. Völlig kraftlos blickte er zu Bou. Erst jetzt sah er, dass Bou die Pizza aß, die er eigentlich für sich gemacht hatte. Und dazu seltsamerweise einen Kakao trank. Dem Blondschopf war dessen Blick nicht entgangen. „Möchtest du?“, bot er ihm an, lächelte verlegen. „Sorry, dass ich sie mir genommen habe, aber sie stand da so verlockend.“ „Nein.“ Miku winkte ab. „Iss nur. Ich habe keinen Hunger.“ „Waaas?“ Bou sah ihn protestierend an. „Du und kein Hunger. Das kennt man gar nicht von dir.“ „Mir ist schlecht.“ „Kann nicht sein.“ „Ist aber so.“ „Nee, ist nicht wahr.“ „Doch.“ „Das gibt’s einfach nicht.“ „Klar, gibt es das.“ „Bei dir nicht.“ „Wieso?“ „Ist halt so.“ „Versteh ich nicht.“ „Brauchst du auch nicht.“ „Na dann.“ „Aber es ist doch wahr.“ „Bou.“ „Was?“ „Hör endlich auf zu nerven.“ „Okee.“ Stillschweigend sah Miku zu, wie dieser gedankenverloren an der Pizza nagte. „Wir müssen ihn begraben.“ „Wen?“ Bou stöhnte auf. „Sag bloß, du hast es schon wieder vergessen!“ „Nee, nur verdrängt.“ „Baka.“ „Selber!“ Bou stopfte sich den Rest der Pizza in den Mund und nahm – zu Mikus Entsetzen – noch einen Schluck Kakao zu sich. „Hast du eine Ahnung, wo du ihn begraben willst?“ Miku überlegte kurz. „Vielleicht unter dem Kirschbaum, der hinten im Garten steht.“ Bou nickte zufrieden, hielt es für eine gute Idee. „Hast du irgendwo einen alten Karton?“ „Wozu?“ „Mensch, Miku! Begreifst du es denn immer noch nicht?! Du kannst ihn nicht einfach bis zum Sanktnimmerleinstag da liegen lassen!“, rief Bou außer sich. „Das geht ziemlich schnell auf die Gesundheit. Und nur um dich jetzt zu schonen, spare ich mir die ganzen Details, was mit Miruku jetzt passieren wird!“ „Gomen, Bou. Ich glaube, ich steh irgendwie ziemlich neben mir.“ Miku senkte seinen Blick. Bous kleiner Ausbruch hatte ihn zurück in die Realität geholt. Nachdem er aufgewacht war, hatte er zunächst geglaubt, es wäre alles nur ein Traum gewesen – doch dem war offenbar nicht so. Leider. Bou stellte das Geschirr auf den kleinen Tisch und klopfte Miku aufmunternd auf die Schulter. „Das ist völlig normal“, meinte er. „Mach dir mal keine Sorgen. Ich helfe dir, okay?“ Miku nickte dankbar. Er hätte es auch wirklich nicht alleine gekonnt. „So. Und wo ist jetzt ein Karton?“ „Im Schlafzimmer müsste einer stehen. Aber nimm bitte noch die Schuhe da raus!“ „Nee, weißte?“ Bou zwinkerte ihm grinsend zu, bevor er nach neben an ging, um das Besagte zu holen. Kurz darauf kam er wieder, mit einem leeren Schuhkarton in der Hand. „Ich bin nicht so doof wie du denkst“, fügte er dann noch hinzu. „Gomen, Bou.“ „Ich weiß doch, dass du das nicht ernst gemeint hast, Miku-chan.“ „Und warum sagst du dann so was?“ „Um dich zu ärgern.“ „Ich hab Ärger genug.“ „Ach, jetzt hab dich nicht so.“ „Hmm...“ „Hast du irgendwo Stroh?“ „Hai.“ „Kannst du dann auch verraten, wo?“ „Unten in der Kommode. Da ist ein kleiner Sack.“ Miku sah zu, wie der Gitarrist eine Hand voll Stroh nach der anderen in den Karton tat. Als dieser damit fertig war, holte er Miruku aus dem Käfig und legte ihn in den provisorisch gebastelten Sarg; was er allerdings nicht ohne die Handschuhe erledigte, die Miku sonst immer zum Ausmisten benutzte. Dann drehte er sich zu Miku um. „Kommst du?“ „Klar.“ Miku erhob sich und setzte sich schwerfällig in Bewegung. Er dackelte Bou hinterher, der bereits aus der Wohnung gegangen war, runter in den Garten. Es war eigentlich kein richtiger Garten. Er war noch nicht mal annähernd groß, sondern war so klein wie ihr Proberaum. Mit der kleinen Ausnahme, dass der Boden nicht mit Holz belegt worden war, sondern mit Gras, welches im Sommer eine beachtliche Größe erreichte. In der Mitte stand der Kirschbaum, welcher im Frühling der ganze Stolz des Wohnhauses war. „Wir brauchen nur noch eine Schaufel, mit der wir...oh...“ Miku hatte sich selbst unterbrochen, als Bou ihm die kleine Schüppe unter die Nase gehalten hatte. Miku nahm sie und ging einige Schritte auf den Baum zu. „Woher hast du die?“, fragte er, während er ein Loch buddelte. Was gar nicht mal so leicht war. Der Boden war hart wie Beton und Miku war froh, dass er sich keine Jacke mitgenommen hatte. „Aus dem Hausflur“, antwortete Bou und sah ihm zu. Er kniete sich neben Miku, den Karton mit dem Leichnam hatte er etwas abseits gestellt. Er war zwar verschlossen, doch Bou wollte nicht riskieren, dass Miku ohne seine Zustimmung da rein sah. Bou wollte ihn dieses Mal voll unter Kontrolle haben. Nach etwa zehn Minuten hatte der Vocal es geschafft, ein passendes Loch auszuheben, auch wenn er nun schweißnass war. Bou reichte ihm den Karton und Miku wollte ihn gerade in das Grab tun, als er es sich doch anders entschied. „Was hast du vor, Miku?“, fragte Bou mulmig. „Ich wollte nur - “ „Miku, tu mir bitte den Gefallen und sieh da nicht rein!“, sagte Bou schnell, halb panisch. Der Vocal sah ihn nur kurz irritiert an, doch schnell spürte er, dass Bou Angst um ihn hatte. Er holte einen Stift hervor, den er sich von oben mitgenommen hatte. „Es fehlt noch etwas“, sagte er leise, während er in schwungvoller Schrift Mirukus Namen und das Nyappy-Zeichen zeichnete. Hinter sich hörten sie Schritte. Bou und Miku sahen sich zu Takehito-san um, die auf sie zukam, eingewickelt in eine dicke Wolljacke. „Oh, Hallo!“, begrüßte Bou sie. Sie lächelte ihn an. „Ich habe euch zwei aus meiner Wohnung aus gesehen. Ich dachte mir, ich gebe Miruku die letzte Ehre. Wenn Sie nichts dagegen haben, heißt das.“ Sie sah Miku fragend an, der darauf hin nickte. „Warum sollten Sie nicht dabei sein?“ Er versuchte zu lächeln. „Er hat sie doch auch gemocht, es hätte es bestimmt gewollt.“ Miku wandte sich wieder dem Karton zu und legte ihn behutsam in das ausgehobene Loch. Er häufte die ausgehobene Erde drauf, sodass ein kleiner Hügel entstand. Er stand auf und sah auf das Grab. „Es fehlen noch Blumen“, meinte Bou. „Hast Recht“, stimmte Miku ihm zu. „Aber woher...oh...arigatou...“ Takehito-san hatte ihm eine kleine rote Rose überreicht, die sie wohl unter ihrer Wolljacke versteckt gehalten haben musste. Miku legte sie vorsichtig aufs Grab, dann betrachtete er es. Es sah ziemlich trostlos aus, doch im Frühling und im Sommer wäre es bestimmt die schönste Grabstätte, die es nur für ein Meerschweinchen geben konnte. Er spürte, wie Bou zärtlich einen Arm um ihn schlang und ihn an sich drückte. Miku lächelte ihn an, um ihm zu zeigen, dass es ihm gut ging. Er drehte sich um und sah Takehito-san an. „Vielen Dank, dass Sie gekommen sind.“ Lächelnd erwiderte sie seinen Blick. „Keine Ursache. Aber...“ Ihr Gesichtsausdruck wurde ernster. „Es tut mir wirklich schrecklich Leid. Wenn ich - “ „Nein, nein! Sie können nichts dafür!“, unterbrach Miku sie. Er wollte nicht, dass sie sich die Schuld zuschob. Obwohl es niemandem Schuld war. „Das ist der Lauf der Natur. Jeder muss einmal sterben.“ „Da haben Sie nun auch wieder Recht.“ „Sehen sie?“ Miku lächelte und schnell verabschiedete sich Takehito-san von ihnen. Nachdem sie gegangen war, bückte sich Miku nach der Schüppe, um sie wieder in den Hausflur zu tun. Er griff Bous Hand und zerrte ihn hinter sich her, kehrten zurück in seine Wohnung. Miku ging auf die Couch zu, doch bevor er sich hinsetzen konnte, hatte sich ein blondes Wesen auf dem Möbelstück bequem gemacht. Fies grinste Bou ihn an. „Tja, Pech gehabt.“ „Wieso denn Pech gehabt?“ Gleichgültig zuckte Miku mit den Achseln und zur Rache ließ er sich auf Bous ausgestreckte Beine fallen, welcher vor Schreck und Schmerz laut aufquiekte. „Mikuuuu!“ „Was denn?“, neckte dieser den Kleinen, ihn frech angrinsend. „Geh von meinen Beinen runter!“ „Wieso denn?“ „Weil du nicht gerade der Leichteste bist!“ „Also, das sehe ich jetzt mal nicht als Beleidigung an.“ Doch er erhob sich kurz und Bou zog schnell seine Beine weg, damit sich Miku ordentlich hinsetzen konnte. Bevor Miku aber auch nur dazu kommen konnte, vibrierte sein Handy, welches er auf den Couchtisch gelegt hatte. Bou reichte es ihm, da er näher dran war, und wartete, bis Miku seine empfangene SMS gelesen hatte. Nachdem dieser eine Antwort geschrieben und das Handy wieder beiseite gelegt hatte, fragte Bou neugierig: „Wer war das?“ Miku setzte sich auf den erkämpften freien Platz - auch wenn es nicht gerade viel war. Dann lächelte er den Blonden schief an. „So ein gewisser Plagegeist, wenn es um die Proben geht.“ „Also...“ Bou tat, als müsste er angestrengt überlegen, schmunzelte. „Ich glaube, das kann nur Teruki sein“, sagte er langsam. „Wie kommst du nur drauf?“, lachte Miku. „Weiß auch nicht.“ Bou grinste. „Ich bin halt klug.“ „Das wäre mir neu.“ „Hey! Das ist gemein!“ „Tja, Pech gehabt.“ Miku grinste. „Nee, was wollte er denn jetzt? Haben wir heute etwa `ne Probe verpasst? Oder findet sie doch Weihnachten statt?“ „Nein, nicht Weihnachten.“ „Dann wohl an Silvester“, seufzte Bou, doch Miku schüttelte den Kopf. Er legte den Kopf auf die Seite und sah Miku verwirrt an. „Auch falsch? Das ist ja mal was ganz neues.“ „Mensch, Bou“, seufzte der Vocal. „Teruki ist doch auch nur ein Mensch. Er mag zwar etwas streng sein, was die Band angeht. Aber er wäre bestimmt nicht dumm genug, die Proben auf die Feiertage zu verlegen. Gerade du müsstest das doch am Besten wissen.“ „Wieso das denn?“, fragte Bou irritiert. „Habe ich dir nicht schon mal gesagt, dass du und Teruki euch am Besten versteht?“ „Ja, hast du. Aber was hat das damit zu tun?“ „Mensch, Bou“, seufzte Miku auf. „Vergiss es einfach.“ „Ich will es aber nicht vergessen!“, maulte Bou los, doch dann fasste er sich wieder. Er hatte keinen Lust auf einen Streit. „Also, wann ist die nächste Probe?“ Miku zögerte, lächelte verlegen. „Es ist gewissermaßen schon ein Feiertag. Aber ich glaube, dass Teruki das glatt vergessen hat.“ Bou überlegte kurz. „Du meinst...an deinem Geburtstag?“ Miku nickte und der Blondschopf grinste. „Cool!“ „Was ist denn daran cool?“, fragte Miku, der das nun überhaupt nicht cool fand. Er hatte gehofft, wenigstens mal an seinem Geburtstag etwas machen zu können, wozu er Lust hatte. Bou wich seinem Blick lächelnd aus, doch Miku sah, dass es mehr gequält aussah. „Ich finde nur cool, dass ich dich an deinem Geburtstag dann doch sehe.“ „Hä?“ Miku sah den Blonden verpeilt an. „Wie kommst du denn jetzt darauf?“ „Weil du diesen Tag bestimmt mit Kanon feiern möchtest.“ Bou sah ihn verlegen an, musste bei Mikus Gesichtsausdruck schmunzeln. „Wie kommst du darauf, dass ich mit Kanon feiern will?“, fragte Miku, nun komplett irritiert. Hatte er etwas verpasst? „Ich dachte nur“, antwortete Bou trocken und bemühte sich, sein Erstaunen über das eben Gesagte vor dem Vocal zu verbergen. Er hatte wirklich geglaubt, dass Miku lieber mit dem Schwarzhaarigen feiern wollte. Spät am Abend, sie hatten noch eine Menge DVDs geguckt, verabschiedete sich Bou. Er würde morgen früh zusammen mit seinen Eltern in den Ski-Urlaub fahren. Zuerst hatte Miku ihn davon abhalten wollen; schließlich war der Blonde ja immer noch krank, hatte immer noch Fieber. Doch Bou hatte einfach auf standby geschaltet und sich nicht davon abbringen lassen. „Ich werde schon nicht sterben“, sagte er gerade, als er sich seine Jacke anzog. „Aber Bou!“, rief Miku völlig verzweifelt, sah ihn sorgevoll an. „Es ist doch meine Sache, oder?“, gab Bou kühl zurück. „Es geht mir schon viel besser, aber du willst es mir ja nicht glauben. Außerdem will ich nicht hier bleiben, während meine Familie sich in den Bergen vergnügt!“ Miku gab es auf. Bou war einfach ein Sturkopf. Aber der Vocal musste sich selbst eingestehen, dass Bou nicht ganz unrecht hatte. Er hatte seit der kleinen Beerdigung kaum gehustet und war aufgeweckter gewesen als am vorigen Tag. „Also gut“, seufzte er. „Aber du rufst mich jeden Tag an, damit ich weiß, wie es dir geht.“ „Einverstanden!“, rief Bou vergnügt, hüpfte auf Miku zu und knuddelte ihn. Er hatte sich nicht im Streit von Miku trennen wollen, ansonsten wäre der Ski-Urlaub für ihn von vornherein gelaufen gewesen. „Aber denk dran“, warnte Miku ihn, bevor Bou aus der Tür trat. „Wenn du nicht anrufst, werde ich dir das nie verzeihen können.“ „Is’ klar“, grinste Bou und verschwand. Miku machte hinter ihm die Tür zu und ging zurück ins Wohnzimmer. Welches so aussah, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Unzählige DVDs, seine Playstation, Spiele, leere oder halb volle Flaschen, Chips-Tüten und anderes Gedöns lag auf dem Boden, der Couch und dem Tisch. //Noch nicht mal ein Tag hier und schon sieht es wieder so aus wie vor der Tour//, dachte Miku wehmütig, als er die DVDs von der Couch schmiss und sich hinsetzte. Jetzt im Nachhinein war Miku froh, dass Bou ihn besucht hatte. Er hatte ihn so schön aufgeheitert und ihm netterweise auch geholfen, Miruku zu vergraben. //Alleine hätte ich das wohl nie geschafft//, fand er. //Trotzdem hatte ich die ganze Zeit über ein schlechtes Gewissen. Bou liebt mich ja immer noch und ist mit mir so umgegangen, als sei nie was passiert...bis auf die kleine Ausnahme mit Kanon und meinem Geburtstag. Ich weiß immer noch nicht, was ihn da geritten hat. Ich mag ihn doch immer noch – da ist es auch egal, dass ich mich für Kanon entschieden habe. Aber...soll ich das wirklich so machen? Ausprobieren könnte man es ja mal...// Miku spürte, wie er rot wurde und sein Herz schneller schlug, als er an ihre Küsse dachte. //Ich glaube, ich bin wirklich ein Baka. So langsam bin ich schon selbst dafür, dass ich ihn liebe...// Doch zugleich schüttelte er den Kopf, um diesen Gedanken wieder loszuwerden. Um sich abzulenken machte er sich ans aufräumen. Was ihn selbst erstaunte. Schließlich war er nicht gerade der Ordentlichste. Kurz vor ihrer Abreise hatte er zwar seine Wohnung mal so richtig aufgeräumt – aber das auch nur, damit Takehito-san nicht darauf bestand, für ihn aufzuräumen. Das wäre ihm nun wirklich peinlich gewesen. Er war ja alt genug, um sich selbst darum zu kümmern, dass alles seine Ordnung hatte. Was er aber manchmal (oder sehr oft) selbst bezweifelte. Nach zweieinhalb Stunden waren die DVDs wieder auf dem Regalbrett unter dem Fernseher, die Playstation stand ordentlich daneben, die Flaschen waren samt Inhalt entsorgt worden und an den Chips hatte er sich selbst vergriffen, bevor er deren Tüten weggeschmissen hatte. Anschließend hatte er noch gestaubsaugt und Staub gewischt. Natürlich aus reiner Langeweile. Er hatte keine Lust gehabt, jetzt schlafen zu gehen, da er zuvor schon über zwölf Stunden geschlafen hatte. Die Müdigkeit, die ihn kurz nach Bous Eintreffen plötzlich überkommen hatte, war wie weggeblasen. //Vielleicht hatte Bou doch Recht gehabt und Mirukus Tod hat mich wirklich ziemlich runtergerissen.// Er blickte zu dem Käfig. Der nun leer war. Und auch leer bleiben würde. Miku ging hin und machte sich an die Arbeit, alles rauszuholen. Mirukus Spielsachen, seine zwei Schüsselchen für Futter und Wasser und das kleine Haus, auf welches er immer drauf geklettert war, legte er unten in die Kommode. Er wollte sie behalten, als Andenken an sein treues Meerschweinchen. Er wollte sich erst einmal kein neues Tier anschaffen. //Ich muss mich zuerst von Miruku losreißen. Aber dann kaufe ich mir kein Meerschweinchen! Vielleicht einen Hamster...obwohl...die machen nichts außer rumhoppeln und schlafen. Zu langweilig. Eine Katze? Nee...die sind zu eigensinnig und zu aufdringlich.// Nachdem er den Käfig in die winzig kleine Abstellkammer gestellt hatte, baute er seine Playstation auf, um sich zu beschäftigen. Doch er konnte sich nicht so richtig dabei konzentrieren und machte daher schon nach einer halben Stunde wieder auf, zappte durch die Kanäle. Es war nichts interessantes dabei. Miku fühlte sich irgendwie nicht wohl. Es war, als ob etwas fehlen würde, er jemanden schrecklich vermissen würde. „Ist doch klar, wen ich vermisse“, dachte Miku laut und machte griesgrämig den Fernseher aus. Er ging in die Küche, um dort im Kühlschrank nach etwas Essbarem zu wühlen. Dann fiel ihm ein, dass er immer noch nicht einkaufen gewesen war. Ärgerlich knallte er die Tür zu, lief ins Wohnzimmer und ließ sich dort auf die Couch fallen. Aber es war nicht Miruku, dessen Nähe er so schrecklich vermisste, dass es schon fast unerträglich weh tat. Unruhig erhob sich Miku wieder, ging ins Bad. Dort machte er die Dusche an, stellte sich drunter. In der Hoffnung, dieses unangenehme Gefühl so beseitigen zu können. Doch Fehlansage. Nach 20 Minuten ausgiebigen Duschens machte er sich bettfertig und schlurfte ins Schlafzimmer. Er ließ sich aufs Bett fallen und zog die Decke über den Kopf. Schlafen konnte er allerdings nicht. So sehr er es sich auch wünschte. //Wieso...wieso kann ich nicht aufhören, an Kanon zu denken???// ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ ich hoffe ihr nehmt mir das mit miruku nicht übel *n leicht schlechtes gewissen hab* xD misao heißt übrigens Beerdigung Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)