Chaos On Tour von _miku-kun_ (~~True Lies~~) ================================================================================ Kapitel 1: Backstage -------------------- Kapitel 1. Erschöpft griff Miku nach einer Wasserflasche und ließ sich auf die Couch fallen, die im Aufenthaltsraum stand. Hastig trank er ein paar Schlucke, um den größten Durst und das leichte Kratzen in seinem Hals zu besänftigen, und blickte dann zur Tür, die hinaus auf die Bühne führte. Wo bleiben die bloß?, dachte Miku. Der Sänger hatte sich als Erster von den englischen Fans verabschiedet, da er einfach zu erschöpft war. Bestimmt spielen sie noch etwas… Doch kaum hatte er dies gedacht, ging die Tür auf und ein nassgeschwitzter Drummer kam herein. Als er Miku entdeckte, lächelte er ihm zu und setzte sich neben ihn. „Wo bleiben denn Bou und Kanon?“, fragte Miku. Teruki schmunzelte. „Sie bringen es einfach nicht übers Herz, sich von den Fans zu verabschieden.“ „Du schon?“ „Du etwa nicht? Du bist doch als Erster verschwunden.“ Miku lachte erschöpft auf. „Ich bin eben der größte Herzensbrecher von uns,“ meinte er und nahm einen großen Schluck aus der Flasche. Er wollte sie gerade wieder verschließen, doch der Drummer hatte sie ihm schon aus der Hand gerissen und Miku musste verblüfft zusehen, wie Teruki anfing, den Inhalt gierig in sich hinein zu kippen. „Hey!“, rief Miku protestierend. „Das ist meine Flasche!“ Teruki beachtete ihn nicht und trank weiter. Miku stöhnte und entriss sie ihm wütend. „Nimm dir gefälligst selbst eine.“ Er deutete auf einen Kasten mit vollen Wasserflaschen, der in einer Ecke des Raumes stand. Teruki schüttelte den Kopf. „Zu weit weg. Außerdem habe ich jetzt keinen Durst mehr.“ Er grinste. Grummelnd betrachtete Miku die Flasche, die nur noch ein Zehntel von dem enthielt, was ursprünglich in ihr drin gewesen war. Er könnte Teruki umbringen! Denn jetzt durfte ER aufstehen und sich eine Neue holen. „Davon, dass du sie anstarrst, wird sie auch nicht voller, Miku.“ Miku sah auf und fing überrascht die volle Flasche, die Kanon, der gerade hereingekommen war, ihm zugeworfen hatte. „Spinnst du?“, rief Miku erschrocken. „Das hätte auch daneben gehen können.“ Der Bassist seufzte und setzte sich neben ihn. Zufrieden stellte Miku fest, dass zumindest er sich ein eigenes Wasser geholt hatte. „Achtung, Miku! Ich beiße, wenn man sich bei mir nur bedanken möchte.“ Miku funkelte Kanon wütend an und wollte etwas erwidern, doch er wurde von Gelächter abgelenkt. Er wandte den Blick vom Schwarzhaarigen ab und entdeckte Bou, der sich lachend auf dem Sessel ihnen gegenüber niederließ. „Was ist daran denn so lustig?“, fragte Miku leicht verwirrt. Bou winkte ab. „Gomen, Miku. Ich konnte nicht anders. Ich weiß zwar nicht, worum es geht, aber du solltest dich bei Kanon bedanken.“ Miku stöhnte. Warum waren heute nur alle gegen ihn? „Danke für das Wasser, Kanon. Ich fürchte, ich wäre ohne deine Hilfe elendig verdurstet.“ Er schenkte ihm ein hämisches Lächeln. Kanon grinste. „Schon besser.“ Miku lehnte sich zurück, trank etwas und schloss müde die Augen. Er ließ seine Gedanken treiben und hörte wie aus weiter Ferne die Stimmen der anderen, die sich über das Konzert unterhielten. „Ich denke, wir sind hier in England ganz gut angekommen, oder?“, fragte Kanon. „Hai“, stimmte Bou ihm zu. „Besonders lustig fand ich das, was die Fans uns zugerufen haben. Besonders bei denjenigen, die vorne standen, war es gut zu hören.“ „Es waren sogar eine Menge Heiratsanträge darunter.“ Sie lachten. „Aber Miku ist und bleibt der größte Herzensbrecher“, meinte Kanon grinsend. „Miku, du hättest die Fans sehen sollen, nachdem du dich verabschiedet hattest.“ „Sie sind fast alle in Tränen ausgebrochen.“ Kurzes Schweigen. Dann spürte Miku plötzlich ein Stecken in seiner Seite und zuckte vor Schreck zusammen. „Spinnst du?“, rief er und sah Kanon wütend an. „Ich wollte nur testen, ob du noch da bist.“ Miku verschränkte schmollend die Arme. „Klar bin ich noch da. Wieso sollte ich es denn nicht sein?“ „Weil du überhaupt nicht reagiert hast“, meinte Teruki. „Sonst witzelst du immer rum.“ Miku seufzte genervt. „Ich bin müde.“ Kanon, Bou und Teruki sahen sich kurz an, zuckten mit den Schultern und redeten weiter über das Konzert. Miku wünschte, sie würden endlich zurück ins Hotel fahren, doch sie hatten immer noch ihre Outfits an und er war zu erschöpft sich jetzt umzuziehen. Er würde es gern im Hotel machen. Das Problem war nur, dass er es dann irgendwie dem Staff zurückgeben musste, außerdem war es klatschnass geschwitzt. Also blieb ihm wohl nichts anderes übrig, als sich hier umzuziehen. Aber nicht jetzt. Er bemerkte, dass Kanons Blick auf ihm ruhte. „Was ist?“, fragte er leicht verwirrt. Hatte er jetzt etwa schon wieder irgendetwas verbrochen? „Das Gleiche könnte ich dich auch fragen“, entgegnete Kanon ruhig. „Nani?“ Er saß hier doch nur. Was war daran denn bitte schön störend? „Wie süß.“ Kanon grinste. „Es ist dir gar nicht aufgefallen.“ „Was soll mir aufgefallen sein?“ „Du starrst Kanon schon eine ganze Weile so komisch an“, sagte Bou leicht beleidigt. Miku runzelte die Stirn. „Habe ich das etwa? Gomen, Kanon.“ Er schaute zu Bou. „Ich wollte dich nicht verletzen, Bou. Gomen.“ „Schon gut. So schnell werde ich schon nicht eifersüchtig. Aber das zahle ich dir heim!“ Bou grinste verführerisch. Miku seufzte, griff nach der Packung Zigaretten, die auf dem Tisch lagen und erhob sich. „Bin kurz draußen“, murmelte er und ohne die irritieren Blicke seiner Bandkollegen zu beachten kehrte er ihnen den Rücken zu und ging. Als er beim Hinterausgang ankam, öffnete er vorsichtig die Tür und lugte hinaus. Gut, keine nervigen Fans. Er öffnete sie ganz und trat hinaus in die dunkle Nacht. Erleichtert, dass hier niemand war, zündete er sich eine Zigarette an. Der Sänger lehnte sich an die kühle Außenwand der Londoner Konzerthalle. Er fröstelte. Schnell nahm er einen Zug an der Zigarette. Miku musste an Bou denken. Hatte es ihm wirklich so wenig ausgemacht? Zwar wusste er, dass der Blondschopf nicht so schnell eifersüchtig wurde, doch er hatte eben eindeutig beleidigt geklungen. Miku war mit Bou schon sechs Monate zusammen und hatten eine tolle Zeit miteinander. Wenn sie zu zweit waren. Denn Kanon und Teruki machten das Ausleben ihrer Beziehung schwierig, denn obwohl die beiden es von Anfang an wussten, hatten sie ihnen ausdrücklich zu verstehen gegeben, dass sie keine leidenschaftlichen Kussszenen sehen wollten. Miku grinste. Bou und er mussten sich jedes Mal stark zusammenreißen, um nicht übereinander herzufallen, um von den beiden keinen Ärger zu bekommen. Daher nutzten sie es richtig aus, wenn sie miteinander kuscheln durften, denn das war noch erlaubt. Doch Miku beschlich das unangenehme Gefühl, dass sich Teruki und Kanon vorhin absichtlich neben ihn auf die Couch gesetzt hatten. Er seufzte. Besonders jetzt brauchte er Bous Nähe, damit er ihm in dieser schwierigen Zeit Trost spendete und Halt gab. Miku zuckte vor Schreck zusammen, als sich plötzlich von hinten zwei Arme um seine Hüfte schlangen. Er brauchte sich nicht umzudrehen, um zu erfahren, wer ihn da so sanft und zärtlich umarmte. Lächelnd lehnte Miku sich an Bou. Dieser legte seinen Kopf auf Mikus Schulter. Der Sänger spürte die langen blonden Haare in seinem Nacken. „Ist alles in Ordnung mit dir?“, fragte Bou leise. Miku nickte nur. Sie verharrte eine ganze Weile so und kuschelten miteinander. Ab und zu nahm er einen Zug an der Zigarette, doch eigentlich brauchte er sie nicht mehr. Jetzt hatte er ja schließlich eine andere Wärmequelle. Er brachte es aber nicht übers Herz sie wegzuschmeißen. Er musste an seine Familie denken. An seine Eltern. Miku konnte nicht sagen, was er gemacht hätte, wenn er Bou nicht hätte, denn kein anderer konnte ihm momentan die Zuneigung geben, die er brauchte. Zum zweiten Mal an diesem Tag wurde ihm etwas aus der Hand gerissen. Überrascht drehte Miku sich zu Bou um, der nun seine qualmende Zigarette in der Hand hielt Wütend funkelte der Sänger ihn an. „Es ist gesünder für dich, wenn du endlich einen Ruck geben und das Rauchen aufhören würdest“, meinte Bou nur und warf sie vor sich auf den Asphalt, mitten in eine kleine Pfütze, die einzige Pfütze weit und breit. Missmutig beobachtete Miku, wie das Wasser die Zigarette zum Erlöschen brachte. „Anscheinend vernebeln sie dir auch noch die Sinne, wenn du schon mit offenen Augen vor dir hinträumst“, fügte er noch hinzu. „Ich glaube kaum, dass das am Rauchen liegt.“ „An was denn dann?“ Miku grinste. „Rate mal.“ Bou runzelte die Stirn. „Zufällig…an mir?“ Der Blonde nickte, schlang seine Arme um sein „Mädchen“ und küsste ihn. Eine ganze Weile hielten sie sich eng umschlungen im Arm und kuschelten, bis Bou sich befreite. „Mir wird kalt. Gehen wir wieder rein?“ Miku nickte. Im Aufenthaltsraum angekommen fiel ihnen sofort auf, dass sich Kanon und Teruki schon geduscht und umgezogen hatten. „Wo ward ihr denn so lange?“, fragte der Schwarzhaarige wissbegierig und blickte von seinem Handy auf, auf dem er zuvor noch herumgetippt hatte. Bou und Miku grinsten nur. Kanon stöhnte genervt. „Wenn euch jemand gesehen hat, dann…“ Miku winkte ab. „Keine Sorge, wir haben schon aufgepasst.“ „Aber…“ „Kanon, lass sie doch einfach“, schaltete sich Teruki ein. „Die beide sind schon mit unserem Verbot genug bestraft. Und da sie wohl nicht ohne einander können, weil sie sofort schlechte Laune bekommen und dann unausstehlich sind, - ja, das stimmt, Bou!“, entgegnete er schnell, als er Bous Gesichtsausdruck entdeckte, „ – dürfen sie sich auch ab und zu mal davon- schleichen.“ Bou und Miku nickten zustimmend, dankbar für Terukis Unterstützung. „Ihr solltet euch jetzt umziehen, damit wir zurück ins Hotel fahren können. Durch eure kleine Zweisamkeit, die ihr ja unbedingt nötig hattet, haben wir eh schon viel zu viel Zeit verloren.“ Miku und Bou warfen sich verstohlene Blicke zu. Sie mussten sich ein Grinsen verkneifen, denn sie hatten schon geahnt, dass Teruki noch irgendetwas in dieser Richtung sagen würde. Er hielt nämlich immer, wenn es um ihre Beziehung ging, zu Kanon. Schnell gingen sie duschen und zogen sich um; nach einer halben Stunde waren Miku, Kanon, Bou und Teruki auf dem Weg ins Hotel. Kapitel 2: Beschmutzt --------------------- Kapitel 2. Vor der Konzerthalle bis zu ihrem Hotel brauchten sie eine knappe halbe Stunde. AnCafe hatte zwei Zimmer gemietet, wie immer. Nur die Zimmeraufteilung war anders, denn Miku, der sich sonst immer eins mit Kanon geteilt hatte, schlief nun mit Bou in einem. Zuerst hatte Kanon protestiert, als Miku seinen Wunsch geäußert hatte. „Wer weiß, was ihr miteinander anstellt?“, hatte Kanon griesgrämig gemeint. Doch auf den enttäuschten und etwas verdutzten, bettelnden Blick hatte er nachgegeben. Miku hatte ihm nur versichern müssen, die Finger vom Blondschopf zu lassen. Dieses Versprechen war ihm sehr leicht gefallen. Natürlich hatte er nicht vor es zu brechen, aber woher sollte Kanon denn wissen, dass Bou meistens anfing, über ihn herzufallen, und nicht anders herum? Während sie die Treppe hochstiegen musste Miku sich ein Grinsen verkneifen. Wenn also in dieser Nacht etwas „passieren“ sollte, konnte er die „Schuld“ getrost auf Bou schieben. Teruki und Kanon würden es am nächsten Morgen eh mitbekommen, denn dann musstet Miku und Bou sich die ganze Zeit angrinsen. Denn er hatte ja nur versprechen müssen, dass ER nicht anfangen würde, Bou zu verführen, oder? Doch Miku war zu müde. Er wollte einfach nur noch Schlafen. Schnell wünschten Miku und Bou den anderen beiden eine gute Nacht und gingen dann zwei Türen weiter in ihr Zimmer. Miku ließ sich, so, wie er war, aufs große Bett fallen. „Mann, was bin ich müde“, murmelte er leise und vergrub sein Gesicht im weichen Kissen. Es duftete angenehm. „Nicht nur du“, meinte Bou. Miku drehte seinen Kopf und beobachtete den Gitarristen dabei, wie er sich sein Shirt auszog. Er blickte auf seinen nackten Oberkörper. Bou bemerkte seinen Blick und lächelte. „Sehe ich so interessant aus?“ Miku grinste. „Wenn ich nicht so verdammt müde wäre und ich Kanon nicht so ein verdammtes Versprechen gegeben hätte, wäre es jetzt um dich geschehen.“ Bou lachte und sprang zu ihm aufs Bett. Miku legte seine Hand in dessen Nacken, zog ihn zu sich heran und fing an ihn zu küssen. Während sie im Kuss vertieft waren, spürte er, wie Bous kalte Hände sanft sein Shirt nach oben zogen. Er löste kurz den Kuss, damit Bou es ihm über den Kopf streifen konnte. Achtlos wurde es neben das Bett geworfen. Miku grinste in den Kuss hinein und fuhr mit einer Hand über den Rücken seines Geliebten, doch schlagartig löste sich Bou und legte sich neben Miku, der ihn verdattert anstarrte. „Habe ich etwas falsch gemacht?“ Bou lächelte leicht. „Nein, du Baka. Aber du solltest mal auf die Uhr gucken. Wir haben nur noch ein paar Stunden Zeit, bis wir wieder weiter müssen.“ Miku blickte auf die Wanduhr, die schräg gegenüber an der weiß tapezierten Wand hing. Er seufzte. Bou hatte mal wieder Recht. „Das war aber nicht nett.“ „Was war nicht nett?“ „Na, mich erst zu verführen und dann so was“, sagte Miku schmollend. Bou lachte und strich Miku eine Strähne aus dem Gesicht. „Ich wollte dir nur beim Ausziehen behilflich sein. Ansonsten wärst du mit Klamotten eingeschlafen, so wie ich dich kenne. Außerdem habe ich dich doch gewarnt, dass ich mich für die Aktion mit Kanon noch rächen werde.“ Miku lächelte und kuschelte sich an den Blondschopf. „Na gut, dir sei vergeben.“ Innerlich wünschte er sich jedoch, dass Bou wirklich wütend auf ihn wäre, ihn sogar angeschrien hätte. Vielleicht war Bou ja in Wahrheit auch sauer auf ihn und wollte es nur nicht zugeben, doch Miku kannte den Blondschopf nur zu gut. Bou war jemand, der offen über seine Gefühle und Gedanken reden konnte. Aber wieso hatte er Kanon nur so angestarrt? Und dann noch, ohne es zu merken? Es war Miku ein Rätsel, doch er schwor sich, so etwas nie wieder zuzulassen. Von einem schrillen Piepen geweckt öffnete Miku verschlafen die Augen und versuchte, die Lärmquelle im spärlichen Licht der Morgendämmerung zu orten. Es war der kleine runde Wecker, den Kanon ihnen gestern, bevor sie sich getrennt hatten, noch zugesteckt hatte, damit sie auch ja nicht verschliefen. Miku lehnte sich etwas vor und schaltete ihn ab. Das Piepsen verstummte. Zufrieden ließ er sich wieder zurück in sein Kissen fallen. Er drehte leicht den Kopf und entdeckte Bou, der mit dem Rücken zu ihm lag. „Bou, bist du wach?“, fragte der Sänger leise. Keine Antwort. Miku seufzte. Das kann ja heute heiter werden, wenn ich ihn wecken muss, dachte Miku griesgrämig und erhob sich vorsichtig, um ins Bad zu gehen – besser gesagt zu wanken, denn der Schlaf saß ihm noch in allen Knochen. Doch den wollte Miku erst einmal mit einer schön kalten Dusche vertreiben. Nach ca. 20 Minuten kehrte er frisch angezogen und putzmunter in den Schlafraum zurück, in der Hoffnung, dass Bou vom Lärm des Weckers und der Dusche geweckt, endlich aufgestanden war. Doch dem war leider nicht so. Bou hatte sich keinen Millimeter gerührt und war immer noch tief und fest am schlafen. Miku schluckte. Er musste Bou jetzt wecken, ansonsten würden sie mit Sicherheit das Flugzeug nach Paris verpassen. Er beugte sich über Bou, drehte ihn sanft auf den Rücken und küsste ihn. Bou öffnete verschlafen die Augen. Er lächelte leicht, als er Miku über sich entdeckte. „Ohayo, Bou-chan“, flüsterte dieser sanft und kaum hatte r seinen Mund wieder verschlossen, hatte Bou auch schon seinen Arm um ihn gelegt und ihn zu sich herunter gedrückt. Er gab Miku einen zweiten Kuss und drückte ihn fest an sich. Sie genossen es in freien Zügen, denn seit sie auf Tour waren, hatten sie kaum Zeit für sich, denn ständig wurden sie von Kanon und Teruki genervt. Doch Miku löste sich und meinte: „Dafür haben wir jetzt keine Zeit. Wir müssen in 2 Stunden am Flughafen sein.“ Bou seufzte enttäuscht. „Ich hasse Tourneen“, maulte er. Miku grinste. „Wenn wir das alles hinter uns haben, machen wir uns eine schöne entspannte Woche. Versprochen!“ „Aber ohne Kanon und Teruki, ja?“ Miku nickte zustimmend. „Was denkst du denn? Denkste, ich will, dass die zwei uns ständig stören?“ Bou wollte etwas erwidern, doch plötzlich wurde die Tür aufgerissen und ein schon reisefertiger und fröhlicher Kanon kam hereinstolziert. Er schmunzelte, als er Miku über Bou knien sah, der rücklings auf dem Bett lag. Beide starrten Kanon erschrocken an. „Na, eine schöne Nacht gehabt?“ Er grinste. Miku merkte erst jetzt, dass er immer noch in einer sehr merkwürdigen Position über Bou hockte und sprang hastig von ihm runter. „Wie wäre es mal mit Anklopfen?“, fragte er, atemlos vor Schreck, und starrte Kanon an. „Habe ich. Aber ihr scheint ja sehr beschäftigt gewesen zu sein, dass ihr es nicht gehört habt. Außerdem hättet ihr ja auch abschließen können“, verteidigte sich der Schwarzhaarige belustigt. Miku und Bou brauchten sich nicht anzusehen, um festzustellen, was der andere gerade dachte. Sie bereuten es, gestern zu bequem und zu müde gewesen zu sein, dass sie nicht abgeschlossen hatten. Doch sie ließen es sich nicht anmerken, wie unangenehm es ihnen war, dass Kanon so plötzlich hereingeplatzt war. „Was willst du?“, fragte Miku ruhig. „Ich weiß ja nicht, was mit euch ist, aber Teruki und ich haben beschlossen nach Paris zu fliegen und nicht zu Fuß zu gehen. Denn wenn ihr euch jetzt nicht beeilt verpassen wir wegen euch garantiert den Flieger!“ „Ich bin schon längst fertig, nur Bou mal wieder nicht“, meinte Miku. Bou setzte sich grummelnd auf. „Dann beeile ich mich halt. Mein Gott, wer ist nur auf diese verteufelt irre Idee gekommen, in dieser Frühe zu fliegen?“ „Beschwer dich bei unserem Manager.“ Miku und Kanon warteten, dass Bou sich endlich einen Ruck gab und aufstand, doch dieser schien im Sitzen wieder eingeschlafen zu sein. Der Sänger und der Bassist warfen sich kurze Blicke zu, traten schnell ans Bett und packten den Gitarristen jeweils an einem Arm und zogen ihn hoch. Doch anstatt anzufangen sich anzuziehen blieb Bou dort stehen, wo er war. „Sollen wir dich auch noch anziehen, Bou-chan?“ Kanon grinste. Bou sah den Schwarzhaarigen wütend an. „Nein, Danke!“ Er griff nach ein paar Klamotten, die zerknüllt neben dem Bett lagen, und eilte ins Bad, doch bevor er die Tür unter einem heftigen Knall ins Schloss fallen ließ, rief er noch; „Und nenn mich nicht ’Bou-chan’ ! Ich hasse das! Nur Miku darf das!“ Miku und Kanon standen einen Moment wie angewurzelt da. Keiner bewegte sich. Es war Kanon, der sich als erster wieder fasste. „Ist er immer so drauf, wenn man ihn weckt?“ Miku nickte leicht. Kanon seufzte. „Du Armer. Naja, ich gehe mit Teruki schon runter, und versuch bitte, Bou wieder zu normalisieren!“ “Das ist leichter gesagt als getan!“, rief Miku, doch Kanon war schon verschwunden. Seufzend begann er, die wenigen Habseligkeiten, die im Hotelzimmer verstreut herumlagen, einzusammeln und sie zu den anderen Sachen in den Koffer zu werfen. Während er packte, überlegte er angestrengt, wieso Kanon Bou mit –chan angeredet hatte, denn sie wussten alle genau, dass Bou dies nicht wollte. Selbst mit Miku stritt er sich manchmal deswegen, denn der Sänger liebte es ihn so zu nennen. Es wollte ihm jedoch kein guter Grund einfallen, wieso Kanon es getan hatte. Aber warum dachte er überhaupt darüber nach? Ihm konnte es ja egal sein, was sich zwischen den beiden abspielte. Miku seufzte. Aber so egal war es ihm widerum auch nicht. Kanon war sein bester Freund und mit Bou war er momentan zusammen. Er wollte, dass die beiden gut miteinander auskamen, auch wegen der Band AnCafe. Es ging auf halb sechs Uhr zu, als Miku und Bou mit gepackten Koffern die kleine Eingangshalle des Hotels betraten. Sie gingen auf Kanon und Teruki zu, die schon ungeduldig warteten. „Ohayo, Teruki“, begrüßte Miku den Drummer. „Ohayo, Miku, ohayo, Bou.“ Teruki lächelte. „Gut geschlafen?“ Miku bemerkte verwirrt, wie Terukis Lächeln erstarb und riskierte einen Blick seitwärts zu Bou. Er erkannte in Bous Augen die Wut und blickte zu Kanon, der ihn neugierig ansah. Der Sänger schüttelte kaum merklich mit dem Kopf, um ihm verstehen zu geben, dass er es nicht geschafft hatte, Bou zu besänftigen. Er hätte es sicherlich geschafft, wenn Bou ihn nur nicht ignorieren würde, seit er aus dem bad gekommen war. Miku hoffte jedoch inständig, dass sich Bous Laune im Laufe des Tages noch verbesserte, ansonsten sah er schwarz für seine. Er erinnerte sich wieder an den Anruf vor einem Monat, der sein ganzes Leben verändert hatte. Er seufzte. Bloß nicht daran denken. „Wann kommt das Taxi?“, fragte Miku nach einer Weile, um die angespannte Stimmung etwas zu lockern. „Es müsste jeden Moment hier sein“, meinte Teruki und blickte, scheinbar sehnsüchtig, aus dem Fenster. Doch es war noch kein Taxi in Sicht. Erst nach einer halben Stunde des Wartens sprang Teruki freudig auf. „Ich hätte echt noch länger schlafen können“, murmelte Bou mies gelaunt und schien wieder einen Streit anfangen zu wollen, doch Miku, Kanon und Teruki gingen nicht darauf ein. Sie griffen nach ihren Koffern und traten nach draußen in die eisige Kälte. Schnell verluden sie ihr Gepäck, legten ihre Jacken hinzu und stiegen in das zum Glück gut beheizte, englische Taxi. Teruki ließ sich neben dem Fahrer auf den Sitz fallen, Miku und Kanon setzten sich nach hinten und nahmen Bou in ihre Mitte. „Good Morning“, murrte der Taxifahrer. Miku schätze ihn um die 40. Er trug eine mit dunklen Flecken überzogene Lederjacke,sein kurzes Haar stand in alle Himmelsrichtungen ab und sein Dreitagebart ließ ihn erst recht sehr ungepflegt aussehen. Zudem roch er stark nach Alkohol. Miku hoffte, dass er momentan nicht betrunken war. „Good Morning“, antwortete Teruki etwas nervös, wie der Sänger bemerkte. Offenbar hatte auch er es bemerkt. „We want to the Airport.“ Der Taxifahrer nickte, als Zeichen, dass er verstanden hatte, und fuhr los. Nach ein paar Minuten Fahrt entspannte sich Miku wieder, denn im Gegensatz zu seinem Äußeren fuhr der Mann recht ordentlich durch die bereits überfüllten Straßen Londons. Miku versuchte einige Male ein Gespräch zustande zu bringen, doch er bekam von allen nur knappe Antworten und so ließ er es sein. Er blickte aus dem Fenster und bemerkte, dass es zu schneien angefangen hatte. Miku freute sich. Er liebte Schnee. Wenn man auf Hokkaido aufgewachsen war, kam man nicht drum rum, Schnee zu mögen. Doch seine Freude erstarb schnell, als er sich an die schöne Zeit mit seiner Familie erinnerte. Er spürte, wie etwas auf seine Schulter plumpste und drehte erschrocken den Kopf, um festzustellen, was es war, das nun auf seiner Schulter ruhte. Es war Bous Kopf. Offenbar war er wieder eingeschlafen. Er seufzte. Jetzt konnten sie ihn gleich wieder wecken! Und dann würde er erst recht unausstehlich sein. Miku betete, dass dem nicht so war, denn er konnte es jetzt einfach nicht ertragen von ihm ignoriert zu werden. Er brauchte den Blondschopf. Das Problem war nur, dass er es nicht wusste, dass er gebraucht wurde. Aber Miku war noch nicht dazu bereit, es ihm zu sagen. Er musste es erst einmal selbst richtig begreifen und sich daran gewöhnen. „Miku, was ist los?“ Miku, der die ganze Zeit dem Fall der Schneeflocken zugeschaut hatte, blickte zu Kanon, der ihn besorgt musterte. „Gar nichts.“ „Lüg nicht.“ „Wieso sollte ich lügen?“, fragte Miku verwirrt. „Na, weil deine Tränen uns nichts vormachen können“, meinte Teruki, der sich zu ihnen umgedreht hatte, um festzustellen, was der Schwarzhaarige meinte. Miku fuhr sich mit der Hand, die nicht von Bou belagert wurde, zu seinem Gesicht und stellte überrascht fest, dass Teruki und Kanon Recht hatten. Seine Augen tränten wirklich, nicht viel, doch immerhin so viel, dass sein Gesicht unterhalb seiner Augen feucht war. Schnell wischte er sich mit dem Ärmel seines Shirts über das Gesicht. Wieso hatte er geweint? Die Sache mit seinen Eltern wollte er doch ein für alle mal vergessen. Es hatte ihn zwar hart getroffen, als er es erfahren hatte, doch er musste sich jetzt erst einmal auf die Band konzentrieren. Das war jetzt wichtiger. Miku konnte es kaum erwarten, heute Abend wieder auf der Bühne zu stehen und zu singen, denn dort konnte er alle Sorgen für einige Stunden verdrängen. Er bemerkte, dass Kanon und Teruki ihn immer noch musterten, und lächelte. „Mit mir ist alles in Ordnung,“ meinte er und versuchte, nyappy zu wirken. „Bist du dir sicher?“, fragte Teruki beunruhigt. Miku nickte. „Um mich braucht ihr euch nicht zu sorgen.“ „Aber du hast-“ „Meine Augen sind ab und zu etwas empfindlich, daher haben sie vielleicht getränt. Ich bin nyappy, wirklich.“ Teruki und Kanon sahen sich kurz an, zuckten mit den Schultern und wandten sich von ihrem Sorgenkind ab. Ihm war es nur Recht. Er hasste es, sie anzulügen, doch auch ihnen konnte er sich noch nicht anvertrauen. Außerdem schienen sie mit ihren eigenen Problemen beschäftigt zu sein. Nach einer halben Stunde Fahrt bog das Taxi in die Straße, die zum Flughafen führte. „Endlich. Wir sind da“, rief Teruki erleichtert. „Welch ein Glück“, brummte Kanon. „Noch ein paar Minuten mit diesem Typen hätte ich nicht ausgehalten.“ Teruki stimmte ihm zu und war froh, dass der Fahrer kein Japanisch verstand, denn der starrte stur gerade aus auf die Straße. „Er ist zwar sehr unfreundlich, aber er fährt doch ganz ordent-“ Ein Ruck, der durch das ganze Auto ging, hatte Miku unterbrochen. Der Sänger knallte mit dem Kopf gegen die Scheibe. „Chikushoo!“, stieß er wütend hervor und rieb sich den schmerzenden Kopf. „Was war das?“ Doch keiner kam zum Antworten, denn erneut holperte er und Miku schlug ein zweites Mal gegen das Fenster. „Sorry, but this street isn’t very good“, murmelte der Taxifahrer. „Ja, das merken wir”, rief Miku ärgerlich und beugte sich nach vorn. Er blickte durch die Frontscheibe und musste dem Fahrer Recht geben. Ein Schlagloch neben dem anderen säumte die Straße. Kanon stöhnte, als er merkte, dass der Taxifahrer mit Vollgas über diese hinwegdonnerte. „Nehmen Sie doch den Fuß vom Pedal, Mann!“ Es geschah nichts und so waren Miku, Teruki und Kanon sehr erleichtert, als das Taxi etwas abrupt vor einem Nebeneingang des Flughafens zum Stehen kam. „Welch ein Glück, dass wir das Übel da jetzt los sind“, meinte Teruki, während er ausstieg. „Ja, das Übel sind wir los“, meinte Kanon hämisch und deutete auf den Fahrer, „aber dafür haben wir jetzt ein anderes. Im Gegensatz dazu würde ich lieber 100-mal über diese vermaledeite Straße fahren.“ Miku, der sich immer noch den schmerzenden Kopf hielt, sah ihn verständnislos an. „Was meinst du?“ Kanon deutete auf den schlafenden Bou. „Schläft Bou etwa immer noch?“, fragte der Sänger verwundert. Anscheinend konnte Bou, der Schlaf als Heiligtum betrachtete, in jeder Situation problemlos schlafen. „Anscheinend ja. Ähm, Miku?“, fragte Kanon zaghaft. „Hai?“ „Bist du mir böse, wenn ich jetzt Teruki mit dem Gepäck helfen gehe? Ich möchte nämlich ungern dabei sein, wenn er erwacht.“ Er lächelte verlegen. Miku nickte. „Geh nur.“ „Arigatou“, rief der Schwarzhaarige erleichtert und stieg hastig aus. Miku sah ihm sehnsüchtig nach. Auch er wollte nicht derjenige sein, der Bou weckte, doch wenn er es nicht tat, würde Bou ewig so weiterschlafen und sie konnten das Konzert heute Abend platzen lassen. Und das wollte er den Fans auf keinen Fall antun. Außerdem schmerzte seine Schulter ein wenig. „Bou?“, fragte er leise und bewegte seine Schulter, in der Hoffnung, Bou dadurch zu wecken. Doch der Gitarrist rührte sich nicht. Miku seufzte. Ihm blieb wohl nichts anderes übrig, als seinen Geliebten unsanft aus den schönsten Träumen zu reißen, denn er hatte keine Lust, Bou hier vor dem Fahrer zu küssen, der ihn durch den Innenspiegel bereits interessiert musterte. „Are you a Homo?“ „What?“, fragte Miku irritiert. „Are you homo?“, wiederholte sich der Fahrer. Miku spürte, wie er rot anlief. Wie kam dieser Mann dazu, so etwas zu behaupten? Er hatte sich doch bemüht, die innige Beziehung zwischen Bou und ihm nicht zu zeigen. Aber anscheinend war er dennoch zu sanft mit ihm umgegangen. Der Fahrer grinste, als er Mikus Blick sah und meinte bestimmt: „You are.“ „Äh…n-no, I…“, brachte Miku mühsam hervor. Der Fahrer drehte sich zu ihm um und legte seine verschwitzte Hand auf ein Bein des Sängers. „Forgot this boy. I can give you something better.“ Miku war sprachlos. Hatte dieser Mann sie noch alle?! Offenbar nicht, denn sonst hätte er es kaum gewagt, ihm ein so eindeutiges Angebot zu machen. Miku kochte innerlich vor Wut, dass er es zudem gewagt hatte, ihn zu berühren, doch der eindringliche, bedrohliche Blick des Mannes fesselte ihn und er wagte es nicht, sich zu bewegen, aus Angst, der Fahre könnte ihm noch näher kommen, als er ohnehin schon war. „Come on , boy“, säuselte der Mann grinsend und zeigte dabei seine gelben Zähne. Keuchend fuhr er mit seiner Hand immer höher. Miku war wie gelähmt. Sein Bein verkrampfte sich. Sein Herz fing vor Angst und Scham wie wild zu klopfen, als die schleimige Hand bei seinem Schritt angelangt war. Er wollte die Tür aufreißen, davonlaufen, weg von hier dem. Doch er konnte es nicht. Er sah in dessen Augen, wie sehr dies schon den Typen erregte, der einfach nicht aufhören wollte. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, bis der Mann plötzlich vor Schmerz aufschrie. Dadurch aus seiner Versteinerung erweckt blickte er dorthin, wo die Hand ihm vor einem Augenblick noch Scham zugefügt hatte. Doch da lag keine Hand mehr. Jetzt fuchtelte der Typ panisch und schmerzerfüllt mit ihr herum, denn an der Hand hatte sich irgendetwas Weißes dran festgebissen. Erst, nachdem sich dieses Etwas gelöst hatte, erkannte Miku, dass es Bou war. „B-Bou…“ Doch Bou beachtete ihn nicht. Wütend funkelte er den Mann an, der sich nun wimmernd die mittlerweile blutende Hand hielt. „Kono yarou!“ Und bevor der Mann sich wehren konnte, war Bou schon aufgesprungen – soweit es in einem Auto klappen konnte – und hatte sich auf ihn gestürzt. Fassungslos sah Miku zu, wie der sonst so ruhige Blondschopf auf den Taxifahrer einschlug. Er merkte kaum, als die Tür schwungvoll aufgerissen wurde und er kurz darauf auch schon energisch am Arm gepackt und aus dem Auto gezogen worden war. Miku, der gar nicht wusste, wie ihm geschah, stolperte rückwärts und prallte gegen etwas. Erschrocken wollte er zurückspringen, doch dieses Etwas hatte ihn an den Schultern gepackt und hielt ihn fest. Die Berührung brannte wie heißes Feuer auf seiner Schulter und er verkrampfte sich. Miku versuchte panisch sich zu befreien, doch so sehr er sich auch dagegen warf, es half nichts. Wie aus weiter Ferne hörte er eine Stimme, doch er beachtete sie nicht. Er wollte einfach nur weg. Er spürte, wie er umgedreht wurde und an diesen Jemand gedrückt wurde. Nun brannte sein ganzer Körper. Miku versuchte erneut sich zu befreien. Die Stimme sprach beruhigend auf ihn ein. Miku wehrte sich weiter gegen die unangenehme Umarmung, doch etwas in ihm sagte ihm, dass dies nicht nötig war, und so ließ er es sein. Erschöpft und mit wild klopfendem Herzen blieb er nun ruhig stehen und ließ sich umarmen. Erst jetzt schalteten sich seine übrigen Sinne wieder ein und die typische Geräuschkulisse eines Flughafens waren wie dröhnende Kanonenkugeln auf seinen Ohren. Er spürte die kalten Schneeflocken in seinem Gesicht und auf seinen Händen. Sie halfen, den Brand auf seiner Haut zu lindern und er entspannte sich ein wenig. Es kam ihm ewig vor, wie er so dagestanden hatte, mit geschlossenen Augen in der Umarmung, die ihm jetzt nicht mehr ganz so unangenehm war. Miku ließ seine Gedanken treiben und versuchte, sich auf die Geräusche um sich herum zu konzentrieren. Schreiende Kinder und der Lärm der Flugzeuge drangen in ihn ein, erinnerten ihn daran, wo er war. Hupende Autos, die an ihnen vorbeifuhren, LKWs auf dem Weg zu einer der vielen Lagerhallen, Rufe der Taxifahrer. Schlagartig verkrampfte Miku sich wieder, als er sich an das eben Geschehene erinnerte. Ihm wurde schlecht und Schwindel stieg in ihm auf. Er schloss beide Arme um die Person, die ihn immer noch umarmte, und hielt sich an ihr fest, um nicht umzufallen. „Miku, was…“ Miku schüttelte den Kopf, um zu verstehen zu geben, dass er jetzt nicht reden wollte. Er versuchte an etwas anderes zu denken und ließ seine Gedanken zur Musik treiben. Er versuchte sich an den Ablauf des Konzertes zu erinnern, das heute Abend in Paris stattfinden sollte, doch es wollte ihm einfach nicht einfallen. Was wollten sie noch mal als erstes spielen? Angestrengt überlegte er und nach und nach fiel ihm alles wieder ein. Ihm fiel auch wieder ein, dass sie heute auch noch eine Autogrammstunde vor sich hatten. Miku seufzte. In letzter Zeit schien einfach alles schief zu gehen und bei der Band kam jetzt alles auf einmal. Minutenlang ließ er sich treiben und spürte, wie der Schwindel allmählich wieder nachließ. Er öffnete die Augen, die er, seitdem er aus dem Taxi gezogen worden war, geschlossen hatte, und beobachtete die Schneeflocken, die sich auf den Asphalt unter ihnen niederließen. Miku lockerte seinen Griff etwas. „Geht’s wieder?“ Miku nickte und wollte sich aus der Umarmung befreien, doch er wurde sanft zurückgehalten. „Bitte, Teruki“, bat Miku leise, dem es jetzt wieder unangenehm wurde. Teruki ließ ihn los und Miku trat ein paar Schritte zurück. „Chikushoo“, murmelte er leise, als er merkte, wie sehr er zitterte. Er drehte etwas den Kopf und entdeckte ihre Koffer, die neben der Straße standen. Das Taxi war weg und auch von Kanon und Bou fehlte jede Spur. „Wo sind denn Kanon und Bou?“, fragte Miku leise mit zittriger Stimme. „Sie kommen gleich wieder“, meinte Teruki und betrachtete Miku besorgt. „Ist wirklich alles okay?“ Miku nickte und versuchte zu lächeln, doch anscheinend hatte er kläglich versagt, denn Teruki kam auf ihn zu und ehe Miku sich versah wurde er auch schon wieder umarmt. In ihm stieg wieder die Panik hoch, er stolperte keuchend zurück. „Gomen, Miku. Ich…“ „Komm ja nicht näher!“, rief Miku atemlos und Teruki, der gerade vorsichtig auf seinen Freund zugehen wollte, blieb erschrocken stehen. Er starrte Miku entgeistert und zugleich verwirrt an. Miku beruhigte sich wieder etwas und entdeckte Terukis Blick. Tränen stiegen in ihm auf. „Gomen, Teruki. Ich wollte dich nicht anschreien.“ Er schämte sich. War er etwa immer noch so verwirrt von dem, was da im Taxi passiert war, dass er jetzt schon Teruki aus lauter Panik und Angst anschrie? Wieso? Wieso er? Und wo war Bou? Miku ging in die Hocke und vergrub sein Gesicht. Er wollte nicht, dass Teruki ihn so sah. Es waren Tränen der Verzweiflung. Miku hatte das Gefühl, als ob der Berg an Problemen, die er mit sich trug, von Tag zu Tag immer mehr ins Unermessliche wuchs. Jemand umarmte ihn. Es war aber nicht Teruki, der ihn da in den Armen hielt. Miku entspannte sich. Er genoss einfach nur die beruhigende Wärme, die er sich so sehr herbeigesehnt hatte und drückte Bou fest an sich. Er wollte ihn nie wieder missen. Mikus Kopf wurde leicht angehoben und bevor er reagieren konnte, hatte Bou seine Lippen schon auf die seinen gepresst. Miku erwiderte und er hatte das Gefühl, als ob alle Sorgen von ihm abfielen. Nach einer Weile löste Bou den Kuss und begann, Mikus Gesicht von den Tränen zu trocknen. „Lass das, Bou“, murmelte Miku verlegen, der die neugierigen Blicke der Passanten auf sich spürte. Doch Bou war nicht davon abzuhalten und so war das Gesicht des Sängers nach wenigen Augenblicken wieder trocken. Bou strich ihm noch eine Strähne aus dem Gesicht, dann ließ er seinen Arm wieder sinken. Er betrachtete Miku eingehend. Miku schaute weg und entdeckte nun auch Kanon, der mit verschränkten Armen neben Teruki stand und schien mit seinen Gedanken ganz woanders zu sein, doch auch sein Blick war auf Miku geheftet. „Wie geht es dir?“ Miku blickte wieder zu Bou. „Nyappy.“ Bou sah kurz weg. Aus den Augenwinkeln erkannte Miku, wie sich Kanon und Teruki langsam entfernten. Der Blondschopf wandte sich wieder seinem Freund zu. „Lüg mich nicht an.“ „Wieso sollte ich dich anlügen?“ „Weil du nicht gerade danach aussiehst, als ob du nyappy wärst“, entgegnete Bou entschieden. „So, und warum fragst du mich denn dann, wenn du die Antwort bereits kennst?“ „Weil ich mir Sorgen um dich mache!“ Bou seufzte. „Kannst du mir mal den Grund verraten, warum du dich nicht gewehrt hast?“ Miku hatte schon geahnt, dass Bou irgendwann diese Frage stellen würde, musste jedoch kurz überlegen, wie er es am besten ausdrücken sollte. „Ich weiß es nicht“, begann er zögernd. „Ich war vor Angst wie gelähmt und ich kann es immer noch nicht begreifen, was da geschehen ist.“ Wenn er jetzt über das Geschehene nachdachte, kam es ihm so vor, als ob das alles nicht wirklich passiert war, eher wie ein Stummfilm in schwarz-weiß. Doch der Schock saß ihm immer noch in allen Gliedern und obwohl Bou ihn gerade umarmt hatte und er dessen Nähe genoss, war es ihm auf irgendeine Art unangenehm, dass Bou so dicht vor ihm hockte. Die Stellen, die dieser Typ mit seiner schleimigen Hand berührt hatte, brannten immer noch und durch die unangenehmen, intimen Berührungen fühlte er sich beschmutzt. „Möchtest du darüber reden, Akiharu?“, fragte Bou leise. Miku sah ihn an, denn es kam selten vor, dass er mit seinem richtigen Namen angeredet wurde. Nur Bou hatte sich angewöhnt, ihn so anzusprechen, wenn ihm etwas sehr ernst war oder er sich ernsthaft um Miku sorgte. Miku schüttelte den Kopf und erhob sich. „Nein, ich will nicht, danke.“ Auch Bou stellte sich wieder hin und ging auf Miku zu, der jedoch erkannt hatte, was dieser vorhatte. Abwehrend hob Miku die Hände und trat zurück. „Bitte, Bou.“ Bou blieb betroffen stehen. „Gomen, Bou. Ich möchte dich nicht verletzten. Es ist nur so, ich…“ Miku stockte. „Du brauchst mir nichts erklären“, meinte Bou sanft und hielt ihm eine Hand hin. „Aber das hier musst du annehmen. Oder hast du etwas gegen Händchen halten?“ Miku seufzte leise und griff nach Bous Hand. „Nein. Und wenn, dann sage ich es dir schon.“ Das war glatt gelogen. Es kribbelte unangenehm in seiner Hand, als Bou sie nahm, und er wollte sie wieder zurückziehen, doch dann würde er Bou verletzen. Und das wollte er nicht. Bou lächelte. „Komm, wir gehen zu den anderen.“ Er wollte schon losgehen, doch Miku hielt ihn zurück. „Was ist denn noch?“ Miku schaute verlegen weg. „Ich wollte mich noch bei dir bedanken.“ „Wofür denn?“ „Dafür, dass du….für das, was da im Taxi passiert ist“, meinte Miku und sah Bou wieder an. „Ach, Miku. Dafür bin ich doch da. Nur ich hätte diesen Mann ernsthaft verletzt, wenn Kanon mich nicht davon abgehalten hätte“, murrte Bou. „Wo warst du eigentlich eben mit Kanon?“ Bou seufzte. „Das ist jetzt nicht so wichtig. Aber ich habe mir was zusammengereimt, als Kanon danach gefragt hatte, wieso ich diesen Typen angegriffen hätte. Er hat mich nämlich richtig angeschrien und ich musste ihm irgendetwas erzählen, denn sonst würde ich jetzt wahrscheinlich nicht mehr unter den Lebenden weilen.“ Miku beobachtete abwesend, wie eine Gruppe Inder einige hundert Meter entfernt den Flughafen durch den Haupteingang betraten. Bou hatte sich seinetwegen mit Kanon gestritten. Er wusste selbst, dass der Bassist Gewalt verabscheute. „Miku?“ Der Sänger blickte zu dem Blondschopf. „Hai?“ „Kanon und Teruki müssen aber die Wahrheit erfahren. Ich möchte nicht, dass es zwischen uns zu Streitigkeiten kommt, während wir auf Tournee sind. Das können wir uns nicht leisten. Außerdem möchte ich, dass sie es von dir hören.“ Miku schluckte unbehagen. „Und so, wie ich dich kenne, möchtest du bestimmt, dass ich es so schnell wie möglich mache.“ Bou nickte und legte Miku eine hand auf die Schulter. „Ich weiß, es wird dir schwer fallen, doch vertraue mir. Es tut gut, wenn man es einmal von der Seele geredet hat.“ Seufzend nickte Miku. „Gut. Aber nur dir zuliebe.“ Bou lächelte. „Das reicht ja schon.“ Sie griffen nach ihren Koffern und betraten das Hauptgebäude des Flughafens. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Anm.: ich hoffe, dass euch dieses kapitel gefällt^^" zumächst ist mir nicht leicht gefallen die szene im taxi zu schreiben, denn ich wollte es Miku einfach nicht antun miku, ich verspreche dir...ich mache es wieda gut!! xDD ich habe versucht, es so authentisch wie möglich zu schreiben ^.^ an alle die bisher tapfer gelesen haben vielen vielen dank!! *an alle kense verteil* ^.^ Kapitel 3: Why? --------------- Kapitel 3. Zwischen all den Menschen verschiedenster Nationalitäten war es schwierig, Kanon und Teruki zu finden, doch schließlich entdeckten sie die beiden neben dem Terminal. Miku und Bou drängelten sich mit ihren Koffern durch die Masse. Kanon und Teruki erwarteten sie bereits ungeduldig. „Da seid ihr ja endlich“, rief Kanon. „Ist wieder alles okay bei euch?“ Bou und Miku nickten nur. „Sind wir schon eingecheckt?“ „Nein. Wir wollten auf euch warten“, meinte Teruki und stellte sich nun hinten an die Schlange am Schalter. Kanon, Miku und Bou gesellten sich zu ihm. Die Schlange war glücklicherweise nicht allzu lang. Vor ihnen standen nur eine Gruppe von Italienern, die über irgendetwas auf ihrer Heimatsprache heftig diskutierten, ein junges Pärchen und drei missmutige Afrikaner. Teruki blickte auf die große Uhr, die über dem Terminal hing. „Wir haben noch ziemlich viel Zeit, bis unser Flug geht.“ „Super! Dann können wir ja noch was essen gehen“, rief Kanon freudig und schien es nun kaum noch zu erwarten, endlich eingecheckt zu haben. „Dass du immer ans Essen denken musst“, maulte Bou. „Ich hätte echt noch eine Stunde länger schlafen können.“ Miku staunte, wie Bou es immer wieder schaffte, Kanons Laune von einer Sekunde auf die andere drastisch zu senken. „Und dass du immer nur ans Schlafen denken kannst“, giftete dieser gehässig zurück. „Ich weiß zwar nicht, was da wirklich im Taxi vorgefallen ist, doch ich denke, Miku kann ziemlich froh sein, dass du heute noch aufgewacht bist!“ Bou starrte Kanon entgeistert an und wollte etwas erwidern, senkte jedoch schnell den Kopf und schwieg. Kanon wandte sich griesgrämig ab und blickte nach vorn. Miku erhaschte kurz einen Blick auf dessen Gesicht und war sich sicher, eine Spur Reue über das eben Gesagte erkannt zu haben. Schweigend hingen sie alle ihren eigenen Gedanken nach, bis sie endlich einchecken konnten. „Können wir jetzt endlich was essen gehen?“, drängte Kanon, während sie an den verschiedensten Läden entlangliefen, um sich die Zeit zu vertrödeln. Miku blickte zu Bou, der so aussah, als ob er ihren Streit fortsetzen wollte. Schnell griff er nach Bous Ärmel. Genervt drehte sich dieser zu ihm um. „Lass gut sein, ja?“, raunte Miku. Bou protestierte: „Aber Kanon hat - “ Teruki und Kanon waren ahnungslos weitergegangen und so fuhr Miku hastig fort, um den Anschluss nicht zu verlieren: „Tu’s mir zuliebe, bitte.“ Und ohne auf eine Antwort abzuwarten, schloss er zu den anderen auf, einen Augenblick später lief auch Bou wieder neben ihm her, schweigsam. Der Sänger wusste, dass es Bou große Überwindung kosten musste zu schweigen, und er war ihm dafür dankbar. Er konnte es einfach nicht leiden, wenn Bou und Kanon sich ständig wegen irgendetwas in den Haaren hatten. Plötzlich blieb Kanon stehen und schnupperte. „Essen!“, rief er und lief freudig vor und bog um eine Ecke. „Ich staune immer wieder, was für eine gute Nase Kanon hat“, sagte Teruki seufzend. Sie mussten sich beeilen, um ihn nicht aus den Augen zu verlieren und ein paar Abzweigungen und viele Entschuldigungen zu Leuten, die sie in der Eile angerempelt hatten, später, standen sie vor einem großen Fenster. Kanon starrte sehnsüchtig auf die vielen Burger und Pommes, die auf Tablettes auf den Tischen standen. „Mein Gott, Kanon. Man könnte meinen, du hättest noch nie in deinem Leben etwas gegessen“, meinte Teruki kopfschüttelnd, packte den Bassisten am Arm und zog ihn zu der Tür, über der ein Schild mit der Aufschrift `McDonalds’ prangte. „Es fühlt sich aber genauso an“ murmelte Kanon und wie zur Bestätigung knurrte sein Magen. Teruki öffnete lachend die Tür und sie traten ein. Ein herrlicher Duft stieg ihnen allen in die Nase. „Am besten ist, wenn du unser Essen bestellst und wir schon mal einen Sitzplatz organisieren“, schlug Teruki an Miku gewandt vor. „Und warum soll ausgerechnet ich an die Kasse gehen? Ich kann doch nicht so gut Englisch.“ „Eben darum“, entgegnete Teruki. „Das ist eine gute Übung für dich.“ Und bevor Miku sich gegen diese Entscheidung wehren konnte, hatten Teruki, Kanon und Bou auch schon ihre Bestellungen bei ihm abgegeben und waren davongesaust. Murrend stellte Miku sich an eine der vielen Schlange. Aber was Teruki gesagt hatte, stimmte. Er war immer zu faul gewesen, die vielen Vokabeln und grammatischen Regeln zu lernen oder sie sich überhaupt zu merken. Das Einzige, was er auf Englisch sahen konnte, waren die wenigen Sätze auf internationalen Konzerten. Jemand stellte sich neben ihn. „Ich dachte, du wolltest mit den anderen einen freien Platz suchen.“ Miku blickte den Drummer verwirrt an. „Das können die schon alleine erledigen. Ich wollte dir nur mit dem Tragen helfen“, meinte Teruki, der geistesabwesend auf die Preisliste über der Theke sah. „Und du meinst, dass Bou und Kanon nicht versuchen werden, sich gegenseitig an die Kehle zu gehen?“, fragte der Sänger erschrocken und wollte schon lossprinten, um das Schlimmste zu verhindern, doch Teruki hielt ihn fest. „O nein, du bleibst schön hier.“ „Aber - “ „Kein aber“, entgegnete Teruki bestimmt und sah ihn an. „Ich weiß, dass da ein gewisses Risiko besteht, wenn man die zwei auch nur eine Sekunde alleine lässt. Aber du kennst sie doch. Wir kennen zwar nicht den Ursprung ihrer ständigen Streitigkeiten, aber egal, was es ist, sie würden sich nie gegenseitig etwas antun.“ Verlegen wich Miku Terukis Blick aus und seufzte. „Du hast Recht. Es war ziemlich dumm von mir, das zu denken.“ „Nein, Miku. Das war es nicht.“ Teruki legte ihm beschwörend eine Hand auf die Schulter. „Es ist völlig normal, sich sorgen zu machen. Besonders, wenn es um den eigenen Partner und den besten Freund geht. Aber kann ich dich mal etwas fragen?“ „Geht nicht.“ „Wieso?“ Miku trat einen Schritt nach vorne und erst jetzt bemerkte Teruki, dass sie vorne an der Kasse standen. Die Kassiererin wartete bereits ungeduldig. Schnell trat auch er nach vorne und hörte Miku zu, der ihre Bestellung abgab. Teruki wunderte sich, woher er auf einmal so fehlerfrei Englisch konnte und betrachtete ihn. Er schmunzelte. Miku schien es sich einfach gemacht zu haben, denn er las von der Preisliste über ihren Köpfen ab. Nach geschlagenen fünf Minuten des Wartens machten sie sich dann mit drei voll beladenen Tablettes auf die Suche nach Bou und Kanon. „Was wolltest du mich eben fragen, Teruki?“, fragte Miku neugierig, während sie sich durch die Menschenmasse drängelten. Teruki zögerte kurz. „Ich wollte dich eigentlich fragen, was da jetzt passiert ist. Du bist nämlich immer noch so schweigsam, das kennt man gar nicht von dir.“ Miku seufzte. „Ich werde es dir und Kanon noch sagen. Aber nicht jetzt.“ Er vergrößerte seine Schritte, um weiteren Fragen auszuweichen. Suchend sah er sich im Gehen nach Bou und Kanon um. Schließlich entdeckte er sie an einem der quadratischen Tische an der langen Fensterscheibe, durch die sie eben noch hereingeschaut hatten. Erleichtert stellte er fest, dass sie momentan nicht am Streiten waren. Schweigend saßen sie sich gegenüber und schienen sich zu ignorieren, denn sie starrten beide ausdruckslos aus dem Fenster. Miku blickte kurz nach hinten und gab Teruki mit einem Nicken zu verstehen, dass er sie gefunden hatte. „Da seid ihr ja endlich“, begrüßte Kanon sie und riss Miku ein Tablette aus der Hand. „He, pass doch auf!“, rief Miku erschrocken, der gerade noch so das andere Tablette im Gleichgewicht halten konnte. Doch Kanon war bereits eifrig am Essen und schien ihn nicht mehr zu hören. Grummelnd setzte Miku das Tablette ab. Bou stand kurz auf und Miku rutschte durch zum Fenster und ließ sich neben Bou auf die weiche Bank fallen. Er gab ihm das, was er bestellt hatte und freudig packte der Blondschopf seinen Burger aus und biss herzhaft hinein. „Wie es aussieht, hast du ja doch Hunger“, meinte Teruki lächelnd zu Bou. „Das hatte ich auch nie behauptet. Ich schlafe nur lieber als zu essen, das ist alles.“ „O ja, das haben wir heute alle mitbekommen“, murrte Kanon. Bou ließ seinen angebissenen Burger fallen und sprang auf. „Bou, was…“ Miku starrte ihn verwirrt an, doch Bou hielt den Kopf so gesenkt, dass dessen lange und weiße Haare die Sicht auf sein Gesicht verwehrten. „Lass mich, Miku“, murmelte der Gitarrist leise mit leicht bebender Stimme und rannte in den hinteren Bereich des Restaurants. Von Piktogrammen, die er in der Nähe der Kasse gesehen hatte, wusste Miku, dass sich dort die Toiletten befanden. Verunsichert blickte Miku in die Richtung, in der er verschwunden war. Er wollte ihm hinterher rennen, doch Bou hatte ihm gerade eindeutig zu verstehen gegeben, dass er dies nicht wollte. Miku konnte ihn sogar verstehen, denn schließlich war es ja seine, Mikus, Schuld, dass Kanon nun etwas hatte, mit dem er auf Bous Wahn nach Schlaf herum hacken konnte. „Teruki?“ Er blickte zu dem Drummer, der nachdenklich auf seine Pommes gestarrt hatte. „Hai?“ „Könntest du wohl…“ Teruki lächelte leicht. „Ich versuche mein Bestes.“ Er erhob sich und verschwand. Nun war er mit Kanon alleine am Tisch. Miku nahm sich eine Pommes und knabberte lustlos an ihr herum. Er schielte zu Kanon. Dieser war immer noch eifrig am Essen und Miku bezweifelte, dass er mitbekommen hatte, dass er Bou verletzt hatte, zum zweiten Mal an diesem Tag. Kurzerhand beschloss er den Bassisten zur Rede zu stellen, denn so konnte es einfach nicht mehr weitergehen. „Kanon?“ Kanon schaute fragend auf. „Warum streitest du dich eigentlich immer mit Bou?“ „Nani?“ Miku stöhnte genervt. „Tu nicht so unwissend! In letzter Zeit seid ihr beide doch nur noch am Streiten, und das wird von Tag zu Tag schlimmer. Ist dir überhaupt klar, was du Bou da gerade angetan hast?“ „Nein, es ist mir nicht klar“, fuhr Kanon ihn wütend an. „Wie sollte es auch, wenn ich nicht weiß, was im Taxi vorgefallen ist. Aber eins weiß ich mit Sicherheit. Wenn Bou eher aufgewacht wäre, wärst du jetzt nicht so angespannt!“ „Kanon, ich…“ „Nein, Miku. Lass mich ausreden!“ Der Sänger verstummte. „Du bist mein bester Freund, und das weißt du auch. Aber haben beste Freunde Geheimnisse voreinander?“ „Nein, ich - “ Kanon hob die Hand, gebot Miku abermals zu schweigen. „Ich war sehr erschrocken, weil du so apathisch warst, als ich dich da rausgezerrt hatte“, fuhr er ruhig fort. „Und auch jetzt machst du keinen guten Eindruck auf mich. Du bist überhaupt nicht mehr am Lächeln, das ist total ungewohnt bei dir. Ich möchte die so gerne helfen, aber das geht nicht, wenn du mir nicht die Wahrheit erzählst, und offenbar ist Bou hier der einzige, der sie kennt.“ Miku schaute verlegen aus dem Fenster. Es war ihm gar nicht bewusst gewesen, dass Kanon so dachte. Offensichtlich war er eifersüchtig auf Bou, weil er es wusste. Und er als sein bester Freund nicht. „Gomen, Kanon“, sagte Miku leise. „Ich wusste nicht, dass dich das so sehr beschäftigt. Ich habe es eben schon zu Teruki gesagt: Ich werde es euch noch heute erzählen. Nach der Autogrammstunde.“ Kanon seufzte. „Teruki und ich wollen dich nicht drängen, lass dir ruhig noch etwas Zeit.“ „Nein.“ Miku schüttelte den Kopf. „Wenn ich es heute nicht tue, werde ich es wohl nie erzählen können.“ „Es ist deine Entscheidung. Aber sag bitte Bescheid, wenn du mich brauchst.“ Kanon stopfte sich einige Pommes in den Mund und nahm einen Schluck von seiner Cola. „Kanon, würdest du mir einen Gefallen tun?“ „Klar würde ich das“, sagte Kanon mit vollem Mund und lächelte. „Um was geht’s?“ „Ich möchte, dass du aufhörst mit Bou zu streiten.“ Kanon schluckte seinen letzten Bissen herunter und sah Miku eindringlich an. „Das kann ich dir nicht versprechen.“ „Aber Kanon!“ Der Schwarzhaarige zögerte kurz und fuhr dann fort: „Ich kann dir zwar nicht den Grund für unsere Streitigkeiten verraten, aber ich verspreche dir, dass ich mich von nun an mehr zurückhalten werde. Zufrieden?“ „Nein.“ „Miku, ich habe dir doch eben gesagt - “ „Das meine ich nicht. Damit kann ich erst einmal leben.“ „Und was willst du dann?“ „Dass du dich bei Bou entschuldigst.“ Kanon starrte Miku entgeistert an. „Und du meinst, er nimmt sie an?“ „Man kann es doch zumindest versuchen“, meinte Miku. Kanon schwieg. Miku hatte sich eigentlich mehr von einem „klärenden“ Gespräch erhofft, doch immerhin hatte er es geschafft, jeweils von Bou und Kanon ein Versprechen bekommen zu haben, dass sie versuchen würden, besser mit dem jeweils anderen auszukommen. Natürlich wusste Bou nicht, dass Kanon Miku das Gleiche hatte versprechen müssen, andersherum war es genauso. So war es nun doppelt gesichert, dass die Streitigkeiten und Sticheleien langsam aufhören würden. „Rutsch mal durch.“ Miku blickte überrascht auf, rutschte ans Fenster und Bou nahm seinen Platz ein. Dieser griff sofort zu seinem Burger und biss hinein. „Bou, was war los?“, fragte Miku und betrachtete den Blondschopf, der verbissen auf sein Essen starrte. Er antwortete nicht, sondern aß weiter. Da Miku es nicht gewohnt war, von Bou keine Antwort zu bekommen, blickte er verwirrt zu Teruki. Doch der Drummer gebot ihm mit einem kaum vernehmbaren Kopfschütteln, ihn erst einmal in Ruhe zu lassen. Miku befolgte seinen Rat nur zu gern und begann, gedankenverloren den vor sich liegenden Vorrat an Pommes zu verringern, indem er sich eine nach der anderen in den Mund schob. Er fragte sich, wieso er von Bou auf einmal ignoriert wurde, denn bis vorhin war er noch fürsorgsam gewesen. Es fiel ihm jedoch kein guter Grund ein, der dies rechtfertigen könnte. Doch egal, was es war, Miku beschloss, Bou wieder aufzuheitern. Zwar war er selbst auch nicht gerade gut drauf, aber er konnte es sich einfach nicht mit ansehen, wie der Blondschopf so griesgrämig durch die Welt laufen konnte. Ein stechender Schmerz durchzog plötzlich sein Schienbein und wütend funkelte er Kanon an. „Was sollte das?“, zischte er. Der Schwarzhaarige sah von seinem Burger auf, schmunzelte und beugte sich über den Tisch zu dem Sänger. „Du hast es anscheinend schon wieder nicht bemerkt“, flüsterte er, damit es Teruki und Bou nicht hören konnten. Doch die führten ein eigenes Gespräch. Kanon setzte sich wieder, trank etwas. Währenddessen betrachtete er genüsslich Miku, der ihn verdattert anstarrte. Miku schalt sich innerlich. Hatte er nicht vorgehabt, besser aufzupassen? Jetzt hatte er schon zum zweiten Mal Kanon angestarrt, ohne, dass es ihm überhaupt bewusst war. Kapitel 4: Guten Tag, lieber Zettel! ------------------------------------ Kapitel 4. Es regnete, als sie nach zwei Stunden endlich in Paris gelandet und demnach ziemlich erschöpft waren. Alles bis auf Bou. Dieser war – o Wunder – sofort eingeschlafen, nachdem er sich auf den weichen Sitz im Flugzeug niedergelassen hatte. Da Miku neben ihm gesessen hatte, war der Flug für ihn recht ereignislos und langweilig verlaufen. Mit Kanon oder Teruki hatte er nicht sprechen können, da sie zwei Reihen hinter ihnen gesessen hatten. In der Eingangshalle angekommen stellten sie erleichtert fest, dass sie nicht auf ihre Fahrgelegenheit warten mussten. Im Gegenteil. Sie wurden sogar ungeduldig erwartet. Miku, Kanon, Teruki und Bou gingen mit großen Schritten und den Koffern in der Hand auf ihren Manager zu. Dieser begrüßte sie, fragte sie kurz über den Ablauf des Fluges aus. Draußen angekommen setzten sie hastig ihre Kapuze auf den Kopf, denn mittlerweile goss es wie aus Eimern. Über Pfützen springen rannten sie so schnell sie konnten zu, Parkplatz und eilten zu dem kleinen roten Tourbus. Erst, als er im Auto saß, setzte Miku die Kapuze wieder ab und schüttelte sein Haar, das trotz der Kopfbedeckung etwas nass geworden war. „Hey!“, rief Kanon entrüsten und wich, so weit es möglich war, zurück. „Ich bin schon nass genug.“ „Gomen.“ Miku hörte auf, lehnte sich zurück. Die Fahrt verlief recht schweigsam, denn Miku, Kanon und Teruki hatten in den letzten Tagen kaum Schlaf gehabt, und wenn, dann nur für ein paar Stunden. Miku war sehr froh, als sie an ihrem Hotel angekommen waren und er den Bus endlich verlassen konnte, denn er hätte es nicht mehr länger da drin aushalten können. Der Störenfried hieß mal wieder Bou. Der Gitarrist hatte nämlich keine Sekunde still auf seinem Platz sitzen können und hatte ihn zudem mit irgendeinem Mist zugetextet. Miku hatte sich stark zusammenreißen müssen, um ihn nicht lauthals anzuschreien, er solle doch endlich mal die Klappe halten, da er keine Lust hatte, dass Bous Laune erneut ihren Tiefpunkt erreichte. „In einer halben Stunde erwarte ich euch wieder hier“, rief der Manager ihnen noch nach, während sie mit ihrem Gepäck die Treppe zum Hotel hochstiegen. „Ja, ja“, murrte Kanon schlecht gelaunt und öffnete die Glastür. Sie traten ein. „Er ist ja so nett zu uns. Man könnte fast meinen, er hat Spaß daran zuzusehen, wie wir wegen Schlafmangel allmählich zugrunde gehen.“ „Ach, Kanon. Jetzt fängst du ja auch schon genau so an wie Bou.“ „Was soll das denn heißen?“, fuhr Kanon Teruki wütend an. „Na, das, was es heißt“, gab der Drummer trocken zurück. „Bou redet ja pausenlos von Schlaf und wie müde er immer ist, und wenn nicht, dann schläft er.“ „Genau. Und ich steh dazu, dass ich viel Schlaf brauche.“ Bou grinste. „Im Gegensatz zu dir.“ Um den Giftblicken des Bassisten zu entkommen, eilte er an die Empfangstheke und fragte nach ihren Zimmernummern. Miku, der Bou nachgesehen hatte, spürte, wie jemand an seinem Ärmel zupfte und drehte sich zu Kanon um. „Sag mal“, fing dieser langsam an. „Auf wessen Seite stehst du eigentlich? Auf der Seite dieser...verräterischen Freunde, oder auf meiner?“ Verräterische Freunde? Doch da Kanon ihn eindringlich ansah, antwortete er hastig: „Auf deiner natürlich.“ Kanon lächelte und wandte sich den anderen zu, die schon auf dem Weg nach oben waren. Als ob ich etwas anderes sagen würde, wenn ich so bedrohlich angestarrt werde, dachte Miku, schüttelte leicht verwirrt den Kopf und eilte ihnen hinterher. „Nein.“ „Doch.“ „Nein.“ „Doch!“ „Nein!“ „Jetzt komm schon.“ „Ich will aber nicht!“ „Entweder gehen wir alle oder keiner.“ „Dann habt ihr Pech gehabt.“ „Wieso willst du denn nicht?“ „Weil...“ Bou stockte. „Na los. Sag’s.“ „Weil...ich Höhenangst habe!“ Stille. Miku und Kanon, die beide am Fenster gelehnt standen, warfen sich heimlich Blicke zu. Sie hatten das ganze Gespräch belustigt verfolgt, denn es war schon immer eine Sensation gewesen, wenn sich Teruki und Bou stritten. Es geschah nämlich so gut wie nie, da beide aus einem unerklärlich Grund Respekt und Achtung voreinander hatten. Doch wenn sie sich miteinander anlegten, dann für irgendeine dämliche Kleinigkeit. So wie diese hier. Kanon hatte nämlich die Idee geäußert, morgen auf den Eifelturm zu steigen, da morgen ihr erster freier Tag war. Teruki war davon sehr begeistert gewesen und hatte versucht Bou umzustimmen, was jedoch in diesem Streit geendet war. „Aber was sollen wir denn jetzt machen?“, fragte Teruki verzweifelt Miku und Kanon. Der Schwarzhaarige zuckte mit den Schultern. „Entweder bleibt er unten oder er kommt mit nach oben. So einfach ist das. Ich möchte nämlich auf alle Fälle da hoch.“ „Ich auch.“ Bou seufzte, ging auf ihn zu, und zog den etwas verdutzten Miku zur anderen Seite des Backstage-Raumes. Der Blondschopf stellte sich direkt vor Miku, dessen Hände festhaltend. Mit großen Augen schaute er von unten zu ihm herauf. Er sprach mit leiser Stimme. „Miku?“ „Hai?“ „Ich möchte so gerne auf den Eifelturm, aber ich habe Angst. Außerdem möchte ich dir nicht den Tag versauen.“ „Und wenn ich dir verspreche, dass ich nicht von deiner Seite weichen werde und auf die aufpasse?“ Bou grinste. „Das ist natürlich etwas anderes.“ Miku blickte zu Teruki und Kanon, die das Geschehen neugierig verfolgt, aber kein Wort verstanden hatten. „Er kommt mit.“ „Prima“, riefen Kanon und Teruki begeistert. Die Tür ging auf. Miku, Bou, Kanon und Teruki wandten sich dem Manager zu. „Die Autogrammstunde fängt gleich an.“ Teruki nickte. „Gut. Wir kommen.“ Die Mitglieder von AnCafe liefen ihrem Manager folgsam hinterher. „He, Kanon“, flüsterte Miku und zupfte dem Bassisten am Ärmel. „Was gibt’s, Miku?“ „Ich will morgen, bevor wir da hochsteigen aber noch shoppen gehen.“ „Miku!“, rief Kanon erschrocken. Teruki und Bou drehten sich verwirrt um. „Was ist?“, fragte der Sänger ungläubig, der nicht verstehen konnte, warum er jetzt angeschrien worden war. „Wir wissen doch alle genau sehr du Shoppen liebst“, erklärte Kanon und zog Miku weiter den Flur entlang. „Außerdem habe ich das sowieso schon für morgen eingeplant – nur für dich.“ „Arigatou, Kanon!“ Miku umarmte ihn freudig. Kanon ließ ihn kurz gewähren, schob ihn dann jedoch zur Seite. „Nicht, dass Bou noch eifersüchtig wird.“ „Ach was.“ Miku lächelte. „So schnell wird er nicht eifersüchtig.“ Doch innerlich war er sich dessen nicht mehr so ganz sicher. „Wenn du meinst“, entgegnete Kanon leise und schaute den auf einmal menschenleeren Flur herunter. „Gut, Problem gelöst. Wenn Bou das nicht gesehen hat, dann kann er auch nicht eifersüchtig werden. Aber sie hätten zumindest auf uns warten können.“ Er packte Miku an der Hand und zog ihn murrend weiter. „Kanon, denkst du etwa, sie fangen ohne uns an?“, gab Miku zu Bedenken. „Nee, aber ich traue denen so einiges zu.“ Der Vocal seufzte nur und ließ sich einfach mitziehen. Er konnte es kaum erwarten, dass der heutige Tag endlich vorbei war. Vor allem wollte er endlich mal auf andere Gedanken kommen. Die Sache in dem Taxi beschäftigte ihn nämlich immer noch. Aber am Meisten freute er sich auf die Shopping-Tour. Ob er wohl etwas für Bou finden würde? „Ich glaube, hier müssen wir rein.“ Kanon öffnete eine dunkle Holztür und zog Miku hinter sich hinein. Röhrenlampen über ihnen erhellten den in schwarz gestrichenen, großen Raum und die auf einer kleinen Anhöhe zusätzlich angebrachten Stehlampen sorgten dafür, dass alle von AnCafe auch perfekt beleuchtet wurden, wenn sie am Tisch saßen. Der lange Tisch aus hellem Holz stand mit vier hintereinander aufgereihten Stühlen auf der Anhöhe. Für jeden lag bereits jeweils ein Stift zur Verfügung. An der anderen Seite des Raumes, dem Signierdesk gegenüber, war der Verkaufsstand aufgestellt worden, an dem die Fans, bevor sie nach vorne zu AnCafe traten, die Möglichkeit hatten, ein Poster von AnCafe zu kaufen. Später würden dort auch die T-Shirts dieser Tour angeboten werden. Doch auf das alles konnte Miku nur einen flüchtigen Blick werfen, denn Kanon zog ihn weiter zu Teruki und Bou, die sich mit dem Manager neben der Anhöhe unterhalten hatten und nun, abgelenkt vom Öffnen der Tür, zu den Nachzüglern blickten. „Wo ward ihr denn so lange“, fragte Teruki ungeduldig. „Wir mussten etwas klären.“ Kanon grinste. „Seid ihr denn jetzt fertig mit klären?“ bou sprach leise, blickte sie dabei nicht an. „Hai.“ Miku starrte ihn verwirrt an. Was war denn nun schon wieder los? „Dann kannst du Kanons Hand ja jetzt loslassen.“ Miku und Kanon sahen sich erschrocken an und ließen blitzschnell die Hand des anderen los. Miku errötete leicht. „Gomen, Bou. Ich...nein, ich meine...Kanon hat...“, versuchte er stockend zu erklären, bemerkte jedoch Kanons Blick und verstummte. „Miku hat Recht. Ich habe seine Hand genommen, und nicht andersherum. Also kein Grund eifersüchtig zu werden.“ Kanon grinste frech. „Ach, und warum hast du sie die ganze Zeit über festgehalten?“, schrie Bou. Kanon erklärte es ihm, doch das resultierte nur darin, dass er lauthals schimpfend als Lügner abgestempelt wurde. „Jetzt krieg dich doch mal wieder ein“, rief Kanon ärgerlich, der es nun gar nicht mehr witzig fand. „Ich soll mich beruhigen? Wer läuft denn hier Händchen haltend durch die Gegend, obwohl Mikus Hand mir gehört!“ „Bou, ich habe es dir doch -“ „Ich glaube dir aber nicht!“ „Ach, und warum glaubst du mir nicht, wenn ich fragen darf?“ Bou stöhnte und verdrehte entnervt die Augen. „Das weißt du doch ganz genau.“ Kanons Kopf schwirrte. Was meinte Bou nur damit? Doch dann fiel es ihm wieder ein und er schlug sich mit der Hand auf die Stirn. „Bou, komm mal mit!“ Ohne eine Antwort abzuwarten, griff er nach dem Ärmel des Gitarristen und zog ihn aus dem Raum hinaus. Miku und Teruki starrten ihnen verwirrt nach. Auch der Manager, der das alles mitverfolgt hatte, fragte sich, was denn nun schon wieder los gewesen war. Doch im Gegensatz zu den anderen hatte er noch weniger als gar nichts verstanden, denn er konnte ja nicht wissen, in welcher Beziehung Bou und Miku zueinander standen. Teruki seufzte, stieg auf die Anhöhe und ließ sich auf seinen Stuhl fallen. Er würde gleich der Erste sein, der seine Unterschrift verteilen würde. „Hoffentlich beeilen sie sich.“ Miku nickte nur. Hatten Kanon und Bou ihm denn nicht noch vor einigen Stunden versprochen, sich nicht mehr zu streiten? Und was hatten die zwei für ein Geheimnis? War das vielleicht auch der Grund für ihre ständigen Streitereinen? Miku war verwirrt, und verletzt zugleich. Er hatte, seit er nun mit Bou und Kanon befreunden war, mit ihnen über alles reden können. Es war ungewohnt zu wissen, dass es etwas gab, über das die beiden nicht mit ihm gesprochen hatten. Aber genau genommen bin ich auch nicht besser als Kanon und Bou, dachte Miku leise seufzend und setzte sich auf einen der noch freien Stühle, wobei er einen Platz zwischen sich und Teruki frei ließ. Lustlos nahm er den schwarzen Edding vor sich in seine rechte Hand und spielte mit ihm herum. Dabei sang er leise Rinne No Tsumi. Ich verschweige denen ja schon seit Wochen etwas...Wieso schaffe ich es einfach nicht und sage es ihnen endlich? Zumindest Bou muss es wissen...Aber ich traue mich nicht! Was, wenn er mich dann nicht mehr mag und mich fallen lässt? Sein Gedankengang wurde vom Öffnen der Tür unterbrochen und sein Gesang verstummte. „Können wir dann jetzt endlich anfangen?“, fragte Teruki Kanon und Bou, die sich ausdruckslos – aber immerhin friedlich – auf ihre Plätze setzten. Bou, der zwischen Teruki und Miku hockte, nickte zustimmend. Der Manager gab einige Japanern noch letzte Anweisungen, dann öffnete einer die große Tür und verschwand. „He, Miku“, murmelte Bou. „Was ist?“ „Sehe ich gut aus?“ Miku lächelte. „Du siehst doch immer klasse aus.“ Sein Herz klopfte, als Bou, ihn mit seinen großen Rehaugen ansehend, unter dem Tisch nach seiner Hand griff. Miku umfasst die kleinen zierlichen Finger des Gitarristen und strich sanft über dessen Handrücken. Bou beugte sich mit dem Kopf weiter zu Miku und flüsterte ihm leise ins Ohr: „Schön, dass ich dich mal wieder lächeln sehe.“ Er setze sich wieder gerade hin und ließ Mikus Hand wieder los, denn die erste Gruppe aufgebrachter Fans war eingetreten. Beim Anblick AnCafe’s blieben die Fans, offenbar erschrocken, stehen. Ein Mädchen fing an zu kreischen. Andere wiederum starrten sie an, als wären sie Götter oder von einem anderen Planeten. Miku, Kanon, Teruki und Bou lächelten sie einladend an, doch noch traute sich keiner zu ihnen an den Signierdesk. Langsam fingen die Fans an, mit zittrigen Händen CDs oder andere Merchandise-Artikel von AnCafe aus ihren Taschen hervorzuholen. Zwei von ihnen traten an den Verkaufsstand, um eines der großen Poster zu ergattern. Miku glaubte zu wissen, warum sich keiner nach vorne wagte. In dem weißen Licht von den vielen Lampen über und hinter ihnen sitzend sahen sie anders aus als auf Fotos oder in Musikvideos. Sie waren nämlich alle viel kleiner und zierlicher. Doch Miku mochte sich auf Fotos immer, denn auf denen wirkten seine Augen viel kleiner. Zufrieden stellte er fest, dass ein Mädchen zaghaft nach vorne zu Teruki trat. Der Drummer begrüßte sie lächelnd mit einem englischen „Hello“, während sie ihm das Booklet eines Albums reichte, auf dem er auch sofort unterschrieb und es zu Bou schob. Er gab dem Mädchen die Hand und bedankte sich freundlich mit einem „Arigatou“. Strahlend ging sie weiter zu Bou und sofort nahm der nächste Fans ihren Platz vor Teruki ein. Die Übrigen aus der Gruppe stellten sich dahinter. Offenbar hatten sie nun alle die Gewissheit. dass ihre Stars ihnen nichts Böses taten. Miku lächelte jedes Mal freundlich und kaum war die erste Gruppe durch, schon kam die nächste. Während Miku Autogramme verteilte, immer brav grinste und sich bedankte, hatte er Zeit, über das eben Gesagte von Bou nachzudenken. Nach einer Weiler stellte er erschreckend fest, wie unnyappy seine Gedanken doch waren und beschloss, sie niederzuschreiben, sobald er hier fertig war. Es hatte ihn schon immer beruhigt, wenn er seine Ängste, Sorgen, Hoffnungen und Träume aufschreiben konnte. Meistens hatte er sich den nächstsbesten Zettel geschnappt und drauf losgeschrieben. Dabei hatte er den Zettel als eine Art Freund benutzt, mit dem er über alles „reden“ konnte. Doch wo sollte er hier einen herbekommen? Er wollte den Manager fragen gehen, nachdem die Autogrammstunde zu Ende war, doch dieser war wie vom Erdboden verschluckt. Miku suchte die ganze Konzerthalle an, nach draußen traute er sich nicht. Schließlich fragte er einfach den Tontechniker, der in dem Raum, wo sie in ein paar Stunden auf der Bühne stehen würden, am Mischpult stand. Doch dieser konnte ihm auch nichts zu Schreiben geben. Aber er gab nicht auf, fragte jeden, den er traf. Dann kam der Vocal darauf, dass er ja auch zur Rezeption gehen könnte, denn dort brauchte man ständig Zettel. Und tatsächlich. Keine zwei Minuten später lief Miku mit Zettel und Stift in der Hand den Flur zum Backstageroom entlang. Plötzlich blieb er stehen, seufzte, machte kehrt und ging in die entgegengesetzte Richtung. Grübelnd blieb er hinter der nächsten Ecke stehen und lehnte sich an die Wand. Wo finde ich hier nur einen Ort, wo ich ungestört schreiben kann? Miku hörte, wie hinter ihm eine Tür geöffnet wurde, und drehte sich um. Eine Frau, offenbar eine Putzfrau, kam ihm entgegen, nickte ihm freundlich zu und verschwand wieder. Aus reiner Neugierde ging Miku zu der Tür, aus der sie hinausgekommen war und spähte in den sich dahinter befindenden Raum. Das ist es! Schnell betrat er den kleinen Raum und schloss die Tür hinter sich. Regale säumten die Wände, in denen jede Menge Wasch- und Putzmittel standen. Direkt der Tür gegenüber war ein Fenster. Miku öffnete es und spähte hinaus. Es hatte aufgehört zu regnen und er musste fast die Augen zukneifen, so sehr blendete die Sonne, und von Fans war weit und breit nichts zu sehen. Trotz, dass er sich im ersten Stock befand, hockte er sich auf die breite Fensterbank, lehnte sich an den Rahmen und zog seine Beine an. Eine kalte Brise ließ ihn erzittern, während er den Block, den man ihm gegeben hatte, auf seine Beine legte und fing an zu schreiben. Guten Tag, lieber Zettel! Ich bin’s, Akiharu, oder besser gesagt, Miku, der Sänger von AnCafe. Ich hoffe, es ist dir recht, wenn ich dich mit meinen Sorgen und Ängsten zuschreibe. Aber wie soll ich es sonst machen? Mit Kanon und Teruki möchte ich nicht reden, sonst machen sie sich nur unnötig Sorgen um mich. Und Bou? Dem möchte ich nicht noch mehr zu Last fallen. Er hat schon so viel für mich getan, dass ich gar nicht mehr weiß, wie ich ihm dafür danken soll. Aber ich finde es süß von ihm, dass er sich immer noch Sorgen um mich macht, wegen dem, was heute morgen passiert ist. Ist aber irgendwie auch kein Wunder. Ich glaube, seitdem habe ich kein einziges Mal gelächelt. Du musst wissen, ich bin eigentlich ein glücklicher Mensch. Einer, der immer nyappy ist. Aber seit einigen Wochen…ich weiß auch nicht. Vielleicht liegt es an dem Krach, den ich momentan mit meinen Eltern habe, oder aber daran, dass sich Bou und Kanon ständig streiten müssen. Können sie sich nicht einfach vertragen? Ich halte es einfach nicht mehr aus! Und was haben die zwei für ein Geheimnis voreinander? Es ist zum Verzweifeln. Bou ist heute sogar richtig ausgerastet, nur weil Kanon meine Hand festgehalten hatte. Okay, ich kann Bou etwas verstehen, aber muss er Kanon dann gleich so anschreien? Ich weiß nicht, was mit mir los ist, denn in den letzten Tagen habe ich Kanon fast genau so viel Aufmerksamkeit geschenkt wie Bou. Gut, er ist mein bester Freund, aber ich bin mit Bou zusammen! Ist Bou vielleicht eifersüchtig auf die gute Beziehung zwischen mir und Kanon? Ach, ich weiß es nicht… Aber wenn das mit den Streitereien so weitergeht, sehe ich schwarz für unsere Band. Unser Zusammenhalt leidet ja schon unter der Beziehung zwischen Bou und mir. Ich weiß doch genau, dass Kanon und Teruki Schwule auf den Tod nicht ausstehen können. Sie haben es zwar nicht gesagt, doch ihre „Verbote“, die sie aufgestellt haben, sprechen für sich. Ich darf Bou zum Beispiel nicht in deren Gegenwart küssen! Das klingt absurd, oder? Ist aber so…leider. Bei der Autogrammstunde ist mir sogar ein ganz entsetzlicher Gedanke gekommen und ich habe mich echt zusammenreißen müssen, um nicht vor den Fans in tränen auszubrechen. Wenn das die ganze restliche Tour über so bleibt mit den Streithälsen, dann trete ich aus der Band aus! Ich habe einfach keinen Bock mehr auf die Band…ich habe keinen Bock auf gar nichts… Es tut einfach zu sehr weh, wenn der eigene Freund und der beste…beste, beste Freund nur noch am Streiten sind. Ich traue mich jetzt nicht einmal mehr, mit Bou über meine Eltern zu reden. Will er das überhaupt hören? Ich habe Angst, dass er von mir nicht mit so etwas vollgejammert werden möchte. Was soll ich denn nur machen? Ich muss es endlich jemandem erzählen, ich weiß einfach nicht mehr weiter. Momentan fühle ich mich, als ob ich nie wieder nyappy sein könnte… Miku brach erschrocken ab, denn irgendjemand hatte die Tür geöffnet. Er entdeckte Bous Blondschopf, der ihn zunächst nur irritiert ansah, doch dann wich Entsetzen in seinen Blick und er stürmte auf Miku zu. Bou packte ihn an den Schultern und zog ihn von der Fensterbank herunter. „Bou, was soll das?“, rief Miku erschrocken. Bou schloss das Fenster und drehte sich zu ihm um. „Ich möchte nicht, dass du aus dem ersten Stock fällst und dir den Hals brichst, oder dir sogar noch eine Erkältung einfängst.“ „Aber ich bin doch kein kleines Kind mehr“, gab Miku schmollend zurück. „Ich kann auf mich selbst aufpassen.“ „Das weiß ich. Aber erklär du ruhig den Fans, dass wir nicht mehr auftreten können, weil unser ach so geliebter Sänger leider krank geworden ist.“ Bou grinste und auch Miku musste lächeln. „Danke, dass du die Sorge hast, dass ich heute nicht singen könnte. Du denkst wohl immer erst an die Fans und nicht an mich, deinen Freund, oder?“ Bou lachte. „Du weißt, wie ich das gemeint habe. Komm her.“ Miku ging auf ihn zu und wurde von Bou in die Arme genommen. Doch statt ihn ebenfalls zu umarmen, legte er seine Hand, in der er nicht den Block hielt, auf die Hüfte des Blondschopfes und küsste ihn sanft. Bou erwiderte, in den Kuss hineingrinsend, und drückte den Vocal stärker an sich. Nach einer Weile löste sich der Blondschopf, behielt Miku jedoch in seinen Armen. „Was machst du hier eigentlich?“, fragte er leise. „Ich habe dich überall gesucht.“ „Gomen, Bou. Ich - “ Bou hatte ihm einen Finger auf die Lippen gelegt, um ihn zum Schweigen zu bringen. Er musterte ihn. „Du musst dich nicht immer für jede Kleinigkeit bei mir entschuldigen.“ „Gomen, Bou…“ „Siehst du? Das meine ich.“ Miku lächelte verlegen. „Also gut. Ich werde versuchen, mich zu bessern.“ Bou nickte. „Und jetzt verrate mir doch endlich mal, was du hier tust.“ „Ähm…nichts“, log Miku schnell. „Miku!“ „Ich habe nur über einen neuen Song nachgedacht. Das ist alles.“ „Und an solchen…Orten denkst du nach.“ Miku nickte. Er fühlte sich nicht ganz wohl dabei, Bou angelogen zu haben, doch die Wahrheit konnte er ja schlecht erzählen. „Zeig doch mal, was du bisher geschrieben hast.“ Bou wollte nach dem Block in Mikus Hand greifen, doch dieser hatte den Block schon schützend hinter seinen Rücken gehalten. Bou blickte ihn irritiert an. „Darf ich nicht?“ Miku schüttelte den Kopf. „Wieso denn nicht?“, maulte Bou beleidigt, der einfach nicht verstehen konnte, wie Miku ihm etwas verheimlichen wollte - was er nämlich sonst nicht tat. „Weil es noch nicht fertig ist.“ „Das ist doch kein Grund!“ „Doch.“ „Nein.“ „Doch.“ „Nein.“ „Bou? „Miku?“ „Wir fangen gerade an uns zu streiten.“ „Ist mir klar.“ „Wir haben uns noch nie gestritten.“ „Ist mir auch klar.“ Schweigend sahen sie sich an. Plötzlich prusteten sie los. „Sag bloß, du hättest dich wirklich mit mir gestritten“, rief Miku lachend. „Wie könnte ich mich mit dir nur streiten?“ Auch Bou lachte lauthals. Nach einer Weile hatten sich beide wieder beruhigt und sie atmeten tief durch. „Wir sind gar nicht in der Lage, uns zu streiten“, meinte Bou grinsend. Miku nickte. „Warum hast du mich eigentlich gesucht?“ „Ich wollte nur wissen, wo du bist. Kanon und Teruki vermissen dich auch schon.“ „Jetzt hast du mich ja gefunden.“ „Hai.“ „Und was machst du jetzt?“ Miku lächelte. „Dich wieder mit zu den anderen nehmen. Ich mag das nicht, wenn du so ganz alleine bist.“ Miku seufzte. „Na gut.“ Er riss den beschriebenen Zettel vom Block, faltete ihn und steckte ihn in die Hosentasche. Den Block ließ er einfach auf der Fensterbank zurück. Ich werde ihn später zurückbringen… Bou ergriff Mikus rechte Hand und gemeinsam kehrten sie in den Backstageroom zurück. Kanon hatte mal wieder sein Handy hervorgezogen und spielte irgendetwas. Teruki hockte neben ihm und sah ihm zu. Beide blickten auf, als Bou mit Miku im Schlepptau eintrat. „Da ist ja wieder unser Sänger“, sagte der Schwarzhaarige freudig. Teruki sah ihn nur fragend an. „Wo warst du?“ Miku setzte sich neben dem Drummer auf die breite Couch, Bou ließ sich im Schneidersitz auf dem niedrigen Tisch nieder. „Ich war - “ „In der Besenkammer“, antwortete der Blondschopf für Miku und riskierte dafür einen erbosten Blick des Vocals. „In der Besenkammer?“ Teruki beäugte stirnrunzelnd Miku. „Was hast du denn da gemacht?“ „Geschrieben. Außerdem war das keine Besenkammer, nur…eine - “ „Besenkammer“, schloss Bou. „Ach, Miku. Jetzt gib es doch endlich zu!“ „Was soll ich zugeben?“ „Du hast doch schon immer ein großes Geheimnis daraus gemacht, wo du die Lyrics schreibst.“ Kanon grinste breit. „Jetzt wissen wir es.“ Miku seufzte nur. Eigentlich hatte er es ihnen nie verraten, weil er es etwas….ungewöhnlich fand. Doch warum sollte er ihnen das mit der Besenkammer abstreiten? Kanon wandte sich seinem Spiel zu und auch Terukis dunkles Augenpaar wanderte wieder auf die kleine Bildfläche. Miku und Bou sahen sich an und verdrehten genervt die Augen. Es war schon fast normal, wenn Kanon und Teruki beieinander hockten und irgendein Spiel auf dem Handy oder auf Terukis PSP zockten. Konsolenspiele, vor allem RPGs, waren nach der Musik ihr zweitgrößtes Hobby. Miku streckte gähnend seine Beide, schloss die Augen und träumte. Sollten sie doch spielen. Dann hatte er wenigstens vor dem Konzert noch etwas Zeit, den Schlaf nachzuholen, der er heute Morgen verpasst hatte… Kapitel 5: Geheimnisse ---------------------- Kapitel 5. Schallendes Gelächter weckte ihn. Miku wusste nicht, wie lange er geschlafen hatte, doch es musste ziemlich kurz gewesen sein, denn er war genau so müde wie vorher. Ein Blick auf seine Armbanduhr reichte aus zur Bestätigung. Es waren ganze zehn Minuten gewesen. „Mensch, müsst ihr denn so laut sein?“, murrte Miku. Doch Bou, Kanon und Teruki wollten einfach nicht aufhören zu lachen. Grummelnd verschränkte Miku die Arme und wartete ab. Er freute sich jedoch zu sehen, dass Kanon und Bou es noch nicht verlernt hatten, miteinander zu lachen. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie mit Lachen aufgehört hatten und Teruki antwortete grinsend: „Gomen, Miku. Wird nicht wieder vorkommen.“ Bou und Kanon nickten zustimmend, doch sofort brachen sie wieder in Gelächter aus. „Darf man erfahren, warum ihr so lacht?“, fragte Miku verwirrt. „Hai, darfst du.“ Miku schmunzelte. „Okay. Warum lacht ihr?“ „Wegen Bou“, meinte Kanon lachend. Miku blickte zu dem Blondschopf, der immer noch vor ihnen auf dem Tisch hockte. „Also echt, Bou. Was hast du denn jetzt schon wieder verbrochen?“ Bou blickte abwechselnd zu Kanon und Teruki. „Soll ich es ihm zeigen?“ Die Beiden nickten. „Ja, aber warte kurz. Ich will mir das nicht noch mal mit ansehen müssen.“ Sie drehten ihnen grinsend den Rücken zu. Miku fragte sich stirnrunzelnd, was Bou getan haben könnte, dass sich Kanon und Teruki von ihnen freiwillig abgewendet hatten, doch er musste nur Bou ansehen, um es zu wissen. Der Vocal lachte auf und wandte sich schnell von ihm ab. „Hör bitte auf, Bou!“ Bou hatte eine groteske Miene geschnitten. Es war unbeschreiblich. Er hatte seine Augen weit aufgerissen, doch das war noch harmlos im Gegensatz dazu, was er mit ihnen tat. Miku hatte ja gar keine Ahnung gehabt, dass Bou in der Lage war, mit beiden Augen gleichzeitig in verschiedene Richtungen zu rollen. „Wenn du meinst“, sagte Bou und hörte auf. Lächelnd blickte er nun zu Miku, der sich allmählich wieder von seinem Lachanfall erholte. Kanon und Teruki, die sich wieder umgedreht hatten, grinsten sich an. „Bou, wie machst du das nur?“, wollte Miku begeistert wissen. Der Blindschopf zuckte mit den Schultern. „Frag mich was Leichteres.“ Kanon erhob sich und ging zu den Getränken, die auf einer kleinen Anrichte an der Wand aufgereiht waren. „Wollt ihr auch was?“ Miku, Teruki und Bou nickten, dankbar für das Angebot. Der Schwarzhaarige befüllte vier Gläser mit Cola und reichte jedem eins. „Damit ihr mir auch nicht beim Konzert einschlaft.“ Er grinste Miku frech an. „Und da du offenbar am Müdesten von uns bist, habe ich dir das größte Glas gegeben.“ Der Vocal musterte sein Glas skeptisch. „Hast Recht.“ „Ich habe doch immer Recht.“ Kanon setzte sich zwischen Teruki und Miku und trank einen Schluck. Miku betrachtete die vielen kleinen Blasen, die in seiner Cola von Boden aufstiegen. Warum hatte Kanon ihm nur so viel eingeschüttet? Er hatte doch kaum Durst. Schnell trank er etwas uns stellte das Glas neben die Couch auf den dunklen Holzboden, da Bou schon den ganzen Tisch beschlagnahmt hatte. Doch kaum hatte sich Miku wieder aufgesetzt, erhob sich dieser und ließ sich seitlings auf dem Schoß des nun vollkommen verblüfften Sängers nieder. „Bou, was…“ Miku blickte verunsichert zu Kanon und Teruki, die genau so erstaunt zu sein schienen. Kanon, der sich als erster wieder gefasst hatte, verschränkte die Arme und starrte Bou ärgerlich an. „Du weißt, was wir ausgemacht haben?“ Bou nickte. „Und warum hältst du dich nicht daran?“ „Weil…“ Bou seufzte und Miku fragte sich, warum Bou sich erneut mit Kanon anlegen wollte. Er wollte gerade den Mund aufmachen, um ihm zu sagen, er (Bou) solle sich ruhig neben ihn (Miku) setzten, doch Bou beendete seinen Satz: „Weil ich Miku helfen will.“ Damit war die Verwirrung komplett. „Nani?“, kam es wie im Chor von Miku, Kanon und Teruki. Überrascht sahen die drei sich an. „Unser kleiner Blondschopf redet in Rätseln“, stellte Kanon fest. Miku und Teruki nickten zustimmend. „Sagt bloß, ihr habt es vergessen“, rief Bou erstaunt. „Gomen, Bou. Aber kläre uns doch bitte auf.“ Der Blondschopf seufzte und wandte sich an Miku. „Du weißt doch, worum es geht, oder?“, fragte er leise. Miku überlegte kurz, dann nickte er. „Bou möchte, dass ich euch über das aufkläre, was heute Morgen passiert ist.“ Teruki und Kanon sahen sich verunsichert an. „Hör zu, Miku“, meinte der Schwarzhaarige. „Du musst es uns nicht erzählen, wenn du nicht willst.“ Miku schloss die Augen, schlang seine Arme um Bou. Er wollte es nicht erzählen. Er hatte Angst, dass dann die ganzen Emotionen wieder hochkommen würden. Doch er hatte es Bou versprochen, und er wollte ihn auf gar keinen Fall enttäuschen. „Nein, ich sage es euch.“ Er holte tief Luft und fing an zu erzählen. Er ließ nichts aus, doch er stockte, als er zu der Stelle kam, an der sich der Typ an ihm vergangen hatte. Noch fester schloss er seine Augen, um die Bilder, die er wieder vor sich sah, nicht sehen zu müssen. Öffnen wollte er sie nicht. Er wollte die Blicke der anderen nicht sehen. Sie waren bestimmt voller Mitleid. Und Mitleid wollte er nicht. Miku erzählte langsam weiter. Während er sprach, merkte er, wie sehr es ihn befreite. Bou hat wie immer Recht gehabt, dachte Miku. Als er geendet hatte, wartete er, dass irgendjemand etwas sagte, doch nichts geschah. Ein Schweigen erfüllte den Raum, dass es schon fast wieder laut war. Man hätte sogar eine Stecknadel fallen hören können. Miku lehnte seinen Kopf an Bous Schulter. Dieser legte einen Arm um ihn und strich ihm sanft über den Rücken. Der Vocal hörte, wie sich jemand erhob und mit einem leichten Knall die Tür hinter sich ins Schloss fallen ließ. Nach dem Öffnen seiner Augen stellte Miku fest, dass es Kanon gewesen war, der fluchtartig den Raum verlassen hatte. Auch Teruki schien sich zu fragen, wo Kanon hingegangen sein könnte. Bou hatte Miku losgelassen und starrte nachdenklich auf den Tisch. „Habe ich irgendetwas falsch gemacht?“, fragte Miku. Teruki und Bou schwiegen nur. Miku seufzte. Warum war Kanon nur so kompliziert?? „Bou, ich möchte aufstehen. Ich muss zu Kanon.“ Er löste die Umarmung. Der Blondschopf erhob sich und auch Miku stand auf, doch prompt wurde er zurück auf die Couch geschubst. „Bou, was - “ „Ich rede mit ihm“, erklärte Bou und ging zur Tür. „Ich weiß nämlich am Besten, was mit ihm los ist.“ Dann verschwand auch er. Miku schaute Teruki erstaunt an. „Hast du eine Ahnung, was Bou damit gemeint hat?“ Teruki schüttelte den Kopf. „Aber eins weiß ich mit Sicherheit. Es hängt mit den Streitereien zusammen.“ „Bist du dir sicher?“ „Nein, aber das liegt doch auf der Hand.“ „Nani?“ Der Drummer seufzte. „Bou und Kanon haben auf alle Fälle ein Geheimnis vor uns. Und kein gutes, denn sonst würden sie friedlich miteinander umgehen.“ „Hast Recht.“ „Rede doch mal mit Bou. Du bist schließlich mit ihm zusammen.“ „Das habe ich schon versucht.“ Miku senkte niedergeschlagen seinen Blick. „Aber er hört mir einfach nicht zu. Bou ist in der letzten Zeit sowieso mir gegenüber recht verschlossen. Ich bekomme kaum noch etwas aus ihm raus.“ Teruki klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. „So was kommt selbst in den besten Beziehungen vor. Das legt sich wieder, wart’s nur ab.“ Miku lächelte leicht. „Arigatou, Teruki.“ Doch so sehr er ihm glauben wollte, er konnte nicht. Er wusste – nein, er spürte -, dass es nicht nur ein normales Tief einer Beziehung war, das in einigen Tagen oder gar Wochen wieder vorbei sein wurde. „Miku.“ Teruki musterte Miku. „Hai?“ „Versprichst du mir etwas?“ „Kommt darauf an, was es ist“, entgegnete der Vocal leicht verwirrt. „Du sollst mir nur versprechen, dass du, wenn du irgendwelche Probleme hast, zu einem von uns kommst.“ „Gut. Mache ich.“ Er war sich jedoch nicht hundertprozentig sicher, dass er dieses Versprechen halten konnte. Er wollte ja mit Bou über seine Eltern reden, doch er traute sich nicht. Was, wenn es Bou gar nicht interessierte? Anscheinend hatte Teruki seinen Zweifel bemerkt, denn er fügte noch stirnrunzelnd hinzu: „Nur damit du es weißt. Kanon, Bou und ich haben uns verdammte Sorgen gemacht – wegen deinem Verhalten, als du aus dem Taxi ausgestiegen bist. Ich habe mit Kanon während des Fluges herumgerätselt, was da wohl geschehen sein mag, das dich so sehr aus den Fugen gerissen hat.“ „Gomen, Teruki. Ich wollte euch keine Sorgen bereiten.“ „Du musst dich für nichts entschuldigen.“ Teruki drückte ihn an sich und sah ihn an. „Dafür sind Freunde doch da. Dass sie füreinander da sind. Du hilfst uns doch auch immer. Wir wollen uns mal revangieren können, aber das geht nicht, wenn du uns nicht sagst, was los ist.“ Miku sah Teruki irritiert an. Hatte Teruki denn gerade nicht zugehört? „Ich habe euch doch schon alles erzählt, was da heute Morgen passiert ist.“ „Das meine ich auch nicht.“ Der Drummer seufzte, nachdem er den immer noch verpeilten Blick des Vocals bemerkt hatte. „Bist du dir sicher, dass da nicht noch etwas ist, von dem wir wissen sollten?“ „Wie kommst du darauf?“, fragte Miku nun völlig überrascht. „Du benimmst dich, seit wir auf Tournee sind, ganz eigenartig.“ „Wie eigenartig??“ „Na, eben nicht Miku-haft. Du bist viel ernster als sonst.“ Miku schwieg. Teruki hatte vollkommen Recht und er beschloss, seinen drei besten Freunden keine Sorgen mehr zu machen. Auch ihm selbst ging es langsam auf die Nerven, dass es kaum noch einen Moment gab, in dem er wirklich nyappy war. Doch die einzige Möglichkeit, wieder nyappy zu sein, war, sich Kanon, Teruki und auch Bou zu öffnen. Aber wollten sie es auch wirklich hören? Hatten sie nicht ihre eigenen Probleme? Aber Teruki hatte es doch gerade angeboten. Oder? Zumindest ihm konnte er es ja sagen… „Du hast Recht, Teruki“, sprach er langsam und leise. Er hob den Blick und sah den Drummer an. „Es gibt da wirklich etwas, was mich beschäftigt.“ Teruki griff nach seinem Glas und trank einen Schluck. Er schlug die Beine übereinander und schielte zu Miku. „Schieß los.“ Der Vocal holte tief Luft. „Wie du weißt bin ich mit Bou nun schon seit 5 Monaten zusammen. Und du weißt auch, dass wir es euch – also dir und Kanon – recht schnell erzählt haben. Wir haben es gesagt, obwohl wir wussten, wie ihr über Schwule denkt und - “ Teruki gebot Miku mit erhobener Hand zu schweigen. „Moment mal. Ihr habt tatsächlich gedacht, wir hätten etwas gegen Schwule?“ Miku nickte. „Deine und Kanons Reaktion mit den Verboten war doch eindeutig genug.“ Teruki stöhnte auf. „Miku. Die Verbote haben wir nur aufgestellt, damit ihr zwei bei den Proben nicht nur am Knutschen seid. Die Musik hat in dem Moment Vorrang, verstehst du?“ Er grinste. „Kanon und ich finden euch sogar richtig süß zusammen.“ Miku errötete leicht. So etwas hätte er nicht erwartet. „Wenn das so ist…“ „Also ist doch jetzt alles geklärt.“ „Nein, ist es nicht.“ „Nani?“ „Das war nicht mein eigentliches Problem.“ Teruki runzelte die Stirn. „Sag bloß, du willst dich von Bou trennen.“ „NEIN!“, rief Miku erschrocken. „Daran würde ich noch nicht einmal im Traum denken.“ „Was ist es dann?“ „Naja…“ Miku schaute bedrückt auf den Boden und senkte die Stimme. „Es ist nur so…ich habe mich zwei Tage vor unserem Abflug aus Japan mit meinen Eltern gestritten.“ „Was war der Grund?“ „Du solltest nicht nach dem Was, sondern nach dem Wer fragen“, murmelte Miku. „Etwa…wegen Bou?“, sagte Teruki erstaunt. Der Vocal nickte. „Ich habe an dem Tag endlich den Mut aufgebracht, meinen Eltern zu sagen, mit wem ich zusammen bin.“ „Und die Reaktion war nicht positiv.“ Miku nickte abermals. Teruki drückte ihn an sich und sagte tröstend: „Hey, komm. Sie waren bestimmt ziemlich überrascht. Sie werden sich schon wieder beruhigen, du wirst sehen. Wenn wir nach Japan zurückkehren werden sie das alles wieder vergessen haben.“ Miku umarmte Teruki. „Das glaube ich weniger.“ Seine Stimme zitterte. „Sie…sie haben mir gesagt, dass sie mit so einem wie mir nichts mehr zu tun haben wollen. Sie hassen mich!“ „Nein, das tun sie nicht“, versuchte Teruki den nun völlig aufgelösten Miku zu beruhigen. Sanft fuhr er ihm über den Rücken. „Sie sind deine Eltern. Und Eltern hassen niemals ihre eigenen Kinder. Sie haben es nicht so gemeint.“ Miku wusste, dass Teruki Recht hatte, doch der Streit war so heftig gewesen, dass er sich ernsthaft fragte, ob dem doch nicht so war. Er seufzte und löste sich aus der Umarmung. „Sag es bitte nicht Bou. Ich möchte nicht, dass er denkt, dass er an meiner miesen Laune schuld ist.“ „Und Kanon?“ Miku überlegte kurz. „Lieber nicht. Wer weiß, ob er Bou damit ärgert, dass er etwas über mich weiß, was Bou nicht weiß. Außerdem verschweigen die Beiden uns auch was.“ Teruki schmunzelte. „Okay. Dann haben wir jetzt unser eigenes kleines Geheimnis.“ Kurz darauf erschienen wieder Bou und Kanon. Sie schienen beide ziemlich bedrückt zu sein, doch Teruki und Miku wagten es nicht nachzufragen. Nur Kanon murmelte, als er sich hinsetzte, etwas von wegen „Gomen“ in Mikus Richtung. Dieser fragte sich, warum er sich jetzt entschuldigte, beließ es jedoch bei einem leichten Nicken. Sein Blick hingegen wanderte zu Bou, der sich ans Fenster gestellt hatte und nur rausschaute. „Bou, komm doch her.“ Der Blondschopf schüttelte nur den Kopf. Miku runzelte die Stirn. Was hat Bou nur? Der Vocal erhob sich, trat hinter Bou und legte seine Arme um dessen Hüfte. „Dann komme ich halt zu dir.“ Bou seufzte, drückte Miku von sich weg. „Lass mich bitte“, murmelte er leise. Miku verstand die Welt nicht mehr. „Was habe ich dir getan?“, fragte er verzweifelt. Der Gitarrist wich seinem Blick aus. „Ich brauche einfach etwas Abstand momentan. Es ist nichts gegen dich.“ Aber Bou, ich - “ „Lass ihn, Miku“, meinte Teruki. „Wenn er meint, dass er Ruhe braucht, dann solltest du das auch akzeptieren.“ Ehe er sich wieder auf die Couch setzte, sagte er noch zu Bou: „Gomen. Ich wollte nicht aufdringlich sein.“ Diese Worte waren ernst gemeint, doch er hatte Zweifel, ob das, was Bou gesagt hatte auch stimmte. Warum hatte er ihn nicht angesehen, als er gesagt hatte, es wäre nicht seine Schuld? War es in Wahrheit doch seine Schuld? Doch wenn ja, was hatte er falsch gemacht? Er hatte Bou noch nie mit irgendetwas verletzt. Das wüsste er. Oder? Miku hüpfte aufgeregt von einem Bein aufs andere. Er konnte es kaum noch erwarten, nach ganzen 24 Stunden wieder auf der Bühne zu stehen. Er hörte, wie die Fans anfingen zu kreischen, als einer vom Staff auf der Bühne noch schnell Kanons Bass stimmte. Jemand tippte ihm auf die Schulter. „Na? Aufgeregt?“ Miku nickte und lächelte Kanon an. „Klar.“ Er musterte Kanon, der sich nun neben ihn gestellt hatte. Der Bassist trug einen dunklen Blazer im Harajuku-Style, passend zu seinen lila-farbenen Kontaktlinsen und seinem schwarzen, dichten Haar, das hinten hochgekämmt worden war. Bou trug sein Kostüm von Tekesuta Kousen, und Teruki ein schwarzes T-Shirt und eine helle Hose. Er selbst hatte auf seinem Lieblings-Outfit bestanden, SexPot-Revenge. Obwohl Bou mit seinen zwei Zöpfen, der vielen Schminke und dem Rock so verdammt süß und knuffig aussah, konnte Miku seinen Blick einfach nicht mehr von Kanon abwenden. Miku staunte über sich selbst, dass er noch nie bemerkt hatte, wie schön Kanon doch war. Die schmalen Schultern…seine eingefallenen Wangen…seine Augen… Stopp mal! Miku erschrak. Kanon sieht überhaupt nicht süß aus! Er wich von dem Bassisten zurück, entdeckte das vereinbarte Zeichen ihres Managers und stürmte, obwohl Teruki als Erster gehen sollte und er als Letzter, auf die Bühne. Er winkte den Fans zu, die ihn mit einem lauten Kreischen empfingen. Er hörte, wie sie seinen Namen riefen und grinste. „NYAPPYYY!!!“, rief Miku ins Mikrofon und machte das Nyappy-Zeichen. Hinter ihm war Teruki schon längst auf die Bühne gekommen. Kanon und Bou kamen gemeinsam. Kanon griff ganz lässig nach seinem Bass und hing ihn sich um. Bou warf seinen Bewunderern Küsse zu und diejenigen, die Bou mit einem Blick beschenkt hatte, erröteten leicht. Als der Blondschopf bei Miku ankam, murmelte er leise, ohne, dass die Fans ihn hören konnten: „Was sollte das?!“ Ohne eine Antwort abzuwarten hüpfte er munter zu seiner Gitarre und streifte sich das Laderband um die Schulter. Dann blickte er zu Miku. Dieser lächelte immer noch zu den Fans, doch er erwiderte kurz Bous Blick. „Das weiß ich auch nicht!“, schienen seine Augen ausdrücken zu wollen. Er wandte sich wieder seinem Publikum zu. Heimlich gab er das Zeichen zum Anfangen. Teruki, Kanon und Bou fingen begeistert an zu spielen. Miku bewegte sich im Takt der Musik, immer ein breites Grinsen zeigend. Er nahm den Mikrofonständer in die Hand und tanzte mit ihm. Kurz vor seinem Einsatz stellte er ihn ab und begann zu singen: Machi ni ikikau Noise ni atama yararete nageki kurushimu kimi wa Lonely kidori kai? 1-2-go yuuki wo dashi mune hattekouze o-ki ni iri no Maple Syrup namete mawari wo miwatashi jibun ga ototte mieru aite no kyou nante nani mo shiranai no ni kachikan's Mental Data wo Reset ni shite kasokudo tsukete tonde yukouze omoidase yo mujaki na goro osore shirazu hashiritsuduketa jidai Get a gun shot away shot away genkai no shot away shot away kara yaburi shot away shot away nerai ute okubyou na KOKORO megakete you go Uchigawa ni hisometa Knife de jibun furuwase koe ni naranai kanjou KATACHI ni shite mo so baby wameite JITABATA shiteru dake nara shiri mo fukenai Adult Baby Kaeranu kibou de oboreru yori yosou mo dekinai ashita wo oyoge Get a gun shot away shot away yuukan ni shot away shot away eikou wo shot away shot away nerai ute kagayaku mirai wo megakete … ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ so ^.^ das geheimnis um miku ist ja jez gelüftet und ich hoffe dass ich euch damit nicht zu sehr geschockt habe xDD was mit bou und kanon los ist erfahrt ihr in den nächsten zwei kapiteln würde mich über kommis freuen, nehme auch kritik an ach ja! ich hoffe ihr vergebt mir aba in den nächsten zwei wochen bin ich im prüfungsstress und werde daher kaum zum schreiben kommen...Gomen! danach werde ich mich aba richtig ins zeug legen und die letzten kapitel schreiben...ich schätze es werden noch 5 weiter kapitel kommen thx dass ihr die FF bis hierhin mitverfolgt habt! ^.^ Kapitel 6: Von Meerschweinchen, Gitarren und einer schicksalhaften Wendung -------------------------------------------------------------------------- Kapitel 6. Ein stürmischer Wind empfing Miku, als er das Hotel durch die große Glastür verließ und davor stehen blieb. Damit seine schwarze Mütze nicht stiften ging, zerrte er sie sich noch tiefer ins Gesicht und vergrub anschließend seine Hände in den noch warmen Seitentaschen seines Wintermantels. Fröstelnd hüpfte er von einem Bein aufs andere und blickte ungeduldig auf die digitale Anzeige, die schräg gegenüber hing und abwechselnd Temperatur, Datum und Uhrzeit angab. -3°C. 13.12.06. 12:32Uhr. Miku zog den Schal um seinem Hals fester und schaute zum Hoteleingang. Wo bleiben die bloß? Gestern nach dem Konzert hatte Teruki vorgeschlagen, dass sie sich ja erst um halb eins draußen vorm Hotel treffen könnten, um dann gemeinsam in die große Einkaufspassage von Paris zu gehen, die – praktischerweise – nur ein paar Straßen weiter lag. Begeistert hatten alle diesem Vorschlag zugestimmt. So hatten Miku, Kanon, Teruki und Bou nach den vielen Konzerten, die sie schon gegeben hatten, mal so richtig ausschlafen können. Miku hatte den Wecker auf 11:30Uhr gestellt, war ausgiebig duschen gegangen und hatte dann alleine das Zimmer verlassen, da Bou immer noch am Schlafen gewesen war. Er hatte ihn nicht wecken wollen, hatte aber vorsichtshalber den Wecker und zudem noch Bous Handy, das er komischerweise mitten im Zimmer auf dem Fußboden gefunden hatte, gestellt. Bou hatte seit dem wütenden Kommentar auf der Bühne nicht mehr mit ihm gesprochen. Das Einzige, was er überhaupt über die Lippen gebracht hatte, als sie gestern allein in ihrem Zimmer waren, war `Gute Nacht’. Miku hatte nicht den blassesten Schimmer, was er ihm jetzt schon wieder getan haben könnte. Doch hatte Bou ihm gestern nicht noch gesagt, er wolle etwas Abstand von Miku haben? Aber wieso nur? Miku beschloss, einfach nicht mehr darüber nachzudenken. Es würde ohnehin nichts bringen. Und es würde auch nichts an der Tatsache ändern, dass er mutterseelenallein draußen im eisigen Wind mit schon halb abgefrorenen Füßen stand. Der Vocal schaute erneut auf die Anzeige. 12:35Uhr. Er schnaubte. „Die können mich mal“, murmelte er leise, drehte sich um und trat in die angenehme Wärme der Hotel-Lobby. Miku rieb sich die Finger. Hier ist es wenigstens warm.. „He, Miku!“ Der Angesprochene drehte sich um und entdeckte drei in dicke Mäntel und Schals vermummte Gestalten, die er sofort als seine Bandkollegen identifizierte. Teruki, Kanon und Bou saßen auf den Treppenstufen, die er vor etwa sieben Minuten noch herunter gekommen war. „Was macht ihr denn hier?“, fragte er überrascht. „Die Frage ist wohl, was machst DU draußen?“, meinte Kanon belustigt. „Na, auf euch warten. Teruki hat doch gesagt, dass wir uns um halb eins draußen vorm Hotel treffen.“ Der Schwarzhaarige verdrehte die Augen. „Du Baka. Du weißt doch genau, dass man unseren Drummi nie bei Wort nehmen sollte.“ „He! Was soll das jetzt schon wieder heißen?“, brauste Teruki auf, Kanon lächelte ihn nur verschmitzt an. „Könnt ihr mir mal den Grund verraten, warum ihr hier gewartet habt?“, wollte Miku endlich mal wissen. „Weil wir uns im Gegensatz zu dir nicht die Füße abfrieren wollten.“ Das klang logisch. Miku ärgerte sich, dass er selbst nicht darauf gekommen war. „Könnt ihr jetzt mal aufhören euch zu streiten? Ich will endlich in die Stadt“, beschwerte sich Bou und ohne eine Antwort abzuwarten stand er auf, packte Miku an der Hand und zog ihn aus dem Hotel. Kanon und Teruki folgten ihnen. „Warum hast du mich nicht geweckt?“, fragte Bou. Der Vocal war froh, dass Bou offensichtlich wieder mit ihm sprechen wollte und warf ihm im Gehen einen Blick zu. Die Hand hielt er fest umschlossen. Ihm war es egal, was die Passanten sagten oder taten, die ihnen unterwegs begegneten. „Ich bin schon ziemlich früh aufgestanden und wollte dich nicht wecken. Ich habe aber gleich zwei Wecker für dich gestellt.“ „Aha.“ Bou zog seine Hand weg. Ein ungutes Gefühl beschlich Miku und vorsichtig sagte er: „Und du…bist nicht vom Klingeln aufgewacht, sondern…“ Miku drehte sich um, feststellend, dass Kanon und Teruki einige Meter hinter ihnen ihr eigenes Gespräch führten, „Kanon.“ Bou sah ihn mit Ironie erstaunt an. „Wie kommst du nur darauf?“, fuhr er ihn wütend an. „Er hatte einen Heidenspaß.“ „Gomen, Bou“, sagte Miku kleinlaut, der langsam Angst bekam. Wieso war Bou nur so gereizt? An Kanon konnte es schlecht liegen, denn vor einigen Wochen war er noch – einigermaßen - gut gelaunt gewesen, wenn er von dem Bassisten aus dem Bett geschmissen worden war. Er wollte Bou endlich mal darauf ansprechen. „Bou.“ „Hai?“ „Wieso bist du so zu mir?“ Sie waren an einer Ampel angekommen. Bou drückte den Knopf für die Grünanforderung. „Wie bin ich denn zu dir?“ „Naja…du hast gestern kein einziges Wort mit mir nach dem Konzert gesprochen.“ „Echt? Ist mir nicht aufgefallen“, sagte Bou leise. Die Ampel sprang auf grün um und sie konnten weitergehen. Miku konnte es nicht fassen. War es Bou wirklich nicht aufgefallen oder meinte er das jetzt ironisch? Aber egal was es von beidem war, es deprimierte ihn. „Gomen, wenn ich dich verletzt haben sollte“, meinte Bou entschuldigend, der bemerkt hatte, wie sehr Miku darüber grübelte. „Mir geht es momentan nur nicht so gut. Das hat aber nichts mit dir zu tun. Ich schwöre, dass ich dich nicht wieder ignorieren werde.“ „Bou, was-“ Bou schüttelte den Kopf. „Du wolltest heute shoppen gehen, Kanon möchte auf den Eifelturm, Teruki möchte einfach nur seinen Spaß haben und ich will, dass ihr alle drei – und vor allem du – einen schönen Tag habt.“ „Den ich aber nicht haben werde, wenn du mir nicht sagst, was los ist!“, entgegnete Miku schnell. „Miku, ich-“ „Hey! Wo wollt ihr zwei hin?“, ertönte plötzlich Terukis Stimme. Miku und Bou drehten sich um und entdeckten Kanon und Teruki, die gerade in eine kleine Seitenstraße, etwa zehn Meter hinter ihnen, einbiegen wollten. „Wir kommen!“ Bou eilte hastig dahin. Kaum in der Einkaufspassage angekommen, die überfüllt war von Menschen, schlug jeder seinen eigenen Weg ein. Teruki wollte sein Handy aufladen gehen, Bou war im nächstbesten Klamottenladen verschwunden. Nur Miku und Kanon blieben zusammen, - Bou hatte hiervon nichts mitbekommen -, da der Bassist keine Ahnung hatte, wo er hingehen könnte, und war einfach dem Vocal gefolgt. Dieser hatte das Problem namens Bou schon längst auf einen späteren Zeitpunkt verdrängt und war voll und ganz mit seinem noch vollen Geldbeutel. „Wow, Kanon sieh mal!“, rief Miku, blieb stehen und zeigte freudig auf einen kleinen Stand, über dem, neben unverständlichem Französisch, ein sehr vertrautes Kanji hing. Kanon wollte weitergehen und sagte schmunzelnd: „Wenn du jetzt an jedem Ramen-Stand stehen bleibst, kommen wir heute noch nicht einmal bis zum Ende dieser Straße.“ „Baka. Das hier ist der einzige weit und breit.“ „Ich weiß. Komm, wir gehen weiter.“ „Ich habe aber Hunger“, beschwerte sich Miku, griff nach Kanons Hand, die, wie er nun feststellte, eiskalt war. Loslassen wollte er sie aber nicht, da sie ihn seltsamerweise wärmte. Zudem empfand er die Berührung als angenehm. Ohne groß nachzudenken stopfte Miku beide – seine und Kanons – Hände in seine Jackentasche. Kanon sah ihn überrascht an. „Was…“ „Du hast kalte Hände“, meinte Miku leise, zog ihn zum Stand und so genehmigten sie sich eine große Portion Ramen. Da der Stand von waschechten Japanern geführt wurde, kamen sie nicht drum herum, einige Autogramme zu verteilen und sich mit den Besitzern fotografieren zu lassen. Nachdem auch dies überstanden war, gingen sie weiter die Straße hinunter. Miku hatte Kanons Hand erneut in seine Tasche gestopft. Ein seltsames, aber angenehmes Kribbeln überkam ihn und strich Kanon reflexartig über den Handrücken. Kanon erschrak und wollte seine Hand zurückziehen, doch Miku hielt sie fest. „Gomen“, murmelte er leise. Um das Geschehene zu überspielen erzählte Miku Kanon von Dingen, die den Schwarzhaarigen eigentlich gar nicht interessierten, wie zum Beispiel über die Erfindung des Ramen, oder er ließ pausenlos Kommentare über die Passanten ab, die ihnen unterwegs begegneten. Und das waren viele. Kanon, dem das so langsam auf die Nerven ging, tat so, als ob er zuhören würde. Er wurde jedoch schnell von seinem Leiden erlöst, als Miku eine Tierhandlung entdeckte und ihn mit reinzog. Die Tierhandlung bestand aus einem großen Raum, in dem sich viele Käfige, Aquarien, Terrarien und kleine Laufställe befanden. „Oh, schau mal!“ Miku zerrte Kanon zu einem der Laufställe und streckte beide Hände aus, um einen kleinen Terrier zu streicheln. „Ist er nicht kawaii?“ „Hai.“ Miku ließ von dem Terrier ab und streifte durch die einzelnen Gänge. Kanon schlurfte lustlos hinterher und bereute es nun, mit Miku mitgegangen zu sein. Er war einfach zu verrückt nach Tieren. Wenn der Vocal nur ein kleines Tierchen sah, war er sofort hin und weg. „Oh, sie mal, Kanon! Die haben hier sogar Meerschweinchen!“ „Hai.“ Miku deutete auf ein „Exemplar“ und grinste breit. „Der hier sieht sogar aus wie Miruku.“ „Hai.“ „Ob er wohl ein Verwandter ist? Obwohl…das ist sehr unwahrscheinlich.“ „Hai.“ „Aber süß ist er trotzdem.“ „Hai.“ „Weißt du was?“ „Hai?“ „Den kauf ich mir!“ „Hai.“ Miku lachte. „Das war ein Scherz.“ „Hai.“ „Kannst du eigentlich nur noch `hai’ sagen?“, fragte der Vocal, belustigt über Kanons Teil- nahmslosigkeit. „Hai.“ „Hmm…“ Miku überlegte kurz. Er grinste frech. „Bin ich kawaii?“ „Hai.“ Miku grinste Kanon frech an, der die ganze Zeit mit abwesendem Gesichtsausdruck auf die Meerschweinchen gestarrt hatte. Auf einmal verschwand die Teilnahmslosigkeit und seine Augen weiteten sich. Erschrocken drehte er sich zu Miku um. „Was habe ich gerade gesagt??“ „Das du mich kawaii findest.“ Kanon errötete. „D-das war nicht ernst gemeint. Außerdem war das gerade unfair!“ „Wie? Du findest mich nicht süß?“, fragte Miku schmollend. „Das habe ich nicht gesagt“, meinte Kanon hastig und ihm wurde das alles immer peinlicher. Wieso, zum Teufel, war ihm das gerade nur rausgerutscht? „Aha, und wie war das dann gemeint?“ Kanon murmelte irgendetwas von wegen „bist schon süß“ und „aber irgendwie auch nicht“ und noch mehr unverständliches Zeug. Miku ließ ihn einfach in Ruhe und sah sich die Fische an. Er hatte das Gefühl, dass Kanon, so sehr er es auch versucht hatte abzustreiten, es ernst gemeint hatte, und dieses Kompliment schmeichelte ihn. Miku hatte es sonst immer nur von Bou zu hören bekommen. Doch es von seinem besten Freund zu hören, war etwas anderes. Wie anders es war spürte Miku genau, während er einem Karpfen dabei zusah, wie er den Mund pausenlos auf und zu machte. Einige Stunden lang waren sie schon durch die Stadt geschlendert und hatten ihre Geldbeutel in Kleidergeschäften, Saturn, Media Markt und vielen anderen Läden ein wenig entlastet, als etwas in Mikus Jackentasche vibrierte. Sie blieben stehen, Miku gab Kanon seine voll beladene Tüte, zog sein Handy hervor und las die SMS, die er bekommen hatte. „Wer hat dir geschrieben?“, fragte Kanon neugierig. Miku tippte schnell eine Antwort, steckte es wieder ein und griff nach seiner Tüte. „Teruki. Wir sollen um sieben Uhr wieder am Hotel sein.“ „Wieso sieben Uhr?“ „Weil du doch auf den Eifelturm wolltest und Teruki meinte, es wäre schöner da oben, wenn es schon dunkel ist.“ Kanon sah auf seine Uhr. „Dann haben wir noch gut eine halbe Stunde. Sollen wir schon gehen oder möchtest du noch einen Laden leer räumen?“ Er lächelte. Miku überlegte kurz. „Ich wollte für Bou noch etwas kaufen.“ „Ok, dann machen wir das“, sagte Kanon und sie gingen weiter. Allmählich leerte sich die Fußgängerzone und sie hatten einen besseren Überblick über die einzelnen Geschäfte. „Hast du dir schon überlegt, was du ihm schenkst?“ Miku verneinte. Nach einer Weile blieb Kanon stehen. Miku drehte sich fragend um. „Was hast du?“ Der Bassist packte den Vocal am Ärmel – die Hand mied er seit dem peinlichen Gespräch in der Tierhandlung – und zerrte ihn zu einem kleinen Geschäft, das sich genau zwischen Media Markt und Saturn befand. Es war ein Musikgeschäft. Aber nicht irgendein Musikgeschäft mit Blas- oder Streichinstrumenten und klassischer Musik. Nein, dies war eins, indem jeder, der in einer Rock-Band spielte, auf seine Kosten kam. „Wieso ist uns der hier nie aufgefallen? Wir sind hier doch mindestens dreimal vorbeigekommen“, meinte Miku andachtsvoll. „Keine Ahnung.“ Auch Kanon sprach mit Ehrfurcht. Vorsichtig öffneten sie die Tür und betraten den Laden. „Wow“, kam es von Kanon, der auf Anhieb die Bässe entdeckt hatte, und schon war er in den hinteren Teil des Ladens verschwunden. Miku schaute sich die E-Gitarren an. Es erstaunte ihn immer wieder aufs Neue, wie viele verschiedene Modelle es von Gitarren gab, und dann noch in unterschiedlichen Farben. Besonders eine hatte es ihm angetan. Sie war schwarz-weiß, hatte eine gewundene Form und stand in einem Gitarrenständer auf einem kleinen Podest. Miku ging näher und nahm sie in die Hand. Die Gitarre war erstaunlicherweise sehr leicht und lag angenehm in der Hand. Vorsichtig fuhr er über die lackierte und glatte Oberfläche. „Ich hätte ja nicht gedacht, dass du etwas von Gitarren verstehst“, ertönte eine vertraute Stimme hinter ihm und riss ihn aus seinen Gedanken. „Wieso? Wenn man einen Freund hat, der den Erfinder der E-Gitarre am liebsten heiraten würde, und in einer Band ist, bleibt einem nichts anderes übrig.“ Miku grinste Kanon an und überreichte ihm das Prachtstück, der sie etwas professioneller betrachtete. „Du hast einen guten Geschmack, Miku.“ „Nani?“ „Das hier ist das neuste Modell; wir können von Glück reden, dass wir sie in unseren Händen halten können, denn sie war schon, bevor sie überhaupt auf den Markt kam, sehr angesagt.“ „Echt?“ Miku freute sich, dass er offenbar eine richtige Kennermiene hatte. Kanon stellte sie wieder zurück in den Ständer. „Hast du schon was für Bou gefunden?“ „Hai.“ Miku grinste breit. Kanons Miene verdüsterte sich. „Wenn ich gerade denke, dass ich das gleiche denke wie du, dann…nein“, sagte er bestimmt. „Wieso nicht?“, entgegnete Miku schmollend. Der Schwarzhaarige seufzte. „Ganz einfach. Hast du schon mal auf den Preis geguckt?“ Miku tat wie ihm geheißen und quiekte auf. Einen Moment schwieg er. „Für Bou ist mir kein Preis zu hoch.“ „Das erstaunte Kanon. „Du würdest echt 500 Euro nur für Bou ausgeben?! Das sind doch 81.000 Yen!“ „Klar. Wieso nicht?“ „Baka.“ „Hey! Das ist gemein.“ „Das war die Wahrheit, du Volltrottel. Warum kaufst du ihm nicht einen von diesen Schlüsselanhängern da vorne? Die gibt es auch mit Gitarren. Und sie kosten nur 2 Euro. Im Gegensatz zu diesem…Monster ist das ein richtiges Schnäppchen.“ Doch Miku blieb standhaft und Kanon konnte ihn nicht daran hindern, nach vorne an die Kasse zu gehen, dem Verkäufer auf Englisch verstehen zu geben, dass er im Begriff war, das Geschäft des Jahrhunderts zu machen und ihm die Adresse der Berliner Konzerthalle zu nennen, an die er das Prachtstück zu liefern hatte, da Miku die Gitarre – so leicht sie auch war – nicht durch die ganze Stadt bis zum Hotel schleppen wollte. Zudem hatte Kanons Kommentar ihn zur Vorsicht gerufen. Was, wenn jemand versuchen würde, sie zu klauen? Um dies zu verhindern, schickte er sie lieber mit der Post. Nachdem er – zu Kanons großem Entsetzen- auch noch den Kaufvertrag unterschrieben hatte, bat er den Verkäufer, der nun seltsamerweise über beide Ohren strahlte, sie mit der Eilpost zu schicken, damit Bou sie so schnell wie möglich bekam. Es schneite. Zwar nicht in großen Mengen, aber immerhin so viel, dass dafür gesorgt war, dass der Besuch des Eifelturms zu einem besonderen Erlebnis wurde. Miku, Bou, Kanon und Teruki saßen an einem der vielen, kleinen, mit weißen Tischdecken überzogenen Tische des Restaurant und blickten aus der großen Glasscheibe auf Paris. „Wow“, murmelte Kanon nun schon zum 10ten Mal, der direkt am Fenster saß. Er hatte seine Stirn an die Scheibe gepresst und starrte nach unten. Teruki zog ihn wieder auf den Stuhl und meinte: „Du hast Paris doch schon im Flugzeug kurz vor der Landung beschaut. Was ist denn jetzt noch so interessant?“ „Alles.“ Kanon wandte seinen Blick nicht von der Stadt ab. „Sieh doch mal, wie schön Paris mit all den Lichtern aussieht. Von hier oben sehen sie aus wie tausende von Glühwürmchen. Und erst der Schnee…“ Irritiert brach Kanon ab und schaute zu Miku und Bou, die angefangen hatten zu lachen. „Warum lacht ihr?“ Da der Blondschopf, der seit langem wieder richtig gut gelaunt war, neben Lachen auch noch mit seiner Zunge beschäftigt war, die er sich an seinem Kaffee verbrannt hatte, antwortete Miku: „Warum heiratest du Paris nicht einfach?“ Er stand auf, kniete sich breit grinsend vor Bou, der sich hektisch Luft zufächelte, und hob wie beim Beten die Hände. „Oh, Paris“, sagte er mit verträumter Stimme, hinauf zu Bou. „Du bist so schön wie tausend Glühwürmchen und durch den Schnee wirkst du wie verzaubert. Heirate mich!“ „Mit größtem Vergnügen!“ Bou sprang lachend auf und zog Miku nach oben. Miku umfasste dessen rechte Hand und gemeinsam begannen sie im Takt der Musik, die aus den Lautsprechern ertönte, zu tanzen. „Hört auf, Leute“, meldete sich Teruki lachend. „Ich glaube, Kanon hat’s kapiert.“ „Oki.“ Miku und Bou sprangen belustigt zurück auf ihre Sitze und grinsten Kanon an, der sich schmollend zurückgelehnt hatte. „Immer seid ihr gegen mich“, beschwerte er sich. „Das ist gemein.“ Teruki trank den Rest seines Kaffees aus und stellte die Tasse zurück auf den Tisch. „Ach, Kanon. Das war bestimmt nicht böse gemeint. Schau mal.“ Er deutete auf Miku und Bou, die immer noch ein breites Grinsen im Gesicht hatten. „Sehen die beiden etwa aus, als ob sie zu etwas Bösem fähig wären?“ Kanon schaute stirnrunzelnd zu den zweien und, als ob sie es abgesprochen hätten, streckten Miku und Bou dem Bassisten gleichzeitig die Zunge raus und schnitten Grimassen. Kanon wandte sich erschrocken ab. „Die, und brav?!“ Teruki, der von all dem nichts mitbekommen hatte, da er nach einer Bedienung Ausschau gehalten hatte, drehte sich zu ihm um und lächelte ihn freundlich an. „Klar.“ „Von wegen! Schau mal, was die zwei Teufel machen!“ Teruki musterte die vermeintlichen Teufel. „Was machen sie denn?“ „Hä?“ Verwirrt drehte Kanon seinen Kopf. Miku und Bou saßen brav auf ihren Plätzen und hatten ihr breites Grinsen mit einer Unschuldsmiene vermischt. „Ist das?“, fragte Miku ganz unschuldig. „Nee.“ Grummelnd wandte sich Kanon seiner Cola zu. Miku und Bou grinsten sich an. „Kanon ist ein Baka“, flüsterte Miku leise dem Gitarristen zu. „Hai, aber Teruki ist der Größte. Er merkt es einfach nicht, dass er uns immer hilft Kanon zur Weißglut zu treiben.“ „Stimmt.“ Teruki hatte eine Bedienung endlich auf sich aufmerksam machen können. Die junge Frau kam zu ihnen an den Tisch und Teruki fragte sie auf Englisch, ob sich schon zahlen könnten. Die Frau nickte und sagte ihnen den zu bezahlenden Preis und Teruki gab ihr das Geld. Bou gähnte herzhaft und streckte sich. „Wie wäre es, wenn wir so langsam wieder Richtung Heimat spazieren?“ „Einspruch!“, warf Kanon ein. „Erstens waren wir noch nicht ganz oben und zweitens, möchtest du wirklich nach Japan laufen??“ „Du weißt, wie das gemeint war“, maulte Bou, der so langsam wieder schlechte Laune bekam, und erhob sich. „Ihr könnt von mir aus noch hier bleiben, ich gehe.“ „Schade“, seufzte Miku. Er hatte vorgehabt, auf alle Fälle bis ganz nach oben zu gehen. Bou ließ sich auf dem Schoß des Vocals nieder uns sah ihn mit seinem unwiderstehlichem Dackelblick an. „Bitte komm mit.“ Miku lachte. „Du bist gemein, Bou-chan. Du weißt doch genau, dass ich diesem Blick nicht widerstehen kann.“ Bou grinste breit. „Also kommst du mit, hai?“ „Lass gut sein, Bou“, sagte Teruki. „Ich komme mit dir. Zufrieden?“ Bou schwieg, sah Miku weiter an, klimperte sogar mit seinen Augen, doch da der Vocal sich immer noch nicht erweichen ließ, maulte er: „Du bist ein Baka, Miku-chan!“ „Gomen, Bou“, rief Miku, doch der Blondschopf war bereits von seinem Schoß gehüpft und war mit Teruki verschwunden. Gemeinsam machten sich Miku und Kanon auf den Weg nach oben. Die oberste Etage des Eifelturms war an diesem Tag nicht gut besucht, nur zwei kleine Gruppen von Touristen hatten offenbar das Interesse gehabt, sich in dieser Nacht das verschneite Paris anzusehen. Die zwei Musiker stellten sich an das große Fenster und schauten raus. „Ich möchte ja nicht wissen, wir tief es hier runter geht“, sagte Kanon etwas ängstlich. Miku schaute auf ein Schild und sagte es ihm. Kanon wurde kreidebleich und trat hastig ein paar Schritte zurück. „Ich kann verstehen, warum Bou Höhenangst hat.“ Miku grinste. „Ach. Auf einmal?“ Der Schwarzhaarige grummelte nur. Er wollte vor dem Vocal nichts Schlechtes über den kleinen Blondschopf sagen, aus Angst, dass Miku ihn dafür köpfen würde. Er lehnte den Kopf an die Scheibe – ganz zum Entsetzen Kanons. „Ich frage mich shcon die ganze Zeit, was mit Bou los ist.“ „Nani? Er benimmt sich doch so wie immer.“ „Bei euch vielleicht.“ Und Miku erzählte es ihm. Kanon scharrte nervös mit dem Fuß über den glänzenden Marmorboden. Plötzlich kam Miku ein Gedanke, der erklären konnte, warum Bou sich so seltsam verhält. „Ich glaube, er liebt mich nicht mehr.“ „Nein! Er liebt dich!“, sagte Kanon erschrocken. Miku schaute traurig auf die große Stadt, die ihm zu Füßen lag. Jetzt, wo er diese schreckliche Vermutung geäußert hatte, fühlte er sich noch trauriger aus zuvor. Kanon lehnte sich neben Miku ans Fenster; der Vocal beachtete ihn nicht, starrte weiter nach unten. „Glaube mir, er liebt dich von ganzem Herzen“, versuchte Kanon ihn wieder zu beruhigen. „Du weißt ja nicht, wie sehr er um dich besorgt ist, weil du überhaupt nicht mehr du selbst bist. Teruki und ich kennen den Grund, nur Bou nicht.“ Miku horchte auf. „Nani?“ Kanon schwieg kurz, sagte dann aber, ohne ihn anzusehen: „Teruki hat mir alles erzählt.“ „Dieser Baka“, murmelte Miku. „Er hat es mir nur erzählt, weil er nicht wusste, wie er dir helfen könnte und hat mich als deinen besten Freund um Rat gebeten.“ Miku seufzte. „Und du hast bei Bou mal wieder alles ausgeplaudert.“ „Nein, habe ich nicht. Wie kommst du drauf?“ „Nur so,“ meinte Miku leise und grübelte weiter darüber nach, ob Bou ihn noch lieben würde. Kanon, der diesen Anblick nicht mehr ertragen konnte, versuchte, ihn auf andere Gedanken zu bringen, indem er reihenweise die besten Witze von sich gab, die er kannte. Miku, der das überhaupt nicht witzig fand, war nach einer Weile so genervt, dass er kehrtmachte und auf die Treppe zueilte. Er wollte jetzt nur noch zu Bou und mit ihm Klartext reden. Er hielt es einfach nicht mehr aus. Doch bevor Miku überhaupt an der Treppe ankommen konnte, hatte Kanon, der ihm nachgerannt war, ihn an der Hand gepackt und ihn in einen kleinen Nebengang gezogen. „Ich mag es nicht, wenn du unnyappy bist“, entschuldigte sich der Schwarzhaarige, die Hand des Vocals ließ er nicht los. „Gomen.“ Kanon schmunzelte und zog Miku näher zu sich ran. „Du musst dich nicht immer für alles mögliche entschuldigen.“ „Das hat Bou mir auch gesagt.“ Kanon lächelte. Miku seufzte. Er fragte sich, was das hier sollte und wollte gehen, doch Kanon hielt ihn zurück. „Bitte, Kanon! Teruki und Bou machen sich bestimmt schon Sorgen“, sagte Miku leicht entnervt. „Ich weiß.“ Kanon drückte Miku an die Wand, hielt ihn nun an beiden Händen fest und kam mit seinem Gesicht immer näher. Miku wandte sich irritiert ab. Was hat Kanon vor?! Der Bassist legte eine Hand auf Mikus Wange und zog dessen Kopf wieder zu sich, sodass der Vocal ihm direkt in die Augen sehen musste. Mikus Herz klopfte wild und er spürte die beruhigende Wäre, die von Kanon ausging. Dieser wartete nicht länger und küsste ihn sanft. Miku blieb geschockt stehen. Sein Herz pochte immer stärker und ihm wurde heiß. Kanon küsste etwas intensiver. Miku wehrte sich gegen den Kuss, doch Kanon war nicht mehr zu bremsen. Er drückte seine Lippen fester auf Mikus und drang ungestüm mit seiner Zunge in ihn ein und umspielte dessen Zunge. Das war zu viel. Miku stoß Kanon mit aller Kraft von sich weg. Dieser stolperte erschrocken zurück. Miku blieb zitternd dort stehen, wo er war, und sah den Menschen an, von dem er vor einer Minute noch gedacht hatte, dass dieser nur sein bester Freund wäre. Kanon hatte seinen Blick gesenkt und offenbar wurde ihm erst jetzt bewusst, was er da getan hatte. Mit hochrotem Kopf sagte er leise: „Gomen“, und eilte, ohne sich noch einmal umzudrehen, davon. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ das kapitel is eigentlich länger aba ich werde den nächsten teil in kapitel 7 packen um euch schön auf die folter zu spannen hehe >DDD ich hoffe doch stark dass euch dieses kapitel gefallen hat und ihr könnt schon gespannt sein aufs nächste ^^ Kapitel 7: Wut und Trauer ------------------------- Miku sah ihm erstaunt nach und fuhr sich wie in Trance über die Lippen. Er spürte immer noch den Druck, den Kanon auf ihnen ausgeübt hatte. „Was zum Teufel sollte das?“, fragte er sich laut. Hatte Kanon ihm etwa auf diese Weise seine wahren Gefühle für ihn zeigen wollen? Anscheinend ja, sonst hätte Kanon ihn nie geküsst. Aber wie lange hatte Kanon es schon verschwiegen? Und wie sollte er – Miku – jetzt damit umgehen? Er liebte Kanon nicht. Sein Herz war bereits an Bou vergeben. Miku machte sich auf den Weg zum Hotel. Kanon hatte er nirgends entdecken können, offenbar war er dorthin gelaufen. Doch Miku war es nur recht so. Er hätte nicht gewusst, wie er ihm jetzt unter die Augen treten sollte. Es würde Kanon schmerzhaft treffen, wenn er ihm sagen würde, dass er ihn nicht liebt. Obwohl…hatte er Kanon nicht schon die letzten fünf Monate, in denen er mit Bou zusammen war, jeden Tag aufs Neue verletzt, ohne es zu merken? Am Hotel angekommen öffnete er die Glastür, trat in die Lobby und entdeckte Teruki, der mit seinem Handy in der Hand genau dort hockte, wo er heute morgen auch schon gesessen hatte. „He, Miku!“, begrüßte er den Vocal freudig, doch seine Freude wich schlagartig aus einem Gesicht, als er Mikus Niedergeschlagenheit bemerkte. Der Drummer ließ sein Handy sinken und kam auf ihn zu. „Was ist denn mit dir los?“ „Nix“, murmelte Miku. Gerade das hasste er in manchen Momenten einfach nur an Teruki. Seinen Spürsinn für Gefühle anderer. „Ach, tu doch nicht so.“ Teruki führte ihn zur Treppe und Miku ließ sich auf eine Stufe sinken. Er zog die Beine an und vergrub sein Gesicht. Teruki setzte sich neben ihn. „Was ist passiert?“, fragte er besorgt. Miku schwieg. „Ist es wegen dem Streit mit deinen Eltern? Ist es schlimmer geworden?“ Miku schüttelte den Kopf. „Ist Kanon hier?“ Teruki, der auf diesen raschen Themenwechsel nicht gefasst gewesen war, runzelte die Stirn. „Sag bloß, du hast dich mit ihm verkracht.“ Miku schaute auf und sah den Drummer verzweifelt an. „In gewisser Weise schon, ja.“ Teruki sagte zögernd: „Um auf deine Frage zurückzukommen, Kanon ist tatsächlich hier.“ „Echt?“ Miku war erleichtert. „Wo ist er jetzt?“ „Auf unserem Zimmer!“, antwortete Teruki bedrückt. „Ich habe gerade telefoniert, als er reingekommen ist und mich kommentarlos aus dem Zimmer geworfen hat. Ich habe in der Hektik nur kurz einen Blick auf sein Gesicht werfen können, aber ich glaube stark, dass er geweint hat.“ Miku bekam ein schlechtes Gewissen. War das etwa seine Schuld gewesen? Dass Kanon es jetzt so mies ging? „Hast du…mit ihm geredet?“, fragte er langsam. „Das hatte ich ja vor. Aber mein Schlüssel liegt auf dem Bett und er lässt mich nicht mehr rein. Eigentlich sitze ich hier nur, weil ich auf die Empfangsdame warte, die gerade einen Zweitschlüssel sucht.“ Miku stand abrupt auf. „Ich muss zu Bou. Bitte beruhig Kanon wieder!“ „Wie soll ich ihn denn beruhigen, wenn ich nicht weiß, was passiert ist?“, fragte Teruki verwirrt, doch Miku war bereits auf dem Weg nach oben. An der Zimmertür 201 angekommen holte er seinen Schlüssel hervor und schloss auf. Da das Zimmer nur aus dem Schlafraum und einem mickrigen Badezimmer bestand, entdeckte Miku im schwachen Licht der Nachttischlampe, die Bou offenbar angelassen hatte, als er zu Bett gegangen war, auf Anhieb den kleinen niedlichen Gitarristen. Er lag mit dem Rücken zur Tür im Bett und hatte sich die Decke über den Kopf gezogen, sodass man nur seine Umrisse sehen konnte. „Bou?“, fragte Miku vorsichtig. Keine Antwort. Miku zog sich Mantel und Schal aus, legte den Schlüssel auf die kleine Anrichte neben der Tür und ging zum Bett. Vorsichtig ließ er sich darauf nieder und stupste Bou an. „He, bist du wach?“ Die Decke bewegte sich etwas. Miku seufzte. „Kann ich mal mit dir reden?“ Die Stelle, wo der Vocal den Kopf vermutete, wackelte kurz. Redet Bou wieder nicht mit mir oder will er nur schlafen?, fragte sich Miku irritiert. Er wollte es aber nicht noch weiter hinausschieben und holte tief Luft. „Du hast mir heute Morgen zwar gesagt, dass deine schlechte Laune und Gereiztheit nichts mit mir zu tun hätte, aber so langsam bezweifle ich das. Du sprichst schon wieder nicht mit mir, wie’s aussieht.“ Keine Antwort. Miku starrte hoch an die Decke, ohne sie jedoch wirklich anzusehen. „Ich war ziemlich froh, als du dich auf dem Eifelturm mir gegenüber wieder ganz normal verhalten hast. Manchmal frage ich mich, ob du mich noch so sehr liebst wie am Anfang. Du bist mir sehr wichtig und -“ „Ich, und dir wichtig?!“, schrie Bou auf einmal. Seine Stimme zitterte. Miku erschrak. „Hast du etwa geweint?“ Er zog die Decke weg und zum Vorschein kam ein blondes Häufchen Elend. Seine Haare waren ganz zerzaust und seine Augen waren vom vielen Weinen stark gerötet. Er wollte Bou beruhigen, doch dieser ließ es erst gar nicht zu, dass Miku ihn berührte. Jedes Mal, wenn Miku auch nur näher kam als einen halben Meter, fing er an, um sich zu treten und zu schlagen. Um sich selbst zu schützen sprang Miku auf und musste hilflos mit ansehen, wie Bous Weinen immer hysterischer wurde. Ihm kamen ebenfalls die Tränen. Was hatte er Bou nur getan? Erst verletze ich Kanon…Und jetzt auch noch Bou! Warum zum Teufel war er nicht mit ihm zum Hotel zurückgegangen? Bou hatte doch extra darauf bestanden, aber er…er war einfach nur ein Volltrottel. „Bou, was soll das? Du bist mir sehr wichtig.“ „Ach ja?“, schrie Bou hysterisch, griff nach einem Buch vom Nachttisch und warf es nach Miku, das ihn mit einem dumpfen Aufprall mitten im Gesicht traf und anschließend auf den Boden fiel. „Itai! Bou!“, rief Miku wütend und tastete seine schmerzende Nase ab. Als er die Hand wegnahm, stellte er fest, dass er aus ihr blutete. Doch der Schmerz störte ihn jetzt wenig. „An mir kann’s schlecht liegen, ich habe dir doch nie etwas getan!“, schrie er ihn an. „Jetzt glaube ich ernsthaft, dass du mich nicht mehr liebst!“ „Tatsächlich?! Dann geh doch zu Kanon! Dann sind wenigstens zwei glücklich!“ „Was hat Kanon denn damit zu tun?“, fragte Miku verdutzt. Bous Weinen wurde wieder schlimmer. „Tu doch nicht so“, schluchzte er. „Ich sehe doch, dass du auch was für ihn empfindest. Ihr werft euch heimlich Blicke zu und gestern hast du nur Kanons Kostüm bewundert, nicht meins!“ Jetzt wurde Miku bewusst, warum Bou gestern kein einziges Wort mehr mit ihm gesprochen hatte und unwillkürlich wurde er leicht rot. Ob vor Wut oder Scham wusste er nicht. „Das verstehst du falsch! Und was heißt hier `auch’?“ Bou schluchzte. „Kanon hat mir gesagt, dass er dich liebt.“ Mikus Herz hörte für einen Moment auf zu schlagen. „Was? DU wusstest es?“ „Ha!“ Bou zeigte mit dem Finger auf Miku. „Jetzt hast du dich selbst verraten, du weißt es auch!“ „Kanon hat -“ „Sei endlich still!“, schrie Bou, der schon fast heiser war. „Jetzt gib es doch endlich zu!“ „Was soll ich zugeben?“ „Dass du mit Kanon zusammen bist!“ Das verschlug Miku die Sprache. Meinte Bou das jetzt ernst?! „Wie kommst du drauf?“, fragte er erstaunt. „Ich habe euch doch eben gesehen! Wie ihr euch geküsst habt!“ „B-bou…“ Miku hatte keine Ahnung, wie er das jetzt erklären sollte. „Kanon hat mich gegen meinen Willen geküsst!“ „Wer’s glaubt!“ Miku stöhnte leise. Wieso musste Bou nur so ein Sturkopf sein! „Wieso bist du zurückgekommen?“, fragte er leise. „Weil ich mich anders entschieden hatte und bei dir bleiben wollte!“ „Gomen, Bou - “ „Vergiss es! Geh doch zu Kanon! Dann seid ihr glücklich! Wir sind geschiedene Leute!“ „Bou, bitte!“ Miku war verzweifelt. Das konnte er doch nicht ernst meinen! „Raus hier!“ Bou wollte wieder etwas nach ihm werfen, doch Miku wich dem Schuh aus und bevor er die Tür öffnete rief er wütend und traurig zugleich: „Nur, damit du es weißt! Ich habe meinen Eltern gesagt, dass wir zusammen sind! Sie wollten mich zwingen, dass ich mich von dir trenne! Aber ich habe zu dir gehalten! Meine Eltern hassen mich! Du bist mir wichtig, verdammt noch mal!“ Zornig knallte er hinter sich die Tür zu. Jetzt, wo er den verheulten Bou nicht mehr vor sich hatte, wurde ihm erst bewusst, was da gerade geschehen war. Seine Beine versagten ihm den Dienst und er rutschte an der Tür nach unten auf den kalten Boden. Hinter sich konnte er Bou weinen hören und ließ seinen eigenen Tränen freien Lauf. Wie hatte es nur so weit kommen können? Er liebte Bou doch so sehr. Er hätte sich mehr um Bou kümmern sollen. Miku hatte nicht den blassesten Schimmer, wieso er Kanon die ganze Aufmerksamkeit geschenkt hatte, die Bou gebraucht hätte. Doch am Meisten bereute er es, dass er es zugelassen hatte, dass er von Kanon geküsst worden war. Er musste dieses Missverständnis unbedingt aufklären, doch mit Bou konnte er jetzt nicht mehr vernünftig reden. Erstens würde dieser ihn wieder mit Gegenständen bewerfen und zweitens kam Miku nicht mehr ins Zimmer. Sein Schlüssel lag drinnen. Folglich hatte er jetzt keinen Schlafplatz. Miku zog sein Handy aus seiner Hosentasche hervor und schrieb eine SMS mit dem Inhalt: „Wo bist du?“ an Teruki und wartete dessen Antwort ab. Ihm blieb wohl nichts anderes übrig, als bei ihnen zu schlafen, doch da war immer noch Kanon. Miku wollte nicht in dessen Nähe sein, Kanon hatte ihn heute genug aufgeregt. Aber…Bou würde Kanon an die Kehle springen, wenn er einfach mit Kanon die Zimmer tauschen würde… Miku seufzte. Das Handy vibrierte und las Terukis Antwort: „Bei Kanon. Er schläft. Zimmer Nr. 295.“ Der Vocal überlegte kurz, schrieb dann: „Machst du mir die Tür auf?“, steckte das Handy zurück in die Tasche, ging ein Stockwerk höher und suchte nach der Zimmernummer 295. Als er sie gefunden hatte, klopfte er und Teruki öffnete kurz darauf die Tür. „Oh mein Gott! Miku!“, rief Teruki erschrocken, als er Mikus blut- und tränenverschmiertes Gesicht sah, der selbst seine schmerzende Nase schon längst vergessen hatte. Teruki packte ihn am Arm und zog ihn ins Bad. „Setz dich!“, befahl er und Miku setzte sich auf den Rand der Badewanne. Teruki kramte aus dem Wandschrank einen Erste-Hilfe-Kasten hervor und wusch Miku erst einmal das Blut aus dem Gesicht. „Was ist passiert?“ „Bou hatte einen kleinen Wutanfall“, murmelte Miku und zuckte kurz zusammen, als Teruki ihn mit einem mit Desinfektionsmittel getränktem Lappen an der Schläfe berührte. Offenbar hatte er dort auch etwas abbekommen. „Er hat mich mit einem Buch beworfen und um sich geschlagen.“ „Was?“, fragte Teruki entsetzt. „Weshalb hat er das gemacht?“ „Weil…“ Miku kamen erneut die Tränen. „Weil er gesehen hat, wie Kanon mich auf dem Eifelturm geküsst hat.“ „Kanon hat…was?!“ Teruki war sprachlos. In letzter Zeit fragte er sich immer häufiger, ob er nur noch von Volltrotteln umgeben war. Miku erzählte ihm, was geschehen war. Teruki, der mit dem Verarzten fertig war, schloss den Erste-Hilfe-Koffer und stellte ihn wieder zurück. „Bou hat mir aber nicht mal den Hauch einer Chance gegeben es zu erklären“, fuhr Miku bedrückt fort. „Das ist alles ein Riesenmiss- verständnis!“ Seine Stimme zitterte und er vergrub den Kopf in seinen Händen. Teruki setzte sich neben Miku und umarmte ihn. „Er hat sich jetzt bestimmt wieder beruhigt. Geh hin, und erkläre es ihm!“ „Das geht nicht“, schluchzte Miku auf. „Er hat mich rausgeworfen.“ Er schwieg kurz, sagte dann etwas leiser und ruhiger: „Ich weiß nicht, wo ich schlafen soll.“ „Du kannst hier schlafen.“ Teruki erhob sich und wollte Miku aufhelfen, doch dieser schüttelte bedrückt den Kopf. „Ich habe keine Lust mit Kanon in einem Zimmer zu schlafen“; murmelte er leise. Teruki seufzte. „Und wenn man Kanon und Bou zusammenbringt, zerfleischen sie sich. Ich verstehe. Warte kurz.“ Er verschwand und ließ einen am Boden zerstörten Miku zurück. Miku wischte sich die Tränen weg. Er hasste sich dafür, dass er immer so schnell anfing zu weinen. Er fragte sich, was Teruki vor hatte, musste aber nicht lange auf dessen Rückkehr warten. „Komm mal mit.“ Teruki führte Miku aus dem Zimmer, den Flug entlang und bog irgendwann links in einen anderen Gang ein und blieb bei der Zimmernummer 238 stehen. Er holte einen Schlüssel hervor, schloss auf, trat ein und machte das Licht an. Er drehte sich zu Miku um und lächelte ihn aufmunternd an. „Na, wie ist das? Jetzt müssen wir zwar wegen einer Nacht ein Zimmer mehr bezahlen, aber ich glaube, dass das unser Manager versteht.“ Miku legte sich bäuchlings aufs Bett und lächelte Teruki leicht an. „Arigatou.“ „Kein Problem. Ich hole schnell deine Sachen aus der Höhle des Löwen, ok?“ Miku nickte und Teruki verschwand erneut. Er fand es sehr nett von dem Drummer, dass dieser versuchte ihn aufzuheitern. Nur zwei Minuten später war er wieder da, mit Koffer und Einkaufstüte. Er stellte beides an die Seite. Miku bedankte sich erneut und fragte auch sofort nach Bou. „Er hat kaum mit mir gesprochen. Und er hat mir erst die Tür geöffnet, nachdem ich schwören musste, alleine zu sein, dann hat er sich unter der Decke verkrochen. Aber er sah elend aus.“ Teruki kam näher und sah Miku eindringlich an. „Du hast mir übrigens das Wichtigste mal wieder nicht erzählt.“ „Wieso?“ „Bou hat mir gesagt, dass er sich von dir getrennt hat.“ Miku schluckte und senkte den Blick. „Ich habe alles verdorben. Ich habe es geschafft, innerhalb einer Stunde meine besten Freunde zu verlieren! Wir haben noch drei Konzerte vor uns. Wie sollen wir denn den Fans ein perfektes Konzert liefern, wenn wir untereinander verkracht sind? Mit Bou und Kanon war das ja schon schwierig genug.“ Teruki drückte ihn an sich. „Das wird schon. Mach dir um die Konzerte mal keine Gedanken, Miku. Wir sind Profis. Und das mit Kanon ist nicht deine Schuld. ER war es, der dich geküsst hat! ER war es, der ohne sein Hirn einzuschalten gehandelt hat! ER ist schuld, dass es ihm jetzt so dreckig geht. Er weiß doch genau, wie sehr du Bou liebst und hat es trotzdem getan.“ Miku blickte Teruki an und äußerte etwas, das ihm seit dem Streit mit Bou schon auf der Zunge lag: „Ich kenne jetzt den Grund, warum sich Bou und Kanon so oft gestritten haben.“ Teruki sah ihn erwartungsvoll an. „Sie streiten sich wegen mir.“ „Nani?“ Miku seufzte. „Bou hat mir gesagt, dass er es schon lange wusste, dass Kanon mich liebt. Bestimmt war Kanon eifersüchtig auf Bou und hat ihn deshalb gepiesackt. Und Bou hatte Angst, dass ich mich doch in Kanon verlieben könnte.“ „Du könntest Recht haben“, meinte Teruki einleuchtend. „Sie haben sich ja auch merkwürdig verhalten, als du erzählt hast, was da im Taxi geschehen ist.“ Miku nickte nur. Zu mehr war er nicht imstande. Für ihn war es immer noch ein Rätsel, wie es zu dieser Katastrophe hatte kommen können. Es war seine Schuld, so viel stand fest. Er war es, der Kanon seit einem halben Jahr über immer wieder aufs Neue verletzt – ohne es zu wissen. Er war es auch, der Kanon, seit sie auf Tour waren, angestarrt hatte – ohne es zu merken. Was war nur mit ihm los?! Und was sollte er jetzt tun? Morgen musste er Kanon und Bou begegnen. Er musste morgen mit ihnen sprechen, mit ihnen umgehen, als ob nichts geschehen wäre. Den Fans zuliebe. Sie durften beim Konzert ihnen nicht anmerken, dass etwas nicht stimmt. Und nach der Tournee? Sollte er wirklich austreten? Etwa eine halbe Stunde später fand sich Teruki im Bett neben Miku wieder. Er hatte es nicht fertig gebracht, den Vocal alleine zu lassen. Miku hatte, nachdem er seine Vermutung mit dem Streit von Kanon und Bou geäußert hatte, kaum ein Wort mit ihm gewechselt und war ziemlich in sich gekehrt gewesen. Teruki blickte Miku ins Gesicht, der friedlich am schlafen war. Was heißt hier eigentlich friedlich?, dachte er so vor sich hin. Er sieht einfach nur fertig aus! Teruki beschloss spontan, morgen mal mit den beiden zu reden. So konnte es einfach nicht weitergehen. Kapitel 8: Erinnerung --------------------- nyo~ diese kapitel habe ich größtenteils aufer abschlussfahrt geschrieben xD und arigatou! an Akiharu_Tsukimiya für ihre tolle idee, hat mir sehr weitergeholfen! ^_____^ ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Kapitel 8. Miku öffnete die Augen. Zunächst wusste er nicht, wo er war, doch nachdem er einen Blick zur Seite geworfen und den Drummer neben sich entdeckte, der ihm leise ein „ohayou“ zumurmelte, fiel es ihm wieder ein und all der Schmerz vom Vortag holte ihn ein. Kanon hatte ihn geküsst, Bou hatte ihn mit Sachen beworfen, sich von ihm getrennt und ihn dann hochkantig aus dem Zimmer geworfen. Er drehte sich auf die andere Seite, zog sich die Decke über den Kopf und schloss die Augen. Miku hatte einfach keine Lust auf den heutigen Tag – und auf die Tage danach auch nicht! Er wollte einfach nur schlafen. Denn in seinen Träumen wäre wieder alles perfekt. Eine glückliche Beziehung mit Bou, eine „nur“ rein freundschaftliche Beziehung mit Kanon. Er sah Bou vor sich, wie dieser ihm seine Liebe gestanden hatte, als er einmal in Lebensgefahr geschwebt hatte… **Flashback I** Es war ein schöner Tag wie jeder andere im Hochsommer. Schwül, heiß, unerträglich. Miku hockte auf der großen roten Couch im recht kleinen Wohnzimmer seiner Wohnung und löffelte gierig an der großen Portion Eis, das er sich soeben aus der Truhe geholt hatte. Obwohl er nur seine knall-orangene kurze Hose anhatte, war er am ganzen Körper mit Schweiß bedeckt und das Eis verhalf nur eine geringe Abkühlung. „Ich hätte mir doch lieber eine Klimaanlage anschaffen sollen statt das ganze Geld für Klamotten auszugeben“, murrte Miku leise vor sich hin. Er nahm sich fest vor, dies so schnell wie möglich nachzuholen, sobald er wieder Geld hatte. Doch das konnte noch lange dauern und Miku sah sich jetzt schon als Pfütze. Das Telefon klingelte, riss ihn aus seinen trüben Gedanken. Wehmütig stellte Miku das Eis auf den Boden und stand auf. Doch auf einen Schlag wurde ihm so schwindlig, dass ihm schwarz vor Augen wurde. Sein Kopf fühlte sich an, als ob er jeden Moment wegen Überhitzung explodieren würde. Gerade, als er das Gefühl hatte, jeden Moment umzukippen, ließ der Schwindel nach und Miku ging, etwas wacklig auf den Beinen, zum Telefon, hob ab und bevor er überhaupt den Mund öffnen konnte, quatschte schon eine ihm sehr bekannte Person los. „Sag mal, was brauchst du denn so lange, um ans Telefon zu gehen? Seine Freunde lässt man doch nicht warten! Egal. Da heute so schönes Wetter ist, dachte ich, ich rufe dich mal an, um dich zu fragen, ob du mit mir schwimmen gehen möchtest. Du weißt schon wo. An unserem Lieblings- platz am Fluss. Hast du Lust? Hai? Wir treffen uns um zwei, und wehe, du gehst schon ohne mich schwimmen! Dann setzt es was! Na ja, ich mach jetzt mal Schluss, hier läuft so `n komischer Plagegeist rum, der gefüttert werden will. Bis gleich! Ach ja, wehe du kommst zu spät!“ „Das ist doch schon in 10 Minuten!“ Doch Bou hatte schon längst aufgelegt. Miku seufzte. Deshalb hasste er es mit Bou zu telefonieren. Der aufgedrehte Blondschopf redete nämlich wie ein Wasserfall und ließ Miku kaum zu Wort kommen. Miku nahm sich jedoch vor, diesen Tag im Kalender rot anzustreichen, denn Bou hatte es – nach über 1.000 Telefonaten, die sie schon geführt hatten – geschafft, mal nicht vom Thema abzuweichen. Unwillkürlich musste Miku grinsen, der auf dem Weg ins Schlafzimmer war, um sich seine Badehose anzuziehen. Egal, wie sehr er diese ellenlangen und teilweise sehr langweiligen Telefonate hasste, hatte er den kleinen Blonden einfach nur gern und war sehr froh, mit ihm befreundet zu sein. Kanon war zwar sein bester Freund, dem er alles erzählen konnte, was ihn beschäftigte, und mit Bou gab es des Öfteren mal eine kleine Klopperei oder Ärger, wenn dieser mal wieder etwas angestellt hatte. Miku war für ihn da, wenn dieser von Männern angemacht oder beleidigt wurde wegen seines mädchenhaften Aussehens und munterte ihn wieder auf. Bou war wie ein Bruder für ihn. Miku schaute nach, ob Miruku auch genug Wasser (und vor allem Kaltes) hatte, schlüpfte in seine Schuhe und rannte aus dem Haus. Obwohl die Stelle, an der sie schwimmen gehen wollten, nur 10 Minuten entfernt war, brauchte er eine Viertelstunde, bis er völlig entkräftet und nassgeschwitzt die Bucht erreichte. Die Bucht war die einzige Stellte meilenweit, in der das Wasser noch einigermaßen ruhig war, denn der Fluss war bekannt für seine starke Strömung. Allerdings hatte die Bucht auch einen Nachteil, sie war sehr tief und breit. Er entdeckte sofort Bou, der, nur in Badehose bekleidet, ungeduldig am Ufer wartete, und ging zu ihm. „Zu spät!“, maulte Bou sofort los. „Ich dachte immer, du wärst die Pünktlichkeit in Person, aber das scheint heute irgendwie nicht der Fall zu sein.“ „Tja, Pech gehabt“, murrte Miku ganz außer Atem und zog sich T-Shirt und Schuhe aus. „Komm. Mir ist so verdammt heiß, ich will endlich ins Wasser!“ Doch das hätte er sich im Grunde genommen auch sparen können. Der Blondschopf befand sich schon längst im Wasser und schwamm vergnügt seine Runden. Miku lächelte. //Bou sieht echt niedlich aus…// Er wartete nicht länger und sprang im hohen Bogen ins kühle Nass. Sofort verschwand die unerträgliche Hitze aus seinem Körper. Miku spürte, wie etwas ihn an den Füßen packte und nach unten zog. Er wirbelte herum und entdeckte Bou, der unter Wasser zu ihm hinaufgrinste. Der Vocal versuchte, sich zu befreien, indem er immer wieder mit den Füßen in dessen Richtung trat. Bou ließ von ihm ab und tauchte etwa zwei Meter entfernt wieder auf und grinste frech. „Du Baka“, lachte Miku und fuhr mit seinen Fingern über die Wasseroberfläche. Das Wasser traf den Blondschopf mitten im Gesicht. Dieser wollte dies nicht auf sich sitzen lassen und es entbrannte eine heiße – nein, eine kühle – Wasserschlacht. Nach einer halben Stunde erklärte Miku diese für beendet. „Aufhören!“, meinte er kraftlos. „Ich kann nicht mehr.“ Miku wollte zum Ufer schwimmen, denn er konnte sich wirklich kaum noch über Wasser halten, doch Bou hielt ihn zurück. „Ach, komm schon. Wenigstens noch ein kleines Wettschwimmen. Von hier bis zum anderen Ufer.“ Miku sah ihn an – was ein Fehler war. Denn Bou hatte seinen niedlichen Dackelblick aufgesetzt, dem er noch nie widerstehen konnte. Seufzend betrachtete der Vocal die vorgeschlagene Strecke. Er schätzte sie auf 100 Meter. „Na gut. Aber du wirst es gewinnen und – hey! Das ist unfair!“ Völlig überrascht schwamm Miku los, um überhaupt noch eine Chance gegen Bou zu haben, der schon längst gestartet war. Obwohl Miku so schnell schwamm, wie er konnte, wurde der Abstand zu seinem blonden Freund immer größer und größer. Er war gerade in der Mitte des Flusses angekommen, als seine Arme ihm den Dienst versagten. Sie waren so schwer wie Blei, er konnte sie kaum noch bewegen. „Bou! Hilfe!“, rief er völlig entkräftet, doch dieser hatte ihn entweder nicht gehört oder er dachte, es wäre nur ein Scherz. Miku sah sich hektisch um. Beide Ufer waren gleichweit entfernt. Viel zu sehr entfernt. Trotz des kalten Wassers überkam ihn erneut eine Woge Hitze und ihm wurde schwindlig. Nun wollten ihm auch seine Beine nicht mehr gehorchen. „Saitou!“, konnte er noch rufen, bevor das Wasser über seinen Kopf schwappte. Wasser füllte seine Lungen, er sackte immer weiter in die Tiefe. Das Letzte, was er in seiner zukünftigen nassen Grabstätte sah, waren zwei kleine dunkle Punkte, um die irgendetwas Helles schwebte, die seltsamerweise immer näher kamen… **Flashback I Ende** Jemand zog ihm die Decke über dem Kopf weg. „Alles Ok mit dir, Miku?“ Miku sah Teruki an und lächelte gequält. „Ich werd’s schon überleben.“ Teruki warf ihm noch einen aufmunternden Blick zu und erhob sich, um sich anzuziehen. Miku tat es ihm nach, obwohl er keine Lust hatte. „sag mal, Teruki“, sagte er langsam, während er den Gürtel seiner Jeans enger um seine Hüften zog. „Wie soll ich mich denn jetzt Kanon und Bou gegenüber verhalten?“ Der Drummer überlegte kurz, antwortete dann etwas zögerlich: „Da kann ich dir kaum weiterhelfen. Ich war noch nie in so einer heiklen Situation, wie du es jetzt bist, aber ich denke, du wirst dich schon automatisch richtig verhalten.“ „Hattest du schon einmal eine Freundin?“ „Ähm…was?“, fragte Teruki verwirrt, der auf den schnellen Themenwechsel nicht vorbereitet gewesen war. „Oder einen Freund?“, hakte Miku neugierig nach. „Das nicht, nein.“ Teruki lächelte. „Ich habe eine Freundin.“ „Echt?!“ Miku sah den Drummer mit großen Augen an. „Wie heißt sie? Wie sieht sie aus? Wie ist sie so?“ „Hey! Stopp mal!“ Teruki lachte. „Was soll das werden? Ein Verhör, oder was?“ „Gomen, wenn ich mal was über dein Privatleben wissen will“, maulte Miku und schlüpfte in seine weißen Turnschuhe. „Von dir aus erzählst du ja nie was, da muss man dich schon ausfragen.“ „Schon gut, hab’s kapiert“, beschwichtigte Teruki ihn grinsend. „Ich sag’s dir ja. Sie heißt Sonoko, ist genau so alt wie ich und wir waren seit der Mittelschule in einer Klasse, sind aber erst seit zwei Jahren zusammen. Sie ist sehr hübsch und nett. So! Jetzt weißt du’s! Was ist?“, fragte er irritiert, da Miku ihn ausdruckslos anstarrte. „Warum erfahre ich das jetzt erst?“ „Was denn?“ „Dass du eine Freundin hast.“ Teruki zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht. Es gab einfach leine Gelegenheit, es zu sagen.“ Miku schwieg und blickte aus dem Fenster. Unten auf der Straße fuhren schon viele Autos lang, obwohl die Sonne gerade erst aufgegangen war. Das erinnerte ihn daran, dass sie in zwei Stunden am Flughafen sein musste. Etwas klingelte. Miku drehte sich um und sah, wie Teruki in seiner Jackentasche wühlte, die über einer Stuhllehne hing, kurz darauf sein Handy hervorzog und abhob. „Hai?“ Miku musste hilflos mit ansehen, wie die Farbe schlagartig aus Terukis Gesicht wich. „Was?!“, rief er entsetzt. „Bou hat…was?!“ Kurzes Schweigen. „Wir kommen.“ Teruki steckte hastig das Handy in seine Hosentasche und bedeutete Miku ihm zu folgen. „Was ist passiert, Teruki?“, fragte Miku ängstlich, während sie den Flur entlangliefen. „Offenbar hat Bou versucht, sich umzubringen.“ **Flashback II** Das Erste, was er spürte, war sein Kopf, der sich so anfühlte, als ob 100 Bohrmaschinen auf einmal auf ihn einschlugen. Seine Lunge fühlte sich nicht besser an. Zudem spürte er einen eigenartigen aber doch bekannten Druck auf seinen Lippen. Noch seltsamer war aber, dass etwas Warmes durch seinen Mund in seine Lunge strömte. Miku keuchte auf und das Wasser, das sich vor ein paar Sekunden noch seine Lunge gefüllt hatte, ergoss sich nun außerhalb seines Körpers. Sein Kopf schmerzte höllisch, er ließ sich zurück auf den Boden sinken. „Akiharu!“ Miku öffnete die Augen und erkannte zunächst nur verschwommene Umrisse einer Gestalt, die sich dicht über ihn gebeugt hatte und die sich nach einem Augenblick als Bou entpuppte, der den am Boden liegenden Miku musterte. „Daijobu desu ka?“, fragte er besorgt. Miku brachte mühsam ein „hai“ hervor und nickte schwach, was ihn jedoch prompt auf seine Kopfschmerzen auswirkte. Er stöhnte. Nachdem die Schmerzen etwas nachgelassen hatte, richtete er sich vorsichtig auf. Mit Mühe unterdrückte er den Schwindel, der ihn heute ein drittes Mal überkam. Bou legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter. „Ist wirklich alles Ok?“ „Ja, es geht schon“, sagte Miku leise. „Was ist passiert?“ „Das Gleiche könnte ich dich fragen“, meinte Bou bedrückt. „Ich habe dich schreien hören, habe mich umgedreht und dich nicht gesehen. Ich bin richtig in Panik ausgebrochen! Weißt du überhaupt, was das für ein Gefühl ist, wenn man einen bewusstlosen Freund, der nicht mehr atmet, aus dem Wasser ziehen muss? Ich musste dich beatmen!“ Miku meinte, zwischen all den Wassertropfen in Bous Gesicht auch ein paar Tränen zu erkennen, die sich ihren Weg bahnten. „Gomen, Bou. Ich wollte dir keine Angst machen“, sagte er sanft. „Ich hatte plötzlich keine Kraft mehr und mir war wieder schwindlig.“ „Was soll das heißen, `wieder’?“ Miku lächelte gequält. „Ich wäre zuhause schon beinahe umgekippt.“ Er erzählte Bou, dass er deshalb so spät abgehoben hätte. Jetzt brach der Kleine erst recht in Tränen aus und prompt fand sich Miku wieder rücklings auf dem sandigen Boden, denn Bou war ihm wortwörtlich in die Arme gesprungen. „Es tut mir ja so leid, Akiharu!“, jammerte er. „Nur wegen mir wärst du beinahe gestorben. Gomen nasai! Ich bin so froh, dass du noch lebst!“ „Das bin ich ja auch Bou, aber - “ Er konnte nicht weitersprechen, denn Bou hatte sich mit dem Kopf noch weiter zu ihm heruntergebeugt und seine Lippen auf die Mikus gepresst. //Will er mich jetzt etwa schon wieder beatmen??// Doch das konnte nicht sein, denn abgesehen von seinen immer noch vorhandenen Kopfschmerzen war er topfit! Fanservice konnte es auch nicht sein, denn weit und breit war keine Menschenseele zu sehen, ja noch nicht einmal ein Tier! Aber warum küsste Bou ihn dann? Bou verstärkte seinen Druck und Miku erwiderte den Kuss gierig. Warum er das tat, wusste er nicht. Vielleicht wollte er Bou einfach nur beruhigen, oder war da noch etwas anderes? Doch egal was es war, Miku hörte auf zu denken und genoss den Kuss. Nach einer Weile löste sich Bou, aber anstatt sich zu erheben, blieb er auf Miku liegen und lächelte Miku mit hochrotem Kopf an. „Du etwa auch?“ „Was denn?“, fragte Miku, immer noch benebelt von dem Kuss. Bous Lächeln erstarb. Er hatte gehofft, dass Miku das mit dem Kuss verstehen würde, aber da hatte er sich offenbar geirrt. „Ob du…mich liebst?“, erklärte er schüchtern, wich Mikus Blick aus. „Eettoo…“ Miku wusste einfach nicht, was er sagen sollte. Meinte Bou das jetzt ernst?! Bou erhob sich leicht und legte eine Hand auf Mikus Brust, dort, wo das Herz lag. Er sah ihn an und lächelte leicht. „Dein Herz schlägt ganz schön schnell.“ Miku errötete. „Bou, ich weiß nicht, was ich sagen soll!“ „Sag einfach das, was du fühlst“, meinte Bou leise und sah in Mikus Augen. Mikus Herz machte einen Hüpfer. Bou lachte. „Was gibt’s denn da zu lachen?“, fragte Miku irritiert. „Ich weiß wirklich nicht, ob ich dich liebe. Ich mag dich sehr, aber als du mich geküsst hast…ach!, ich weiß auch nicht.“ Das war die Wahrheit. Er wusste nicht, was seine wahren Gefühle waren. Er fand Bou süß und knuffig und hatte ihn wirklich sehr gern, aber…liebte er ihn? Tatsache war jedoch, dass er gerade den besten Kuss seines Lebens gehabt hatte. „Aber ich weiß es, du Baka!“, rief Bou vergnügt. „Du müsstest dich jetzt mal sehen. Dein Herz verrät dich, mein Lieber.“ „Ach, echt?“, gab Miku verwundert von sich. Bou nickte und wanderte mit einer Hand über Mikus Brust. Miku zitterte leicht. Bou, dem das nicht entgangen war, grinste ihn frech an und küsste ihn. Miku erwiderte den Kuss gierig. Bous Hände wanderten über Mikus Körper, erhaschten gierig jeden Zentimeter nackter Haut, den sie zu fassen bekamen. Seine Fingerkuppen erspürten die Gänsehaut, die sich allmählich bildete, da diese Liebkosungen einen Schauder nach dem anderen hervorriefen. Als sie sich wegen Luftmangels trennen mussten, sahen sie sich in die Augen und auf Bous Gesicht bildete sich ein zärtliches Lächeln. Sanft begann er Mikus Hals entlang zu küssen und knabberte hin und wieder leicht daran. Miku legte den Kopf in den Nacken, um dem Blondschopf mehr Platz zu geben. Bou glitt mit seinen Händen sanft über Mikus Brust, immer weiter nach unten. Miku, der plötzlich ahnte, was Bou nun vorhatte, löste den Kuss. „Bou. Was hast du vor?“, fragte er etwas überrascht. Bou sah ihn an. „Ich möchte dir helfen, deine eigenen Gefühle zu erfahren.“ Er wollte Miku erneut küssen, doch dieser hatte noch rechtzeitig den Kopf abwenden können, bevor dies geschehen konnte. Er sah Bou an. „Bou, gomen, aber ich will das nicht.“ Miku hatte erwartet, dass Bou nun wütend oder enttäuscht von ihm wäre, doch nichts dergleichen zeichnete sich in dessen Gesicht ab. „Kein Problem, Miku. Ich wollte dir nur helfen.“ Und er setzte sich neben ihn auf den sandigen Boden, den Blick auf ein kleines Boot, das den Fluss hinunter fuhr, geheftet. Miku richtete sich seufzend auf, schlang seine Arme von hinten um Bous Hüften und schmiegte sich an ihn. „Bou, gomen, dass ich deine Gefühle nicht so erwidern kann, wie du es wünschst.“ Bou drehte leicht den Kopf zu ihm und legte eine Hand auf die Wange des Sängers. Lächelnd sagte er: „Ich habe dir schon gesagt, dass ich genau weiß, was deine wahren Gefühle für mich sind.“ „Aber - “ „Nein, Akiharu“, sagte Bou bestimmt. „Glaub mir doch.“ Miku schloss die Augen und genoss die Nähe Bous. Nur zu gern würde er Bou von dem Chaos berichten, der gerade in ihm tobte. Nur zu gern wüsste er, was er wirklich empfand. Die Berührungen des Gitarristen auf seiner Haut waren schön gewesen, sehr schön sogar. Nur was sollte das bitte schön bedeuten? „Es wäre schön, wenn wir zusammenkommen könnten, wir wären bestimmt ein tolles Paar“, meinte Bou nach einer Weile, in der sie nur gekuschelt hatten, leise. „Bou, ich…“ „Du brauchst mir jetzt noch keine Antwort zu geben, Akiharu. Antworte mir erst, wenn du dir 100%ig sicher bist. Ich selbst habe auch erst gemerkt, was ich wirklich für dich empfinde, als ich Angst um dein Leben hatte.“ „Gomen, Bou.“ Miku schlang seine Arme um den zierlichen Körper des Gitarristen. „Ich wollte dir keine Angst machen.“ „Das hoffe ich doch für dich“, maulte Bou, erwiderte jedoch die Umarmung. Miku strich sanft über den Rücken des Blondschopfes. „Miku.“ Bou sah ihn fragend an. „Hai?“ „Das bleibt aber erstmal unter uns, ja? Ich möchte nicht, das sich Kanon und Teruki darüber lustig machen, dass ich…“ „Keine Sorge.“ Miku lächelte und strich ihm eine Strähne aus dem Gesicht. „Es ist bei mir sicher.“ Bou nickte zufrieden. „Und du musst mir versprechen, dir endlich eine Klimaanlage zu kaufen!“ Miku lachte. „Versprochen!“ **Flashback II Ende** Miku rannte so schnell er konnte den Flur entlang zu Bous Zimmer. Er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen und sein Herz pochte. War das wirklich wahr?? Wollte Bou sich…?? //Ich bin schuld! Ich habe mich auf Kanon eingelassen! Nur deswegen geht es Bou jetzt so mies! Ich bin ein Baka!// Er wollte Kanon ignorieren, der sich neben der Tür zu Bous Zimmer an die Wand gelehnt hatte, die Tür aufreißen und zu Bou laufen, doch der Schwarzhaarige hielt ihn mit einem starken Griff an der Schulter zurück. „Kanon!“, schrie er überrascht und panisch zugleich. „Ich muss da rein!“ Doch Kanon schüttelte nur den Kopf. „Er möchte mit Teruki reden.“ „Gut“, sagte Teruki atemlos, der gerade angekommen war. „Wo warst du heute Nacht eigentlich?“ Kanon sah ihn schief an. „Bei Miku“, antwortete der Gefragte knapp und warf dem Bassisten einen vernichtenden Blick zu. „Nani? War Miku denn nicht bei Bou?“ Teruki, dem der Geduldsfaden riss, packte Kanon am Kragen und warf ihn gegen die Wand. „Jetzt hör mal zu, du verdammter Idiot!“, zischte er. „Ist dir eigentlich bewusst, was du gestern angestellt hast?! Wie es aussieht nicht! Und jetzt mal zum mitschreiben! DU warst es, der Miku geküsst hat, obwohl du genau weißt, dass er mit Bou zusammen ist! Und es war echt dumm von dir, es auch noch an einem öffentlichen Ort zu tun! DU bist schuld daran, dass Bou fälschlicherweise davon ausgeht, du und Miku hättet etwas miteinander! DU bist schuld daran, dass sich Bou getrennt hat! DU bist schuld daran, dass es den beiden – und vor allem Bou – jetzt so schlecht geht! Ich hoffe für dich, dass du das so schnell wie möglich in Ordnung bringst! Und so etwas auf einer internationalen Tour, verdammt!“ Teruki ließ von Kanon ab und preschte, nicht ohne diesem noch einen abwertenden Blick zuzuwerfen, in Bous Zimmer. Schweigen erfüllte den Flur. Kanon, geschockt von Terukis Wutanfall, rutschte an der Wand herunter auf den Boden und starrte an die weiße Decke über sich. Auch Miku war nicht auf einen solchen Angriff vorbereitet gewesen und wusste nicht, was er jetzt tun sollte. „Kanon?“, fragte er leise. „Hai?“ Kanon sah ihn nicht an. „Wie…hast du Bou gefunden?“ Der Schwarzhaarige schwieg kurz. „Ich wollte nachschauen, ob Bou heute ausnahmsweise mal von selbst aufgestanden ist und da habe ich ihn…ich habe sofort einen Arzt gerufen, zum Glück gibt es hier im Hotel einen. Der ist gerade erst weggegangen, er meinte, es wäre nicht wirklich lebensgefährlich gewesen, aber…es sah schlimm aus.“ Schweigen. Miku versuchte, das alles zu verdauen. Bou hatte offensichtlich versucht sich umzubringen, nur weil er Kanon geküsst hatte? Nein! Kanon war es gewesen, der ihn geküsst hatte! „Miku?“ Miku sah ihn fragend an. Kanon seufzte leise. „Es tut mir Leid. Wegen gestern meine ich. Ich…hätte das nicht tun sollen, das war dumm von mir.“ //oh, ja! Das war es!// Doch Miku hielt die Klappe. „Ich konnte mich einfach nicht mehr zurückhalten. Du sahst so traurig aus, das konnte ich nicht mit ansehen.“ „Aber…deine Gefühle für mich…sind die echt?“, fragte Miku leise. „Hai“, hauchte Kanon, senkte beschämt seinen Blick. Teruki hatte sich zu Bou auf die Bettkante gesetzt und betrachtete diesen nun besorgt. Als er hereingekommen war, hatte Bou ihn nicht angesehen, sondern nur weiter die Wand angestarrt und Terukis Zorn über Kanon war sofort verflogen, nachdem er den Verband um Bous linken Unterarm entdeckt hatte. „Wie geht es dir?“, fragte er. „Gut“, antwortete Bou müde. „Warum hast du das getan?“ Bou schwieg. „Etwa wegen Miku?“ Die Kraftlosigkeit, die Bou bis jetzt beherrscht hatte, verschwand schlagartig. Er fing an, am ganzen Körper zu zittern und heftig zu weinen. „Scht! Bou…“, versuchte Teruki den Kleinen zu beruhigen, doch vergebens. Nur mit Mühe konnte Teruki seine eigenen Tränen zurückhalten. Er hasste es, Bou so hilflos zu sehen und er legte sich kurzerhand zu ihm ins Bett, nahm ihn in die Arme, drückte ihn an sich. „Ganz ruhig“, sagte er leise und fuhr ihm beruhigend über den Rücken. Doch er brauchte eine ganze Weile, bis er ihn wieder einigermaßen beruhigt hatte. Teruki ließ ihn jedoch nicht los. Nun wartete er ab, bis Bou von sich aus anfing zu reden. Und tatsächlich, als Teruki die Hoffnung schon fast aufgegeben hatte, öffnete er sich. „Wieso tut Miku mir das an?“, schluchzte er. „Ich will mich nicht von ihm trennen, ich liebe ihn so sehr.“ Teruki wusste nicht, was er sagen sollte. Er wollte, dass Miku die Sache selbst aufklärte. „Du hast Miku gestern ziemlich zugesetzt“, sagte er. „Er ist ziemlich down, er liebt dich wirklich. Aber ich denke, dass Miku seine eigenen Gefühle nicht mehr versteht.“ „Das Gefühl habe ich auch.“ Bou setzte sich auf und starrte mit leerem Blick auf den Verband. „Kannst du dich noch an gestern erinnern? Wo Miku mit dem vermeintlich neuen Songtext ankam?“ Teruki sah ihn irritiert an. „Klar, kann ich mich daran erinnern. Worauf willst du hinaus?“ Bou drehte sich um, griff mit einer Hand unter das Kopfkissen und holte einen zusammengefalteten Zettel hervor. „Als…du Mikus Sachen gepackt hast, muss der hier irgendwo rausgefallen sein. Aus Neugierde habe ich ihn gelesen und…“ Bou brach erneut in Tränen aus. „Es…es ist kein Songtext!“ Teruki warf Bou noch einen überraschten Blick zu, nahm den Zettel und las ihn sich durch. Sein Herz rutschte ihn immer weiter in die Hose. Als er zu Ende gelesen hatte, sah er Bou entsetzt an. Er öffnete den Mund, um das in Worte zu fassen, was in ihm vorging, doch es verging eine ganze Weile, bis er stockend sagte: „Kann das sein, dass Miku ein Volltrottel ist?!“ Bou senkte beschämt den Kopf. „Ich hatte nicht gewusst, wie sehr ich mich mit Kanon in letzter Zeit gezofft und dass ich Miku damit verletzt habe. Ich hatte bis vor einigen Stunden auch nicht gewusst, dass sich Miku nicht getraut hat, zu mir zu kommen, um über sein Problem zu reden. Ich bin schuld, dass es ihm so unnyappy geht!“ „Weißt du, was der Grund ist?“, fragte Teruki und überraschenderweise nickte Bou. „Er hat es mir gestern ins Gesicht geschrien, kurz bevor er weggegangen ist.“ Bou schluchzte. Teruki nahm ihn in den Arm. „Euch hat er es ja anscheinend erzählt, warum mir nicht?“ „Er hatte Angst, dass du dir die ganze Schuld für den Streit zuschiebst“, antwortete Teruki. „Miku ist einfach ein Volltrottel, wenn es um ihn geht. Und dass er sogar die Absicht hat, auszusteigen, ist ja wohl die Höhe!“ Kurzes Schweigen. Teruki legte einen Arm um Bou. „Bou-chan? Versprichst du mir was?“ Der Blondschopf sah ihn mit seinen verheulten Augen an. „Nur, wenn du aufhörst, mich Bou-chan zu nennen. Das darf nur Miku!“ Teruki seufzte. „Tu so etwas bitte nie wieder, hörst du?“ Bou lächelte leicht. „Das hatte ich nicht vor. Ich hatte auch nie vorgehabt, so etwas zu tun, ich hatte mich nur irgendwie nicht mehr unter Kontrolle.“ Er wandte den Blick ab und lehnte den Kopf auf seine Hände. „Teruki. Ich habe etwas beschlossen. Aber das schon vor einigen Tagen, und es ist mir wirklich nicht leicht gefallen.“ Teruki sah ihn erwartungsvoll an. Bou holte tief Luft und sagte: „Ich steige aus!“ „Was?!“, rief Teruki geschockt. Das konnte doch nur ein Scherz sein! Erst Miku, und dann auch noch Bou! Irgendetwas lief hier komplett falsch! Bou hob den Kopf und sah ihn unter Tränen an. „Ich mein’s ernst. Ich steige aus der Band aus.“ „A-aber Bou…wieso denn?“ Bou fing wieder an zu weinen und der Älteste nahm ihn tröstend in die Arme. „Es macht mir keinen Spaß mehr, wenn ich nicht mit Miku zusammen sein kann“, schniefte er. Teruki schüttelte ungläubig den Kopf. Er konnte den Gitarristen einfach nicht verstehen. „Bou, Miku liebt dich doch. Du warst es, der die Trennung wollte.“ „Nein.“ Bou klammerte sich mit seinen kleinen zierlichen Händen an Teruki. „Miku liebt mich nicht mehr, das spüre ich. Und das weiß ich auch, nachdem ich den Zettel gelesen habe.“ Eine Weile schwieg er, dass sagte Teruki leise: „Es ist deine Entscheidung, wenn du wirklich austreten willst, Bou. Aber versprich mir bitte, dass du den anderen nichts sagst, bis du einen neuen Gitarristen gefunden hast. Wir können uns keine Auszeit leisten und ich denke, dass Miku – trotz dem, was da steht - “, er deutete auf den Zettel, „und Kanon weitermachen wollen, genauso wie ich. Und vielleicht überlegst du es dir ja noch mal.“ Bou nickte und lächelte Teruki an. „Arigatou, Teru-chan. Aber mein Entschluss steht fest.“ Teruki erhob sich und sah den Blonden fragend an. „Traust du dir zu, heute Abend zu spielen oder sollen wir das Konzert verschieben?“ „Nein, nein!“, rief Bou entsetzt. „Alles nur das nicht! Natürlich spiele ich. Ich…kann ja noch mal das Tekesuta Kousen anziehen, dann sieht man den Verband nicht.“ Er lächelte gequält. „Gut.“ Teruki lächelte ihn aufmunternd an. „Mach dich aber schnell fertig, damit wir den Flug noch bekommen. Ich warte draußen.“ Er wartete noch, bis Bou auch wirklich aufgestanden war, und verließ den Raum. „Nanu“, sagte er verwundert, als er Miku – links neben der Tür stehend – und Kanon – rechts neben der Tür hockend – entdeckte. „Ich lebt ja noch.“ „Was denkst du denn?“, murrte Miku. „Dass wir uns gegenseitig auffressen, sobald du verschwindest?“ „So etwas in der Art, ja.“ Teruki kratzte sich verlegen am Hinterkopf und betrachtete die zwei. „Oh, Mann. Ich weiß nicht, wer von euch jetzt am grimmigsten drein schaut.“ „Teruki!“, riefen Miku und Kanon ärgerlich, wie aus der Pistole. Teruki schreckte zurück. „Jetzt kommt mal wieder runter!“ Miku stöhnte verdrehte entnervt die Augen. „Wie geht es Bou? Kann ich endlich zu ihm?“ „Bou geht es so einigermaßen, er will sich zwar nichts mehr antun, bricht aber ständig in Tränen aus. Und – nein! – du kannst jetzt nicht zu ihm!“ Miku hatte schon eine Hand auf die Türklinke gelegt, nahm sie aber wieder zurück. „Was ist mit dem Konzert heute?“, meldete sich Kanon. Teruki drehte sich zu ihm um. „Es findet natürlich statt. Obwohl ich persönlich das für keine gute Idee halte - nicht, dass Bou auf der Bühne noch vor den Fans in Tränen ausbricht, nur weil du und Miku euch zufällig ansehen sollten. Und jetzt marsch! Holt euer Gepäck, damit wir sofort los können, sobald Bou da ist.“ ************************************************************************ nyo ich hoffe das kapi hat euch gefallen^.^ ich will jetzt einige vergangenheits-szenen einbauen wie bou und miku zusammen gekommen sind und so eigentlich sollte das nochma ne extra FF werden, habs dann aba gelassen xDD *es mir zu anstrengend war* ich les mir übrigens nie ein kapi noch mal durch bevor ich es hochlade, sry wenn da i-wo fehler sein sollten^^“ kommis pls ^____^ Kapitel 9: Ein etwas ungewöhnicher Vorschlag -------------------------------------------- Kapitel 9. Miku ging ungeduldig in der Eingangshalle auf und ab, den Blick ständig auf die Treppe geheftet. Er wollte endlich Bou sehen! Kanon stöhnte genervt. „Wie lange willst du eigentlich noch im Kreis laufen?“ „Ach, Kanon. Sei einfach still, ja?“, murrte Miku. „’Tschuldige, dass ich etwas gesagt habe!“, keifte Kanon zurück und lief wütend aus dem Hotel. Miku war das nur recht. Sollte Kanon doch abhauen! Dann würde Bou wenigstens nicht noch mehr auf seiner Meinung beharren, er und Kanon wären zusammen. Er wollte Bou beweisen, ihm zeigen, dass er ihn immer noch liebte. Nur wie sollte er das anstellen? Hinter sich hörte er ein Geräusch und drehte sich um. „Bou!“, rief er überrascht. Bou und Teruki kamen gerade die Treppe herunter, beide mit großen Koffern in der Hand. Schon von weitem konnte Miku erkennen, dass Bou ziemlich angeschlagen aussah. Bou sah Miku an. „Hi“, sagte er leise. Miku lief ihm entgegen. „Komm, ich nehme deinen Koffer.“ Und ohne auf eine Antwort zu warten, nahm er ihn. Langsam und schweigend stiegen sie die Treppe runter und stellten die Koffer zu den anderen. Miku wollte zu Bou gehen, ihn in den Arm nehmen, doch Teruki fragte: „Wo ist Kanon?“ „Weg“, murmelte Miku und wich Bous fragenden Blick aus. „Wie, weg?“ „Er ist eben nach draußen gelaufen.“ „Ich gehe ihn holen.“ Teruki ging seufzend nach draußen, um Kanon zu suchen. Bou und Miku sahen ihm nach. Ein unangenehmes Schweigen erfüllte die Hotel-Lobby. Bou schwieg, aus Angst, den Vocal zu verletzen, und auch Miku hatte keine Ahnung, was er sagen sollte. //Aber ich werde Bou wieder wehtun, wenn ich nichts sage!//, dachte Miku bedrückt. „Warum?“ „Hm?“ Bou, der mit den Gedanken ganz woanders war, drehte sich fragend zu ihm um. „Warum hast du das getan?“, fragte Miku erneut, sah Bou direkt in die Augen. Bou wich seinem Blick aus. „Kann ich dich mal etwas fragen, Akiharu?“ Miku nickte. „Klar.“ Der Blondschopf blickte wieder zu ihm. „Das war kein Songtext, oder? Das, was du gestern geschrieben hast, meine ich.“ „Eettoo…“, brachte Miku verlegen hervor. Woher wusste Bou das nur? //Er muss den Zettel gelesen haben!//, schoss es ihm entsetzt durch den Kopf. Er wollte ihn jetzt nicht weiter belügen und senkte den Blick. „Nein, es war kein Songtext“, sagte er leise. „Das war…ach!, vergiss es einfach.“ „Ich will es aber nicht vergessen, Akiharu!“, rief Bou erbost, doch eine Stimme versagte ihm mittendrin den Dienst und er fing erneut an zu weinen. „Bou! Gomen! Das wollte ich nicht!“ Miku nahm ihn in den Arm und fuhr ihm besänftigend über den Rücken. Er hatte eigentlich erwartet, dass Bou, nach allem, was vorgefallen war, ihn von sich stoßen würde. Doch dieser ließ die sanften Berührungen über sich ergehen und beruhigte sich allmählich wieder. „Warum?“, fragte Bou leise, „warum hast du mit mir nie geredet? Vertraust du mir nicht mehr oder dachtest du etwa, ich würde nicht auf deine Gefühle Rücksicht nehmen und dir helfen? Und ich habe mir den Kopf darüber zerbrochen, was mit dir los sein könnte. Ansprechen wollte ich dich nicht, du rückst ja schließlich nur von allein mit deinen Problemen raus – und das geschieht eigentlich auch zu selten! Ich habe mir Sorgen gemacht, verdammt!“ Er sah Miku weinerlich an. Miku holte aus seiner Jacke ein Taschentuch hervor und wischte dem Blonden die Tränen weg. Währenddessen sagte er: „Ich weiß, ich bin ein Baka. Ich hätte mit dir reden sollen, ich wollte dir keine Sorgen bereiten, wirklich nicht. Aber“, er wandte beschämt seinen Blick ab, „ich hatte Angst, dass du dir dann die Schuld zuschieben würdest, dass mich meine Familie nun verabscheut. Und bei dir und Kanon wollte ich mich nicht großartig einmischen, ich habe schon geahnt, dass ihr ein Geheimnis miteinander habt.“ „Aber, Akiharu.“ Bou befreite sich aus Mikus Armen und sah diesen verzweifelt an. „Es ist doch meine Schuld! Und ich hätte mich nicht auf Kanons Sticheleien einlassen sollen.“ „Siehst du?“ Miku seufzte. „Genau das wollte ich nicht.“ „Was denn?“ „Dass du dir die ganze Schuld zuschiebst.“ „Aber ich - “ Das Öffnen der Eingangstür ließ ihn unterbrechen. Beide drehten sich zu Kanon und Teruki um. Kanon, der sich für Bous miserablen Zustand schuldig fühlte, blieb unbehagen ein paar Schritte hinter dem Drummer. „Hi, Kanon“, begrüßte Bou den Schwarzhaarigen und zwang sich zu einem kurzen Lächeln. „Hi.“ Kanon fühlte sich einfach nur unwohl, und das konnte man ihm deutlich ansehen. Nervös spielte dieser mit seinen Fingern und blickte überall hin – nur nicht zu Bou und Miku. Um den Bassisten aus dieser unangenehmen Situation zu befreien, meinte Teruki: „Wir sollte so langsam aufbrechen.“ Erleichtert griff Miku nach seinem und Bous Koffer, denn auch er hatte sich nicht ganz wohl gefühlt. Immer, wenn er den Schwarzhaarigen ansah, musste er an den Kuss denken und ein seltsames Gefühl überkam ihn. War das normal? Auch, wenn er an den vergangenen Tag denken musste, als sie gemeinsam durch die Stadt geschlendert waren – mit Händchenhalten! -, überkam ihn dasselbe seltsame Gefühl. War hier eigentlich überhaupt noch etwas normal? „Miku, kann ich bitte etwas von den Keksen haben?“ „Klar.“ Miku hielt ihm die Packung hin und Kanon nahm sich welche. „Arigatou.“ „Kein Problem.“ Miku seufzte innerlich. Warum musste ausgerechnet er während dem Flug neben Kanon sitzen?? //Na ja, was bleibt mir anderes übrig?//, fragte sich Miku griesgrämig. //Bou hat mir selbst gesagt, dass er neben Teruki sitzen möchte und dieses verdammte Flugzeug hat nur 2er-Plätze!// Sie hatten noch anderthalb Stunden vor sich, bis sie in Berlin angekommen waren, wie sollte er das nur überleben? Er hatte zwar die letzte halbe Stunde kein einziges Wort mit Kanon gesprochen, doch es schmerzte ihn. Klar, Miku war immer noch wütend auf ihn wegen des Kusses, doch Kanon war immer noch sein bester Freund, den er ungern wegen so etwas verlieren wollte. „Gomen.“ „Nani?“, fragte Miku verwirrt und blickte zum Schwarzhaarigen, der aus dem Fenster starrte und dabei an einem Keks knabberte. „Ich wollte dich heute Morgen nicht so anschreien.“ „Schon vergessen.“ Suchend sah sich Miku nach Bou und Teruki um, konnte sie jedoch nicht entdecken. Erst, als er aus den Augenwinkeln eine Bewegung von weißem Haar realisierte, wusste er, dass sie vier Reihen schräg hinter ihnen ihre Plätze hatten. Er nahm sich einen der Schokokekse und biss lustlos hinein. Nur zu gern würde er jetzt neben Bou sitzen. „Miku.“ „Hai?“ „Was machst du jetzt eigentlich mit der Gitarre?“ Kanon sah ihn fragend an. Zunächst musste der Vocal überlegen, was Kanon damit meinen könnte, doch dann fiel es ihm wieder ein. „Chikushoo!“, murmelte er und fasste sich mit der Hand an die Stirn. „Die hatte ich ja ganz vergessen!“ Aber die Frage war berechtigt. Was sollte er jetzt tun? Gekauft war gekauft, sie war sogar genauestens an Bou adressiert und wartete in Berlin bestimmt schon auf ihn. „Ich weiß nicht“, sagte er zögernd. „Wird es Bou nicht kränken, wenn er weiß, dass sie von mir ist? Ich meine, wir sind ja nicht mehr zusammen und verstehen uns auch momentan nicht so gut und wenn ich ihm dann ein so teures Geschenk mache…“ „Du kannst es ja erst einmal verschweigen, von wem sie ist“, schlug Kanon vor. „Schließlich wissen nur wir zwei davon und ich werde dich schon nicht verraten.“ Er zwinkerte ihm geheimnistuerisch zu. Miku atmete auf. „Arigatou.“ Kanon lächelte leicht. „Das ist das Mindeste, was ich tun kann.“ Sein Lächeln erstarb wieder und er wandte sich ab. „Teruki hat Recht.“ „Womit?“ „Dass ich die Sache mit dir und Bou wieder in Ordnung bringen muss – und das so schnell wie möglich.“ „Kann das sein, dass diese Halle hier größer ist als die in Paris?“, fragte Kanon, während er mit seinen anderen Bandkollegen durch die weiträumige Konzerthalle in Berlin schritt. Sie befanden sich gerade genau in der Mitte, wo in wenigen Stunden die Fans stehen würden und oben auf der Bühne waren bereits die Ton- und Lichttechniker mit den Vorbereitungen zugange. „Das kann nicht nur sein, es ist so“, meinte Teruki und vergrub die Hände in den Taschen seiner schwarzen Jeans. Miku blickte hinauf zur Bühne. Sie mussten heute Abend wirklich alles geben, um den Fans eine gute Show liefern zu können. //Apropos, gute Show!// Miku stöhnte, als ihm plötzlich wieder etwas einfiel. „Was ist?“ Teruki hatte sich fragend zu ihm umgedreht. „Mir ist nur eingefallen, dass Bou und ich Fanservice machen sollten“, meinte Miku unbehagen. Teruki schwieg kurz und sagte dann stirnrunzelnd: „Ihr müsst selbst entscheiden, ob ihr das nun macht oder nicht.“ Bou und Miku sahen sich an. Beide wussten, dass die Fans sich schon darauf freuten, da es schon fast Tradition war. „Ich…ich kann das nicht, Miku“, sagte Bou. „Gomen.“ Miku nickte, als Zeichen, dass er verstanden hatte. Er selbst hatte auch nicht daran geglaubt, dass sie es tun würden; doch gehofft hatte er es zumindest. „Aber sollten wir wirklich auf Fanservice verzichten?“, schaltete sich Kanon ein. „Ich meine…wenn Bou und Miku das nicht zusammen machen wollen, ist das kein Problem, aber wir müssen es machen. Das ist eingeplant.“ „Kanon hat Recht.“ Teruki sah abwechselnd zu Bou und Miku. „Ich könnte ja mit einem von euch…“ „Nein.“ Bou schüttelte bestimmt den Kopf. „Du kannst nicht mitten in Snow Scene nach vorne kommen, das geht nicht.“ „Und wer soll es dann machen?“, fragte Teruki. „Ist doch klar“, meinte der Blondschopf. „Dann klär uns doch bitte mal auf“, forderte Kanon leicht entnervt. „Na, ich meine, dass den Fanservice Kanon und Miku über- “ „Bou!“, riefen Miku, Kanon und Teruki wie aus der Pistole. „Was denn?“ Bou sah die drei verwirrt an. „D-du kannst so was doch nicht vorschlagen!, meinte Miku verdattert. „Weißt du nicht mehr, was gestern passiert ist?! Das hat dich doch ziemlich verletzt und wenn ich Kanon küssen würde – auch wenn’s nur Fanservice ist -, würdest du doch noch mehr darauf beharren, dass ich Kanon liebe und -“ „Miku! Mitkommen!“ Bou packte den nun vollkommen aus dem Konzept gebrachten Miku am Arm und zog ihn in die hinterste Ecke der Halle. „Bou, was soll das?“, fragte Miku. „Der Kuss ging von Kanon aus, nicht von mir und ich liebe nur dich und - “ „Das weiß ich doch“, unterbrach Bou ihn. „Und jetzt hör mir mal bitte genau zu. Ich weiß, dass du etwas für Kanon empfindest.“ „Nein!“ Bou wich seinem entsetzten Blick aus und sagte: „Kannst du dich noch an den Tag erinnern, wo ich dir meine Liebe gestanden habe?“ Miku nickte. „Dann weißt du bestimmt noch, dass du damals auch erst einmal gesagt hast, du würdest mich nicht lieben, oder?“ „Das schon, aber…“ „Akiharu.“ Bou legte ihm beruhigend beide Hände auf die Schultern und sah ihm eindringlich in die Augen. „Du bist ziemlich gut, wenn es um Gefühle anderer geht, aber wenn’s deine Eigenen sind, bist du der größte Baka, der mir je begegnet ist! Und glaube mir ruhig. Du empfindest weit aus mehr als nur Freundschaftliches für Kanon. Und wenn du irgendwann einmal selbst darauf kommen solltest, dann…tu mir den Gefallen und werde glücklich mit ihm.“ „Bou, du kannst doch so was nicht einfach sagen und…nein, Bou! Bitte, fang nicht wieder an zu weinen!“ „Gomen“, schniefte Bou und strich die Tränen weg. Miku seufzte. „Bou. Was soll das? Vor ein paar Stunden warst du noch so verzweifelt, dass du dich selbst verletzt hast.“ Er blickte auf den Verband; sie hatten dem Manager die Lüge aufgetischt, Bou hätte sich in einer kleinen Rauferei mit Kanon den Arm leicht verletzt. „Und jetzt? Jetzt willst du uns auf einmal verkuppeln!“, rief Miku und wollte sich wütend abwenden, doch Bou hielt ihn zurück. „Wenn du mir beweisen willst, dass du mich auch wirklich noch liebst, mach den Fanservice mit Kanon“, sagte Bou, bevor er Miku losließ und aus der Halle lief. Der Vocal blieb perplex dort stehen, wo er war, und sah ihm kopfschüttelnd hinterher. „Jetzt ist er völlig verrückt geworden“, murmelte er leise vor sich hin und ging Teruki entgegen, der gesehen hatte, das Bou verschwunden war. „Was wollte er von dir?“, fragte dieser neugierig. Miku schmunzelte leicht. „Er hat mir gesagt, dass er nichts dagegen hätte, wenn Kanon und ich tatsächlich zusammenkommen sollten.“ Terukis Augen weiteten sich. „Spinnt Bou jetzt total?!“ Miku seufzte. „Das habe ich mich auch schon gefragt. Aber das Verrückteste ist, dass ich den Fanservice mit Kanon machen soll, um ihm zu demonstrieren, dass ich ihn auch wirklich noch liebe.“ Teruki schloss die Augen, um sich wieder etwas zu beruhigen und um das Gehörte erst einmal zu verarbeiten – was gar nicht mal so einfach war. Er sah Miku wieder an. „Und? Machst du es?“ Der Vocal zögerte. „Ich weiß nicht. Ich möchte das eigentlich nicht machen, aber wenn Bou es möchte, dann…“ „Nein, Miku.“ Teruki schüttelte den Kopf. „Wenn du es nicht willst, dann musst du es auch nicht machen.“ „Aber Bou hat doch gesagt - “ „Was Bou gesagt hat, zählt nicht. Er ist ziemlich durcheinander, du darfst ihm das nicht übel nehmen. Nur du und Kanon könnt entscheiden, ob ihr das macht oder nicht. Ich werde mich da nicht einmischen und Bou wird es auch nicht!“ Miku sah sich in der Halle nach Kanon um, konnte ihn jedoch nicht entdecken. „Wo ist Kanon?“, fragte er den Drummer. „Draußen.“ Mikus Magen machte eine Drehung rückwärts. „Uhm…Teruki?“ „Hai?“ „Bou ist auch draußen.“ ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ kommis pls ^.^ WICHTIG!!!!: Ich werde ab so fort nur noch diejenigen benachrichtigen, die mir ein kommi hinterlassen haben oder mir per ENS bescheid geben, ob sie noch benachrichtigt werden wollen weil es sind jez schon so viele dass ich kaum noch hinterherkomme xDD Kapitel 10: Es muss sein ------------------------ Kapitel 10. //Kaum lässt man die zwei aus den Augen, schon zoffen sie sich//, ging es Miku durch den Kopf, während er mit Teruki hilflos mit ansehen musste, wie sich Bou und Kanon gegenseitig die schlimmsten Sachen wünschten; selbst Kanon, der Gewalt zutiefst verabscheute, sah so aus, als ob er Bou am Liebsten erwürgen möchte. Miku und Teruki, die sich nicht trauten einzugreifen, hatten sie noch nicht bemerkt. „Du bist total egoistisch!“ rief Kanon wütend. „Du denkst nie an andere!“ „Das musst DU gerade sagen! Wer hat hier denn alles zerstört!“ „Klar bist du schuld! Wer denn sonst?“ Kanon schnappte nach Luft. „Vielleicht bin ICH Schuld, aber ich kann ihn zumindest glücklicher machen, als du es je könntest! Ich wette, ich kann ihm etwas viel Schöneres geben, als du! Im Bett bist du doch nur ein Versager, der - “ Patsch! Bou hatte ihm so hart ins Gesicht geschlagen, dass dieser nun mit blutender Nase rücklings auf dem Boden lag und fassungslos zu dem Blonden hinaufstarrte. „Wehe, du sagst so…etwas auch nur noch EIN mal!“ Bou wollte sich erneut auf Kanon stürzen, doch Miku und Teruki hielten ihn an den Armen zurück. Kanon nutzte die Gelegenheit, um wankend das Weite zu suchen. „Bou! Es reicht!“ Nur mit Mühe konnten sie Bou wieder einigermaßen beruhigen. Er stierte immer noch ziemlich aufgebracht in die Richtung, in die Kanon verschwunden war, als Miku und Teruki sich trauten, ihn wieder loszulassen. „Wie kann er es wagen, das zu sagen?“, stieß Bou zornig hervor. „Bou…“ Miku bekam es allmählich mit der Angst zu tun. Noch nie hatte er den Blonden so wütend erlebt. „Du kannst ihn aber doch nicht schlagen.“ Bou funkelte ihn an. „War ja klar, dass du zu diesem….ach!, Was-Weiß-Ich hälst!“ „Jetzt komm mal wieder runter“, meinte Teruki eindringlich. „Du wirst doch sonst nich handgreiflich, was war los?“ „Kanon war los, das war los!“, schnaubte Bou und rannte davon – zum Glück nicht Kanon hinterher. Miku und Teruki blickten traurig hinter ihm her. Wie hatte es nur so weit kommen können? „Kami, man kann die zwei wirklich keine Sekunde alleine lassen“, murmelte Teruki kopfschüttelnd. Da konnte Miku nur zustimmen. „Wie zwei Riesenbabys, die sich gegenseitig die Köpfe einschlagen.“ Etwas klingelte. Teruki zog sein Handy hervor und warf einen Blick auf das immer wieder hell aufleuchtende Display. „Es ist Sonoko.“ „Gut.“ Miku ging zurück in die Halle, um Teruki nicht zu stören. Es war ja schließlich seine Freundin gewesen, die ihn da angerufen hatte. Er freute sich für Teruki, dass er jemanden hatte, doch zugleich stimmte es ihn traurig. Miku vermisste jetzt schon Bous Nähe, doch er wusste, dass er sich diese erst wieder zurückerobern musste. **Flashback III Anfang** „Nein. Stop. Wir müssen von vorne anfangen.“ „Aber der Riff passt doch gar nicht!“ „Dann spiel einfach nach deinem Gefühl.“ „Na toll“, brummte Kanon missmutig und Teruki strich etwas auf den neben seinen Drumms liegenden Zettel durch. „Gut. Und du, Miku, darfst nicht zu schnell singen.“ Teruki und Kanon wandten sich dem Vocal zu, der schon die ganze Probe über lustlos und teilnahmslos auf einem Verstärker hockte. „He, Miku!“ Miku drehte sich überrascht zu ihnen um. „Hai?“ Teruki stöhnte. „Hast du zugehört?“ „Gomen.“ Miku lächelte verlegen. „Du bist etwa seit einer Woche zu nichts mehr zu gebrauchen“, schimpfte Teruki. „Du wirkst unausgeschlafen, verpasst deine Einsätze, triffst die falschen Töne, kommst zu spät zu den Proben und seltsamerweise warst du das gestern auch, als wir einen Pressetermin hatten!“ Miku schwieg und starrte auf sein pinkes Mikro. Ihm entging jedoch nicht der eindringliche Blick Bous. Das mit dem Unausgeschlafen stimmte jedoch. Miku hatte seit sieben Tagen kaum ein Auge zubekommen können und auch jetzt spukte nur eine Sache in seinem Kopf herum. Oder besser gesagt, jemand. Der Vocal schaute auf die Uhr, die über der Tür, die in den Proberaum von AnCafe führte, hing. //Genau vor einer Woche hat Bou mir gesagt, dass er mich liebt//, dachte er seufzend. Doch das war es eigentlich weniger, was ihm Kummer bereitete. Bou war der Meinung, dass er – Miku- genau dasselbe empfinden würde. Aber war das tatsächlich so? Miku hatte Bou seitdem kaum ein einziges Mal richtig angesehen, auch jetzt wagte er es nicht. Sein Herz schlug schon verrückt genug, wenn er nur an ihn dachte. „Lasst uns eine Pause machen“, schlug Teruki vor und seine Bandkollegen stimmten ihm erleichtert zu – was damit das Einzige wäre, wo sie an diesem Tag einer Meinung waren. Kanon und Bou tauschten jeweils ihre Instrumente gegen Wasserflaschen, die sie gierig öffneten und verschwanden anschließend wie der Blitz in den kleinen Nebenraum, der mit einer großen Couch und einem Fernseher ausgestattet war. Man konnte Gelächter hören und wie der Fernseher angeschaltet wurde. Miku hatte keine Lust aufzustehen, nur um sich etwa sieben Meter weiter wieder hinzusetzen. Dazu war er heute zu faul. Um sich wenigstens etwas zu beschäftigen, warf er das Mikro zwischen seinen Händen hin und her und summte dabei Nanairo Crayon De Egaku Hikaru, an dem sie gerade gearbeitet hatten. „Du kannst es doch.“ Miku drehte sich erschrocken zu Teruki um, der nicht nach nebenan gegangen war. Nun hielt der Drummer ein Schälchen mit Ramen in der Hand, das er sich vor der Probe besorgt hatte. Dass es schon kalt war, störte ihn anscheinend nicht. Teruki ließ sich an der Wand gegenüber Miku in die Hocke sinken und aß. Miku sah ihm dabei gelangweilt zu. „Auch etwas?“, fragte Teruki. Der Blonde schüttelte nur den Kopf, was Teruki dazu veranlasste die Stirn zu runzeln. „Du willst mir doch wohl nicht weiß machen, dass du keinen Hunger hast! Gerade du, der am meisten Appetit von uns hat.“ „Ist halt so“, murmelte Miku und wich Terukis fragendem Blick aus. Es stimmte schon, dass er pausenlos alles Essbare, was ihm so vor die Nase kam, in sich hineinstopfen könnte, doch genau seit einer Woche verspürte Miku kaum noch Appetit. Warum das so war? Da wusste er noch nicht einmal selbst. „Miku.“ „Mhh…“ „Kann ich dich mal was fragen?“ „Mhh…“ Teruki kontrollierte mit einem kurzen Seitenblick, dass die Tür zum Fernsehraum zumindest angelehnt war, bevor er sagte: „Was ist mit dir und Bou eigentlich los? Ihr redet kaum noch miteinander, ihr tut ja gerade so, als ob der andere nicht existieren würde. Bou benimmt sich aber ansonsten noch ziemlich normal, du nicht. Habt ihr euch gestritten?“ Miku verfluchte innerlich Terukis Scharfsinn, der sich immer gerade dann zeigte, wenn man es am wenigsten brauchte. „Nein, nicht direkt“, antwortete er etwas zögernd. „Und was ist es dann?“ Miku schwieg. Er hatte keine Lust, Teruki beizubringen, dass Bou ihm eine Liebeserklärung gemacht hatte und er selbst nicht die leiseste Ahnung hatte, was das für Gefühle waren, die seitdem in ihm für ein heilloses Durcheinander sorgten! „Miku.“ Miku sah Terukis besorgtes und ernstes Gesicht. „Hai?“ „Wenn du nicht bald wieder lächelst und hier Leben in die Bude bringst, dann erzähle ich dir solange Witze, bis du es tust!“ „Nein! Alles nur das nicht!, “ rief Miku erschrocken. Das konnte Teruki doch nicht ernst meinen?! Der Drummer erzählte nämlich, aus welchem Grund auch immer, nur die witzlosesten Witze, die man sich vorstellen konnte. Teruki schmunzelte. Offenbar war seine Taktik erfolgreich. „O, doch“, sagte er drohend. „Kam eine Schildkröte…“ Miku schlug sich beide Hände auf die Ohren, um dem Witz, der vielleicht einmal ein Witz werden sollte, zu entgehen. Doch Teruki sprang hoch, stürzte sich auf den Sänger und kitzelte diesen, um ihn dazu zu zwingen, die Hände runter zu nehmen. Vor Schreck und weil er unaufhörlich lachen musste, plumpste er rücklings vom Verstärker und Teruki kniete sich über ihn, gnadenlos weiterkitzelnd. Miku hatte es aufgegeben, seine Ohren vor dem schlechten Witz zu schützen, den Teruki pausenlos aufsagte, und versuchte nun, sich gegen diesen zu Wehr zu setzen. „He, Teruki! Bring ihn nicht gleich um“, ertönte hinter ihnen Kanons Stimmer, den das Gelächter neugierig gemacht hatte. Doch Teruki dachte erst gar nicht daran aufzuhören. „Aber Kanon“, sagte dieser breit grinsend. „Wenn ich jetzt aufhöre, wird Miku aufhören zu lachen und wieder nur depri dreinschauen.“ „Ach so. Gut, mach weiter.“ „Waaaaas?“, schrie Miku lachend auf. Jetzt war auch noch Kanon gegen ihm Eine Gemeinheit! Er hatte gehofft, dass wenigstens dieser zu ihm halten, ihm helfen würde, doch Fehlanzeige. Denn so langsam ging ihm die Puste aus und sein Bauch war schon ganz verkrampft vom vielen Lachen. „Teruki! Bitte!“, rief er lachend, doch dieser machte immer weiter. „Kanon!“ Kanon rührte sich nicht, belustigt zusehend. Plötzlich stieg in Miku Panik auf, als er auf einmal gar keine Luft mehr bekam. Er hörte auf zu lachen und sein Körper verkrampfte sich. Teruki ließ erschrocken von ihm ab. „Miku. Alles ok bei dir?“ Doch Miku antwortete nicht, stattdessen rang er nach Luft. Etwas Blondes kniete sich neben ihm nieder, den Kopf auf die Seite gelegt. //So sieht er fast aus wie ein bettelnder Hund//, fand Miku und richtete sich, immer noch schwer atmend, auf. Er legte eine Hand aufs Herz, um es wenigstens etwas zu beruhigen. „Wow, Teruki“, sagte Bou ganz erstaunt. „Du hättest ihn beinahe zum zweiten Mal ins Jenseits gefördert.“ „Wieso? Was meinst du damit?“, fragte der Braunhaarige verwirrt. „Genau“, stimmte Kanon ihm zu. „Klär uns mal auf.“ Bou sah abwechselnd zu den beiden. „Na, ich meine das, was vor `ner Woche passiert ist“, kassierte dafür jedoch nur noch ratlosere Blicke. Bou wandte sich hilfesuchend an Miku. „Sag bloß, du hast es ihnen nicht erzählt? Miku murmelte nur etwas von wegen „keine Gelegenheit“, doch in Wahrheit hatte er es ihnen verschweigen wollen, um den entsetzten Gesichtern Terukis und Kanons zu entgehen. Aber, nachdem Bou ihnen die Geschichte von seiner Rettungsaktion am Fluss erzählt hatte, geschah genau das, was Miku zu verhindern versucht hatte. Anstatt jedoch die Hintergründe dieses Vorfalls zu hinterfragen, fragte Teruki, immer noch ziemlich geschockt von der Neuigkeit, dass ein guter Freund non ihm beinahe ertrunken wäre: „Und warum zum Teufel hast du uns das nicht erzählt?“ „Das is’ doch `ne prima Story! Das war bestimmt Aufregung pur“, rief Kanon dazwischen, kassierte einen vernichtenden Seitenblick Terukis. „Die Story ist aber noch nicht zu Ende, Kanon“, meinte Bou und setzte genau das Grinsen auf, das den anderen dreien signalisierte, dass nun ein Geheimnis gelüftet werden würde. „Danach habe ich Miku eine Lie - “ „Er weiß nicht, was er da redet“, sagte Miku trocken und schlug dem Blondschopf zur Strafe auf den Hinterkopf. Teruki und Kanon sahen sich fragend an und wenn Blicke töten könnten, wäre es um Bou jetzt geschehen und Miku der Täter. Miku hätte es eigentlich wissen müssen. Bou erzählte schließlich alles weiter, was ihm gerade in den Sinn kam. Ja, ja, so kennt man ihn… „Lasst uns weitermachen, sonst müssen wir bis morgen früh hier bleiben“, kündigte Teruki drohend an und alle hasteten zu ihren Instrumenten. Miku ließ sich seufzend mit dem pinken Mikro wieder auf dem Verstärker nieder. Er musste dringend mit Bou reden, so konnte es nun wirklich nicht weitergehen. „Ach, äh…Miku. Das, was ich dir vorhin angedroht habe, gilt übrigens immer noch!“ „Schon gut, hab’ verstanden“, sagte Miku und setzte ein Lächeln auf, was den Drummer zumindest etwas zufriedener stimmen sollte. **Flashbach III Ende** Miku öffnete die Tür zu den Toiletten. Er wollte gerade eintreten, doch er stockte. An einem der Waschbecken stand Kanon, der sich um seine offenbar immer noch blutende Nase kümmerte. Durch den Spiegel hatte er genau die Tür im Blick, ohne seinen Kopf auch nur ansatzweise bewegen zu müssen. „Komm doch rein“, nuschelte er leise, fingerte weiter mit einem Taschentuch in seinem Gesicht herum. Miku trat ein und schloss die Tür hinter sich. //Er ist ziemlich blass//, fiel es Miku auf und ging zu ihm, blieb aber einige Schritte hinter dem Schwarzhaarigen stehen. Nervös legte r seine Hände auf das Waschbecken und sah Kanon dabei zu, wie er sich ziemlich unbeholfen das Blut aus wegzuwischen versuchte. Miku fühlte sich schuldig, denn er glaubte zu wissen, wer der Auslöser für den Streit gewesen war. „Wie…geht es deiner Nase?“, fragte er leicht besorgt. „Siehste doch.“ Miku schwieg. Kanons Hände zitterten und er ließ das schon mit Blut getränkte Tuch zu Boden fallen. „Shit!“ Auch seine Stimme zitterte. Er wollte sich bücken, es aufheben. Doch Miku war schneller. Er warf das dreckige Tuch weg, nahm sich ein Neues aus dem Spender an der Wand. „Ich helfe dir.“ Er hielt dessen Kopf fest, während er das Blut wegwischte. Kanon schaute beschämt zur Seite. „Lass das“, murmelte er leise. Doch Miku hatte sich bereits ein neues Tuch geholt und fuchtelte wieder in seinem Gesicht herum. „Miku.“ Miku beachtete ihn nicht. Ärgerlich schlug Kanon dessen Hand weg. „Lass das, habe ich gesagt!“ Miku starrte ihn erschrocken an. „Ich wollte dir nur helfen“, entschuldigte er sich kleinlaut. „Habe ich dich drum gebeten?“, fauchte Kanon und machte selbst weiter. Miku seufzte innerlich. //Wenigstens hat es aufgehört zu bluten.// Er sah zu, wie Kanon die roten Flecken immer mehr erfolgreich wegwischte. Der Vocal musste schlucken, als ihm auffiel, dass auch Kanons Shirt etwas abbekommen hatte. Kanons Lieblings-Shirt. „Kann ich dir vielleicht irgendwie weiterhelfen?“, fragte der Bassist missmutig, wobei er das `irgendwie’ betonte. „Naja…“ Miku zögerte. //Ich muss ihn sowieso fragen, da führt kein Weg dran vorbei.// „Es ist wegen dem Fanservice.“ „Und?“ Kanon öffnete den Wasserhahn und spritzte sich Wasser ins Gesicht. „Also…von mir aus können wir es machen. Das heißt, wenn du willst.“ Der Schwarzhaarige erstarrte, nur das Plätschern des Wassers war zu hören. Miku wartete mit klopfendem Herzen auf irgendeine Reaktion. Die auch nicht lange auf sich warten ließ. Der Schwarzhaarige stützte sich mit beiden Händen auf das Becken, den Blick auf den Boden gerichtet. Sein Gesicht konnte Miku nicht sehen, da Kanons Haare ihm die Sicht verwehrten. Nur seine Stimme verriet seine momentane Gefühlslage, als er zitternd, leicht bedrohlich, sagte: „Willst du mich verarschen?“ „Nein“, sagte Miku verwirrt. Kanon fuhr herum und sah Miku verletzt an. „So? Und warum bist du mit diesen…absurden Vorschlag einverstanden?“ Miku kam erst gar nicht dazu, irgendetwas zu sagen, denn Kanon sprach wütend weiter. „Weißt du, wie ich mich fühle?! Du benutzt mich doch nur! Ich weiß zwar nicht, was Bou dir eben gesagt hat, aber ich denke mal, dass er nicht ohne Hintergedanken so etwas vorschlägt.“ „Kanon! Gomen!“, rief Miku entsetzt, als dieser entschlossenen Schrittes auf ihn zueilte, ihn an den Schultern packte und an die gegenüberliegende Wand bugsierte. Miku versuchte sich zu befreien, doch es gelang ihm nicht. Kanons Griff war zu stark. Er war ihm sehr nahe und plötzlich sah Miku wieder die Szene in Paris vor sich. Wie er ihn an die Wand gedrückt, geküsst hatte. „Kanon!“, rief er panisch. „Lass mich los!“ Doch dieser dachte erst gar nicht daran. Mit seinem Kopf kam er immer näher. Miku schloss die Augen; den Kopf wegdrehen konnte er nicht, Kanon hatte ihn fest, aber dennoch sanft, in seiner Hand. Miku machte sich innerlich auf den Kuss gefasst, der jeden Moment kommen musste. Er wartete. Und wartete. Bis er einen warmen Atemhauch auf seiner Wange verspürte. „Ich weiß genau, dass du gestern dabei etwas empfunden hast“, hauchte sein Gegenüber. „Das stimmt nicht, ich - “ Kanon ließ ihn verstummen, indem er ihm den Zeigefinger auf die Lippen legte. Miku sah ihn mit großen Augen an. „Rate doch mal“, sagte der Schwarzhaarige. „Rate doch mal, warum Bou sich immer auf meine Sticheleien eingelassen hat. Er hatte Angst, dich zu verlieren. Er hat mich als einen sehr starken Gegner angesehen – oder das tut er immer noch, denke ich. Und weißt du auch, warum? Weil er fühlt, dass etwas in dir ist, was eure immer ach so glückliche Beziehung hätte zerstören können.“ Er schmunzelte. „Auch, wenn es nur eine kleine, klitzekleine Flamme ist.“ „Kanon, was meinst du?“ „Genau das, was ich gesagt habe. Und was ich dir noch beichten wollte“, murmelte Kanon, legte den Kopf leicht schräg und fixierte – wie es dem Vocal jedenfalls vorkam – dessen Lippen. Miku schloss erneut die Augen. Er spürte immer noch Kanons Nähe und sein Herz raste. Miku zuckte vor Schreck zusammen, als er eine kalte Hand in seinem Nacken spürte, die ihn mehr nach vorne drückte. Doch anstatt eines richtigen Kusses verpasste Kanon ihm einen auf die Stirn. „Seit ich dich geküsst habe, habe ich das Verlangen, es wieder zu tun“, hauchte er. „Es verletzt mich, wenn du mir das Gefühl gibst, nur benutzt zu werden. Aber um dich endlich wieder küssen zu dürfen, mache ich halt mit dir den Fanservice.“ *+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+ uuuuuund noch ein flashback! xDDD könnt euch schon auf den nächsten freuen *ggg* wie wird bou darauf reagieren und...werden sie es tatsächlich machen??? kommis pls^.^ *lieb guck* Kapitel 11: Gitarrenspielerei ----------------------------- Kapitel 11. Gitarrenspielerei **Flashback IV Anfang** Erschöpft wankte Miku, der sich gerade noch so auf den Beinen halten konnte, durch die nächtlichen Straßen Tokios, unterwegs zu seinem Apartment. //Wie gut, dass mich Kanon davon abgehalten hat, noch mehr zu trinken.// Er war nach der nun doch recht erfolgreichen Probe von Kanon in einen Club eingeladen worden und Teruki hatte sich zu ihnen gesellt, mit der Bemerkung „Wer soll denn auf euch aufpassen, wenn nicht ich?“ Doch am Ende hatte sich herausgestellt, dass der selbst ernannte Baby-sitter am meisten Intus hatte. Soviel dazu. Entfernt hörte Miku panische Schreie. Durch den Nebelschleier, der seinen Kopf völlig beherrschte, konnte er nicht recht zuordnen, ob sie einem Mann oder Frau, jung oder alt, gehörten. Er glaubte jedoch sie zu kennen. Nur woher? Vorsichtig näherte er sich der kleinen, völlig im Dunkeln liegende Seitenstraße, aus der der Lärm kam. Im schwachen Licht der Laterne, die auf der Straßenseite gegenüber stand, konnte Miku erkennen, dass sich in der Gasse drei gut gebaute Jungs auf etwas konzentrierten, das vor ihnen an der kahlen Wand einer Mauer kauerte und wimmerte. Miku konnte jedoch nur den Umriss dieser Gestalt erkennen. „Jetzt hab dich nicht so, Transe!“, rief ein Junge mit einer roten Baseball-Mütze. „Dir wird es gefallen, Süßer.“ Ein zweiter kniete sich neben das `Opfer’ und hielt dieses an dessen Händen fest. „Argh! Jetzt helft mir doch mal!“, schrie der Zweite schmerzerfüllt. Anscheinend hatte sich das Opfer versucht zu wehren, doch spätestens jetzt hatte es keine Chance mehr, den lüsternen Jungs zu entkommen. Zwei hielten die zu bemitleidende Gestalt erbarmungslos an Händen und Beinen fest, ein dritter hielt dessen Mund geschlossen. Der vierte, der Junge mit der Cappy, beugte sich über das keuchend am Boden liegende Wesen. Miku sprintete auf die Meute zu. Warum er das tat, wusste er nicht, vielleicht lag es an dem vielen Alkohol. //Moment mal!// Miku blieb stehen. //Vier gegen einen…da habe ich keine Chance!// Er wollte kehrt machen, die Polizei rufen, doch zu spät. Die vier Jungs hatten ihn bereits bemerkt. „Packt ihn!“ Zwei rannten auf ihn zu, die anderen hielten das kleine, zierliche Etwas am Boden fest. Miku seufzte schwer. Was zum Teufel war in letzter Zeit nur los? Lastete ein lästiger Fluch auf ihm, oder was? Er schien regelrecht Ärger- und vor allem gefährlichen Ärger – regelrecht anzuziehen! Naja, was nutzte es jetzt noch, große, philosophische Fragen zu stellen? Erst einmal musste er sich selbst und dem Etwas retten Die “Schlacht“ dauerte nicht lange. Miku, der nur so vor Energie strotzte, musste zwar viele harte Schläge einstecken,- die meisten davon auf seine Rippen -, doch er verpasste seinen Gegnern mindestens die doppelte Menge. „Lasst uns abhauen!“, rief der Junge mit der roten Mütze und die vier Jungs hasteten, zwei davon humpelnd und blutend, davon. Miku ging, die Hände auf seinen schmerzenden Rippen ruhend, auf das zusammengekrümmte Etwas zu und quiekte erschrocken auf, als er, unter vielen hellblonden, langen Haaren seinen Bandkollegen und Freund erkannte. „Bou!“ Er kniete sich neben Bou hin und musterte diesen. Bou lag ausgestreckt auf dem Asphalt, rücklings, die Augen halb geöffnet, kaum atmend. Miku legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter, doch Bou schlug diese weg. „Lass mich“, murmelte er leise. „Aber, Bou! Du kannst doch nicht - “ Er brach ab. Es hätte sowieso keinen Sinn, Bou musste einen Schock haben. Er war zwar schon des Öfteren verbal belästigt und beschimpft worden, doch noch nie hatte jemand versucht, ihm körperliche Gewalt anzutun. Er seufzte schwer. „Komm, ich bringe dich zu mir nach Hause.“ Die kraftlosen Versuche Bous sich gegen Mikus Arme zu wehren, die ihm aufhalten, schlugen fehl. Beim Gehen stützte Miku den Kleinen, den unerträglichen Schmerz in seinen Rippen nicht beachtend. **Flashback IV Ende** Zusammen mit Kanon betrat Miku den Backstage-Room. Teruki und Bou hockten, mit dem Rücken zur Tür, seltsamerweise auf dem hellen Holzboden anstatt es sich auf dem weichen Sofa gemütlich zu machen. „Hey, Leute“, machte Kanon sich bemerkbar. „Warum sitzt ihr da unten? Ist der Boden so bequem?“ Teruki drehte sich zu ihnen um. „Ha ha, sehr witzig“, sagte er mit Sarkasmus. „Nein, wir haben ein klitzekleines Problemchen.“ „Und welches?“ Der Drummer deutete auf etwas, das vor ihm und Bou lag. Dieses Etwas war ein schneeweißer Gitarrenkoffer. Miku schluckte und fragte, obwohl er die Antwort schon längst kannte: „Und was ist da drin?“ „Baka. Eine Gitarre natürlich.“ Teruki öffnete den Koffer und die E-Gitarre, die sich Miku in Paris ausgesucht hatte, kam zum Vorschein. Das Licht, das von der Lampe über ihnen kam, spiegelte sich in der glatten Oberfläche wider. Miku fand, dass sie so viel mehr zur Geltung kam als in dem Laden. „Die hier war an Bou adressiert gewesen. Einer vom Staff hat sie, kurz bevor ihr reingekommen sein, hergebracht“, berichtete Teruki. Miku ließ sich neben dem Ältesten in die Hocke sinken, betrachtete zunächst das Instrument, dann Bou. Dieser hatte die ganze Zeit schweigend auf sein Geschenk gestarrt. Miku konnte nicht genau sagen, was in seinem Blick lag, ob es Freude oder Desinteresse war. Dann wandte er sich wieder Teruki zu. „Und wo liegt das Problem?“ „Das Problem“, sagte dieser leicht entnervt, „liegt doch wohl auf der Hand – beziehungsweise vor uns! Diese Gitarre ist superteuer und kein Normalsterblicher kann sie bezahlen!“ //Ich schon…aber jetzt bin ich tatsächlich pleite…//, dachte Miku halb vergnügt. „Aber einen Anhaltspunkt haben wir“, fuhr Teruki fort. „Und der wäre?“, fragte Kanon neugierig, der an der Tür stehen geblieben war, aus Angst, Bou könnte noch einmal handgreiflich werden. Teruki griff nach dem Lieferzettel, hielt ihn dem Schwarzhaarigen hin. „Die Gitarre wurde in Paris gekauft und auch von dort hierhin verschickt.“ Miku schmunzelte in sich hinein. Er war der festen Überzeugung, dass Teruki einen ziemlich guten Detektiv abgeben würde. Er warf heimlich einen Blick zum Bassisten, feststellend, dass dieser offenbar genau so amüsiert schien. „Vielleicht von `nem reichen Fan, “ sagte dieser. „Meinst du?“ Teruki zog eine Augenbraue hoch. „Dann hätte er doch garantiert seinen Namen dabeigeschrieben. Ich meine, was hätte er denn davon, Bou so ein tolles Geschenk zu machen, ohne sicher zu gehen, dass er auch Dank bekommt. Nein, ich glaube, dass es ein Freund von Bou gewesen sein muss. Ein ziemlich guter Freund, wenn ihr mich fragt.“ „Na toll. Das bringt uns auch nicht weiter.“ Kanon grinste. „Bou hat doch massenhaft Freunde.“ Miku spürte einige Male Terukis dunkle Augenpaare auf sich ruhen, erwiderte den Blick jedoch nicht. Er schaute wie gebannt auf die E-Gitarre. „Ist doch egal“, meinte er. „Ich an deiner Stelle würde mich freuen, Bou.“ Bou hob seinen Kopf und sah Miku an. Ihre Blicke trafen sich kurz. „Spiel doch mal etwas.“ Nur zu gern ging Bou auf diesen Vorschlag ein. Mit äußerster Vorsicht löste er das große Instrument aus der weichen Ummantelung, wiegte es in seinen Händen. Dann legte er die Gitarre auf seinen Schoß. Mit seiner linken Hand umfasste er den langen, schmalen Hals, die Rechte strich behutsam über die Saiten. Er stimmte die Melodie von Maple Gunman an. Zunächst spielte Bou noch etwas unsicher, doch dann glitten seine Finger wie von allein über die Saiten. Miku, der froh darüber war, dass sein Geschenk dem Blonden ein Strahlen ins Gesicht zauberte, stimmte mit ein. Bou spielte noch ein paar Takte, dann verstummte das Gitarrenspiel. Miku lächelte. „Wie findest du sie?“ „Klasse!“, rief Bou quietsch vergnügt und strahlte über beide Ohren. „Hey, Bou. Darf ich auch mal?“, fragte Kanon. Doch Bou drückte die E-Gitarre fest an sich und sah den Schwarzhaarigen böse an. Sofort bekamen es Miku, Kanon und Teruki mit der Angst zu tun. Würde Bou wieder wild und unberechenbar werden? Doch diese Angst verflog, als Bou wieder ein Grinsen aufsetzte. „Meine!“ Sie lachten. Miku fiel auf, dass sie lange nicht mehr so vergnügt miteinander gelacht hatten. Teruki sprang auf. „Kommt! Wir probieren sie jetzt mal auf der Bühne aus. Der Soundcheck ist eh längst fällig.“ Mit der Gitarre rannten sie den Flur entlang, betraten den Bühneneingang. Teruki, Kanon und Miku verschwanden jeweils hinter Schlagzeug, Bass und Mikrofon. Bou brauchte etwas länger, da er zunächst seine alte Gitarre vom Verstärker abstöbseln musste, um die Neue dran machen zu können. „Fertig?“ Bou nickte Miku zu und positionierte sich. Teruki schlug dreimal mit den Hölzern aufeinander und die ersten Takte von Nyappy In The World II erfüllten den Raum. Bou ging in seinem Gitarrenspiel völlig auf, was man auch sehen konnte. Er wiegte im Takt der Musik den Kopf hin und her, seine Hände flogen nur so über die Saiten. Während er sang, beobachtete Miku den kleinen Gitarristen aus den Augenwinkeln heraus und freute sich einfach nur für ihn. //Es war eine gute Idee gewesen, sie ihm zu schenken.// Vergnügt tanzte er, alle Sorgen fielen mal wieder von ihm ab. Doch zu schnell war der Song zu Ende, und Miku, Teruki konnten Bou nicht davon abhalten, ein paar gekonnte Riffs hinterher zu schmeißen. „bou, es reicht. Du warst prima“, lachte Miku. Bou zog sein Schmollgesicht auf und die E-Gitarre in seinen Händen verstummte. „Echt?“ Der Blondschopf schaute mit glänzenden Augen zum Vocal. Miku nickte, ging zu ihm und drückte ihn an sich, dabei passte er auf, dass die Gitarre nichts abbekam. „Wenn du in ein paar Stunden so spielst, werden die Fans dich bestimmt nie vergessen können.“ Teruki und Bou warfen sich heimlich Blicke zu. Miku merkte nur, wie die Laune des Blondschopfes schlagartig in den Keller rutschte. Erschrocken löste er sich und sah ihn besorgt ab. „Habe ich irgendetwas falsch gemacht?“ Bou schüttelte mit dem Kopf. „Nein.“ Nachdem er seine neue E-Gitarre in den Ständer gestellt hatte, verließ er ohne ein Wort von sich zu geben die Halle. Die anderen drei sahen ihm irritiert hinterher. „Kann mir einer mal verraten, was er jetzt schon wieder hat?“ Keiner konnte Kanons Frage beantworten. Teruki klopfte nervös mit den Fingern auf die Drumms. Der Schwarzhaarige stellte seinen Bass ab. „Habe ich ihn irgendwie verärgert?“ „Nein.“ Miku schüttelte entschieden mit dem Kopf. „Wenn, dann war ich es.“ Der Drummer erhob sich und gesellte sich zu seinen zwei Bandkollegen. „Leute, was ist jetzt eigentlich mit dem Fanservice?“ Miku sah ihn überrascht an. „Wie kommst du denn jetzt darauf?“, fragte er verwundert. Teruki zuckte mit den Schultern. „Nur so.“ Doch insgeheim hatte er das Thema gewechselt, um Bou vor den zwei Idioten zu schützen. Gespannt musterte er Miku und Kanon. „Und? Macht ihr es nun?“ Zögernd nickten die zwei. Das erstaunte Teruki. Aber er war erleichtert, dass der Fanservice nun doch zustande kam. Den Fans zuliebe. Er hatte jedoch Angst, dass Bou Kanon wieder schlagen würde, wenn er die Beherrschung im Angesicht des Kusses verlieren würde – oder ob er sich wieder etwas antun würde. „Und ihr seid euch wirklich sicher?“, fragte er vorsichtshalber noch einmal nach. Miku und Kanon sahen sich an. Auf einmal überkamen dem Blonden Zweifel. Zweifel an dieser Entscheidung. Sein Herz klopfte. Was, wenn Kanon nicht mehr von ihm ablassen könnte? Und vor allem, wie würde Bou darauf reagieren? Es war zwar der Vorschlag des Gitarristen gewesen, aber wozu? Nur, um ihn, Miku, zur Strafe in so eine heikle und peinliche Situation zu bringen? Nein, Miku wollte es nicht mehr. Bevor er jedoch dazu kam, seine Meinung zu äußern, sagte Kanon schon strahlend: „Klar, warum nicht?“, und Miku traute sich nicht mehr. Er seufzte. Sollte wenigstens einer seinen Spaß dabei haben. Er würde ihn jedenfalls nicht haben. **Flashback V Anfang** Immer noch hielt Miku Bou fest im Arm, da er dessen Beinen noch immer nicht traute, obwohl er mehrmals versichert bekommen hatte, dass er jetzt allein gehen könnte. Miku schloss die Wohnungstür auf und bemerkte, dass die mädchenhaft wirkenden Hände des anderen noch immer zitterten. Der Vocal vermutete, das der Kleine einen Schock haben musste, obwohl er ihn wenigstens vor körperlicher Gewalt hatte bewahren können, aber die Beleidigungen der Kerle in der dunklen Seitenstraße mussten Bou tief in der Seele getroffen haben. Mit sanfter Gewalt trug Miku Bou bis ins Schlafzimmer und legte ihn dort auf dem Bett ab. Dann zog er sich und Bou die Schuhe aus und setzte sich neben ihn. Bou bewegte sich nicht, er lag ganz still, die Ausrufe der Jungs hallten noch immer in seinem Kopf nach. Und dann Miku, der auf einmal da gewesen war, das merkwürdige Gefühl, als der Größere den Arm um ihn gelegt hatte, um ihn zu stützen… Bou merkte, dass er seine Tränen nicht länger zurückhalten konnte und so ließ er ihnen freien Lauf, und noch immer auf dem Bauch liegend stürzte er in eine schwarze Tiefe. Miku saß ganz still da und beobachtete den regungslosen Bou, bis dessen Schultern unter Schluchzen anfingen zu beben. Er rückte ein Stückchen näher an den Blondschopf, den Schmerz in seinen Rippen unterdrückend, und begann ganz vorsichtig, den so verletzlich aussehenden Rücken und die schmalen Schultern beruhigend zu streicheln. Bou fühlte die Berührung, die warme Hand auf seinem Rücken. Langsam entspannte er sich unter der gleichmäßigen Bewegung von Mikus Hand und die Tränen wurden langsam immer weniger. Miku wusste nicht, wie lange er dagesessen hatte, aber irgendwann hatte das leise Schluchzen aufgehört. Mikus Schultern waren verkrampft von der nach vorn gebeugten Haltung und seinen Rippen ging es nicht anders, und so streckte er sich neben Bou aus, die eine Hand noch immer auf dem Rücken seines Freundes. Bou spürte die Bewegung neben sich, er hob ein wenig den Kopf und sein Herz begann laut zu klopfen, als er Mikus Gesicht nur weniges Zentimeter entfernt von seinem Eigenen wahrnahm. Vorsichtig wandte er auch den Rest seines Körpers Miku zu und lag so auf der Seite, ganz nah bei dem Größeren, ohne ihn dabei jedoch zu berühren. Bou lehnte seinen Kopf leicht gegen Mikus Schulter und spürte, wie dieser unbeholfen seine Arme um ihn legte. Als der Blondschopf sich so an ihm schmiegte, wurde Miku von einer Welle unbekannter Gefühle überrollt und ohne, dass er etwas dagegen tun konnte, wurde ihm heiß. Sein Herz klopfte laut und er spürte ein Zeigen in der Lendengegend, was ihm das Blut in die Wangen schießen ließ. Bou war Mikus Reaktion auf die Nähe nicht verborgen geblieben und ein winziges Lächeln huschte über seine schmalen Lippen. Den Kopf immer noch auf der Schulter des Vocals ruhend, begann er langsam mit den Händen Mikus Schultern zu massieren, seinen Rücken zu streicheln und die etwas längeren Haare im Nacken durch seine Finger gleiten zu lassen. Miku versteifte sich für einen Moment, als er die ungewohnten Berührungen spürte, doch dann, ohne es wirklich bewusst zu wollen, schmiegte er sich enger an Bou und begann, die Gefühle, die das auslösten, sogar zu genießen. Schließlich erwiderten seine Hände instinktiv die Liebkosungen des Blondschopfes. Es hatte Bou etwas erstaunt, dass Miku die Zärtlichkeiten so schnell erwiderte, und noch mehr wunderte ihn eine erschreckend heftige Reaktion eines bestimmten Körperteiles, als Mikus Hände zaghaft unter sein Shirt glitten und sanft über seinen Rücken glitten. Bou hatte gerade noch ein leises Stöhnen unterdrücken können, als Miku aus Versehen seine Fingernägel statt der Fingerspitzer darüber gleiten ließ. Er musste sich sehr beherrschen, um nicht etwas zu tun, was den zwar größeren aber trotzdem unerfahrenen Miku, der sich über seine Gefühle immer noch nicht im Klaren war, nicht zu verschrecken. Miku spürte wieder dieses Ziehen in dem bestimmten Körperteil, als Bous Hände mit geschickten Bewegungen unter sein Shirt glitten. Dem Blondschopf war diese Reaktion natürlich nicht verborgen geblieben und so streifte er ihm mit einer schnellen Bewegung das störende Shirt über den Kopf und musterte dessen nackten Oberkörper. Mikus Gesicht überzog erneut Röte. Bou legte sich nun halb über ihn und stützte sich mit einer Hand ab, während die andere mit erstaunlicher Kraft sein Gesicht am Kinn fixierte, während sein Kopf sich langsam weiter nach vorn beugte, bis die schmalen Lippen Bous die Mikus berührten. Durch Mikus Körper ging erneut eine Hitzewelle und er öffnete instinktiv die Lippen, um Bous Zunge einzulassen, die sich begierig dagegen gedrückt hatte. Gleichzeitig schoben seine Hände mit einer fahrigen Bewegung Bou das Shirt über den Kopf, was den Kuss für eine halbe Sekunde unterbrechen ließ, in der er dem Blondschopf tief in die Augen sah und die schwer gezähmte Lust darin wahrnahm... **Flashback V Ende** ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ gomen aba das nächste kapitel kann ich erst in 3 wochen hochladen weil ich in den urlaub fahre ich werde aba fleißig weiterschreiben^.^ Kapitel 12: On Concert ---------------------- Kapitel 12. On Concert „Was wollte eigentlich Sonoko von dir?“, fragte Miku Teruki – nicht, dass es ihn interessieren würde, sondern aus purer Langeweile. Die Member von AnCafe befanden sich im Backstage-Room und jeder ging seiner eigenen Beschäftigung nach. In etwa einer halben Stunde mussten sie auf die Bühne, gestylt und perfekt angezogen waren sie schon lange. Bous Verband würde bei den Fans unentdeckt bleiben, da er darüber eine Armstulpe trug. „Nur hören, ob ich noch lebe.“ Teruki lächelte. „Sie macht sich immer so schnell Sorgen.“ „Und? Vermisst du sie?“ Kanon sah von seiner PSP auf. Teruki war von Miku dazu gezwungen worden, Kanon und Bou von Sonoko zu erzählen, die es jedoch eher desinteressiert aufgenommen hatten. Der Älteste lächelte verlegen. „Wenn ich das nicht tun würde, würde ich sie wohl kaum lieben, oder?“ „Falsch“, ertönte es leise aus der hintersten Ecke des Raumes, wo Bou, die Beine an sich gezogen und die Arme darüber verschränkt hatte, hockte. „Man kann jemanden lieben, den man überhaupt nicht vermisst.“ Teruki sah Bou erstaunt an. „Ich aber nicht! Und außerdem ist das richtiger Schwachsinn, was du da erzählst.“ „’tschuldige, dass ich mal was gesagt habe“, brummte der Blondschopf schlecht gelaunt. „Ach, jetzt hab dich nicht so“, sagte Kanon. „Warum sitzt du eigentlich da hinten in der Ecke? Schämst du dich für uns?“ Tatsächlich hockte Bou dort, schweigsam, seitdem sie frisch gestylt wiedergekommen waren. Für diese Frage kassierte Kanon den mittlerweile 1.000sten tödlichen Blick. //Ich glaub’, ich mache mal ’ne Strichliste, wie oft er mich NICHT so anschaut//, dachte der Bassist enttäuscht. „Ist doch meine Sache, oder?“ Schnaubend wandte sich Kanon wieder seiner PSP zu. Das konnte ihn wenigstens nicht mit Blicke töten. „Bou, Kanon und Miku haben sich übrigens bereit erklärt, den Fanservice zu machen“, meinte der Drummer und betrachtete Bou, auch Mikus Blick ruhte gespannt auf diesem, dessen Reaktion abwartend. Doch sie wurden beide enttäuscht, denn Bous Gesicht blieb ausdruckslos – fast zu ausdruckslos, wie es Miku schien. „Schön für die zwei“, sagte er knapp, sah am Vocal vorbei. „Hör mal.“ Teruki schlug seine Beine übereinander. „Ich weiß, dass es deine Idee gewesen war, aber willst du das wirklich?“ „Wenn nicht, dann hätte ich es doch nicht vorgeschlagen!“, erklärte Bou entnervt. „Aber Bou, wenn du wieder ausrastest…“ „Wird ich schon nicht.“ „Und was ist, wenn du dir wieder - “ „Kuso! Teruki!“ Bou sprang wütend auf. „Ich würde viel eher ausrasten und mir wieder was antun, wenn die beiden nicht damit einverstanden gewesen wären! Und außerdem will ich, dass Kanon und Miku zusammenko- “ Schlagartig verstummte er, als ihm bewusst wurde, dass er und Teruki nicht allein im Raum waren. Zum einen hatte er dies nicht vor ihnen sagen wollen, weil es ihm peinlich war, dass er das Pairing Miku x Kanon so schnell akzeptiere – wenn er es auch nur äußerlich vorgab, denn in Wahrheit wünschte er, er könnte Kanon auf den Mond schießen. Zum anderen, weil er gemerkt hatte, dass er Miku an einem wunden Punkt getroffen haben musste. Miku, dem bewusst geworden war, was passiert wäre, hätte er doch Nein gesagt, hatte sein Gesicht in seinen Händen vergraben. Teruki, der ahnte, was nun in ihm vorgehen musste, drückte ihn aufmunternd an sich. „Miku, was ist los?“, fragte Bou zaghaft, doch der Drummer schüttelte den Kopf, als Zeichen, den Vocal erst einmal in Ruhe zu lassen, dem tausend Dinge gleichzeitig durch den Kopf schossen. //Wenn ich vorhin zu Teruki gesagt hätte, dass ich es doch nicht will, wäre Bous Bitte nie in Erfüllung gegangen und Bou hätte sich wieder…// Sein Herz schlug wild, er wusste nicht warum. Was war das nur für ein Chaos in ihm, wo er nicht wusste, woher es kam und wie er es beseitigen könnte! Lag es an Bou? Oder sogar tatsächlich an Kanon? Den er gleich wieder…Sofort verspürte Miku den Druck, den dessen Lippen auf den seinen in Paris ausgelöst hatten. Überrascht sah er auf, als er von der Person neben sich hochgezogen wurde. „Komm mal mit“, meinte Teruki nur leise und zog den komplett verdutzten Miku unter den irritierten Blicken der anderen zwei nach draußen. Ratlos blieb der Älteste stehen. Hier auf dem Flur konnte er nicht mit ihm reden, zu viele vom Staff waren unterwegs, um die letzten Vorbereitungen zu treffen, und auch AnCafe selbst musste in etwa einer Viertelstunde auf einer Bühne stehen. Das wusste auch Teruki. Doch er wollte nur mit einem Sänger zusammenarbeiten, der auch nyappy war – zumindest einigermaßen. Und so ging er, zu Mikus Verwunderung, zurück in den Backstage-Room und kurz darauf purzelten zwei verwirrte Jungs heraus und er selbst wurde hineingezogen. „Platz!“, befahl Teruki energisch und zeigte auf die kleine Couch. „Ich bin doch kein Hund“, beschwerte sich Miku murmelnd, setzte sich aber folgsam genau dorthin, wo er vor anderthalb Minuten auch schon gesessen hatte. Teruki hatte sich auf den niedrigen Tisch, ihm gegenüber, gesetzt, die Arme verschränkt und sah ihn mit einem bedrohlichen Blick an. //Man könnte meinen, er ist sauer auf mich//, ging es Miku durch den Kopf, dem Teruki allmählich unheimlich vorkam. Mikus Schrecken beschloss, die Sache schnell auf den Punkt zu bringen. „Du willst den Fanservice gar nicht machen“, sagte er ernst. Miku sah ihn nur an. Was sollte er denn schon großartiges dazu sagen? Er wusste ja noch nicht einmal selbst die Antwort. „Habe ich Recht?“ „Uhm…“ Teruki beugte sich zu ihm vor. „Miku. Du brauchst mir nichts vorzumachen.“ Es hatte keinen Sinn. Teruki würde das Verhör erst beenden, wenn er auch seine Antworten bekam, auf die er so begierig wartete. „Ich kann dir darauf nicht antworten, Teruki“, sagte Miku seufzend. „Einerseits mochte ich es nicht machen, weil ich denke, dass es falsch wäre. Wegen Bou meine ich. Andererseits möchte ich nicht riskieren, dass Bou sich schon wieder meinetwegen was antut und…“ Er errötete leicht. „Und was?“, hakte Teruki neugierig nach, schmunzelte. Der Jüngere winkte ab. „Vergiss es.“ „Nein, ich will es aber gerne wissen.“ „Baka.“ „Ich weiß.“ Miku zögerte kurz, dann sagte er leise: „Also, ich finde, dass der Kuss von Kanon in Paris…im Nachhinein…gar nicht mal…so schlecht war.“ Beschämt wich er Terukis belustigten Blick aus. „Echt?“ Miku nickte und Teruki lachte. „Was gibt’s denn da zu lachen?“, fuhr Miku diesen ärgerlich an. Er hatte gedacht, dass er mit Teruki vernünftig reden könnte, doch offenbar hatte er sich, wie schon so oft, geirrt. „Gomen, Miku.“ Teruki grinste. „Ich denke nur, dass Bou Recht hat.“ „Womit?“ „Dass du dabei bist, dich in Kanon zu verlieben“, erklärte der Drummer amüsiert. Miku schluckte. Jetzt waren alle – Bou, Kanon und Teruki – einer Meinung. Der Meinung, Mikus Herz hätte gelernt, für den Schwarzhaarigen zu schlagen. Nur er selbst wusste noch nicht, was er davon halten sollte. „Fragt mich denn keiner, ob ich Kanon lieben möchte?“, fragte Miku murrend. „Ich will das nicht!“ „Gib ihm doch wenigstens eine Chance“, schlug Teruki vor. „So weit ich weiß, war das auch so bei dir und Bou.“ „Das ist auch was ganz anderes!“ „Nein, ist es nicht.“ „Doch!“ „Nein!“ „Kuso!“ „Wenn du es so siehst.“ Kurzes Schweigen. „Und Bou soll ich dann links liegen lasser, oder was? Wie soll ich ihm denn dann noch unter die Augen treten können? Das ist ja jetzt schon schwer genug, ich bin schuld, dass er schlecht drauf ist!“ Teruki erhaschte einen kurzen Blick auf die Uhr. „Mit Kanon zusammen zu sein, heißt noch lange nicht, dass du Bou auch als einfachen Freund verlierst!“ Er lächelte aufmunternd und zog ihm am Arm auf die Beine. „Und jetzt mach einfach das Beste draus, hai?“ Miku blieb nichts anderes übrig als zustimmend zu nicken. „NYAPPY!!“ Die Fans kreischten und unter einem ohrenbetäubenden Lärm hüpfte ein quiek-lebendiger Miku auf die Bühne. Teruki, Bou und Kanon waren bereits am Spielen, um den Deutschen schon mal richtig einzuheizen, doch sofort stimmten sie Maple Gunman an. Miku lief noch einmal quer über die Bühne, pausenlos grinsend und klatschend. Dann nahm er sein Mikro und fing an zu singen. Nach den ersten zwei Songs begrüßte er die Fans auf Englisch, bevor es mit Tekesuta kousen weiterging. Dabei merkte Miku, dass Bou das Spielen genau so sehr genoss wie beim Soundcheck. Insgesamt waren die Member von AnCafe so sehr in ihrem Element, dass kein Fans noch nicht einmal ansatzweise auf die Idee kam, irgendetwas könnte nicht stimmen. Selbst ans sie kurz backstage waren, um sich für die zweite Halbzeit umzuziehen, während die Fans im Chor „AnCafe!“ riefen, herrschte Hochstimmung. Kein einziger gehässiger Kommentar fiel, Bou und Kanon redeten sogar ganz normal miteinander – so, als ob nichts geschehen, Kanon Miku nicht geküsst, Bou sich nicht daraufhin von Miku getrennt hätte. //Die Ruhe vor dem Sturm.// Mikus Magen verkrampfte sich kurz, als er sich das Tour-Shirt über den Kopf stülpte und hinter den anderen hinterher rannte, zurück auf die Bühne. //Wenigstens habe ich es gleich hinter mir.// Snow Scene wurde angestimmt. Miku tanzte, nahm das Mikro in die Hand, hüpfte beim Singen auf der Bühne auf und ab. Als die Stelle kam, wo er nicht singen brauchte, kam Kanon, lässig weiterspielend, auf ihn zu. Miku sah ihn an. Ihre Blicke trafen sich. Mikus Herz schlug immer schneller, als er sich zu Kanon vorbeugte und ihn küsste. Kanon erwiderte den Kuss stürmisch. Wie aus weiter Ferne hörte er das begeisterte Kreischen der Fans. Miku löste sich wieder, da sein Einsatz kurz bevorstand. Kanon kehrte auf seinen Platz zurück und Miku warf einen Blick nach links. Bou hatte sich sehr auf sein Gitarrenspiel konzentriert. Doch anscheinend viel zu sehr, denn er starrte verbissen auf sein Instrument. Aber das war Miku jetzt eigentlich egal. Neben dem Singen war er nämlich ziemlich darauf bedacht, die Röte, die ihm drohte ins Gesicht zu schießen, zurückzudrängen. Peinlichst mied er es nach rechts zu schauen, da er Kanons Blick ständig auf sich spürte. Sein Herz raste immer noch ungehalten, als Smile Ichiban Ii Onna angestimmt wurde, und aus einem unerklärlichen Grund wünschte er sich, der Kuss hätte ewig gedauert. ***Flashback VI*** //Ich hasse es, wenn es schon am frühen Morgen so unerträglich heiß ist!“// beschwerte sich Kanon innerlich beim lieben Gott, als er den Schlüssel für den Proberaum aus seiner kurzen Jeans kramte. //Und wenn wir heute schon wieder den ganzen Tag in diesem stickigen Raum sitzen müssen, nur um uns die Finger wund zu sielen, schreie ich! Wie soll man sich denn sonst verabredet können?// Kanon schmunzelte und rückte seine schwarze Sonnenbrille zurecht, als er an sein Vorhaben dachte, sich mit Miku zum Schwimmen zu verabreden. Ihn nur bei den Proben zu sehen, schmerzte ihn. Sie hatten sowieso lange nichts mehr zusammen unternommen und mit Miku schwimmen zu gehen genoss er besonders, denn da konnte er ganz unschuldige Blicke auf diesen werfen. Doch zeitgleich stimmte es Kanon traurig und wütend. // Wie lange werde ich es wohl noch aushalten können? Ich muss es ihm bald sagen, aber nicht jetzt und nicht – huch!// Kanon stockte, als ihm auffiel, dass die Tür nur angelehnt war. Schnell steckte er den Schlüssel weg und trat ein. Er hatte gehofft, der Erste zu sein, um heimlich zu üben, doch da hatte er sich getäuscht. Sein Blick wanderte von den noch aufgebauten Instrumenten sofort zu einer ihm sehr bekannten Gestalt, die in einer Ecke hockte, mit angezogenen Beinen und darüber verschränkten Armen, den Kopf auf den Knien abgelegt. Nachdem er das Fenster weit geöffnet hatte, wandte er sich dem Häufchen Elend zu. „Was machst du denn da? Die Probe beginnt doch erst in einer Stunde und normalerweise bist du der Letzte, der antanzt“, sagte Kanon, ging rüber zum Kühlschrank und holte eine Flasche Bier heraus, die er auch ohne zu Zögernd öffnete. Bou hob kurz den Kopf. „Hi, Kanon“, murmelte er. Kanon setzte sich neben ihn, streckte die Beine aus und nahm einen großen Schluck Bier, das wenigstens etwas Kühle brachte. Dann sah er de kleinen Blondschopf von der Seite her an, der so aussah, als ob er gleich in Tränen ausbrechen würde. „Hey, was ist los mit dir?“ Bou murmelte etwas Unverständliches. „Musst schon lauter reden“, beschwerte sich Kanon, legte einen Arm um Bous Schulter und drückte ihn an sich. Der Blonde seufzte und sah Kanon fragend an. „Kann ich einen Schluck?“ „Hä?“ „Von deinem Bier.“ „Ach so.“ Leicht lächelnd reichte Kanon ihm sein Bier, an welchem er genüsslich trank, bevor er es ihm, halb leer, wieder zurückreichte. Bou schloss die Augen und lehnte seinen Kopf an die Wand. Das Bier hatte ihm gut getan, jetzt kamen ihm die Ereignisse der vergangenen Nacht viel klarer vor. „Jetzt spuck’s schon aus“, forderte Kanon ungeduldig. „Irgendetwas beschäftigt dich doch.“ Bou holte tief Luft. „Ich bin gestern nur wieder belästigt worden.“ „Schon wieder wegen deines Aussehens?“ „Weswegen denn sonst, kuso!“, rief Bou ärgerlich, senkte jedoch wieder seine Stimme. Er legte seinen Kopf auf die Schulter den Bassisten. „Wenn Miku sie nicht aufgehalten hätte, hätten sie bestimmte ihre Freude an mir gehabt.“ Das schockierte Kanon. Er wusste, dass Bou des Öfteren belästigt wurde, doch von körperlicher Gewalt hatte er bisher noch nichts gehört. „Das wird schon“, sagte er und strich ihm beruhigend über den Arm. „So was steckst du doch locker weg, schließlich ist nichts passiert.“ „Nichts passiert?“, stieß Bou schrill hervor und lachte auf. Kanon sah diesen ungläubig an. „Du hast doch gesagt, dass nichts - “ „DA ist ja auch nichts passiert!“ Er erntete einen irritierten Blick Kanons. Zur Erklärung sagte er: „Weil ich so aufgelöst war, hat Miku mich zu sich nach Hause gebracht und…“ Bou stockte. „Und was?“, hakte Kanon unbehagen nach, dem die Röte, die Bou auf einmal ins Gesicht gestiegen war, nicht entgangen war. „Miku und ich…haben…“ „Jetzt komm schon! Sag’s endlich!“ „Wir haben miteinander geschlafen“, sagte Bou seufzend und hörte neben sich ein dumpfes Geräusch, das davon herrührte, dass Kanon die Bierflasche – zum Glück leer – vor Schreck fallen gelassen hatte. Der Schwarzhaarige sah den Blondschopf mit großen Augen an und spürte, wie in ihm eine Welt in tausend Scherben sprang. „Ist das…wahr?“ „Denkst du, ich habe mir das ausgedacht?“, murrte der Kleine. „Dazu bin ich momentan nämlich nicht fähig.“ „Gomen, Bou. So meinte ich das nicht, ich wollte nur - “ „Nur wissen, ob ich ihn auch liebe oder es nur Spaß war?“ „Eigentlich nicht, aber das würde ich auch gerne wissen.“ Bou sah Kanon mit verträumten Augen an. „Nein, es war kein Spaß“, hauchte er, als Kanon plötzlich aufsprang. Verzweifelt fuhr sich dieser durchs Haar. „Und…Miku?“, fragte Kanon unbehagen und musste gegen die Eifersucht ankämpfen, die sich langsam aber sicher einen Weg nach oben bahnte. Bou stiegen Tränen in die Augen. „Er sagt, er wüsste es nicht, aber ich glaube, – nein, ich weiß! – dass er mich auch liebt.“ „Ach, und was macht dich da so sicher?“ Kanon hatte kühler gesprochen, als er beabsichtigt hatte. Bou musste lächeln. „Du hättest ihn sehen sollen, als ich es ihm gesagt habe, den Kuss und auch nach dem, was gestern Nacht passiert ist…“ Der Blonde schüttelte seinen Kopf. „Ich WEIß einfach, dass er mich liebt.“ Eine leichte Brise ging durch den Raum. „Aber mit Miku konnte ich noch nicht über gestern reden. Als ich ging, war er noch am Schlafen“, sagte Bou. Kanon verschränkte die Arme und schaute aus dem Fenster, dabei drehte er dem Blonden den Rücken zu. Er ließ seine Gedanken treiben – zu Miku. Wie seltsam er sich in der letzten Woche benommen hatte. Und erst jetzt fiel ihm auf, dass er zwar Mikus bester Freund war, es aber zwischen Miku und Bou etwas gab, das stärker war als dieses. //Hauptsache, Miku ist glücklich.// „Wenn du“, Kanons Stimme zitterte vor Wut. „Wenn du Miku auch nur ein einziges Mal wehtust, dann gnade dir Gott!“ „Ich könnte ihm nie etwas antun!“, rief Bou entrüstet, und überrascht über Kanons plötzliche Wut. Kanon fuhr herum und hob drohend den Finger. „Ich versuche nun schon seit 5 Jahren Mikus Herz zu erobern und du gerade mal 7 Tage! Und so wie’s aussieht, bekommst DU ihn! Weißt du, wie unfair das ist?!“ „Kanon, du weinst ja!“, sagte Bou erschrocken. „Ich weine nicht!“ Doch schnell wischte er sich die Tränen fort. „Kuso!“ Wütend schlug er mit der Faust gegen die Wand und Bou zuckte verängstigt zusammen. „Wehe, du sagst es Miku oder Teruki“, drohte er noch, bevor er nach nebenan lief, die Tür hinter sich zuknallte und den Ton des Fernsehers auf die maximale Lautstärke stellte. ***Flashback VI Ende*** Kapitel 13: Helsinki -------------------- nyo~ dieses kapitel ist etwas länger als die anderen, ich hoffe ihr haltet das durch *lachflash* ich habe lange hin und her überlegt was nun als nächstes geschen könnte da ich so langsam aba sicher den überblick über meine eigene ff verliere xDD ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Kapitel 13. Helsinki //Wieso ich?//, dachte Miku ärgerlich, während heißes Wasser auf ihn einschlug. //Wieso nur immer ich?// Er stand nun schon seit einer dreiviertel Stunde unter der Dusche, mit dem Versuch, seine Gefühle in den Griff zu bekommen. Was aber gar nicht so einfach war. Er hatte nach dem Fanservice nur an Kanon denken müssen, es war ihm sogar schwer gefallen, ihn anzusehen. Auf der Bühne war es Miku noch einigermaßen leicht gefallen, so zu tun, als ob nichts wäre, aber vor seinen Bandkollegen war das ein echt hartes Stück Arbeit gewesen. Sein Herz schlug Sturm, wenn er mit Kanon redete, - bzw. reden musste. „He, Miku! Lebst du noch?“, ertönte auf einmal genau die Stimme, die er jetzt am wenigsten hören wollte. Miku stellte das Wasser ab und griff nach einem Handtuch. „Bin gleich soweit“, rief er und er konnte hören, wie sich Kanon wieder von der Badtür entfernte. Doch anstatt sich zu beeilen, ließ er sich Zeit und trocknete seinen Körper sogar dreimal ab, bevor er in seine Boxer-Short schlüpfte. Zu allem Übel, das ihn die letzten Tage heimgesucht hatte, kam noch erschwerend hinzu, dass er allein mit dem Schwarzhaarigen in einem Zimmer schlafen musste. Bou hatte nämlich ausdrücklich darauf bestanden, mit Teruki in eins zu kommen. Miku vermutete stark, dass dies wieder einer dieser dämlichen Verkuppelungsversuche war. Außerdem war sein kleiner, schwarzer, nicht zu ersetzender MP3-Player unauffindbar. //Mach einfach das Beste draus//, redete sich der zierliche Vocal ein, während er die Tür aufschloss. //Ein Gutes hat es doch. Du kannst ihn morgen früh davon abhalten, zu Bou zu laufen, um Wecker zu spielen.// „Wow, ein ’gleich` bedeutet bei dir also `ne Viertelstunde. Gut zu wissen.“ Kanon hockte lächelnd auf seinem Bett. „Na und? Immerhin lege ICH Wert auf mein Äußeres“, gab Miku zurück, spürte, wie sein Herz schneller schlug. Er wusste selbst nicht, warum er das jetzt gesagt hatte. //Kanon sieht einfach umwerfend aus, er – Halt!! So darf ich erst gar nicht anfangen!// Ohne, dass er weiter über Kanons Aussehen nachgrübeln konnte, wurde er von diesem aufs Bett gezogen, sodass Miku genau über ihm lag, die Hände hatte er gerade noch über dessen Schultern aufstützen können. Kanon grinste ihn an. „Nimm das sofort zurück.“ Miku sah in Kanons dunkle Augen. „Ich denke erst gar nicht dran.“ Kanon drehte den Vocal schnell, aber sanft, auf den Rücken und beugte sich über diesen. „Also findest du, dass ich ein hässliches Entlein bin.“ Miku runzelte die Stirn und versuchte sich den Bassisten als hässliches Entlein vorzustellen, das seelenruhig und brav auf einem See herumplantschte. Unwillkürlich musste er lächeln. „Natürlich nicht.“ //Und jetzt geh endlich runter von mir!// Kanon tippte ihm schmunzelnd auf die Nasespitze. „Dann findest du mich also…sagen wir mal…anziehend und gut aussehend?“ Miku errötete, was Kanon dazu veranlasste, den Kopf auf die Seite zu legen. „Wow, du wirst sogar rot. Dann muss es ja stimmen.“ Er grinste frech. „Das stammt nur von dem heißen Wasser“, murmelte Miku, obwohl er genau wusste, dass dem nicht so war. „Klar“, meinte der Schwarzhaarige sarkastisch. „Wenn 20 Minuten nach dem Duschen vergangen sind, ist die immer noch so heiß, dass du rot wirst.“ Kanon fuhr mit dem Finger von der Nase zu Mikus Lippen, wo er einen Moment verharrte, und ihn dann zurückzog. „Sach’ mal“, sagte er nachdenklich. „Du hast noch nichts über den Fanservice gesagt.“ Miku schluckte unbehagen. //War ja klar, dass das kommen musste.// „Was soll man schon groß darüber sagen“, nuschelte er leise. „Ob dir das gefallen hat, zum Beispiel.“ Kanon ließ sich neben Miku sinken, rutschte etwas tiefer und legte seinen Kopf auf Mikus Bauch. Mit einem Arm kuschelte er sich an ihn. Miku überlegte, was er jetzt tun sollte und da er zu keinem anderen Ergebnis mehr tendierte als zu diesem, legte er eine Hand auf die Schulter des Bassisten, was diesen leicht zusammenzucken ließ. Erschrocken zog Miku seine Hand wieder zurück. „Habe ich was falsch gemacht?“ „Nein.“ Kanon griff lächelnd nach Mikus Hand und legte diese wieder auf seine Schulter. Bevor er sie losließ, strich er noch einmal sanft darüber. „Ich habe mich nur gewundert, das ist alles.“ Miku lächelte verlegen. Kanons Nähe brachte das Blut in seinen Adern zum Rauschen. Zaghaft fing er an, Kanon über die Schulter zu streichen. Dieser schloss zufrieden grinsend die Augen. Auch Miku genoss es, das musste er selbst zugeben. Die Wärme, die von Kanons Körper ausging, und auch die gleichmäßigen, sanften Bewegungen dessen Brustkorbes beim Atmen, entspannten ihn. Eine Weile hatten sie da gelegen, miteinander gekuschelt. Miku wäre beinahe eingeschlafen, wenn Kanon ihn nicht auf einmal angesprochen hätte. „Du hast mir immer noch nicht geantwortet.“ Sie sahen sich an. Miku ließ seine Hand sinken „Kann ich offen reden?“ Kanon nickte verwundert. „Klar. „Also. Ich…“ Miku errötete und wich Kanons Blick aus. „Ich mag es, dich zu küssen. Ehrlich. Aber ich bin mir über meine Gefühle noch nicht im Klaren. Ich habe dich sehr gern, Shinya. Ich weiß auch nicht warum, aber seit Snow Scene konnte ich nicht aufhören an dich zu denken und…ach! Ich weiß auch nicht!“ „Aber ich weiß es.“ Kanon fuhr Miku sanft lächelnd durchs Haar. „Aha“, brummte dieser. „Dann klär’ mich doch mal bitte auf.“ „Gern!“ Der Schwarzhaarige lachte auf und beugte sich über seinen Freund und Bandkollegen. „Du bist dabei, dich in mich zu verlieben!“ Für diese Äußerung erntete er einen erschrockenen Blick Mikus. „Aber Kanon! Ich - “ Zum dritten Mal, innerhalb von zwei Tagen, spürte er die weichen Lippen des sonst so schroffen Kanons auf den seinen und ohne wirklich zu wissen, was er da tat, erwiderte er. Kanon bat mit seiner Zunge um Einlass, den Miku schüchtern gewährte. Sanft umspielte er dessen Zunge, forderte sie zum Spielen auf, was Mikus Herz immer schneller schlugen ließ. Mit seinen Fingern glitt er über Mikus Brustwarzen, um dort zu verharren und diese zu massieren. Eine Woge aus unerträglicher Hitze durchflutete Miku, und trotzdem riefen Kanons zärtliche Berührungen auf ihm eine Gänsehaut hervor. „Lass das“, murmelte Miku und löste sich, der das alles nicht mehr wollte. Doch Kanon fing an, ihn erneut zu küssen, dieses Mal jedoch ungestümer. „Kanon. Hör auf!“, wehrte sich Miku und drehte seinen Kopf weg, und, anstatt auf ihn zu hören, wanderte Kanon mit seinen Händen immer tiefer und ließ seine Lippen über Mikus Hals wandern, der jetzt ausgestreckt vor ihm lag. Miku, dem bewusst wurde, dass Kanon gar nicht mehr zu bremsen war, wusste sich nicht anders zu helfen, als diesen heftig von sich zu stoßen. Schnell setzte er sich auf, bevor Kanon auf die Idee kommen könnte, sich erneut auf ihn zu stürzen. „Hör bitte auf“, flehte Miku verängstigt. Er sah erneut die Szene im Waschraum der Konzerthalle vor sich, wo Kanon genau so ungestüm gewesen war. Kanon war Mikus Angst nicht entgangen und wandte schuldbewusst seinen Blick ab. „Tut mir Leid.“ „Schon okay.“ Etwas anderes, was er sagen konnte, wollte ihm nicht einfallen. Der Kuss hatte Miku gefallen, doch das war auch alles gewesen. Die sanften Berührungen hatten etwas in ihm hervorgerufen, von dem er schon wieder nicht wusste, was es war: auf alle Fälle fühlte er sich unbehagen. Kanon krabbelte unter die weiße Bettdecke und legte sich auf den Rücken. Den Kopf drehte er zu Miku. „Sollen wir jetzt endlich schlafen?“ Er lächelte leicht. „Gern“, sagte Miku, hüpfte rüber zu seinem Bett und schlüpfte unter die Decke. Nachdem Kanon das Licht ausgemacht hatte, rollte er sich zusammen und schloss die Augen. Erst jetzt wurde ihm bewusst, wie müde er war und sein letzter Gedanke bevor er einschlief, galt den letzten zwei Konzerten und dass er am nächsten Tag etwas tun musste, was er schon lange hätte machen sollen. Denn wenn alles zu seinen Gunsten laufen und Teruki Recht haben sollte, hätte er dann ein Problem weniger, um das er sich kümmern musste. „Puh, endlich keinen Stress mehr.“ Teruki ließ sich erleichtert auf einen Stuhl fallen. Er beugte sich vor und streckte seine Arme über den Tisch. Nach und nach trudelten auch seine Kollegen im Backstage-Room auf, mindestens genau so erschöpft. „Wenn ich noch einmal das Wort Autogramme höre, schreie ich“, murrte Kanon und wollte sich gerade auf die Sitzbank zwischen Wand und Tisch häuslich niederlassen, als einer vom Staff hereinkam und sich entschuldigend verbeugte. „Verzeiht bitte die Störung“, sagte dieser und wandte sich sofort Kanon zu. „Ein Fan hat sich gerade beschwert, dass du bei ihr vergessen hättest zu unterschreiben.“ Miku und Bou prusteten los. Kanon warf den zweien noch einen vernichtenden Blick zu, bevor er mit dem Mann verschwand, um seinen Fehler wieder gut zu machen. „Es trifft irgendwie immer Kanon, kann das sein?“ Der Blondschopf setzte sich grinsend neben Teruki und der Vocal ließ alle Ereignisse des heutigen Tages Revue passieren – und musste Bou Recht geben. Egal, ob zunächst im Flugzeug, wo Kanon fälschlicherweise einen Platz neben einer alten Dame zugewiesen bekommen hatte und daraufhin deren Geplapper in irgendeiner exotischen Sprache über drei Stunden lang ertragen musste. Oder die zwei Reporter, die ihn beim Interview regelrecht ignoriert, ihre Fragen nur an die anderen drei gestellt hatten. Soundcheck und Autogrammstunde waren dagegen noch ein Spaziergang gewesen, wo Kanon nur rumgezickt hatte, weil erst sein Verstärker und dann noch sein Stift nicht so richtig funktionieren wollte. „Warum freust du dich darüber eigentlich so, Bou?“, fragte Teruki und schielte zu diesem rüber. „Ich find’s lustig.“ „Und findest du es auch lustig, wenn Kanon seine Gereiztheit gleich wieder an dir auslassen wird?“ Das breite Grinsen verschwand und der Blondschopf zog eine Schnute wie sieben Tage Regenwetter. „Nee.“ „Also. Benimm dich gefälligst.“ „Ich benehme mich doch!“, beschwerte sich Bou beleidigt. „Was mache ich denn?“ „Du bist überhaupt nicht ausgelastet, bist total aufdringlich.“ Teruki erhob sich, ging um den Tisch herum, weiter zur Tür. „Wohin willst du?“, wollte Miku neugierig wissen. „Nur kurz telefonieren“, antwortete Teruki lächelnd und ging. „Tse.“ Bou schüttelte verwirrt den Kopf. „Versteh’ einer mal diesen Menschen.“ Miku grinste. Er fand das Verhältnis zwischen Bou und Teruki einfach nur amüsant. Beide waren darauf bedacht, sich nicht mit dem anderen zu streiten und sich auch keine vernünftigen Beleidigungen an den Kopf zu werfen. „Warum grinst du so, Miku-chan?“ „Ich frage mich nur, wieso du dich nicht richtig mit Teruki streiten kannst.“ „Nani? Ist das so?“ Bou machte große Augen, Miku nickte zustimmend und setzte sich auf die Sitzbank, Bou gegenüber. „Immer, wenn ihr kurz davor seid, macht einer von euch den Rückzieher. In diesem Fall wohl Teruki.“ Er grinste. „Wow, das ist mir noch nie aufgefallen“, sagte Bou voller Verwunderung. „Du hast eine echt gute Menschenkenntnis, Miku-chan. Fast schon zu gut. Da kriegt man ja richtig Angst.“ Miku griff lachend nach der Chip-Packung, die mitten auf dem hölzernen Tisch lag, und stopfte sich einige in den Mund. Genau in diesem Moment betrat ein missmutiger Kanon den Raum. Miku und Bou wandten sich ihm zu. „Und? War es so schlimm?“, fragte Bou und grinste frech. „Frag nicht“, knurrte dieser, machte es sich neben Miku auf der Sitzbank bequem und streckte sich. Sein Blick wanderte vom enttäuscht aussehenden Bou – warum auch immer – zu der Chip-Tüte in Mikus Hand, der immer wieder lustlos in diese hineingriff, um sich wenigstens etwas zu beschäftigen. „Gibst du mir was von deinem Frustfutter ab?“ „Wieso Frustfutter?“, wollte Miku irritiert wissen, hielt ihm jedoch besagtes Objekt direkt unter die Nase, in die der Bassist auch sofort hineingriff. „Nur so“, meinte er dann, genüsslich kauend. Suchend sah er sich um. „Wo ist eigentlich Teruki?“ „Geplatzt“, kam es zeitgleich von Bou und Miku. „Cool.“ Kanon grinste und holte sein Handy hervor. Miku und Bou sahen sich an und seufzten. //So langsam frage ich mich, ob Kanon nicht schon längst süchtig ist, so oft wie der spielt...// Bou musste wohl auch eingesehen haben, dass es keinen Sinn hatte, nur untätig herumzusitzen und darauf zu warten, dass es endlich losging – was allerdings noch 2 Stunden dauerte -, und holte einen MP3-Player hervor. Der Vocal betrachtete ihn gelangweilt und desinteressiert. Doch auf einmal änderte sich Letzteres. „Hey“, rief er aufgebracht und erstaunt, starrte Bou mit weit aufgerissenen Augen an. „Das ist ja meiner!“ Bou sah auf, lächelte verlegen. „Ich habe ihn in Paris im Zimmer gefunden. Teruki muss ihn wohl da vergessen haben.“ Er setzte seinen berüchtigten Dackelblick auf. „Darf ich trotzdem?“ „Klar“, sagte Miku lächelnd, doch innerlich war er dabei, einer gewissen Person den Hals umzudrehen. Wenn Teruki den beschriebenen Zettel mit seinen Gefühlen nicht gefunden hätten, dann wüssten die anderen jetzt nicht so genau über ihn Bescheid. Und dann auch noch den MP3-Player! Wenn Bou nicht gewesen wäre, dann... Miku schüttelte den Kopf, um diesen schrecklichen Gedanken zu vertreiben. Aber wer weiß, was er noch alles dort – dank Teruki – vergessen hatte. //Vielleicht sollte ich heute Nacht mal nachsehen, ob noch alles da ist...// „Miku, mach mal Platz. Ich will mich hinlegen, “ unterbrach ihn Kanons, etwas abwesend klingende, Stimme. Der Vocal zeigte ihm den Vogel. „Du spinnst doch. Ich war hier als Erster.“ „Dann machen wir es halt anders...“ Kanon, das Display seines Handys nicht aus den Augen lassend, hob seine Beine auf die Sitzbank, streckte sie aus – und zu Mikus Entsetzen legte er den Kopf in dessen Schoß. „Kanon!“, ächzte Miku, sein Herz machte jedoch einen verräterischen Hüpfer. Kanon hatte sich dazu aufraffen können, sein Handy beiseite zu legen. Und schloss zufrieden seufzend die Augen. „Also, ich finde es hier sehr bequem. Und jetzt zapple nicht so viel, ich will schlafen!“ Grummelnd betrachtete Miku den Schwarzhaarigen. //Er sieht echt fertig aus//, dachte der Vocal betrübt. //Aber nach diesem Stress ist das auch kein Wunder.// Miku spürte ein leichtes Stechen in seinem Oberschenkel und wollte sich anders hinsetzen, doch der Kopf des Bassisten störte. „Uhm, Kanon?“, fragte er zaghaft, doch es kam keine Antwort. Offenbar war Kanon längst am Schlafen. Seufzend bereitete sich Miku innerlich schon mal auf ein verspanntes Bein vor. //Egal.// Er betrachtete den schlafenden Kanon, dessen Mund leicht auf stand, schmunzelnd. //Wenigstens hat er es bequem.// Miku hob seinen Kopf und dabei fiel sein Blick auf Bou, der den Vocal schon länger mit einem sanften Lächeln im Gesicht beobachtet hatte, wie er mit der ganzen Situation – namentlich auch Kanon genannt – umging. Miku musste kein großer Menschenkenner sein, um die Verletztheit und den Schmerz in dessen kleinen, unschuldigen Augen zu erkennen, und wandte sich beschämt ab. Er wünschte, Kanon hatte ihn nie als Kissen beansprucht. //Wenn Bou wenigstens nicht im Raum wäre. Weiß Kanon denn nicht, dass er ihm damit ziemlich weh tut? Oder macht er das mit Absicht? ...Vielleicht will er aber auch nur Bou demonstrieren, dass ich nichts gegen ihn habe und er sogar Chancen bei mir - // Miku brach seinen Gedankengang abrupt ab, während sein Magen sich zu einem kleinen Klumpen unwillkürlich zusammensackte. Die Vorstellung, mit dem Bassisten tatsächlich zusammen zu sein, ihn tatsächlich zu lieben, war absurd. Miku spürte, wie Kanon sich zu ihm umdrehte und etwas oberhalb seiner Hüfte einen Arm um ihn schlang und sich an ihn schmiegte, als wäre er ein Riesenkuscheltier. Miku erstarrte. Da ihm nichts anderes einfiel, was er mit seinen Händen machten sollte, mit denen er die ganze Zeit schon rumgespielt hatte, legte er sie vorsichtig auf Kanons Schulter. „Wieso bist du so verklemmt?“ Wie auf frischer Tat ertappt, sah Miku erschrocken zu Bou auf und lächelte verlegen. „Keine Ahnung“, antwortete er und wandte seinen Blick wieder Kanons friedlich aussehendem Gesicht zu. „Das musst du aber nicht meinetwegen sein“, sagte der Blondschopf weiter. „Mir macht das nichts aus, ehrlich. Ich - “ „Das ist eine Lüge“, fiel Miku ihm schroff ins Wort. „Du bist verletzt – das sieht selbst ein Blinder mit einem Krückstock! Warum gibst du uns denn keine Chance mehr? Ich habe dir doch gesagt, dass der Kuss auf dem Eiffelturm von Kanon ausging und - “ „Schon vergessen? DU hast ihn doch ständig angestarrt – OHNE, dass es dir aufgefallen sein sollte. Sieh es doch endlich ein!“ „Schön! Und wenn es so sein sollte. Warum kämpfst du denn nicht um mich? Ich zumindest würde es bei dir machen.“ „Weil...“ Bou stiegen Tränen in die Augen, gegen die er anzukämpfen versuchte. „Weil ich gegen Kanon immer verliere!“ Das erstaunte Miku. „Wenn du immer gegen Kanon verlierst, warum hast du mich denn bekommen? Und nicht Kanon...“ „Das war pures Glück.“ „Glück?“ Bou nickte. „Wenn ich dir nicht als Erster meine Liebe gestanden hätte, hättest du dich bestimmt auf Kanon eingelassen. Wusstest du, dass er dir eine Woche später dir auch seine Gefühle gestehen wollte? Aber er hat es gelassen.“ Bou konnte nicht mehr gegen die Tränen ankämpfen. Sie flossen nun unaufhaltsam an seinem mädchenhaft wirkenden Gesicht herunter. Miku sah eine Sekunde lang zu Kanon, vorsichtshalber nachschauend, ob dieser noch am Schlafen war. Er hatte nämlich keine Lust, dass ausgerechnet er ihren kleinen Streit mitbekommen musste. Dann sah er wieder zu Bou, der weiter über das redete, was er schon längst hatte loswerden wollen. „Er hat es dir nicht gesagt, weil er wusste, dass du mich nehmen würdest. Er hat es dir aus Liebe nicht gesagt, weil er dich nicht verletzen wollte.“ Miku hörte nur noch mit einem Ohr zu. Er wusste zwar längst, was Kanon für ihn empfand, doch erst jetzt begriff er, wie sich dieser in den letzten sechs Monaten wirklich gefühlt haben muss. Und dieses Gefühl tat verdammt weh. Die Tür öffnete sich und Miku sah zu Teruki, der grinsend hereingekommen war. Doch sein Blick wurde ernster, als er Bous Tränenfluss entdeckte. „Bou, was ist los?“, fragte er besorgt, doch statt zu Antworten wischte sich der Blondschopf nur das verräterische Nass fort. Verwirrt sah Teruki zu Miku mit einem schlafenden Kanon im Schoß. Nur um darauf noch verpeilter drein zu schauen. Er schien etwas sagen zu wollen, doch offensichtlich fand er nicht die richtigen Worte, denn er öffnete den Mund und schloss ihn wieder. „Sag bloß, ihr seid jetzt endlich ein Paar“, stieß er dann nach einer Weile atemlos hervor. „Nein, natürlich nicht“, erwiderte Miku. Er zog eine Augenbraue hoch und sah Teruki skeptisch an. „Und was heißt hier `jetzt endlich`?“ Teruki schaffte es zu einem Lächeln. „Dann könnte ich dich ja auch fragen, was du mit `Nein, natürlich nicht` meinst.“ Miku zog eine beleidigte Schnute und schwieg. Gegen Teruki kam er einfach nicht an. „Und wie hat Kanon es geschafft, dich als Kissen zu benutzen?“ „Kennst ihn doch“, murrte Miku. „Er setzt sich immer durch.“ „Nee, mein Lieber.“ Teruki lachte und zwinkerte ihm zu. „Nur bei dir.“ „Er hat sich einfach da unten breit gemacht! Ich bin unschuldig“, rief Miku zu seiner Verteidigung hervor. „Ganz so unschuldig bist du aber auch nicht.“ „Wieso?“ „Scheuch’ ihn da doch einfach runter, wenn du das nicht willst.“ „Geht nicht.“ „Wieso?“ „Wenn ich ihn wecke, benimmt er sich bestimmt wie Bou.“ Dafür erntete er einen tödlichen Blick der besagten Person. Teruki setzte sich neben Bou, nicht ohne diesen vorher noch einmal genau unter die Lupe zu nehmen. Doch dieser schaute nun so ausdruckslos drein, dass er es schnell aufgab. „Wo warst du eigentlich?“, fragte Miku und versuchte, Kanons Kopf zu ignorieren, der sich allmählich in seinen Magen bohrte. „Telefonieren.“ „Mit Sonoko?“ Teruki nickte und sah auf seine Armbanduhr. „Leute. Sollen wir uns nicht langsam mal fertig machen?“ „Schön. Und wer weckt Kanon?“ „Ich mach’s!“ Bous Hand schnellte nach oben. „Dann kann ich mich endlich mal revangieren.“ Er grinste fies, doch Teruki winkte ab. „Ich glaube, es ist besser, wenn Miku das macht. Die Wahrscheinlichkeit auf Schlechte Laune à la Kanon wird sehr geringer sein, als wenn es einer von uns beiden macht. Und ich habe keine Lust auf ein Konzert mit einem mies gelaunten Bassisten!“ Auf Bous enttäuschten und traurigen Blick hin fügte er noch schnell hinzu: „Und auf einen traurigen Gitarristen auch nicht.“ Er griff nach Bous Hand, um diesen vom Stuhl hochzuziehen. „Lass uns schon mal vorgehen. Das könnte sich nur noch um Jahre handeln.“ Folgsam wie er nun einmal war – auch wenn es nur bei Teruki war -, verließen er und der Drummer den Raum. „War ja mal wieder klar, dass alles an mir hängen bleibt“, murmelte Miku und wandte sich dann seinem “Problem“ zu. Vorsichtig stupste er den Bassisten an. „He, Kanon. Aufwachen.“ Kanon bewegte sich etwas, wenn auch nicht viel. Miku dachte stirnrunzelnd darüber nach, wie man ihn am Besten wecken könnte. Dann grinste er. „Tja, Kanon. Gomen, aber das muss sein.“ Da er mit dem Schwarzhaarigen schon seit einer Ewigkeit ziemlich gut befreundet war, wusste er ganz genau, wo dessen Schwachstelle lag. Ohne viel Rücksicht auf Verluste nahm Miku ihm seine heiß geliebte, schwarze Sonnenbrille ab – die er phänomenaler Weise auch im Winter pausenlos trug. Warum auch immer. „Was für eine schöne Sonnenbrille du da doch hast, Kanon“, sagte er mit spielerisch klingendem Ton. Und sofort spürte er, wie ein Ruck durch den Körper des Bassisten ging und dieser aufschreckte. Alle Müdigkeit war aus seinen Augen verschwunden, als er Miku fassungslos anstarrte. „Wo ist sie?“ Grinsend hielt Miku die Sonnenbrille hoch über seinem Kopf. Kanon setzte sich auf und versuchte vergeblich, sie in die Finger zu bekommen, da Miku nun auch noch wild mit dem besagten Objekt herumfuchtelte. Kanon, der nur an seine heiß geliebte Sonnenbrille denken konnte, vergaß dadurch, dass er Miku nur am Arm packen musste, um sein Ziel zu erreichen. „Mikuuu“, jammerte er. Dieser dachte jedoch nicht einmal im Traum daran und genoss es, dass der sonst immer so cool und lässig wirkende Kanon auch ganz anders sein konnte. „Wenn du sie mir jetzt nicht sofort wiedergibst, dann...“ „Was dann?“, lachte der Vocal. Kanon kniff die Augen zu engen Schlitzen zusammen. „Dann...küsse ich dich!“ „Ach du Schreck!“ Schnell gab Miku Kanon seine Brille wieder, die er – o Wunder – nicht aufsetzte, sondern erst einmal auf den Tisch legte. Schön weit weg von Miku, wohlgemerkt. Bettelnd sah er Miku an. „Bekomme ich trotzdem einen?“ Miku musterte ihn eingehend und musste grinsen. „Dein Dackelblick ist noch nicht einmal annähernd so gut wie Bous.“ „Ich warte.“ Miku seufzte. Da hatte er den Salat. „Nur, wenn du dann nyappy bist und auch zu den anderen beiden nett bist – vor allem zu Bou!“, forderte er. „Wenn das alles ist...“ Kanon setze sich auf Mikus Schoß und küsste ihn. Seine Arme legte er um Mikus Hals. Mit seiner Zunge bat er gierig um Einlass, und Miku forderte ihn darauf zu einem heißen Spiel auf. Der Vocal wusste nicht, warum, doch er fand es seltsamerweise so gut, dass er sich wünschte, die Zeit möge stehen bleiben. ***Flashback VII** Erdrückende Hitze empfing die vier Member von AnCafe, als diese raus auf die dich bevölkerte Straße Tokios traten. Schnell verabschiedete sich Teruki von den anderen, aber nicht ohne Miku vorher noch einmal ausdrücklich an den Songtext zu erinnern. Kaum war dieser von der Masse verschluckt worden, redeten Kanon und Bou gleichzeitig auf den armen Miku ein, der kein einziges Wort verstand. „Stop mal, Leute!“, rief er dazwischen, um den zweien Einhalt zu gebieten. Sofort verstummten Kanon und Bou – aber auch nur, um sich giftige Blicke zuzuwerfen. Die drei konnten ja nicht ahnen, dass das nun an der Tagesordnung sein würde. „Und? Hast du Lust?“, fragte der Schwarzhaarige Miku ohne große Umschweife. „Nein, hat er nicht!“, herrschte Bou diesen an und wenn Miku nicht dazwischen gegangen wäre, wären die zwei in aller Öffentlichkeit aufeinander losgegangen. Selbst jetzt warfen einige Passanten ihnen schon irritierte Blicke zu. „Jetzt hört endlich auf! Alle beide! Was ist denn heute los mit euch?“ Kanon und Bou beruhigten sich wieder etwas. Schließlich wollte keiner der beiden riskieren, dass ihrem Liebling etwas passierte, der immer noch zwischen ihnen stand, mit ausgestreckten Armen. „Was wolltet ihr mir jetzt sagen? Und nacheinander, bitte!“, fuhr Miku schnell fort, denn beide hatten erneut dazu angesetzt, gleichzeitig zu sprechen. „Ich wollte mit dir Schwimmen gehen“, fing Kanon an. „Und ich wollte dich auf ein Eis einladen.“ Miku sah stirnrunzelnd vom einen zum anderen. Nur zu gern würde er schwimmen oder ein Eis essen gehen. Aber er wollte keine Einladung vorziehen. Doch mit Bou musste er dringend reden – heute. „Hört mal“, sagte er nach einem Moment, lächelte verlegen. „Gomen, aber ich habe keine Zeit.“ „Aber - “ „Du hast Teruki doch gehört, Kanon“, seufzte Miku. Ich muss übermorgen einen Text haben. Und bis jetzt habe ich noch nicht einmal angefangen!“ Er umarmte Kanon, um sich von ihm zu verabschieden. Als er das Gleiche mit Bou machte, flüsterte er leise: „Du weißt, wo.“ Bou zwinkerte kurz und entfernte sich. Miku stellte fest, dass er Kanon nicht Tschüß gesagt hatte. Der Vocal hatte sich schon umgedreht und wollte gerade ebenfalls gehen, als er von hinten an der Schulter gepackt und herumgerissen wurde. Er sah in Kanons bettelndes Gesicht. „Wie wäre es denn mit morgen?“ „Das...kann ich nicht versprechen“, sagte Miku. „Ich rufe dich an, wenn ich kann, hai?“ Kanon nickte zufrieden und ließ den Vocal endlich seines Weges ziehen. Nachdenklich überquerte Miku die Straße, um in die Fußgängerzone zu gelangen, in der ein noch viel größeres Treiben herrschte. //Warum ist er nur so wild darauf, mit mir schwimmen zu gehen? Er könnte doch auch Teruki fragen oder andere Freunde...Und was hat er nur mit Bou?...// Doch Miku konnte ja nicht wissen, dass sich Bou und Kanon von nun an wegen jeder Kleinigkeit streiten würden, und welche Folgen dies gut ein halbes Jahr später haben würde. Als er an der Lieblings-Eisdiele angekommen war, entdeckte er auf Anhieb den Blondschopf, dessen weißen Haare im Licht der Sonne die gleiche Wirkung hatten wie ein Leuchtsignal auf dem Meer im Sturm. Bou musste schon auf seinen Freund und Bandkollegen gewartet haben, wenn er sah ihm ungeduldig entgegen. „Hat er etwas gemerkt“, fragte der Blonde, kaum dass Miku in Hörweite war. „Nee, der peilt so was nicht“, antwortete Miku lächelnd und Bou lachte zum ersten Mal an diesem Tag. Einige Minuten vergingen, in denen sie schweigend neben der überfüllten Eisdiele standen, peinlichst darauf bedacht, den anderen nur aus den Augenwinkeln her zu beobachten. Beide wollten unbedingt miteinander reden, doch keiner traute sich den Anfang zu machen. Zudem wollte Miku nicht hier darüber sprechen. „Sollen wir uns ein Eis auf der Hand mitnehmen?“, fragte Miku, der nach einer halben Ewigkeit das Schweigen nicht mehr ertragen konnte. Bou nickte und zusammen bestellten sie sich zwei große Portionen Eis. Miku wollte der netten Dame hinter der Theke gerade das Geld geben, doch der Blondschopf neben ihm war schneller. Bou sah den überraschten Blick und grinste. „Schon vergessen? ICH habe dich eingeladen, nicht du mich.“ Sie traten beiseite, um die nächsten Kunden drankommen zu lassen. „Arigatou, Bou-chan.“ Miku schleckte genüsslich an einer Erdbeerkugel. Dann stockte er und sah Bou gequält an. „Gomen, Bou!“, jammerte er. Der Blondschopf runzelte die Stirn. „Was denn? Schmeckt dir dein Eis etwa nicht?“ „Doch, doch“, versicherte der Vocal. „Aber...“ Er warf Bou einen traurigen Blick zu. „Ich habe nur vergessen, dass du es hasst, `Bou-chan’ genannt zu werden.“ „Ach so.“ Zu Mikus Verblüffung umarmte dieser ihn lachend. „Ich hasse es auch, da hast du Recht. Aber du darfst mich gerne so nennen, Miku-chan.“ „Uhm...Bou-chan?“, stieß Miku ächzend hervor. „Hai?“ „Würde es dir was ausmachen....mich nicht gleich...umzubringen?“ „Oh, gomen.“ Bou, der nicht gemerkt hatte, dass er Miku im Eifer des Gefechts zu sehr an sich gedrückt hatte, löste sich sofort und der Vocal schnappte nach Luft. „Gomen, Miku!“, stieß Bou weinerlich hervor, aus Angst, dieser wäre nun wütend, weil er so ungeschickt war. „Schon gut.“ Der Vocal deutete grinsend auf Bous Eis, das langsam aber sicher Füße bekam. „Dein Eis ist gleich weg,“ „Oh.“ Erschrocken bemühte sich Bou nun, die ganzen Tropfen an der Waffel, die nicht gerade wenig in ihrer Anzahl waren, in seinen Mund zu befördern. Doch es half alles nichts. Keine zehn Minuten später saß Miku in der U-Bahn, mit einem quengelnden und völlig verklebten Blondschopf neben sich auf der Bank. Drei Stationen später stiegen sie wieder aus, um mit dem Bus in den Vorort zu fahren, in dem Bou lebte. Dieser hatte den Vocal nämlich dazu überredet, noch einen kleinen Spazierganz zu tätigen – bevor er sich völlig zusaute. Kaum war der Bus davon gesaust, machten sich die zwei auf den Weg durch den immerhin etwas kühleren Wald. Immer noch jammerte der kleine Blonde unaufhörlich drauf los. „Warum wischst du dir deine Hände nicht einfach ab?“, fragte Miku, der es nach einer Weile einfach nicht mehr ausgehalten hatte, entnervt. „Dann ist doch meine schöbe Hose im Eimer“, protestierte Bou lauthals. Miku seufzte. „Bleib mal stehen.“ Er griff in seine Hosentasche und holte ein Taschentuch hervor. //Wie gut für Bou, dass ich immer eins dabei habe...// „Gib mir bitte deine Hände“, forderte er und Bou streckte ihm brav seine klebrigen Hände vor. Miku betrachtete sie kurz, bevor er sich daran machte, sie zu säubern. Er konnte immer wieder nur noch über Bous Schusseligkeit staunen. „Miku. Das kann ich doch auch machen“, sagte Bou, der sich nicht gerade wohl fühlte. Er war doch kein kleines Kind mehr! „Du musst nicht...“ Ein Blick des Vocals reichte aus, um den niedlichen Gitarristen verstummen zu lassen. Erst, als er Bou größtenteils sauber bekommen hatte und das Taschentuch anschließend wieder einsteckte, sagte er: „So, wie ich dich kenne, hätte das bei dir Jahre gedauert. Außerdem kann ich es nicht ertragen, wenn du pausenlos am Jammern bist!“ Bou, der sich während dieser verbalen Attacke richtig erniedrigt gefühlt hatte, sagte ganz kleinlaut: „Gomen, Miku.“ Miku konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Sag bloß, du hast Angst vor mir.“ „Hab ich nicht“, maulte Bou. „Ich fühle mich nur richtig klein und unnütz, wenn du so was zu mir sagst.“ Ein leichter Windhauch brachte den zwei Jungs für einen kurzen Moment mehr Kühle und ließ die grün leuchtenden Blätter über ihren Köpfen sanft rascheln. „Meinst du das ernst?“ Mikus Stimme war ganz ruhig und auch sein Blick hatte etwas Sanftes an sich, doch in Wahrheit kochte er vor Wut. Er war wütend auf das, was Bou gesagt hatte. Auf dessen zögernden Nickens forderte Miku ihn mit einer knappen Geste auf, sich zu setzen und Bou ließ sich auf einen umgestürzten Baumstamm sinken, der neben ihnen am Wegrand lag. Sein Blick ruhte auf einer Ameise, die sich vor seinen Füßen darum bemühte, über eine weggeworfene Plastiktüte zu klettern. Dabei hätte sie auch einfach um das besagte Hindernis herumkrabbeln können. Aus den Augenwinkeln her merkte er, dass sich Miku neben ihn gesetzt hatte und ihn nun erwartungsvoll ansah. „Wie kommst du darauf?“ Auf Bous Schweigen hin legte Miku einen Arm um ihn und drückte diesen leicht an sich. „Du bist ein Baka, Bou-chan! Du hast keinen Grund, dich so klein und unnütz zu fühlen, ganz egal, was und wie ich es sage – Wenn, dann bin ich hier der Baka. Ich möchte dir nie wehtun und ich möchte auch nicht, dass du dich so fühlst. Dazu hast du kein Recht!“ Bou hob seinen Kopf und Miku sah ihn aufmunternd an. Bou lächelte. Genau das liebte er an Miku; dass er immer die richtigen Worte parat hatte und einen aufzumuntern versuchen wusste. „Hast Recht.“ „Sag ich doch!“ „Aber nicht damit, dass du dir die Schuld gibst. Du gibst dir immer die Schuld! Das darfst du nicht.“ „Wenn du meinst.“ „Hai, ich meine!“ „Aber dieses Mal hast du dir doch auch die Schuld gegeben.“ „Stimmt auch wieder.“ Sie grinsten sich an und nun schlang auch Bou einen Arm um den Vocal. Sanft strich Miku dem Blonden über den Arm und dabei fiel ihm auf, dass Bou ziemlich dünn war. Nach Mikus Meinung fast schon zu dünn. „Miku-chan?“ „Hai?“ Miku sah ihn fragend an und entdeckte auf Anhieb eine leichte Röte, die das Gesicht des Blondschopfes zierte. „Ich für meinen Teil finde, dass das gestern...nicht übel war.“ Miku spürte, wie er rot wurde. Sein Herz pochte schneller als es ohnehin tat, wenn er in Bous Nähe war. „Das finde ich auch“, sagte er ganz verlegen. Ein sanftes Lächeln huschte in Bous Gesicht. „Denkst du jetzt anders über...uns?“ Miku konnte seine Gefühle immer noch nicht so ganz verstehen, doch sie gefielen ihm sehr. „Wir könnten es zumindest mal versuchen...“ „Bist du dir sicher?“ Miku nickte. Bou sprang ihm strahlend in die Arme und knuddelte ihn so sehr, dass Miku rücklings vom Baumstamm fiel. Bou, der während dem Sturz sich nicht hatte trennen wollen, lag über ihm und dachte erst gar nicht daran, ihn loszulassen. „Uhm...Bou, würde es dir was ausmachen, mich loszulassen?“ Das hatte Miku zumindest sagen wollen, doch Bous weiche Lippen, die sich urplötzlich auf seinen Mund gepresst hatten, hinderten ihn daran. Doch das störte ihn gar nicht weiter. Gierig bat er um Einlass, den Bou auch sofort gewährte. *** Flashback VII Ende*** Das Konzert hatte mal wieder alle Erwartungen übertroffen, die Fans hatten sich mit Kreischen bei AnCafe bedankt und auch der erneute Fanservice von Miku und Kanon war reibungslos verlaufen. Nun feierte AnCafe den Erfolg dieser Tour mit dem Staff. Nach dem letzten Gig in Stockholm würden sie für eine Party keine Zeit haben, da sie sofort zurück nach Japan flogen. Teruki unterhielt sich mit Kenzo, dem Tontechniker, mit dem er sich richtig angefreundet hatte, als ihn jemand anstubste. Fragend drehte er sich zu Miku um, der direkt hinter ihm stand. In der Hand einen Plastikteller, auf dem nur ein angebissenes Hähnchen lag, doch Krümel und kleine Überreste verrieten, dass er wohl mal randvoll gewesen sein musste. „Ach, unser kleiner Fresssack lässt sich mal blicken“, begrüßte Teruki ihn grinsend. „Ich bin kein Fresssack!“, beschwerte sich Miku beleidigt, doch er biss sofort in das Hähnchen und mampfte vor sich hin. Kenzo und Teruki lachten. „Wie kannst du eigentlich so viel essen?“, fragte Kenzo Miku neugierig. „Weiß nicht“, murrte Miku und stopfte sich den Rest in den Mund. Nachdem er wieder einigermaßen frei sprechen konnte, wandte er sich an Teruki und sagte: „Ich brauche deine Hilfe. Kenzo, wärest du wohl damit einverstanden, wenn ich ihn dir kurz klaue?“ Kenzo nickte, wenn auch irritiert, und als Dank für seine Zustimmung drückte Miku ihm den leeren Plastikteller in die Hand. Er bedeutete Teruki ihm zu folgen und gemeinsam zwängten sie sich zwischen den anderen hindurch, Miku ging sogar am Buffet vorbei, ohne irgendeine leckere Köstlichkeit mitzunehmen, aber nicht ohne einen sehnsüchtigen Blick darauf zu werfen. „Wo sind Bou und Kanon eigentlich?“ „Bou wird mal wieder umschwärmt, nehme ich an. Bei Kanon weiß ich es nicht.“ Miku öffnete eine Tür und sie traten hinaus ins Kalte und sofort erübrigte sich die Frage. Teruki blieb stöhnend stehen, um das Ganze in Ruhe betrachten zu können. „Irgendwie war das klar.“ Miku brachte es nur zu einem zustimmendem Nicken. Ihr Bassist stand etwas abseits der Tür, in der Hand eine wohl nicht ganz so unschuldig wirken lassende Flasche. Um ihn herum eine vierköpfige Bande, alle längst besoffen. Miku zerrte den Ältesten schnell weiter, damit dieser erst gar nicht in Versuchung kam, zu Kanon zu stürmen und diesen darauf aufmerksam zu machen, dass sie morgen noch ein Konzert hatten. Sie bogen um eine Ecke und blieben stehen. Teruki sah sich um, konnte jedoch nichts außer einem leeren Parkplatz und kahlen Bäumen entdecken. „Was sollen wir hier?“, fragte er und stutzte, als er Mikus angespanntes und nervös wirkendes Gesicht entdeckte, seine Augen verrieten seine Hilflosigkeit. „Miku...“ „Teruki, ich brauche deinen Rat.“, sagte der Jüngere ohne große Umschweife. „In zwei Dingen.“ „Okay, dann schieß mal los.“ „Ich...“ Miku stockte kurz, wich Terukis leicht besorgten Blick aus. Er wollte nicht, dass dieser die langsam aufsteigenden Tränen der Verzweiflung sah. „Ich muss dir und Bou Recht geben. Ich habe lange dagegen angekämpft und wollte es zunächst selbst nicht glauben. Aber jetzt weiß ich es besser, ich weiß nur nicht wie ich damit umgehen soll. Ich - “ Teruki, der nur Bahnhof verstanden hatte, packte ihn an den Schultern, drehte ihn zu sich um und sah diesen eindringlich an. „Wovon sprichst du, verdammt?“ „Ich glaube, ich liebe Kanon“, schluchzte Miku auf, was ausreichte, um Teruki für einen kurzen Moment sprachlos zu erleben. „Wieso glaubst du das nur?“ „Weil es sich genau so anfühlt wie bei Bou – aber mit einem Unterschied. Ich will ihn nicht lieben!“ „Baka.“ Teruki versetzte ihm einen leichten Klaps auf den Hinterkopf – was er normalerweise nur bei Bou machte. „Du kannst nichts für deine Gefühle. Es ist, wie es ist. Ich an deiner Stelle würde das akzeptieren und mit Kanon glücklich werden.“ „Das kannst du doch nicht sagen“, meinte Miku, sah den Älteren an. „Hast du schon mal zwei auf einmal geliebt?“ „Nein, ich - “ „Dann weißt du nicht, wie das ist.“ Miku wandte sich traurig niedergeschlagen von ihm ab. „Besonders nicht, wenn es deine besten Freunde sind und du keinen von ihnen verlieren möchtest. Und egal, für wen du dich entscheidest, der andere wird eifersüchtig sein. Kanon und Bou streiten sich doch jetzt schon genug wegen mir!“ Teruki vergrub vorsichtshalber seine Hände in den Hosentaschen, bevor diese noch zu Eisklötzen erstarrten, und lehnte sich an die Mauer. „Für wen würdest du dich entscheiden, wenn du es jetzt auf der Stelle müsstest?“ Diese Frage hatte Miku sich noch nicht gestellt. Er überlegte, horchte in sich hinein. „Ich weiß es nicht genau“, sagte er dann langsam. „Aber um ehrlich zu sein und weil Bou so abweisend ist, tendiere ich momentan eher...für Kanon.“ Er drehte sich um, sah Terukis Lächeln und einen Augenblick später fand er sich in dessen starken Armen wieder. „Und du bist zu mir gekommen, damit ich dir sage, was du jetzt machen sollst. Richtig.“ Miku nickte. „Geh zu Kanon und - “ „Nein!“, rief Miku, sah Teruki geschockt an. „Ich - “ „Nein, Miku! Lass mich ausreden“, herrschte Teruki ihn an, und der Vocal verstummte. „Du und Kanon braucht es Bou nicht zu sagen und auch nicht zu zeigen. Versucht es erst einmal, vielleicht will Kanon – oder du – nach ein paar Tagen nicht mehr.“ Miku hatte zwar geahnt, dass Teruki so etwas in der Richtung sagen würde, doch er hatte es auch hören wollen. //Noch vor fünf Stunden habe ich mich noch dagegen gestäubt, mit Kanon zusammen sein zu können, aber jetzt...//Seufzend löste sich Miku aus der Umarmung. „Okay. Ich sage es ihm. Aber wehe, du verrätst es Bou.“ „Bin ich lebensmüde?“ Miku grinste. „Nein.“ Jetzt fühlte er sich besser. Es war, als ob ein großer Damm in ihm gebrochen wäre. Denn jetzt blickte er durch das ganze Gefühlschaos, das ihn in letzter Zeit gequält hatte, durch – auch, wenn es nicht das war, was er sich gewünscht hatte. Miku wusste nun, dass es keinen Sinn hatte, gegen die Liebe zu Kanon anzukämpfen. //Ich muss es akzeptieren.// Er holte eine Zigarette hervor und zündete diese an. Sofort nahm er einen kräftigen Zug und beobachtete den Rauch, der in einer geraden Linie über ihren Köpfen gen Himmel schwebte. Erst jetzt fiel ihm auf, dass kein Wind wehte. „Und was ist das zweite?“, riss Terukis Stimme ihn aus seinen Gedanken. „Nani?“ Miku sah ihn irritiert an, dieser schmunzelte. „Sag bloß, du hast vergessen, dass du mich noch etwas fragen wolltest.“ „A-ach so“, sagte der Vocal schnell, als es ihm wieder einfiel. Verlegen lächelte er. „Jetzt, wo du’s sagst...“ „Also. Raus mit der Sprache, ich will endlich zurück ins Warme!“ Miku nahm noch einen Zug an seiner Zigarette, bevor er fragte: „Weißt du noch, was ich dir über meine Eltern erzählt habe?“ Teruki nickte verwundert. „Klar weiß ich das noch, aber - “ „Dann weißt du doch bestimmt noch, was du daraufhin gesagt hast, oder?“ „Dass du das nicht so ernst sehen solltest und sie dich trotz deiner Homosexualität nicht hassen würden.“ „Genau das.“ „Schön. Und was willst du jetzt von mir?“ Miku schnippte den Stummel seiner mittlerweile aufgerauchten Zigarette weg, er trat kurz drauf und sie erlosch. „Ich möchte das gerne geklärt haben, bevor wir in Japan sind.“ „Gut.“ „Ich will sie anrufen.“ „Mach das.“ „Teruki, ich meine es ernst“, sagte Miku mit Nachdruck. Wieso reagierte Teruki nur so teilnahmslos? Hatte nicht gerade er darauf bestanden, dass er immer zu ihm kam, wenn er Hilfe brauchte? Teruki ahnte, warum Miku leicht zornig auf seine Reaktion war, und erklärte, ebenfalls ärgerlich: „Miku, ich habe keinen blassen Schimmer, wie ich dir helfen soll! Soll ich sie für dich anrufen, oder was?“ „Natürlich nicht“, sagte Miku zähneknirschend und schalt sich innerlich für seinen kleinen Wutausbruch. Den hatte Teruki nun wirklich nicht verdient, er hatte schon so viel für ihn getan. „Ich weiß nur nicht, was ich sagen soll. Sie legen bestimmt wieder auf, wenn sie wissen, dass ich es bin.“ „Ach, Miku. Du bist echt ein hoffnungsloser Fall! Natürlich werden sie nicht auflegen – wieso sollten sie auch? Deine Eltern haben seit einem Monat nichts mehr von dir gehört, sie machen sich bestimmt Sorgen um dich.“ „Wenn das stimmen würde, hätten sich mich doch schon längst angerufen“, murmelte Miku leise, doch mehr zu sich selbst als zu Teruki. „Und was du sagen könntest...“ Teruki schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln. „Dir wird schon was einfallen. Sei einfach spontan.“ Miku wollte etwas erwidern, doch er entschied sich dagegen. Terukis Vorschlag klang logisch und – zum Teil – auch durchführbar. Aber das nahm ihm nicht seine Angst. Der Drummer warf einen Blick auf die Uhr. „Sie müssten gerade aufgestanden sein, am besten rufst du sie jetzt an.“ „H-hey, Teruki! Wer hat denn gesagt, dass ich das jetzt machen will? Außerdem habe ich kein Han...arigatou!“ Ehe er sich versehen konnte, hatte Teruki ihm sein Handy in die Hand gedrückt. „Ich sage das!“ Er versetzte Miku noch einen heftigen Schlag auf die Schulter, der ihn wohl aufbauen sollte, und verschwand, mit der Ausrede, er müsse einen idiotischen Bassisten davon abhalten Selbstmord zu begehen. Und so war Miku auf sich allein gestellt. Missmutig betrachtete er Terukis silbern farbenes Handy, dass dieser normalerweise dazu nutzte, um mit seiner Freundin zu telefonieren. Langsam wählte der Kleine die Nummer, seine Finger zitterten leicht. Ob vor Anspannung oder der beißenden Kälte wusste er nicht. Vielleicht beides. Er wartete, dass jemand dran ging, doch es tutete pausenlos weiter. Miku wollte gerade auflegen, als endlich abgehoben wurde. „Mòshimoshi?“ Beim Klang dieser ihm sehr vertraute Stimme machte sein Herz einen Hüpfer. Es tat gut, seine Mutter zu hören und er ärgerte sich, dass er nicht schon viel eher angerufen hatte. „Hallo? Wer ist da?“, ertönte erneut Kazuyas Stimme. „Uhm...hi, Okasan“, meldete sich Miku nervös und angespannt zugleich. „Aki-chan? Bist du das?“ Miku nickte, doch dann fiel ihm ein, dass seine Mutter das ja gar nicht sehen konnte und warf noch ein „hai“ hinterher. Am anderen Ende der Leitung herrschte Schweigen. Miku konnte Geschepper hören und vermutete, dass er Kazuya gerade unten in der Küche ihres Sushi-Restaurants erwischt haben musste, in dem sie als Köchin tätig war. Das Telefon dort war nämlich mit dem Telefon oben in ihrer Wohnung verbunden. „Wie geht es dir denn?“, fragte Kazuya. „Wir haben ja eine Ewigkeit nichts mehr von dir gehört. Wie war eure Tour?“ „Alles prima, und mir geht es gut. Und dir?“ „Kann nicht klagen.“ Erneutes Schweigen. Miku ließ sich an der kahlen Außenmauer der Halle nach unten rutschen, hockte sich hin. Es machte ihn traurig, dass ihr Gespräch so trocken verlief. Früher war es anders gewesen, ihre Telefonate waren lebendiger und selten ohne Pause. „Wie...läuft es mit Bou und dir?“ Es klang ernsthaft interessiert, aber irgendwie auch gezwungen. „Gut“, log Miku schnell, denn er hatte keine Lust ihr alles zu erklären. „Wir...verstehen uns noch ganz prima.“ „Grüß ihn doch mal von mir, hörst du?“ „Hai, mache ich.“ Erneutes Scheppern und hektische Rufe. „Ich freue mich übrigens sehr über deinen Anruf. Dein Vater und ich haben uns schon gefragt, warum du dich nicht meldest. Selbst anrufen konnten wir nicht, du musst deine Nummer gewechselt haben.“ Miku stöhnte. „Gomen, Okasan. Das hatte ich ganz vergessen!“ „Nicht schlimm“, doch Miku konnte etwas Enttäuschung aus ihrer Stimme heraushören. „Aber das erklärt immer noch nicht, warum du jetzt erst anrufst.“ „Weil....“ Mikus Herz sank ihm in die Hose. Sollte er es wirklich sagen? Dass er gedacht hatte, sie würden ihn nun hassen und nichts mehr mit ihm zu tun haben wollen? Kazuya deutete sein Schweigen jedoch richtig und sagte in einem ruhigen Tonfall: „Akiharu, es tut mir und deinem Vater schrecklich Leid. Dass wir dich damals so angeschrien haben, als du bei uns zu Besuch warst.“ Miku hörte, dass seine Mutter es wohl ernst meinte, doch warum hatten sie ihn denn dann erst so sehr verletzt, dass er es kaum noch ausgehalten hatte? „Ihr habt zu mir gesagt, dass ihr nichts mehr mit mir zu tun haben wolltet“, sagte er leise, seine Augen brannten. „Ach, Akiharu“, seufzte Kazuya. „Du weißt doch, dass wir dich lieb haben. Egal, wie du bist.“ „Aber warum sagt ihr das dann?“ Am anderen Ende der Leitung herrschte Schweigen. Miku versuchte sich den Gesichtsausdruck seiner Mutter vorzustellen, doch es wollte ihm nicht gelingen. „Ich rufe eigentlich nur an, um dich etwas zu fragen“, sagte Miku mit zitternder Stimme. „Und was?“ Miku schloss die Augen, dachte an die schönen Tage mit seinen Eltern auf Hokkaido und wie sie zusammen gelacht hatten. Doch all das schien in weite Ferne gerückt zu sein, Miku ließ seinen Tränen freien Lauf. „Ich möchte nur wissen, ob ihr mich noch haben wollt“, schluchzte er. „Natürlich wollen wir das!“, rief seine Mutter protestierend. „Risa fragt mich ständig, ob du auch dieses Jahr wieder zu Silvester hier hoch kommst.“ Miku hatte nicht vergessen, dass es Tradition war, dass die ganze Familie Tsukiyama auf Hokkaido in ihrem kleinen gemütlichen Sushi-Restaurant das Neujahrsfest feierte; er hatte es nur verdrängt. Mit seiner ganzen Familie auf einem Haufen zu sein hatte ihm zwar bisher immer viel Freude bereitet, doch nun würden sie ihn bestimmt mit Verachtung und Misstrauen begegnen. „Ich...kann dieses Jahr nicht“, sagte er leise. „Aber wieso denn nicht?“, wollte Kazuya enttäuscht wissen. „AnCafe feiert dieses Jahr zusammen.“ Was eine ziemliche Lüge war, denn Teruki würde mit seiner Freundin, Bou mal wieder mit seinen Eltern und Geschwistern im Skiurlaub und Kanon ebenfalls bei Verwandten feiern. Ohne sich zu verabschieden legte er auf. Das Display des Handys verbreitete ein helles Licht, doch nach ein paar Sekunden saß Miku erneut im Dunkeln. Nur das fahle Mondlicht, das durch die dunklen Wolken auf ihn herabfiel, spendete spärliches Licht. Es war zum heulen. Hätte er doch nie angerufen. Dass seine Eltern ihn nicht erreicht hätten war eine Lüge. Zwar hatte er seine Nummer gewechselt, doch sie hatten die Handy-Nummer von Teruki, Kanon und Bou. Sogar von ihrem Manager. Sie hatten ihn in Wahrheit gar nicht anrufen wollen. Und nur zu gern wäre er bei der einzigen Familienfeier im Jahr dabei, doch er sah schon seine zwei Cousins vor sich, wie sie sich über seine Zuneigung zum männlichen Geschlecht lustig machten. Dann feierte er eben allein mit Miruku. Auch gut. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ kommis pls *lieb guck* :3 Kapitel 14: Ein Kranker zuviel ------------------------------ bevor es wieder weitergeht möchte ich allen die bisher kommis geschrieben haben ein großen arigatou aussprechen! nur euch ist es zu verdanken dass ich bis hierhin durchgehalten habe xDD ich werde auch auf euch hören und die kapitel länger machen ^.^ so viel spaß beim lesen! ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Kapitel 14. Ein Kranker zuviel Schwedens Hauptstadt Stockholm war von einer reinen Eis- und Schneeschicht bedeckt und das Thermometer zeigte so tiefe Temperaturen an, dass man schon bei der bloßen Vorstellung, nun raus ins Schneegestöber zu müssen, um zur Arbeit oder zum Supermarkt zu kommen, sich zu Tode fröstelte. Da es seit Tagen ununterbrochen geschneit hatte, kamen die Schneeschieber, die zu Hauf eingesetzt wurden, nicht gegen die hohe Masse an, die sich auf den Straßen breit machte. Und wenn man diesem miserablen Wetter dennoch getrotzt und in der Fußgängerzone hastig noch seine Weihnachtseinkäufe erledigt hätte, wäre man unweigerlich auf vier Japaner gestoßen, ohne den Blick von dieser doch etwas seltsamen Truppe abwenden zu können. Miku, Bou, Kanon und Teruki gingen bibbernd und frierend in einer Reihe, die Hände hatten sie in wollige Handschuhe gepackt und zusätzlich noch den Schutz ihrer dicken Mäntel in Anspruch genommen. Miku hatte sich zudem seine Wollmütze tief ins Gesicht gezogen, sodass er zwischen Schal und Mütze nur noch einen kleinen Spalt hatte, um sich umzuschauen. „Warum müssen wir eigentlich bei diesem Sauwetter hier rumlaufen?“, quengelte Bou, der seine triefende Nase nun schon zum x-ten Mal putzte. Miku hoffte inständig, dass er sich nicht erkältet hatte. „Weil ein gewisser Jemand hier ja unbedingt noch etwas kaufen wollte“, brummte Kanon als Antwort und warf Teruki einen vernichtenden Blick zu. „Gomen, Leute“, verteidigte sich dieser. „Ich hatte doch noch kein Geschenk für Sonoko und in neun Tagen ist bereits Weihnachten. Aber ihr hättet ja nicht mitkommen müssen.“ „Stimmt auch wieder“, schniefte Bou und streifte sich den Schnee von den Schultern, doch keine Sekunde später war sein sonst schwarzer Mantel wieder weiß und er gab es auf. Sie bogen um eine Ecke. „Aber ich verstehe nicht, wieso du Sonoko so etwas antun kannst“, meinte Kanon und deutete auf die kleine Tüte in Terukis Hand. Dieser lächelte ihn verschmitzt an. „Na und? Ihr Handy ist schon seit Ewigkeiten kaputt, deswegen kann sie mich auch seltener anrufen. Ist doch ziemlich praktisch, wenn ich ihr dann ein Neues kaufe, oder?“ „Dagegen habe ich ja auch nichts, aber muss es gleich das Beste im ganzen Laden sein? Sie wird sich ja nicht trauen sich von dir zu trennen, wenn du ihr so teuere Geschenke machst.“ „Wer redet denn von Trennung? Wir sind rund um zufrieden,“ sagte Teruki knapp und ließ sich nicht weiter auf Kanons Sticheleien ein. Endlich an der Konzerthalle angekommen seufzten alle erleichtert auf, als sie ins Warme traten. Sie begrüßten einen Tontechniker, der ihnen mit Kabeln und einem Laptop in der Hand entgegenkam, doch dieser nickte nur kurz und eilte weiter. „Ach, ja“, seufzte Bou genüsslich, als er sich Schal und Handschuhe auszog. „Wärme ist doch etwas schönes.“ „Hai. Aber jetzt brauche ich dringend `ne Kopfschmerztablette.“ Kanon zog ein schmerzerfülltes Gesicht und schlug die Richtung zum Backstage-Room ein. Miku, Teruki und Bou gingen ihm hinterher. „Die du nicht jetzt nicht dringend nötig hättest, wenn du gestern nicht so gierig gewesen wärst“, wurde der Bassist von Teruki getadelt. „Wenn ich dich nicht davon abgehalten hätte, noch eine Flasche von diesem Zeug in dich hineinzukippen, hätten wir das Konzert absagen können.“ „So schlimm war das doch gar nicht!“ Doch Teruki hatte nicht gelogen. Kanon hatte gestern ständig sein Essen wieder hergegeben und sich kaum noch auf den Beinen halten können. Trotz Aspirin und Mikus Fürsorge – die Teruki ihm aufgetragen hatte – waren seine Kopfschmerzen noch nicht einmal annähernd verschwunden, was Teruki auf den Gedanken brachte, ihm vielleicht kurz vor Beginn ihres Abschlusskonzertes gleich zwei Tabletten einzuflößen. Zudem war er sehr blass und heute morgen wäre er Miku beinahe umgekippt. Kanon ließ sich stöhnend auf einem der wenigen, harten Stühle sinken, die in dem kleinen und sehr spärlich eingerichtetem Backstage-Room standen. Neben den Stühlen befand sich nur noch ein winziger Holztisch in einer Ecke, auf dem der Staff netterweise einige Getränkeflaschen bereitgestellt hatte. Bou eilte zur Heizung, stellte sie höher und ließ sich immer noch bibbernd an ihr heruntergleiten. Teruki hängte ihre Mäntel und Schals über eine Lehne und Miku schüttete für Kanon etwas Wasser in ein Glas und reichte es diesem, zusammen mit der herbeigesehnten Schmerztablette. Dankend schluckte Kanon die Tablette runter und trank einen Schluck. Das Glas gab er wieder Miku, der es zurück auf den Tisch stellte, und streckte sich. „Du brauchst dich hier erst gar nicht so breit zu machen, Kanon“, meinte Teruki. „Wieso?“ Der Schwarzhaarige sah ihn fragend an. „Ich dachte, das Konzert wäre erst in einigen Stunden.“ „Die Instrumente bauen sich aber nicht von allein auf. Du übrigens auch, Bou.“ „Ist es in der Halle warm?“, kam es leise von Bou, der am ganzen Körper zitterte. Doch Teruki wusste auf diese Frage keine Antwort. Bis jetzt hatten die Hallen zwar Heizungen gehabt, auch wenn sie diese nicht benutzt hatten, doch die schwedische Halle war in so einem erbärmlichen Zustand, dass Teruki selbst nicht an Heizungen glaubte. „Lass sie, Teruki.“ Der Drummer sah zu Miku, der gerade sein deprimiertes Schweigen gebrochen hatte, das schon den ganzen Tag bei ihm geherrscht hatte. „Ich weiß auch, wie man einen Bass und eine Gitarre anschließt.“ „Na gut.“ Teruki seufzte und warf den beiden noch einen warnenden Blick zu, damit sie sich nicht gegenseitig abmurksten, bevor er mit Miku Richtung Halle lief. „Weißt du überhaupt, wo der Bühneneingang ist?“, kam es zaghaft vom Vocal und Teruki deutete lächelnd in die Richtung, in die die meisten Leute vom Staff rannten. „Siehste doch.“ Miku lächelte gequält und ignorierte Terukis Röntgenblick. Er hatte jetzt keine Lust, lästige Fragen beantworten zu müssen. Seine Gefühle Kanon zu gestehen hatte er sich noch nicht getraut – es hätte ohnehin keinen Sinn gehabt, mit einem stockbesoffenen Kanon über so etwas zu reden – und der Versöhnungsversuch mit seinen Eltern war nicht ganz so verlaufen, wie er es gedacht hatte. Teruki ließ einen schwarzen Vorhang zur Seite gleiten und sie betraten die Bühne. Sie war etwa so groß wie die anderen davor auch. An der Wand waren zwei Männer damit beschäftigt, den Banner ihrer Europa-Tournee aufzuhängen und die Lichttechniker probierten bereits die einzelnen Scheinwerfer aus, sodass Teruki und Miku mal in weißes oder in blaues und rotes Licht getaucht wurden. Teruki eilte auf eine große Metallkiste zu, die an der Wand stand, und machte sich daran, deren Verschlüsse zu entsichern und zu öffnen. Miku beschloss, erst einmal sein Mikrofon inklusive Ständer aufzubauen. Als er damit fertig war, was ziemlich schnell vonstatten ging, ließ er sich vor dem hellen Gitarrenkoffer in die Hocke sinken. Er betrachtete ihn und ihm fiel ein, dass Bou immer noch nicht wusste, dass Miku es gewesen war, der ihm dieses Geschenk gemacht hatte. Miku überlegte, ob er es ihm verraten sollte, denn der kleine Blondschopf sollte schließlich seinen Gönner kennen – nicht, dass dieser sich noch den Kopf darüber zerbrach. Doch er würde ihn bestimmt mit diesem teuren Geschenk verletzten, Bou würde sich Vorwürfe machen, dass er sich von Miku getrennt hatte. Das wollte er nicht riskieren. Zumindest vorerst nicht. Schnell schloss er die Gitarre an den Verstärker an und zupfte an einer Saite. Vom tiefen Ton aufgeschreckt fuhr Teruki hoch und stieß sich beinahe seinen Kopf an einem der Becken, und als hätte er etwas Verbotenes getan, stellte Miku die E-Gitarre schnell, aber vorsichtig, in den Ständer. „Wenn du so weitermachst, wirst du bald besser spielen als Bou“, grinste Teruki und schraubte weiter an seinem Schlagzeug herum. „Ich bleibe lieber Sänger“, sagte Miku grinsend und eilte zu Kanons Bass, den er schneller an den Verstärker anschloss als bei Bous Instrument – das er vorher ja auch stundenlang hatte anstarren müssen. Dann bat Miku Teruki seine Hilfe an, doch dieser wollte sich lieber allein um sein Liebling kümmern, sodass er sich daraufhin an den Rand der Bühne setzte und die Beine an ihr herunterbaumeln ließ. Er holte sein Handy hervor und betrachtete dies nachdenklich. //Ich sollte ihnen meine neue Nummer geben...//, dachte er bedrückt. //Aber sie werden doch eh nicht anrufen...sie vermissen mich...sie vermissen mich, obwohl sie mir das Gefühl geben, als ob sie mich nicht mehr wollen...Ach, was soll’s!// Bevor er sich anders entscheiden konnte, hatte Miku das Nachrichtenmenü aufgerufen und schrieb in einem knappen Satz seine Nummer auf. Dann schickte er die SMS an das Handy seiner Mutter. „Miku, kommst du?“ Miku drehte sich zu Teruki um, der mit dem Aufbauen fertig war und nun geduldig am Bühneneingang auf ihn wartete. Der Vocal steckte sein Handy ein und eilte zu ihm. „Wem hast du geschrieben?“, fragte Teruki und beäugte Miku neugierig. „Wer sagt denn, dass ich ‚ne SMS geschrieben habe?“, wollte dieser verwirrt wissen. Teruki grinste. „Du benutzt dein Handy doch nur, um jemanden anzurufen oder SMS zu schreiben.“ „Hast Recht“, gab Miku zu. Er benutzte sein Handy wirklich nur zur Kommunikation, nicht um darauf Spiele zu spielen – was natürlich auch mal vorkam, dennoch waren Kanon und Teruki bei Weitem besessener darauf. „Meiner Mutter“, antwortete er dann knapp auf Terukis Frage. Teruki stutzte. „Hast du sie gestern denn nicht erreicht?“ Miku blieb stehen und sah den Älteren niedergeschlagen an. „Doch, das habe ich.“ „Und? Ist alles geklärt?“ „Hai.“ „Dann ist doch alles prima!“, sagte Teruki freudig, doch als er merkte, wie bedrückt Miku immer noch war, runzelte er nachdenklich die Stirn. „Warum freust dich denn nicht darüber?“ „Weil ich mich nicht darüber freuen kann!“, rief Miku aufgebracht. „Meine Mutter hat mir erneut das Gefühl gegeben, dass sie mich nicht mehr will!“ Und er erzählte dem Drummer von dem erfolglosen Telefonat. „Und jetzt kann ich Silvester allein mit Miruku feiern“, brummte Miku schließlich. Teruki wartete, bis ein Techniker an ihnen vorbeigehastet war, dann sagte er: „Das tut mir Leid, Miku. Aber wenn du möchtest, kannst du mit mir und Sonoko feiern. Sie hat bestimmt nichts dagegen.“ Doch der Vocal lehnte freundlich ab. „Arigatou, Teruki. Aber ich glaube, dass ich euch nur stören würde.“ „Das würdest du nicht, ehrlich“, versicherte Teruki, der Miku irgendwie aufheitern wollte. Eigentlich hatte er geplant, allein mit seiner Freundin den Beginn eines neuen Jahres zu feiern, doch er hasste es, wenn Miku so niedergeschlagen war. Miku lächelte leicht. „Ich überlege es mir, okay?“ Teruki nickte zufrieden, schob Miku an der Schulter weiter zum Backstage-Room und öffnete die Tür. Als sie eintraten, fiel der Blick des Kleineren sofort auf Kanon, der immer noch auf dem unbequemen Stuhl saß, wie immer ein Spiel zockend – was man ja eigentlich mit höllischen Kopfschmerzen tunlichst vermeiden sollte. Teruki lief sofort zu ihm hin, nahm ihm unter einer heftigen Standpauke das Handy weg, was Kanons schlechte Laune wieder hervorrief. Grummelnd verschränkte dieser seine Arme und starrte stur am Drummer vorbei, der Kanons Handy in Sicherheit brachte. Miku schloss die Tür hinter sich und ging zu Bou, der immer noch an der mittlerweile angenehm warmen Heizung kauerte, jedoch immer noch weiterzitternd. „Darf ich mich zu dir setzen?“, fragte er ihn und der Blondschopf sah auf. Seine Nase war mittlerweile knallrot. Auf dessen Nicken hin setzte sich Miku dicht neben ihn. Bou nutzte die neue Wärmequelle, indem er seine Arme um den Vocal schlang und sich an ihn kuschelte. Den Kopf legte er auf dessen Schulter ab. Miku legte ebenfalls einen Arm um Bou und strich sanft über dessen Arm. Der Blonde hustete kurz. Kanon betrachtete das alles skeptisch. In ihm stieg Angst auf, dass Miku sich für Bou entscheiden würde. //Sie gehen so fürsorglich miteinander um...Fast genau so wie vor ihrer Trennung...am liebsten würde ich Bou wegzerren und mich da hinsetzen...zu Miku...aber dann macht Teruki wieder einen Riesenaufstand und Miku ist dann auch sauer auf mich...// Er schüttelte missmutig mit dem Kopf. //Nee, das lasse ich lieber...// Auch Miku hatte ein paar mal einen flüchtigen Blick zu dem Bassisten geworfen, doch von den Vorgängen in ihm drin hatte er nichts gemerkt. Neben ihm schniefte Bou und Miku reichte ihm ein Taschentuch, welches er dankend annahm. Als der Gitarrist den Kopf hob, um sich die Nase zu putzen, fiel Miku auf, dass Schweißperlen dessen Stirn zierten. Bou steckte das benutzte Taschentuch in seine Hosentasche und wollte gerade seinen Kopf wieder auf Mikus Schulter legen, doch dieser hatte ihm eine Hand auf die Stirn gelegt. „Miku, lass das“, murmelte er leise und Miku nahm seine Hand wieder runter, betrachtete Bou jedoch ernsthaft besorgt. „Wie fühlst du dich?“, fragte er den Blonden, welcher nun doch wieder seinen Kopf abgelegt hatte. „Mir ist saukalt und ich habe Kopfschmerzen“, kam es als Antwort. „Wieso?“ „Weil du Fieber hast.“ Kanon und Teruki sahen erstaunt auf. Teruki legte seine PSP beiseite, auf der er gespielt hatte, und eilte zu Bou, fühlte. „Miku hat Recht, Bou.“ „Aber mir geht es gut“, maulte dieser, hustete jedoch sofort wieder und die Schweißperlen auf dessen Stirn und sein etwas roter Kopf verrieten das Gegenteil. Teruki erhob sich wieder, wendete sich jedoch nicht von Bou ab. „Du solltest dich besser hinlegen“, meinte er dann und warf Miku einen auffordernden Blick zu. Dieser nickte, als Zeichen, dass er verstanden hatte, und zog Bou auf die Beine. Dieser schwankte und Teruki und Miku stützten ihn. „Geht schon“, entschuldigte sich Bou leise. „Nein, es geht nicht“, beharrte Miku, trat mit seinem Sorgenkind aus dem Backstage-Room, nur um einige Türen weiter wieder in einen dieses mal etwas größeren Sanitätsraum zu treten, in welchem ein sogar gemütlich aussehendes Bett stand. Dort setzte er Bou ab und befahl diesem, sich hinzulegen. Bou gehorchte und Miku drehte sich um, um etwas Warmes zu besorgen, als er in der Tür, die er offen gelassen hatte, Kanon entdeckte. Dieser hielt eine große Tasse in der Hand, aus der es dampfte. „Du denkst ja echt mit“, meinte Miku und schenkte ihm als Dank ein warmes Lächeln. Insgeheim war er jedoch richtig irritiert über dessen auf einmal so fürsorgliches Verhalten. In den letzten sechs Monaten hatte er mit Bou nichts weiter gemacht als sich zu streiten und aus dem Weg zu gehen. Und jetzt? //Vielleicht vertragen sie sich ja wieder//, dachte Miku hoffnungsvoll und sah zu, wie Kanon Bou die warme Tasse reichte. Bou lugte kurz hinein und schnupperte. Dann verzog er angewidert das Gesicht. „Bäh! Das ist ja Tee!“, protestierte er. Miku setzte sich zu ihm und sah ihn an. „Du musst das aber trinken, Bou“, sagte er ruhig. Bou sah auf und ihre Blicke trafen sich. Der Blondschopf, welcher die große Sorge in Mikus Augen sah, wandte sich dann wieder seufzend seinem Tee zu, zögerte kurz. Dann trank er einen kleinen Schluck. „Und? Ist es so schlimm?“, fragte der Vocal lächelnd. „Es geht“, meinte der Blonde daraufhin. „Es nur ziemlich heiß.“ „Das hat Tee so an sich“, meldete sich Kanon zu Wort, der bis jetzt nur schweigsam daneben gestanden hatte. Bou hustete erneut. Die Tür ging auf und Teruki trat ein. In der Hand hielt er eine kleine Flasche, die von den anderen dreien neugierig beäugt wurde. „Die hier habe ich vom Manager bekommen“, sagte er aufklärend und wedelte mit der Flasche herum. „Aha. Und was ist da drin?“, fragte Bou, damit er genau wusste, was nun auf ihn zukam. Teruki grinste. „Sag ich nicht. Es wird dir aber bestimmt helfen.“ Er schüttete etwas davon in ein kleines Glas und Bou nahm dieses misstrauisch an; den Tee hatte er Kanon wieder in die Hand gedrückt. Bou rümpfte die Nase, als er daran schnupperte. „Uh, das riecht aber sauer.“ Doch tapfer wie er nun einmal war trank er die eigenartige Medizin in einem Schluck. Erneut verzog er das Gesicht und sah mit tränenden Augen zu Teruki. „Und es schmeckt auch noch sauer. Teruki! Was war das?“ „Wenn ich es ihm sage, bringt er mich glatt um“, raunte dieser leise Miku zu. „Das war nämlich Wasser mit `ner VitaminC-Tablette.“ „Uhm, Teruki?“, sagte Miku leise und zaghaft. „Du weißt schon, dass Bou die hasst, oder?“ Teruki grinste. „Eben darum will ich es ihm ja auch nicht sagen.“ „Was flüstert ihr da?“, rief Bou ganz beleidigt, hatte bereits das leere Glas mit dem Tee getauscht. „Nix“, meinte Miku rasch und musste sich ein Grinsen verkneifen. Was ihm jedoch ganz einfach fiel, denn er brauchte nur an Bous katastrophalen Gesundheitszustand zu denken. „Bou. Am Besten ist, wenn du jetzt den Tee trinkst und - “ „Aber ich mag keinen Tee! Der schmeckt widerwärtig“, protestierte Bou. „Und“, sprach Miku schnell weiter, „dich jetzt ausruhst. Du musst bis zum Konzert wieder einigermaßen fit sein.“ „Meinst du echt, der kann noch auftreten?“ Kanon sah den Vocal skeptisch an. „Er wird uns da oben doch schneller umkippen, als wir gucken können.“ „Da hat Kanon eigentlich Recht“, bemerkte Teruki ernst. „Aber das Konzert können wir nicht absagen.“ „Hey!“, rief Bou und musste eine kleine Pause einlegen, um zu husten. Was sich gar nicht gut anhörte, fand Miku. „Mir geht’s besser als ihr denkt.“ „Klar“, sagte Kanon spitz. „Das hören wir auch alle.“ Bou sah hilfesuchend zum Vocal, doch dieser war der gleichen Meinung wie Kanon und Teruki. Seufzend gab Bou auf und trank weiter an seinem Tee. Seine Bandkollegen warteten geduldig, bis er aufgetrunken hatte – eigentlich wollten sie nur sicher gehen, dass er es auch wirklich trank und nicht in den nächstbesten Blumentopf kippte -, und ließen ihn dann allein zurück, damit er schlafen konnte. Auf dem Weg zurück zum Backstage-Room bemerkte Miku Kanons missmutige Miene und sprach diesen darauf an. „Ich will auch in so `nem weichen Bett schlafen“, grummelte dieser als Antwort. Miku und Teruki schmunzelten nur. ***Flashback VIII*** //Endlich fertig.// Miku ließ völlig erschöpft von der erdrückenden Hitze, die sowohl draußen als auch in seinem kleinem Apartment herrschte – er hatte sich immer noch keine Klimaanlage angeschafft -, den Kuli auf den niedrigen Tisch in seinem mal wieder unordentlichem Wohnzimmer fallen. Überall lagen Kleidungsstücke, zerknüllte Zettel, leere und halbvolle Flaschen herum, doch das alles störte den kleinen Vocal wenig. Es war bereits vier Uhr nachmittags und er hatte den ganzen Tag nur am Songtext gearbeitet. Normalerweise schaffte er so etwas in maximal einer Stunde, doch er hatte nur an Bou denken können. Mit dem er jetzt zusammen war. Miku lächelte zufrieden, stand auf und ging zu Mirukus Käfig. „Na, mein Kleiner“, begrüßte Miku ihn, machte die Klappe auf und holte sein dunkelfarbenes Meerschweinchen heraus. Er griff in eine kleine Schachtel, die neben dem Käfig auf der Anrichte stand, und hielt Miruku einen Keks hin. Munter fing dieser an, daran herumzuknabbern. Ohne sein Haustier aus den Augen zu lassen, ging er wieder rüber zu seiner roten Couch. Nachdem er seine Wasserfalsche entleert hatte, lehnte er sich zurück und schloss zufrieden die Augen. Sofort sah er Bou vor sich, mit seinen hellen Haaren und dem kindlichen Aussehen. Miku streichelte Miruku, doch dieser machte sich nun selbstständig. Er verließ die Hand seines tierlieben Herrchens, nur um dann auf dessen Schulter zu krabbeln. Miku fing an zu lachen, als das weiche Fell ihn an seinem Hals kitzelte. Auf einmal überkam ihm die Idee, Bou anzurufen. Er wollte seine Stimme hören, wissen, wie es ihm geht. Aber als er gerade sein schnurloses Telefon in die Hand genommen hatte, fing dieses an zu klingen. Vor Schreck hätte Miku es beinahe fallen gelassen, doch dann nahm er hastig ab. „Mòshimoshi?“, meldete er sich, etwas atemlos. „Ich bin’s. Sag mal, stimmt irgendetwas nicht mit dir? Du hörst dich so komisch an.“ Miku unterdrückte ein Seufzen. Kanon konnte ja so direkt sein. Der Vocal war zudem enttäuscht, es hätte ja Bou sein können, der ihn da angerufen hatte. „Ich habe mich nur erschrocken, das ist alles.“ „Vom Telefon.“ Kanon klang skeptisch. „Hai.“ „Miku?“, fragte Kanon langsam. „Kann das sein, dass du sehr schreckhaft bist?“ Miku lächelte verlegen. „Hai, das glaube ich auch. Warum rufst du eigentlich an?“ „Schon vergessen? Wir wollten heute schwimmen gehen“, erinnerte ihn Kanon entrüstet. Der Vocal runzelte die Stirn. „Hatten wir nicht ausgemacht, dass ich dich anrufe, falls ich Zeit habe?“ „Doch, das haben wir“, gab Kanon trocken zu. „Aber der Tag ist schon fast rum und ich hab gewartet und gewartet.“ „Worauf?“ „Auf deinen Anruf, du Trottel.“ „Ach so. Aber du hast doch auch andere Freunde. Warum hast du keinen von denen gefragt?“ Miku hörte ein leises Stöhnen am anderen Ende. „Was stöhnst du so?“ „Soll ich dir mal ein kleines Geheimnis verraten?“ Kanon klang leicht entnervt. „Klar“, stimmte Miku zu, wenn auch etwas verwirrt. „Ich gehe am Liebsten mit dir schwimmen.“ Miku runzelte die Stirn. Was hatte er, was Kanons andere Bekannte und Freunde nicht hatten? Sicherlich waren sie doch bestimmt genau so wild und frech im Wasser wie Miku. Aber egal; es war zu warm, um über so eine Kleinigkeit (Kleinigkeit? xD) nachzudenken. „Wo treffen wir uns?“ „Wie immer.“ „Wann?“ „Jetzt.“ Kanon legte auf und auch Miku legte das Telefon zurück auf die Ladestation. Er nahm Miruku von seinem Kopf, auf dem dieser vor etwa einer Minute geklettert war, und hielt ihn sanft in der Hand. „Kanon ist schon seltsam“, erzählte Miku. „Weißt du, er benimmt sich seit einigen Tagen ziemlich seltsam. Oder es liegt nur an Bou, mit dem er sich heute ziemlich gezofft haben muss.“ Der Vocal stand von seiner roten Couch auf, ging rüber zu Mirukus Käfig und setzte das Meerschweinchen zurück in sein Heim. Dann suchte er seine Badehose, zog diese an, griff nach Handy und Schlüssel. „Bis später, Miruku.“ Von diesem kam ein leises Quieken. So schnell wie es die Hitze zuließ rannte Miku zur Bushaltestelle, die praktischerweise direkt gegenüber lag. Kaum dort angekommen, kam der Bus auch schon. Miku stieg ein und setzte sich auf einen der vielen freien Plätze. Kaum zehn Minuten später hielt der Bus an der gewünschten Haltestelle am Waldrand und der Vocal stieg aus. Er brauchte nicht lange, um dem kleinen Weg durch die hohen Bäume zu der verabredeten Badestelle zu folgen. Es war genau die gleiche Stelle wie vor einer Woche, wo Bou ihm die Liebeserklärung gemacht hatte. Nur eins war anders. Dieses Mal war es Kanon, der bereits sehnsüchtig wartete – und nicht der Blondschopf. Mit einem Lächeln im Gesicht überspielte Miku, wie enttäuscht und niedergeschlagen er wirklich war, als er auf den doch sehr stattlich aussehenden Bassisten zuging, der nur mit seiner Badehose bekleidet am Ufer stand und ihm erwartungsvoll entgegensah. Er wollte ihn gerade begrüßen doch Miku, der ahnte, was Kanon sagen wollte, kam ihm zuvor. „Halt bloß die Klappe“, sagte er völlig erschöpft. „Ich bin so schnell gekommen, wie es ging.“ Dann fiel ihm plötzlich was ein und er runzelte die Stirn. „Wieso bist du eigentlich schon hier? Von dir aus ist es doch mindestens zwanzig Minuten weiter als von mir.“ „Tja...“ Kanon grinste frech. „Das wird mein großes Geheimnis bleiben.“ Miku betrachtete den Schwarzhaarigen schmunzelnd. „Sag bloß, du hast mich von hier angerufen.“ Mit Erfolg sah er, wie er bei Kanon ins Schwarze getroffen haben musste. Kanon seufzte leicht und blickte enttäuscht drein. „Jetzt ist es wohl kein Geheimnis mehr.“ „Das war doch nie und nimmer ein Geheimnis!“, lachte Miku auf, zog sich das T-Shirt aus, warf es zu Kanons Sachen und legte seinen Schlüssel und das Handy dazu. Ohne sich noch einmal umzudrehen rannte er auf den Fluss zu. Das Wasser spritzte in hohem Bogen, als er sich in das kühle Nass warf. Miku war froh, Kanons Einladung nicht abgelehnt zu haben, denn die Kälte tat richtig gut. Sie vertrieb all die Müdigkeit und die Hitze aus seinen Knochen. Hinter sich hörte er ein Platschen und kurz darauf spürte er, wie jemand an seinem Fuß zog. Lachend versuchte Miku mit Erfolg, sich zu befreien. Er sah Kanon zu, wie dieser auftauchte und dabei seine schwarzen Haare wild schüttelte. Ein dichter Regen von Wassertropfen, klein wie Perlen, fiel auf sie hinab. „Wie wäre es mit einem Wettschwimmen?“, forderte er Miku auf, schwamm einige Meter weiter raus. Doch Miku schüttelte ablehnend den Kopf. „Nein, lieber nicht.“ „Wieso denn nicht?“ Kanon hatte sich auf den Rücken gedreht, sah enttäuscht zu ihm. Miku lächelte entschuldigend. „Ich habe nur Angst, dass ich wieder ertrinken könnte.“ „Das bist du doch nicht.“ „Aber beinahe.“ Kanon sah aus, als suche er händeringend nach starken Argumenten, doch dann schwamm er zurück zu Miku. „Wenn du meinst.“ „Es tut mir wirklich Leid, Kanon“, entschuldigte sich Miku erneut. Er wusste, wie sehr Kanon Wettschwimmen liebte – besonders mit ihm als Gegner. „Kein Problem, Miku.“ Er sah Miku allerdings schon fast bedrohlich an. „Aber das wird nachgeholt!“ „Versprochen“, lachte der Vocal auf. Sie schwammen noch einige Runden und lieferten sich eine wilde Wasserschlacht, die zu Kanons Gunsten endete, da Miku in seinem Eifer über einen im Wasser liegenden, dicken Ast gestolpert war, was ziemlich schmerzhaft gewesen war. Zähneknirschend humpelte er mit Kanons Hilfe zu dem Baum, unter dem ihre Sachen lagen, und ließ sich an dem Stamm hinuntergleiten. Er zog seinen schmerzenden Fuß zu sich und betrachtete ihn genauer. Miku konnte jedoch nichts Außergewöhnliches feststellen und so streckte er sein Bein aus. Er versuchte, den Fuß zu bewegen, und zog dabei ein schmerzerfülltes Gesicht. Dann gab er es auf. „Kannst du mir mal verraten, wie du es geschafft hast, im Wasser zu stolpern und dir dabei noch den Fuß zu verstauchen?“, kam es ungläubig von Kanon, der sich neben ihn gehockt hatte. „Keine Ahnung“, antwortete Miku und zog seinen schmerzenden Fuß wieder zu sich, um ihn an den Knöcheln etwas zu massieren. „Auf alle Fälle tut es höllisch weh.“ „Siehst du? Ein Wettschwimmen wäre nicht so schlimm ausgegangen“, meinte Kanon und grinste besserwisserisch. „Von wegen“, schimpfte Miku. „So langsam glaube ich, der Fluss hat etwas gegen mich. Erst lässt er mich halb ersaufen und dann das hier.“ Kanon legte sich ins weiche Gras und ließ die Sonne auf seine freie Brust scheinen. Den Kopf drehte er zu Miku, der halb im Schatten saß. „Ach, komm“, versuchte er diesen aufzumuntern. „Du wirst schon nicht sterben.“ Miku lächelte. „Das schon.“ Auch Kanon lächelte, als er sah, dass sein Vorhaben geglückt war. „Hast du jetzt eigentlich einen neuen Songtext?“ „Wäre ich sonst mitgekommen?“ Miku schaffte es, die Schmerzen zu ignorieren und grinste. „Außerdem riskiere ich es ungern, Teruki wütend zu erleben.“ „Manchmal fühle ich mich wie ein Sklave“, knurrte der Schwarzhaarige und starrte hoch in den wolkenfreien, blauen Himmel. „Ich meine, wie haben kaum noch Freizeit, ständig sitzen wir in diesem stickigen Proberaum. Und bei Photo-Shoots schwitzen wir und auch nur zu Tode.“ „Sieh’s doch mal positiv“, ermunterte Miku ihn. „Die Proben machen doch Spaß und wir kommen viel rum. Und in ein paar Monaten ist unsere erste Europa-Tournee! Freut dich das denn gar nicht?“ „Doch, schon.“ Kanon drehte seinen Kopf wieder auf die Seite und sah Miku freundlich an. „Du hast Recht.“ Miku grinste. „Du aber auch. Wenn Teruki so weitermacht, sind wir bald nur noch eine große Pfütze.“ „Bloß nicht!“ Kanon lachte. „Wie soll ich denn dann Bass spielen können?“ „Keine Ahnung“, scherzte Miku und sie alberten noch eine ganze Weile herum; die Schmerzen in seinem Fuß hatte er schon ganz vergessen... ***Flashback VIII Ende*** Bou war am Schlafen, als Miku in den Sanitätsraum eintrat. Er musste sich wohl eine Decke aus einem der weißen Schränke organisiert haben, die dann aber beim Schlafen runtergeschmissen haben musste. Sie lag zerknüllt auf dem Boden. Vorsichtig schloss Miku die Tür hinter sich und ging auf Zehenspitzen ans Bett, hob die doch etwas dünne Decke auf und legte sie über Bou. Dann setzte er sich auf den Drehstuhl, der neben dem Bett stand – ein echter Luxus für diese Halle-, und betrachtete den Kranken eingehend. In der Hoffnung, dass es ihm etwas besser gehen würde. Sein Gesicht war immer noch leicht rötlich und an den Stellen, wo es dies nicht war, war er sehr blass. Zudem stand ihm immer noch der Schweiß auf der Stirn. Miku erhob sich wieder, ging zum Waschbecken und hielt dort einen Waschlappen, der daneben lag, nass. Anschließend kehrte er zurück und tupfte Bou den Schweiß von der Stirn. Bou musste dies wohl im Schlaf gemerkt haben, denn er bewegte sich leicht. Miku hielt kurz inne, machte dann weiter. //Bou, bitte werde wieder gesund//, bat Miku innerlich völlig verzweifelt. In zwei Stunden sollte das Konzert losgehen und um Bou stand es noch nicht besser. Sollten sie es tatsächlich riskieren und ihn auf die Bühne schicken? //Nein.// Miku schüttelte den Kopf. //Konzert hin oder her. Bous Gesundheit geht vor.// Aber wie sollten sie das bitte den Fans erklären?? „Hey“, ertönte es schläfrig unter ihm. Miku nahm den Waschlappen runter und sah Bou mit Sorge an. Dieser hatte die Augen halb geöffnet. Er musste kurz husten und was Miku da hörte, klang nicht gerade gut. „Wie geht es dir, Bou-chan?“ „Nicht viel besser, um ehrlich zu sein,“ antwortete dieser etwas heiser. Miku schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln und legte ihm den kühlen Lappen wieder auf die schweißnasse Stirn. „Wie viel Uhr ist es?“, fragte Bou, strich sich die Decke vom Leib, die Miku vor ein paar Minuten sorgsam auf ihn gelegt hatte. „Fünf“, sagte Miku knapp. Bou sah ihn geschockt an und wollte aufspringen, doch Miku hielt ihn zurück. „Mach dir keine Sorgen“, fügte er daraufhin noch hinzu. „Uns wird schon was einfallen.“ „Und was bitte schön, wenn ich fragen darf?“, rief der Blondschopf völlig verzweifelt. „Ich glaube nicht, dass ich es in zwei Stunden schaffe, wieder topfit zu werden.“ Miku sah ihn niedergeschlagen an. „Das glaube ich auch nicht. Aber wir können das Konzert jetzt schlecht absagen, draußen stehen die Fans bereits Schlange. Teruki redet momentan mit dem Manager.“ „Schön“, knurrte Bou schlecht gelaunt, hustete erneut. Dann blickte er bettelnd zu Miku. Dieser lächelte. „Was willst du?“ „Wasser“, kam es als krächzende Antwort und Miku holte es ihm. Bou setzte sich vorsichtig auf, nahm dankend die Flasche, die ihm gereicht wurde und trank in hastigen Zügen. //Armer Bou//, dachte Miku wehmütig. //Irgendwie scheint er das Unglück magisch anzuziehen. Das ist einfach nicht fair...// „Akiharu?“ „Hai?“ Miku sah Bou, der ihn mit seinem richtigen Namen angesprochen hatte, irritiert an. Immer, wenn er dies tat, ging es um etwas ernstes. Das wusste er. „Kannst du mir mal verraten, warum du heute so schweigsam bist?“ „Bin ich das?“, fragte Miku ungläubig. Ihm selbst war das nicht aufgefallen. Wie denn auch, wenn er nur an den missglückten Versöhnungsversuch denken konnte? „Hai.“ Miku, der merkte, dass sich Bou um ihn sorgte, überlegte, ob er es ihm sagen sollte. Er wollte nicht, dass dieser sich Sorgen machte – besonders jetzt nicht, wo er krank war. Bou hatte dessen Zögernd bemerkt und legte den Kopf leicht auf die Seite. „Na, los. Sag es.“ „Ich...“ Miku stockte. Ihm war unwohl dabei, Bou davon zu erzählen, schließlich hatten sie noch nie ernsthaft über dieses Problem geredet. Miku hatte es ihm nur in der Nacht ihrer Trennung zornig an den Kopf geworfen, bevor er gegangen war. „Ich habe gestern mit meinen Eltern telefoniert, um mich wieder mit ihnen zu vertragen.“ „Und?“, fragte Bou gebannt. „Hat es geklappt?“ Miku schüttelte traurig den Kopf. „Meine Mutter hat es zwar nicht gesagt, aber ich habe gespürt, dass sie mich nicht mehr will. Sie hat sich nur nicht getraut, es auch zu sagen.“ „Ach, Miku...“ Bou setzte die Wasserflasche auf den Boden, krabbelte hinter Miku und umarmte diesen. Den Kopf legte er auf dessen Schulter. „Das ist alles nur meine Schuld. Wenn ich dir damals am See nicht meine Liebe gestanden hätte, wären wir nie zusammen- gekommen und du würdest dich jetzt noch prima mit deiner Familie verstehen.“ Miku schwieg, dachte an Silvester, was er nun alleine feiern musste. Gezwungenermaßen. Er spürte die fiebrige Hitze und den Schweiß, der von dem Blondschopf ausging. „Warum hast du mir eigentlich nie davon erzählt?“, fragte Bou, der jetzt endlich die Wahrheit wissen wollte. „Ich wollte nicht, dass du dir die Schuld dafür gibst.“ Miku drehte den Kopf und sah Bou besserwisserisch an. „Was du dann ja auch getan hast.“ „Gomen, Akiharu“, quengelte dieser drauf los, musste dann eine kurze Pause einlegen, um zu husten. „Wirst du dich etwas besser fühlen, wenn ich mir nicht die Schuld gebe?“ Miku nickte und Bou fuhr fort: „Okay, ich gebe mir nicht die Schuld. Ich denke, dass das alles auf deinen Mist gewachsen ist.“ Miku lächelte zaghaft. „Also, so direkt hätte das jetzt auch nicht sein müssen.“ „Fühlst du dich denn jetzt besser?“ Bou sah ihm mit seinem Dackelblick an, dem Miku nicht widerstehen konnte und nickte. Aber es stimmte. Er fühlte sich besser. Im Grunde genommen hatte Bou ja auch Recht. Es war seine Schuld gewesen, dass es überhaupt zu diesem Streit gekommen war. Wenn er eher zu ihnen hingegangen, es ihnen vielleicht nicht so direkt gesagt hätte...Würde er sich dann noch mit seinen Eltern vertragen? //Geschehen ist geschehen//, dachte Miku seufzend. //Ich kann die Zeit nicht mehr zurückdrehen – so sehr ich es auch will.// Miku strich dem Blonden über den linken Arm, welcher daraufhin kurz zusammenzuckte. „Gomen, Bou-chan“, sagte Miku hastig und fuhr herum. Bou hielt sich mit schmerzerfülltem Lächeln den Unterarm. „Nicht schlimm.“ Miku hätte sich am Liebsten ohrfeigen können. Wie hatte er vergessen könne, dass sich Bou vor zwei Tagen den linken Unterarm regelrecht aufgeschlitzt hatte? Als Entschuldigung schloss er den Blonden zärtlich in seine Arme. „Bou, das wollte ich nicht. Ehrlich.“ „Ist schon gut, Akiharu“, sagte Bou sanft und wand sich aus dessen Umarmung. Er wich Mikus irritierten Blick aus und nagelte ihn auf seinen verletzten Arm. „Hat Teruki mit dir über das gesprochen, was ich ihm gesagt habe?“ Miku schüttelte völlig verpeilt den Kopf. „Nein, wieso sollte er?“ „Hätte ja sein können“, murmelte Bou und gab ein leises Seufzen von sich. Der Vocal schaute den Blondschopf geduldig an, wartete darauf, dass dieser etwas sagen würde. Doch Bou schien mit sich selbst zu ringen. Als Miku ihn gerade darauf ansprechen wollte, was er denn habe, sagte der Gitarrist: „Ich wollte mich nicht umbringen.“ Er sah ihn Mikus geschockten Blick. „Falls du das gedacht haben solltest.“ Klar, hatte Miku das gedacht. Was denn sonst? Wer schlitzte sich denn schon selbst den ganzen Unterarm auf? Aber ihm fielen wieder Kanons Worte ein. Der Arzt meinte, es wäre nicht wirklich lebensgefährlich gewesen... „Aber warum hast du das getan, Bou?“, frage Miku tonlos. Er hatte einen bitteren Geschmack im Mund, er wollte eigentlich nicht über dieses Thema sprechen, denn in ihm kamen bereits die Schuldgefühle wieder hoch. Bou zuckte ahnungslos mit den Schultern. „Weiß nicht“, sagte er leise. „Ich habe es einfach nicht mehr ertragen können, weißt du? Ich hatte keinen anderen Weg gesehen als diesen.“ Er hob kurz seinen Arm hoch. „Und bevor du dir Vorwürfe machst“, warf er schnell noch hinter, als er in Mikus Augen sah. „Ich habe das nicht deinetwegen getan.“ „Das habe ich aber gedacht.“ „Du Baka.“ Ein leichtes Lächeln huschte über Bous Lippen und er kuschelte sich an den Vocal. „Wieso Baka?“, protestierte dieser. „Wenn das hier einer ist, dann doch wohl du! Weißt du eigentlich, was für Sorgen ich mir um dich gemacht habe? Das kannst du dir gar nicht vorstellen!“ „Gomen, Akiharu. Das wollte ich nicht“, sprach Bou. „Aber ich wusste keinen anderen Ausweg.“ „Ich weiß, dass das nicht deine Absicht war. Aber ich hätte mir ewig Vorwürfe gemacht, wenn du dich meinetwegen umgebracht hättest. Weil ich so ein Baka bin!“ Bou sah Miku, der angefangen hatte zu weinen, an. „Ich hätte mich doch nie umgebracht, Akiharu! Das war ein Unfall! Hörst du?“ Er drückte Miku fest an sich, er wollte ihn nicht seinetwegen so traurig sehen. Doch der Vocal wollte nicht aufhören, er hatte sich an die vergangenen sechs Monate erinnert, in denen er und Bou einfach nur glücklich waren – zumindest hatte er das bis vor ein paar Tagen gedacht. „Ich werde so was nie wieder tun, Akiharu. Ich verspreche es dir!“, sagte Bou verzweifelt weiter. „Aber bitte, hör auf zu weinen! Was sollen denn die Fans von dir denken, wenn du mit geröteten Augen auf die Bühne gehst? Du bist doch sonst immer so nyappy und steckst alles problemlos weg. Hast du das etwa alles verlernt?“ Eine einzelne Träne kullerte aus den Augen des niedlichen Blondschopfes. Miku wusste, dass Bou es ernst meinte, und wischte sich die Tränen fort, schluchzte. „Hast Recht, Bou-chan“, sagte er leise und dieser fuhr ihm durchs Haar. Er wusste, dass der Vocal dies besonders gern hatte - und tatsächlich, Miku wurde ruhiger. Bou legte seinen Kopf auf der Schulter des Vocals ab – sein Stammplatz – und Miku hielt ihn fest im Arm. Er wünschte, es wäre wieder alles beim Alten, dass er wieder mit Bou zusammen wäre. Aber er hatte sich entschieden. Nur...war es auch richtig? Klar, er hatte Kanon sehr gern, sie kannten sich schon seit Jahrzehnten. Sie hatten auch viel gemeinsam und konnten sich immer gut leiden, es gab so gut wie nie Streit. Miku fühlte sich in seiner Nähe zudem einfach sicher und geborgen. Bei Bou war das anders. Mit ihm konnte Miku am besten lachen und Spaß haben, Bou war immer super drauf – fast so, wie er selbst. Zwar fühlte er sich bei ihm geborgen und genoss dessen Nähe, doch da fehlte es an etwas. Miku wusste selbst nicht, was es war. //Ich werde mit Kanon reden...ob er mit mir erst einmal auf Probe zusammensein möchte...//, schoss es dem Vocal durch den Kopf, doch er fand selbst, dass sich dies ziemlich dämlich anhörte. „Akiharu. Weißt du eigentlich, dass du ziemlich dämlich bist?“, fragte eine sanfte Stimme dicht an seinem rechten Ohr. Miku lächelte ihn an. „Das weiß ich schon. Aber wie kommst du jetzt darauf?“ „Weil da schreckliche Sachen auf dem Zettel standen.“ Der Vocal sah ihn erstaunt an. „Ich dachte, darüber hätten wir schon mal geredet.“ „Hai, haben wir. Aber das geht einfach nicht mehr aus meinem Kopf.“ „Was denn?“ Bou löste sich aus der Umarmung und wandte den Blick ab. Er wollte nicht, dass Miku die Niedergeschlagenheit und die Sorge entdeckte. „Erst einmal, wie du das alles geschrieben hast. Und dann, dass du mir nicht vertraut hast.“ „Ach, Bou“, seufzte Miku. „Ich wollte nicht...“ „Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass du, wenn was ist, nicht zu mir kommst. Ich dachte, wenigstens mir vertraust du. Aber das war offensichtlich nicht so. So bist du halt. Du frisst alles in dich hinein, lässt niemanden an dich ran. Und wenn ich es nicht schaffe, dann bestimmt Kanon.“ „Bou! Ich - “ „Akiharu! Es hat keinen Sinn, wenn wir ein Paar sind und du mir nicht vertraust! Ich liebe dich und ich möchte nur das Beste für dich. Und wenn es Kanon ist! Hauptsache, du bist glücklich. Und mach dir bitte keine Sorgen um mich, wenn du dich traust, ihm zu sagen, dass du seine Gefühle erwiderst.“ „Woher...?“, stieß Miku entsetzt hervor. //Teruki muss gepetzt haben!// „Ich werde damit klar kommen, Akiharu. Wirklich. Ich verspreche es dir.“ Bou sah Miku an und durch seinen ruhigen und sanften Blick merkte Miku, wie ernst es ihm war. //Ich will ihn nicht enttäuschen...ich will ihm auch nicht noch mal so weh tun...// „Bou-chan...“ „Versprich es mir einfach.“ Miku nickte zögerlich. „Na gut, ich verspreche es.“ Der Blondschopf lächelte leicht und tätschelte dem Größeren wie bei einem folgsamen Hund den Kopf. „Braver Miku-chan.“ Der Vocal konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Hey! Ich bin doch kein Hund!“ „Ab jetzt, schon.“ Ein frech grinsender Bou stürzte sich auf ihn, schmiss ihn rücklings aufs Bett und fing an, diesen zu kitzeln. „Nein! Bou! Nicht!“, rief Miku unter Lachen hervor und wand sich, doch Bou ließ nicht ab. Daher setzte Miku zum Gegenangriff an und kitzelte den Blonden ebenfalls. Bou ließ, offenbar vor Schreck, von ihm ab und fiel aufs Bett. Miku nutzte die Chance, um sich schnell zu erheben und sich über Bou zu beugen, ihn pausenlos weiterkitzelnd. „Ich bin doch krank!“, kicherte dieser, mit einer Stimme, die sich gar nicht gut anhörte. „Das ist unfair.“ Miku hörte auf, ging aber nicht von ihm runter. Er grinste. „Aber nur deswegen verschone ich dich.“ „Hauptsache, du hast aufgehört“, quiekte Bou vergnügt, bekam aber sofort einen Hustenanfall. Miku setzte sich wieder auf die Bettkante. Gerade noch rechtzeitig, denn wenn Kanon gesehen hätte, wie Miku und Bou erneut so vertraut miteinander umgegangen wären, würde er wohl kaum so seelenruhig in der Tür stehen, wie er es jetzt tat. „Hey, Kanon“, begrüßte Bou ihn und Miku sah, dass dessen Aufgewecktheit und Fröhlichkeit so gut wie weg war. „Was machst du hier?“ „Habt ihr mal auf die Uhr geguckt? Wir müssen uns fertig machen“, antwortete der Schwarzhaarige und sah zu Miku rüber. Ihre Blicke trafen sich kurz und Miku hoffte, dass Kanon ihm nicht ansah, wie sehr sein Herz in seiner Anwesenheit klopfte und wie nervös und angespannt er war. Plötzlich realisierte er das, was Kanon gerade gesagt hatte, und sprang eilig auf. In seiner Hast brachte er es sogar fertig, über seine eigenen Füße zu stolpern, und hätte Kanon ihn nicht aufgefangen, wäre er mit Sicherheit auf den harten Boden geknallt. „A-arigatou, Kanon“, ächzte er und rappelte sich mit einem verlegenen Lächeln schnell auf. Er wich Kanons eindeutig freudigem und enttäuschtem Blick aus; erfreut darüber, dass der Blonde sprichwörtlich in seine Arme gesprungen war – enttäuscht, dass es nur maximal zwei Sekunden gewesen waren. „Kein Problem“, bemerkte er und wandte sich dann Bou zu. „Du sollst dich auch fertig machen, Bou.“ „Echt?“ Bou sah Kanon an, als wäre er der Messias. Der Bassist nickte und der Blonde machte einen Luftsprung und stand auf. Was sich sofort auf seinen sowieso schon angeschlagenen Kreislauf auswirkte. Miku eilte zu ihm und hinderte ihn daran, dass er umkippte. Bou klammerte sich an Mikus Ärmel. „Bist du dir sicher?“ Miku wandte sich Kanon skeptisch zu. Dieser zuckte nur mit den Achseln. „Ich überbringe nur das, was Teruki mir aufgetragen hat.“ Seufzend folgte Miku mit dem Blonden, der sich immer noch wie ein Affe an ihn klammerte, Kanon. Er fragte sich, was Teruki damit bezweckte. Sie konnten Bou unmöglich auf die Bühne schicken! Nicht für alles Geld der Welt! Die Garderobe befand sich direkt neben dem Bühneneingang und mehrere Frauen und Männer, die für das Make-up, Haare und die Kleider zuständig waren, eilten aufgeregt hin und her. An einer der längeren Wände des Raumes hing ein großer Spiegel, vor dem eine eben so lange, kleine Kommode mit Stühlen vorstand. An der anderen Seite hingen, ordentlich an Kleiderständern aufgehängt, ihre Kostüme. Miku setzte Bou auf dem nächstbesten Stuhl ab und sah sich nach Teruki um. Er entdeckte ihn ganz hinten bei der Set-List. Der Vocal lief zu ihm. „Meinst du das ernst?“, fragte er sofort ohne Umschweife. Teruki drehte sich erschrocken um. „Was meinst du?“ Miku deutete zwischen all den Leuten durch zu Bou, der wie ein Häufchen Elend auf seinem Stuhl hockte und gerade damit beschäftig war, sich seine Nase zu putzen. „Ach, das meinst du.“ Der Drummer sah Miku an und seufzte, als er dessen Besorgnis bemerkte. „Hör zu. Mir gefällt das auch nicht, aber ich habe gerade mit dem Manager gesprochen. Wir können das Konzert nicht mehr absagen, so Leid es mir auch tut. Glaube mir, ich habe alles in meiner Macht stehende probiert.“ „Aber was ist, wenn er völlig zusammenklappt?“, fragte Miku verzweifelt, doch er wusste, dass man Teruki unmöglich von seiner Meinung abbringen konnte. „Wir können das Konzert jederzeit abbrechen. Aber wir müssen es zumindest probieren.“ Teruki schob Miku beiseite und ging zum Blondschopf. Der Vocal folgte ihm. „Hi, Teruki“, krächzte Bou zur Begrüßung. „Meinst du, du kannst auf die Bühne?“, fragte Teruki und sah Bou erwartungsvoll an. Dieser schniefte kurz, nickte. „Aber, Bou! Du...“ Doch Bou warf ihm einen beruhigenden Blick zu und Miku verstummte. „Miku, ich schaffe das schon. Mach dir keine Sorgen.“ „Wie denn? Du kannst dich ja noch nicht einmal so auf den Beinen halten, wie soll das denn erst werden, wenn du eine schwere Gitarre in der Hand hältst und dich auf dein Spiel konzentrieren musst!“, wollte Miku ihm in seiner Verzweiflung ins Gesicht schreien, doch er ließ es bleiben. Bou war eben ein Sturkopf, da konnte man außer Hoffen und Bangen nicht viel machen. Stattdessen sagte er, ihn eindringlich ansehend: „Du gibst aber ein Zeichen, wenn du nicht mehr kannst. Dann können wir eine Pause machen. Versprichst du mir das?“ Bou nickte und lächelte gequält. „Wir wird wohl nichts anderes übrig bleiben, oder?“ „Ganz genau“, pflichtete Teruki ihm bei und setzte sich auf den freien Platz neben Bou und Kanon, der schon geschminkt wurde. Miku blieb nichts anderes übrig, als sich ganz nach hinten zu dem Schwarzhaarigen zu setzen. Ohoshisama kirakira de- Negai koto wo kanaeru tame ni Nagareboshi wo sagashite Mitsukarazu ni ishi koro nageta Ima no kibun unnyappy mune ni te wo atete mirata Akachan ga ogya tto “Tekesuta“ to ubugoe ageta Kono sekai wa aoi sora de tsnunagatte minna wa ikiteiru Tookute mo Hanaretemo Hitori janai Asu ga fuan de mienakute Jishin wo ushinatteru toki ni wa Saa Minna de utaeyou Kiteretsu na jumon Tiramisu Nyappy Poppo- Poppo- Nyappy Tiramisu … Während er sang und sich dabei wild bewegte, hatte Miku immer ein wachsames Auge auf seinen Gitarristen. Er war vollkommen verschwitzt, was aber eigentlich auch auf seine Bandkollegen zutraf, und machte längst nicht so viele rhythmische Bewegungen wie sonst. Doch Miku lobte den Staff innerlich. Sie hatten es nämlich hinbekommen, dass die Blässe in Bous Gesicht gewollt aussah und die rötliche Nase nicht mehr da war. Bevor AnCafe auf die Bühne gegangen war, hatte der Kleine noch eine große Menge an Nasentropfen verabreicht bekommen und dem war es wohl auch zu verdanken, dass er sich bisher nur einmal während des Konzertes die Nase putzen musste. Und immerhin hatten sie gut die Hälfte schon hinter sich. Plötzlich, kurz bevor Nyappy In The World I zu Ende war, sah Miku, wie Bou leicht schwankte. Hektisch – aber nicht zu hektisch wegen den Fans – drehte er sich zu Kanon und Teruki um, um ihnen ein Zeichen zu geben, dass Bou eine Pause brauchte. Nachdem sie einen Blick auf Bou geworfen hatten, der sich kaum noch auf den Beinen halten konnte, nickten sie ihm leicht zu. //Wieso hat Bou nur kein Zeichen gegeben?// Miku verbarg seine Wut, indem er das Publikum angrinste und ihnen immer wieder „Nyappy!“ zurief. Nachdem auch der letzte Ton verklungen war, befestigte Miku sein Mikrofon am Ständer, Kanon stellte seinen Bass weg und Teruki erhob sich. Die Fans kreischten. Der Vocal ging rüber zu Bou und half ihm, die Gitarre sicher zu verstauen. Dabei merkte er, dass das Kostüm des Blondschopfes schweißnass war. Okay, er war auch völlig verschwitzt, aber so extrem wie bei Bou war es nun auch nicht. „Warum hast du denn nichts gesagt?“, raunte Miku ihm ärgerlich zu, während sie die Bühne verließen, den Fans pausenlos zuwinkend. „Weil ich keinen Grund dafür sah, abzubrechen“, gab Bou mit heiserer Stimme zurück, als sie die Garderobe betraten. Erschöpft ließ er sich in einen Stuhl sinken und um den leichten Schwindel zu besänftigen, schloss er die Augen. Miku holte ihm eine Wasserflasche und reichte sie ihm. „Hier.“ Dankend nahm Bou sie und trank in hastigen Zügen. Während er trank, sprach Miku ihn noch mal darauf an. „Ich habe doch deutlich gesehen, dass es dir überhaupt nicht gut ging.“ „Wenn Miku das nicht gesehen hätte, dann wärst du doch zusammengebrochen“, meinte Kanon besorgt und griff ebenfalls nach seiner Trinkflasche. Bou schwieg nur, wich deren Blicken aus. Er wusste, dass sie Recht hatten, dass er schon eher das vereinbarte Zeichen hätte geben sollen. Aber er hatte sie nicht enttäuschen wollen – auch die Fans nicht. „Meinst du, du kannst gleich weiterspielen?“, fragte Teruki und gebot Miku zu schweigen, der gerade zu einem Protestschrei angesetzt hatte. „Ich denke, dass ich noch so zwei oder drei Songs schaffen könnte“, meinte Bou und wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht. Teruki gab den Befehl zum Umziehen und Bou nahm das leichteste und dünnste Kostüm, was sie da hatten – auch wenn es nicht das war, was für ihn heute vorgesehen war. Dann raunte er einem Stylisten eine Nachricht für die Ton- und Lichttechnik zu, der daraufhin davoneilte. Miku hörte nur mit halben Ohr zu, als Teruki die Songs verkündete, die sie nun als Letztes spielen würden. Er traute sich kaum, seine Augen von Bou abzuwenden, der nun zwar etwas trockener vor ihm die Bühne betrat – Jubelrufe bei den Fans -, aber dennoch noch etwas wacklig auf den Beinen war. Nachdem er sein Mikro erreicht hatte und bevor sie Nanairo Crayon De Egaku Hikari anstimmten, verkündete er den Fans: „Now we play our last three songs!“ Miku hasste es, sie nun mit enttäuschten Mienen zu sehen, doch er wusste, dass es nicht anders ging. Er hoffte stark, dass sie bald wieder nach Schweden kommen würden, um ihnen dann ein noch besseres und größeres Konzert zu liefern. Nur das würde noch dauern. Schon die ersten Töne des nächsten Songs verrieten, dass es sich um Snow Scene handelte. Pausenlos hatte er ein heimlich ein Auge auf Bou geworfen, der sich bisher wacker geschlagen hatte. Die große Sorge um Bou hatte ihn sogar vergessen lassen, dass er mit Kanon wieder Fanservice machen musste. Daher starrte er Kanon, der während der Gesangspause auf ihn zugekommen war, verpeilt an; was ebenfalls Verwirrung bei dem Bassisten auslöste. Kanon starrte Miku erwartungsvoll an – sagen konnte er ja nichts, da Miku das Mikro in der Hand hielt. Plötzlich fiel es Miku wieder ein, als seine Pause schon fast um war, und er beugte sich zum Bassisten vor, küsste ihn. Kanon nutzte die Gelegenheit – und als Rache für das lange Warten-, um von ihm einen richtigen Kuss zu stehlen. Miku ließ ihn kurz gewähren, ignorierte seine aufkeimenden Gefühle und die Rufe der Fans. Dann trennten sie sich. Miku begann zu singen und Kanon wanderte, lässig weiterspielend, auf seinen Platz zurück. Der Vocal schalt sich innerlich, als er kurz aussetzte, um die Fans singen zu hören. Wie hatte er das nur vergessen können?! Zudem wünschte er, Kanon hätte auf einen „richtigen“ Kuss verzichtet; denn zu den Sorgen um Bou waren erneut diese angenehmen Gefühle aufgekommen, die er seit einigen Tagen verstärkt in Kanons Nähe verspürte – besonders, wenn sie sich so innig küssten. Während er ihren letzten Song ankündigte, Smile Ichiban Ii Onna, überlegte er, wie oft Kanon darauf schon bestanden, ihn gedrängt hatte. Zunächst auf dem Eifelturm, womit auch alles seinen Lauf genommen hatte; dann zweimal als Fanservice, im Hotel, im Backstage-Room. Und immer das gleiche Gefühl... Doch zunächst einmal musste er sich um Bou kümmern. Kapitel 15: Auf nach Japan! --------------------------- Kapitel 15. Auf nach Japan! Nachdem sie sich umgezogen uns ausgeruht hatten, während der Staff die ganze Unordnung beseitigte, stiegen sie in ihren Tour-Bus. Miku setzte sich zusammen mit dem kranken Bou nach hinten, Kanon und Teruki in die Mitte. Der Blond- schopf hustete. Vor sich hinfröstelnd starrte er aus dem Fenster, Mikus Blicke möglichst nicht beachtend. „Komm her, ich wärme dich“, bot dieser ihm an und hob schon einladend die Arme, doch Bou schüttelte ablehnend den Kopf. „Ich möchte nicht, arigatou.“ //Dann halt nicht....// Miku wandte sich um, betrachtete die weißgepuderte Stadt. Überall, wo er hinsah, war Schnee. Nur nicht auf der großen Bundesstraße, auf der sie gerade fuhren. Bevor es zum Flughafen ging, mussten sie noch ihr Gepäck aus den Zimmern holen. Als der Bus vor dem Eingang hielt, wollte Bou schon aufstehen, doch Miku drückte ihn zurück auf den Sitz. „Bleib du hier“, sagte er. „Ich hole deine Sachen zusammen mit Kanon und Teruki.“ „Aber...“ Unter einem ermahnenden Blick stieg Miku mit den anderen zweien aus. Es war bereits nach zehn und dementsprechend war auch die Temperatur. Miku zog den Kragen seines Mantels höher, während er Kanon und Teruki hinterherlief, die auf die rettende Wärme des Hotels zueilten, und war froh, dass er Bou zurückgehalten hatte. „Teruki, wir kommen gleich nach und holen Bous Sachen“, rief Miku Teruki hinterher, als sie sich trennen mussten. Dieser nickte, dankbar für die Hilfe. Kanon kramte ihren Zimmerschlüssel hervor und schloss die Tür auf. Miku betrat hinter ihm den Raum. Es war alles sauber und aufgeräumt; die Betten waren bereits frisch bezogen worden. Miku schüttelte sich, als er sich an die unangenehme Situation im Hotelzimmer in Helsinki denken musste. „Alles OK bei dir?“, kam es von Kanon, dem das nicht entgangen war. Miku lächelte ihn beruhigend an. „Hai, mir geht es gut.“ Kanon wandte sich den Koffern zu, die fein säuberlich an ihren Betten aufgereiht waren. „Ich glaube, das wird sich gleich ändern. Wenn ich mir deine Sachen mal so angucke...“ Miku schluckte. Da könnte Kanon wohl Recht haben. Er hatte ganze zwei Koffer mitgenommen, in denen jeweils ein Elefant reinpassen könnte, und zudem noch eine große Tasche. Seine kleine, silbern schimmernde Umhängetasche befand sich bereits im Auto. „Nur gut, dass wir schon vorher gepackt haben“, meinte Kanon unter einem lauten Ächzen, während er versuchte, seine viel kleineren Koffer aus dem Zimmer zu ziehen. Miku nickte nur zustimmend und wagte sich dann an seinen Berg, der zusammen etwa eine Tonne wiegen musste. Als er sich seine große Tasche um die Schultern hängte und die zwei großen Koffer, welche zu Mikus Pech keine Rollen drunter hatten, hinter sich herschob, versuchte er sich verzweifelt daran zu erinnern, wie er das all die letzten Male hinbekommen hatte. Und wie er das ganze Zeug erst einmal hier raufbekommen hatte. Doch bei den vielen Einkäufen, die sich nach jedem Aufenthalt unweigerlich ins Unendliche gestapelt hatten, war das kein Wunder. Stöhnend lief er Kanon hinterher, der es etwas einfacher hatte. Teruki wartete bereits auf sie, umzingelt von großen Taschen und Koffern. Bou musste noch viel mehr mitgenommen haben als Miku. Der Älteste betrachtete stirnrunzelnd Miku. „Und du meinst, dass du noch was von Bou nehmen kannst?“ „Das werde ich doch wohl noch hinkriegen“, protestierte Miku und stellte keuchend seine Sachen ab. „Ich bin nicht so schwach, wie ihr immer denkt!“ „Echt?“ Kanon grinste frech. „Das wäre mir neu.“ Dafür erntete er einen vernichtenden Blick seitens Miku. „Teruki, gib mir die große Tasche dort!“, fuhr der Vocal den Drummer an. So ganz wohl fühlte sich dieser jedoch nicht, als er sich dem Befehl beugte und Miku das gewünschte Objekt zur anderen Tasche über die Schulter hängte. Kanon verschränkte die Arme. „Ich wette, du schaffst es noch nicht mal bis zum Aufzug.“ „Um was wetten wir?“, gab Miku herausfordernd zurück und sah den Schwarzhaarigen trotzig an. Dabei versuchte er die aufkommenden Schmerzen in seinem Rücken zu ignorieren. Wie sollte es erst werden, wenn er auch noch zwei voll bepackte Koffer tragen musste? „Um einen Tag mit dir allein.“ „Irgendwie war das klar“, knurrte Miku. „Aber ich nehme die Herausforderung an.“ Ohne auf die spöttischen Blicke Kanons achtend, griff er nach den zwei Koffern und hob sie mit aller Kraft hoch. Doch offenbar mit zu viel Kraft, denn die Koffer ließen sich nicht annähernd so schwer hochheben wie noch vor ein paar Minuten. Völlig perplex lief er los, doch das Ergebnis war nur, dass die Taschen um seinen Schultern gefährlich schwankten. Miku taumelte und fiel hin. „Autsch!“ „Alles in Ordnung, Miku?“, fragte Teruki und kniete sich neben ihn, Kanons Gelächter ignorierend. Miku rappelte sich auf, rieb sich seine schmerzende Brust, mit der er genau auf eine der zwei Taschen gefallen war. „Ich denke schon“, murmelte er. „Tja, dann habe ich die Wette wohl gewonnen“, kam es siegessicher von Kanon. Miku drehte sich ruckartig zu ihm um. „Das waren nicht meine Koffer!“, verteidigte er sich, denn er hatte Angst, einen ganzen Tag allein mit dem Schwarzhaarigen verbringen zu müssen. Wer weiß, was dieser anstellte und was für Gefühle in Miku wieder hochkommen würden? //Aber du hast dich doch schon längst für ihn entschieden//, flüsterte eine Stimme in seinem Ohr. //Dann musst du es auch ertragen können, mal mit ihm allein zu sein.// „Du solltest besser zuhören, Miku.“ Kanon schmunzelte. „Habe ich gesagt, dass es deine Koffer sein müssen?“ Der Vocal zog eine Schnute. „Nee.“ „Siehste? Und, habe ich die Wette nun gewonnen oder nicht?“ „Ja, ja!“, brummte Miku ärgerlich. „Aber jetzt lass mich in Ruhe!“ Irgendwie schafften sie es, den hohen Berg an Gepäck in den Aufzug zu schleppen und dann, mithilfe des Fahrers ihres Tour-Busses, der ihnen netterweise hinterhergegangen war, in den Auto zu packen. Miku, der immer noch höllische Schmerzen von dem Sturz hatte, ließ die anderen schuften und setzte sich auf seinen Platz neben Bou, der schon ungeduldig auf sie gewartet hatte und nun den Vocal erstaunt ansah. „Sag bloß, ihr habt alles mit einem Mal hier runter bekommen.“ Miku nickte nur. Dass er sich dabei ziemlich übel weh getan hatte, verschwieg er lieber. „Ich wusste gar nicht, dass du so viel Gepäck hast, Bou“, sagte er. Bou lächelte. „Das wollte ich dir ja sagen, aber dann warst du schon weg. Dein Pech!“ Frech wie er war, streckte er Miku die Zunge raus. Miku grummelte nur. //Aber immerhin hat Bou wieder Humor. Dann kann es ihm ja gar nicht mehr so schlecht gehen...// „Hi, Leute! Na, wie geht’s?“ Kanon hüpfte nach Teruki auf seinen Sitz, mit einem Grinsen, das von einem Ohr zum anderen reichte. „Geht das noch lauter?“, meinte Bou entnervt und schniefte. Teruki reichte ihm ein Taschentuch, welches er dankend annahm. „Gomen, Bou. Aber ich freue mich nur so! Das wird man doch wohl mal zeigen dürfen, oder?“ Kanon grinste ihn frech an. „Klar, aber doch nicht so!“ „Na, wie denn sonst? Soll ich etwa so niedergeschlagen und mies drauf sein wie du? Nee, danke.“ „Aber ich bin krank!“ Kanon ließ sich nicht weiter auf Bous Provokation ein, drehte sich nach vorne um und plapperte mit Teruki über ihre Weihnachtspläne. „Kami, wieso freut er sich nur so?“, raunte der Blondschopf Miku leise zu. „Wir waren doch nicht so lange weg.“ Miku schwieg lieber. Er hatte keine Lust, Bou von ihrer Wette zu erzählen, die er leider verloren hatte. //Kanon freut sich doch nur, weil er gewonnen hat...// Gedankenverloren blickte er aus dem Fenster. Er legte den Kopf etwas in den Nacken und entdeckte den Mond. Es war eine sternenklare Nacht. Nach einer Weile, in der er so vor sich hinüberlegt hatte, wie er ganze vierundzwanzig Stunden mit Kanon überleben könnte – klar, sie hatten sich früher des öfteren für mehrere Tage hintereinander verabredet, doch ohne, dass große Gefühle dahinter steckten – spürte er einen stechenden Blick auf sich ruhen. Fragend sah er Kanon an, der sich zu dem Vocal, der direkt hinter ihm saß, umgedreht hatte und nun, mit verschränkten Armen auf der Lehne des Sitzes ruhend, Miku interessiert musterte. „Was ist?“, fragte Miku, irritiert durch dessen Blick. „Nix.“ Kanon schmunzelte und der Vocal wandte sich seufzend ab. Er mochte es nicht, wenn jemand ihn so anstarrte – schließlich war er doch kein Tier im Zoo -, besonders nicht, wenn es sich um Kanon handelte. Bei Bou hätte er das ertragen können, von ihm war er das ja gewohnt. Miku fühlte sich, als ob Kanons Blick alles aufnehmen könnte, was in ihm vorging; und das behagte ihm nicht. Immer noch von dessen Blick irritiert, drehte er sich wieder zu ihm um und funkelte ihn wütend an. „Warum starrst du mich so an?“ Zu seiner Verwunderung ließ Kanon sich durch diesen kleinen Wutausbruch nicht aus dem Konzept bringen. Er grinste. „Ist doch klar, warum ich das mache?“ „Aha“, brummte Miku, dem überhaupt nichts klar war. „Ich finde dich einfach so süß, dass ich den Blick nicht mehr von dir abwenden kann.“ „Uhm...“ Miku wurde unwillkürlich rot. Darauf war jetzt nun wirklich nicht gefasst gewesen! Doch er spürte, wie sein Herz einen kleinen Hüpfer machte, zudem fühlte er sich geschmeichelt. //Was?! Ich und geschmeichelt von Kanons Kompliment?! Das gibt’s doch nicht!!!// Miku wusste nicht mehr weiter. „Wie süß! Du wirst ja ganz rot“, sagte Kanon und zwinkerte ihm zu. „Kannst mich mal!“ Wütend drehte Miku sich zum Fenster, in der Hoffnung, dass Kanon sein Gesicht nun nicht mehr sehen könne und sich endlich von ihm abwenden würde. Seine Taktik schien dieses Mal Erfolg zu zeigen. Aus den Augenwinkeln her realisierte er, dass Kanon sich wieder nach vorne umgedreht haben musste. Miku sah neben sich zu Bou, der die ganze Zeit wie gebannt aus dem Fenster geschaut hatte. Ab und zu hustete er stark, doch andere Lebenszeichen schien es nicht mehr viel von ihm zu geben. Der Vocal hoffte, dass Kanon ihn gerade nicht verletzt hatte und war gleichzeitig wütend auf den Bassisten, weil dieser auf Bous Gefühle einfach keinerlei Rücksicht zu nehmen schien. //Dabei hatte ich ihn extra darum gebeten! Aber er macht ja eh das, was er will//, dachte Miku seufzend. //Er hat mir auch versprochen, dass er das alles wieder in Ordnung bringen will und was ist jetzt? Nichts! Nichts ist besser geworden...obwohl...// Miku musterte den kleinen Blonden neben sich. //Bou scheint das jetzt alles etwas besser zu verkraften, er hat aufgehört ständig in Tränen auszubrechen....// Er hörte, wie sich Teruki mit Kanon über ihre jeweiligen Musikvorlieben unterhielt und konzentrierte sich auf deren Gespräch – auch, wenn es ihn kaum interessierte. Im Flughafen herrschte reges Treiben, obwohl es auf Mitternacht zuging. Geschäftsleute gingen mit energischen Schritten auf ihr Ziel zu – was entweder der Ausgang oder einer der Gates war. Mütter waren damit beschäftigt, ihre kleinen und sehr aufgeregten oder auch nur müden Kinder unter Kontrolle zu halten, während die Männer keuchend das Gepäck hinterher schoben. Doch alle verharrten einen kurzen Moment, um den großen Weihnachtsbaum anzuschauen, der genau in der Mitte des Flughafens unter einer riesigen Glaskuppel aufgestellt worden war, zu bewundern. An ihm glitzerten rote und silberne Kugeln und es waren tausende von Kerzen angezündet worden, die den weitläufigen Terminal in ein sanftes Licht tauchten. Auch Miku, Bou, Teruki und Kanon waren in respektvollem Abstand stehen geblieben, bewunderten den prächtigen Baum. „Wow“, kam es andächtig vom Blondschopf. Er legte eine kurze Pause ein, um zu husten. Dann fuhr er fort: „So einen Weihnachtsbaum habe ich noch nie gesehen.“ Er spürte eine Hand auf seiner Schulter und drehte sich fragend zu Miku um, der nur nach oben deutete. Bou legte den Kopf in den Nacken und blickte hoch zur Glaskuppel, durch die der sternenklare Himmel und der helle Vollmond auf sie herabfunkelten. Bou quiekte vor Freude auf und wollte sich dies am Liebsten ewig anschauen. So kam es zumindest Teruki vor, der den Kleinen dann an der Hand packte und mit ihm auf eine Bank in der Nähe des Baumes zusteuerte. Sofort fing dieser an, rumzuquengeln. „Terukiiii! Du bist fies!“, jammerte er, traute sich jedoch nicht, sich von Teruki loszureißen, welcher die Quengelei einfach über sich ergehen ließ. Miku und Kanon folgten ihnen, jedoch nicht ohne Sicherheitsabstand. „Bou hat völlig vergessen, dass er krank ist.“ Kanon grinste. „Wenn er von etwas fasziniert ist, vergisst er alles“, bemerkte Miku. „Einmal war er derart von einem Handy begeistert gewesen, dass er nicht gemerkt hatte, wie direkt hinter ihm ein kleines Mädchen in einen Ständer mit CDs gelaufen war.“ Kanon lachte. Sie setzten sich zu Teruki und Bou, der gerade mit seiner unaufhörlich laufenden Nase beschäftigt war, auf die Bank. Bou hatte zwar aufgehört zu jammern, doch er zog eine Schnute wie sieben Tage Regenwetter. „Ich habe Hunger!“, fing Bou wieder an zu maulen. Miku, der sich dazu berufen fühlte, Bou jeden Wunsch von den Lippen abzulesen, solange er krank war, sprang auf und hastete davon. „Wo läuft Miku denn jetzt hin?“, fragte der Blondschopf irritiert und schniefte. „Er holt für dich was zu Essen, du Baka“, kam es amüsiert von Kanon. Bou verschränkte grummelnd die Arme. „Ich hab doch nicht gesagt, dass er mir was holen soll.“ „Das hat er aber so verstanden“, meinte Teruki und gab dem Blonden einen leichten Klaps. „Jeder hätte das so verstanden. Außerdem ist das doch kein Weltuntergang.“ „Doch!“ „Aha? Warum denn?“ „Weil...“ Bou verstummte kurz und legte die Stirn in Falten, so, als ob er anstrengend über etwas nachdenken musste. „Weil was?“, hakte Kanon nach. „Weil es einfach so ist“, sagte Bou schnell, verschränkte schmollend die Arme und starrte geradeaus. Teruki und Kanon warfen sich heimlich Blicke zu. Sie fanden es einfach nur komisch, dass Bou so schnell einschnappen konnte. Dann fiel dem Schwarzhaarigen etwas ein. Er beugte sich etwas vor uns sah in Bous blasses Gesicht. „Sag mal...“, sagte er langsam. „Wieso rastest du eigentlich so schnell aus? Das ist doch schon gar nicht mehr normal bei dir.“ Kaum hatte er zuende gesprochen, wünschte er, er hätte nie den Mund aufgemacht. Bou starrte ihn verbissen an. „Ich und schnell ausrasten?“, fuhr er ihn erbost an. „Wer rastet denn hier immer als erster aus, hm?“ Er wollte noch weitersprechen, doch ein starker Hustenanfall hinderte ihn daran. Kanon lehnte sich an und sah sich nach Miku um. Er wünschte, der Vocal würde bald wiederkommen; mit der Hoffnung, dass das Essen Bous Laune wieder ins Normale befördern konnte. Teruki kümmerte sich derweil um Bou und gab ihm seine Wasserflasche, die der Blonde jedoch ausschlug. „Bou, du musst aber was trinken“, beharrte der Älteste und musterte Bou, der unaufhörlich am Husten war. „Ich möchte aber nicht.“ „Jetzt nimm schon,“ versuchte es Teruki weiter. „Nein!“ „Das Wasser beißt dich schon nicht.“ Bou, der sich nicht gegen Teruki zu Wehr setzen wollte, griff missmutig nach der Flasche und trank einen Schluck. Dann gab er sie ihm wieder. „Reicht das?“ „Fürs erste, ja.“ Teruki hatte gehofft, Bou würde mehr trinken, doch er konnte froh sein, dass sich dieser überhaupt dazu aufgerafft hatte, etwas Wasser zu sich zu nehmen. „Hey!“, rief Kanon auf einmal freudig. „Miku kommt wieder!“ „Wo?“ Teruki sah sich suchend um, doch der Schwarzhaarige war bereits aufgesprungen und hastete nun quer über den Platz auf jemanden zu, den der Drummer für einen Gepäckträger gehalten hatte. Doch es war kein Gepäck, was Miku da anschleppte. Er hatte fünf voll bepackte Tüten von McDonalds in den Händen und musste dazu noch ein Tablett aus Pappe mit Getränken in der Balance halten. „Ich nehme dir was ab“, bot Kanon an und ehe sich Miku versehen konnte, hatte dieser ihm auch schon die Getränke und zwei der Tüten aus der Hand gerissen. „Arigatou“, sagte der Vocal erleichtert. „Mache ich doch gern.“ Kanon zwinkerte ihm geheimnistuerisch zu. „Aber...warum hast du so viel gekauft? Bou kann doch nicht so viel essen.“ Miku musste lachen, als er in dessen zweifelndes Gesicht blickte. „Baka“, sagte er und hüpfte vergnügt auf Teruki und Bou zu. „Das ist für uns alle!“ Er drückte Teruki und Bou, bei dem der Husten allmählich wieder nachließ, jeweils eine Tüte in die Hand. „Miku, du bist der Beste!“, kam es begeistert vor Teruki, bevor dieser seine Tüte aufriss und den Inhalt inspizierte. „Woher weißt du denn mein Lieblings-Menü?“ „Tja, ich passe halt auf, was ihr esst“, meinte Miku grinsend. „Aber rechnen kannst du nicht! Du hast fünf Menüs geholt, wir sind aber nur zu viert.“ Kanon hielt ihm eine der beiden Tüten, die er Miku abgenommen hatte, besserwisserisch unter die Nase. „Falsch.“ Miku riss sie ihm aus der Hand. „Das ist noch meine.“ Er setzte sich wieder auf seinen Platz neben Teruki und Kanon, der dabei war, die Getränke zu verteilen. Bou nahm seins zwar an, stellte es jedoch neben sich, ohne es weiter zu beachten. „Du bist ein Vielfrass“, sagte Teruki noch, bevor er in seinen Burger biss. „Bin isch nischt!“, protestierte Miku, nachdem er sich eine ganze Hand voll Pommes in den Mund gestopft hatte und nun genüsslich kaute. Teruki und Kanon patteten ihn gleichzeitig. „Du bist unverbesserlich“, grinste der Bassist und trank einen Schluck. Miku war zu sehr mit seinem Essen beschäftigt, dass er das schon gar nicht mehr mitbekam. Er aß so schnell, dass er mit seinen zwei Menüs als Erster fertig war – weit vor den anderen. Nun saß er gelangweilt auf der Bank, wartete darauf, dass die anderen ebenfalls fertig wurden. „Ich komme gleich wieder“, entschuldigte er sich, als es ihm zu blöd wurde und stand auf. „Wo gehst du hin?“, fragte Bou und sah ihn neugierig an. Er hatte zwar am Lautesten nach etwas Essbarem gerufen, doch er hatte noch nicht einmal seine große Portion Pommes aufgegessen. „Ich gucke mir mal die Läden an“, lächelte Miku und entfernte sich. „Er kann es bestimmt nicht ertragen, dass wir essen“, raunte Kanon Teruki zu und setzte sich auf Mikus frei gewordenen Platz. „Damit könntest du Recht haben“, gab dieser zurück und trank seine Cola aus. „Nicht nur “könntest“, das ist so“, meinte Bou, nagte nachdenklich an einer Pommes rum. Derweil hatte Miku auf einen Zeitschriftenladen zugesteuert und ihn betreten. Suchend sah er sich nach etwas zu Lesen um und wunderte sich, dass die meisten Zeitschriften entweder in Englisch oder anderen, ihm sehr fremden Sprachen geschrieben waren. Erst dann fiel ihm wieder ein, dass sie sich noch nicht in Japan befanden, sondern immer noch in Stockholm. Da er keine Lust auf etwas Englisches hatte, verließ er den Laden schnell wieder. Bedrückt streifte er durch eine kleine Einkaufspassage, in der sich alle möglichen Geschäfte befanden. „Wenn ich doch bloß nicht so pleite wäre“, murmelte er leise vor sich hin, als er das Schaufenster eines Kleidungsgeschäftes sehnsüchtig betrachtete. Die Puppe trug eine dunkle Jeans mit einem Gürtel mit der in silbern glänzenden, durch Diamantähnliches hervorgehobenen Aufschrift „ELVIS“ und einem schwarzen Shirt, auf dem die Umrisse eines Adlers abgedruckt waren. Darüber hatte man der Schaufensterpuppe eine ebenso schwarze, schlichte Jacke angezogen und um deren Hals einen weichen Schal geschlungen. Doch Miku war froh, Bou die Gitarre geschenkt zu haben. Ein Lächeln huschte über Mikus Gesicht, als er sich an dessen Begeisterung erinnerte, die Bou übermannt hatte, während er zum ersten Mal auf seiner neuen E-Gitarre gespielt hatte. „Das würde dir bestimmt gut stehen“, raunte eine vertraute Stimme hinter ihm. Miku schrak zusammen und drehte sich hastig um. Dicht hinter ihm stand Kanon, der ihm offenbar gefolgt war, und betrachtete mit einem Lächeln die Puppe. „Was machst du denn hier?“, fragte Miku nur, immer noch geschockt von dessen plötzlichem Auftritt – geschweige denn davon, was Kanon da gerade gesagt hatte. Klar, er selbst fand das Outfit nicht schlecht, doch er bezweifelte, dass es ihm stehen würde. Kanon drehte den Kopf leicht zum Vocal und schmunzelte. „Das Gleiche wie du, nehme ich an.“ Miku betrachtete schweigend die Puppe, ohne sie jedoch wirklich anzusehen. Er war sich zu 200% sicher, dass Kanon ihm gefolgt war; der Terminal war sehr weiträumig und selbst wenn der Bassist nur seine Richtung, in die er aufgebrochen war, eingeschlagen hätte, gab es viele kleine Abzweigungen. Aber es machte Miku nicht wütend – was er eigentlich gehofft hatte. Er mochte es nicht, wenn er allein sein wollte und jemand ihm einfach hinterherdackelte. Der Vocal fühlte sich auf irgendeine Art nervös, seit Kanon aufgetaucht war. Dieser stand immer noch so dicht hinter ihm, dass Miku dessen Atem in seinem Nacken spüren konnte. „Ich kaufe es dir.“ „Nani?“ Miku drehte sich zu ihm um und sah ihn irritiert an. „Warum das denn? Ich habe doch erst in einigen Wochen Geburtstag. Außerdem ist das viel zu teuer!“ Aber Kanon war nicht mehr von seinem Einfall abzubringen, er zerrte Miku hinter sich her in den Laden. //Jetzt weiß ich wenigstens, wie sich Kanon gefühlt haben muss, als ich unbedingt die Gitarre für Bou kaufen wollte//, dachte Miku mulmig, während er hilflos mit ansehen musste, wie der Schwarzhaarige alle Sachen zusammen suchte. „Hier“, sagte Kanon, als er damit fertig war und Miku die Kleidungsstücke in die Hand drückte. „Aber Kanon!“ „Keine Wiederrede.“ Er schob den kleinen Vocal, der sich immer noch dagegen sträubte, auf eine der Kabinen zu. Bevor er ihn da reinschubste, schenkte er ihm einen sanftmütigen Blick „Tu’s mir zu liebe. Ich gucke auch nicht.“ „Na toll“, brummte Miku, als der schwere Vorhang von Kanon zugezogen wurde. Er legte die Sachen, die er anziehen sollte, auf den Stuhl und machte sich daran, sich auszuziehen. Warum er das tat und wieso er sich Kanon gegenüber nicht wehrte, war ihm schleierhaft. Vielleicht einfach nur, weil er das Outfit an sich klasse fand oder aber weil er Kanon damit einen Gefallen tun wollte. Doch warum sollte er ihm einen derartigen Gefallen tun? Als Miku sich die Hose anzog, fiel ihm auf, dass die Größe sofort passte. „Woher kennst du eigentlich meine Größe?“, fragte er irritiert. „Ich kenne dich besser als du denkst“, gab Kanon zurück, der neben der Kabine auf Miku wartete. Schnell streifte sich Miku das Shirt und die Jacke über. //So langsam wird mir das mit Kanon echt unheimlich//, dachte er unbehagen, während er den ELVIS-Gürtel enger um seine Hüften zog. //Obwohl das schon ziemlich süß ist...// Unwillkürlich errötete Miku und sein Herz schlug schneller. Er band sich den Schal so um, wie er es im Schaufenster gesehen hatte und nachdem er sicher war, dass die Röte aus seinem Gesicht verschwunden war, wagte er einen Blick in den Spiegel. Wider seiner Erwartung stand ihm das Outfit recht gut. Es betonte, wie schlank er war und ließ ihn um einige Zentimeter größer wirken. Zudem stach sein niedliches Gesicht deutlicher hervor. Er zupfte etwas an seinen hellen Haaren, um sie in die richtige Position zu bringen. „Bist du fertig?“, fragte Kanon. „Ja, aber ich – Kanon!“, schrie Miku, als er durch den Spiegel sah, wie Kanon in die Kabine getreten war. Der Vocal fuhr herum. „Du kannst doch nicht einfach so reinkommen!“ Kanon sagte nichts, sondern sah Miku nur an. Dieser wagte es nicht, den Schwarzhaarigen direkt in die Augen zu sehen. Ihm war das etwas peinlich. Sonst hatte er für Bou immer die Kleidung ausgesucht, oder anders herum. Er spürte, wie Kanon einen Schritt auf ihn zukam und sein Gesicht sanft zu sich drehte. Miku sah genau in dessen Augen, die ihn geheimnisvoll anfunkelten. Sein Herz machte einen Hüpfer vorwärts. Kanon lächelte ihn an. „Das steht dir sogar noch besser, als erwartet“, sagte er leise. „Dann...kann ich mich ja wieder umziehen“, murmelte Miku langsam, wich Kanons Blick aus. Der Bassist legte eine Hand in Mikus Nacken, zog diesen näher zu sich ran und bevor Miku sich versehen konnte, hatte dieser auch schon angefangen ihn zu küssen. Doch der Vocal wehrte sich nicht dagegen, das hatte er schon längst aufgegeben; sanft erwiderte er. Er spürte eine angenehme Wärme in ihm aufsteigen und genoss Kanons Streicheleinheiten auf seinem Rücken. Dann löste sich Kanon, sah Miku lächelnd an. „Bitte, lass es mich dir kaufen.“ Miku zögerte kurz. Er wollte das eigentlich nicht, schließlich kostete es viel Geld. Doch er wusste, dass selbst wenn er Nein sagen sollte, Kanon es ihm trotzdem schenken würde. „Na gut. Aber dann als Weihnachts- UND Geburtstagsgeschenk!“ „Einverstanden!“, rief Kanon erfreut. „Dann zieh es am besten schnell aus, damit ich es bezahlen kann.“ „Was ich aber nicht mache, wenn du hier drin bist“, meinte Miku schnell, der ahnte, auf was Kanon hinauswollte. „Schade. Aber ein Versuch war es doch Wert, oder?“ Er zwinkerte dem Vocal noch schnell zu, ehe er die Kabine verließ. „Baka“, murmelte Miku, mehr zu sich selbst. Er zog sich so schnell es ging um, bevor Kanon auf die Idee kommen könnte, noch einmal unangekündigt und ganz “zufällig“ die Kabine zu betreten. Nachdem er fertig war, reichte er Kanon die Sachen, der dann auf die Kasse zueilte. Miku wartete vor dem Laden auf ihn, bevor der Schwarzhaarige ihm noch einige andere Sachen zum Anprobieren geben konnte. Miku hatte nämlich so einen speziellen Ausdruck in seinen Augen gesehen, der ihm gar nicht gefallen hatte, als Kanon auf die Kasse zugegangen war und dabei einige Kleiderständer inspiziert hatte. Die spärliche Hoffnung, Kanon würde das nun doch nicht kaufen, erlosch sofort, als Miku die große Tüte in dessen Hand sah, während er auf ihn zukam. „Hier, die kannst du gefälligst selber tragen“, sagte Kanon und reichte sie ihm. Miku nahm sie und warf einen flüchtigen Blick rein. Erst jetzt wurde ihm richtig bewusst, was Kanon ihm da gerade für ein Geschenk gemacht hatte – und ein teures dazu. Okay, es war nicht annähernd so teuer wie die E-Gitarre, doch Miku ahnte, dass Kanon nun selbst erst einmal auf andere Gegenstände verzichten musste. Zudem berührte es ihn auf eine Art, die ihm neu war. „Arigatou!“, rief er gerührt und umarmte den Schwarzhaarigen fest. Dieser schien sein Glück noch gar nicht zu fassen, wo Miku ihm gerade zum zweiten Mal an diesem Tag wortwörtlich in die Arme gesprungen war. „Gern geschehen“, meinte er lächelnd und war froh, dass Miku ihm doch nicht den Kopf für diesen Kauf abgerissen hatte, wie er es noch an der Kasse befürchtet hatte. „Aber sag den anderen bitte nicht, dass ich dir das geschenkt habe“, fügte er noch warnend hinzu. „Sonst killen die mich – sowohl Teruki als auch Bou!“ „Keine Sorge“, murmelte Miku, der seine Umklammerung etwas gelöst hatte, sich aber noch nicht von ihm trennen wollte. „Solange du mich mit der Gitarre verrätst, ist es bei mir sicher.“ „Wow, dann bist du ja gut abgesichert“, lachte Kanon. Er bewegte sich etwas, in der Hoffnung, Miku würde dann von ihm ablassen. Als nichts dergleichen geschah, wurde er etwas ernster und betrachtete den Vocal stirnrunzelnd, der den Kopf auf seiner Schulter abgelegt hatte. „Ich fühle mich ja geehrt, dass du mich nicht mehr loslassen willst. Aber wir müssen zurück und so kann ich schlecht laufen.“ Keine Antwort. „Miku?“ Kanon packte den Vocal an den Schultern und sah ihn an. Er stöhnte, als er dessen geschlossene Augen sah und seine ruhigen Atemzüge wahrnahm. „Du kannst doch jetzt nicht schlafen!“ Er rüttelte etwas an ihm und Miku öffnete etwas verschlafen die Augen. „Gomen“, murmelte dieser und trat ein paar Schritte zurück. Er blinzelte, um die Müdigkeit, die ihn gerade auf einmal übermannt hatte, zu vertreiben. Doch es wollte nicht so recht gelingen. „Alles in Ordnung bei dir?“, fragte Kanon leicht besorgt. Der Vocal nickte, lächelte leicht. „Bin nur etwas müde.“ „Etwas müde?! Das meinst du jetzt doch wohl nicht ernst! Du bist mir im Stehen eingeschlafen!“ Kanon packte Mikus tütenfreie Hand und zerrte ihn energisch in Richtung Weihnachtsbaum. „Gomen“, wiederholte sich Miku. „Das war keine Absicht.“ „Das weiß ich doch.“ Kanon drehte sich im Gehen kurz zu ihm um und lächelte ihn an. Teruki und Bou hatten offenbar schon ungeduldig auf sie gewartet. „Wo ward ihr denn solange?“, kam es tadelnd von Teruki und reichte Kanon und Miku jeweils ihre kleinen Umhängetaschen. Ihr Gepäck hatten sie schon abgegeben, bevor sie auf den überdimensional großen Weihnachtsbaum gestoßen waren. „Unser Flug ist bereits aufgerufen worden.“ „Wir waren nur...“ „Einkaufen!“, wurde Kanon von einem eingeschnappten Bou unterbrochen, der die große Tüte in Mikus Hand entdeckt hatte. „Ohne mich!“ „Aber Bou. Du bist krank“, versuchte Miku ihn zu beruhigen. „Und da kommt Shopping an letzter Stelle. So leid es mit auch tut. Außerdem warst du noch am essen.“ „Das ist gemein“, protestierte Bou weiter, während sie auf das Gate zumarschierten. „Ach, Bou!“, schimpfte Teruki, dem die Meckerei des Blonden allmählich auf den Zeiger ging. „Jetzt hör doch mal auf. Und sieh endlich mal ein, dass es dir nicht gerade gut geht! Hätten wir das Konzert nicht von uns aus abgebrochen, wärst du uns vor den Fans noch umgekippt!“ Die Standpauke musste gesessen haben, denn Bou sprach kein Wort mehr, bis sie einige Minuten später im Flugzeug saßen. Dieses Mal hatten sie zwei Zweier-Plätze hintereinander. Kanon und Bou stürmten auf die Fensterplätze zu. „Bou! Du sollst doch nicht rennen!“, rief Miku ihm verzweifelt hinterher, doch der Blonde hockte bereits auf dem von ihm eingenommenen Platz und schaute aus dem Fenster. Dabei hustete er ganz gewaltig. Kopfschüttelnd setzte sich Teruki neben ihn und befahl ihm, etwas zu trinken. Bou nahm murrend die Flasche, die ihm gereicht wurde und verfluchte sich innerlich dafür, dass er sich Teruki gegenüber nicht zur Wehr setzen konnte. „Dabei hätte ich auch gerne ans Fenster gewollt“, murrte Miku leise und setzte sich vor die beiden, neben Kanon. „Willst du?“ Dem Bassist war dessen leidender Gesichtsausdruck nicht entgangen und wollte schon aufstehen, um ihm den Platz zu überlassen, doch er wurde von dem Vocal zurück in den weichen Sitz gedrückt. „Nein, bleib du nur da sitzen“, meinte Miku dankend, lächelte. „Als kleine Gegenleistung sozusagen.“ Damit gab Kanon sich zufrieden und sie schnallten sich an. Hinter sich hörte Miku den Blondschopf immer noch husten und drehte sich besorgt um. Durch den kleinen Schlitz zwischen den Sitzen konnte er Bou gut sehen. „Das hört sich echt nicht gut an.“ „Is’ gleich vorbei“, keuchte der Blonde, doch dann überkam ihm ein erneuter Anfall. Seufzend setzte sich Miku wieder richtig hin. //Ja, das kann man auch so gut hören...// Die Durchsage kam und kurz darauf setzte sich das Flugzeug in Bewegung, um auf die Startbahn zuzurollen und dann in die Höhe zu steigen. Ihnen wurde Essen angeboten, doch Miku lehnte dankend ab. Er wollte nur noch eins. Schlafen... ***Flashback 14*** Am nächsten Tag war von Teruki die Probe bereits schon um acht Uhr morgens anberaumt worden und so standen alle Mitglieder von AnCafe pünktlich im Proberaum, den Teruki zum Glück über Nacht gelüftet hatte. Selbst Miku hatte es nach über einer Woche mal wieder geschafft, pünktlich zu erscheinen – ja, er war sogar der Erste gewesen; aber das auch nur, weil er es nicht erwarten konnte, Bou zu sehen. Er hatte jedoch eine geschlagene Viertelstunde vor geschlossener Tür stehen müssen, da er seinen Schlüssel in der Eile zuhause vergessen hatte, bevor Kanon eingetrudelt war. Miku humpelte in den Raum und setzte seine Tasche ab. „Tut dir dein Fuß immer noch weh?“, fragte Kanon leicht besorgt, dem das nicht entgangen war, und ging ihm hinterher. Die Tür ließ er offen, damit Bou und Teruki nicht extra ihre Schlüssel hervorholen mussten. „Hai. Aber es ist schon etwas besser geworden.“ Kanon wollte etwas erwidern, doch er ließ es bleiben, als Teruki und Bou den Raum betraten. „Mikuuuu!“, rief Bou, rannte voller Freude auf Miku zu und umarmte diesen stürmisch. Miku konnte gerade noch so den Impuls unterdrücken, den Kleinen etwas inniger und leidenschaftlicher mit einem Kuss zu begrüßen. „Hey, na wie geht’s?“, erkundigte er sich, nachdem Bou sich gelöst hatte. „Prima!“ Bou ging strahlend zu seiner Gitarre, um sich schon mal einzuspielen. Während sich Miku startbereit auf seinem Stammplatz – den Verstärker – setzte, blickte er kurz in Kanons Gesicht, der gedankenverloren auf seinen Bass starrte, den er sich bereits umgehangen hatte. Er wollte Kanon gerade fragen, was er denn habe, als er von Teruki angesprochen wurde. „Hast du jetzt eigentlich einen neuen Text, Miku?“ „Oh! Das hatte ich ja ganz vergessen!“, rief dieser überrascht, als es ihm wieder einfiel. „Sag bloß, wir haben jetzt keinen Text“, stöhnte Teruki. „Nein, nein!“ Miku kramte aus seiner Hosentasche einen kleinen, zusammengefalteten Zettel hervor und reichte ihn grinsend Teruki, der es ihm buchstäblich aus der Hand riss. „Wenn ich ihn nicht gestern schon eingepackt hätte, würde er jetzt noch bei mir auf dem Tisch liegen, wollte ich damit sagen.“ „Wieso das denn?“, fragte Teruki stirnrunzelnd, während er den Zettel auseinander faltete. „Weil ich...sagen wir mal...andere Dinge im Kopf hatte“, sagte Miku langsam und sah kurz rüber zu Bou, der den Blick erwiderte und daraufhin einen Lachanfall unterdrücken musste. Miku schmunzelte nur und wartete, dass Teruki Text durchgelesen hatte. Als dieser fertig war, sah er den Songwriter zufrieden an. „Gefällt mir“, lobte er ihn. „Arigatou“, grinste dieser, konnte seinen Blick einfach nicht von Bou abwenden, der selbst über beide Ohren hinweg grinste. Teruki entging dies zwar nicht, doch momentan hatte er weiß Gott besseres zu tun als sich auf deren Albernheiten - wie er damals fälschlicherweise als Erstes gedacht hatte - einzulassen. „Hast du auch schon eine ungefähre Ahnung von der Melodie?“ Miku nickte und begann zu singen. Als er geendet hatte, war Teruki hoch auf begeistert und sie fingen an, an der Melodie zu feilen. Nach etwa drei Stunden intensiven Probens hatten sie das Gröbste bereits erarbeitet. „Lasst uns eine Pause machen“, schlug Teruki vor, der mit dem bisherigen Ergebnis sichtlich zufrieden war. Kanon und Bou stellten fast zeitgleich ihre Instrumente weg. Der Schwarzhaarige eilte zum Kühlschrank, um daraufhin mit einem kühlen Bier in der Hand Teruki in den TV-Raum zu folgen. „Kommst du auch?“, fragte Bou, der auf Miku wartete. „Hai. Es könnte nur etwas dauern.“ Er stand auf und Bous verwirrter Blick löste sich in Luft auf, als er dessen Humpeln bemerkte. „Was ist passiert?“, fragte er voller Sorge und ging zu ihm. „Ich habe ihn mir gestern nur verstaucht, keine Sorge“, versuchte er ihn zu beruhigen. „Ist nichts ernstes.“ Bou hatte bereits wieder den Mund aufgemacht, um ihn zu fragen, wie das denn passiert sei, doch sie hatten bereits den TV-Raum erreicht und Miku, der keine große Lust verspürt hatte, Bou von seinem Treffen mit Kanon zu erzählen, warf sich neben Teruki auf die Couch. „Hey, Kanon! Schalt mal eins höher, da läuft gerade meine Lieblingsserie“, rief Miku quietschvergnügt und Kanon schaltete, wenn auch murrend, auf den gewünschten Sender. „Und rutscht mal!“ „Hey, geht’s noch?“, fuhr Kanon ihn entnervt an, und kam den Wünschen des Vocals nun zum zweiten Mal nach, indem er brav ganz nach links auf die Couch rutschte. Nachdem auch Teruki etwas weitergewandert war, zog Miku seinen Blondschopf neben sich auf die Couch. Dieser kuschelte sich zufrieden an den Größeren. Miku schlang einen Arm um ihn und blickte auf den Fernseher. Dem Programm konnte er jedoch nicht wirklich folgen, er musste pausenlos an Bou denken, den er im Arm hielt. //Er ist einfach süß...//, dachte Miku, während er verträumt auf den Kopf des Blondschopfes guckte, der sich eng an seinen Arm schmiegte. //So unglaublich süß...// Er merkte, wie Kanon wieder zurückschaltete und sah verstört auf. „He!“ „Du guckst doch eh nicht hin“, meinte dieser, starrte auf das laufende Sportprogramm. „Aber - “ „Lass ihn doch, Miku-chan.“ Bou strich Miku sanft über den Rücken und sah ihn beruhigend an. Der Vocal seufzte kurz, machte aber keine Anstalten, sich gegen den Bassisten weiter zu Wehr zu setzen – alleine schon, um Bou einen Gefallen zu tun. „Ich hole mir mal was zu trinken“, entschuldigte sich Miku, schob den Blondschopf leicht zur Seite und erhob sich. Während er auf den Kühlschrank nebenan zuhumpelte, hörte er hinter sich, wie jemand ebenfalls aufgestanden war und ihm folgte. Er drehte sich um und sah direkt in die kleinen Augen des Blondschopfes, die ihn – jetzt, wo es ihm erst richtig bewusst wurde – schon immer fasziniert hatten. „Ich hätte auch für dich gehen können“, meinte Bou und warf einen Blick auf Mikus verletzten Fuß. „Du hättest nur was sagen brauchen.“ „Arigatou, Bou-chan“, lehnte Miku das Angebot nachträglich ab. „Aber das geht schon. Wirklich.“ „Wenn du meinst.“ Doch Bous Stimme klang keineswegs zufrieden. Nachdem Miku nach einer Flasche gegriffen hatte, drehte er sich zu ihm um, direkt in dessen leidendes Gesicht blickend. „Ist was?“ Doch Bou schüttelte nur den Kopf. „Ach, komm.“ Miku machte einen Schritt auf ihn zu, sodass er nun direkt vor ihm stand. „Irgendetwas hast du doch.“ Gedankenverloren spielte er mit einer Strähne, die sich in das niedliche Gesicht des Blondschopfes verirrt hatte. Dann spürte er, wie Bou sich an ihn drückte und klammerte. „Es ist nur so schwer, in deiner Nähe zu sein“, erklärte er leise das, was in ihm vorging. „Wieso? Ich dachte, du liebst mich,“ fragte Miku ein wenig irritiert aber auch besorgt. Was hatte Bou nur? Vor wenigen Minuten war doch noch alles in Ordnung gewesen. Obwohl...jetzt, wo er es sich recht überlegte, fiel ihm ein, dass Bou sich schon im TV-Raum stark an ihn geklammert hatte. „Deswegen ja“, murmelte der Blondschopf weiter. „Ich...ich finde es nur so schwer, es vor den anderen zu verheimlichen.“ „Nani? Du warst es doch, der das nicht wollte!“ „Das schon, aber ich denke, dass es das Beste ist, wenn wir es ihnen sagen. Ich meine, schließlich sind wir in letzter Zeit den ganzen Tag zusammen. Wie sollen wir denn da mal einen ruhigen Moment allein haben? Außerdem...“ Bou sah auf und zu Mikus Erleichterung – aber auch Verwirrung – grinste er ihn keck an. „Außerdem möchte ich es am Liebsten der ganzen Welt verraten!“ „Lass das bloß“, wehrte Miku schnell ab und lachte. „Ich weiß“, sagte Bou, es klang jedoch ein wenig enttäuscht. „Aber du bist so verdammt süß, dass ich mich richtig geschmeichelt fühle, mit dir zusammen zu sein!“ Miku spürte, wie er etwas rot wurde. „Das beruht aber auf Gegenseitigkeit“, beharrte er grinsend. „Aber wenn du möchtest...sagen wir es ihnen.“ „Hai.“ Bou nickte zufrieden. Er zerrte Miku hinter sich her, zurück in den TV-Raum. Dabei nahm er aber auf dessen Fuß Rücksicht. Teruki und Kanon waren derart von dem Baseball-Spiel fasziniert, was momentan wohl seinen Höhepunkt erreicht haben musste, als sie sich setzten. Miku öffnete seine Flasche und trank in hastigen Zügen. Auf Bous Dackelblick hin, der sich wieder an ihn geschmiegt hatte, reichte er sie ihm. Nachdem dieser das Wasser zu Mikus Entsetzen leer getrunken hatte, stellte er sie neben sich auf den Boden. „Uhm, Kanon? Teruki?“, fragte Miku ganz vorsichtig. „Können wir mal mit euch reden?“ „Hmm.“ „Später.“ //Na toll//, dachte Miku ärgerlich. //Und so etwas schimpft sich Freunde.// Aber auch egal, dann mussten sie halt bis nach dem Spiel warten. Doch dann hörte bestimmt nicht mehr Teruki zu, weil er dann mit der Probe weitermachen wollte. Er spürte, wie er angestubst wurde und sah runter in das Gesicht des Blonden, der abermals seinen Dackelblick aufgesetzt und den Kopf auf die Seite gelegt hatte. „Was ist?“, grinste Miku. „Ich halt’s nicht länger aus“, flüsterte dieser leise als Antwort, zappelte unruhig hin und her. Der Vocal schmunzelte, warf rasch einen Blick auf Kanon und Teruki, die anscheinend immer noch nicht mitbekommen hatten, dass sie wieder da waren, und beugte sich zu dem Gitarristen vor. Seine Lippen berührten fast die von Bou und ihre Blicke trafen sich. „Ich auch nicht“, hauchte er, bevor er sich ihre Lippen entgültig vereinten. Bou erwiderte den Kuss leidenschaftlich. Er bat bei Miku um Einlass, der diesen auch sofort gewährte. Der Vocal schloss, zufrieden in den Kuss hineinseufzend, die Augen, schmiegte den Blondschopf an sich. Er spürte, wie Bou daraufhin seine Arme um ihn schlang und er wünschte, der Kuss würde niemals enden. Wie aus weiter Ferne hörte er Terukis entsetzte Stimme. „Was macht ihr denn da?“ Doch dadurch ließen sie sich nicht stören und trennten sich erst voneinander, als sie keine Luft mehr bekamen. Miku warf Bou noch einen verliebten Blick zu, bevor er sich traute, aufzusehen. Kanon hatte offenbar vor Schreck etwas von dem Bier auf seinem Hemd verteilt, doch das schien ihn wohl gerade nicht wirklich zu interessieren. Er hatte sich nach vorne gebeugt, um an Teruki vorbei sehen zu können, und starrte sie entgeistert und mit offenem Mund an. Teruki schien nicht minder überrascht zu sein. „Sagt mal“, sagte dieser mulmig, nachdem er sich wieder einigermaßen gefasst hatte. „Es hat keiner was von Fanservice gesagt.“ Bou kuschelte sich an Miku an und sah mit einem verlegenen Lächeln im Gesicht zu Teruki auf. „Wissen wir.“ „Und...warum habt ihr das dann getan?“, hakte Teruki nach, der es schon ahnte. „Weil...“ Der Blondschopf überlegte, wie er das jetzt am besten sagen konnte, doch ihm wollte nicht so wirklich was einfallen. Hilfesuchend sah er Miku an, der es daraufhin an seiner statt erklärte. „Weil wir zusammen sind.“ Terukis Kinnlade klappte runter, starrte sie fassungslos an. Doch Kanons Reaktion war noch weit interessanter als die des Drummers. Er war aschfahl im Gesicht worden und hatte sich gedankenverloren wieder dem Baseballspiel zugewandt. „Ist das euer Ernst?“, fragte Teruki und sah die beiden nun ruhig an. Miku und Bou nickten. „So...richtig zusammen?“ Erneut nickten sie. Teruki sah sie noch einen Augenblick lang ausdruckslos an, doch dann wandte er sich achselzuckend ab, den Blick auf den Fernseher gerichtet. Miku und Bou warfen sich irritierte Blicke zu. Sie hatten eine andere Reaktion erwartet. Vielleicht nicht, dass sie sie jubelnd und freudeschreiend in die Arme nahmen, doch aber irgendwelche schönen Worte. Doch die blieben aus. Miku wollte gerade etwas sagen, als Teruki sich erhob, sie möglichst nicht ansehend – so kam es dem Vocal zumindest vor. „Lasst uns weitermachen.“ Kanon schaltete den Fernseher aus und hastete hinter dem Drummer her. Auch Miku und Bou standen auf. „Und? Fühlst du dich jetzt besser?“, fragte Miku leise, während sie in den Proberaum gingen. „Hai.“ Bou drückte den Vocal noch einmal kurz an sich, bevor er auf seine E-Gitarre zusteuerte und sich diese umhing. Miku wanderte einige Schritte weiter auf den Verstärker zu und ließ sich auf ihm nieder. Dann kam von Teruki der Befehl, den Song einmal so zu spielen, wie sie ihn bis jetzt erarbeitet hatten. Der Rest der Probe verlief schweigsamer als die ersten drei Stunden. Wenn sie etwas sagten, dann über den neuen Song. Gegen Abend erklärte Teruki die Probe für beendet. „Ich würde vorschlagen, dass wir uns morgen um die gleiche Zeit treffen.“ Miku, Bou und Kanon nickten zustimmend. Ihnen blieb ja eh nichts anderes übrig. Kanon stellte seinen Bass weg und räumte seine Sachen ein wenig zusammen, damit er sie am nächsten Tag nicht suchen musste. Bou hatte sich neben Miku auf den Verstärker gesetzt und schaute Kanon und Teruki beim Aufräumen fröhlich zu. Derweil massierte sich der Vocal seinen angeschlagenen Fuß, um ihn auf den langen Weg zur U-Bahn vorzubereiten. „Du könntest ruhig helfen, Bou“, sagte der Bassist kühl, als er merkte, dass er beobachtet wurde. „Nee, danke. Ihr seid heute dran, Miku und ich machen es dann morgen.“ Bou grinste. Er liebte es einfach nichts zu tun, während andere für ihn die ganze Arbeit erledigten. Besonders, da er am meisten Müll machte. „Scheiß Regel“, knurrte Kanon, während er sich wohl oder übel dran machen musste, Bous Saustall wegzuräumen. „Das hat dich doch sonst immer nicht gestört“, schaltete sich Miku ein. „Warum jetzt?“ „Weil er einfach schlecht drauf ist“, antwortete Bou für Kanon. „Schnauze!“, griff dieser den Blonden daraufhin an und schmiss wütend die Zettel, wo Bou seine Gitarrengriffe drauf notiert hatte und die er gerade erst aufgehoben hatte, auf den Boden. „Kanon!“, rief Teruki erbost, der bis gerade im TV-Raum aufgeräumt und den Lärm gehört hatte. „Ist doch wahr!“, schrie Kanon diesen daraufhin an. „Er macht am meisten Dreck von uns allen, wieso räumt er dann nicht immer auf?! Das macht er doch bestimmt extra! Aber mir reicht es!“ Wutentbrannt schnappte er sich seine Tasche, rannte ohne die anderen noch einmal anzusehen, die ihn mit ihren entgeisterten Blicken folgten, aus dem Proberaum und knallte die Tür hinter sich zu. „Wie habt ihr den denn so wütend bekommen?“, fragte Teruki, während er sich nach den Zetteln bückte, die Kanon fallen gelassen hatte. „Wir haben gar nichts gemacht“, entschuldigte sich Bou kleinlaut. „Wir haben hier nur gesessen. Stimmt’s, Miku-chan?“ Miku nickte zustimmend. Auch er konnte sich den plötzlichen Wutanfall Kanons nicht erklären. Er musste an gestern denken, was der Schwarzhaarige ihm am See gesagt hatte. Dass er sich manchmal überfordert fühlen würde durch die ganzen Proben. „Er steht bestimmt immer noch unter Schock“, meinte Teruki. „Wieso?“ Miku erhob sich und half dem Ältesten beim Aufräumen. Bou blieb dort sitzen, wo er war, ihnen zusehend. Teruki warf Miku einen freundlichen Blick zu. „Weil du und Bou jetzt wohl zusammen seid.“ „Und wieso war das ein Schock?“, fragte Miku weiter, der das einfach nicht verstehen konnte – oder wollte. Teruki hatte alle Zettel eingesammelt und legte sie sortiert auf eine kleine Anrichte neben dem Kuhlschrank. Dann drehte er sich seufzend zum Vocal um. „Weil das gerade ziemlich unerwartet kam. Wie würdest du denn reagieren, wenn ich von jetzt auf gleich mit Kanon zusammen wäre?“ „Schockiert.“ „Siehst du?“ Teruki lächelte und nahm Miku die zusammengeknüllten Zettel ab, auf denen sie ihre ersten Versuche gekritzelt hatten, und warf sie in den Müll. „Und genau so hat Kanon reagiert.“ „Aber ich verstehe es immer noch nicht.“ „Miku. Gib ihm einfach Zeit, sich daran zu gewöhnen. Okay?“ „Na gut.“ Da es für ihn nichts mehr zu tun gab, humpelte Miku wieder zum Verstärker und setzte sich neben Bou, der sich auch prompt an ihn kuschelte. „Warst du auch schockiert?“, fragte dieser und sah Teruki entschuldigend an. Dieser zögerte kurz, nickte dann aber. „Aber du bist nicht so ausgeflippt wie Kanon“, bemerkte Miku und grinste. „Kompliment!“ Teruki packte schweigend seine Tasche und Miku und Bou, die sich gerade unbeobachtet fühlten, nutzten die Gelegenheit für einen Kuss. „Dass mir das aber nicht zur Gewohnheit wird“, tadelte sie Teruki lächelnd, der es nun doch gesehen hatte. Miku und Bou trennten sich voneinander, grinsten sich an. „Also...akzeptierst du es?“ „Was heißt hier akzeptieren?“, sagte Teruki und betrachtete sie nachdenklich. „So lange ihr euch nicht ständig küsst und knuddelt ist das wohl in Ordnung. Ist ja schließlich eure Sache.“ Er hängt sich seine Tasche um und ging auf die Tür zu. Er machte sie auf, doch anstatt rauszugehen, drehte er sich zu Miku und Bou um, die immer noch auf dem Verstärker saßen. Er lächelte. „Kommt ihr oder wollt ihr hierbleiben?“ Miku und Bou brauchten sich nicht anzusehen, um sich zu einigen. „Arigatou, Teruki“, sagte der Vocal. „Wozu?“ „Dafür, dass du es anscheinend besser verkraftest als Kanon.“ Teruki verabschiedete sich lachend und machte die Tür hinter sich zu. Bou betrachtete den Vocal nachdenklich. „Und was machen wir jetzt?“ Dieser grinste ihn verführerisch an und sie küssten sich. Doch der Blondschopf löste den Kuss schnell wieder. Er stand auf und zerrte Miku in den TV-Raum. Dort setzten sie sich auf die Couch und Bou schmiegte sich an den Größeren. Miku genoss es mit dem Kleineren zu kuscheln, doch mit seinen Gedanken war er nicht so ganz bei der Sache. Bou, der seine Gedankenverlorenheit bemerkt hatte, sah ihn fragend an. „Was hast du?“ Miku blickte runter ihn dessen Gesicht. „Ich frage mich nur, warum Kanon so wütend geworden ist, und nicht Teruki.“ „Teruki ist älter – und vernünftiger.“ Miku lachte. „Stimmt. Komm her.“ Er legte Bou sanft auf den Rücken und beugte sich anschließend über ihn, um ihn zu küssen. Doch dieses Mal war Bou nicht so ganz bei der Sache. Er musste daran denken, was Kanon vor einigen Tagen zu ihm gesagt hatte. Dass er Miku schon länger über alles lieben würde. Und wenn Bou ehrlich zu sich war, hatte er es den beiden nur verraten, damit Kanon keine Chance mehr gegen ihn hatte. Er erwiderte den Kuss gierig und war froh, dass er Miku endlich für sich allein hatte... ***Flashback 14 Ende*** „Miku...Miku...“ „Was?“, nuschelte Miku leise, der gerade in seinem schönen Traum gestört fühlte. Er hatte auf einer großen saftigen Wiese gelegen; die Vögel hatten oben am Himmel gekreist und eine Hasenfamilie hatte nur einige Meter neben ihm gehockt. Zunächst hatte Miku gedacht, es wäre der Hasenvater gewesen, der ihn da gerufen hatte, doch dann war ihm eingefallen, das Hasen ja gar nicht sprechen könnten. Klar, im Traum ist alles möglich. Aber nicht, dass der Hase Kanons Stimme hatte! „Miku!“, kam es etwas energischer und daraufhin öffnete Miku verschlafen die Augen. //Seltsam...//, dachte er und runzelte nachdenklich die Stirn. //Wieso sehe ich nur blau???// Miku hielt das nun doch alles nur für einen bösen Traum und schloss die Augen wieder. „Miku! Bitte!“ „Was is’ denn los?“, fragte Miku, völlig verstört. Doch jetzt fiel ihm erst auf, dass er ziemlich weich lag...viel zu weich...denn bevor er eingeschlafen war, war es nicht so schön weich gewesen... //Egal...// Er nutzte den Wink des Schicksals, um wieder einzudösen und klammerte sich an das weiche Etwas, auf dem er wohl lag. //Moment mal!//, stutze Miku. //Wo bin ich eigentlich?// Zunächst völlig orientierungslos öffnete er die Augen, sah wieder nur blau. Dann drehte er seinen Kopf zur anderen Seite, und auf einmal sah er nur noch schwarz! „Seltsam“, murmelte er leise. Sein Blick wanderte immer höher, bis er nicht mehr schwarz sondern genau in die verstörten Augen sah, die Kanon gehörten. Erschrocken quiekte Miku auf und rappelte sich aus dessen Schoß auf, in dem er gelegen hatte. „Was ist denn da vorne los?“, hörte er Bou hinter sich rufen, doch er war immer noch so verschreckt, dass er kein Wort hervor brachte. Nun, wo er hellwach war, stellte Miku erstaunt fest, dass das blaue, was er gesehen hatte, der Sitz vor Kanon gewesen war; und das schwarze war dessen Kleidung gewesen. „Miku ist endlich aufgewacht“, antwortete dieser gerade und glättete seine ganz verknitterte Hose, auf welcher Miku vor einem Augenblick noch gelegen hatte. „Gomen, Kanon“, quengelte dieser drauf los, als ihm bewusst wurde, welchen Schaden er wohl bei dem Schwarzhaarigen angerichtet haben musste. „Kein Problem“, murmelte dieser. „Du kannst ja nichts dafür. Im Schlaf hat man sich eben nicht unter Kontrolle.“ Miku runzelte die Stirn und betrachtete den Bassisten, der nun nachdenklich aus dem Fenster starrte. Irrte er sich oder war dieser – bevor Miku eingepennt war – noch bester Laune gewesen? Und jetzt saß er abwesend auf seinem Platz, mit einem Gesicht, aus dem alle Farbe gewichen war. „Alles in Ordnung, Kanon?“, fragte er vorsichtig. „Klar“, antwortete dieser, kühler als er beabsichtigt hatte. „Was sollte denn sein?“ „Ich meine ja nur so“, sagte Miku kleinlaut, betrachtete den Bassisten besorgt. „Eben warst du nur so fröhlich und jetzt bist du so...so...“ „So was?“ Kanon hatte den Kopf zu ihm gedreht. Miku blickte genau in dessen tiefe Augen. „So abwesend wollte ich sagen.“ Kanon fuhr dem Vocal durch die Haare. „Baka“, sagte er dann. „Mach dir nicht immer sofort solche Sorgen. Ich war nur in Gedanken.“ „Ach so.“ Kanon schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln und erhob sich. „Wo gehst du hin?“, fragte Miku neugierig. „Wo kann man in einem Flugzeug schon großartig hingehen?“, gab Kanon zurück, bevor er – wie es Miku schien – eilig davon hastete. Miku konnte ja nicht ahnen, was er in Kanon ausgelöst hatte, als er auf dessen Schoß gelegen hatte. Als die Maschine in Tokio gelandet war und die Passagiere in den Terminal strömten, hatten Miku und Teruki Bou gerade noch rechtzeitig am Ärmel gepackt. Ansonsten wäre dieser freudig durch die ganze vertraute Anlage gehüpft und hätte wahrscheinlich jeden am liebsten angesprungen, der ihm begegnete. „Jetzt komm mal wieder runter, Bou“, ermahnte ihn Teruki und der immer noch zappelnde Bou beruhigte sich etwas. Aber das anscheinend auch nur, weil er eigentlich völlig erschöpft war. Nachdem sie ihr Gepäck abgeholt hatten, gingen sie zu dem Taxen, die vor dem Eingang des Flughafens in Massen bereit standen. Teruki und Kanon verabschiedeten sich von ihnen (Kanon war nach dem Vorfall mit Miku recht schweigsam und abwesend gewesen), da beide in die gleiche Richtung mussten. Miku verfrachtete den Blonden in das nächstbeste Taxi, verstaute mithilfe des Taxifahrers ihr Gepäck im Kofferraum und setzte sich dann neben Bou. „Überlebst du es eigentlich?“, fragte dieser ihn, als er sich anschnallte. Miku sah ihn verwirrt an. „Wieso?“ „Du weißt schon.“ Bou klang ein wenig nervös. „In London.“ „A-ach so.“ Miku lächelte den Blondschopf beruhigend an, nachdem ihm bewusst wurde, dass Bou die letzte Taxifahrt meinte, die buchstäblich in einem Chaos geendet war. „Keine Sorge. So was passiert mir nie wieder.“ Doch dessen war er sich eigentlich nicht so ganz sicher. Er wollte Bou jedoch nicht die Wahrheit sagen, dass er sich nicht gerade wohl fühlte, um ihn nicht zu beunruhigen. Bou musste seinen Zweifel wohl doch bemerkt haben, denn er sagte lächeln: „Du kannst ganz beruhigt sein. Ich schlafe dieses Mal nicht ein.“ Miku musste lachen. Der Rest der Fahrt verlief recht schweigsam. Bou überkamen ab und zu heftige Hustenanfälle, aber das war auch schon alles. Miku sagte dem Fahrer zunächst Bous Adresse. Dort angekommen bat er den Fahrer, er möge doch einen Moment warten, und half den Blondschopf, das Gepäck in dessen Wohnung zu tragen. „Arigatou, Miku“, sagte Bou erschöpft, als alles oben war. „Kein Problem. Leg dich am besten sofort ins Bett“, meinte Miku, den Blonden besorgt ansehend, als dieser erneut anfing zu husten. „Aber...“ „Keine Widerrede!“ Bou schlurfte ergeben ins Schlafzimmer und Miku hörte, wie er sich bettfertig machte. Schnell ging er in die recht kleine Küche und machte eine warme Milch mit Honig fertig. Dann ging er zum Schlafzimmer und klopfte vorsichtig an, da er Bous Privatsphäre nicht verletzen wollte. „Komm ruhig rein.“ Miku trat ein und sah zufrieden, dass Bou bereits im Bett lag, mit einer dicken Decke. Er reichte ihm die warme Tasse, die der Kranke dankend annahm. „Kommst du jetzt allein klar?“, fragte Miku ihn, als dieser vorsichtig an dem heißen Getränk nippte. „Das wäre ich auch vorher schon.“ Bou grinste ihn an. „Nein, war’n Scherz. Ich bin dankbar für deine Hilfe.“ Bevor Miku ihn nun endgültig allein ließ, befahl er ihm, er solle sich sofort melden, wenn es schlimmer würde oder einfach nur Gesellschaft haben wollte. Zuhause angekommen wollte er als Erstes nach Miruku schauen, um den sich eine Nachbarin in seiner Abwesenheit gekümmert hatte. Doch bevor er den Käfig auch nur erreichen konnte, klingelte das Telefon. „Mòshimoshi?“, meldete sich Miku. „Hey, ich bin’s“, hörte er darauf Kanons Stimme antworten. Sie hörte sich nicht gerade fröhlich an. „Kanon, was ist los?“, fragte Miku leicht besorgt. „Kommst du nicht in deine Wohnung oder was ist los?“ „Doch, doch. Das schon“, versicherte dieser ihm, schwieg dann kurz. „Hast du in drei Tagen schon was vor?“ „Eigentlich nicht, nein“, antwortete Miku irritiert. „Wieso fragst du?“ „Weil ich da auch nichts vorhabe.“ „Wieso fragst du mich das am Telefon?“ „Weil ich nicht wollte, dass Bou das mitbekommt.“ Das klang logisch. Und vernünftig. „Okay, von mir aus.“ „Cool!“ Kanon hörte sich nun besser an als vorhin. Miku nahm schmunzelnd an, dass er da wohl ziemlich nervös gewesen sein musste. „Kommst du dann so gegen sieben zu mir?“ „Klar.“ Sie verabschiedeten sich und Miku legte auf. Er setzte sich auf seine Couch und überlegte, warum Kanon sich mit ihm unbedingt erst in drei Tagen treffen wollte. Warum denn nicht morgen oder übermorgen? Dann schreckte er zusammen. „Himmel“, rief er. „Da ist Heiligabend!“ Sein Herz schlug schneller. //Der hat mich reingelegt!// „Weihnachten mit Kanon“, murmelte er leise, nachdem er sich wieder etwas beruhigt hatte und ihm klar geworden war, dass er jetzt schlecht absagen konnte. „Warum eigentlich nicht? Ich habe ja eh nichts besseres zu tun.“ Er fühlte sich irgendwie nicht recht wohl bei dem Gedanken, das Fest der Liebe zusammen mit Kanon zu feiern. Aber er hatte beschlossen, es mit Kanon zu versuchen, und da sollte es ihm eigentlich nichts ausmachen, mit ihm zu feiern. In Japan feierte man es zusammen mit seinem Partner, nicht etwa mit seiner Familie wie in den meisten anderen Ländern. Miku freute sich. Jetzt musste er sich nur noch ein Geschenk für ihn überlegen. Ganz in Gedanken versunken, was er ihm den schenken könnte, ging Miku zu Mirukus Käfig und spähte hinein. Sein Meerschweinchen schien wohl zu schlafen, es lag in einem großen Haufen aus Einstreu. //Seltsam...Sonst begrüßt er mich immer.// Doch er wollte ihn nicht länger stören, und so ging er zunächst ins Bad und dann ins Bett, um sich mal so richtig auszuschlafen. Kapitel 16: Misao ----------------- Kapitel 16. Misao Als Miku erwachte, schien ihm die Sonne mitten ins Gesicht. Zunächst glaubte er, es wäre Sommer, doch dann blinzelte er kurz und schaute auf die Thermometeranzeige seines Funkweckers, der auf dem Nachttisch neben seinem Bett stand. Fröstelnd zog er sich die Decke über den Kopf, drehte sich auf die andere Seite und versuchte, wieder einzuschlafen. Doch das wollte nicht so recht klappen. Daher stand er auf, mit dem Gefühl, gleich erfrieren zu müssen. Er verfluchte sich, dass er, bevor er zu Bett gegangen war, nicht noch schnell alle Heizungen angestellt hatte. Bevor Miku ins Bad ging, holte er dies noch schnell nach. Nach einer Viertelstunde ausgiebigen Duschens war auch die restliche Müdigkeit aus seinem Körper verschwunden und zog sich das wärmste an, was sein vollgestopfter Kleiderschrank hergab. Miku wollte gerade zu Miruku gehen, um ihn nun endlich begrüßen zu können, doch plötzlich knurrte sein Magen. Schmunzelnd betrat er die recht kleine Küche, um sich etwas zu essen zu machen, doch dann fiel ihm ein, dass er ja seit Wochen nicht mehr hier gewesen war und sein Vorrat an Lebensmitteln dementsprechend klein ausfiel. Zum Bäcker laufen wollte er aber nicht, dazu war er zu faul. Zielstrebig steuerte er auf den Kühlschrank zu, um in dessen Gefrierfach nach etwas Essbarem zu stöbern. Schon beim ersten Blick wurde er fündig. Miku packte die Pizza aus und legte sie auf ein Blech, schob es in den Backofen und machte diesen an. „Jetzt muss ich aber zu Miruku“, dachte der Vocal laut, der es schon gar nicht mehr aushalten konnte, sein Meerschweinchen endlich wieder in den Armen halten zu können. Doch bevor er auch nur einen Schritt aus der Küche setzen konnte, klingelte das Telefon. Miku sprintete ins Wohnzimmer und hob ab. „Mòshimoshi?“ „Hallo, Miku-san“, meldete sich eine weibliche Stimme, die der Vocal als die seiner älteren Nachbarin identifizierte. „Hallo, Takehito-san!“, sagte er freudig. Er mochte sie, sie war wie eine zweite Mutter für ihn. Früher, als er in diesem Wohnhaus noch neu gewesen war, hatte Takehito-san ihn unterstützt, wo es nur ging – und wo er es zugelassen hatte. „Wie geht es Ihnen?“ „Danke, ganz gut. Ich hoffe doch, ich störe nicht.“ „Ach was“, winkte Miku ab. „Sie stören doch nie.“ „Ich dachte, Sie kommen heute zurück“, erklärte sie verwirrt. „Nein, nein. Wir sind seit gestern Abend wieder da.“ Am anderen Ende der Leitung hörte er ein leises Lachen, doch die Stimme, mit der sie nun sprach, war etwas ernster. „Ich komme am besten gleich zur Sache. Es geht um Ihren Hamster. Wie hieß er noch gleich?“ „Miruku“, erinnerte Miku sie. „Und vielen Dank, dass sie sich um Ihn gekümmert haben, während ich weg war.“ „Das habe ich doch gern gemacht. Aber...“ „Was aber?“, fragte Miku nach. Plötzlich runzelte er die Stirn, als er seine Nachbarin am anderen Ende der Leitung auf einmal aufschluchzen hörte. „Was haben Sie?“ „Nichts“, antwortete Takehito-san, ihre Stimme zitterte. „Oh, Miku-san! Es tut mir ja so Leid! Er...er ist....ich kann nichts dafür, ehrlich! Als ich gestern früh die Wohnung wie jeden Tag betreten hatte, um nach ihm zu sehen, war er schon tot!“ „Was...sagen Sie da?“, fragte Miku tonlos, der glaubte sich verhört zu haben. Miruku konnte nicht tot sein, er war doch friedlich am schlafen! „Es tut mir wirklich Leid, Miku-san“, schluchzte seine nette Nachbarin zum zweiten Mal. Miku ließ langsam den Hörer sinken, starrte ausdruckslos zum Käfig. Das konnte doch nur ein Scherz sein! „Miku-san?“, hörte er leise die Stimme aus dem Telefon in seiner Hand. „Hallo? Sind Sie noch dran?“ Miku hob den Hörer wieder hoch. „Ich...ich muss jetzt auflegen.“ Er legte auf und ließ das Telefon achtlos neben sich auf die Couch fallen. Langsam ging er rüber zum Käfig. Bei jedem Schritt krampfte sich sein Magen immer mehr zusammen, er hatte Angst. Angst vor dem, was er sehen würde. Doch er musste es wissen. Ob Miruku, sein geliebtes Meerschweinchen, auch wirklich tot war. Es lag noch genau dort, wo Miku es am vorigen Abend vorgefunden hatte. Wenn seine Nachbarin nicht angerufen hätte, hätte Miku wirklich noch ein zweites Mal gedacht, Miruku wäre am Schlafen. Doch das dunkle Fell des Meerschweinchens glänzte nicht mehr; es fühlte sich spröde und trocken an, als Miku es berührte. Er spürte keine Bewegung, nur Steife. „Miruku“, sagte Miku leise, in der Hoffnung, er würde ihn hören. Seine Stimme zitterte unüberhörbar. Er wartete, dass Miruku aufsprang, fröhlich im Kreis rumhüpfend - was er sich wohl von seinem Herrchen abgeguckt haben musste – und laut quiekte, ihn mit seinen kleinen dunklen Augen lieb ansah. Doch nichts dergleichen geschah. „Miruku“, sagte Miku erneut, doch dieses Mal begleitet durch ein lautes Schluchzen. Er konnte seine Tränen nicht länger zurückhalten, die nun auf sein totes Meerschweinchen tröpfelten. „Miruku...“ Miku rutsche an der Kommode, auf welchem der Käfig stand, runter auf den Boden, sich dort zusammenkauernd. Das konnte nicht wahr sein! Das konnte nicht wahr sein! Das konnte nicht wahr sein! Das konnte nicht...Miku schluchzte auf, versuchte erst gar nicht, gegen seine Tränen anzukämpfen. Er wünschte, sie hätten nie diese verdammten Konzerte gegeben, wären nie nach Europa geflogen. Denn dann, so bildete er sich ein, würde Miruku noch leben. Miku konnte nicht denken, er konnte nicht richtig fühlen; er fühlte nur den Schmerz, den Mirukus Tod ihm angetan hatten. Er war das einzige, was ihm von seiner Familie geblieben war; er hatte ihm nie im Stich gelassen. Und jetzt? Jetzt hatte er keinen mehr. Keinen mehr, mit dem er Silvester feiern konnte. Er wusste nicht, wie lange er da auf den Boden gekauert, unaufhörlich geweint hatte, als das Klingeln des Telefons ihn aus seiner Litargie weckte. Er nahm an, dass es Takehito-san war, die sich wohl erneut entschuldigen wollte – obwohl es gar nicht ihre Schuld war. Miku wusste genau, dass sie sich rührend um Miruku gekümmert hatte; so, wie sie es immer getan hatte. Schwerfällig setzte sich Miku in Bewegung, wischte sich die Tränen fort. Doch sein Gesicht war mittlerweile so feucht, dass es schon gar keinen Sinn mehr ergab. „Ja?“, meldete er sich leise, merkte, wie sehr seine Stimme zitterte. „Miku, was ist mit dir los?“, hörte er Bous verschnupfte, aber auch besorgt klingende Stimme antworten. „Nichts“, antwortete Miku knapp. Er wollte nicht darüber reden. Er wollte nicht sagen, dass Miruku tot war; es hätte etwas entgültiges. Der Vocal fuhr schnell fort, um das Thema zu wechseln: „Warum rufst du an? Geht es dir wieder schlechter?“ Doch er hörte selbst, wie teilnahmslos und desinteressiert seine Stimme klang. „Eigentlich wollte ich dich fragen, ob du Lust hast, mir Gesellschaft zu leisten.“ Bou zögerte kurz, sprach schwerfällig weiter. „Auch wenn es mir schwer fällt, in deiner Nähe zu sein.“ „Bou...“ Miku schluchzte leise auf, seine Tränen kamen wieder. Er versuchte, sie zurückzuhalten, doch es wollte ihm nicht so recht gelingen. „Aber so wie du dich anhörst, komme ich lieber zu dir. Bleib, wo du bist! Ich bin gleich bei dir!“ Noch ehe Miku ihn davon abhalten konnte, hatte der Blondschopf aufgelegt. Seufzend legte er den Hörer beiseite, ließ sich auf die Couch fallen. Er wünschte, Bou wäre zu Hause geblieben. Er wollte nicht, dass er in seinem Zustand auf die Straße ging. Er wollte nicht, dass er ihn so sah. Miku brauchte eine Weile, bis seine Tränen wieder versiegt waren. Er stand auf, schlurfte ins Bad. Wo er versuchte, sein verheultes Gesicht zu überschminken. Doch schon nach fünf Minuten gab er es auf; seine Hände zitterten zu sehr und er konnte es einfach nicht abstellen. Auch, dass er ständig an Miruku denken musste. Er ging in die Küche, stellte den Backofen aus. Vorsichtig, um sich nicht zu verbrennen, zog er das Blech mit der fertigen Pizza raus, stellte es auf die Herdplatten. Angewidert betrachtete sie. Ihm wurde schon schlecht bei dem Gedanken an Essen. Es klingelte an der Tür. Irritiert ging Miku zur Tür und öffnete sie. Sofort fiel ihm der kleine Blondschopf in die Arme. „Mikuuu!“ Miku erwiderte die Umarmung kurz, schob ihn dann sanft von sich und sah ihn an. „Wieso bist du schon hier? Bist du geflogen?“ „Nein, nicht direkt.“ Bou lächelte verlegen. „Hast denn noch nie was davon gehört, dass Liebe bekanntlich Flügel verleihen soll?“ „Aber Bou...du kannst dich doch nicht so überanstrengen!“, sagte Miku verzweifelt. Er sah, wie verschwitzt und atemlos Bou war. Wieso hörte diese Blondschopf nur nie auf ihn? „Ich wäre doch auch zu dir gekommen!“ „Ist doch kein Weltuntergang, Miku“, stritt der Kranke ab, begleitet von einem heftigen Hustenanfall. Miku geleitete ihn zur Couch und brachte ihm eine Wolldecke, mit der er sich dankend zudeckte. „Du musst deine Jacke ausziehen“, befahl Miku und Bou gehorchte ohne zu murren. Der Vocal hängte sie neben seiner auf den Haken neben der Tür. Dann setzte er sich in die andere Ecke des Sofas, da Bous Beine den ganzen Rest in Beschlag genommen hatten. Er zog die Beine an und schlang seine Arme um seinen Körper, um wenigstens etwas mehr Wärme abzubekommen. Bou bot ihm daraufhin einen Teil seiner Decke ein, doch Miku schlug aus. Er hatte Angst, den Kleinen mit seiner Nähe zu verunsichern. „Wie geht es dir eigentlich?“, fragte er ihn. „Katastrophal.“ Miku schwieg, den Blonden gedankenverloren betrachtend. //Wie lange ist es schon her, dass wir uns mal richtig geliebt haben?...//, dachte er, leise seufzend. „Die Frage ist aber wohl eher, wie es dir geht“, bemerkte Bou. Miku wich dessen bohrendem Blick aus, antwortete nicht. „Du hast dich am Telefon schrecklich angehört, und genau so siehst du übrigens auch aus.“ Der Vocal hatte es gewusst. Er hasste sich dafür, dass er immer so schnell anfangen musste zu weinen, wenn er nicht mehr weiter wusste. Und auch jetzt in diesem Moment, wo er es gar nicht brauchen konnte, kamen ihm die Tränen. Schnell senkte er den Kopf, damit Bou es nicht mitbekam, doch zu spät. Dieser war auf ihn zugekrabbelt, legte eine Hand unter dessen Kinn und zog dieses hoch, sodass Miku nun genau in das Gesicht des Blonden schauen musste. Beschämt wich er dessen besorgtem Blick aus. „Miku“, sagte Bou ganz verzweifelt. „Du weinst ja!“ Dieser schluchzte auf, konnte es nicht länger zurückhalten. Wieso musste er in letzter Zeit so viel Pech haben? Angefangen hatte es mit dem Streit, dann mit Bou; von Kanon gar nicht zu schweigen. Und dann das mit Miruku. Es war einfach nicht fair. Miku spürte, wie er von Bou an sich gezogen wurde und glaubte, sich nun an dessen Schulter gelehnt zu befinden. So genau konnte er es auch nicht sagen, da ihm der Tränenschleier jegliche Sicht raubte. „Miku, was ist nur mit dir los?“ Bou fuhr ihm durch die Haare, so wie er es immer getan hatte. Um Miku zu beruhigen. Der Blondschopf betrachtete seinen Freund, der unaufhörlich schluchzte und weinte. Er machte sich allmählich richtige Sorgen um ihn. So hatte er ihn noch nie erlebt. Und so kannte er ihn auch nicht. Es machte ihm Angst. „Bou...“, schluchzte Miku leise, der nicht wollte, dass sie Bou wegen ihm weiter Sorgen machte. Das hätte dieser einfach nicht verdient. Doch er hatte immer noch Angst es zu sagen. Denn dann wäre die Sache entgültig. Er brachte nur ein einziges Wort hervor: „Miruku...“ Sofort weinte er wieder stärker, hatte sich zuvor doch wieder einigermaßen gefangen. „Was ist mit ihm?“, fragte Bou sanft nach. „Er...er ist...tot.“ Miku brach ab, drückte sich mehr an den Blonden. Dieser brauchte einige Sekunden, um zu realisieren, was Miku da gerade gesagt hatte. „Miku...“ Er kuschelte sich noch enger an den Blonden, streichelte ihn. Bou wusste, wie sehr Miku an seinem Meerschweinchen gehangen hatte. Er selbst war es auch gewesen, der es ihm einmal geschenkt hatte. An jenem Tag war der Vocal ausgerastet vor Freude, hatte sich kaum noch einkriegen können. Pausenlos hatte er Miruku bei sich gehabt– auch bei den Proben und Photo-Shoots. Und jetzt...sollte er auf einmal nicht mehr da sein? „Miku, es tut mir ja so Leid“, flüsterte er in dessen Ohr, strich ihm immer wieder beruhigend über den Rücken. Miku beruhigte sich allmählich wieder. Sein Schluchzen wurde immer leise und weniger, sodass Bou nach einer Weile annahm, er wäre eingeschlafen. Kontrollieren konnte er dies allerdings nicht, da er sich nicht traute, sich zu bewegen. Bou hielt ihn weiter fest in seinen Armen, versuchte weiter ihn zu beruhigen. Auch wenn dieser es nun nicht mehr brauchte. Doch Bou genoss es den Vocal so zu streicheln, ihn im Arm zu halten. Auch wenn sie nicht mehr zusammen waren, Miku ihn nicht mehr liebte. Zunächst war Bou sich nicht sicher gewesen, ob Miku tatsächlich in Kanon verliebt war – ohne es zu wissen –, doch auf dessen Blicke für den Schwarzhaarigen war er sich sicher. Er wusste allerdings nicht, ob Miku noch immer etwas für ihn empfand. Klar, er sagte es immer wieder. Unwillkürlich musste Bou lächeln. //Er ist der größte Baka, der mir je untergekommen ist...// Er musste kurz husten und als keine Reaktion von dem hübschen Jungen in seinen Armen kam, legte er ihn – Miku war tatsächlich eingeschlafen - sanft auf die Couch und deckte ihn zu. Dann stand er auf und ging erst einmal zu Mirukus Käfig. Sein Blick wurde traurig, als er das tote Tier darin entdeckte. Er konnte Miku verstehen, dass er so aufgelöst war. Er schluckte und ging schnell weiter in die Küche, um sich etwas zu trinken zu holen. Der Blonde füllte eine Tasse mit Milch, die er sich anschließend in die Mikrowelle stellte. Während er wartete, ließ er seinen Blick durch die kleine, aber gemütliche Küche schweifen. Wider seiner Erwartung zu Mikus Sinn für Ordentlichkeit war sie sauber und alles stand dort, wo es auch stehen sollte. Bou nahm an, dass er die Wohnung vor ihrer Abreise noch schnell aufgeräumt haben musste, denn auch das Wohnzimmer war ziemlich ordentlich. Sein Blick blieb dann an dem auf dem Herd abgestellten Blech mit der fertigen Pizza hängen. Er runzelte die Stirn, wo das doch sehr merkwürdig war. Schließlich war Miku der größte Vielfrass, den er kannte. //Bestimmt hatte er keinen Hunger mehr, nachdem er Miruku gesehen hatte//, vermutete Bou und holte sich einen Teller raus. Er wusste, wo was zu finden war. Denn schließlich war er gut ein halbes Jahr mit Miku zusammen gewesen und hatte sich dementsprechend oft bei ihm einquartiert, manchmal sogar über Wochen. Er legte die Pizza auf den Teller und viertelte sie. Anschließend holte er die Milch aus der Mikrowelle und vermischte sie mit etwas Kakao. //Eine gute Mischung//, musste er schmunzelnd eingestehen. //Pizza mit Kakao. Na, wenn das mal nicht lecker ist...// Anschließend kehrte er mit Teller und Tasse ins Wohnzimmer zurück. Miku hatte es sich in der Zwischenzeit auf dem ganzen Sofa breit gemacht. Die Decke hatte er eng um sich geschlungen, der Kopf lag auf der Seite und der Mund war leicht geöffnet. Sein Brustkorb hob und senkte sich langsam und gleichmäßig. Um ihn nicht zu wecken, setzte sich Bou neben ihn auf den Boden und legte den Teller mit der Pizza auf seinen Schoß. Er trank einen Schluck und nahm sich dann ein Stück von der Pizza. Während Bou aß, konnte er seinen Blick einfach nicht von dem Schlafenden abwenden. //Er sieht so verdammt süß aus//, schoss es ihm verträumt durch den Kopf. Auf einmal spürte er das Verlangen, ihn zu küssen. Doch er wusste, dass das nicht ging. Er würde es bestimmt nicht wollen. Er wollte sich gerade das nächste Stück Pizza nehmen, als sich Mikus Augen leicht öffneten. Doch ansonsten bewegte er sich nicht. Matt starrte er den kleinen Blonden an, der da vor ihm auf dem Boden hockte. „Hey, Miku“, wurde er von ihm begrüßt. „Na? Ausgeschlafen?“ Miku versuchte sich zu erinnern, wie er in diese liegende Position gekommen war, zudem noch zugedeckt. Das letzte, an das er sich erinnern konnte, war Bou gewesen, an dessen Schulter er sich ausgeheult hatte. „Wie lange habe ich geschlafen?“, fragte er leise. Wieso fühlte er sich nur so unendlich müde? Er hatte sich doch heute kaum bewegt und davor mindestens zwölf Stunden durchgeschlafen. „Na ja...“ Bou überlegte kurz, sah ihn an. „Nicht lange. Höchstens eine halbe Stunde schätze ich. Wieso fragst du?“ „Nur so“, sagte Miku leise. Die Augen hatte er längst wieder geschlossen. Zu schwer waren die Lider gewesen, die Anstrengung zu hoch, sie noch länger oben zu halten. „Ich fühle mich nur so müde.“ „Was ja auch kein Wunder ist“, meinte Bou fürsorglich. „Du bist fix und fertig von der Sache mit Miruku. Da ist es kein Wunder, dass du nur schlafen möchtest.“ Hatte er Recht? Hatte ihn der Tod von seinem Meerschweinchen wirklich so fertig gemacht? Klar, er und Miruku waren ein Herz und eine Seele gewesen, aber Miku hätte es dennoch nicht für möglich halten können, dass dessen Tod ihn so hart treffen würde. „Du kannst ruhig schlafen, wenn du das möchtest, Miku. Ich bleibe hier und passe schon auf dich auf“, hörte er Bous Stimme wie aus weiter Ferne zu ihm sprechen. Miku öffnete die Augen, versuchte gegen die Müdigkeit anzukämpfen. Schnell setzte er sich auf, um nicht wieder einzuschlafen. Völlig kraftlos blickte er zu Bou. Erst jetzt sah er, dass Bou die Pizza aß, die er eigentlich für sich gemacht hatte. Und dazu seltsamerweise einen Kakao trank. Dem Blondschopf war dessen Blick nicht entgangen. „Möchtest du?“, bot er ihm an, lächelte verlegen. „Sorry, dass ich sie mir genommen habe, aber sie stand da so verlockend.“ „Nein.“ Miku winkte ab. „Iss nur. Ich habe keinen Hunger.“ „Waaas?“ Bou sah ihn protestierend an. „Du und kein Hunger. Das kennt man gar nicht von dir.“ „Mir ist schlecht.“ „Kann nicht sein.“ „Ist aber so.“ „Nee, ist nicht wahr.“ „Doch.“ „Das gibt’s einfach nicht.“ „Klar, gibt es das.“ „Bei dir nicht.“ „Wieso?“ „Ist halt so.“ „Versteh ich nicht.“ „Brauchst du auch nicht.“ „Na dann.“ „Aber es ist doch wahr.“ „Bou.“ „Was?“ „Hör endlich auf zu nerven.“ „Okee.“ Stillschweigend sah Miku zu, wie dieser gedankenverloren an der Pizza nagte. „Wir müssen ihn begraben.“ „Wen?“ Bou stöhnte auf. „Sag bloß, du hast es schon wieder vergessen!“ „Nee, nur verdrängt.“ „Baka.“ „Selber!“ Bou stopfte sich den Rest der Pizza in den Mund und nahm – zu Mikus Entsetzen – noch einen Schluck Kakao zu sich. „Hast du eine Ahnung, wo du ihn begraben willst?“ Miku überlegte kurz. „Vielleicht unter dem Kirschbaum, der hinten im Garten steht.“ Bou nickte zufrieden, hielt es für eine gute Idee. „Hast du irgendwo einen alten Karton?“ „Wozu?“ „Mensch, Miku! Begreifst du es denn immer noch nicht?! Du kannst ihn nicht einfach bis zum Sanktnimmerleinstag da liegen lassen!“, rief Bou außer sich. „Das geht ziemlich schnell auf die Gesundheit. Und nur um dich jetzt zu schonen, spare ich mir die ganzen Details, was mit Miruku jetzt passieren wird!“ „Gomen, Bou. Ich glaube, ich steh irgendwie ziemlich neben mir.“ Miku senkte seinen Blick. Bous kleiner Ausbruch hatte ihn zurück in die Realität geholt. Nachdem er aufgewacht war, hatte er zunächst geglaubt, es wäre alles nur ein Traum gewesen – doch dem war offenbar nicht so. Leider. Bou stellte das Geschirr auf den kleinen Tisch und klopfte Miku aufmunternd auf die Schulter. „Das ist völlig normal“, meinte er. „Mach dir mal keine Sorgen. Ich helfe dir, okay?“ Miku nickte dankbar. Er hätte es auch wirklich nicht alleine gekonnt. „So. Und wo ist jetzt ein Karton?“ „Im Schlafzimmer müsste einer stehen. Aber nimm bitte noch die Schuhe da raus!“ „Nee, weißte?“ Bou zwinkerte ihm grinsend zu, bevor er nach neben an ging, um das Besagte zu holen. Kurz darauf kam er wieder, mit einem leeren Schuhkarton in der Hand. „Ich bin nicht so doof wie du denkst“, fügte er dann noch hinzu. „Gomen, Bou.“ „Ich weiß doch, dass du das nicht ernst gemeint hast, Miku-chan.“ „Und warum sagst du dann so was?“ „Um dich zu ärgern.“ „Ich hab Ärger genug.“ „Ach, jetzt hab dich nicht so.“ „Hmm...“ „Hast du irgendwo Stroh?“ „Hai.“ „Kannst du dann auch verraten, wo?“ „Unten in der Kommode. Da ist ein kleiner Sack.“ Miku sah zu, wie der Gitarrist eine Hand voll Stroh nach der anderen in den Karton tat. Als dieser damit fertig war, holte er Miruku aus dem Käfig und legte ihn in den provisorisch gebastelten Sarg; was er allerdings nicht ohne die Handschuhe erledigte, die Miku sonst immer zum Ausmisten benutzte. Dann drehte er sich zu Miku um. „Kommst du?“ „Klar.“ Miku erhob sich und setzte sich schwerfällig in Bewegung. Er dackelte Bou hinterher, der bereits aus der Wohnung gegangen war, runter in den Garten. Es war eigentlich kein richtiger Garten. Er war noch nicht mal annähernd groß, sondern war so klein wie ihr Proberaum. Mit der kleinen Ausnahme, dass der Boden nicht mit Holz belegt worden war, sondern mit Gras, welches im Sommer eine beachtliche Größe erreichte. In der Mitte stand der Kirschbaum, welcher im Frühling der ganze Stolz des Wohnhauses war. „Wir brauchen nur noch eine Schaufel, mit der wir...oh...“ Miku hatte sich selbst unterbrochen, als Bou ihm die kleine Schüppe unter die Nase gehalten hatte. Miku nahm sie und ging einige Schritte auf den Baum zu. „Woher hast du die?“, fragte er, während er ein Loch buddelte. Was gar nicht mal so leicht war. Der Boden war hart wie Beton und Miku war froh, dass er sich keine Jacke mitgenommen hatte. „Aus dem Hausflur“, antwortete Bou und sah ihm zu. Er kniete sich neben Miku, den Karton mit dem Leichnam hatte er etwas abseits gestellt. Er war zwar verschlossen, doch Bou wollte nicht riskieren, dass Miku ohne seine Zustimmung da rein sah. Bou wollte ihn dieses Mal voll unter Kontrolle haben. Nach etwa zehn Minuten hatte der Vocal es geschafft, ein passendes Loch auszuheben, auch wenn er nun schweißnass war. Bou reichte ihm den Karton und Miku wollte ihn gerade in das Grab tun, als er es sich doch anders entschied. „Was hast du vor, Miku?“, fragte Bou mulmig. „Ich wollte nur - “ „Miku, tu mir bitte den Gefallen und sieh da nicht rein!“, sagte Bou schnell, halb panisch. Der Vocal sah ihn nur kurz irritiert an, doch schnell spürte er, dass Bou Angst um ihn hatte. Er holte einen Stift hervor, den er sich von oben mitgenommen hatte. „Es fehlt noch etwas“, sagte er leise, während er in schwungvoller Schrift Mirukus Namen und das Nyappy-Zeichen zeichnete. Hinter sich hörten sie Schritte. Bou und Miku sahen sich zu Takehito-san um, die auf sie zukam, eingewickelt in eine dicke Wolljacke. „Oh, Hallo!“, begrüßte Bou sie. Sie lächelte ihn an. „Ich habe euch zwei aus meiner Wohnung aus gesehen. Ich dachte mir, ich gebe Miruku die letzte Ehre. Wenn Sie nichts dagegen haben, heißt das.“ Sie sah Miku fragend an, der darauf hin nickte. „Warum sollten Sie nicht dabei sein?“ Er versuchte zu lächeln. „Er hat sie doch auch gemocht, es hätte es bestimmt gewollt.“ Miku wandte sich wieder dem Karton zu und legte ihn behutsam in das ausgehobene Loch. Er häufte die ausgehobene Erde drauf, sodass ein kleiner Hügel entstand. Er stand auf und sah auf das Grab. „Es fehlen noch Blumen“, meinte Bou. „Hast Recht“, stimmte Miku ihm zu. „Aber woher...oh...arigatou...“ Takehito-san hatte ihm eine kleine rote Rose überreicht, die sie wohl unter ihrer Wolljacke versteckt gehalten haben musste. Miku legte sie vorsichtig aufs Grab, dann betrachtete er es. Es sah ziemlich trostlos aus, doch im Frühling und im Sommer wäre es bestimmt die schönste Grabstätte, die es nur für ein Meerschweinchen geben konnte. Er spürte, wie Bou zärtlich einen Arm um ihn schlang und ihn an sich drückte. Miku lächelte ihn an, um ihm zu zeigen, dass es ihm gut ging. Er drehte sich um und sah Takehito-san an. „Vielen Dank, dass Sie gekommen sind.“ Lächelnd erwiderte sie seinen Blick. „Keine Ursache. Aber...“ Ihr Gesichtsausdruck wurde ernster. „Es tut mir wirklich schrecklich Leid. Wenn ich - “ „Nein, nein! Sie können nichts dafür!“, unterbrach Miku sie. Er wollte nicht, dass sie sich die Schuld zuschob. Obwohl es niemandem Schuld war. „Das ist der Lauf der Natur. Jeder muss einmal sterben.“ „Da haben Sie nun auch wieder Recht.“ „Sehen sie?“ Miku lächelte und schnell verabschiedete sich Takehito-san von ihnen. Nachdem sie gegangen war, bückte sich Miku nach der Schüppe, um sie wieder in den Hausflur zu tun. Er griff Bous Hand und zerrte ihn hinter sich her, kehrten zurück in seine Wohnung. Miku ging auf die Couch zu, doch bevor er sich hinsetzen konnte, hatte sich ein blondes Wesen auf dem Möbelstück bequem gemacht. Fies grinste Bou ihn an. „Tja, Pech gehabt.“ „Wieso denn Pech gehabt?“ Gleichgültig zuckte Miku mit den Achseln und zur Rache ließ er sich auf Bous ausgestreckte Beine fallen, welcher vor Schreck und Schmerz laut aufquiekte. „Mikuuuu!“ „Was denn?“, neckte dieser den Kleinen, ihn frech angrinsend. „Geh von meinen Beinen runter!“ „Wieso denn?“ „Weil du nicht gerade der Leichteste bist!“ „Also, das sehe ich jetzt mal nicht als Beleidigung an.“ Doch er erhob sich kurz und Bou zog schnell seine Beine weg, damit sich Miku ordentlich hinsetzen konnte. Bevor Miku aber auch nur dazu kommen konnte, vibrierte sein Handy, welches er auf den Couchtisch gelegt hatte. Bou reichte es ihm, da er näher dran war, und wartete, bis Miku seine empfangene SMS gelesen hatte. Nachdem dieser eine Antwort geschrieben und das Handy wieder beiseite gelegt hatte, fragte Bou neugierig: „Wer war das?“ Miku setzte sich auf den erkämpften freien Platz - auch wenn es nicht gerade viel war. Dann lächelte er den Blonden schief an. „So ein gewisser Plagegeist, wenn es um die Proben geht.“ „Also...“ Bou tat, als müsste er angestrengt überlegen, schmunzelte. „Ich glaube, das kann nur Teruki sein“, sagte er langsam. „Wie kommst du nur drauf?“, lachte Miku. „Weiß auch nicht.“ Bou grinste. „Ich bin halt klug.“ „Das wäre mir neu.“ „Hey! Das ist gemein!“ „Tja, Pech gehabt.“ Miku grinste. „Nee, was wollte er denn jetzt? Haben wir heute etwa `ne Probe verpasst? Oder findet sie doch Weihnachten statt?“ „Nein, nicht Weihnachten.“ „Dann wohl an Silvester“, seufzte Bou, doch Miku schüttelte den Kopf. Er legte den Kopf auf die Seite und sah Miku verwirrt an. „Auch falsch? Das ist ja mal was ganz neues.“ „Mensch, Bou“, seufzte der Vocal. „Teruki ist doch auch nur ein Mensch. Er mag zwar etwas streng sein, was die Band angeht. Aber er wäre bestimmt nicht dumm genug, die Proben auf die Feiertage zu verlegen. Gerade du müsstest das doch am Besten wissen.“ „Wieso das denn?“, fragte Bou irritiert. „Habe ich dir nicht schon mal gesagt, dass du und Teruki euch am Besten versteht?“ „Ja, hast du. Aber was hat das damit zu tun?“ „Mensch, Bou“, seufzte Miku auf. „Vergiss es einfach.“ „Ich will es aber nicht vergessen!“, maulte Bou los, doch dann fasste er sich wieder. Er hatte keinen Lust auf einen Streit. „Also, wann ist die nächste Probe?“ Miku zögerte, lächelte verlegen. „Es ist gewissermaßen schon ein Feiertag. Aber ich glaube, dass Teruki das glatt vergessen hat.“ Bou überlegte kurz. „Du meinst...an deinem Geburtstag?“ Miku nickte und der Blondschopf grinste. „Cool!“ „Was ist denn daran cool?“, fragte Miku, der das nun überhaupt nicht cool fand. Er hatte gehofft, wenigstens mal an seinem Geburtstag etwas machen zu können, wozu er Lust hatte. Bou wich seinem Blick lächelnd aus, doch Miku sah, dass es mehr gequält aussah. „Ich finde nur cool, dass ich dich an deinem Geburtstag dann doch sehe.“ „Hä?“ Miku sah den Blonden verpeilt an. „Wie kommst du denn jetzt darauf?“ „Weil du diesen Tag bestimmt mit Kanon feiern möchtest.“ Bou sah ihn verlegen an, musste bei Mikus Gesichtsausdruck schmunzeln. „Wie kommst du darauf, dass ich mit Kanon feiern will?“, fragte Miku, nun komplett irritiert. Hatte er etwas verpasst? „Ich dachte nur“, antwortete Bou trocken und bemühte sich, sein Erstaunen über das eben Gesagte vor dem Vocal zu verbergen. Er hatte wirklich geglaubt, dass Miku lieber mit dem Schwarzhaarigen feiern wollte. Spät am Abend, sie hatten noch eine Menge DVDs geguckt, verabschiedete sich Bou. Er würde morgen früh zusammen mit seinen Eltern in den Ski-Urlaub fahren. Zuerst hatte Miku ihn davon abhalten wollen; schließlich war der Blonde ja immer noch krank, hatte immer noch Fieber. Doch Bou hatte einfach auf standby geschaltet und sich nicht davon abbringen lassen. „Ich werde schon nicht sterben“, sagte er gerade, als er sich seine Jacke anzog. „Aber Bou!“, rief Miku völlig verzweifelt, sah ihn sorgevoll an. „Es ist doch meine Sache, oder?“, gab Bou kühl zurück. „Es geht mir schon viel besser, aber du willst es mir ja nicht glauben. Außerdem will ich nicht hier bleiben, während meine Familie sich in den Bergen vergnügt!“ Miku gab es auf. Bou war einfach ein Sturkopf. Aber der Vocal musste sich selbst eingestehen, dass Bou nicht ganz unrecht hatte. Er hatte seit der kleinen Beerdigung kaum gehustet und war aufgeweckter gewesen als am vorigen Tag. „Also gut“, seufzte er. „Aber du rufst mich jeden Tag an, damit ich weiß, wie es dir geht.“ „Einverstanden!“, rief Bou vergnügt, hüpfte auf Miku zu und knuddelte ihn. Er hatte sich nicht im Streit von Miku trennen wollen, ansonsten wäre der Ski-Urlaub für ihn von vornherein gelaufen gewesen. „Aber denk dran“, warnte Miku ihn, bevor Bou aus der Tür trat. „Wenn du nicht anrufst, werde ich dir das nie verzeihen können.“ „Is’ klar“, grinste Bou und verschwand. Miku machte hinter ihm die Tür zu und ging zurück ins Wohnzimmer. Welches so aussah, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Unzählige DVDs, seine Playstation, Spiele, leere oder halb volle Flaschen, Chips-Tüten und anderes Gedöns lag auf dem Boden, der Couch und dem Tisch. //Noch nicht mal ein Tag hier und schon sieht es wieder so aus wie vor der Tour//, dachte Miku wehmütig, als er die DVDs von der Couch schmiss und sich hinsetzte. Jetzt im Nachhinein war Miku froh, dass Bou ihn besucht hatte. Er hatte ihn so schön aufgeheitert und ihm netterweise auch geholfen, Miruku zu vergraben. //Alleine hätte ich das wohl nie geschafft//, fand er. //Trotzdem hatte ich die ganze Zeit über ein schlechtes Gewissen. Bou liebt mich ja immer noch und ist mit mir so umgegangen, als sei nie was passiert...bis auf die kleine Ausnahme mit Kanon und meinem Geburtstag. Ich weiß immer noch nicht, was ihn da geritten hat. Ich mag ihn doch immer noch – da ist es auch egal, dass ich mich für Kanon entschieden habe. Aber...soll ich das wirklich so machen? Ausprobieren könnte man es ja mal...// Miku spürte, wie er rot wurde und sein Herz schneller schlug, als er an ihre Küsse dachte. //Ich glaube, ich bin wirklich ein Baka. So langsam bin ich schon selbst dafür, dass ich ihn liebe...// Doch zugleich schüttelte er den Kopf, um diesen Gedanken wieder loszuwerden. Um sich abzulenken machte er sich ans aufräumen. Was ihn selbst erstaunte. Schließlich war er nicht gerade der Ordentlichste. Kurz vor ihrer Abreise hatte er zwar seine Wohnung mal so richtig aufgeräumt – aber das auch nur, damit Takehito-san nicht darauf bestand, für ihn aufzuräumen. Das wäre ihm nun wirklich peinlich gewesen. Er war ja alt genug, um sich selbst darum zu kümmern, dass alles seine Ordnung hatte. Was er aber manchmal (oder sehr oft) selbst bezweifelte. Nach zweieinhalb Stunden waren die DVDs wieder auf dem Regalbrett unter dem Fernseher, die Playstation stand ordentlich daneben, die Flaschen waren samt Inhalt entsorgt worden und an den Chips hatte er sich selbst vergriffen, bevor er deren Tüten weggeschmissen hatte. Anschließend hatte er noch gestaubsaugt und Staub gewischt. Natürlich aus reiner Langeweile. Er hatte keine Lust gehabt, jetzt schlafen zu gehen, da er zuvor schon über zwölf Stunden geschlafen hatte. Die Müdigkeit, die ihn kurz nach Bous Eintreffen plötzlich überkommen hatte, war wie weggeblasen. //Vielleicht hatte Bou doch Recht gehabt und Mirukus Tod hat mich wirklich ziemlich runtergerissen.// Er blickte zu dem Käfig. Der nun leer war. Und auch leer bleiben würde. Miku ging hin und machte sich an die Arbeit, alles rauszuholen. Mirukus Spielsachen, seine zwei Schüsselchen für Futter und Wasser und das kleine Haus, auf welches er immer drauf geklettert war, legte er unten in die Kommode. Er wollte sie behalten, als Andenken an sein treues Meerschweinchen. Er wollte sich erst einmal kein neues Tier anschaffen. //Ich muss mich zuerst von Miruku losreißen. Aber dann kaufe ich mir kein Meerschweinchen! Vielleicht einen Hamster...obwohl...die machen nichts außer rumhoppeln und schlafen. Zu langweilig. Eine Katze? Nee...die sind zu eigensinnig und zu aufdringlich.// Nachdem er den Käfig in die winzig kleine Abstellkammer gestellt hatte, baute er seine Playstation auf, um sich zu beschäftigen. Doch er konnte sich nicht so richtig dabei konzentrieren und machte daher schon nach einer halben Stunde wieder auf, zappte durch die Kanäle. Es war nichts interessantes dabei. Miku fühlte sich irgendwie nicht wohl. Es war, als ob etwas fehlen würde, er jemanden schrecklich vermissen würde. „Ist doch klar, wen ich vermisse“, dachte Miku laut und machte griesgrämig den Fernseher aus. Er ging in die Küche, um dort im Kühlschrank nach etwas Essbarem zu wühlen. Dann fiel ihm ein, dass er immer noch nicht einkaufen gewesen war. Ärgerlich knallte er die Tür zu, lief ins Wohnzimmer und ließ sich dort auf die Couch fallen. Aber es war nicht Miruku, dessen Nähe er so schrecklich vermisste, dass es schon fast unerträglich weh tat. Unruhig erhob sich Miku wieder, ging ins Bad. Dort machte er die Dusche an, stellte sich drunter. In der Hoffnung, dieses unangenehme Gefühl so beseitigen zu können. Doch Fehlansage. Nach 20 Minuten ausgiebigen Duschens machte er sich bettfertig und schlurfte ins Schlafzimmer. Er ließ sich aufs Bett fallen und zog die Decke über den Kopf. Schlafen konnte er allerdings nicht. So sehr er es sich auch wünschte. //Wieso...wieso kann ich nicht aufhören, an Kanon zu denken???// ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ ich hoffe ihr nehmt mir das mit miruku nicht übel *n leicht schlechtes gewissen hab* xD misao heißt übrigens Beerdigung Kapitel 17: Das Fest der Liebe ------------------------------ Kapitel 17. Das Fest der Liebe Miku wachte auf. Seine Augen ließ er noch geschlossen, lauschte dem Regen, der gegen das Schlafzimmerfenster prasselte. Er war zu faul, aufzustehen. Am liebsten würde er den ganzen Tag im Bett verbringen und schlafen. Allein, um Kanon endlich vergessen zu können. Um auf andere Gedanken zu kommen. Auch dieses unangehme Gefühl wollte einfach nicht verschwinden, so sehr er es auch wünschte. Nachdem er noch eine Weile gedöst hatte, stand er auf und zog sich etwas an. Anschließend verschwand er im Bad. Sein Spiegelblick blickte ihn unausgeschlafen und niedergeschlagen an, während er sich zurecht machte. Etwa eine Viertelstunde später – er hatte keine große Lust gehabt, sich richtig zu stylen; wieso denn auch? Es war ja keiner da – schnappte er sich seinen Geldbeutel und ging aus dem Haus. Wenn er jetzt nicht das Einkaufen erledigte, müsste er über die Feiertage von Fastfood leben – und das hatte er in den letzten Wochen nun wahrlich genug gehabt. Außerdem wollte er auch nicht, das Takehito-san für ihn kochte. Im Supermarkt angekommen, der nur zehn Minuten Fußmarsch von seiner Wohnung entfernt lag, versuchte er, so viel Zeit wie möglich hier zu verbringen. Miku hatte nämlich überhaupt keine Ahnung, was er mit diesem Tag anfangen konnte. Teruki und Bou waren im Urlaub, seine anderen Freunde, die er hatte, hatten alle eine Freundin oder feierten mit ihren Eltern, und Kanon würde er erst morgen Abend sehen. Während er durch die Regale schlenderte und hier und da etwas rauszog, um es in seinen Einkaufswagen zu legen, überlegte er angestrengt, was er dem Bassisten schenken könnte. Er war sich immer noch nicht über seine genauen Gefühle im Klaren, doch es sollte etwas wirklich Besonderes sein. Doch als er nach einer Stunde den Supermarkt wieder verlassen hatte und einen kleinen Umweg machte, um so noch mehr Zeit totschlagen zu können, hatte er immer noch keine Idee. Gerade, als er die Tür zu seiner Wohnung aufschließen wollte, klingelte sein Handy. Schnell zog Miku es hervor und hob ab. „Móshimoshi?“ „Hey, ich bin’s.“ Miku hatte gehofft, dass das Bou wäre, doch es war ganz eindeutig Teruki. „Was willst du?“, fragte er und versuchte, seine Enttäuschung im Zaum zu halten, während er seine Wohnung betrat und die Taschen mit den Einkäufen in die Küche schleppte. „Hui, sei doch nicht so grob“, schimpfte Teruki und fuhr vergnügt fort. „Ich wollte nur wissen, wie das jetzt mit Silvester ist.“ „Was soll denn schon sein?“, wollte Miku wissen und öffnete den Kühlschrank, um ihn wieder zu füllen. „Baka. Hast du es etwa vergessen?“ „Was vergessen?“ Teruki stöhnte leicht. „Du wolltest dir überlegen, ob du jetzt gaaanz allein mit Miruku feiern willst oder mit mir und Sonoko.“ „Tja, dann wohl letzteres. Die erste Möglichkeit ist...na ja...gar nicht mehr möglich“, sagte Miku langsam und bevor Teruki etwas sagen konnte, erklärte er: „Er ist tot.“ „Das tut mir Leid, Miku. Ehrlich“, sagte Teruki leise, nachdem Miku ihm alles erzählt hatte. „Willst du dir etwas Neues anschaffen?“ „Erst einmal nicht, nein“, antwortete der Vocal wahrheitsgemäß. „Vielleicht, wenn wir mal nicht so viel zu tun haben.“ Eine kleine Pause entstand und Miku nutzte die Chance, um die Getränke nach nebenan zu bringen. „Was machst du da eigentlich?“, wollte Teruki wissen, der das Scheppern und Rascheln am anderen Ende gehört hatte. „Ich war grad einkaufen“, berichtete Miku ihm. „Aber um auf deine Frage zurückzukommen. Ich würde gern mit dir feiern. Falls ihr nichts dagegen habt, natürlich.“ „Ach was.“ Teruki lachte. „Ganz im Gegenteil! Sonoko möchte dich unbedingt mal kennen lernen.“ Miku runzelte die Stirn. Hatte Teruki ihr so viel von ihm erzählt oder warum wollte Sonoko ihn dann so gerne sehen? Doch bevor er dem Drummer diese Frage stellen konnte, erübrigte sich diese auch schon. „Kanon kommt übrigens auch.“ Miku setzte sich mit wild klopfendem Herzen auf die Couch. Die seltsamen Gefühle stiegen wieder in ihm hoch, wo er es doch gerade geschafft hatte, sie zu beseitigen. „Miku?“ „Äh...ja?“, fragte dieser verwirrt zurück. „Du bist so schweigsam“, erklärte Teruki und Miku konnte eine Spur Besorgnis aus ihr heraushören. „Es ist doch okay, wenn er kommt. Oder?“ „Klar, was sollte denn daran nicht okay sein?“, log er. Er hatte eigentlich keine große Lust verspürt, Kanon gleich an den zwei wichtigsten Feiertagen im Jahr um sich zu haben. Obwohl...nach den Gefühlen, die er gerade hatte...vermisste er ihn sehr. Konnte er sich selbst überhaupt noch glauben? Was war wahr und was falsch? „Na gut“, sagte Teruki langsam. Miku war sich sicher, dass er seine Zweifel bemerkt hatte. „Dann komm am Besten so gegen acht zu mir.“ „Okay.“ Sie verabschiedeten sich und Miku legte auf. Dann ging er in die Küche, um sich mit Kochen abzulenken. Während er einige Töpfe hervorholte, überlegte er fieberhaft, wie er das alles nur überleben sollte. Morgen, an Heiligabend, würden sie nur zu zweit sein und Miku hatte Angst, das Kanon zu aufdringlich werden, ihn verletzen könnte. Doch dann schalt er sich innerlich selbst. //Kanon liebt mich. Er würde nie etwas tun, was ich nicht will.// Und dennoch, die Angst verschwand nicht. Am Morgen von Heiligabend verbrachte Miku die meiste Zeit damit, unruhig durch die Wohnung zu tigern und aufzuräumen – was zu einer lästigen Angewohnheit geworden war. Ein Geschenk hatte er immer noch nicht. Er konnte buchstäblich die gleichmäßigen Bewegungen des Sekundenzeigers hören, welcher sich in der Wanduhr über dem Fernseher pausenlos bewegte. Nur was sollte er ihm bitte schön schenken?! Zu schnell ging es auf sieben Uhr zu und von Minute zu Minute wurde Miku nervöser. Was, wenn er sich Kanon gegenüber irgendwie falsch benahm und ihn unabsichtlich verletzte? Sein Herz pochte wie wild, und wenn er ehrlich war, konnte er nicht länger erwarten, endlich bei Kanon zu sein. Kurz vor fünf nahm er Bous Anruf entgegen, welcher ihm frohe Weihnachten wünschte und versichern wollte, dass er noch nicht gestorben war; dann ging er ins Bad, um sich zu duschen. Doch die Hitze, die von seinem Körper seit heute morgen Besitz ergriffen hatte, wollte nicht so recht verschwinden. Sie half jedoch seinem Gehirn auf die Sprünge, welches ihm kurz danach auch schon eine Idee für das perfekte Geschenk ausspuckte. Als er fertig war, lief er nur mit Boxershorts bekleidet, ins Schlafzimmer. Nur, um da die Tür zu seinem Kleiderschrank aufzureißen und ein Outfit zusammen zu stellen. Aber der Stapel im Schrank wurde immer kleiner und kleiner, der Stapel auf seinem Bett mit den aussortierten Klamotten dafür seltsamerweise immer größer und größer. Miku wusste selbst nicht warum, aber keins seiner Shirts oder Hosen fand er für diesen Anlass passend genug. Er warf einen Blick auf die Uhr, die ihm sagte, dass er in einer Stunde bei Kanon sein musste. Verzweifelt wollte Miku gerade nach irgendeiner Hose greifen, um sie nun doch anzuziehen, als er eine Tüte entdeckte, die neben einem seiner Koffer lehnte. Er eilte drauf zu und packte das Outfit aus, welches Kanon ihm gekauft hatte. Nachdem er es angezogen, sich gestylt und dezent geschminkt hatte, eilte er aus der Wohnung. Kanons Wohnung lag, genau wie Mikus, in einem Wohnblock. Nur, dass dieser mit 23 Stockwerken größer und moderner war. Der Weg zur Haustür war mit kleinen Kieselsteinen ausgelegt und in der Dunkelheit, die bereits herrschte, durch kleine Lampen erhellt. Dort angekommen, drückte Miku auf Kanons Namensschild und kurz darauf hörte er ein Summen und die Tür schwang auf. Schnell trat er ein. Statt den Aufzug zu benutzen, um in den fünften Stock zu kommen, in welchem Kanons Wohnung lag, nahm er die Treppe. Miku war immer noch ziemlich nervös und aufgeregt zugleich. Er wollte nicht, dass der Schwarzhaarige irgendetwas davon mitbekam. Zudem konnte er noch einmal genau über sein Geschenk nachdenken. Als er den gewünschten Stock erreicht hatte, ging er zu Kanons Tür, blieb dort kurz stehen. Miku atmete noch einmal tief ein und wollte sich gerade dazu aufraffen, nun doch zu klopfen, als die Tür auch schon aufgerissen wurde. „Hey, chic!“, begrüßte Kanon ihn und umarmte ihn kurz. Miku brauchte einen Moment, um sich zunächst von dem Schrecken zu erholen und anschließend, um den Bassisten genauer zu betrachten. Er hatte sich, genau so wie Miku selbst, seine schwarzen Haare hinten hoch gekämmt und sein Pony verdeckte beinahe sein linkes Auge. Dazu trug er eine dunkle Jeans und ein weißes Hemd, über das er noch eine dünne schwarze Weste trug. „Das Kompliment gebe ich gerne zurück“, sagte er und lächelte nervös. Plötzlich überkam ihm der Wunsch, Kanon noch einmal in seinen Armen spüren zu können, doch erfolgreich unterdrückte er es und betrat hinter ihm seine Wohnung. Während er seine Jacke auf einen Stuhl neben der Tür legte, sah er sich um. Kanons Wohnung war ordentlicher, als er sie aus seinem letzten Besuch in Erinnerung hatte. „Setz dich doch.“ Kanon bot ihm einen Platz am Esstisch an, welcher bereits festlich gedeckt war. Dankend setzte sich Miku und betrachtete die Dekoration des Tisches. //Er muss sich ziemlich viel Mühe gegeben haben, um das alles so schön hinzubekommen//, dachte er. Er wollte Kanon gerade dafür loben, doch dieser war bereits in der Küche verschwunden, aus der ein herrlicher Duft strömte. „Ich wusste ja gar nicht, das du kochen kannst“, sagte Miku laut, damit der Bassist ihn auch hören konnte. Doch das wäre gar nicht notwendig gewesen, denn dieser kam mit einigen voll bepackten Schüsseln auf ihn zu und stellte sie in die Mitte des Tisches. Dann grinste er Miku an. „Du wirst staunen, was ich alles kann.“ Er setzte sich zu ihm an den Tisch und forderte ihn auf, sich doch etwas zu nehmen. Danken nahm der Vocal von allem etwas und fing an zu essen. „Hey, du hast Recht“, sagte er und kaute genüsslich. „Es schmeckt hervorragend!“ „Arigatou. Ich habe nur für dich den ganzen Tag in der Küche gestanden“, gestand er lächelnd und fing ebenfalls an zu essen. „Das wäre doch nicht nötig gewesen“, sagte der Vocal kleinlaut, doch er fühlte sich geschmeichelt, dass Kanon das extra für ihn gekocht hatte. Während sie über alles Mögliche redeten, spürte Miku, dass die Nervosität und auch die Angst von ihm abfiel. Er fühlte sich, als ob nie etwas gewesen wäre; als ob er und Kanon nur einfache Freunde wären. Nur mit einer einzigen Ausnahme. Miku wusste selbst nicht warum, aber er konnte nicht anders, als den Schwarzhaarigen aus den Augenwinkeln her die ganze Zeit zu beobachten. Nach dem Essen machten sie es sich auf Kanons dunklem Sofa bequem. Kanon hatte für sie beide noch ein Eis organisiert, welches sie nun genüsslich schleckten. Miku wusste selbst nicht warum, doch er hatte sich nicht getraut, sich direkt neben den Schwarzhaarigen zu setzen und hatte die Beine zu sich gezogen. Kanon saß, eingekuschelt in einer Wolldecke, in der anderen Ecke. Zunächst schwiegen sie beide. Kanon war dieser bewusst eingehaltene Abstand nicht entgangen, sagte jedoch nichts. Er wusste, was momentan in Miku vorgehen musste und akzeptierte es. Bevor das Schweigen ins Peinliche rutschen konnte, fragte Miku, der sich in Kanons Wohnzimmer erneut umgesehen hatte: „Wie hast du es eigentlich geschafft, den ganzen Saustall zu beseitigen?“ „Tja...“ Kanon ließ seinen Blick ebenfalls durch sein Wohnzimmer gleiten. „Reine Langeweile.“ Dann sah er zu Miku, welchem warm ums Herz wurde, als dieser ihn angrinste. „Okay, ich gebe es zu. Ich habe mich unwohl bei dem Gedanken gefühlt, dass wie zwei in so ’ner versifften Wohnung Weihnachten feiern und habe alles aufgeräumt.“ Miku lächelte und stopfte sich den Rest seiner Eiswaffel in den Mund. „Hast du Lust auf `ne DVD?“, fragte Kanon ihn gerade, als er sich nach etwas umsah, mit dem er sich zudecken konnte. Das Eis hatte ihn frieren lassen. „Gerne!“, stimmte Miku ihm zu und Kanon erhob sich, um seinen neuesten Film einzulegen. Nachdem er ihn gestartet hatte und der Vorspann lief, setzte er sich wieder. Irrte sich Miku oder war der Abstand etwas kleiner geworden? Der Film fing an und Miku versuchte sich, auf den Film zu konzentrieren. Was ihm aber nicht so recht gelingen wollte. //Wieso kann ich nicht aufhören, an Kanon zu denken?//, dachte er und schlang seine Arme um den Oberkörper, um sich wenigstens etwas zu wärmen. //Gestern hatte ich noch geglaubt, ich würde wegen dieser Verabredung nur an ihn denken...aber das Gefühl, als ob ich ihn ganz schrecklich vermisst hätte...was hat das nur zu bedeuten?// Miku genoss es bei Kanon zu sein. Er fühlte sich richtig wohl. „Frierst du?“, unterbrach der Schwarzhaarige seinen Gedankengang. Miku sah zu ihm und Kanon erwiderte seinen Blick. Miku nickte, woraufhin der Bassist die Decke ein Stück anhob. „Arigatou“, murmelte Miku, krabbelte zu ihm und legte etwas von der Wolldecke über sich. Mehr wollte er nicht nehmen, da Kanon sonst nichts mehr hätte. Dieser hatte seine Bescheidenheit bemerkt und legte einen Arm um seine Schulter. Miku zuckte bei dieser Berührung leicht zusammen und ihm wurde warm. Doch ehe er sich versehen konnte, hatte Kanon ihn sanft zu sich gedrückt, sodass er nun dicht neben Kanon saß; die Wärme deutlich spüren konnte, die von ihm ausgehen konnte. Sein Lieblings-Parfum riechen konnte, welche ihm alle Sinne vernebelte. Er verkrampfte sich etwas. „Wenn du das nicht möchtest, stehe ich auf und hole eine eigene Decke für dich“, sprach Kanon leise in sein Ohr. „Nein, es geht schon.“ Miku traute sich, ihn direkt anzusehen – wenn auch nur kurz. Er lächelte. „Danke noch mal.“ „Keine Ursache“, grinste Kanon. „Ich kann doch nicht zulassen, dass du mir an Heiligabend erfrierst.“ Miku lachte kurz auf. „So schlimm ist nun wieder auch nicht.“ Er spürte, wie die Verkrampftheit von ihm abfiel und er legte seinen Kopf auf Kanons Schulter. Dieser strich ihm kurz über den Arm und ließ seine Hand dann dort ruhen, während er seine Aufmerksam wieder dem Fernseher schenkte. Miku hatte in der Zwischenzeit seine Augen geschlossen und hörte wie aus weiter Ferne die Geräusche aus dem Film. Er wollte es einfach nur genießen, an Kanon gekuschelt auf dem Sofa zu liegen. Er wollte nie wieder dieses Gefühl haben wie in den letzten zwei Tagen, sondern einfach nur so fühlen wie jetzt. Dann wäre es perfekt. Innerlich erschrak er über seine Gedanken. //Vielleicht sollte ich doch auf Teruki hören...// Miku spürte, wie Kanon wieder anfing, ihn sanft zu streicheln und lächelte zufrieden. Leider konnte der Schwarzhaarige nicht sehen, wie zufrieden der Blonde war. Als der Film zuende war, wollte keiner so wirklich aufstehen. Kanon ließ den Fernseher einfach an, da er nicht an die Fernsteuerung kam, die neben ihm auf dem Boden lag. Doch das war ihm auch egal. Er schlang nun auch den anderen Arm um den kleinen Vocal, drückte diesen leicht an sich. Nur zu gern würde er wissen, was nun ihn ihm los war. Ob er es genoss oder nicht. Doch er musste lächelnd gestehen, dass er wieder in die andere Ecke gekrabbelt wäre, hätte er dies nicht gewollt. Und das gab ihm die Sicherheit, die er haben wollte. Kanon lehnte seinen Kopf an den Mikus und schloss ebenfalls die Augen. „Wie viel Uhr haben wir?“, fragte Miku nach einer Weile mit etwas schläfriger Stimme. „Kurz vor zwölf.“ Miku hob seinen Kopf. „Dann muss ich jetzt gehen.“ Er wollte sich schon erheben, doch die starken Arme des Bassisten hinderten ihn daran. „Kanon, bitte!“, sagte er nun etwas ungehaltener. „Ich muss wirklich nach Hause!“ „Nein, musst du nicht“, sagte Kanon ruhig und zu Mikus etwas verpeiltem Gesichtsausdruck fügte er noch hinzu: „Du kannst hier schlafen, wenn du willst.“ „Ich habe aber keine Sachen da.“ „Ich leih dir was.“ „Nein, wirklich. Ich sollte jetzt gehen.“ Miku sah den Bassisten müde an, welcher ihn dann auf einmal frech angrinste. „Du schuldest mir noch einen Wetteinsatz“, erinnerte er den Vocal an seine verlorene Wette in Stockholm. Miku brauchte erst einen Augenblick, bis er kapierte, was Kanon damit sagen wollte. „War das nicht ein ganzer Tag?“ „Das stimmt schon“, bemerkte Kanon, schmunzelte. „Aber ich tausche ihn gerne gegen diese eine Nacht ein.“ Schmollend setzte Miku sich wieder neben den Schwarzhaarigen. „Na, von mir aus“, murrte er. „Dann haben wir das wenigstens hinter uns.“ „Hey! Was soll das denn jetzt bitte schön heißen?“, protestierte Kanon, konnte sich aber ein leichtes Lächeln nicht verkneifen. „Bin ich denn so schlimm?“ „Kommt drauf an, was du vor hast“, gab Miku offen zu und sah ihn ausdruckslos an. Innerlich ärgerte er sich jetzt schon schwarz, dass er seine wahren Gedanken laut geäußert hatte. Kanon schien sichtlich enttäuscht von ihm zu sein. Zunächst antwortete er nicht, hielt seinen Blick gesenkt. Dann hob er den Kopf und erwiderte Mikus Blick. „Hast du Angst vor mir?“ „Kanon, ich...“ Miku wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Natürlich hatte er keine Angst vor dem Schwarzhaarigen, doch die Szenen im Waschraum und im Hotelzimmer hatte er noch sehr deutlich in Erinnerung. „Gut, das reicht mir schon als Antwort.“ Kanon zuckte gleichgültig mit den Schultern und erhob sich, nur um dann das Schlafzimmer zu betreten. Miku hatte nicht den blassesten Schimmer, was er dort tat, und so blieb er unbehagen da sitzen, wo er war. Wieso ging er nicht einfach? Ganz klar. Weil er gegen Kanon ja diese bescheuerte Wette verloren haben musste! Also schuldete er ihm etwas, und es war ja auch nur für eine Nacht. Kanon kehrte zurück, überreichte Miku einige Schlafsachen. „Hier, die kannst du anziehen.“ Miku nickte dankend und verschwand im Bad. Als er kurz darauf das Schlafzimmer betrat, welches nur durch die kleine Lampe auf dem Nachttisch beleuchtet wurde, hatte Kanon, der sich ebenfalls schon bettfertig gemacht hatte, bereits ein Futon neben seinem großen Bett ausgebreitet. Er sah auf, als Miku eintrat. „Du kannst beruhigt schlafen“, meinte er. „Ich schlafe hier, also kann ich dir nichts antun.“ Das letzte Wort betonte er besonders. „Gomen, Kanon, wenn ich dich verletzt haben sollte“, sagte Miku, dem der Sarkasmus nicht entgangen war. Kanon kam lächelnd auf ihn zu. „Schon okay. Es macht mir nichts aus.“ „Gut...dann...danke.“ „Kein Problem.“ Kanon stand nun dicht vor ihm. Miku konnte seinen ruhigen Atem im Gesicht spüren, ihre Blicke trafen sich. Sein Herz klopfte wild und er hatte das unangenehme Gefühl, dass Kanon ihn nun doch küssen würde, doch dieser strich mit der Hand schnell aber sanft über die Wange des Vocals. „Schlaf gut.“ Dann wandte sich der Schwarzhaarige von ihm ab und legte sich in sein Futon. Miku krabbelte aufs Bett, kuschelte sich unter die dicke Decke und bevor er das Licht ausknipste, flüsterte er noch: „Dir auch eine gute Nacht.“ Er schloss die Augen, versuchte sich zu beruhigen. Noch immer schlug sein Herz wie verrückt. Er hatte gerade wirklich geglaubt, Kanon würde ihn küssen und er musste sich selbst eingestehen, dass er sich dies gewünscht hatte. Es war seltsam, aber seitdem er sich zwei Wochen pausenlos in Kanons Nähe aufgehalten und urplötzlich zwei Tage ohne ihn verbracht hatte, fühlte er sich mehr zu dem Schwarzhaarigen hingezogen als zuvor. Aber...war das wirklich Liebe? Ob er genau so bei Bou gefühlt hatte, konnte er nicht sagen. Sie waren tagtäglich zusammen gewesen; es hatte keinen einzigen Tag gegeben, an denen sie sich nicht gesehen hatten. Also hatte er ihn auch nicht missen können. „Kanon?“, flüsterte er nach einer Weile leise. „Schläfst du schon?“ „Nein“, kam es ebenso leise als Antwort. Miku starrte in die Richtung, in der das Futon lag. Er konnte jedoch nur die schemenhaften Umrisse erkennen. „Ich fühle mich mies, dass du da auf dem harten Boden schlafen musst und ich in diesem schön bequemen Bett.“ „Das hast du dir selbst eingebrockt“, murmelte Kanon. „Du sagtest doch selbst, dass du Angst vor mir hast.“ „Das habe ich nicht“, versicherte der Vocal ihm. „Und warum hast du das dann eben gesagt?“ „Tut mir Leid, Kanon.“ Miku hörte ein Rascheln und meinte Kanons Umriss zu erkennen, welcher nun aufrecht auf dem Futon saß und in seine Richtung spähte. „Ich würde nie etwas tun, was du nicht möchtest, Miku. Dazu liebe ich dich zu sehr. Es tut mir schrecklich Leid, wenn ich in den ersten Tagen nach Bous Trennung von dir so aufdringlich war. Aber ich hatte Angst, dass Bou dich dann doch wieder zurückgewinnen könnte. Ich weiß auch nicht, wie es so weit kommen konnte, aber...ich glaube, Bou und ich werden uns nie wieder so gut verstehen wie noch im letzten Jahr.“ „Das verlange ich von euch auch gar nicht“, meinte Miku leise. „Ich kann mit ziemlich gut vorstellen, wie hart das für euch sein muss. Und egal, wen ich von euch zwei wähle, der andere wird enttäuscht sein.“ Er schwieg kurz, bevor er weitersprach. „Und jetzt komm endlich her.“ Das ließ Kanon sich nicht zwei mal sagen. Er stand auf und stieg zum Vocal ins Bett. Dieser gab ihm etwas von seiner Decke ab und rutschte näher zu ihm. Und zu Kanons Überraschung schlang Miku einen Arm um ihn und drückte ihn an sich. Das Gesicht legte er an Kanons Brust. „Miku, was...“ Doch dieser schüttelte kaum merklich den Kopf, um Kanon zum Schweigen zu bringen. „Ich...ich habe dir noch gar nicht mein Geschenk gegeben“, sagte er leise.“ „Ach, Miku.“ Kanon fuhr ihm lächelnd über den Rücken. Er war erleichtert, dass der Vocal nichts ernsteres hatte. „Das kannst du doch auch morgen machen.“ „Dann...traue ich mich wahrscheinlich nicht mehr.“ „Wie meinst du das?“ „Kanon.“ Miku sah ihn an, rutschte ein Stück höher, sodass er nun mit dem Bassisten auf einer Höhe war, und sah dorthin, wo er seine dunklen Augen vermutete. „Ich...ich weiß nicht, wie ich es erklären soll, aber...“ „Aber was?“ Statt zu antworten legte Miku eine Hand in Kanons Nacken und zog diesen mehr zu sich. Ein paar Atemzüge lang genoss er es einfach nur, ihn so nah bei sich zu haben, doch dann presste er seine Lippen auf die des Bassisten. Kanon wusste erst nicht, ob Miku das ernst meinte. Schließlich hatte er sich noch vor einer halben Stunde dagegen gesträubt, nur bei ihm zu schlafen. Und jetzt küsste er ihn! Aller Gehorsam fiel von Kanon ab und er erwiderte den Kuss, zunächst sanft, dann leidenschaftlicher. Er schlang einen Arm um den Vocal, drückte ihn noch näher an sich. Miku schloss die Augen und genoss es sichtlich. Er wünschte, dieser Kuss würde niemals enden. Nach einer Weile löste sich der Vocal, blieb aber dicht neben Kanons Gesicht liegen und sah diesen schon fast verträumt an. Kanon fuhr ihm lächelnd durchs blonde Haar. „War das dein Geschenk für mich?“ „Nicht direkt“, sagte Miku langsam. „Kanon, bitte sei mir nicht böse. Egal, was ich jetzt sagen werde.“ Kanon versprach es ihm, wenn auch ein wenig verwirrt. „Ich habe mich entschieden.“ Der Schwarzhaarige, welcher schon lange auf diese Worte gehofft hatte, hielt den Atem an. „Und...wer ist es?“, fragte er angespannt. Miku zögerte kurz. Sollte er es ihm wirklich sagen? Doch für ihn gab es kein Zurück mehr – spätestens nach diesem Kuss. „Du...bist es.“ Er hatte erwartet, dass Kanon auf irgendeine Art seine Freude ausdrücken würde. Ihn jubelnd an sich drücken, ihn erneut küssen würde. Aber nichts dergleichen geschah. Miku konnte jedoch nicht ahnen, welches Feuerwerk aus Gefühlen er in dem Schwarzhaarigen ausgelöst hatte. „Ist das...dein Ernst?“, fragte Kanon tonlos nach, der es einfach nicht glauben wollte. „Hai“, flüsterte Miku und küsste Kanon erneut, doch dieser dauerte nicht so lange wie der davor. „Aber warum sagst du mir das jetzt?“, wollte Kanon wissen. „Bist du dir auch wirklich sicher bei dem, was du für mich empfindest?“ Miku überlegt kurz, musste noch die richtigen Worte finden, um Kanon von seinen Gefühlen erzählen zu können. „Ich...ich glaube, ich liebe dich wirklich schon länger. Wieso hätte ich dich denn sonst anstarren könne, ohne es selbst zu merken? Oder wieso hätten mir dann deine Küsse und deine bloße Nähe mir so schön gefallen können? Aber ich habe es erst jetzt richtig begriffen, was ich für dich empfinde. Kanon, ich...ich weiß nicht, wie ich es sagen soll, aber...“ Miku sah ihm direkt in die Augen, sein Herz klopfte. „...aber ich habe dich in den letzten zwei Tagen so schrecklich vermisst – und das war kein schönes Gefühl.“ „Ach, Miku“, seufzte Kanon. „Warum weinst du denn jetzt?“ „’Tschuldige“, murmelte der Vocal und wischte sich seine Augen trocken. „Es ist nur so, ich...ich möchte dieses Gefühl nie wieder haben. Ich war total unruhig, konnte überhaupt nicht schlafen, weil ich die ganze Zeit nur an dich denken konnte. Und ich habe mich so nutzlos und einsam gefühlt.“ Kanon drückte den Kleinen mehr an sich, gab ihm einen Kuss auf die Stirn. „Das musst du auch nicht“, sagte er leise. Mit seinen Lippen wanderte er weiter runter, bis er auf den Mund de Vocals traf. Miku erwiderte, legte einen Arm um den Schwarzhaarigen und in ihm drin explodierte ein wahres Feuerwerk aus Gefühlen. Die er jetzt endlich verstand. „Ich liebe dich“, hauchte Kanon in den Kuss hinein. „Ich dich auch“, antwortete Miku ebenso leise und löste den Kuss. Er sah den Schwarzhaarigen lächelnd an. //Wow...mein Herz klopft immer noch so wild...// „Aber ich möchte nicht, dass Bou davon erfährt.“ „Ich eigentlich auch nicht, aber...“ Kanon erwiderte seinen Blick skeptisch, strich ihm durchs Haar. „Willst du ihn die ganze Zeit über belügen? Nur, um auf seine Gefühle Rücksicht zu nehmen?“ „Ich will ihn auf keinen Fall verletzten.“ Miku klammerte sich noch fester an die starken Arme des Bassisten. „Ich habe Angst, dass er sich dann wieder etwas antun könnte, wenn wir es ihm sagen.“ Er konnte sich noch genau an den Tag in Paris erinnern, an dem Teruki ihm mit kreidebleichem Gesicht mitgeteilt hatte, Bou hätte versucht sich umzubringen. Zwar hatte der Blondschopf Miku selbst gesagt, dass er nur den seelischen Schmerz überdecken wollte, doch der Vocal wollte nicht wissen, was Bou tun würde, wenn sie es ihm sagen würden. „Lass uns doch wenigstens noch ein paar Tage warten“, meinte Miku. „Dann können wir auch sicher sein, dass wir auch wirklich zusammen sein wollen – oder auch nicht. Je nachdem.“ „Gut.“ Kanon nickte zustimmend. „Aber eins sage ich dir jetzt schon. Ich werde ihn nicht monatelang belügen!“ „Lass uns später darüber reden, ja?“ „Wen du meinst.“ „Ja, ich meine.“ Miku gab ihm lächelnd einen Kuss. „Gute Nacht.“ „Gute Nacht, Miku.“ Miku schloss zufrieden seufzend die Augen, lockerte seinen Griff um den Bassisten etwas, um einschlafen zu können. Er war froh, es Kanon gesagt zu haben; aber er hoffte, dass er seine Gefühle auch richtig gedeutet hatte. Doch so lange es sich nur schön anfühlte, was es Miku egal. „Miku?“, flüsterte eine leise Stimme in sein Ohr. Es kitzelte, und Miku kuschelte sich noch mehr an den Schwarzhaarigen. „Habe ich dir schon mal gesagt, wie süß du bist?“ „Kanon, halt die Klappe.“ Am nächsten Morgen schien bereits die kalte Wintersonne durch das Fenster, als Miku erwachte; doch nicht von alleine - irgendetwas hatte ihn geweckt. Er riss die Augen auf und das erste, was ihm auffiel, war, dass er allein im Bett lag; zudem hörte man ein klapperndes Geräusch, welches aus der Küche zu kommen schien. Doch das war alles nicht das, was ihn beim Schlafen gestört hatte. Schnuppernd stand er auf, folgte im wahrsten Sinne seiner Nase, bis er neben dem Schwarzhaarigen in der kleinen Küche am Herd stand. Dieser trug eine rote Kochschürze über seinem Outfit vom Abend zuvor. „Hey, guten Morgen.“ Kanon hatte sich zu ihm umgedreht, lächelte ihn munter an. „Coole Schürze“, sagte Miku abwesend, der nun freie Sicht auf den Herd hatte, und sah, dass Kanon wohl dabei war, Rührei zuzubereiten. Ihm lief das Wasser im Mund zusammen – er liebte Rührei über alles. Besonders, wenn es von Kanon kam. Dieser lachte, da ihm dieser Blick nicht verwehrt geblieben war. „Setz dich doch schon mal, du Vielfrass.“ „Ich bin kein Vielfrass“, protestierte Miku kleinlaut, setzte sich aber folgsam an den Esstisch und starrte wie gebannt auf die Küchentür, um ja nicht den einzigartigen Moment zu verpassen, in dem Kanon durch diese Tür trat – mit dem Rührei in der Hand. Und dieser ließ auch nicht lange auf sich warten. „Du bist echt der Beste!“, rief Miku quietschvergnügt und stürzte sich sofort auf das Rührei, das Kanon ihm auf einem (extra)großem Teller serviert hatte. „Genau das wollte ich hören“, grinste der Schwarzhaarige, der die Schürze abgelegt hatte, und fing ebenfalls an zu essen, wenn auch nicht so hastig wie sein Tischnachbar. Kanon sah Miku während dem Essen unentwegt an, beobachtete ihn. Er schien sein Glück noch gar nicht zu fassen, dass der Blonde nun endlich ihm gehörte. Nach all den Jahren... Miku konzentrierte sich jedoch so sehr auf das Rührei, dass er Kanon ganz vergaß; und schaffte es damit prompt, dass dieser auf das Rührei leicht eifersüchtig war. „Möchtest du jetzt immer noch nach Hause?“, fragte der Schwarzhaarige, um die gewünschte Aufmerksamkeit zu bekommen. Miku schob sich noch die letzten drei Gabeln mit Ei in den Mund, bevor er antwortete: „Was soll ich denn da? Da bin ich doch nur allein.“ „Du hast doch Miruku.“ „Hatte“, bemerkte Miku müde, sah den Bassisten an und erzählte ihm alles. Dass Bou ihm dabei geholfen hatte, verschwieg er allerdings. Er wollte nicht, dass Kanon irgendwie wütend oder aufgebracht reagierte. „Das tut mir echt Leid, Miku“, sagte Kanon leise, als der Vocal geendet hatte. Dieser lächelte ihn beschwichtigend an. „Kein Thema. Ich hab’s ja überlebt.“ „Gut...“ Kanon überlegte kurz. „Wie wäre es, wenn du dich erst einmal umziehst und ich in der Zwischenzeit meine Überraschung für dich aufbaue?“ „Was denn für eine Überraschung?“, fragte Miku hellhörig und sah Kanon mit großen Augen an. Der Schwarzhaarige schmunzelte. „Ab ins Bad mit dir.“ Das ließ sich der Vocal nicht zweimal sagen. Schnell wie der Blitz flitzte er ins Schlafzimmer, um sich anzuziehen und anschließend im Bad zu verschwinden, wo er sich zurechtmachte. Er wollte zwar unbedingt die Überraschung sehen, doch dafür für Kanon schlecht aussehen...Nein. Nach etwa zehn Minuten lief er zurück ins Wohnzimmer, sah sich nach der Überraschung um. Doch er konnte nichts entdecken; nur Kanon war zu sehen, der auf der Couch hockte und zu ihm herüber grinste. „Also?“ Miku hüpfte ungeduldig von einem Bein aufs andere, konnte es kaum noch abwarten. Kanon klopfte auf die Couch. „Komm her.“ Als er aus dem Bad kam, hatte er keine Sicht auf den Fernseher, doch nun sah er es – und quiekte vor Freude auf. „Kanon! Du bist einfach genial!“ „Ich weiß“, sagte dieser und wandte seinen Blick von Miku ab, schaute ebenfalls zum Fernseher, welcher das Logo von einem Playstation-Spiel anzeigte, das gerade erst neu auf den Markt gekommen war. Es war die Fortsetzung von Mikus Lieblingsspiel, die er sich schon sehnlichst herbeigewünscht hatte. „Ich habe es übrigens auch noch nicht gespielt.“ Der Schwarzhaarige reichte ihm den Controller, der ihm auch sofort aus der Hand gerissen wurde. Doch bevor er anfing zu spielen, fiel Miku über den wehrlosen Kanon her und küsste ihn. „Arigatou, Kanon!“ Dann kuschelte er sich eng an ihn und fing an. Kanon legte einen Arm um seinen Freund und sah dem Spiel auf dem Fernseher lächelnd zu. Während der ersten halben Stunde konzentrierte sich Miku nur auf das Spiel, doch nachdem er den ersten starken Gegner problemlos besiegt hatte, konnte er nicht anders, als den Bassisten noch mal so richtig durchzuknuddeln. Er hatte sich mit solcher Wucht auf ihn geworfen, dass dieser nun rücklings auf der Couch lag, während Miku ihn heftig umarmte. „Kanon, du bist einfach genial!“ „Du wiederholst dich“, bemerkte dieser lächelnd und war froh, jetzt endlich wieder beachtet zu werden. Er schlang ebenfalls seine Arme um den Blonden, drückte ihn an sich. Er sog den Duft seiner Haare ein. Miku hob etwas den Kopf, legte den Kopf auf die Seite und sah ihn an. „Na und?“ Und bevor Kanon auch überhaupt nur reagieren konnte, hatte Miku schon ihre Lippen vereint. Gierig bat er bei dem Schwarzhaarigen um Einlass, der ihn auch sofort erwiderte. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ so ich hoffe es is nicht allzu kitschig geworden *lachflash* Kapitel 18: Silvester --------------------- so~ dieses kapitel kommt jez etwas später als geplant *es eigentlich schon an montag on sein sollte >.<* aba dafür ist kapi 19 schon fertig ^0^ viel spaß beim lesen! ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Kapitel 18. Silvester Die letzte Woche des Jahres verbrachten Miku und Kanon gemeinsam. Keiner hatte wirklich große Lust gehabt, sich irgendwo allein zu langweilen und so hatten sie viel unternommen. Sie gingen shoppen, in Clubs und statteten dem Schwimmbad den ein oder anderen Besuch ab. Doch die meiste Zeit blieben sie in Kanons Wohnung, wo sie abwechselnd das neue Spiel zockten und dabei miteinander kuschelten. Wie er es versprochen hatte, rief Bou jeden Abend an, um ihn über seinen Gesundheitszustand zu informieren. Miku verriet dabei nicht, dass er bei Kanon war, musste sich immer wieder neue Ausreden einfallen lassen, was er denn den ganzen Tag über gemacht hätte. Er fühlte sich nicht wohl dabei, den Blondschopf zu belügen, aber er wollte es ihm jetzt noch nicht sagen. „Wieso bist du nicht mit deinen Eltern in den Urlaub gefahren?“, fragte Miku den Schwarzhaarigen an Silvester. Sie saßen auf der Couch, hatten gerade den Fernseher ausgemacht. „Warum sollte ich?“ Kanon sah ihn an. „Ich wollte in deiner Nähe sein. Ich habe ja gewusst, dass du über Silvester ausnahmsweise nicht nach Hokkaido fährst.“ „Woher...“ „Teruki hat es mir gesagt. Kurz, nachdem wir uns am Flughafen voneinander verabschiedet hatten.“ Er grinste. „Er hat es mir auch nur erzählt, weil er nicht wollte, dass du alleine feierst.“ „Aber er hat mich doch selbst zu sich eingeladen“, sagte Miku irritiert, dem Terukis Worte wieder eingefallen waren. „Das stimmt.“ Kanon grinste ihn leicht an. „Aber er war sich nicht ganz sicher, dass du auch kommen würdest.“ „Teruki ist echt gemein“, maulte Miku und verschränkte beleidigt die Arme. „Wieso sollte ich denn nicht kommen? Dann hätte ich doch gleich nein gesagt!“ „Woher soll ich das denn wissen?“, verteidigte sich Kanon lachend und drückte den Kleinen an sich. „Komm, wir sollten uns fertig machen.“ Terukis Wohnung lag nur einige Wohnblocks hinter Kanons, sodass sie theoretisch nicht lange durch die eisige Kälte laufen mussten. Doch dieses winterliche Wetter hielt viele Kids und Jugendliche jedoch nicht davon ab, aus lauter Spaß an der Freude mit Böllern um sich zu schmeißen, und dementsprechend war es auch laut. Kurz vor ihrem Ziel wurde Miku plötzlich grob beiseite geschubst. Er wollte ihn schon ärgerlich fragen, was das denn sollte, als genau dort, wo er seinen Fuß hingesetzt hätte, ein Böller mit einem lauten Knall explodierte. „D-danke“, sagte Miku atemlos, doch Kanon schien ihn nicht zu hören, denn er raste auf eine Gruppe Jugendlicher zu, die dafür wohl verantwortlich sein mussten. Der Vocal eilte ihm hinterher und schon von Weitem hörte er, wie der Schwarzhaarige sie regelrecht zusammenschrie. „Ist euch eigentlich klar, was eben beinahe passiert wäre?“, fauchte er zornig, die fremden Jungs wichen vollkommen verängstigt zurück. „Mein Freund wäre fast auf einen dieser... Dinger getreten!“ Kanon holte aus und schlug dem nächstbesten Jungen hart ins Gesicht. Der Getroffene prallte zurück, beide Hände auf seine Nase gepresst. Er wollte noch einmal zuschlagen, doch er konnte nicht; jemand hatte seine Hand festgehalten. Kanon wirbelte herum und stierte direkt in Mikus ängstlich wirkendes Gesicht. „Kanon! Jetzt hör auf!“, bat dieser, und verstärkte den Griff um seine Hand noch mehr. „Es ist doch nichts passiert.“ „Aber fast“, knurrte der Bassist. Er schaffte es, sich zu befreien, und ging schnell weiter, den Blick stur geradeaus gerichtet. Miku warf der Gruppe noch einen entschuldigenden Blick zu und eilte ihm dann hinterher. Nun hielt er jedoch Ausschau nach Feuerwerkskörpern und behielt zudem einen Sicherheitsabstand zu Kanon ein. Der Vocal sah ihn von der Seite her an. Das Gesicht des Schwarzhaarigen war ausdruckslos, und dennoch schien er noch immer ziemlich aufgebracht zu sein. //Warum ist er eben nur so ausgerastet?//, überlegte Miku besorgt, der den Bassisten noch nie so erlebt hatte. //Er ist doch sonst immer brav...außerdem war das nun wirklich keinen Grund, jemanden regelrecht zusammenzuschlagen. Es ist doch nichts passiert...aber das macht mir einfach Angst...// „Miku?“ Miku schreckte aus seinen Gedanken hoch und sah den Bassisten, der nun wieder völlig normal wirkte, an. „Ähm...ja?“ „Hast du mir überhaupt zugehört?“ „Ich...denke nicht“, sagte Miku, lächelte verlegen. „Tut mir Leid. Was hast du gesagt?“ „Ich habe dich gefragt, ob du noch wüsstest, welchen Eingang wir nehmen müssen.“ Erst jetzt bemerkte der Blonde, dass sie vor dem riesigen Wohnblock standen, in dem Teruki lebte. Und er hatte tatsächlich mehrere separate Eingänge. Zielsicher steuerte Miku den Nächstbesten an. „Bist du sicher?“, kam es zweifelnd vom Bassisten, der ihm einfach mal gefolgt war. „Klar. Guck doch mal.“ Miku deutete auf ein Klingelschild, auf dem Terukis Name stand. Er drückte ihn und kurz darauf öffnete sich die Tür. „Siehst du?“ Bevor er eintrat, warf er Kanon einen besserwisserischen Blick zu. „Schon gut, ich hab’ nie was gesagt“, grinste dieser und schob sich an Miku vorbei. Während sie schweigend die Treppe bis zum dritten Stock hochstiegen, rätselte Miku, warum Kanon sich jetzt wieder völlig normal benahm. Wusste er etwa nicht, dass er einem vor nur ein paar Minuten mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit die Nase gebrochen hatte? //Hoffentlich kommt so was nicht noch einmal vor...//, seufzte Miku, als sie vor der hellen Tür zu Terukis Wohnung Halt machten, um darauf zu warten, dass er ihnen öffnete. „Alles okay?“ Kanon musterte ihn. „Dann könnte ich dich ja auch fragen, was du eben hattest.“ Doch Miku schaffte es, dies mit Erfolg zu unterdrücken. Stattdessen sah er ihn an, lächelte und nickte. „Klar, was sollte denn sein?“ „Na ja...du guckst die ganze Zeit nur so nachdenklich“, erklärte der Schwarzhaarige. Miku zögerte kurz, bevor er nach Kanons Hand griff. „Sollen wir es ihm sagen?“ „Wem? Was?“, fragte Kanon verwirrt. „Teruki. Über uns.“ Miku sah ihn erwartungsvoll an. Kanon verstärkte den Griff um ihre Hände ein wenig, lächelte. „Ich wäre dafür. Vielleicht hat er auch eine Idee, wie wir es Bou sagen...oh! Hi, Teruki!“ Kanon und Miku ließen schnell ihre Hände sinken und sahen zu dem Drummer, der die Tür geöffnet hatte und sie beide fröhlich beäugte. „Terukiiii!“, quietschte Miku und sprang ihm stürmisch um den Hals. Teruki taumelte einige Schritte zurück, doch der Vocal dachte erst gar nicht daran, ihn loszulassen. „Ich hab dich sooo vermisst!“ „Das waren doch keine zwei Wochen“, meinte Teruki grinsend und umarmte Miku. Er warf Kanon über den Rücken her einen fragenden Blick zu, doch dieser schüttelte nur breit grinsend mit dem Kopf. „Siehst du? Das war eine Ewigkeit!“, maulte Miku und schaffte es doch tatsächlich, sich von dem Älteren zu trennen. Doch nur, um durch den Flur im nächsten Zimmer zu verschwinden, nachdem er seine Jacke aufgehangen hatte. „Ich hoffe doch stark, dass es was zu essen gibt. Mann, was habe ich für einen Hunger.“ Teruki drehte sich langsam zu Kanon um und musterte ihn misstrauisch. „Sag mal...hast du irgendetwas mit ihm gemacht?“ „Nee.“ Der Schwarzhaarige grinste breit. „Nicht, dass ich wüsste.“ Teruki seufzte. „Wie gut, dass ich genug Lebensmittel eingekauft habe. Aber jetzt komm endlich rein!“ Er zog Kanon in die Wohnung und schloss hinter ihm die Tür. Der Schwarzhaarige zog sich ebenfalls die Jacke aus und folgte dem Drummer durch den Flur ins Wohnzimmer. Es war ähnlich aufgebaut wie seins, doch es war insgesamt größer und ordentlicher. Zudem stand ein kleiner Weihnachtsbaum, der dementsprechend auch geschmückt war, neben der Couch in der Ecke. Seinen Miku entdeckte er sofort. Er hatte sich vor dem Weihnachtbaum in die Hocke gesetzt und betrachtete diesen nun mit schief gelegtem Kopf. Er ging auf ihn zu und legte ihm sanft eine Hand auf die Schulter, sodass er sich nicht erschrecken konnte. „Hey, ich werde gleich eifersüchtig“, raunte er ihm zu und ging zu einem großen Regal, welches neben dem Fernseher stand, betrachtete dort Terukis Spielesammlung für die Playstation. „Keine Sorge“, sagte Miku und erhob sich. Suchend sah er sich um. „Wo ist Teruki hin?“ „In der Küche nehme ich an. Zumindest höre ich von dort seine Stimme.“ Miku runzelte die Stirn. „Führt er neuerdings Selbstgespräche?“ Der Schwarzhaarige drehte sich zu ihm um. „Hast du schon vergessen, dass er uns heute Sonoko vorstellen wollte?“ Der Vocal schlug sich mit der Hand vor die Stirn. „Wie konnte ich das nur vergessen. Ich - “ Er verstummte schlagartig, als sich die Küchentür öffnete und eine junge Frau heraustrat. Sie war schlank und recht hübsch. Sie hatte ihre schwarzen Haare zu einem Zopf hochgebunden, welches ihr rundes Gesicht betonte. Als sie lächelnd auf sie zukam, merkte Miku, dass sie sogar ein Stück größer war als er. „Hallo. Ich bin Sonoko.“ Höflich verbeugte sie sich vor Miku und Kanon. „Es freut mich, euch kennen zu lernen.“ „Die Freude ist ganz auf unsere Seite“, sagte Kanon und sie verbeugten sich ebenfalls kurz. „Ich bin...“ „Nein! Nichts sagen“, wurde er von Sonoko unterbrochen, welche die zwei eindringlich in Augenschein nahm. „Teruki hat mir viel von euch erzählt und von daher denke ich, dass du Kanon bist.“ Sie deutete auf Kanon, der daraufhin zustimmend nickte. „Und du musst - “ „Kyaaaah! Essen!“ Miku, der die dampfenden Schüsseln in Terukis Hand gesehen hatte, als dieser aus der Küche getreten war, stürmte zum Tisch. „...Miku sein.“ „Yapp.“ Kanon nickte. „Unser kleiner Vielfrass.“ „Isch bin kein Vielfrasch!“, kam es protestierend von Miku, welcher schon angefangen hatte, zu essen. Dafür bekam er einen Klaps von Teruki. „Warte gefälligst!“ Murrend legte Miku Messer und Gabel beiseite und wartete. Als alle saßen, wollte er sofort weiteressen, als Teruki ihm leicht auf die Finger schlug. „Warte!“ Ungeduldig musste Miku nun wohl oder übel zusehen, wie die anderen drei ihre Teller füllten – mit einem fetten Grinsen im Gesicht und einer Geschwindigkeit, die verdächtig langsam war. „Macht ihr das absichtlich?“, maulte er und betrachtete sehnsüchtig den Fisch auf seinem Teller. „Man muss die Chance nutzen.“ „Welche Chance denn?“, fragte Miku und sah Teruki von der Seite her an. „Na, dich zu erziehen.“ Kanon prustete los und erntete dafür einen vernichtenden Blick von Miku. Sofort verstummte er und der Vocal wandte sich beleidigt Teruki zu. „Bin ich etwa nicht gut erzogen?“, maulte er und zog eine Schnute. „Ach, Miku.“ Der Ältere tätschelte ihm die Schulter und lächelte. „Natürlich bist du das.“ „Was gelogen ist“, warf Kanon ein. „ABER“, fuhr Teruki fort und achtete nicht auf den Einwand des Bassisten. „manchmal, und ich betone manchmal, hast auch du etwas Erziehung nötig.“ „Siehst du?“ Miku grinste den Schwarzhaarigen keck an. „Teruki sagt, dass ich gut erzogen bin. Also muss das auch stimmen.“ „Na ja“, sagte dieser zweifelnd und betrachtete den Vocal mit gerunzelter Stirn und einem Lächeln im Gesicht. „Teruki erzählt meistens eh nur Mist, da darfst du nicht auf ihn hören.“ „Hey! Was soll das denn jetzt bitte schön heißen?“, entfuhr es dem Leader aufgebracht. „Dass du unserem Kleinen keine Flausen in den Kopf setzen darfst“, erklärte Kanon und fing an zu essen. „Sonst glaubt er am Ende noch, dass er wirklich prima erzogen ist.“ Miku, der gemerkt hatte, dass der Schwarzhaarige für das Essen nicht bestraft worden war, stürzte sich erneut auf die Leckereien, mit denen er seinen Teller gefüllt hatte. „Isch bin nischt klein!“, protestierte er mampfend und warf Kanon, der ihm direkt gegenüber saß, einen bösen Blick zu. „Okay, du bist nicht klein“, gab der Bassist daraufhin zu. Miku grinste zufrieden und wollte sich gerade die nächste Kartoffel in den Mund schieben, als Kanon noch hinzufügte: „Du bist klitzeklein.“ „Kanooon!“, maulte der Vocal. „Wieso bin ich eigentlich das Mobbing-Opfer?“ „Jemand muss es ja sein.“ „Aber doch nicht ich!“ „Warum denn nicht?“ „Das ist unfair!“ „Nein, ist es nicht.“ „Doch!“ „Nein.“ „Doch!“ „Nein.“ „Doch, doch, doch!“ „Nein, nein, nein!“ Während die beiden noch eifrig am diskutieren war, wer denn nun Recht habe, warf Teruki Sonoko einen belustigten Blick zu. Seine Freundin beugte sich zu ihm. „Sind die zwei immer so?“ „Leider“, seufzte Teruki, lächelte dabei aber. „Manchmal ist das gar nicht auszuhalten. Aber Kanon ist wirklich der Einzige, der es schafft, Miku beim Essen abzulenken.“ Tatsächlich schenkte der blonde Vocal der klumpigen Kartoffel auf seiner Gabel keine Beachtung, er war vollauf mit Kanon beschäftigt. „Doch!“ „Nein.“ „Doch!“ „Nein.“ „Doch!“ „Nein.“ „Und wenn ihr jetzt nicht gleich aufhört“, unterbrach Teruki sie aufgebracht, dem das allmählich auf die Nerven ging, „setzte ich euch zwei vor die Tür – und ja! Dann wird es kein leckeres Essen mehr geben!“, hatte er noch hinzugefügt, nachdem Miku daraufhin etwas mit traurigem Gesicht sagen wollte. Nun starrte er geschockt Teruki an; die Kartoffel war zurück auf den Teller geplumpst. „Das...kannst du mir doch nicht antun“, sagte er atemlos. „Doch, das kann ich.“ Teruki sah ihn erhaben an. „Also, sei brav. Und du auch, Kanon!“ „Na gut.“ Miku spießte sich wieder die Kartoffel auf die Gabel und schob sie sich nun endgültig in den Mund. „Aber isch habe trotzdem Rescht.“ „Miku!“ Miku schluckte und grinste Teruki frech an. „War’n Scherz, Mann.“ Teruki, Sonoko und Kanon lachten. Nachdem sie alles bis auf den letzten Krümel aufgegessen hatten - dank Miku -, hatten sie es sich auf der großen Couch gemütlich gemacht. Teruki saß in einer Ecke, dicht an ihn gekuschelt Sonoko. Kanon hatte die andere Ecke in Beschlag genommen und Miku hatte sich dicht neben ihm niedergelassen. Da sie noch keine Gelegenheit gehabt hatten, Teruki über die Beziehung zwischen ihnen zu erzählen, hatten sie sich mit nur einem Blick gegen das Kuscheln entschieden. Auch, wenn es hart war, Sonoko und Teruki dabei zusehen zu müssen. Sonoko hatte ihnen so einiges über sich erzählt. Kanon und Miku wussten jetzt nämlich, dass sie als Schneiderin tätig war, gerne Ramen aß, am Liebsten Rock hörte – was natürlich sehr gut passte – und – zu Mikus Entsetzten – Tiere nicht leiden konnte. Zudem war sie mit Kanon offenbar auf einer Wellenlänge, denn die zwei redeten fast pausenlos miteinander, während Teruki und Miku nur zuhören konnten, da sie über Dinge sprachen, von denen sie keine Ahnung hatten. Miku fühlte sich leicht vernachlässigt und nutzlos. Natürlich hatte er ein paar Versuche unternommen, sich in ihr Gespräch einzumischen oder mit dem Schwarzhaarigen ein Neues anzufangen, doch Kanon schien das erst gar nicht zuzulassen. Und so lehnte sich Miku an die weiche Lehne der Couch, streckte seine Beine aus und verschränkte die Arme. Den Blick hielt er stur geradeaus gerichtet. Er hoffte, dadurch Kanons Aufmerksamkeit zu bekommen, doch Fehlanzeige. Nach etwa einer halben Stunde hielt er es nicht mehr aus. Mit den murmelnden Worten: „Bin kurz draußen“ stand er auf und ging durch das Schlafzimmer auf den kleinen Balkon. Da es schon kurz vor zwölf war, war es ziemlich dunkel. Nur die Laternen unter ihm und das Licht aus den Fenstern sorgten für ein wenig Beleuchtung. Die Sterne und den Mond konnte man nicht sehen, eine Wolkenwand wusste dies erfolgreich zu verhindern. Er konnte auch die explodierenden Böller und das Grölen der Jugendlichen hören, die wohl mittlerweile ziemlich betrunken sein mussten. Miku zündete sich eine Zigarette an und nahm einen Zug. Finster starrte er in die Ferne. Ihm war es egal, ob Kanon überhaupt gemerkt hatte, dass er verschwunden war. //Ich dachte, er liebt mich...aber dann dürfte er mich gar nicht ignorieren wollen...er ist doch sonst immer so aufdringlich...// Hinter sich hörte er das leise Scharren der Verandatür, die er, als er nach draußen getreten war, geschlossen hatte, damit Teruki nicht halb Tokio mitheizen musste, und drehte sich um. Er blickte in das Gesicht des Drummers. Dieser zitterte, als er neben ihn trat. „Frierst du denn nicht?“ Miku schüttelte den Kopf und lehnte sich rücklings an das Geländer. Durch die gläserne Tür schaute er nun direkt in das Schlafzimmer, welches für Terukis Verhältnisse recht ordentlich war. „Wieso sollte ich?“ Erneut nahm er einen tiefen Zug. Teruki beugte sich ein Stück über das Geländer und blickte nach unten. „Wieso bist du eben so schnell abgehauen?“ Er wandte sich wieder dem Vocal zu und beäugte diesen nun von der Seite her. „Wir hatten keine Möglichkeit, irgendetwas zu sagen.“ „Darf man jetzt noch nicht einmal in Ruhe eine rauchen?“, fragte Miku leicht entnervt. Er hatte eigentlich nur alleine sein wollen. Es verletzte ihn, dass Kanon bei ihm vorhin auf Stand-by geschaltet hatte. Ihre Beziehung war gerade mal eine Woche alt und da konnte Miku es überhaupt nicht verstehen, dass sich Kanon so benahm. Zudem war er immer noch leicht besorgt über dessen kleinen Wutausbruch vorhin. Der so plötzlich gekommen war. Teruki zuckte gleichgültig mit den Schultern, doch seine Stimme verriet, dass er leicht wütend war. „’Tschuldige, dass ich dich gestört habe.“ Er hatte sich bereits vom Geländer abgestoßen und wollte wieder reingehen, als Miku nach seinem Ärmel griff und ihn wieder zurückzog. „So war das nicht gemeint, Teruki“, entschuldigte er sich. Er wusste, dass Teruki sich nur Sorgen um ihn gemacht hatte und wollte ihn nicht beunruhigen. Dieser sah ihn erwartungsvoll an. „Ich habe mich gerade nur ziemlich nutzlos gefühlt“, sagte Miku und blickte gedanken- verloren auf seine Zigarette, von der schon fast gar nichts mehr da war. „Das ist alles.“ Teruki seufzte. Er konnte immer nur wieder über den Kleinen und dessen Gefühle staunen. „Du bist alles andere als nutzlos, Miku. Wie kommst du da drauf?“ „Kanon und Sonoko haben die ganze Zeit geredet, ich hatte keine Möglichkeit, irgendetwas zu sagen. Und ich hatte das Gefühl, dass Kanon das auch gar nicht wollte“, gab Miku missmutig zu und nahm einen letzten Zug, bevor er den kleinen Zigarettenstummel im Aschenbecher neben der Tür ausdrückte. „Hast du das denn gar nicht gemerkt, dass die zwei pausenlos am Reden waren?“ „Doch“, gab Teruki stirnrunzelnd zu und trat einen Schritt auf Miku zu. „Sie verstehen sich halt gut. Das ist doch schön.“ Plötzlich grinste er. „Oder bist du etwa eifersüchtig?“ Miku zögerte. Was Teruki zum Überlegen brachte. Er hatte geglaubt, dass der Vocal darauf mit Protestschreien reagieren würde – so, wie er es auch in Europa getan hatte. „Teruki?“ Miku sah ihn ein wenig zurückhaltend an. „Hai?“ „Ich und Kanon...wir sind zusammen.“ Teruki brauchte zwei Sekunden, um das Gehörte zu verarbeiten. Er grinste Miku breit an. „Echt?“ „Glaubst du, ich lüge?“, maulte Miku los und setzte seinen Jammerblick auf. „Nein, natürlich nicht“, stritt der Ältere daraufhin alles ab. „Aber du hast dich doch so sehr dagegen gesträubt.“ „Das schon“, seufzte Miku und er erzählte Teruki von seiner Liebeserklärung, die er Kanon gemacht hatte. Dieser hörte interessiert zu und konnte es immer noch nicht fassen, dass der größte Baka, wenn es um seine eigenen Gefühle ging, es endlich kapiert hatte, dass er den Bassisten liebte. „Wie wollt ihr es Bou sagen?“, fragte Teruki, dem der Blondschopf wieder eingefallen war. „Das wissen Kanon und ich noch nicht. Aber wir werden es auf alle Fälle machen.“ Teruki nickte zustimmend. „Dafür bin ich auch.“ Er drückte den Vocal kurz an sich. „Komm, wir gehen wieder rein.“ „Gut. Aber Teruki?“ Teruki, der bereits im Schlafzimmer war, drehte sich fragend zu ihm um. Miku trat ebenfalls ein, schloss die Tür hinter sich und holte zu Teruki auf, bevor er weitersprach. „Hast du das eigentlich extra gemacht?“ „Was denn?“, wollte der Drummer irritiert wissen, doch auf Mikus bösen Blick hin schien er zu ahnen, um was es ging. Er lachte kurz. „Du meinst das mit der Probe, oder?“ „Was denn sonst?“, maulte der Vocal. „Und was gibt’s da zu lachen?“ „Nix“, grinste Teruki. „Ich dachte mir nur, dass wir dann alle zusammen deinen Geburtstag feiern könnten. Falls du nichts dagegen hast, natürlich.“ Miku zögerte kurz. „Eigentlich wollte ich schon mit euch feiern, aber...“ Er warf dem Leader erneut einen leidenden Blick zu. „Aber eine Probe ist immer sooo anstrengend“, jammerte er. „Ach, Miku.“ Teruki tätschelte ihm den Kopf. „Wir werden doch nicht pausenlos proben.“ „Ich kenne dich aber.“ „Hey! Ich bin nicht so hart, wie du immer denkst.“ „Wenn es um die Band geht, schon.“ „Ich bin der Leader.“ „Das ist kein Grund.“ „Doch.“ „Aha. Und wieso?“ „Weil es die Aufgabe des Leaders ist, hart zu sein.“ „Dann will ich mal der Leader sein!“, rief Miku begeistert. Teruki betrachtete den Vocal mit großer Skepsis. „Du? Und der Leader?“ Miku nickte fröhlich. „Vergiss es.“ Das breite Grinsen verschwand schlagartig aus dem Gesicht des Vocals und er zog eine Schnute wie sieben-Tage-Regenwetter. „Wieso denn nicht?“ „Weil du nicht das Potenzial dafür hast“, sagte Teruki bestimmt und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Aber - “ „Miku. Wenn du die Band leiten würdest, wären wir spätestens in einer Woche weg vom Fenster.“ „Das ist gemein!“, maulte Miku. Teruki fuhr ihm durchs Haar und lächelte ihn aufmunternd an. „Nimm’s nicht so tragisch. Und lass und endlich wieder zurück zu den anderen gehen. Ich möchte den Jahresanfang nicht verpassen.“ „Wenn du meinst“, sagte Miku enttäuscht. Er wandte sich dem großen Spiegel zu, der am Schrank befestigt war, und versuchte, seine Frisur zu reparieren, die Teruki nun endgültig zerstört zu haben schien. „Jetzt komm schon.“ Teruki packte nach seiner Hand und zog ihn ins Wohnzimmer. Und ehe sie sich versehen konnten, waren Sonoko und Kanon auf sie zugeeilt und waren ihren entsprechenden Lieblingen um den Hals gefallen. „Frohes Neujahr!“, riefen sie fröhlich. „Was?“ Teruki riss sich von Sonoko los, um einen Blick auf die Uhr werfen zu können, die neben ihm an der Wand hing. „Och nö...“, sagte er enttäuscht. „Jetzt habe ich es ja doch verpasst.“ „Keine Sorge, Teru-chan.“ Sonoko drückte ihn wieder an sich. „In nur 365 Tagen ist es wieder so weit.“ „Soll mich das jetzt aufheitern?“ Miku hatte von Terukis kurzer Stimmungsschwankung nichts mitbekommen. Er genoss einfach nur, in Kanons starken Armen zu liegen. Endlich wurde er nicht mehr ignoriert. Kanon fuhr ihm leicht über den Rücken, bevor er sich wieder von Miku löste. Doch dieser hatte noch längst nicht genug. Er drehte Teruki und Sonoko den Rücken zu und drückte Kanon an die Wand, eher er sich eng an ihn schmiegte und ihn küsste. Der Schwarzhaarige erwiderte, wenn auch etwas zurückhaltend. Miku löste sich wieder, er wollte nicht riskieren, dass Sonoko etwas merkte. „Bist du wahnsinnig?“, flüsterte Kanon, grinste ihn aber glücklich an. „Was, wenn die zwei das sehen?“ „Teruki weiß es“, sagte Miku ebenso leise und lächelte. „Ich habe es ihm gerade eben erzählt.“ „Und ich dachte, wir machen das zusammen“, sagte Kanon leicht enttäuscht. „Ich hatte mich schon so auf seine Reaktion gefreut.“ „Gomen, Kanon.“ „Schon gut.“ Der Bassist fuhr Miku durchs Haar, bevor er sich an ihm vorbeischob und sich wieder auf die Couch setzte, wo sich bereits Teruki mit Sonoko niedergelassen hatte. Der Drummer war damit beschäftigt, für jeden ein Bier zu öffnen. „Sekt war leider ausverkauft“, entschuldigte sich Teruki, als er Mikus belustigten Blick gesehen hatte. „Ach, was. Macht doch nichts.“ Miku ließ sich schwungvoll neben Teruki und Kanon auf die Couch fallen und der Ältere verteilte die vier Flaschen. Bevor sie tranken, stießen sie an, um das neue Jahr gebührenvoll in Empfang zu nehmen. //Irgendwie ist das das beste Bier, was ich je getrunken habe...//, schoss es Miku durch den Kopf, während er genussvoll trank. Miku hatte sich an Kanon gekuschelt und seine Aufmerksamkeit dem Fernseher geschenkt. Teruki hatte nämlich irgendeinen Horrorfilm eingelegt, den Miku so gruslig fand, dass er nicht anders gekonnt hatte, als sich an Kanon anzuschmiegen und ihn bei besonders schrecklichen Stellen ganz fest an sich zu drücken. Da Sonoko das Licht ausgeschaltet hatte, konnten sie auch nicht Gefahr laufen, von ihr erwischt zu werden. Miku zuckte vor Schreck zusammen, als plötzlich wie aus dem Nichts hinter der Hauptperson wieder der Dämon auftauchte und eine horrorvolle Maske schnitt. „Ich glaube, der Film ist für unsren Kleinen nichts“, sagte Kanon daraufhin leicht atemlos, da Mikus Arme jegliche Bewegung unmöglich machten. Sofort löste sich der Vocal von Kanon und setzte sich kerzengerade hin, den Blick stur auf den Fernseher gerichtet. „Ich habe keine Angst“, sagte er schnell. Doch schon nach fünf Sekunden hatte er wieder vor lauter Schreck aufgequietscht und sich auf den armen Bassisten geworfen. „Miku, jetzt lass doch mal Kanon in Ruhe“, mischte sich Teruki ein, der eigentlich den Film sehen wollte – und zwar ohne irgendeine Störung. „Wieso denn?“, wollte Miku wissen, der Teruki einfach nicht verstehen konnte. „Weil du ihn gerade im wahrsten Sinne des Wortes platt machst.“ „Kanooon?“ Miku hob etwas den Kopf und betrachtete das Wesen unter sich. „Mache ich dich gerade platt?“ „Nein...w-wie kommst d-du...darauf?“, ächzte Kanon unter ihm. „Och. Nur so.“ Miku suchte im Dunkeln nach Teruki. „Siehst du? Ich mache ihn nicht platt.“ „Wenn du meinst...“ Teruki beugte sich etwas vor und sah in Kanons leidendes Gesicht. „Also, wenn du dich nicht wehrst, bist du selbst schuld.“ Dann konzentrierte er sich wieder auf den Film. „Bin ich wirklich sooo ätzend, wie Teruki behauptet?“ Miku sah Kanon mit großen Augen an. „Nur manchmal“, keuchte dieser als Antwort. „Ähm...Miku?“ „Hai?“ „Ich...wäre dir sehr dankbar...wenn du...von mir...runtergehen würdest.“ „Na gut.“ Enttäuscht setzte er sich auf, blickte beleidigt zum Fernseher und Kanon konnte endlich wieder frei atmen. Miku griff nach einer der vollen Bierflaschen, die in einem Kasten neben der Couch standen, und öffnete sie. Nachdem er etwas getrunken hatte, spürte er, wie er der Schwarzhaarige ihn zurück in seine Arme zog. „Ich habe aber nicht gesagt, dass du ganz von mir weggehen sollst“, raunte er leise und konnte der Versuchung nicht wiederstehen, kurz an seinem Ohrläppchen zu nagen. „Schon besser“, grinste Miku und kuschelte sich an seinen Freund und nahm einen großen Schluck aus der Flasche. „Verträgst du überhaupt so viel Alkohol?“, fragte Sonoko voller Bewunderung, der nicht entgangen war, dass Miku bereits sein fünftes Bier in der Hand hielt. „Nein, verträgt er nicht“, antwortete Teruki schnell, sodass Miku gar nicht erst dazu kam, den Mund aufzumachen. „Und trotzdem trinkst du so viel! Das ist dein Letztes, hast du verstanden?“ Er sah den Vocal scharf an. „Na gut“, maulte Miku, aber er wusste selbst nur zu genau, was auf ihn zukam, wenn er es wirklich übertrieb. Ihm war jetzt schon leicht schummrig, aber was konnte er denn bitte schön dafür, wenn er so gerne trank? Nachdem der Film vorbei war, verabschiedeten sich Miku und Kanon von Teruki und Sonoko. „Ich hoffe doch stark, dass wir uns irgendwann mal wiedersehen“, sagte sie lächelnd. „Das hoffe ich auch“, stimmte Kanon ihr zu, während er dem Vocal dabei helfen musste, sich seine Jacke anzuziehen. Dieser hatte wohl doch zu viel getrunken. Er war mit leichenblassem Gesicht mühsam durch das Wohnzimmer zur Wohnungstür getorkelt, von Kanon gestützt. „Miku, meinst du, du schaffst das?“, fragte Kanon ihn mit besorgtem Gesicht. Der Vocal, der sich viel besser fühlte als er wirkte, nickte und grinste den Schwarzhaarigen an. „Klar.“ Als ob er demonstrieren wollte, wie gut es ihm ging, machte er einige Schritte auf die Tür zu und schaffte es gerade noch sie einen Spalt weit zu öffnen, bevor seine Beine ihm den Dienst verweigerten. Er schwankte und wäre beinahe hingefallen, hätte Teruki ihn nicht rechtzeitig aufgefangen. Miku versuchte, sich aus dessen Armen zu befreien, doch dieser ließ nicht locker. „Am Besten ist es, wenn du hier schläfst“, sagte er besorgt und sah den Vocal an. „Nicht, dass noch irgendetwas passiert.“ „Was sollte denn...uh...“ Miku, dessen Gesichtsfarbe schlagartig von weiß in grün umgeschlagen hatte, riss sich von Teruki los und rannte, soweit es in seinem Zustand überhaupt möglich war, ins Bad. „Baka.“ Teruki schüttelte verständnislos mit dem Kopf und sah dann zu Kanon, der sich an die Wand neben der immer noch offen stehenden Tür gelehnt hatte und gedankenverloren Miku hinterstarrte. „Warum hast du ihn denn nicht aufgehalten, so viel zu saufen?“ Kanon drehte seinen Kopf ein wenig und sah Teruki schon fast feindselig an. „Du kennst ihn doch“, erklärte er kühl. „Er ist genau so stur wie Bou, wenn es um Alk geht. Da hört er noch nicht einmal mir zu.“ „Du hast es ja noch nicht einmal probiert.“ „Wie denn auch?“ Kanons Stimme wurde etwas lauter. „Er lag doch die ganze Zeit auf mir! Ich konnte kaum noch atmen geschweige denn sprechen!“ „Du bist nicht gerade fair, wenn du die Schuld auf Miku schiebst, wenn er sich jetzt noch nicht einmal wehren kann.“ „Na und? Ist doch seine Schuld, wenn er so viel säuft. Er kennt doch die Konsequenzen!“ „Er kann es aber nicht einschätzen, wann genug ist! Gerade deswegen muss jemand auf ihn - “ „Jetzt ist aber Schluss!“ Sonoko, die bisher nur passiv zugehört und von einem zum anderen gesehen hatte, stellte sich zwischen die beiden. „Ihr benehmt euch wie Kleinkinder!“ Teruki seufzte nur und Kanon, der immer noch ziemlich aufgebracht war, machte auf dem Absatz kehrt und ging auf die Tür zum Badezimmer zu, die verschlossen war. Er atmete noch einmal tief durch, um sich zu beruhigen. Wieso musste er nur immer so schnell ausrasten? Er hasste das! „Miku?“, fragte er vorsichtig und klopfte einmal. Keine Antwort. „Ist alles okay bei dir?“ Wieder keine Antwort. Kanon überlegte, ob er die Tür eintreten oder doch lieber Teruki nach einem Zweitschlüssel fragen sollte. Doch da er immer noch sauer auf ihn war, wollte er das nicht tun und so entschied er sich für die erste Variante. Er ging ein paar Schritte zurück und rannte auf die Tür zu, die auf einmal aufschwang und einen ziemlich mitgenommenen Miku preisgab, der nun mitten im Türrahmen stand und irritiert Kanon entgegen sah. Dieser konnte nicht mehr abbremsen und prallte gegen den Vocal, welcher rücklings auf die kalten Fliesen knallte. „Autsch!“ „S-sorry“, entschuldigte sich Kanon schnell, der über Miku lag und damit eine etwas weichere und angenehmere Landung gehabt hatte. „War keine Absicht.“ „Das glaub ich dir sofort“, brummte Miku. „Was hattest du denn vor?“ „Die Tür einzutreten, was denn sonst?“ Kanon rappelte sich auf und half dann dem Blonden, sich auf den Badewannenrand zu setzen, wo er mit Röntgenaugen nach Verletzungen an ihm suchte. „Weil du nicht geantwortet hattest, habe ich mir Sorgen gemacht.“ Miku schwieg. Ihm brummte der Schädel. Dank Kanon hatten sich seine Kopfschmerzen nun mehr als verdreifacht und er hatte das Gefühl, als ob sein Rücken gebrochen wäre. Mit einem leichten Ächzen presste er sich eine Hand auf den Rücken, während er ihn durchdrückte. Was höllisch wehtat. „Habe ich dir sehr weh getan?“, fragte Kanon schuldbewusst. Miku lächelte gequält. „Ich werde schon nicht sterben. Aber danke der Nachfrage.“ Er erhob sich und wollte zurück zu Teruki und Sonoko gehen, als ihm urplötzlich schwarz vor Augen wurde und auf die Knie sank. Während er sich erneut übergab, nahm er sich fest vor, nie wieder so viel auf einmal zu trinken. Aber eine innere Stimme flüsterte ihm, dass er das eh nicht schaffen würde. Nach einer Weile spürte er nur noch, wie er an beiden Armen nach oben gezogen wurde... Mit einem dröhnenden Kopf öffnete Miku verschlafen die Augen. Alles um ihn herum war dunkel, nur eine kleine Lampe warf schwaches Licht in den Raum. Er brauchte einen Augenblick, bis ihm auffiel, dass er sich wohl in Terukis Schlafzimmer befinden musste. //Na toll//, dachte Miku missmutig. //Jetzt liege ich auch noch in seinem Bett. Wer weiß, wo er jetzt schlafen muss?// Stöhnend drehte er den schmerzerfüllten Kopf auf die andere Seite und stutzte, als sein Blick auf die schwarze Haarpracht eines ihm sehr bekannten Menschen fiel. Kanon, der vor dem Bett kniete, hatte seinen Kopf auf seine verschränkten Arme gelegt, welche er auf die Bettkante gelegt hatte, und nun seelenruhig am Schlafen war. Miku betrachtete ihn lächelnd und spürte, wie ihm warm ums Herz wurde. Er war sich sicher, die richtige Entscheidung getroffen zu haben, als er sich ihn als Partner ausgesucht hatte. Zwar machte er sich etwas Sorgen, warum Kanon nur so schnell ausrastete, doch momentan fühlte er sich einfach nur geborgen und sicher. Aber er hatte ein riesiges Gewissen wegen Bou. Miku streckte seinen Arm nach Kanon aus und spielte nachdenklich mit einer Strähne seines dunklen Haares rum. //Wie sollen wir es ihm nur erklären? Er weiß zwar, dass ich Kanon liebe – das hat er mir ja nun oft genug gesagt. Aber es ist etwas ganz anderes, als es auch zu hören...// Miku zuckte zusammen und zog schnell seine Hand weg, als sich Kanons Kopf bewegte und dieser ihn nun verschlafen ansah. „Ich wollte dich nicht wecken“, entschuldigte sich der Vocal. „Gomen.“ Kanon blinzelte ein paar Mal, um auch den letzten Schlaf zu vertreiben, richtete sich auf und setzte sich auf die Bettkante. Miku musste kurz lachen. Es war einfach ein Bild für sich, den vollkommen verschlafenen Bassisten zu erleben – mit wild zerzausten Haaren und verknautschtem Gesicht. „Warum lachst du?“, fragte dieser ihn nun irritiert. „Weil du einfach nur süß bist“, erklärte Miku grinsend. „Nani?“ Kanon brauchte einen Augenblick, bis er kapierte, was Miku ihm damit sagen wollte und sich daraufhin hastig durch die Haare fuhr, um wenigstens einigermaßen ordentlich auszusehen. „Lass doch.“ Miku schaffte es, einen Arm von dem Bassisten zu packen und ihn neben sich aufs Bett zu ziehen. Kanon schenkte ihm ein müdes Lächeln und rutschte näher an den Vocal. Er strich ihm eine Strähne aus dem Gesicht. „Wie geht es dir eigentlich?“ „Abgesehen von meinem Kopf ganz gut“, antwortete Miku wahrheitsgemäß und lehnte seinen Kopf an Kanons Schulter. Einen Moment lang lauschte er einfach nur dessem Herzschlag. „Aber ich kann mich überhaupt nicht erinnern, wie ich hier hingekommen bin.“ Kanon fuhr ihm sanft über den Rücken. „Teruki und ich haben dich mit Ach und Krach ins Bett geschafft, wo du dann sofort eingeschlafen bist.“ „Ach so...“ Miku schloss die Augen. „Arigatou.“ „Kein Thema. Wir konnten dich da doch schlecht liegen lassen. Oder wie hättest es du empfunden, auf den kalten Fliesen zu schlafen? Da hättest du dir noch eine Erkältung zugezogen und dann wäre es bestimmt an mir hängen geblieben, dich wieder gesund zu pflegen. Oder was meinst du?“ Keine Antwort. „Miku? Schläfst du?“ Keine Antwort. Seufzend schloss Kanon die Augen und versuchte, ebenfalls wieder einzuschlafen. Dabei hielt er jedoch keinen Moment mit seiner Hand inne, die immerfort über den schmalen Rücken des Kleinen strich. Als Miku erneut die Augen öffnete, fühlte sich sein Kopf zwar immer noch recht schmerzvoll an, doch er fühlte sich recht ausgeschlafen und erholt. Zudem schienen einige Sonnenstrahlen, die nicht von den dunklen Wolken zurückgehalten wurden, durch die Balkontür herein. Miku warf einen Blick auf Terukis Wecker, der ihm anzeigte, dass es nach elf war. Er wollte aufstehen, um ins Bad zu gehen. Doch er konnte nicht. Irritiert sah Miku an sich runter, erkannte, dass Kanon ihn mit einer Art Klammergriff an ihn genagelt hatte. Er war noch nicht einmal in der Lage, sich zu drehen, um dem Schwarzhaarigen ins Gesicht blicken zu können. Seufzend stieß er dem Bassisten mit dem Ellbogen leicht in den Bauch, worauf auch sofort die gehoffte Reaktion folgte. Der Griff lockerte sich und Miku schaffte es doch tatsächlich aufzustehen, ohne dass ihm sofort schwindlig wurde. Allerdings, nachdem er es sehr langsam gemacht hatte. Er wusch sich und zog sich an. Seine Kleider hatte er auf dem Badewannenrand gefunden, Teruki musste sie gewaschen haben, da sie noch etwas feucht waren. Seltsamerweise fand er dort auch Kanons dunkle Jeans, die ebenfalls gewaschen worden war. Er dachte sich nichts dabei und machte sich dran, seine Haare in irgendeine Form zu bringen. Nach einer halben Stunde verließ er das Bad. Er wollte gerade schon zurück ins Schlafzimmer zu Kanon gehen, als er ein Geräusch aus der Küche vernahm. Er machte auf dem Absatz kehrt und eilte in die Küche, wo Teruki bereits das Frühstück vorbereitete. „Hey, ohayou!“ Teruki hatte sich zu ihm umgedreht und musterte ihn. „Ich hoffe doch, ich habe dich nicht geweckt.“ „Keine Sorge“, beruhigte ihn Miku. „Ich bin schon länger wach. Ansonsten würdest du jetzt wohl auch nicht mehr unter den Lebenden weilen.“ „Da hast du Recht.“ Teruki grinste und drückte dem Kleinen das Geschirr in die Hand. „Hier. Du kannst schon mal den Tisch decken.“ Miku, folgsam wie er nun einmal war, gehorchte und fing an, den Tisch zu decken, an dem sie am Tag zuvor das Festessen eingenommen hatten. Dabei fiel ihm auf, dass alles nur dreimal da war. „Teruki“, rief er Richtung Küche. „Du hast mir zu wenig gegeben!“ „Nein, das passt schon. Sonoko musste heute morgen schon fahren.“ „Ach so.“ Miku wusste nicht, ob ihn das jetzt freuen sollte oder nicht. Er fand Terukis Freundin richtig nett – natürlich mit der kleinen Ausnahme, dass sie keine Tiere mochte – und sympathisch. Aber er konnte sich sicher sein, dass er heute Kanons volle Aufmerksamkeit hatte. Nachdem er mit dem Decken fertig war, ging er ins Schlafzimmer. Kanon schlief immer noch, er hatte sich keinen Zentimeter bewegt. Miku beugte sich über ihn, presste seine Lippen auf die seinen und nach einem kurzen Moment wurde der Kuss sanft erwidert. Kanon drehte sich auf den Rücken und schlang seine Arme um den Vocal. Dieser ließ ihn noch einen Augenblick genießen, bevor er sich von ihm trennte. „Los, aufstehen“, sagte er lächelnd. „Och nö.“ „O doch!“ Miku riss sich sanft aus dessen Armen und erhob sich. „So, wie ich Teruki kenne, kriege ich erst was zu essen, wenn alle am Tisch sitzen.“ „Das heißt also, dass ich mich jetzt gaaanz schnell beeilen soll“, schlussfolgerte Kanon. Miku nickte. Kanon richtete sich auf und knuffte dem Vocal in die Seite. „Egoist.“ „Bin ich nicht“, maulte dieser. „Ich habe nur Hunger.“ „Sag ich doch. Egoist.“ Schmunzelnd stand er auf und ging ins Bad. „Und beeil dich!“, rief Miku ihm noch hinterher, bevor er zurück zu Teruki ging. Er saß bereits am Tisch, der nun komplett gedeckt war. Miku sog den leckeren Duft der frischen Brötchen ein und ihm lief das Wasser im Mund zusammen. Er setzte sich neben Teruki auf den Stuhl und betrachtete sehnsüchtig all die Leckereien. „Das ist Folter!“, jammerte er, in der Hoffnung, der Ältere würde ihm erlauben, schon anzufangen. Doch Fehlanzeige. Mikus Worte waren bei Teruki in einem Ohr rein- und im anderen wieder rausgekommen. Schmollend verschränkte Miku die Arme. Als er nach einer Weile immer noch nicht beachtet wurde und Kanon immer noch im Bad verschollen war, machte er sich dran, den Drummer zu nerven. Was anderes hatte er ja eh nicht zu tun. Er lehnte sich vor, legte den Kopf auf die Schulter und sah Teruki mit großen Augen an. Teruki, der in einer Zeitschrift blätterte, blickte kurz auf, wandte sich dann aber wieder einem besonders interessanten Artikel über irgendeinen europäischen Künstler zu. Doch Miku ließ nicht locker, starrte den Drummer unverwandt an. Nach etwa fünf Minuten konnte sich Teruki nicht mehr länger zurückhalten und legte stöhnend die Zeitschrift beiseite. „Was ist?“, sagte er entnervt und sah den Vocal böse an. „Ähm...nix“, sagte dieser ängstlich und wandte sich schnell ab. Wenn Teruki ihn so böse anstarrte, bekam er es immer mit der Angst zu tun; er wagte es nicht, ihm zu sagen, dass er vor Hunger fast umkam. „Vergiss es.“ „Hm?“ Miku sah ihn fragend an. Zu seiner Verwunderung lächelte Teruki. „Gedulde dich noch eine Weile. Wir essen erst dann, wenn Kanon da ist.“ „’n Versuch war’s aber wert“, maulte Miku und blickte zur Badezimmertür. „Kanoooon! Ich habe Hungeeeeer!!!“ Teruki pattete ihn. „Jetzt lass ihn doch in Ruhe.“ „Wieso denn? Ich verhungere gleich.“ „Jetzt übertreib mal nicht.“ „Ich übertreibe nicht.“ „Miku.“ „Hai?“ „Hast du denn überhaupt keine Geduld?“ „Nee, glaube nicht.“ Miku sah ihn an. „Ist das jetzt schlimm?“ Blitzschnell drehte er den Kopf, als er ein Geräusch hörte und mit einem Glänzen in den Augen blickte er Kanon entgegen, der endlich im Bad fertig war. „Kanon“, sagte Miku sehnsuchtsvoll. „Ich habe dich ja sooo vermisst.“ Kanon ließ sich Miku gegenüber grinsend auf den Stuhl sinken. „Ja, aber auch nur, weil du jetzt endlich essen darfst.“ „Ist doch egal.“ Miku griff nach einem Brötchen und schnitt es sich in Windeseile auf, belegte es mit etwas Wurst und biss herzhaft hinein. Er war so schnell, dass Teruki und Kanon es noch nicht einmal geschafft hatten, sich selbst ein Brötchen zu nehmen. „Sag mal.“ Teruki musterte den Kleinen skeptisch, der hastig am Essen war. „Kannst du überhaupt was essen?“ „Wiescho?“ Miku sah ihn mampfend an. „Siehscht du doch, dasch isch wasch kann.“ Teruki zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Ich wollte dich nur daran erinnern, dass es dir gestern überhaupt nicht gut ging und du es heute am Besten nicht übertreiben solltest mit dem Essen.“ „Ach, was soll schon passieren?“, sagte Miku und griff munter nach einem neuen Brötchen. „Frag doch mal Kanon“, meinte Teruki nur und beschmierte sich eine Hälfte mit Marmelade. Miku sah fragend rüber zu Kanon, der die ganze Zeit Miku mit offenem Mund beim hastigen Essen zugesehen hatte. Als er den Blick des Blonden bemerkte, wandte er sich schnell ab und machte sich dran, sein Brötchen mit Käse zu belegen, obwohl er bereits zuvor eine Scheibe Wurst draufgelegt hatte. „Du hast ihn gestern ziemlich eingesaut“, musste Teruki nun doch erklären und sah amüsiert zu, wie Mikus Lächeln erstarb und er wie in Zeitlupe seine Brötchenhälfte, in die er gerade hineinbeißen wollte, zurück auf den Teller sinken ließ. „Jetzt wird mir auch klar, warum du Kanons Hose gewaschen hast“, murmelte Miku schuldbewusst und sah rüber zu Kanon, der immer noch auf sein Brötchen fixiert war. „Gomen, Kanon.“ Kanon nahm einen Bissen und blickte lächelnd in Mikus trauriges Gesicht. „Du konntest doch nichts dafür, du warst da eh nicht ganz bei dir. Ich mache dir keine Vorwürfe.“ „Na gut“, seufzte Miku und blickte runter auf seine letzte Brötchenhälfte, die er dann wieder in die Hand nahm und sich nun lustlos dran machte, sie aufzuessen. „Jetzt habe ich wirklich keinen Hunger mehr“, maulte er, Teruki und Kanon grinsten sich an. Kapitel 19: Bous Besuch ----------------------- Kapitel 19. Bous Besuch „Du brauchst mich wirklich nicht bis nach Hause begleiten.“ „Das möchte ich aber.“ „Das ist aber nicht nötig.“ „Ich will aber nicht, dass dir irgendetwas passiert!“ „Was sollte mir denn schon passieren?“ „Was halt so alles passieren kann.“ „Und was zum Beispiel? Dass ich verprügelt oder sogar vergewaltigt werde?“ „Yapp.“ „Du spinnst.“ „Hauptsache, ich kann auf dich aufpassen.“ Grummelnd kickte Miku nach einer leeren Cola-Dose, die mitten auf dem Bürgersteig gelegen hatte. Kanon konnte ja so hartnäckig sein! Er war doch keine drei mehr. Er brauchte nun wirklich keinen Aufpasser mehr; doch es berührte ihn auf irgendeine Art, dass sich der Schwarzhaarige so sehr um ihn besorgt war. „Dann bezahlte ich aber das Taxi“, beharrte Miku und sah Kanon eindringlich an. Dieser zuckte mit den Schultern. „Meinetwegen.“ Einige Minuten später kam es auch schon angebraust. Miku und Kanon stiegen ein und verrieten dem Fahrer ihre Zieladresse. Schweigend sah Miku aus dem Fenster. Draußen hatte es gerade zu regnen begonnen und er war froh, dass das Taxi gerade noch rechtzeitig gekommen war, denn er hatte keine große Lust gehabt, nass zu werden. „Was wünschst du dir eigentlich?“ „Nani?“ Miku drehte sich fragend zu Kanon um. „Zum Geburtstag meine ich“, erklärte er lächelnd. „Du hast mir doch schon was geschenkt.“ „Aha. Und was?“ „Das Outfit.“ „Ich dachte, das war mein Weihnachtsgeschenk an dich.“ „Auch. Aber ich habe dir doch gesagt, dass ich dann auch nichts zum Geburtstag haben möchte.“ „Und warum nicht?“ „Weil das schon so teuer war.“ „Das war doch nicht teuer.“ „Doch.“ „Nein.“ „Du kannst mir nichts vormachen.“ „Schade.“ „Tja.“ Kanon überlegte kurz, schmunzelte. „Und ich darf dir wirklich nichts schenken?“ „Nein.“ „Schade.“ Miku lachte. „Du wirst es überleben.“ Das Taxi hielt und Miku bezahlte. Bevor Kanon dem Vocal ins Haus folgte, bat er den Fahrer zu warten. Miku, der im Eingang auf ihn gewartet hatte, griff nach seiner Hand und zog ihn hinter sich her die Treppe rauf. Sie beeilten sich nicht, ließen sich Zeit. Schließlich wollte sich keiner von den beiden eher trennen, als sie es mussten. Da Kanon zu Verwandten fahren musste, würden sie sich einige Tage lang nicht sehen können. Miku schloss seine Wohnungstür auf und zog Kanon hinein, schloss die Tür. Kanon drückte ihn gegen die Wand und küsste ihn. Miku erwiderte gierig und schlang seine Arme um den Bassisten. Eine Weile genossen sie es einfach nur, doch dann trennte sich Kanon wieder, blieb aber dicht vor Mikus Gesicht. „Sehen wir uns noch mal vor der Probe?“, fragte dieser ihn hoffnungsvoll. Er hatte Angst, wieder dieses schreckliche Gefühl zu bekommen und wollte den Schwarzhaarigen am Liebsten hier in seiner Wohnung einsperren, damit er nicht mehr weg konnte. Nur das ging leider nicht. „Ich denke nicht“, antwortete Kanon und strich dem Kleinen sanft durchs Haar. Er lächelte ihn aufmunternd an. „Es sind doch nur vier Tage.“ „Schlimm genug“, jammerte Miku. „Wir telefonieren, hai?“ „Na gut.“ Nach einem erneuten Kuss verabschiedeten sie sich und Kanon musste seinen Freund alleine zurücklassen, welcher sich nun niedergeschlagen auf seine Couch pflanzte. Wie sollte er die Tage bis zu seinem Geburtstag nur aushalten? Und vor allem könnten dies die langweiligsten Tage dieses sehr frischen Jahres werden. Bou war immer noch im Urlaub und Miku hatte keine Ahnung, wann er wiederkommen würde. Sie hatten zwar jeden Tag mindestens eine Stunde telefoniert, doch es war kein Wort über dessen Rückfahrt gefallen. Teruki wollte Sonoko hinterherfahren, die sich momentan in Fukuoka bei ihren Eltern aufhielt. Und Kanon war jetzt auch weg. Miku wusste selbst nicht, wie er den ersten Januar 2007 überlebt hatte. Er hatte sich mit dem neuen PS-Spiel fast den ganzen Tag überlebt. Kanon hatte es ihm freundlicherweise ausgeliehen, worüber Miku in vielerlei Hinsicht sehr froh war. Den zweiten Januar ließ er ruhig angehen. Er schlief bis zwölf, badete mindestens eine Stunde und beschäftigte sich dann damit, sich etwas zu essen zu machen. Etwas möglichst aufwendiges, was möglichst viel Zeit in Anspruch nahm. Gegen vier Uhr Nachmittags, als er gerade anfangen wollte zu essen, klingelte das Telefon. //Das muss Kanon sein!// Mikus Herz machte einen Hüpfer. Er ließ alles stehen und liegen – wie gut, dass der Herd schon seit einigen Minuten ausgeschaltet worden war – und hastete zum Hörer. „Hey! Schön, dass du mich endlich anrufst“, rief er freudig, doch seine Freude erstarb und sein Herz rutschte ihm in die Hose, als er eine andere Stimme vernahm. „Wir haben doch täglich miteinander telefoniert“, sagte Bou verwirrt, der Mikus Freude nicht ganz verstehen konnte. „Oder habe ich mir das nur eingebildet?“ „Nein, das...hast du nicht“, sagte Miku hektisch und versuchte, sich zu beruhigen. Er wollte nicht, dass Bou ihm auf die Schliche kam, dass er auf Kanons Anruf wartete. „Wie geht es dir?“ „Ganz gut. Stell dir vor, der Schnupfen ist weg! Und mein Hals und mein Kopf tun auch nicht mehr weh. Ich habe nur noch Husten. Aber das wird auch immer besser. Das ist aber nicht das, was ich dir eigentlich erzählen wollte.“ „Aha, und was dann?“, doch Bou redete bereits eifrig weiter; er schien Miku noch nicht einmal gehört zu haben. „Du weißt doch bestimmt, dass die hier jedes Jahr zu Silvester ein Feuerwerk veranstalten, oder? Hai? Auf alle Fälle war es das Beste, was ich je in meinem Leben gesehen habe! Es war einfach nur irre! Und so mega groß und bunt! Nur eins hat mir gefehlt.“ „Und was?“ „Na, du. Baka.“ „Ach, Bou“, seufzte Miku und ging in die Küche, um sich den Teller, den er gerade mit Essen befüllt hatte, zu holen und sich damit auf die Couch zu setzen. „Es tut mir wirklich Leid, dass du momentan so viel wegen mir durchstehen musst.“ „So schlimm ist das nun auch wieder nicht, wie du denkst, Miku-chan.“ Doch Miku wusste, dass das eine Lüge war. Schließlich konnte er sich noch zu genau an den Tag nach ihrer Trennung erinnern. Und was Bou seitdem alles miterleben musste. Bevor er aber dazu kam, ihm zu sagen, was er darüber dachte, sprach Bou auch schon fort: „Ich soll dir übrigens was von Teruki ausrichten.“ „Und was?“ „Dass wir am 5.Januar ein Photo-Shoot haben.“ „Na toll“, brummte Miku. „Das passt ja.“ „Hey, ist doch besser als so `ne öde Probe, oder?“ „Warum sagt Teruki mir das eigentlich nicht selbst?“ „Weil er anscheinend Geld sparen wollte“, vermutete Bou vergnügt. „Und ich wollte dich ja eh anrufen, also hat das gepasst.“ „Na dann...“ „Hast du eigentlich gerade Zeit?“ „Die habe ich immer.“ „Kann ich dann gleich mal bei dir vorbeikommen?“ Miku stutzte. „Bist du etwa schon zurück?“ „Noch nicht ganz, ich bin auf dem Heimweg.“ „Bou, dann komm doch morgen vorbei. Du musst dich doch sicher ausruhen.“ „Nein, muss ich nicht.“ „Aber - “ „Ich schätze, ich bin in einer Stunde bei dir. Bis dann!“ Er legte auf, bevor Miku auch nur einen Ton von sich geben konnte. Miku schmiss den Hörer neben sich auf die Couch und wandte sich seinem Essen zu. Während er aß, überlegte er fieberhaft, wie er sich Bou gegenüber benehmen sollte. Der Blondschopf konnte zwar noch nicht wissen, dass er nun wirklich mit Kanon zusammen war; aber Miku hatte jetzt schon ein riesig schlechtes Gewissen deswegen. Genau eine Stunde später klingelte es. Miku, der gerade fertig mit Aufräumen war, ging zur Tür und machte sie auf. Sofort sprang ihm ein wasserstoff-blondes Wesen in die Arme. „Mikuuuuu!“ Miku torkelte durch die Wucht einige Schritte zurück, bevor er den Blondschopf ebenfalls umarmte. „Hi, Bou.“ Er drückte ihn etwas von sich und sah in dessen strahlendes Gesicht, welches durch die Kälte leicht gerötet war, aber keine Anzeichen einer Erkältung zeigte. Er lächelte. „Du siehst wirklich besser aus.“ „Sag ich doch“, maulte Bou, grinste aber. „Würde ich dich jemals anlügen?“ „Nein, hast Recht“, lächelte der Vocal. „Gomen.“ „Kein Problem.“ Bou schälte sich aus seiner Jacke und hängte sie auf den Haken neben Mikus. „Sag mal, was hast du eigentlich zu Weihnachten bekommen?“, fragte er neugierig, während er auf sein Lieblings-Möbelstück in Mikus Wohnung zulief und sich dann auf der Couch zufrieden seufzend niederließ. „Nicht viel.“ Miku setzte sich neben ihn. „Geld, Klamotten und Ka...“ Er verstummte schlagartig. Da hätte er doch beinahe Kanon gesagt! „Und was?“, hakte Bou interessiert nach. „Eine alte CD von Kagerou“, log er schnell. „Und du?“ „Geld und Klamotten“, grinste Bou, seufzte dann aber. „Das gleiche, wie jedes Jahr. Ach ja!“ Er sprang auf, eilte in den kleinen Flur. Miku konnte nur ein kurzes Rascheln hören, doch dann kehrte der Blondschopf auch schon wieder zurück, seine Hände hinter seinem Rücken versteckt. „Ich habe auch noch ein Geschenk für dich.“ „Ach, Bou. Das wäre doch nicht nötig - “ Zu spät. Bou hatte ihm bereits ein kleines, dünnes Päckchen hingehalten. Von der Form her würde Miku sagen, dass es ein Buch war. Neugierig nahm er es und riss das Geschenkpapier runter. Und zum Vorschein kam, wie er schon richtig vermutet hatte, ein Buch. Ein Kochbuch. Miku musste lächeln. Bou wusste einfach immer, was ihm gefiel – beziehungsweise schmeckte. Er blätterte kurz darin, ihm lief schon beim Ansehen der Fotos das Wasser im Mund zusammen. Dann legte er es auf den Couch-Tisch und umarmte Bou kurz. „Arigatou.“ „Gern geschehen.“ Bou lächelte. „Als Dank koche ich für dich daraus was, hai?“, sagte Miku freudig, doch dann stockte er. „Oh...“ Er sah Bou traurig an. „Was ist?“, fragte dieser ihn stirnrunzelnd. „Nimmst du das Angebot jetzt doch wieder zurück.“ „Nein, das nicht aber...“ Mikus Blick wurde noch deprimierter. „Ich...weiß nicht, wie ich es sagen soll, aber...ich habe nichts, was ich dir geben könnte...“ In der Tat hatte er nichts für den Blonden. Die Gitarre hatte sein ganzes Budget erschöpft, und Bou wusste noch nicht einmal, dass sie von ihm war. Zudem musste er sich eingestehen, dass er ihn in den letzten zwei Wochen komplett vergessen hatte. Ihm war das einfach nur unangenehm. „Tut mir wirklich Leid.“ „Kein Problem.“ Bou lächelte ihn leicht an, Miku konnte jedoch sehen, wie verletzt er war – auch wenn er versuchte, dies vor ihm zu verstecken. Miku drückte ihn erneut an sich. „Bou, das wollte ich wirklich nicht. Es tut mir ja so Leid, ich -“ „Miku.“ Bou lockerte die Umarmung leicht und sah ihn eindringlich an; Miku erwiderte den Blick niedergeschlagen. „Das ist doch kein Weltuntergang. Ich weiß auch so, dass du mich gern hast.“ „Es geht aber ums Prinzip“, jammerte der Vocal, den sein schlechtes Gewissen immer noch plagte. Bou wuschelte ihm seufzend durchs Haar. „Dann gib es mir halt später. Okay?“ Miku nickte, senkte seinen Blick. Aber so ganz zufrieden war er nicht; wieso hatte er denn nicht an den Blonden gedacht? Hatte er sich nicht fest genommen, ihn nie wieder zu verletzen? „Jetzt mach dir bitte keine Vorwürfe“, bat Bou ihn. „Es ist wirklich okay.“ Miku wollte gerade etwas erwidern, als das Telefon klingelte. Er löste sich von Bou und griff nach dem Hörer. „Mòshimoshi?“, meldete er sich, nachdem er abgehoben hatte. „Hey, Miku!“ Mikus Herz machte beim Klang von Kanons Stimme einen kleinen Hüpfer. „Kanon!“ „Na, lebst du noch, oder hast du mich schon zu Tode vermisst?“ Kanon lachte kurz. „Klar, würde ich sonst reden können?“ „Was machst du gerade?“ „Bou ist bei mir.“ Eine kurze Pause entstand. Miku warf einen raschen Blick auf den Blondschopf neben ihm, der ihn mit einer Mischung aus Traurigkeit und Neugierde musterte. „Dann...kannst du nicht wirklich frei reden, oder?“, hörte er wieder die Stimme des Bassisten. „Nicht wirklich.“ Und das stimmte. Wenn er jetzt etwas falsches sagte, würde Bou ihnen auf die Schliche kommen und wenn er das Zimmer verließ, erst recht. Und schließlich hatten sie abgemacht, die Bombe noch nicht platzen zu lassen. „Das ist schade.“ „Hai.“ „Soll ich es später noch mal probieren?“ „Nein, das brauchst du nicht.“ „Ich liebe dich.“ „Ja, ich weiß“, sagte Miku seufzend. Nur zu gern würde er Kanon jetzt sagen, wie sehr er ihn liebte. Allerdings wusste er nicht, wie er es rüberbringen sollte, ohne, dass Bou es mitbekam. Kanon schien zu spüren, warum sich der Vocal so niedergeschlagen angehört hatte, und fügte noch hinzu: „Du mich auch, oder?“ „Hai“, sagte Miku leise und lächelte zufrieden. „Rufst du mich an, wenn Bou weg ist?“ „Hai.“ „Okay, bis dann.“ „Ciao!“ Miku legte auf und warf den Hörer auf den Tisch. Auf eine gewisse Art und Weise fühlte er sich nun befreiter als zuvor. „Das war Kanon, oder?“ Miku wandte sich zu Bou um, der mittlerweile die Beine an seinen Oberkörper angezogen, sein Kinn auf die Knie abgelegt hatte und ihn nun matt anblickte. „Hai.“ Miku hoffte stark, dass der Blonde keine Ahnung von ihrer Beziehung hatte. Aber sogleich verwarf er diesen Gedanken wieder. Wenn Bou so etwas nun glauben würde, wäre er mit Sicherheit viel aufgelöster – da war Miku sich sicher. „Was wollte er?“, hakte Bou nach, ließ den Vocal keine Sekunde aus den Augen, welcher sich allmählich fühlte wie bei einem Verhör – nur, dass er nichts getan hatte. „Ähm...“ Miku überlegte kurz. „Er wollte nur wissen, ob es mir wieder besser geht.“ Bou machte große Augen. „Warst du krank?“ Dann zog er ein jammervolles Gesicht auf. „Und du hast nichts davon gesagt! Wie gemein.“ „Nein, nein.“ Miku musste lächeln. „Ich war nicht krank. Du kennst doch meine Probleme mit Alkohol.“ „Ja, die kenne ich nur zu genau“, murmelte Bou. Er selbst hatte den Vocal in den letzten Monaten durch die schrecklichen Stunden nach dem Verzehr von Alk begleiten müssen. „Und was hast du geantwortet?“ „Dass es mir wieder gut geht“, antwortete Miku wahrheitsgemäß. „Wo hast du eigentlich Silvester gefeiert?“ „Bei Teruki.“ Miku grinste. „Ich habe Sonoko kennen gelernt. Sie ist wirklich nett – sie mag nur keine Tiere.“ „Und woher weiß Kanon, dass du besoffen warst?“ „Weil er auch dabei war.“ „Wow.“ Bous Gesicht verdüsterte sich. „Dann war ich also der Einzige, der nicht bei Teruki war.“ „Sozusagen...ja.“ Bou schwieg. Miku war das nur Recht. Er hatte keine Lust, Bou weiter anzulügen. Obwohl das, was er bis jetzt erzählt hatte, alles der Wahrheit entsprach. „Wie...bist du mit Kanon ausgekommen?“ Bou sah ihn nicht an, sondern starrte gedankenverloren auf seine Füße. „Na ja...“ Miku zögerte und lächelte. „Wir haben uns nicht die Augen ausgekratzt, wenn du das meinst.“ „Nein, das meine ich nicht.“ Bou schaute ihn an, sah ihm aber nicht direkt in die Augen. „Was hast du gefühlt?“ „Gefühlt?“ Mikus Herz setzte aus. Das konnte doch jetzt wohl nicht wahr sein! Was sollte er denn bitte schön antworten? Die Wahrheit? Dass er sich in Kanons Nähe geborgen, sicher und pudelwohl fühlte? „Darauf...habe ich nicht wirklich geachtet“, sagte er verlegen und betete, dass Bou ihm Glauben schenkte. „Aha.“ Bou musterte ihn. „Und das soll ich dir jetzt glauben?“ Miku schluckte und der Gitarrist seufzte. „Miku, ich glaube dir nicht. Du weißt genau, was du gefühlt hast, du willst es mir nur nicht sagen – und unterbrich mich nicht!“, warf er schnell dazwischen, als Miku etwas sagen wollte, „und ich nehme dir das auch nicht übel. Es ist deine Sache, aber mir brauchst du nicht vorzumachen. Ich kenne dich. Und ich sage dir jetzt zum letzten Mal, dass ich nichts dagegen haben werde, wenn du mit ihm zusammen kommst.“ „Bou...“ Miku sah ihn traurig an. „Miku, ich will, dass du glücklich wirst. Egal, mit wem.“ Miku rutschte ein Stück näher zum Blonden und sah in dessen dunklen und bereits feuchten Augen. Er wollte irgendetwas sagen, um ihm zu zeigen, dass er ihn immer noch sehr mochte, doch er brachte es nicht fertig. Bou würde es nicht wahr haben wollen. Und so nahm er ihn einfach nur in die Arme, hielt ihn ganz fest. Er spürte, wie Bou zu zittern anfing. Miku fuhr ihm beruhigend über den Rücken, keiner sprach ein Wort. Beide wussten, dass der jeweils andere in ihren gemeinsamen Erinnerungen schwelgte. Es tat einfach nur weh. Bou schlang seine Arme um den Vocal, klammerte sich an dessen Pullover. Und zum ersten Mal seit er mit Kanon zusammen war, bezweifelte Miku, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Nach etwa zwei Stunden verabschiedete sich Bou. Nachdem er sich wieder etwas beruhigt hatte, hatten sie beide noch eine Weile irgendein Spiel auf der Playstation gezockt und dabei versucht, den wieder aufgekommenen Schmerz ihrer Trennung zu verdrängen. Miku schloss die Tür hinter dem Blonden und musste gegen die Tränen ankämpfen. //War es auch wirklich richtig? Ich liebe Bou doch noch immer...das ist mir heute richtig klar geworden. Aber ich empfinde doch auch was für Kanon. Kuso! Ich liebe beide!// Wie er es ihm versprochen hatte, griff er nach dem Hörer, setzte sich auf die Couch und wählte Kanons Nummer. Er musste nicht lange warten, bis abgehoben wurde. Offenbar hatte Kanon nur auf seinen Anruf gewartet. „Hey, Miku.“ „Hi, Kanon.“ Mikus Herz schlug schneller. Er war froh, Kanons Stimme zu hören und doch wünschte er, er wäre hier und könnte ihn festhalten. Gegen seine Tränen kämpfte er schon lange nicht mehr an, unaufhaltsam bahnten sie sich ihren Weg über sein Gesicht. „Was ist los?“, fragte Kanon besorgt, dem nicht entgangen war, dass Mikus Stimme zitterte. „Nichts, ich...“ Miku konnte nicht weitersprechen. Er schluchzte leise. „Miku.“ Kanons Stimme war eindringlicher als zuvor. „Was ist los? War irgendetwas mit Bou?“ „Ich...ich vermisse dich nur so“, schluchzte er. Und das entsprach auch der Wahrheit. Zumindest glaubte das Miku. Er wusste nicht, warum er so aufgelöst und am heulen war, und erklärte es sich hiermit. „Das kann doch nicht dein Ernst sein“, sprach der Schwarzhaarige ungehalten und zugleich besorgt. „Es sind gerade mal vierundzwanzig Stunden her, dass wir uns das letzte Mal gesehen haben.“ „Ich kann doch nichts dafür“, murmelte Miku und versuchte, sich zusammenzureißen. Er hatte nun wirklich nicht vorgehabt, Kanon ein schlechtes Gewissen oder gar ihm Sorgen zu bereiten. „Das weiß ich doch“, meinte Kanon beruhigend. „Hör mal. Ich gucke, dass ich hier so schnell wie möglich wegkomme.“ „Nein, das möchte ich nicht. Du hast deine Eltern und so bestimmt eine Ewigkeit nicht mehr gesehen und da will ich nicht der Grund sein, dass du wieder so schnell fährst. Das wäre nicht fair.“ „Wie du willst. Du kannst mich so oft anrufen wie du willst.“ „Arigatou, Kanon.“ „Und wenn du es wirklich nicht mehr aushältst, komme ich – egal, was du dann sagst!“ „Arigatou, Kanon.“ „Und jetzt hör endlich auf, dich wie ein Irrer bei mir zu bedanken. Das ist nicht nötig.“ „Wenn du meinst...“ „Hai, ich meine.“ Zum Klang von Kanons Stimme gesellte sich eine andere, kindlichere, doch Miku konnte nicht verstehen, was sie sagte. „Ich muss jetzt Schluss machen“, sprach Kanon hastig. „Ist gut.“ Miku versuchte, die Niedergeschlagenheit nicht allzu sehr in seiner Stimme wiederklingen zu lassen. „Und ruf mich an, wenn was ist!“, ermahnte ihn der Bassist. „Auch, wenn es mitten in der Nacht sein sollte.“ „Aber da willst du doch bestimmt schlafen“, meinte Miku. Er wollte nicht auch noch Schuld daran sein, dass Kanon seinen Schönheitsschlaf nicht bekam. „Gerade in der Nacht störst du mich doch nicht.“ Miku war sich sicher, dass Kanon nun breit grinste. „Baka“, murmelte er nur leise. Kapitel 20: Miku hat Geburtstag! - Part I ------------------------------------------- Kapitel 20. Miku hat Geburtstag! Die Tage bis zu seinem Geburtstag verbrachte Miku, indem er der Playstation und dem Fernseher ausgiebig seine Aufmerksamkeit schenkte und mindestens zwei Stunden am Tag mit Kanon telefoniert hatte. Meist hatten sie nur über belanglose Dinge wie das Wetter geredet, doch sie hatten es beide genossen, die Stimme des anderen zu hören. Zudem war Miku auch einmal mit Bou schwimmen gegangen. Er hatte zwar Angst gehabt, dass seine Gefühle wieder mit ihm durchgehen würden, aber nichts der gleichen war geschehen. Als er am Abend des vierten Januars zu Bett ging, musste er sich eingestehen, dass es ihm sehr viel Spaß bereitet hatte, wieder etwas ganz allein mit Bou zu unternehmen. Es war, als wäre zwischen ihnen nie etwas passiert, sie immer nur sehr gute Freunde gewesen wären. Sie sich nie geliebt, sich nie getrennt hätten. Zufrieden lächelnd rollte sich Miku in seine Decke und schloss die Augen. Ein schrilles Klingeln weckte ihn. Verschlafen öffnete Miku die Augen, blinzelte ein paar Mal und versuchte, die Quelle des Lärms zu orten. Während er nach seinem blinkenden und klingelnden Handy griff, welches er über Nacht auf den Nachttisch gelegt hatte, warf er einen raschen Blick auf die Uhr. //Na toll, erst neun Uhr...// Grummelnd hob er ab und wollte schon etwas Schlimmes in den Hörer fauchen, doch er kam erst gar nicht dazu, auch nur einen Ton von sich zu geben. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen ließ er sich zurück ins weiche Kissen fallen und lauschte dem Klang von Kanons Stimme, welcher gerade hoffnungslos versuchte, für Miku ein Geburtstagsständchen zu trällern. „Kanooon!“, rief Miku lachend, als ihm die schiefen Töne zu sehr zu Kopf stiegen. „Bitte, hab’ Erbarmen mit einem kleinen, armen Miku.“ „Du bist nicht klein und auch nicht arm“, versuchte Kanon sich munter zu wehren. „Ich bin auf jeden Fall arm und das mit dem Klein sein ist Ansichtssache.“ „Egal.“ Kanon lachte. „Ich wollte nur sicher sein, dass ich der Erste bin, der dir gratuliert.“ „Arigatou, Kanon-chan!“, quietschte Miku, dem erst jetzt richtig bewusst wurde, was heute für ein besonderer Tag war. „Sag mal“, sagte Kanon langsam. „Wo bleibst du eigentlich?“ „Wieso?“ „Weil wir eigentlich gleich losfahren wollten.“ Miku brauchte einige Sekunden, bis es ihm wieder einfiel. Heute war ja das Photo-Shooting und ihre erste Probe im neues Jahr! Wie konnte er das nur vergessen! „Schon unterwegs!“ Ohne Kanon auch nur den Hauch einer Chance zu lassen, sich zu verabschieden, warf er das Handy auf das Bett, sprang auf und zog sich in Windeseile an. Er schnappte sich seine Sachen, sprang in seine Schuhe und wollte gerade aus der Wohnung rennen, doch dann raste er noch einmal schnell in die Küche, wo er sich einen Apfel schnappte. Während er die Treppe runterpolterte, kaute er genussvoll an dem Apfel und konnte es kaum erwarten, endlich die anderen zu sehen. „Shit!“ Miku beeilte sich noch mehr, als der Bus, der etwa fünfzig Meter weiter an der Haltestelle gehalten hatte, gerade losfahren wollte. Wenn er den nicht bekam, müsste er eine Stunde auf den nächsten warten – und das wollte er nicht riskieren! In einem Affenzahn raste Miku wild winkend, um auf sich aufmerksam zu machen, auf den Bus zu. Zu seinem Glück hielt der Bus wieder an und Miku stieg heftig atmend ein. Nach einem Dankeschön zum Fahrer warf er sich erschöpft auf einen der hinteren Plätze. Etwa zwanzig Minuten später bog Miku in die Straße ein, in der ihr Label seine Räume hatte. Vor dem großen Gebäude stand bereits ihr roter Tour-Bus, mit dem sie gemeinsam überall hinfuhren. Wie zum Beispiel zum heutigen Photo-shoot. Da er auf der Straße keine ihm bekannte Menschenseele entdeckte, wollte er drinnen mal nach dem Rest seiner Band suchen, doch als so an dem Tour-Bus vorbeischlenderte, hörte er nur noch das Geräusch, das beim Öffnen einer Autotür zustande kam, bevor er von einigen starken Armen hineingezogen wurde. „HAPPY BIRTHDAY!!!“ „Nani?” Vollkommen perplex blickte Miku, der sich durch den urplötzlichen Überfall auf dem weichen Boden zwischen den Sitzen befand, Kanon, Teruki und Bou hin und hier, die ihn breit angrinsten. Bevor er sich auch nur von dem Schrecken erholen oder sich gar aufrichten konnte, hatte sich bereits ein kleines, blondes Wesen auf ihn geworfen. „Mikuuu!“, quiekte Bou, der den völlig wehrlosen Vocal fest knuddelte. „Alles, alles Gute!“ „A-arigatou...B-bou“, brachte Miku mühsam unter dem Gewicht des Blonden hervor. „Bou, du bringst ihn ja noch um!“ Teruki packte den Blondschopf am Kragen und zog das nun zappelnde und strampelnde Wesen nach oben. „Menno!“, maulte Bou und setzte sich in der vorderen Sitzreihe ans Fenster und starrte beleidigt nach draußen. Währenddessen umarmte Teruki das Geburtstagskind – viel kürzer und sanfter als Bou. „Auch von mir alles Gute.“ „Arigatou, Teruki.“ Miku lächelte, als Kanon nach seiner Hand griff und ihn auf die hintere Bank zog. Teruki hatte sich neben Bou gesetzt und versuchte nun, diesen wieder etwas aufzuheitern. „Herzlichen Glückwunsch“, flüsterte der Schwarzhaarige Miku lächelnd zu und umarmte ihn. Nur zu gern erwiderte Miku die Umarmung, auf die er sich so gefreut hatte, und sog genussvoll dessen Duft ein. Er hatte ihn ja so vermisst... Am Liebsten würde er ihn jetzt küssen, doch das durften sie hier nicht. Aus Angst, dass Bou sich plötzlich nach hinten umdrehen könnte, löste sich der Vocal wieder, blieb aber dicht neben dem Bassisten sitzen und hörte bei Bous einseitigem Gespräch mit Teruki zu, in dem sich alles nur über seinen Ski-Urlaub drehte. Im Fotostudio angekommen, wurden sie auch schon sofort in die Maske gescheucht. Da das Shooting eigentlich schon längst dran sein sollte, sie aber – dank Miku – zu spät losgefahren waren, herrschte eine dementsprechend hektische Stimmung. Bou, der vor jedem Foto-Termin vor Aufregung immer kurz vor einem Herzinfarkt zu stehen schien, zappelte auf dem Stuhl hin und her, während seine Stylistin am Verzweifeln war, da sie so schlecht etwas mit seinen Haaren machen konnte. „Bou, jetzt sei doch endlich mal ruhig“, ermahnte ihn Miku, der zwischen dem Blonden und Kanon saß und dem die Zappelei immer wieder auf die Nerven ging. „Aber ich bin so aufgeregt!“, quiekte Bou und zappelte nun noch mehr, was darin endete, dass er mit seinen langen Beinen den Mülleimer vor ihm umstieß. „Bou!“ Ein stechender Blick seitens Teruki reichte aus, um ihn sofort ruhig werden zu lassen. Die Stylistin atmete auf und machte sich schnell an die Arbeit. „Geht doch“, sagte Teruki zufrieden lächelnd zu dem Blondschopf, der nun grummelnd – aber immerhin ruhig – auf seinem Stuhl saß. Nachdem sie etwa zehn Minuten später auch ihre mitgebrachten Outfits angezogen hatten, gingen AnCafé in den großen Raum, in dem das Shooting stattfinden sollte. An einer Seite lehnte eine riesige, weiße Leinwand, auf die mit großen Lampen und Scheinwerfern grelles Licht geworfen wurde. In einer Ecke befand sich ein Schreibtisch mit einem Laptop, in einer anderen ein großer, hölzerner Tisch, auf dem jemand netterweise Getränke für sie bereit gestellt hatte. Der Fotograph kam freudestrahlend auf sie zu und begrüßte sie. Dann erklärte er ihnen, dass sie zunächst Einzel- und dann Paarfotos machen wollten. Gruppenbilder würden ganz zum Schluss kommen. „Wer möchte als -“ „Ich!“, unter brach der Blondschopf den Fotographen lauthals und hüpfte freudestrahlend vor die weiße Leinwand, wo er schon mal mit dem Posen anfing, obwohl niemand hinter der Kamera stand. Kopfschüttelnd ließ sich Miku neben Kanon auf einen Stuhl sinken, während der Fotograph mit Bou arbeitete. „Immerhin ist er jetzt beschäftigt“, seufzte Teruki erleichtert und blickte rüber zum Blondschopf, der ganz offensichtlich Spaß hatte. Er nahm die verrücktesten und niedlichsten Posen ein und schnitt Grimassen. Auch Miku beobachtete ihn, während er unter dem Tisch heimlich mit Kanons Hand hielt. Teruki, der ihnen gegenüber saß, beugte sich zu ihnen vor. „Wann wollte ihr es ihm eigentlich erzählen?“, flüsterte er und sah die beiden erwartungsvoll an. „Ich weiß nicht“, antwortete Miku zögernd und sah dabei gedankenverloren an Teruki vorbei zu Bou. „Er ist gerade so fröhlich, da möchte ich ihn nicht rausreißen.“ „Aber wir müssen es bald machen“, bemerkte Kanon, der endlich wollte, dass der Vocal zu ihm stand. Miku schwieg. Er wollte es am Liebsten gar nicht sagen. Aber Kanon hatte Recht. Nach einer Weile hatte der Fotograph von Bou genug Bilder und entließ diesen zufrieden. Bou kam breit grinsend auf sie zu und schlang von hinten seine Arme um Teruki. Miku stutzte, denn so etwas hatte er beim Drummer noch nie gemacht. „Na los, du bist dran“, informierte er ihn und sah Teruki von der Seite her lieb an. Teruki musste lächeln. „Dann lass mich mal bitte los.“ Bou gehorchte und wanderte um den Tisch zu Miku, der noch blitzschnell Kanons Hand losgelassen hatte, bevor dieses Mal ihn von hinten her umarmte. Dann legte er seinen Kopf auf dessen Schulter und sah ihrem Leader interessiert beim Posen zu. Miku wurde innerlich unruhig. Er fühlte sich nicht wohl dabei, dass Bou ihm so nahe war, obwohl er doch mit Kanon zusammen war und er sich gegen die Umarmung nicht wehrte, und dennoch gefiel es ihm. //Wie sollen wir es ihm nur beibringen?//, überlegte er verzweifelt. //Er wird das bestimmt nicht so leicht wegstecken können, da bin ich mir sicher. Ich empfinde immer noch viel für ihn, aber...ist das noch Liebe? Ich weiß es nicht...ich habe mich für Kanon entschieden, also muss ich jetzt mit den Konsequenzen leben...beziehungsweise Bou muss das. Am Besten ist es, wenn ich es ihm selbst sage...Wenn er es durch Kanon oder Teruki erfahren würde, würde ihn das garantiert noch mehr verletzen...// „Laaangeweile!“, ertönte es auf einmal lauthals in seinem Ohr und riss ihn damit aus seinen trüben Gedanken. „Bou, mein Ohr ist erstens kein Mikrofon und zweitens kann ich nichts dafür, dass du jetzt erst einmal nichts mehr zu tun hast“, sagte Miku etwas ungehalten und sah ihn an. „Trotzdem habe ich Langeweile!“ Er setzte sich zwischen Kanon und Miku auf den Tisch und ließ seine Beine baumeln. „Dann zähl bis tausend“, schlug Kanon, geistreich wie er nun einmal ist, vor. „Kanooon!“, maulte Bou und wollte dem Schwarzhaarigen einen leichten Klaps geben, doch dieser hatte seinen Arm festgehalten, noch bevor er ihn auch nur berühren konnte. „Also das müssen wir wohl noch ein bisschen üben“, grinste er den nun schmollenden Bou an. „Schwächling.“ „Bin ich nicht!“ „Doch.“ „Nein!“ „Doch.“ „Nein!“ „Bou?“ „Hai?“ „Schwächling.“ Hilfesuchend sah Bou zum Vocal. „Mikuuuu!“, jammerte er. „Jetzt hilf mir doch mal.“ Miku lehnte sich zurück, sah den Blondschopf gelassen an und schmunzelte. „Wieso sollte ich?“ „Bist du jetzt auch noch gegen mich?“ Bou machte große Augen. „Wie es aussieht...ja.“ „Gemeinheit!“ Grummelnd verschränkte er die Arme und starrte trotzig zwischen den beiden hindurch, die nun auch noch angefangen hatten zu lachen. „Bou, ich rette dich.“ Teruki kam grinsend auf sie zu. „Miku, du bist dran.“ „Na gut.“ Miku sprang auf, stellte sich vor die Kamera und fing mit dem Posen an. Nach all den vielen Photo-Shoots, die sie nun schon hinter sich gebracht hatten, hatte er schon ein gewisses Gefühl, wie er gucken und sich verhalten musste, damit er auf den Fotos auch gut aussah. Nach einer Weile bemerkte er, dass Kanon mit verschränkten Armen neben dem Fotographen stand und ihn beobachtete. Zunächst verunsicherte ihn das, unter den musternden Augen des Bassisten fühlte er sich zu sehr unter Beobachtung; doch dann konzentrierte er sich wieder auf das Posen, was ja nun auch wichtiger war. Als der Fotograph genug von ihm hatte, schickte dieser Kanon vor die Leinwand. Beim Vorbeigehen an Kanon schenkte dieser ihm ein breites Grinsen. Miku erwiderte es verlegen. Es war ihm einfach unangenehm, von Kanon so angesehen zu werden. Miku setzte sich neben Teruki, der nun auf Kanons Platz saß; Bou hockte noch am selben Fleck wie noch vor etwa zehn Minuten. „Na, wie war’s?“, wollte Teruki wissen. „Wie soll’s schon gewesen sein?“ Miku warf ihm einen kurzen Blick zu. „So wie immer, nehme ich an.“ „Sehr informativ“, murmelte der Drummer unzufrieden, der mit dem Vocal eigentlich nur ein Gespräch anfangen wollte. Miku streckte seine Arme über die breite Tischplatte und legte seinen Kopf darauf. Gedankenverloren schaute er Kanon zu; wie er in die Kamera blickte, wie er stand. Sein Herz schlug schneller. Ihm war noch nie so wirklich bewusst geworden, wie toll der Schwarzhaarige überhaupt aussah. Besonders gefielen ihm seine Augen. Sein Blick blieb auf dessen Lippen heften, die er schon lange nicht mehr gespürt hatte; nach denen er sich sehnte. Miku hob fragend den Kopf, als Bou plötzlich vom Tisch sprang. „Komme gleich wieder!“, rief er noch, bevor er davoneilte. Irritiert blickte der Vocal zu Teruki, doch dieser schüttelte ahnungslos mit dem Kopf. „Frag mich nicht.“ „Aber warum hat er denn nicht gesagt, wo er hin ist?“ „Woher soll ich das denn wissen? Lass ihn doch. Er hat doch gerade gesagt, dass er gleich wieder da ist.“ „Teruki! Beweg mal deine Füße hierher!“, ertönte Kanons Stimme und der Leader erhob sich, lächelte Miku an, bevor er sich neben dem Schwarzhaarigen vor die Kamera stellte. Gelangweilt betrachtete Miku das Ganze. //Ich verklage denjenigen, der das Shooting auf meinen Geburtstag gelegt hat...das ist doch nicht fair...// Plötzlich wurde ihm schwarz vor Augen, da offenbar jemand mit den Händen seine Augen zuhielt. Stirnrunzelnd überlegte Miku, wer das sein könnte. Kanon war vor der Kamera...Teruki auch. „Bou, was soll das?“ Er hörte nur ein leises Kichern, bevor er wieder etwas sehen konnte. „Überraschung!“, trällerte Bou und sah vergnügt zu, wie das Geburtstagskind den Blick über den Tisch schweifen ließ. „Bou! Du bist einfach...“ Miku suchte nach dem richtigen Wort, während er die riesige Sahnetorte andächtig betrachtete, die nun mitten auf dem Tisch stand. Auf der oberen Schicht hatte jemand das Nyappy-Zeichen mit kleinen Erdbeeren ausgelegt. „...genial?“, schlug Bou grinsend vor und ließ sich neben Miku auf den freien Stuhl fallen. „Also genial würde mir ja schon reichen. Super klingt nicht so brillant, wie ich es aber nun einmal bin. Und göttlich bin ich auch nicht, ich bin nur ein einfacher, genialer Mensch.“ Doch Miku hatte ihm gar nicht erst zugehört. „Hast du die selbst gebacken?“, fragte er neugierig. Bou nickte verlegen. „Was denkst du denn?“ „Und wie hast du die Torte hierher bekommen? Ich kann mich nicht erinnern, sie im Bus gesehen zu haben.“ „Na, wenn ich sie im Bus mitgenommen hätte, dann hätte ich dir doch die Überraschung verdorben und dann gäbe es sie bestimmt längst nicht mehr, du Vielfrass. Also hat ein Bekannter von mir sie gerade vorbeigebracht.“ „Bou, du bist einfach nur - “ „Das hatten wir doch schon längst, Miku“, erinnerte ihn Bou gerührt, doch plötzlich sprang der Vocal quietschend auf und sprang bei dem Blonden auf den Schoß, wo er ihn glücklich an sich drückte und knuddelte. „Arigatou!!!“ „Kein Thema.“ „Du bist einfach toll, Bou!“ „Freu dich lieber nicht zu früh.“ „Wieso?“ Miku stockte und sah ihn geschockt an. „Hast du ihn etwa vergiftet ?“ „Daran würde ich noch nicht einmal denken!“, protestierte Bou empört. „Es ist nur so...“ Er lächelte verlegen. „Es ist meine erste Torte.“ „Ach so.“ Miku grinste. „Dann wird sie bestimmt schmecken.“ „Was ist denn hier los?“ Der Vocal drehte sich um und sprang dann blitzartig von Bous Schoß, als Teruki und Kanon plötzlich hinter ihm aufgetaucht waren, die von ihrem Lärm angelockt worden waren. Miku wollte gerade antworten, doch Kanon hatte bereits die Torte entdeckt. „Okay, jetzt verstehe ich deinen hysterischen Anfall.“ Er grinste Miku an. „Wieso hysterisch?“, hakte Miku nach. „Weil es bestimmt ganz Tokio mitbekommen hat – so laut wie du warst...“ „Ich war doch nicht laut“, maulte Miku und verschränkte trotzig die Arme. „Ach, Miku...“ Kanon drückte ihn lächelnd an sich. „Ich glaube, dass ich mich gerade versprochen habe. Gomen.“ „Echt?“ Der Vocal sah den Schwarzhaarigen erwartungsvoll an, welcher nickte. Miku wollte gerade schon einen Freudentanz aufführen, doch dann fügte Kanon noch hinzu: „Es hat ganz Japan mitbekommen.“ „Menno!“, jammerte Miku und versank wieder in seiner trotzigen Haltung. Hilfesuchend sah er sich nach Bou um, der das Ganze teilnahmslos betrachtet hatte. „Jetzt hilf mir doch mal.“ „Wieso?“ Bou lächelte. „Du hast mir doch eben auch nicht geholfen.“ Miku öffnete den Mund, um zu protestieren, schloss ihn dann jedoch wieder. „Lasst uns jetzt endlich was von dieser Torte probieren, ich sterbe gleich vor Hunger“, sagte er schnell und griff nach einem der Teller, die gerade einer vom Management auf den Tisch gestellt hatte, während Teruki den Kuchen in kleine Stücke schnitt. „Da hast du aber echt elegant das Thema gewechselt“, raunte Kanon Miku geheimnistuerisch zu, nachdem er sich einen Stuhl geschnappt und sich dicht neben Miku gesetzt hatte. „Ich bin eben genial“, meinte Miku grinsend und stopfte sich das erste Stück Kuchen in den Mund. Er kaute und sah dann rüber zu Bou, welcher ihm erwartungsvoll zusah. „Schmeckt doch!“ „Freut mich, dass es dir schmeckt.“ Überglücklich griff Bou nach dem Teller, den Teruki ihm schon etwas länger hingehalten hatte, und fing ebenfalls an zu essen. Miku, der mal wieder in seinem Element war, schaffte es doch tatsächlich, die halbe Sahnetorte ganz allein in sich hineinzustopfen. „Du bist ein Vielfrass“, sagte Teruki lachend, als der Vocal nun sehnsüchtig auf Kanons Teller starrte, der ihm das letzte Stück glatt unter der Nase weggeschnappt hatte. „Bou, eins habe ich aber zu meckern“, meinte Miku und ignorierte dabei Terukis Kommentar, folgte weiter wie in Trance dem Phänomen, dass das Kuchenstück immer kleiner und kleiner wurde. „Was denn?“ „Die Torte war viel zu klein.“ „Miku!“ Teruki gab dem Vocal einen leichten Klaps. „Bou hat sich wirklich viel Mühe gegeben, also sei mal etwas netter zu ihm.“ „Aber Teruki!“ Miku hielt sich jammernd den schmerzenden Kopf. „Sie war wirklich klein! Aber überaus lecker.“ Er grinste den Blondschopf breit an. Doch dann seufzte er und blickte wieder trübselig drein. „Miku, mach mal den Mund auf.“ „Was?“ Kaum hatte sich Miku zu Kanon umgedreht, hatte dieser ihm mit der Gabel ein Stück Torte in den Mund geschoben. Kaum schmeckte der Vocal diesen einzigartig leckeren Geschmack, setzte er ein breites Grinsen auf. „Arigatou!“, quietschte er vor Freude und genoss es sichtlich. Auch Kanon hatte dabei seinen Spaß. Zunächst hatte er es nur gemacht, damit Miku endlich wieder etwas fröhlicher drein blickte - schließlich war ja heute sein Geburtstag. Doch dann fing er an, Miku wie einen Dreijährigen zu füttern. Teruki und Bou betrachteten das alles grinsend. Aber auch das letzte Tortenstück musste irgendwann einmal weg sein und als es soweit war, lehnte sich Miku zufrieden seufzend zurück und lächelte in die Runde. „Und was essen wir jetzt?“ Kanon, Teruki und Bou patteten ihn. Der Fotograph, der gesehen hatte, dass sie mit Essen fertig waren, rief für die Paarbilder nach Miku und Bou. „War’n Scherz, Leute“, lachte Miku, während er vergnügt vor die Leinwand hüpfte und Bou ihm folgte. „Bei dir weiß man nie“, kam es nur brummend von Teruki. Kanon setzte sich im Schneidersitz neben den Fotographen, um den beiden beim Posen zuzusehen. Er lächelte. „Du bekommst auch was Leckeres, wenn die Fotos klasse werden.“ „Ich sehe auf Fotos doch immer gut aus.“ Miku zeigte ihm frech die Zunge, konzentrierte sich dann aber aufs Posen mit Bou. Schließlich wollte er wirklich die Belohnung von Kanon kassieren. Nur das Einzige, was er und der Blondschopf nicht machten, war, sich zu küssen. Das hatten sie von vornherein abgesprochen und beide waren damit auch einverstanden. Keiner wollte den anderen verletzen oder gar Gefühle hervorrufen, die wieder alles aus dem Gleichgewicht schmeißen würden. Besonders Bou genoss es besonders, mit dem Vocal vor der Kamera zu posen, und war dementsprechend deprimiert, als der Fotograph genug von ihnen hatte. „Du wirst es überleben“, munterte ihn Miku auf, bevor er dem Drummer seinen Platz überließ und sich neben Kanon pflanzte. „Hoffe ich doch mal“, murmelte Bou leise und versuchte sich auf seine Aufgabe zu konzentrieren. Kanon beugte sich zu Miku vor. „Wir war’s mit ihm?“ „Na ja...“ Der Vocal zuckte leicht mit den Schultern und sah den Schwarzhaarigen ausdruckslos an. „Wie soll es schon gewesen sein? Ganz normal, denke ich.“ Dann lächelte er. „Hast du etwa Angst, dass ich mich doch anders entscheide?“ „Nein, wie kommst du drauf?“, sagte Kanon leicht irritiert und wandte sich schnell wieder ab. Miku grinste in sich hinein, während er den Bassisten von der Seite her betrachtete. //Und ob du Angst hast! Da brauchst du mir nichts vorzumachen, mein Lieber!...Aber...süß ist es schon...// Nachdem die beiden fertig waren, zerrte Kanon den Vocal vor die Leinwand und sie fingen an zu posen. Dabei stellte sich Kanon mal vor, mal hinter oder neben den Vocal; er blieb aber immer sehr dicht neben ihm. Miku war vor innerer Aufregung total verkrampft. Er war total aus dem Häuschen, dass das sein erstes Shooting war, wo er und Kanon zusammen waren und jetzt sogar gemeinsam vor der Kamera standen. Plötzlich wurde er von Kanon zu Boden gedrückt, der sich auch sofort dicht über ihn legte. Der Fotograph lichtete sie ab und bevor Kanon sich hinter Miku fallen ließ und verträumt Richtung Kamera schaute, raunte er ihm noch leise zu: „Sei nicht so verspannt. Ich beiße nicht.“ „Bin ich doch gar nicht.“ Lächelnd erhob er sich ein bischen und legte sich auf Kanon, dieser fuhr ihm leise lachend durch die Haare. Während beide so im Posen ganz versunken waren, fiel ihnen nicht auf, dass Bou, der ihnen bisher ausdruckslos und mit verschränkten Armen zugesehen hatte, nun blitzartig den Raum verließ. Und auch Teruki hatte davon nichts mitbekommen, er war mit dem Manager, der kurz vorbeigekommen war, in einem Gespräch vertieft. Erst, als er sich einige Zeit später umdrehte, fiel ihm auf, dass Miku und Kanon sehr zärtlich miteinander umgingen und sich liebevolle Blicke schenkten. //Ich verstehe die beiden einfach nicht//, dachte er kopfschüttelnd, während er sie beim Posen betrachtete. //Erst sagen sie, sie wollen Bou nicht so offen mit ihrer Beziehung konfrontieren und jetzt das! Aber...wo ist er eigentlich?// Suchend sah er sich nach dem Blondschopf um, konnte ihn allerdings nirgends entdecken. Ohne auch nur einen einzigen Blick Richtung Leinwand zu werfen, lief er eilig aus dem Studio. Während er alle Türen aufriss, um in den jeweiligen Zimmern nach Bou zu suchen, machte er sich schreckliche Vorwürfe, dass er nicht auf ihn aufgepasst hatte. //Er hat bestimmt die Zärtlichkeit zwischen Miku und Kanon gesehen...// Als er hinter die letzte Tür, die er noch nicht geöffnet hatte, spähte, entdeckte er ihn. Bou hockte zusammengekauert zwischen großen Kisten und mit schweren Ordnern vollgestopften Regalen. Da er mit dem Rücken zur Tür saß, konnte Teruki ihn nicht direkt ansehen; bemerkte nur, wie sehr er am Zittern war. „Bou...“ Vorsichtig näherte sich Teruki dem Häufchen Elend und ließ sich neben ihm in die Hocke sinken. Besorgt blickte er in dessen verheultes Gesicht. „Was ist los?“ „Teruki“, schluchzte Bou, legte seinen Kopf auf die Schulter des Älteren und schloss seine zitternden Arme um ihn. Teruki umarmte ihn ebenfalls, drückte ihn fest an sich und fuhr ihm beruhigend über den Rücken. „Du...hast gesehen, wie zärtlich sie miteinander umgehen, stimmt’s?“, vermutete Teruki, nachdem er gemerkt hatte, dass Bou auf seine Frage nicht antworten wollte. Bou nickte. „Ach, Bou...“ Seufzend überlegte Teruki, was er jetzt tun oder sagen sollte. Auf keinen Fall wollte er ihn noch weiter verletzen und genau so wenig ihn so verzweifelt erleben. Innerlich verfluchte er die Nachlässigkeit der beiden, doch er konnte sie auch ein wenig verstehen. Er selbst war zwar noch nie in so einer Situation gewesen, doch er konnte sich vorstellen, wie schwer es sein musste, seine eigenen Gefühle füreinander vor anderen verbergen zu müssen. Er fühlte sich hin und her gerissen. „Teruki, mein Entschluss steht fest“, sagte der Blondschopf leise, nachdem er sich wieder einigermaßen beruhigt hatte. „Hm?“ Fragend sah Teruki ihn an. Von was für einem Entschluss redete er da? „Ich werde austreten.“ Bou erwiderte seinen Blick traurig. „Das hattest du doch schon mal vor einigen Wochen gesagt“, erinnerte Teruki ihn. „Ja, schon. Aber du meintest dann, ich solle es mir noch einmal überlegen. Und das habe ich getan.“ Bou schaute gedankenverloren auf den mit einer dicken Staubschicht überzogenen Boden. „Ich kann einfach nicht mehr.“ „Aber warum?“ Teruki war verzweifelt. Wenn Bou jetzt austrat, verloren sie das wahrscheinlichst wichtigste Mitglied AnCafé’s und damit auch einen der besten Gitarristen Japans. Was das alles an ihren privaten Beziehungen ändern würde, wollte er am Besten gar nicht erst wissen – zumindest würden sie sich dann kaum noch sehen. „Ich...ich habe versucht, die Sache mit Miku zu verdrängen. Zunächst dachte ich wirklich, ich könnte mit der Tatsache, dass er mich wohl nicht mehr liebt, umgehen. Doch dann hat er mich an Weihnachten total vergessen und...als ich ihn eben sah, wie er mit Kanon umging...genau so war er früher immer zu mir....“ Bou brach ab und fing erneut an zu weinen. „Ich halte das einfach nicht mehr aus!“, schluchzte er, während Tränen sein ohnehin schon nasses Gesicht herunterliefen. „Bou...“ „Teruki, sind sie zusammen?“ Bou sah ihn mit seinen traurigen Augen an. Er wollte es unbedingt wissen – egal, was es für ihn bedeuten würde. Teruki überlegte fieberhaft, was er jetzt sagen sollte. Anlügen konnte er ihn nicht, aber die Wahrheit sagen? Nein. //Wird Zeit, dass es endlich aufgeklärt wird!// Entschlossen erhob sich Teruki. „Bleib, wo du bist!“, befahl er dem verwirrt zu ihm aufblickendem Blondschopf, bevor er aus dem Zimmer Richtung Studio stürmte. Miku und Kanon war erst viel später aufgefallen, dass ihr Gitarrist und ihr Drummer fehlten. Nur hielten sie es nicht für besonders wichtig und hatten sich wieder fröhlich der Kamera zugewendet. Miku fühlte sich wie hypnotisiert, seit er mit dem Schwarzhaarigen vor der Kamera stand. Ständig machte sein Herz kleine Sprünge, wenn Kanon irgendetwas tat. Sei es auch noch so eine Kleinigkeit. Umso überraschte war er daher, wie die Tür zum Studio lautstark aufgerissen und ein aufgebrachter Teruki hereinstolperte. Sofort unterbrachen Kanon und Miku das Posen und schauten ihm irritiert entgegen. „Was...“ Doch Miku kam erst gar nicht dazu, seine Frage zu äußern, denn Teruki hatte ihn am Arm gepackt und zog ihn nun energisch aus dem Studio. „Du bist so ein Idiot!“, sagte Teruki ärgerlich, kaum dass sie es verlassen hatten. „Er ist total aufgelöst und du wirst ihm jetzt die Wahrheit sagen!“ Miku brauchte einen Augenblick, bis er kapierte. Erst in diesem Moment wurde ihm bewusst, dass er während dem Shooting mit Kanon kein einziges Mal an Bou gedacht hatte. „Shit“, murmelte er leise, während er sich innerlich nur über sich ärgerte. „Bou hatte ich ja ganz vergessen!“ „Miku!“ Teruki warf ihn gegen die Wand und sah ihn scharf an. „Du verletzt ihn! Ist dir das eigentlich klar? Du sagst zwar immer, dass du nur das Beste für ihn willst. Aber so langsam bezweifle ich das! Bou hat mir unter Tränen gesagt, dass du an Weihnachten nicht an ihn gedacht hast. Und dann bist du von einer Sekunde auf die andere total zärtlich und liebevoll zu ihm. Er fühlt sich von dir nicht ernst genommen. Und jetzt sagst du ihm endlich, was deine wahren Gefühle sind! Dann weiß er wenigstens, was Sache ist.“ Er zerrte den völlig wehrlosen Vocal weiter in den Raum, in dem er den Blondschopf hatte zurücklassen müssen. Mikus Blick war sofort an Bou haften geblieben, der immer noch genau da hockte, wo er während dem Gespräch mit Teruki auch gesessen hatte. Er hatte aufgehört zu zittern und zu schluchzen, doch man sah ihm deutlich an, dass er geweint hatte. Sein Herz sank ihm vor Scham und Wut auf sich selbst in die Hose, als er auf ihn zuging. Doch Bou rappelte sich auf, wich zurück, bis er gegen die Wand stieß. Miku blieb sofort stehen und sah den verängstigten Blondschopf verzweifelt an. Es konnte doch nicht sein, dass dieser sich vor seiner Nähe fürchtete! Er machte einen kleinen Schritt auf ihn zu. „Bou...“ „Nein, komm nicht näher.“ Bou rutschte zitternd an der kahlen Wand auf den staubigen Boden und sah Miku nicht an. Teruki eilte an Miku vorbei, kniete sich neben ihm nieder und legte ihm bestärkend eine Hand auf die Schulter. „Warum hast du ihn hergebracht?“, fragte Bou ihn leise, aber dennoch so laut, das Miku es gehört hatte. Ihm stiegen Tränen in die Augen. Warum wollte Bou ihn nicht sehen? „Weil er dir etwas sagen möchte. Stimmt’s, Miku?“ Teruki sah ihn auffordernd an. „Ja, das stimmt.“ Miku lächelte verlegen. Bou hob den Kopf und blickte ihn mit seinen tränenden Augen wartend an. Sofort erstarb sein leichtes Lächeln wieder. Miku ließ sich dort, wo er war, in die Hocke sinken, hielt den Blick gesenkt. „Bou...“ Er zögerte kurz, bevor er weitersprach. „Es tut mir schrecklich Leid, wenn ich dich mit meinem Verhalten verletzt habe. Das wollte ich nicht und das musst du mir einfach glauben.“ Bou hob ein wenig den Kopf und ihre Blicke trafen sich. „Ich wusste nach unserer Trennung nicht, wie ich dir begegnen oder mit dir umgehen sollte. Es war nicht leicht für mich und - “ „Nicht leicht?“ Bous Stimme zitterte hörbar. „Frag mich doch mal. Frag mich, ob es für mich einfach war, damit umzugehen. Nein, war es nicht – kuso! Ich liebe dich noch immer, Akiharu. Dass du für mich nichts zu Weihnachten hattest, hat mich schwerer getroffen, als ich dir gezeigt hatte. Es ist nicht so, dass ich total gierig hinter Geschenken her bin, aber du hättest mir doch auch nur irgendetwas ganz Kleines geben können – Geschenke sind doch immer symbolisch gemeint, oder? Und dann warst du wieder so lieb zu mir, dass ich dachte, wir hätten unsere Trennung überwunden. Aber als du gerade so zärtlich mit Kanon umgegangen bist, da...“ Bou schluchzte leise. „Ich habe doch gesehen, was in euren Blicken lag – vor allem in deinem. Ich komme mir richtig verarscht vor!“ „Bou, es tut mir - “ „Hör endlich auf, dich zu entschuldigen!“, rief Bou hysterisch. Teruki hatte einige Mühe, den Blondschopf in seinen Armen zu halten. „Bou, ich...“ Miku kämpfte mit den Tränen. Er war so sehr darum bemüht gewesen, Bou alles Recht zu machen; und jetzt hatte er ihn doch die ganze Zeit über verletzt. „Und jetzt sag mir endlich die Wahrheit.“ Bou sah Miku mit seinen verheulten Augen direkt an. „Bist du mit Kanon zusammen?“ ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ gomen leute aba ich musste leider hier aufhören ich weiß is ne doofe stelle aba was soll's xDD es könnte etwas länger bis zum nächsten kapi dauern weil bei mir jez die erste arbeitsphase kommt *drop* *keine lust hab* >.< ich hoffe ihr nehmt mir das nicht allzu übel^^ als nervenfutter gibts für jeden n stück schoko-sahne torte *verteil* Stay Nyappy~ ^0^ Kapitel 21: Miku hat Geburtstag! - Part II ------------------------------------------ so~ hier kommt die fortsetzung!^0^ ach ja! es gibt ein sonderkapitel! das findet ihr hier: http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/248627/201987/ es gehört zwar nicht zu dieser ff aba ich dachte dass wenn miku und kanon jez zusammen sind es doch noch mal was mit mikuXbou als kleine entschädigung geben sollte x3 aba genug geschwatzt, jetzt gehtz weita!!!~ ^______^ ********************************************************************************* Miku hat Geburtstag - Part II „Und jetzt sag mir endlich die Wahrheit.“ Bou sah Miku mit seinen verheulten Augen direkt an. „Bist du mit Kanon zusammen?“ Miku schwieg. In seinem Zustand wollte er es ihm eigentlich nicht sagen und er konnte ihn aber auch nicht weiter anlügen. Man sah ja, was dabei herauskam. Und auch Teruki hatte ihm deutlich eingeschärft, es jetzt endlich zu tun. Hilfesuchend sah er den Älteren an, welcher kaum merkbar den Kopf schüttelte, um dem Vocal verstehen zu geben, dass er ihm dabei nicht helfen konnte. Miku schaute wieder zu Bou, der noch immer auf eine Antwort wartete. Er holte tief Luft, nickte langsam. „Ja“, sagte er leise und senkte den Blick. Er konnte Bou jetzt unmöglich in die Augen sehen, wollte nicht den Schmerz und die Verzweiflung sehen. Er hörte nur, wie Bou aufschluchzte und konnte gerade noch aus den Augenwinkeln her erkennen, wie sich Teruki darum bemühte, den Blondschopf wieder zu beruhigen. „Seit wann?“ Miku hob seinen Kopf und sah in die dunklen Rehaugen Bous, die schmerzerfüllt waren. „Weihnachten“, antwortete er leise und starrte ausdruckslos nach oben an die kahle Decke, blinzelte die vereinzelten Tränen weg. Er wollte jetzt nicht anfangen zu weinen. Wie aus weiter Ferne hörte er Bous verzweifeltes Weinen und Terukis sanfte Stimme, die beruhigend auf ihn einsprach. „Was habe ich nur getan?“, murmelte Miku, mehr zu sich selbst. Nach einer Weile verebbte das Schluchzen und Bou lag ruhig in Terukis Armen, blickte ausdruckslos den an, für den sein Herz schlug. „Hat...er dich gefragt, ob du mit ihm gehen möchtest?“, fragte er leise. „Nein“, antwortete Miku ruhig, um seine innere Unruhe zu verbergen. „Dann...kam es also von dir.“ „Hai.“ „Was hast du ihm gesagt?“ Miku zögerte. Sollte er es Bou wirklich sagen? Es war ihm peinlich, seine Gefühle zu Kanon zu beschreiben und doch wusste er, dass er es Bou schuldig war. „Dass ich ihn in den paar Tagen, wo wir uns nicht gesehen hatten, schrecklich vermisst hätte. Dass ich...“ Miku spürte, wie eine leichte Röte in sein Gesicht schoss. „Dass ich unsere Küsse mehr als nur mochte und ich mich in seiner Nähe einfach nur wohl fühle.“ „Bist du glücklich mit ihm?“ Miku sah ihn an, lächelte verlegen. „Ich denke doch mal schon, ja.“ „Liebst du ihn wirklich?“ „Hai.“ Bou seufzte schwer und klammerte sich noch stärker an Teruki. „Warum sagst du mir das erst jetzt? Offenbar hat Teruki es ja auch gewusst.“ Der Vocal überlegte kurz, wich Bous Blick aus. „Weil ich Angst hatte, dass du dir dann wieder etwas antust.“ „Akiharu. Ich möchte, dass du glücklich bist und ich werde es schon verkraften, dass du mich offenbar nicht mehr liebst. Ich hatte es eh schon länger gewusst als du. Das mit Kanon meine ich. Außerdem war das in Paris ein Unfall, das habe ich dir doch schon tausendmal gesagt!“ Bou riss sich von Teruki los und krabbelte zu Miku, welchen er in seine Arme schloss. Vorsichtig erwiderte dieser die Umarmung. „Bitte versprich mit, dass du zu mir kommst, wenn irgendetwas mit Kanon ist.“ „Bou...“ „Bitte, Akiharu. Wenn ich schon nicht mit dir zusammen sein kann, möchte ich wenigstens derjenige sein, der dich tröstet und auffängt, wenn du Probleme mit ihm haben solltest.“ Bou lächelte matt. „Und ich merke es, wenn dich etwas zu sehr beschäftigt! Und wenn du dann nicht zu mir kommst, dann...“ Er sah ihn drohend an. „Keine Sorge, das werde ich“, versicherte Miku ihm hastig, der sich nicht seinem Zorn ausgesetzt sehen wollte. Bou ließ ihn wieder los und drehte sich um. „Arigatou, Teruki.“ „Wofür denn?“ Teruki hatte sich bereits erhoben und die beiden mit etwas Abstand beobachtet. „Dafür, dass du Miku offenbar dazugenötigt hast, mir endlich die Wahrheit zu sagen“, klärte Bou ihn auf, während er sich sein Gesicht trocken wischte. „Ich habe ihn doch nicht genötigt“, versicherte Teruki ihm. „So etwas würde ich nie tun.“ „Nie?“ Miku grinste. „Und was war das eben?“ „Na ja...“ Der Ältere lächelte. „Alles, nur keine Nötigung.“ „Wer’s glaubt.“ „Ist so!“ „Na los, gib es ruhig zu.“ „Nein.“ „Doch.“ „Nein.“ Bou kicherte leise. „Jetzt hört auf, Leute!“ Miku und Teruki verstummten, lächelten. Doch sie wussten alle, dass es nur zum Schein war. //Er möchte uns nur versichern, dass mit ihm wirklich alles in Ordnung ist//, dachte Miku besorgt. //Aber ich weiß es besser...// „Kommt, wir gehen wieder.“ Miku drehte sich um und ging zur Tür. „Kanon hat bestimmt schon ’nen Suchtrupp losgeschickt.“ Teruki wollte ihm folgen, doch Bou hatte ihn am Arm gepackt. Fragend drehte sich der Drummer zu dem Kleinen um. „Kann ich mal mit dir reden? Unter vier Augen meine ich.“ Er warf Miku kurz einen entschuldigenden Blick zu, der schon kapiert hatte. „Ach, Miku?“ Miku, der gerade gehen wollte, drehte sich noch einmal zu Bou um. „Was ist?“ „Gomen, dass ich deinen Geburtstag versaut habe.“ Miku lächelte ihn ermunternd an. „Keine Sorge, das hast du nicht.“ Während er zurück zum Studio ging, überlegte er, was Bou so Dringendes mit Teruki besprechen wollte. Und doch fühlte er sich auf eine gewisse Weise befreit. //Ich hätte es ihm wohl nie gesagt, wenn Teruki mich nicht dazu gedrängt hätte...aber ich bereue es nicht.// Er wusste, dass es für Bou das Beste war, wenn er nun über Mikus wahren Gefühle Bescheid wusste. „Wo bist du gewesen?“ Kanon, der nach Mikus plötzlicher Entführung ungeduldig im Studio auf und abgegangen war, eilte dem Vocal ungestüm entgegen, als dieser zurückkam. „Bei unserem kleinen Blondschopf“, antwortete Miku wahrheitsgemäß und setzte sich mit dem Bassisten an den Tisch. Sie waren alleine im Raum. Offenbar hatte der Fotograph die Chance genutzt und sich seine wohlverdiente Pause genommen. Kanon sah ihn ungläubig an. „Und deshalb ist Teruki hier hereingestürmt und hat dich, ohne irgendeine Erklärung abzugeben, aus dem Studio gezerrt.“ Miku seufzte leise. „Teruki hat Bou total aufgelöst in so ’ner kleinen Kammer gefunden und wollte, dass ich mit ihm rede.“ „Wieso war es so aufgelöst?“ „Rate mal.“ Kanon runzelte die Stirn. „Doch nicht etwa wegen uns?“ „Doch.“ Miku sah ihn traurig an. „Kanon, ich habe ihm gerade die Wahrheit gesagt. Er weiß jetzt von unserer Beziehung.“ Kanon brauchte einige Sekunden, bis er das eben Gehörte in seinen Kopf bekommen hatte. Geschockt sah er den Vocal an. „Du...hast es ihm schon gesagt? Ich dachte, wir wollten damit noch etwas warten!“ „Wollten wir ja auch“, wehrte sich Miku kleinlaut. „Aber Kanon! Du hättest ihn mal sehen müssen; es ist besser so, wenn er es weiß.“ Der Schock wich aus dem Gesicht des Schwarzhaarigen, wütend funkelte er seinen Freund an. „Hättest du mich vorher wenigstens fragen können, ob ich das auch möchte?“ „Das hattest du doch schon.“ „Aber doch nicht so schnell!“ Miku blickte irritiert zu Kanon auf. Warum war er nur so wütend? „Du machst immer alles alleine, ohne vorher mit mir mal darüber zu reden! Teruki hast du es ja auch alleine gesagt. Kami, ich wäre gerne dabei gewesen! Ist das denn zuviel verlangt?“ „Tut mir Leid, Kanon.“ Mikus Herz klopfte wild. Doch nicht etwa vor Liebe oder Aufregung; es war pure Angst. Wenn Kanon so drauf war wie jetzt, fühlte er sich richtig klein, schutzlos und einfach nur unwohl. Der Bassist musste wohl bemerkt haben, was er im Vocal ausgelöst haben musste, denn er holte tief Luft und fuhr in einem ruhigeren und doch etwas barschem Ton fort: „Ich fühle mich gerade total überrumpelt. Wie soll ich denn jetzt damit umgehen? Vorher war es doch schon schlimm genug mit mir und Bou. Wir werden uns zwar nie wieder so gut verstehen wie noch vor einem Jahr. Aber ich möchte nicht in Gefahr laufen, dass wir uns gegenseitig nur verabscheuen und hassen. Denkst du eigentlich auch nur ein einziges Mal an AnCafé? Früher waren wir so gut befreundet – und jetzt?“ „Tut mir - “ „Wieso entschuldigst du dich jetzt bei mir?“, unterbrach ihn Kanon. „Geh zu Bou! Ihn hast du doch am Meisten verletzt. Miku, wir sind zwar jetzt zusammen und ich habe auch das Gefühl, dass du meinst, die richtige Wahl getroffen zu haben. Aber ich weiß noch nicht so genau, ob du mich auch wirklich liebst.“ „Aber Kanon! Ich liebe dich wirklich!“, rief Miku schnell. Er hatte nicht gewusst, dass Kanon so in den letzten Tagen, in denen sie zusammen waren, über ihn gedacht hatte. Und jetzt musste er diesen Zweifel aus der Welt schaffen. Schließlich war er sich hundertprozentig sicher, dass er den Schwarzhaarigen liebte. Kanon seufzte und sah den Vocal direkt an. „Bist du dir auch sicher, dass es Liebe ist?“ Allmählich wurde Miku wütend. //Ich habe es ihm gerade doch schon gesagt! Ich habe es ihm schon tausendmal gesagt! Warum sagt er das jetzt alles? Um sich an mir zu rächen?// „Wie kommst du darauf, dass es keine Liebe ist?“ „Weil du immer erst handelst, ohne mit mir vorher darüber zu reden und – Ach! Vergiss es einfach!“ Wütend erhob sich der Bassist und brauste, ohne den Vocal auch nur noch ein einziges Mal zu beachten, davon. Miku hatte ihm ausdruckslos hinterhergesehen und hatte keinen einzigen Gedanken daran verschwendet, ob er ihm nun zu ihm gehen und noch einmal mit ihm reden sollte oder nicht. Es hätte ohnehin keinen Sinn gehabt, er würde ihm jetzt nicht zuhören. Traurig und zugleich hilflos vergrub Miku sein Gesicht in den Händen. //Wieso...wieso läuft heute nur alles schief? Heute ist doch mein Geburtstag...aber ich glaube, den haben Teruki, Bou und Kanon schon längst vergessen. Teruki ist enttäuscht von mir, dass ich so lange geschwiegen habe; Bou würde mich am Liebsten dafür killen, dass ich mit Kanon zusammen bin – das hat er zwar nicht so offen gesagt, aber er ist ein schlechter Lügner. Das war er schon immer. Und jetzt ist auch noch Kanon sauer auf mich, gerade weil ich es Bou von uns erzählt habe! Mache ich eigentlich nur noch Fehler?!// „Hey, Miku!“ Miku zuckte erschrocken zusammen, als jemand ihn an der Schulter berührte, wandte sich zu Teruki und Bou um und fragte sich, wann die beiden zurückgekommen waren. „Was ist los? Hast du uns nicht rufen gehört?“, fragte Teruki. „Ähm...nicht wirklich. Aber ich bin okay. Wirklich!“, fügte er noch hinzu, als er Terukis besorgten Blick sah. Der Drummer, der ihm nicht so recht glauben wollte, öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch dann entschied er sich anders. Er drehte sich um und ging zur weißen Leinwand, wo Kanon und der Fotograph warteten. //Wann ist Kanon denn zurückgekommen?//, wunderte sich Miku und zugleich stimmte ihn dieser Gedanke wieder traurig. //Er hätte mir wenigstens sagen können, dass er wieder da ist. Na toll....jetzt werde ich an meinem Geburtstag auch noch von Kanon ignoriert...na, vielen Dank auch...// „Miku-chan?“ „Hm?“ Miku drehte sich fragend zu Bou um, der ihn mit seinen dunklen Augen interessiert beäugte. „Ist wirklich alles Okay?“ „Ja, ist es“, antwortete Miku, etwas schärfer als beabsichtigt. Allmählich ging ihm diese Fragerei auf die Nerven! „’tschuldige, dass ich gefragt habe!“, fuhr Bou ihn beleidigt an. „Kann sich denn der schlechtgelaunte Miku wenigstens dazu herablassen, mit uns auf den Gruppenfotos zu erscheinen oder müssen wir den Fans erklären, dass du einfach nicht gut drauf warst, um fotografiert zu werden?“ Ohne die Antwort abzuwarten, stolzierte der Blondschopf zu den anderen. //Na toll, jetzt habe ich Bou schon wieder verletzt! Ich bin echt ein Scheusal...// Deprimiert erhob sich Miku und stellte sich zu seinen Bandkollegen vor die Kamera und versuchte, fröhlich und heiter zu wirken. Und das kostete ihm seine ganze Kraftreserven und raubte ihm den letzten Nerv. Doch auch in anderer Hinsicht verlief der Rest des Shooting in einer reinen Katastrophe. Kanon weigerte sich, neben Vocal oder Gitarrist zu stehen und zog so ein finsteres Gesicht, dass man richtig Angst vor ihm bekam. Im Gegensatz dazu versuchten Bou und Miku wenigstens, einigermaßen fröhlich zu wirken, doch deren Lächeln wirkte ziemlich steif. Teruki benahm sich noch relativ normal, wenn man mal davon absah, dass es ihm gehörig auf die Nerven ging, was seine drei Kollegen da für einen Mist verzapften. Als der Fotograph, dem das alles natürlich nicht entgangen war, die Band entlassen hatte – sie hatten es doch tatsächlich auf drei vernünftige Gruppenbilder geschafft! – und sie in ihrem roten Tour-Bus die Heimreise antraten, stellte er seine Kollegen, welche schweigend und verbissen auf ihren Plätzen saßen und ihr möglichstes taten, sich gegenseitig zu ignorieren – Teruki konnte regelrecht das Knistern zwischen ihnen spüren - , zur Rede. „Hört mal, Leute“, verkündete er und drehte sich auf seinem Sitz so um, dass er auch Miku und Kanon hinter sich im Blick hatte. Von den dreien kamen düstere Blicke, keiner wollte jetzt reden; doch Teruki ließ sich nicht umstimmen und fuhr in ernstem Ton fort: „Was sollte das eben eigentlich? Ihr habt ja eine richtige Meisterschaft veranstaltet, wer nun am grimmigsten aussieht. Und ich bin mir nicht sicher, wer da gewonnen habt; einer sah grimmiger aus als der andere!“ „Na und?“, murmelte Kanon leise und sah aus dem Fenster, beobachtete die Sintflut aus Regentropfen, die sich nun schon seit Stunden auf die Erde ergoss. Teruki seufzte. „Weil das gerade ein Riesenfiasko war! Ich sage euch eins. Wenn die Gruppenbilder nicht gut genug geworden sind, können wir noch einmal wiederkommen – wollt ihr das? Und nein, Bou! Dann wird es nicht witzig und spaßig sein!“, fügte er schnell hinzu, als ihm Bous freudiger Blick aufgefallen war, welcher die Photo-Shoots doch so sehr liebte. „Und die Probe lassen wir heute ausfallen.“ „Was?“ Miku blickte überrascht auf die Uhr. „Aber, Teruki! Wir haben doch erst drei Uhr.“ „Das stimmt - aber so wie ihr momentan drauf seid, kann man das vergessen. Ihr seht aus, als könntet ihr euch jederzeit gegenseitig zerfleischen.“ Miku, Kanon und Bou sagten daraufhin lieber nichts. In seiner Wohnung angekommen, ließ sich Miku auf die Couch fallen. Da er zu faul gewesen war, seine pitschnasse Jacke auszuziehen, fühlte es sich dementsprechend unangenehm an, auf dem weichen, roten Stoff zu liegen. Er schloss die Augen und wünschte sich weit weg. Irgendwohin, wo es warm und trocken war, wo es keine Kanons und Bous und auch Terukis gab, die ihm das Leben zur Hölle machen konnten. „Aber immerhin haben Teruki und Bou mir Tschüss gesagt“, murmelte er leise. Und es stimmte. Kanon hatte kein Wort gesagt oder ihm gar einen Blick zugeworfen, bevor er gegangen war. Hatte Miku ihn etwa so sehr verärgert, dass er nun nicht mehr mit ihm reden wollte? Miku seufzte, als ihm bewusst wurde, dass er sich bereits nach den ersten zwölf Tagen, in denen sie schon zusammen waren, mit Kanon heftig gestritten hatte. //Bou und mir ist das nie passiert...//, schoss es ihm traurig durch den Kopf und musste an den kleinen, niedlichen Blondschopf denken, der nun wohl mutterseelen allein zu Hause hockte und innerlich wahrscheinlich Kanon gerade zum Mond schoss. //Das erste Mal, wo Bou und ich uns gestritten haben, war am Tag unserer Trennung...nachdem er gesehen hat, wie Kanon mich gegen meinen Willen geküsst hatte...// Aber es half alles nichts. Die Vergangenheit konnte man nicht ändern, das wusste er. Und dennoch wünschte er, sie hätten diese verdammte Europa-Tour nie angetreten, denn dann – so bildete er sich ein – wäre alles noch wie früher; er wäre glücklich mit Bou zusammen und hätte keine Ahnung von Kanons wahren Gefühlen – auch, wenn das heißen würde, ihn zu verletzten, so wie er es all die Jahre vorher auch schon unabsichtlich getan hatte. Aber dann wäre zumindest er – Miku – glücklich. //Moment mal! Darf ich eigentlich egoistisch denken? Immerhin möchte ich nicht, dass andere durch meine Fehltritte leiden müssen...// Das Klingeln des Telefons riss ihn aus seinen Gedanken. Miku erhob sich und griff nach dem Telefon. „Móshimóshi, Tsukiyama?“ „Hey, ich bin’s.“ „Teruki!“ Miku hätte jetzt eher Kanon erwartet, der sich für seinen kleinen Ausraster entschuldigen wollte – was ja auch eigentlich angemessen war – oder Bou, der noch einmal in Ruhe mit ihm reden wollte. Aber was um Himmels Willen konnte Teruki jetzt von ihm wollen? „Warte mal kurz, ich muss mir erst einmal meine Jacke ausziehen“, entschuldigte sich Miku, legte den Hörer auf den niedrigen Couch-Tisch und befreite sich endlich von der nassen Jacke, eilte in den Flur, um sie dort aufzuhängen. Anschließend kehrte er zurück und stellte mit einem wehmütigen Blick fest, dass die Stelle, auf die er zuvor noch gelegen hatte, ganz nass war. //Na, das kann dauern, bis es wieder trocken ist...//. Er griff wieder nach dem Hörer. „So, da bin ich wieder.“ „Bist du erst jetzt nach Hause gekommen, oder was?“, fragte Teruki irritiert, der sich hundertprozentig sicher war, dass es kurz vor vier gewesen war, als sie den Vocal vor seiner Haustür rausgelassen hatten. Und nun war es bereits nach fünf. „Nein, ich habe nur keine Gelegenheit dazu gefunden. Das ist alles“, antwortete Miku. „Hör mal. Ich wollte dich auf einen Drink einladen. Falls du nichts dagegen hast, natürlich“, fügte Teruki noch schnell hinzu. „Als kleines Geburtstagsgeschenk.“ „Wirklich?“, quietschte Miku vor Freude in den Hörer. Und die Freude war nicht gespielt. Immerhin hatte einer seinen Geburtstag nicht vergessen – was für eine Ehre! „Ja, wirklich.“, lachte Teruki, froh, dass seine Einladung so gut ankam, und nachdem sie Ort und Zeit ausgemacht hatten, legte Miku auf und wählte die Nummer der Taxizentrale, um sich ein Taxi zu bestellen. Dann ging der Vocal ins Bad, um sich schon mal zu stylen, da sie sich in anderthalb Stunden in Shibuya treffen wollten. Während er versuchte, seine etwas widerspänstigen Haare in eine angemessene Form zu bringen, war er froh, dass Teruki ihn eingeladen hatte. Er hatte keine wirklich große Lust verspürt, den Rest seines ohnehin schon beschissen gelaufenen Geburtstages ganz allein in seiner Wohnung zu verbringen. Eigentlich hatte er für den Abend Kanon eingeplant, doch das konnte er sich nach der Aktion im Studio wohl abschminken und ihn jetzt anrufen...nein! Das kam überhaupt nicht in Frage. Schließlich war es Kanon, der sich bei ihm entschuldigen und auf ihn zugehen musste – und nicht er. Nachdem er einigermaßen zufrieden mit seinem Äußeren war, hatte er noch ganze zehn Minuten, bis das Taxi kam. Er wollte gerade schon wieder mit der etwas lästig gewordenen Angewohnheit, die sich Aufräumen nannte, anfangen, als das Telefon klingelte. //Ob das jetzt wohl Kanon ist?// Neugierig nahm Miku ab. „Móshimóshi, Tsukiyama?“ „Herzlichen Glückwunsch, Akiharu!“ „Arigatou!“ Miku seufzte leise. Nein, dies war nicht sein geliebter Kanon – auch, wenn sie momentan verkracht waren. Aber er freute sich sehr, die Stimme seiner Mutter zu hören. Während sie die neuesten Informationen austauschten, merkte er, wie künstlich das alles klang. Die Erinnerungen an all den Schmerz, den seine Familie ihm bereitet hatte und das traditionelle Silvesterfest auf Hokkaido im Restaurant seiner Eltern, welches er aus Angst, erneut verletzt zu werden, abgelehnt hatte, überkamen ihn. Ein erschreckender Gedanke kam Miku. Was, wenn er nie wieder so mit seiner Familie klar kommen würde wie noch vor anderthalb Monaten? „Mit Bou läuft es noch prima, oder?“ Miku schluckte. Er hatte vollkommen vergessen, dass seine Mutter noch nicht von all dem wusste, was in Europa alles passiert war. „Ähm...“ Er zögerte kurz. Sollte er es ihr wirklich sagen? Er hatte so seine Zweifel, doch auch nach all dem Ärger, den sie miteinander gehabt hatten, war sie immerhin noch seine Mutter. „Nein, wir haben uns schon vor Wochen getrennt.“ „Aber, Aki-chan.“ Die Stimme seiner Mutter klang ein wenig vorwurfsvoll. „Das klingt ja jetzt gar nicht nach dir. Ihr habt doch immer so gut zueinander gepasst und...“ Sie senkte ein wenig die Stimme. „Ich finde, dass ihr wie füreinander geschaffen seid – aber lass das bloß nicht dein Vater hören, dass ich das gesagt habe! Er ist nach wie vor etwas pessimistisch, was deine...na ja...du weißt schon....angeht, aber er liebt dich auch weiterhin, das kann ich dir versichern.“ „Danke für diese aufmunternden Worte, Okasan“, murmelte Miku leise und fühlte sich wieder deprimierter. „Wieso habt ihr euch eigentlich getrennt? Hast du jemand anderen?“ Manchmal konnte Miku die Neugierde seiner Mutter nur noch verfluchen. Er wollte nicht auf diese Fragen antworten und doch bewegte sich sein Mund wie von selbst und die Worte: „Bin jetzt mit Kanon zusammen“ kamen ihm leise über die Lippen. Und ohne seiner Mutter auch nur den Hauch einer Chance des Verabschiedens zu geben, sagte er hastig, dass er jetzt eine Verabredung habe und nun weg müsse. Dann legte er auf und mit einem kurzen Blick auf die Uhr stellte er ernüchternd fest, dass das Taxi unten schon längst auf ihn wartete. Und während er sich Jacke und Schuhe anzog und anschließend die Treppe herunterstürmte, fragte er sich, wieso er das gerade gesagt hatte. Klar, es war die Wahrheit – aber...er fühlte sich nicht gerade wohl, mit seiner Mutter über so etwas zu reden - ganz besonders nach ihrem heftigen Streit nicht. Als Miku die Bar, in der sie sich verabredet hatten, betreten hatte, schüttelte er sich, um sich von der beklemmenden Kälte zu befreien. Dann sah er sich suchend nach dem Drummer um. Zunächst konnte er ihn nicht entdecken, da die in schummriges Licht getauchte Bar wie immer ziemlich gut besucht war, doch dann sah er ihn. Er saß an einem der hinteren Tische und schien offenbar ziemliche Probleme zu haben, diesen auch frei zu halten. Sofort eilte Miku zu ihn und ließ sich ihm gegenüber auf den Stuhl sinken. „Hey!“ „Auf die Minute genau“, lobte ihn Teruki grinsend und richtete sich etwas auf. „Wie immer.“ Miku lachte. „Ich kann nichts dafür, das war Zufall!“ „Wie du meinst.“ Teruki winkte einen jungen Mann mit einem Tablett in der Hand, der auch prompt auf sie zukam. „Sie wünschen?“ „Ich hätte gern ein Bier und...“ Teruki sah Miku fragend an. „Was willst du?“ „Das gleiche.“ Der Kellner notierte sich dies und verschwand anschließend, um einen anderen Tisch zu bedienen. Miku sah sich nach einem bekannten Gesicht um, jedoch erfolglos. Die Kunden der Bar entsprachen nicht seiner Altersklasse, sie waren viel älter. Doch einen Vorteil hatte es. Hier konnte man in Ruhe reden, ohne Gefahr zu laufen, dass einer einen belauschte, und sie konnten hier auch kaum erkannt werden. „Was war heute eigentlich mit dir und Kanon los?“ Miku wandte sich wieder Teruki zu, der ihn interessiert musterte. „Na ja...“ Er zuckte mit den Schultern. „Er war nicht so gut drauf, hatte ich das Gefühl.“ „Kurz – ihr habt euch gestritten“, schlussfolgerte Teruki und traf damit genau ins Schwarze. Der Vocal blickte trüb auf den dunklen Tisch vor ihm, feststellend, dass da einer mit dem Taschenmesser herumgepult haben musste, als er das große und unförmige Loch sah. „Ja.“ Ihre Bestellung kam. Dankend nahmen beide jeweils ihr Bier. //Ich hätte mir doch etwas Warmes bestellen sollen...//, schoss es Miku durch den Kopf, als er einen Schluck trank und das ziemlich kühle Glas wieder zurück auf den Tisch stellte, damit seine Finger ihm nicht abfroren. „Er ist sauer auf mich, weil ich Bou alles über uns erzählt habe“, klärte Miku Teruki auf und senkte zugleich ein wenig den Blick. „Dabei verstehe ich ihn gar nicht. Er hat mir selbst gesagt, dass er es nicht allzu lang verschweigen möchte und jetzt ging es ihm zu schnell.“ Er sah den Älteren hilfesuchend an. „Ich weiß gar nicht, was ich jetzt machen soll. Er behandelt mich seit dem Streit als wäre ich Luft.“ Teruki nahm einen großen Schluck an seinem Bier und blickte dann unverwandt zum Vocal. „Vielleicht hättest du vorher mit ihm reden sollen.“ „Wie denn? Du hast mich doch kommentarlos aus dem Raum gezerrt!“ „Okay, ich gebe zu, dass ich da was falsch gemacht habe. Aber ich war so aufgebracht und entsetzt, was du Bou mit deinem Schweigen angetan hast.“ Miku überlegte kurz. „Ich glaube, wenn ich es Bou erst in ein paar Monaten erzählt hätte – falls ich dann noch mit Kanon zusammen wäre – hätte ich mehr Schaden angerichtet als jetzt. Er kann es auf den Tod nicht leiden, wenn man ihn anlügt.“ „Ja, aber du musst auch Kanon verstehen. Er liebt dich schon ziemlich lange und es war für ihn echt nicht einfach, seine Gefühle zu verbergen. Besonders in der Zeit, wo du und Bou zusammen waren, hat er richtig was einstecken müssen – und das kannst du im Leben nicht mehr gut machen. Ja, ich weiß, dass du damals noch nichts wusstest“, warf Teruki schnell ein, gerade als Miku etwas zu seiner Verteidigung äußern wollte. „Aber du solltest ihn mit Respekt behandeln.“ „Teruki, er hat mir gesagt, dass er mir nicht glaubt.“ „Inwiefern?“ „Na, dass ich ihn nicht wirklich lieben würde.“ „Das hat er gesagt?“, bezweifelte Teruki stirnrunzelnd und der Vocal nickte wahrheitsgemäß. „Hör mal.“ Teruki beugte sich seufzend zu ihm vor und sah ihn eindringlich an. „Nimm das nicht so ernst, er war ziemlich wütend. Da sagt jeder mal etwas falsches, nur um den anderen damit zu verletzen. Er würde so etwas nie von dir behaupten, er glaubt an dich.“ „Meinst du, es war meine Schuld, dass es zu diesem Streit kam?“, fragte Miku zögernd und sprach damit das aus, was ihn schon die ganze Zeit über beschäftigte. „Na ja...der Streit geht eigentlich auf Kanons Konto, er hätte nicht so ausrasten müssen. Aber ganz unschuldig bist du auch nicht. Ich an deiner Stelle würde auf eine Entschuldigung warten.“ „So, wie ich Kanon kenne, wird er sich erst in hundert Jahren entschuldigen“, murmelte Miku leise. Da er schon seit vielen Jahren sehr gut mit dem Schwarzhaarigen befreundet war, wusste er nur zu genau, wie störrisch dieser sein konnte. „Das wird er schon nicht“, versuchte Teruki ihn zu beschwichtigen und lächelte. „Ich glaube, er kann mit der Tatsache, mit dir verkracht zu sein, nicht länger leben als einen Tag. Warte es nur ab.“ „Arigatou.“ Miku lächelte leicht. Im Moment konnte er sich nicht wirklich vorstellen, dass Kanon sich jemals bei ihm entschuldigen würde. Doch das, was Teruki gesagt hatte, hatte ihn ein wenig aufgemuntert. Aber...was war, wenn Kanon sich stur stellte? „Was du auf gar keinen Fall tun solltest, ist, auf ihn zuzugehen“, warnte Teruki und las damit genau Mikus Gedanken. „Sonst wird er sich in Zukunft alles bei dir erlauben.“ „Vielleicht hast du Recht“, stimmte dieser ihm zu und nahm einen kräftigen Schluck von seinem Bier. „Ich habe Recht.“ „Das kannst du jetzt doch noch nicht so genau sagen.“ „Doch.“ „Wenn du meinst...“ „Miku.“ „Hai?“ „Denk immer positiv, dann wird es auch wahr.“ „Wenn du meinst...und danke.“ „Keine Ursache.“ „Teruki.“ „Hai?“ „Jetzt haben wir doch über Kanon geredet.“ „Ich weiß. Das war auch so geplant.“ Teruki grinste und Miku lächelte zurück. „Arigatou.“ „Und jetzt hör endlich auf, dich wie ein Irrer bei mir zu bedanken.“ „Gomen, Teruki.“ „Und dich für alles zu entschuldigen“, vollendete Teruki seinen Satz. „Das haben mir Bou und Kanon auch schon mal gesagt.“ „Dann wird es endlich Zeit, dass du auf uns hörst.“ „Ich werde mir Mühe geben.“ „Das will ich aber auch hoffen! Manchmal bist du einfach zu nett, setz dich mal durch!“ „Teruki.“ „Hai?“ „Da ich mich ja nicht mehr bedanken darf, sage ich es dir jetzt so: ich habe mich riesig über deine Einladung gefreut.“ „Ansonsten wärst du wohl auch nicht gekommen“, lachte Teruki und nahm den letzten Schluck Bier zu sich. „Nein, im Ernst. Ich hatte eigentlich Kanon eingeplant, aber das wurde dann ja nichts. Und seit dem Gespräch mit Bou und dem Streit mit Kanon habe ich das Gefühl, als hätte jeder vergessen, dass ich heute Geburtstag habe.“ Er sah Teruki verlegen lächelnd an. „Ich hatte auch nicht mehr mit irgendeiner Einladung oder so etwas gerechnet – bis du dann angerufen hast. Du und meine Mutter seid wohl die Einzigen, die heute an mich denken“, schloss er seufzend. „Hat sie dich angerufen?“, fragte Teruki neugierig. Er konnte sich noch zu gut an den Abend erinnern, an dem der Vocal ein klärendes Telefonat mit seinen Eltern wegen des Streits führen wollte, welches aber komplett nach hinten losgegangen war. Miku nickte und erzählte ihm, wie er sich während des Gespräches mit seiner Mutter gefühlt hatte. „Vielleicht solltest du einfach mal wieder nach Hokkaido fahren“, meinte Teruki, der sich das alles ruhig angehört hatte und sich über Mikus Gefühlsduseleien einfach nur noch wundern konnte. „Am Telefon kann man sich nie richtig aussprechen und es kommt auch nicht immer genau das rüber, was man eigentlich erreichen will.“ Miku drehte sein halbvolles Bierglas in der Hand hin und her, blickte gedankenverloren darauf. Er wusste, dass Teruki damit nicht ganz Unrecht hatte; und er wollte seine Familie auch mal wiedersehen. Schließlich war er an ihrem Familienfest an Silvester ja schon nicht aufgetaucht. //Meine Eltern haben den anderen bestimmt nicht erzählt, dass ihr Sohn mit einem Jungen zusammen ist...Wieso sollten sie? Ist doch nur peinlich...sie haben sich bestimmt alle gefragt, wo ich denn sei...was ihnen wohl erzählt wurde?...dass ich einen Gig habe?...// „Du hast Recht“, sagte er leise. „Ich werde hinfahren. Aber erst, wenn ich das mit Kanon und Bou geklärt habe; einen von beiden möchte ich nämlich mitnehmen. Alleine schaffe ich das nicht.“ „Hauptsache, du machst es“, meinte Teruki. „Hör mal, ich würde es echt klasse von dir finden, wenn du das wirklich machen würdest. Ich kann mir vorstellen, dass es schwierig für dich sein muss, ihnen wieder unter die Augen zu treten, aber eine richtige Aussprache kann dir nur helfen.“ „Ich weiß.“ Miku zündete sich eine Zigarette an und nahm einen kräftigen Zug. „Aber lass uns doch mal über etwas anderes reden.“ „Und über was?“ „Na, über dich, zum Beispiel!“ Miku lachte. „Was gibt’s denn da zu bereden?“ „Wie steht’s mit Sonoko?“ Teruki lächelte verlegen. Kapitel 22: Plötzlich Angst --------------------------- nya~ erstmal ein dickes arigatou an meine beta-leserin _-Bou-chan-_ *knuddl* es gibt hier übrigens wieder einen flashback, der hat aber NICHTS mit den anderen zu tun! der bezieht sich auf kapitel 21! ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Kapitel 22: Plötzlich Angst Ein schrilles Klingeln weckte ihn. Verschlafen tastete er mit der Hand nach seinem Wecker, um diesen ruhig zu stellen. Dann rollte er sich auf die andere Seite, kuschelte sich wieder in seine warme Decke und versuchte, wieder einzuschlafen. Doch irgendetwas in ihm sagte, dass er gerade dabei war, ein weiteres Mal zu verschlafen. Mit dem Gehirnteil, was schon einigermaßen wach war, versuchte Miku, sich an das zu erinnern, weshalb er jetzt besser aufstehen sollte. //Geburtstag hatte ich gestern...Weihnachten ist erst wieder in 354 Tagen...Silvester in 360...aber was kann denn heute sein???...hmm....heute ist der 6. Januar...hmm...hat heute jemand Geburtstag?...nee...kann nicht sein...ist heute etwa...// „Die erste Probe!“, rief er völlig geschockt, starrte noch einmal auf den Wecker - der ihm sagte, dass in etwa zwanzig Minuten sein Bus fuhr. Miku schreckte auf und versuchte sich hastig aus seiner Decke zu befreien, was aber nur darin endete, dass er sich in seiner Hektik mit seinen Beinen darin verhedderte und knallhart auf den eisigen Boden fiel. „Autsch!“, stieß er wütend hervor, während er sich schnell aus der Decke befreite, sich die nächstbesten Klamotten schnappte und ins Bad sprintete. In Windeseile wusch er sich die Haare, da er es am gestrigen Abend nicht mehr hingekriegt hatte – er und Teruki waren bis zwei Uhr morgens in der Bar gewesen und dem Älteren war es zu verdanken, dass es beim Vocal nur bei noch zu ertragenden Kopfschmerzen geblieben war – und föhnte sich diese, während er sich zugleich die Zähne putzte und sich dezent schminkte (und da sag einer noch, dass Jungs nicht alles gleichzeitig könnten xDD). Bevor er in den Flur raste, wo er sich Jacke und Schuhe anzog, griff er noch nach seiner Tasche. Dann sauste er wie der Blitz das Treppenhaus hinunter. Unterwegs lief er beinahe noch Takehito-san um, die mit vollbepackten Einkaufstaschen ihm im dritten Stock entgegenkam. „Sorry, bin spät dran!“ „Aber, Miku-kun! Es ist doch nichts passiert.“ Miku war schon eine Treppe weiter, als er auf dem Absatz kehrt machte und seine alte Nachbarin wieder einholte. „Nanu?“, murmelte sie, als ihr plötzlich die Einkaufstaschen aus der Hand gerissen wurden und Miku diese im Dauerlauf zwei Treppen höher vor ihrer Wohnung platzierte. Dann lief er wieder nach unten, kassierte sich ein „Arigatou“ von Takehito-san und raste über den mit Eis überzogenen Bürgersteig schliddernd zur Bushaltestelle, wo der Bus gerade losfahren wollte. „Haaalt!!!“ Winkend und rufend machte Miku auf sich aufmerksam und der Bus stoppte. Atemlos stieg der Vocal ein. „Arigatou.“ „So langsam wird das bei Ihnen echt zur Gewohnheit.“ Der Busfahrer, den er auch am Tag zuvor gehabt hatte, schmunzelte, als Miku das Ticket löste. Miku schenkte ihm nur ein müdes Lächeln und setzte sich auf einen der hinteren Plätze. Während er von der Bushaltestelle zum Proberaum lief, überlegte er, wie er jetzt am Besten Kanon begegnen sollte. Und er fragte sich auch, ob sich dieser wieder beruhigt hatte – er hoffte es stark. Als er die Tür öffnete und eintrat, kam sofort ein blondes Wesen auf ihn zu. „Mikuuuu!“ „H-hey, Bou”, ächzte Miku, der von dem Blondschopf mal wieder richtig durchgeknuddelt wurde, und umarmte ihn ebenfalls – wenn auch sanfter. „Wie geht’s?“ „Supi!“ „Wirklich?“, fragte Miku ein wenig skeptisch. Nur zu genau hatte er noch vor Augen, wie aufgelöst Bou am vorigen Tag noch gewesen war. Bou ließ den Vocal los und sah ihn beruhigend an. „Ja, wirklich. Mach dir mal keine Sorgen, ich schaffe das schon; Kanon und ich haben miteinander geredet.“ „Nani? Du und Kanon habt...was?“ „Geredet.“ „Und über was?“ „Das bleibt geheim.“ Bou streckte ihm frech die Zunge raus und hüpfte zum anderen Ende des Raumes. Dort angekommen riss er die Tür zum Nebenraum auf und rief: „Hey, unser letzter Mann ist eingetroffen!“ „Endlich!“, konnte Miku die erleichterte Stimme des Drummers hören. „Geht das noch lauter?“, kam es knurrend von Kanon, welcher dann auch im Türrahmen erschien. Als er Miku entdeckte, blieb er wie angewurzelt stehen und starrte ihn an, als ob er ihn noch nie im Leben gesehen hätte. Das machte den Vocal nervös und er wollte gerade etwas sagen, um die Stimmung etwas aufzulockern, als der Schwarzhaarige ihm zuvorkam. Ein Lächeln huschte in Kanons Gesicht „Hey.“ „Uhm...hi, Kanon“, sagte Miku unbehagen. „Miku! Kanon!“ Die Angesprochenen – oder besser gesagt, die Angeschrienen – wandten sich fragend dem kleinen Blondschopf zu, der sich mit seiner Gitarre im Schoß haltend auf den Boden gesetzt hatte und ärgerlich zu ihnen hinaufstierte. „Jetzt seid nicht so verkrampft! Ich werde mir schon nichts antun, nur wenn ihr euch mal umarmt!“ „Jetzt echt nicht?“, kam es verwundert von Kanon, ein erleichtertes Lächeln umspielte seine Lippen. „Kanooon?!“, sagte Bou zähneknirschend und hatte seine Gitarre so in die Hand genommen, als wolle er sie nach dem Schwarzhaarigen werfen, als er sich doch anders entschied und diese wieder schützend vor sich auf seine Beine legte. „War nur’n Scherz“, verteidigte sich der Bassist schnell. Dann kam er auf Miku zu und umarmte ihn. Miku schloss ihn ebenfalls in die Arme. „Der kann einem echt auf die Nerven gehen, was?“, raunte Kanon ihm leise ins Ohr. „Nee, wie kommst du drauf?“ Miku lächelte. „Hey! Ich kann alles hören!“, kam es protestierend von dem kleinen Blonden, welcher jedoch gar nicht mehr beachtet wurde und daraufhin sich schmollend der Pflege seiner Gitarre hingab. „Tut mir Leid, dass ich dich gestern angeschrien habe“, flüsterte Kanon in das Ohr seines Geliebten und fuhr ihm sanft über den Rücken. „Schon vergessen.“ „Und es tut mir Leid, dass ich deinen Geburtstag versaut habe.“ „Das hast du doch nicht.“ Kanon drückte ihn ein wenig von sich weg und sah ihn ein wenig verwundert an. „Hat es dir etwa nichts ausgemacht, dass ich gestern nicht mit dir zusammen gefeiert habe?“ Miku lächelte verlegen. „Doch, hat es.“ „Kommst du nach der Probe mit zu mir?“ Der Vocal nickte zustimmend und sein Herz machte vor Freude einen Hüpfer. Teruki hatte also doch Recht gehabt mit seiner Vermutung, dass Kanon es nicht länger als einen Tag aushalten konnte, mit ihm verkracht zu sein. „Leute!“ Das war die energische Stimme ihres Drummers. „Wir müssen proben!“ „Schon unterwegs!“, riefen Kanon und Miku wie im Chor und eilten auf ihre Plätze. Bou, der sich standhaft geweigert hatte, aufzustehen, schloss seine Gitarre an und legte zum Einspielen sein Solo von Snow Scene hin. „Miku.“ Der Angesprochene sah den Bassisten, welcher ihn unter einem belustigten Blick musterte, fragend an. „Wann bist du heute eigentlich aufgestanden?“ „Uhm...wieso?“ „Frag mal Teruki. Der lacht sich schon die ganze Zeit halb tot.“ „Nani?“ Miku sah zum Drummer, der ihm hinter seinem Schlagzeug ein breites Grinsen schenkte. Es stimmte, irgendetwas fanden die beiden urkomisch. Nur was? „Bou-chan, findest du mich nicht komisch?“, fragte Miku den Blondschopf, der der Einzige war, der sich nicht seltsam verhielt. Bou hörte mit seinem Gitarrenspiel auf und sah ihn verwirrt an. „Nee, wieso denn?“ Dann grinste er. „Ich finde dich nur total süß. Du solltest öfter mal so rumlaufen.“ „Deine Frisur sieht echt Hammer aus. Wie hast du die hinbekommen?“, wollte Teruki lachend wissen. „Ups“, kam es leise vom Vocal, als ihm einfiel, dass er in der Eile völlig vergessen hatte, sich tonnenweise Haarspray in die Haare zu sprühen, da seine Haare sonst immer sofort abstanden. //Ich muss aussehen wie ein Igel...// Schnell fuhr er sich durchs Haar, versuchte, den Schaden wenigstens einigermaßen zu reparieren. „Lass es doch so, das sieht nicht schlecht aus“, grinste Teruki. „Und dein Outfit ist irgendwie...“ „...unglaublich sexy“, kam es gleichzeitig von Bou und Kanon. Miku spürte, wie ihm eine leichte Röte ins Gesicht schoss. Er grinste. „Na ja...Oshare kei eben.“ „Das kannst du laut sagen.“ Kanon und Bou fingen an zu lachen und Miku stimmte mit ein, obwohl er innerlich mit der Frage beschäftigt war, was mit ihnen los war. Schließlich hatten sich der Bassist und der Gitarrist in den letzten Monaten nur gezofft und waren nervenzerreißend gewesen – und es war am Ende ja auch zu einigen Schlägen gekommen. Selbst während und nach dem Photo-Shoot war Miku nicht entgangen, welch gefährliche Spannung zwischen geherrscht hatte. Man hatte sie förmlich knistern hören. Und was war jetzt? Jetzt waren sie gemeinsam am Lachen und schienen nicht den Anschein zu machen, als wären sie noch in irgendeiner Weise wütend oder verletzt – ja, es schien, als wäre nichts zwischen ihnen gewesen, als wären sie immer die besten Freunde. Und genau das war es, was Miku während der ganzen Probe am Grübeln hielt. Als sie endlich gehen durften, war es bereits am dämmern und ein eisiger Wind hatte sie auf dem Weg von der Bushaltestelle zu Kanons Wohnung ordentlich frieren lassen. Kaum im Warmen angekommen, ließ sich der Schwarzhaarige vorne rüber erschöpft auf die Couch in seinem Wohnzimmer fallen. „Ich bringe Teruki um“, murmelte er leise und seufzte schwer. „Mach das bloß nicht“, lachte Miku leise. Auf eine andere Lautstärke gehen wollte er nicht, da er ein leichtes Kratzen in seinem Hals verspürte. „Er ist ein prima Leader, ohne ihn wäre AnCafé nichts.“ „Stimmt.“ Kanon drehte sich auf den Rücken und blickte zum Vocal auf, der neben der Couch stand. „Wir haben bis zum Umfallen geprobt und du bist fast heiser. Klar, er ist ein prima Leader.“ „So schlimm ist es nun auch wieder nicht“, lachte Miku und ließ sich auf den Teil der Couch nieder, der noch nicht von Kanon eingenommen worden war. Er packte den Vocal am Arm und zog diesen zu sich runter, sodass Mikus Kopf nun dicht über seinem war. Er lächelte. „Mir gefällt es nicht, wenn du da hinten sitzt. Hier hast du es doch viel gemütlicher.“ „Auch wieder wahr“, sagte Miku verlegen und erspürte, wie eine leichte Röte in sein Gesicht schoss. Sein Herz wollte einfach nicht aufhören zu rasen und er konnte seinen Blick nicht von diesen tiefschwarzen und zugleich geheimnisvollen Augen abwenden. Das brachte Kanon zum Schmunzeln und er stupste dem Vocal mit dem Finger kurz auf dessen Nasenspitze. „Du bist echt süß, weißt du das?“ „Uhm...Kanon, ich...“ Doch der Vocal kam erst gar nicht dazu, seine Verteidigung auszusprechen, denn der Schwarzhaarige hatte ihm bereits die Lippen auf die seinen gepresst. Mikus Herz drohte einen Salto rückwärts zu machen, gierig erwiderte er den Kuss, eröffnete ein heißes Zungenduell. Daraufhin legte Kanon ihm eine Hand in den Nacken und zog ihn weiter zu sich runter. Leise in den Kuss hineinseufzend schloss Miku die Augen und genoss es in vollen Zügen, doch dann drehte sich Kanon mit Miku so, dass der Vocal nun unter ihm lag. Dieser ließ es über sich geschehen und nutzte die Chance, seine Arme um seinen Freund zu schlingen. Nach einer Weile machte Miku Anstalten sich zu lösen, doch Kanon hatte dies entweder nicht registriert oder ignorierte es einfach. Seine Bewegungen wurden immer stürmischer und ungehaltener. Miku keuchte leise und versuchte, ihn vorsichtig von sich wegzudrücken, doch er war zu schwach und mehr Kraft aufwenden wollte er nicht; aus Angst, den Bassisten zu verletzen. „Kanon, bitte“, murmelte Miku, als dieser gerade eine kurze Atempause anlegte, jedoch hörte der Bassist nicht auf ihn. Während er ihn unaufhörlich weiterküsste, fuhr er mit seiner Hand vom Nacken, in dem sie bisher geruht hatte, über seinen Hals zu seiner Brust. Dort verharrte sie kurz. Plötzlich schien Mikus Herz stehen zu bleiben, als diese unter sein Shirt wanderte und dort auf seinem Bauch einen eisigen Schauer hinterließ. Miku konnte nicht sagen, ob es ihm gefiel oder nicht; es hätte ihm garantiert gefallen, doch Kanons schnelle und ungehaltene Bewegungen riefen in ihm nur Angst hervor. Er stöhnte in den Kuss hinein, während er versuchte, sich erneut vom Schwarzhaarigen zu trennen, doch dieser schien dies gar nicht wahrzunehmen. Erst, als die Hand weiter nach oben kroch und dies ein plötzliches Feuerwerk aus gemischten Gefühlen, darunter Angst und Verlangen, in ihm auslöste, traute er sich, ihn mit all seiner Kraft von sich zu stoßen. Kanon, der darauf gar nicht vorbereitet gewesen war, landete an den Füßen des Vocals, der sich heftig atmend an die Brust gefasst hatte, und starrte diesen erschrocken an. Miku wich seinem Blick aus. Er spürte, wie ihm Tränen in die Augen stiegen und wollte nicht, dass Kanon diese sah. Seine Hand ruhte noch immer an seinem Herz, das einfach nicht aufhören wollte zu rasen. Kanon brauchte einen Augenblick, bis ihm klar wurde, dass er Miku mit seinem Verhalten verletzt haben musste. Sein Blick wurde traurig und niedergeschlagen. „Was habe ich falsch gemacht?“, fragte er verzweifelt. „Du…du warst so…“ Miku stockte und Kanon, dem es nicht entgangen war, wie sehr seine Stimme am Zittern war, legte seinen Kopf auf die Seite und beugte sich ein wenig vor, sodass er ihm ins Gesicht sehen konnte. Und das, was er sah, versetzte ihm einen Stich in die Brust. „Miku. Warum weinst du denn?“ Dieser wollte antworten, doch er wusste nicht, wie er seine momentane Gefühlslage in Worte fassen konnte. In dem Moment, als Kanons Küsse stürmischer geworden waren, hatte ihn die Panik überkommen; Panik, dass er nicht mehr aufhören würde. Und auch jetzt fürchtete er sich vor ihm. Was, wenn er jeden Augenblick wieder auf ihn losging? Miku sprang auf, doch seine Beine waren so sehr am Zittern, dass sie ihn nicht weit trugen. Der Schwarzhaarige kam auf ihn zugerannt und hatte ihn bereits am Arm gepackt, um ihm aufzuhelfen, doch Miku schlug seine Hand weg. „Lass mich bitte.“ Er sprang auf und eilte in den Flur, wo er sich seine Jacke schnappte, in seine Schuhe schlüpfte und anschließend die Wohnungstür hinter sich mit einem leisen Knall ins Schloss fallen ließ. Er polterte die Treppe herunter und rannte durch den Regen die Straße entlang. Sein Herz war immer noch unaufhörlich am Rasen und auch seine Angst war nicht verschwunden. Erst als seine Lunge zu platzen schien und er gewaltige Seitenstechen bekam, blieb er stehen. Miku lehnte sich an den dicken Stamm eines Baumes, der am Straßenrand stand, und versuchte, sich wieder in Griff zu bekommen. Das Laufen hatte ihm gut getan, doch in ihm tobte noch immer ein Gefühlschaos. //Was ist nur in Kanon gefahren?//, schoss es ihm durch den Kopf, während der Regen unaufhörlich auf ihn einpeitschte. //Ich dachte, er liebt mich. Aber warum macht er dann so was? Spätestens beim Versuch, ihn wegzustoßen, hätte er doch aufhören müssen…hat er das etwa nicht gemerkt? Ich verstehe es einfach nicht…und wie soll ich ihm jetzt unter die Augen treten? Ich bin ja einfach so weggerannt….// Seufzend setzte er seinen Weg fort. Er wusste, wohin seine Füße ihn trugen; wusste auch, dass es noch ein ziemlich weites Stück zu laufen war. Doch das machte ihm nichts aus. Vielleicht kam er so auf andere Gedanken. ***FLASHBACK*** Die Fahrt vom Studio nach Hause fand der kleine Blondschopf einfach nur langweilig. Keiner sprach ein Wort, auch Teruki hatte - außer seiner kleinen, etwas boshaften Ansprache - stumm und abwesend aus dem Fenster gestarrt. Okay, was sollte man auch groß sagen, wenn jeder, kaum hatte er den Mund geöffnet, auf dem anderen rumhackte? Er seufzte leise. //Wie kann Miku mir so was nur antun? Gut, es ist seine Entscheidung, wenn er mit Kanon zusammen sein will und sie scheinen ja auch glücklich zu sein, nur...hätte er mir das denn nicht sofort sagen können? Ich verstehe ja, dass er davor Angst hatte...und es hat mich richtig verletzt, zu erfahren, dass er Kanons Gefühle erwidert....auch, wenn es gedauert hat, bis er es eingesehen hat. Aber ich würde mir nie etwas antun! Ich will Miku schließlich nicht wehtun!...das in Paris war ein Unfall...Ich will, dass er glücklich ist, verdammt!// Der große Tour-Bus hielt vor Mikus Wohnung. „Ciao, Leute“, verabschiedete sich dieser mit matter Stimme, während er die Tür öffnete und ausstieg. „Bye“, kam es von Teruki. „Ciao“, sagte Bou und versuchte, zu lächeln. Zufrieden sah er, wie Miku ihm ein aufmunterndes Nicken zuwarf, bevor er kehrt machte und durch den Regen zum Haus lief. Der Bus fuhr wieder an und während sie noch fuhren, sah Bou Miku hinterher, der mittlerweile vor der Eingangstür stand und offenbar nach seinem Schlüssel suchte. Sie fuhren um eine kleine Kurve und der Blondschopf musste seinen Kopf weiter nach hinten drehen. Doch dann stockte er, als Kanons Gesichtsausdruck erblickte, welches undurchdringlich und ausdruckslos war. Seine Augen starrten an Bou vorbei nach vorne, doch dem Blondschopf entging nicht, dass in ihnen die kalte Wut lag. Im Gesamten fand der Gitarrist, dass er nicht wirklich gut aussah. //Mein Gott, man könnte meinen, er wäre der nächste Michael Jackson...//, schoss es Bou durch den Kopf, während er sich wieder nach vorne umdrehte. Keine zehn Minuten später hielt ihr Fahrer vor dem Wohnblock, in dem die Wohnung des Blondschopfes lag. „Macht’s gut, Leute“, verabschiedete sich dieser von Kanon und Teruki und stieg aus. Er wollte schon auf die Eingangstür zugehen, als er hinter sich Kanons Stimme rufen hörte. „Warte!“ Irritiert drehte sich Bou zu ihm um – nur um zu sehen, wie die nächste Michael-Jackson-Version mit seiner Tasche, die er sich wohl in aller Eile über die Schulter gestreift haben musste, schnell auf ihn zueilte. „Was ist?“, fragte Bou, ein wenig kühler, als er beabsichtigt hatte. Kanon hatte dazu angesetzt, ihn wieder anzubrüllen, zwang sich dann doch innerlich wieder zur Ruhe und sagte: „Können wir mal in Ruhe miteinander reden?“ Bou runzelte die Stirn. „Was gibt es denn da groß zu bereden? Ist doch schön, wenn du endlich mit Miku zusammen bist und ihr miteinander glücklich seid und - “ „Ich bin eben nicht so glücklich, wie ich eigentlich sein sollte“, unterbrach ihn Kanon, packte den Blondschopf am Arm und zog ihn zur Tür, welche Bou daraufhin aufschloss und sie eintraten. Bou sagte daraufhin nichts. Schweigend stiegen sie die Treppe hoch in den fünften Stock. Während er seine Wohnungstür aufschloss, überlegte er, wieso Kanon mit Miku nicht glücklich war – schließlich hatte er sich doch nichts anderes herbeigesehnt als dass seine Gefühle erwidert wurden. Und das taten sie doch, oder? Bou wusste nicht mehr, was er so recht glauben sollte. Sie betraten seine Wohnung, welche zwar recht klein, aber dennoch gemütlich und farbenfroh eingerichtet worden war. Kanon ließ sich, nachdem Jacke und Schuhe ausgezogen worden waren, aus der blauen Couch sinken. „Willst du was zu trinken?“, fragte Bou, der trotz der Streitereien mit Kanon seine höflichen Manieren nicht verlernt hatte. Der Schwarzhaarige schüttelte ablehnend den Kopf und der Gitarrist setzte sich zu ihm, allerdings mit einem kleinen Sicherheitsabstand. Vorsichtig beäugte er seinen Bandkollegen, welcher seine Michael Jackson ähnliche Aura längst abgelegt hatte und nun gedankenverloren den kleinen Eisbären musterte, der neben ihm auf der Kommode stand, daneben ein Bild von AnCafé, das nach ihrem allerersten Konzert aufgenommen worden war. „Kanon, was meintest du gerade damit?“ „Womit?“ Der Bassist hatte sich fragend zu ihm umgewandt. „Du meintest, dass du mit Miku nicht so glücklich wärst, wie du es eigentlich sein solltest“, meinte der Blondschopf. „So ist es auch.“ Kanon zögerte kurz. „Uhm...ich glaube, dass er mich nicht wirklich liebt.“ Bou sah ihn geschockt an. Das hatte er nicht erwartet. „Aber Kanon! Wieso? Selbst ich sehe es doch!“ Dieser lachte leise, doch es klang eher ironisch. „Es gibt Momente, da denke ich, er hätte wirklich nur Augen für mich und dass er alles für mich tun würde. Aber er denkt einfach nicht nach, bevor er handelt.“ Sein Blick verdüsterte sich. „Er hat mich zum Beispiel nicht gefragt, ob wir Teruki von unserer Beziehung erzählen sollten – und hat es ganz alleine gemacht. Das ist so unfair! Möchtest du denn nicht dabei sein, wenn andere von deiner Beziehung mit irgendjemandem erfahren?“ „Doch, das war ja auch mit Miku so.“ „Siehst du?“, seufzte Kanon. „Bei mir war das nicht.“ „Aber Kanon! Das ist doch kein Weltuntergang!“, rief Bou irritiert. Da Miku sein erster richtiger Partner gewesen war, war er noch nie in so einer Situation wie Kanon gewesen und konnte es von daher nicht nachempfinden. „Es gibt in jeder Beziehung Fehler. Sowohl kleine als auch große. Es ist menschlich, Fehler zu machen! Bei mir und Miku gab es auch mal die ein oder andere Verständnisschwierigkeit, aber das ist normal. Ihr seid jetzt gerade mal zwei Wochen zusammen, davon habt ihr euch die Hälfte schon nicht gesehen. Eure Beziehung ist doch noch am Anfang, sie entwickelt sich noch. Gebt euch Zeit. Und gib vor allem Miku Zeit! So, wie ich ihn kenne, überstürzt er mal wieder alles. Wenn er sich erst einmal ein Gefühl eingeredet hat, dann ist es schwer, es wieder aus ihm herauszu- prügeln. Was ist?“ Kanon hatte ihn mit einem Blick angesehen, als wollte er gleich nach dem Telefon greifen, um schnell eine Zwangsjacke zu beordern. „Bou, ich will dir ja nicht zu nahe treten, aber...“ Er zog zweifelnd eine Augenbraue hoch und betrachtete den Blonden skeptisch. „Du weißt schon noch, dass du selbst mal mit Miku zusammen warst und ihn auch noch immer liebst? Zumindest sagst du uns das immer.“ „Natürlich weiß ich das alles noch! Als ob ich so etwas jemals vergessen würde....für wen hältst du mich eigentlich?“, murmelte er, immer leise werdend und den Bassisten neben sich bedrohlich anstarrend. „Ich wollte nur noch mal sicherstellen, dass das auch wirklich stimmt. Weil das, was du gerade gesagt hast, hat sich so angehört, als ob du uns...na ja....wie soll ich sagen...den Segen für unsere Beziehung gegeben hättest“, äußerte Kanon seine Gedanken, auch wenn er selbst fand, dass es sich ziemlich abstrakt geklungen hatte. „Kanon. Ich hatte dass doch schon in Helsinki gesagt“, maulte Bou, der sich irgendwie missverstanden fühlte. „Gerade weil ich es akzeptiere, habe ich auf den Fanservice zwischen euch bestanden. Denkst du, ich habe das damals nur aus Spaß gesagt? Es war zwar nicht leicht, dass ihr das dann auch wirklich gemacht habt, aber ich denke, dass es Miku ein wenig geholfen hat, seinen Gefühlen klar zu werden.“ Kanon wusste nur zu genau, wie der Gitarrist in den letzten Wochen gelitten haben musste. Schließlich hatte er ganze sechs Monate unter dem gleichen Schmerz leiden müssen – von all den Jahren davor wollte er gar nicht anfangen zu denken. Beschämt senkte er den Kopf. „Bou, es tut mir schrecklich Leid, wenn du wegen meinem Fehler, den ich mit meinem Kuss auf dem Eifelturm begangen habe, gelitten hast. Ich kann das nicht wieder gutmachen.“ „Genau so wenig kann ich das, was ich dir angetan habe, nicht mehr rückgängig machen“, sagte Bou. „Das gleicht sich aus, wir sind quitt.“ Kanon lächelte matt und schwieg. Während sie sich gegenseitig anschwiegen und den jeweils anderen aus den Augenwinkeln her verstohlen beobachteten, konnte man den Sekundenzeiger der Uhr, die schräg neben ihnen an der Wand hing, unaufhörlich ticken hören. „Uhm...Kanon? Ich nehme an, dass das nicht der Grund war, weshalb du mit mir reden wolltest“, sagte Bou nach einer Weile, als er das Schweigen nicht länger ertragen konnte, und blickte fragend zum Schwarzhaarigen. Dieser sah so aus, als wäre er mit sich selbst am Kämpfen, ob er es nun sagen sollte oder nicht, bevor er tief Luft holte und meinte: „Du hast Recht. Ich bin eigentlich wegen etwas ganz anderem hier.“ „Und? Sagst du es mir jetzt oder nicht?“ „Doch, keine Sorge.“ Kanon lächelte leicht, doch dann wurde sein Gesichtsausdruck wieder ernster, als er den Blondschopf neben sich anblickte. „Ich möchte, dass wir aufhören, uns zu streiten. Ich will, dass wir uns wieder vertragen.“ Bou hatte gewusst, dass so etwas in der Art irgendwann einmal kommen musste, doch er hatte es nie für sehr realistisch gehalten; es war eher eine Wunschvorstellung gewesen. „Es wird aber nie so sein wie früher, das weißt du.“ Er sah ihn eindringlich und zugleich traurig und niedergeschlagen an. //Früher haben wir uns so gut verstanden...es ist schade, dass das nun der Vergangenheit angehören soll. Ist aber besser, als wenn wir uns nur streiten...mein Gott! Wir hätten uns bestimmt noch eines Tages gegenseitig umgebracht, wenn Miku nicht gewesen wäre...// „Ja, das weiß ich. Und auch, dass das nicht einfach sein wird“, bedachte Kanon mit einem leichten Nicken. „Selbst wenn wir nicht bereit wären, für uns damit aufzuhören, sollten wir es für Miku tun.“ „Stimmt.“ Bou lächelte. „Wir lieben ihn schließlich beide; von daher müssten wir eigentlich in Sachen Miku besonders einer Meinung sein.“ „Gut, dann wäre das schon mal geklärt“, sagte Kanon zufrieden klingend und Bou hatte erneut das Gefühl, als ob das noch nicht alles war. Kaum hatte er dazu angesetzt, seine Frage zu äußern, als der Bassist mit ernster Stimme fortfuhr, dieses Mal jedoch wich er dem Blick des Blondschopfes gezielt aus. „Können wir uns vielleicht darauf einigen, dass es uns beiden nur um Mikus Wohl geht?“ Bou nickte irritiert. „Klar, das habe ich doch gerade gesagt und - “ „Dann müsstest du auch damit einverstanden sein, dass es uns beiden eigentlich egal sein sollte, mit wem er zusammen ist.“ Bou hatte das Gefühl, als würde sein Herz zunächst einen Salto schlagen, tief in seine Hose rutschen, um seinen Zehenspitzen Hallo zu sagen, und dann stehen bleiben. „Uhm...Kanon, ich...“ „Bou.“ Der Schwarzhaarige strich sich eine Strähne aus dem Gesicht und verringerte den Abstand zwischen ihm und Bou auf einige Zentimeter. Er sah ihm schon fast flehend in die kleinen Rehaugen. „Ich möchte, dass wir Freunde bleiben – egal, was passiert. So, wie ich Miku kenne, könnte er jeden Augenblick wieder zu dir rennen. Und ich habe keine Lust, dass wir uns nur streiten; das geht ziemlich auf den Magen und auf die Laune. Und AnCafé musste besonders während unserer Europa-Tournee darunter leiden. Wir sollten eine Abmachung treffen, dass wir uns gegenseitig nicht mehr verletzen – um Mikus Willen.“ Bou konnte sich noch zu genau an das erinnern, was für depressive Gedanken der sonst so quietschig gut gelaunte Vocal auf dem Zettel niedergeschrieben hatte, den er ein paar Stunden nach seiner Trennung von ihm gefunden hatte. Er nickte. „Und wir werden uns gegenseitig unterstützen, ihn glücklich zu machen – auch, wenn es uns gewaltig Nerven kosten wird.“ „Einverstanden.“ Kanon hielt ihm seine rechte Hand hin und Bou schlug ein. Mit einem Schlag fühlten sich beide erleichtert. Der Blondschopf hatte zwar fast die gleiche Idee gehabt wie der Bassist, doch er hatte sich nicht getraut, diese auch auszusprechen – aus Angst, Kanon könnte mit einem Messer auf ihn losgehen. Doch nun wusste er, dass dieser noch nicht einmal daran denken würde. „Kanon.“ „Hai?“ „Tust du mir dann bitte einen Gefallen?“ „Klar, welchen denn?“ „Entschuldige dich bei Miku.“ Kanon lächelte. „Keine Sorge, ich habe eh schon ein riesig schlechtes Gewissen.“ ***FLASHBACK ENDE*** Es war spät am Abend und es regnete. Bou hatte sich gerade etwas zu Essen gemacht, als es klingelte. Verwundert, wer das jetzt noch sein könnte, ging er zur Tür und öffnete sie. Und das, was er sah, schockte ihn. „Miku!“ Schnell packte er den völlig durchweichten und nassen Vocal in seine Wohnung und half ihm aus der Jacke. „Warum bist du so nass?“ Miku schüttelte seine Haare. Tausend kleine Wasserperlen verteilten sich auf Boden, Wand und dem Blondschopf. „Vielleicht, weil es draußen regnet?“, murmelte er leise, doch Bou entging nicht, dass er ziemlich schlecht gelaunt klang. „Komm mal mit.“ Und ohne ihm auch nur einen Hauch einer Chance zum Abhauen zu geben, griff er abermals nach seinem Arm und zog ihn quer durchs Wohnzimmer ins Bad. Dort nahm er ein Handtuch und machte sich dran, Mikus Haare wieder trocken zu kriegen. „Bou. Lass das!“, protestierte dieser, dem das ziemlich unangenehm war, und hatte schon dazu angesetzt, einen Fluchtversuch zu unternehmen, doch Bou holte ihn sich prompt wieder zurück. „Du erkältest dich noch, wenn du sie so nass lässt“, erklärte er, während er weiterrubbelte. Grummelnd verschränkte Miku seine Arme und ließ es einfach über sich ergehen. Er fühlte sich wie ein Dreijähriger, der nach dem Baden von seiner Mutter fürsorglich abgerubbelt wurde. Nach ein paar Minuten war Bou mit seiner Arbeit zufrieden und legte das Handtuch beiseite. „So, das hätten wir.“ Wortlos trat Miku ein paar Schritte vorwärts und blickte in den Spiegel – allerdings hielt er den Anblick seines Spiegelbildes nicht länger als eine halbe Sekunde aus und ging schnell ins Wohnzimmer, wo er sich zusammengekauert auf die Couch setzte. „Ich seh’ aus wie ein Igel“, murmelte er traurig, nachdem Bou ihm gefolgt war und sich neben ihn gesetzt hatte. Der Blondschopf seufzte leise und betrachtete den Vocal, wie er vor sich hinstarrte. „Ist eigentlich alles in Ordnung mit dir?“, fragte er besorgt. Er hatte seinen Freund lange nicht mehr so niedergeschlagen erlebt und Bou hatte das seltsame Gefühl, als dieser beim kleinsten Fehler zerbrechen würde. „Bou?“ „Hai?“ Miku sah ihn bittend an. „Nimmst du mich mal in den Arm?“ Bou stutzte, doch er gehorchte. Er krabbelte zu ihm und schlang seine Arme um ihn. Ganz instinktiv fuhr er ihm sanft über den Arm und der Körper des Vocals bebte leicht. Während Bou ihn noch mehr an sich drückte, fragte er sich nun umso mehr, was mit ihm los war. Doch er kam erst gar nicht dazu, seine Frage zu äußern. „Ich habe Angst vor Kanon“, murmelte Miku leise und vergrub seinen Kopf an Bous Schulter. „Aber wieso denn? Er liebt dich doch und er würde nie etwas machen, was du nicht möchtest“, meinte Bou irritiert. „Falsch.“ Und Miku erzählte ihm von dem Kuss, der anfangs so schön war und dann in einer Katastrophe geendet hatte. Als er bei Bou angekommen war, hatte er zunächst eine Weile vor dessen Tür gestanden und sich gefragt, ob er wirklich zu ihm gehen sollte. Es war ihm ein wenig unangenehm, gerade mit diesem Problem zum Blondschopf zu laufen, doch dieser hatte doch darauf bestanden, dass er mit ihm redete. Und er hatte ihn nicht erneut verletzen wollen, es wäre ihm eh am nächsten Tag bei der Probe aufgefallen, dass etwas mit seinem geliebten Vocal nicht stimmte. „Ach, Miku.“ Bou seufzte. „Ich weiß auch nicht, was Kanon da geritten hat. So, wie ich ihn kenne, hat er mal wieder alles überstürzt und bereut es jetzt bestimmt schon. Rede mit ihm.“ „Das will ich nicht. Ich habe Angst, dass er wieder ausrastet oder so.“ „Aber wieso sollte er?“, sagte Bou nun etwas energischer. Er konnte Miku einfach nicht verstehen, wie er sich in diese Sache hineinritt. „Du kannst jetzt nicht denken, dass er das jedes Mal macht, wenn ihr euch küsst. Klar, am Anfang wirst du noch etwas ängstlich sein. Aber dann wirst du über deine jetzigen Gedanken nur noch lachen können.“ Miku wusste nicht, was er darauf sagen wollte. Nur zu gern wünschte er sich, dass Bou damit Recht hatte. Doch er kannte sich selbst besser; er brauchte immer ein wenig länger als andere, um sich wieder zu beruhigen. „Miku, tu mir bitte einen Gefallen und mach nicht wieder alles kaputt.“ Miku sah auf und runzelte die Stirn, als er in die wässrigen Augen des Blondschopfes blickte, welcher seinem Blick auswich und fortfuhr: „Ich kann es nicht ertragen, wenn es dir nicht gut geht und du nicht glücklich bist.“ „Ach, Bou…ich will gar nichts kaputt machen.“ Er lächelte ihn sanft und beruhigend an. „Und ich werde mich bemühen, glücklich zu werden.“ Bou fuhr sich über die Augen, um seine Tränen zurückzuhalten, erwiderte sein Lächeln und kuschelte sich wieder an sich. Eine Weile schwiegen beide. Miku musste die ganze Zeit an Kanon denken und wie er ihn geküsst hatte. Und er merkte, wie die Angst allmählich aus seinem Körper wich. „Arigatou, Bou-chan.“ „Wofür denn?“ „Dass ich mit dir reden konnte. Es hat mich beruhigt.“ Sie sahen sich an. Bou lächelte. „Hab ich doch gern gemacht, dazu bin ich doch da.“ Nachdem sich Miku von ihm verabschiedet hatte, konnte Bou seine Tränen nicht länger zurückhalten und sank am ganzen Körper zitternd mit dem Rücken an der Wohnungstür auf den kalten Boden… Kapitel 23: Erste Begegnung --------------------------- Kapitel 22. Erste Begegnung Es war noch früh am Morgen, als Miku aufwachte. Die Sonne war vor etwa einer Stunde erst aufgegangen und sein Bus würde erst in zweieinhalb Stunden losfahren. Dies brachte den kleinen Vocal zum Stutzen. Es war das erste Mal seit Langem, dass er einmal vor dem Weckerklingeln aufgewacht war. //Ich glaube, das sollte ich nutzen...// Miku stand auf und schnappte sich im Vorbeigehen ein paar Klamotten - dieses Mal achtete er auch sorgfältig darauf, ein vernünftiges Outfit zusammenzustellen – und verschwand dann im Bad, um sich ausgiebig zu duschen. Die Zeit dafür hatte er ja. Während das heiße Wasser auf ihn einschlug und an seinen kahlen Schultern herunterrann, fiel ihm wieder die Sache mit Kanon vom vorigen Tag ein. //Ich kann es immer noch nicht fassen, dass er das gemacht hat. Er war so...so...brutal und besitzergreifend. Mann, mir läuft immer noch der Angstschweiß runter, wenn ich daran denke, was er alles mit mir hätte anstellen können....beziehungsweise auch gemacht hätte, wenn ich mich nicht gewehrt hätte...// Miku seufzte schwer, während er seine Haare einshampoonierte. Er wusste nicht recht, wie er Kanon heute unter die Augen treten sollte; schließlich war er danach einfach weggerannt und hatte sich nicht mehr gemeldet. Er verspürte zwar keine Angst mehr, doch ganz wohl fühlte er sich nicht bei dem Gedanken, ihm heute bei der Probe wieder begegnen zu müssen. //Es ist genau so wie gestern....//, fiel es Miku traurig auf. //Da hatte ich auch keine Ahnung, wie ich mit ihm nach dem Streit begegnen sollte...egal. Bou und Teruki sind ja auch da....außerdem hat Bou Recht. Kanon würde mir nie etwas antun!// Und dennoch war sich Miku da nicht so ganz sicher. Er griff nach dem Handtuch, das er sich bereitgelegt hatte, und stieg aus der Dusche. Nachdem er sich abgetrocknet und angezogen hatte, kümmerte er sich ausgiebig um seine Haare; er wollte kein weiteres Mal wie ein Igel aus dem Haus gehen. Nach einer Stunde war Miku fertig. Frisch herausgeputzt und gestylt betrat er seine kleine, gemütliche Küche, um sich was zu Essen zu machen. Gerade hatte er sich ein Toast mit Marmelade gemacht und wollte gerade hineinbeißen, als es an der Tür klingelte. Überrascht, wer denn so früh am Morgen friedliche, kleine und unschuldige Sänger beim Frühstücken störte, ging er – immer noch das Toast in der Hand – zur Tür und öffnete diese. Sein Herz machte einen Hüpfer, als er eine ihm sehr bekannte Gestalt entdeckte, die ihm schon den ganzen Morgen lang in seinen Gedanken herumgespukt war. „Kanon!“, ächzte Miku erschrocken. „Was machst du denn hier?“ Kanon legte den Kopf schief und stemmte die Arme in die Seiten. Schon fast beleidigt sah er seinen Freund an. „Du könntest ruhig mal etwas mehr Begeisterung zeigen.“ „Uh...gomen, Kanon.“ Miku lächelte, was jedoch mehr gezwungen rüberkam. Er zog den Schwarzhaarigen am Ärmel in den Hausflur, schloss die Tür und schlang dann seine Arme um ihn. „Geht doch.“ Miku sah sein Schmunzeln und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Was machst du hier?“, fragte er ihn anschließend. Kanons Gesichtsausdruck wurde wieder ernster. „Ich habe mir nur Sorgen gemacht, weil du dich nicht gemeldet hast“, seufzte er und schenkte ihm einen sanften Blick. Der Vocal runzelte die Stirn. „Wieso hätte ich mich melden sollen? Ich - “ „Hast du meine SMS nicht bekommen?“ „Oh...Ich habe gar nicht mehr auf mein Handy gesehen.“ Er drückte Kanon das inzwischen kalt gewordene Toast in die Hand, ging an ihm vorbei ins Wohnzimmer und suchte dort sein Handy, doch er konnte es nicht finden. Auch im Schlafzimmer war es nicht. Nachdem er alle Hosen- und Jackentaschen ohne irgendein positives Ergebnis durchwühlt hatte, kehrte er niedergeschlagen ins Wohnzimmer zurück, in dem sich Kanon bereits häuslich auf der Couch niedergelassen hatte, das Toast in seiner Hand mit einem abwesenden Blick betrachtend. „Ich muss es irgendwo verloren haben“, murmelte Miku leise, während er sich neben ihn setzte und ihm das Toast aus der Hand nahm. Lustlos biss er hinein; es schmeckte nach kalter Pappe mit süßem Kirschgeschmack. „Es wird schon wieder auftauchen“, versuchte Kanon ihn zu beruhigen. „Vielleicht hast du es ja auch bei mir vergessen.“ „Dann hättest du es doch klingeln gehört.“ „Auch wieder war.“ „...“ „...“ „Kanon?“ „Hai?“ „Was hattest du mir denn geschrieben?“ Miku sah ihn fragend an, doch der Bassist wich seinem Blick aus. „Ich wollte mich mit dir heute etwas eher im Proberaum verabreden, damit wir über gestern reden können“, meinte er und sah den Vocal wieder an, welcher in seinem Blick eine Mischung aus Niedergeschlagenheit und Sorge las. „Das können wir doch jetzt machen.“ Miku knabberte lustlos an seinem Toast rum. Wirklich schmecken tat es ihm nicht, doch sein Magen schien regelrecht danach zu schreien. „Na ja...“ Kanon zögerte kurz. „Ich mache mir nur ziemliche Gedanken, warum du gestern so plötzlich weggelaufen bist ohne etwas zu sagen.“ Miku strich sich ein paar Krümel von den dunklen Jeans und sagte: „Gomen, Kanon. Ich wollte nicht wegrennen, aber...“ Er sah ihn mit seinen dunklen Augen traurig an. Er musste kurz überlegen, um die richtigen Worte zu finden, bevor er fortfuhr. „Es hat wirklich schön angefangen...also, ich meine jetzt den Kuss, aber...dann warst du auf einmal so wild und so...so...“ „Brutal?“, kam es leise von Kanon, der abwesend auf den Boden starrte und sich an Mikus letzte Worte erinnert hatte, die er von sich gegeben hatte, bevor er weggerannt war. Miku nickte leicht. „Ach, Miku...“ Kanon rutschte ein paar Zentimeter auf ihn zu, sodass sie nun dicht beieinander saßen, legte einen Arm hinter ihm auf die Couchlehne und sah ihn an. „Es tut mir schrecklich Leid, wenn ich dir wehgetan haben sollte. Ich weiß auch nicht, was da in mich gefahren ist. Aber ich kann dir versichern, dass das nie wieder vorkommen wird; dazu liebe ich dich zu sehr. Glaub mir ruhig!“, fügte er noch eindringlich hinzu, als er Mikus abwesenden Blick entdeckt hatte. „Ich glaube dir ja, dass du mich liebst, Kanon. Aber ich habe Angst, dass das irgendwann wieder passiert. Und - nein! Lass mich bitte ausreden! Du bist viel stärker als ich; dass ich dich gestern von mir stoßen konnte lag wohl nur daran, dass du so überrascht warst. Du könntest alles mit mir machen, was du wolltest. Kanon, ich hab noch zu genau in Erinnerung, wie du damals in Helsinki im Waschraum fast genau so zu mir warst. Erinnerst du dich? Und auch an Silvester hast du einem Jugendlichen einfach so eine reingehauen! Und da sollte ich jetzt keine Angst haben?“ Kanon hatte dieser kleinen Ansprache geduldig zuhören und die Beschuldigungen kommentarlos über sich ergehen lassen müssen. „Miku“, sagte er leicht entnervt. „Ich habe dir doch schon erklärt, wieso ich auf diesen Typen losgegangen bin. Er hätte dich beinahe verletzt!“ „Ja! Aber eben nur beinahe!“, rief Miku und ihm stiegen Tränen in die Augen. „Ich verstehe ja, dass du wütend warst, aber das ist doch kein Grund! So, wie sich das angehört hatte, hast du ihm mit die Nase gebrochen, Kanon!“ „Und wenn schon! Was ändert das an meinen Gefühlen zu dir?“ „Du verstehst das nicht! Ich mag es einfach nicht, wenn du so brutal bist.“ „Miku! Jetzt hör mir mal genau zu! Ich liebe dich, verdammt! Wie oft soll ich das denn noch sagen? Ich würde alles für dich tun und sei es, dass ich für dich sterben müsste!“ „Sag so etwas doch nicht einfach so leichtfertig daher!“ „Ich würde dich vor jedem beschützen, Miku! Ich will nicht, dass dir auch nur einer ein Haar krümmt! Selbst wenn das mein Tod bedeuten würde! Verstehst du das denn nicht? Ist es nicht gerade das, was die Liebe ausmacht? Oder was denkst du darüber, Miku? Miku!“ „Kanon, bitte! Hör auf, mich so anzuschreien“, rief der Vocal panisch. Mittlerweile rannen ihm die Tränen im Sturzbach übers Gesicht; sein Herz schmerzte. Die Wut und Verzweiflung verschwand aus dem Gesicht des Schwarzhaarigen und auch seine bisherige angespannt Körperhaltung Miku gegenüber entspannte sich. Erst jetzt merkte er, dass er sich mal wieder von seinem Zorn hatte leiten lassen – was auch schon der Auslöser für diesen Streit gewesen war. „Miku...“ Er beugte sich ein wenig vor und versuchte verzweifelt, mit dem Fingern die Tränen des Vocals zu trocknen, welche unerbittlich am Fließen waren. „Bitte...Hör auf zu weinen. Das mag ich nicht....“ Doch Miku gab nur ein leises Schluchzen von sich. //Wieso bin eigentlich ich in Sachen Liebe immer der Volltrottel??? Mit Bou habe ich es ja auch schon verhauen...und jetzt sieht es aus, als ob ich das mit Kanon auch nicht richtig gebacken kriege! Ist es wirklich eine Sünde, vor Kanon Angst zu haben? Ich weiß doch, dass er mir nie was antun würde...und dennoch....ich liebe ihn doch auch. Oder?...Liebe ich ihn wirklich?....vielleicht ist ja genau so wie mit Bou und ich....ach! Ich kann meine Gefühle einfach nicht richtig deuten!!!// „Miku, bitte.“ Kanons verzweifelte und besorgte Stimme drang leise zu ihm hindurch, doch er konnte einfach nicht mehr aufhören zu weinen. Daraufhin schlang Kanon seine Arme um ihn und drückte ihn fest an sich. Er redete beruhigend auf ihn ein, doch der Vocal konnte nicht wirklich verstehen, was er sagte. Und dennoch beruhigte es ihn und sein Tränenfluss versiegte allmählich und er umarmte den Schwarzhaarigen mit seinen zitternden Armen. Eine Weile hielten sie sich einfach nur schweigend fest und versuchten, durch die Umarmung ihre jeweilige Entschuldigung für diesen Streit bei dem anderen rüberzubringen. Sie wussten beide, dass das ihr zweiter Streit innerhalb von drei Tagen gewesen war und dass sie beide erst am Anfang ihrer Beziehung standen. Und dennoch brachte genau dies Miku zum Grübeln. Er hatte sich mit Bou ganze sechs Monate lang kein einziges Mal gezofft – geschweige denn irgendeine Meinungsverschiedenheit gehabt. Er schniefte noch ein letztes Mal, bevor er sich vom Schwarzhaarigen löste, dessen besorgten Blick jedoch mied. „Miku, ich....“ „Schon gut, Kanon. Du brauchst dich nicht zu entschuldigen“, sagte Miku leise. „Lass uns ab jetzt mehr Mühe geben, hai?“ Kanon nickte zustimmend und legte eine Hand unter das Kinn des Vocals, um dessen Gesicht zu sich zu ziehen. Er lächelte leicht, während er ihm die Tränen, die noch sein ganzes Gesicht benetzten, mit dem Finger wegwischte. Nachdem er damit fertig war – Miku hatte dies einfach seelenruhig über sich ergehen lassen, da er keine Lust auf eine weitere Konfrontation mit Kanon hatte – stand der Schwarzhaarige auf und hielt anschließend dem Vocal eine Hand hin, um ihm beim Aufstehen zu helfen. Doch dieser blickte ihn nur irritiert an. Kanon schmunzelte. „Wir müssen los.“ „Oh...“ Lächelnd ergriff Miku dessen Hand. „Da seid ihr ja!“ Ein blondes Wesen war auf ihn zugestürmt, kaum hatte Miku den Proberaum betreten, und hatte sich an ihn wie ein Affe geklammert. Nachdem er sein Knuddelritual bei Miku vollendet hatte, ging er – o Wunder – auf Kanon zu und umarmte diesen kurz zur Begrüßung. Miku und Teruki, der ebenfalls herbeigeeilt war, um die Neuankömmlinge zu begrüßen, warfen sich irritierende Blicke zu. Doch beide waren froh, dass zwischen den beiden offenbar wieder alles in Ordnung war, und entfernten sich ein Stück, um die beiden, die gerade angefangen hatten miteinander zu reden, nicht zu stören. „Willst du was trinken?“ Miku nickte und Teruki drückte ihm einen Becher mit Kaffee in die Hand. Er war zwar nicht ganz heiß und Miku mochte eigentlich nicht so gern Kaffee, doch er tat als Handwärmer seine Dienste mit ausgesprochen guten Leistungen. Er nippte kurz dran, um zu testen, ob er eine angenehme Temperatur zum Trinken hatte, ließ den Becher aber dann wieder sinken und sah Teruki zu, wie dieser ein paar Notizen neben seinem Schlagzeug ausbreitete. Hinter sich hörte er die gedämpften Stimmen der anderen beiden, die sich flüsternd über irgendetwas unterhielten. Miku konnte zwar nicht verstehen, was das Gesprächsthema war, doch ein paar kleine Lacher verrieten ihm, dass es etwas Erheiterndes sein musste. //Auf dem Weg hier hin haben Kanon und ich kaum miteinander geredet....//, schoss es ihm neidisch durch den Kopf. //Und jetzt lacht er auf einmal mit Bou, als ob nichts gewesen wäre....// „Erde an Miku! Bist du noch da?“ „Was?“ Miku schreckte zusammen, als Teruki ihn anstupste. „Natürlich bin ich noch da, wo sollte ich denn sonst sein?“ „Das weiß ich doch nicht. Hast du überhaupt meine Frage mitgekriegt?“ „Uhm....nein...nicht wirklich.“ Miku lächelte verlegen. „Ich hab dich nur gefragt, ob du mal an einen neuen Songtext gedacht hast“, wiederholte Teruki seine Frage. Dann betrachtete er seinen Vocal stirnrunzelnd. „Was ist eigentlich los mit dir?“ „Wieso? Nix ist los.“ „Lüg mich nicht an. Du bist total abwesend, siehst erschöpft und traurig aus. Also?“ Miku seufzte leise und warf Kanon und Bou kurz einen Blick zu, die offenbar nichts von alldem mitbekommen hatten sondern irgendetwas auf Bous Handy betrachteten. Dann sah er wieder in Terukis besorgtes Gesicht. Er lächelte leicht. „Ich will nicht darüber reden, Teruki. Aber es ist wieder alles in Ordnung, glaub mir ruhig“, versicherte er ihm. Teruki sah ihn einen Moment lang noch skeptisch an, doch dann schien er wohl zu begreifen, dass er nichts aus dem Vocal rauspressen konnte, und so wandte er sich wieder seiner Zettelwirtschaft zu. „Und zu deiner Frage“, bemerkte Miku noch und stellte ernüchternd fest, dass Kanon und Bou mit ihrem kleinen Privatgespräch offenbar fertig waren, da beide sich nun um ihre Instrumente kümmerten. „Ich habe schon eine Idee für `nen neuen Song. Gib mir noch einige Tage, dann bon ich so weit.“ Teruki nickte zufrieden und lächelte. „Gut. Und jetzt marsch zu deinem Platz!“ „Jawoll!“ Miku grinste und tat so, als wäre er ein Soldat und Teruki sein Kommandant. Dann hüpfte er auf seinen Platz und griff nach dem Mikro. Sie hatten gerade schon die ersten Takte von Smile Ichiban Ii Onna angespielt, als Bous Gitarrenspiel versiegte. Irritiert brachen die anderen ebenfalls ab. „Was ist los?“, fragte Teruki. Doch Bou beachtete seine Frage nicht, sondern blickte ausdruckslos zu Miku, welcher sich schnell unwohl unter diesem eindringlichen Blick wurde. „Bou, was willst du?“, fragte Miku leicht entnervt. Dies schien den Blondschopf aus seiner Trance gerissen zu haben, denn er blinzelte ein paar Mal und sagte: „Du hast dein Handy bei mir vergessen, ich kann es dir gleich geben.“ „Bou!!!“, riefen alle auf einmal entsetzt. „Wegen so etwas hast du aufgehört zu spielen? Das hätte doch bis nachher warten können!“ Kanon pattete ihn. „Aber dann hätte ich es bestimmt wieder vergessen und ich möchte nicht, dass Miku sauer auf mich ist“, maulte Bou und zog eine bemitleidenswerte Schnute auf, welche seine Bandkameraden weicher stimmen ließ. „Ach, Bou....wieso sollte ich denn auf dich wütend sein?“, fragte Miku in ruhigem Ton und lächelte ihn sanft an. „Weiß auch nicht“, murmelte Bou leise und senkte den Blick auf seine weiße Gitarre und brachte damit den Rest zum Lachen. Gegen fünf Uhr nachmittags erklärte Teruki die Probe für beendet und Miku, Kanon und Bou stellten erleichtert ihre Instrumente weg. „Mensch, Teruki! Du bist ein Schatz!“, quiekte Bou und sprang dem Älteren, der gerade ums Schlagzeug herumgetreten war, freudig um den Hals. Während der Drummer noch mit der wasserstoffblonden Klette beschäftigt war, kümmerten sich Miku und Kanon derweil um die Säuberung des Raumes, der mal wieder so aussah, als hätte eine Bombe eingeschlagen. „Hast du heute noch was vor?“, fragte Kanon, während sie die Notizen sortierten, um sie dann anschließend fein säuberlich auf den Tisch zu legen. Miku sah ihn an. „Nein, wieso?“ „Tu doch nicht so unwissend.“ Der Schwarzhaarige schmunzelte und beugte sich so weit zu ihm vor, dass zwischen ihren Nasenspitzen nur noch ein Seidenfaden hindurchgepasst hätte. Mikus Herz machte einige Hüpfer vorwärts, als er die warme Nähe des Bassisten auf sich spürte und eine leichte Röte durchzog sein Gesicht. Er lächelte. „Was willst du mir damit jetzt sagen?“, fragte er leise und tat auf unwissend. Kanon sah ihm einen Augenblick lang in die Augen, bevor er dem Vocal einen kurzen Kuss raubte. „Komm mit mir in die Stadt.“ „Echt jetzt?“ Miku machte große Augen. Kanon lachte. „Klar!“ Doch dann wurde sein Blick wieder ernster. „In der Stadt sind wir nicht unter uns, da kannst du sicher sein, dass ich dir nichts antun werde.“ Miku wusste nicht, was er darauf sagen sollte. Einerseits freute er sich riesig, mit Kanon etwas zu unternehmen. Doch die Begründung, warum sie ausgerechnet in die Stadt gehen sollten, wollte ihm nicht so recht gefallen. Klar, sie sprach genau das aus, was ihm Sorgen bereitete, doch er fühlte sich nicht wirklich wohl dabei. Kanon schien zu merken, was den Vocal beschäftigte, denn er fügte lächelnd noch hinzu: „Keine Sorge. Das war nicht der wirkliche Grund.“ „Und welcher dann?“, maulte Miku beleidigt, weil er auf ihn hereingefallen war – und doch war er nun um einiges erleichterter. „Na ja...ich bräuchte da noch was...“ Kanon grinste und Miku kannte dieses Grinsen nur zu gut... „...“ „...“ „Kanon?“ „Hai?“ „Das meinst du jetzt wohl nicht ernst, oder?“ „Doch.“ „Kanon!“ „Was denn? Was gefällt dir daran denn nicht?“ „Na, alles! Die Farbe passt nicht zu deiner Tapete geschweige denn zum Teppich, dann sieht es auch noch total unmodisch aus und außerdem...hast du mal auf den Preis geguckt?“ „Na und?“ „Kanon!“ „...“ „Du wirst es bereuen!“ „...“ „...“ „...“ „Gut, dann kauf es eben! Aber meinen Segen hast du trotzdem nicht“, stöhnte Miku entnervt. Er bereute es, sich überhaupt auf Kanons Stadtbummel eingelassen zu haben. //Ich hätte wissen müssen, dass das bei Kanon nichts gutes heißen kann, wenn er mit einem in die Stadt möchte. Aber dass er sich gleich so was ausdenkt, hätte ich nie für möglich gehalten...// Tatsache war jedoch, dass Kanon auf Mikus Begleitung regelrecht bestanden hatte, ihn beim Gang durch ein neu eröffnetes Möbelhaus zu begleiten, da er – angeblich – ein neues Bett bräuchte, und Miku hatte bekanntlich eine ziemlich große Schwachstelle, bettelnden Blicken auch nur länger als zwei Sekunden Stand zu halten. Nun standen sie vor dem besagten Möbelstück und Kanon schien regelrecht besessen zu sein, seinen Wunsch in die Tat umzusetzen, während Miku überlegte, ob er eine Zwangsjacke beordern sollte, da der Schwarzhaarige unter einer Geschmacksverirrung zu leiden schien – falls er überhaupt einen in Sachen Möbel hatte. Das Bett war von Miku schon aus weiter Entfernung als `hässlich, unmodern und unbequem` abgestempelt worden. „Miku.“ „Hai?“ Kanon wandte seinen Blick vom Bett ab und sah den Vocal ausdruckslos an, doch Miku schien es, als ob er nun am Liebsten verbal auf ihn losgehen würde – nur weil er gegen diesen Kauf war. Doch kaum war ihm dieser Gedanke gekommen, wurde er vom Bassisten frech angegrinst. „War’n Scherz, Mann.“ Miku atmete aus. „Echt jetzt?“ „Hey.“ Kanon sah ihn erbost an. „Hast du wirklich gedacht, ich würde mich für dieses...Ding“, er deutete angewidert auf das Bett, „interessieren, geschweige denn kaufen?“ „Uhm....ehrlich gesagt...ja...“ Lachend zog Kanon den völlig perplexen Miku weiter den Gang entlang. Dieser ärgerte sich, dass er auf Kanon reingefallen war, doch diese Blamage konnte er wohl nicht mehr rückgängig machen. Während der Bassist weiter nach einem geeigneten Bett suchte, gab Miku nur noch seine Meinung zum Besten, wenn ausdrücklich danach gefragt wurde – und dies geschah dann meist unter Murren und eingeschnappten Blicken. „Miku?“, fragte Kanon zaghaft, nachdem sie das Möbelhaus schon ein ganzes Stück hinter sich gelassen hatten und nun durch die Fußgängerzone von Shibuya schlenderten. „Hmm....“ Kanon warf ihm im Gehen einen amüsierten Blick zu. „Sag bloß, du bist noch immer sauer.“ Ihm war Mikus teilnahmsloses und desinteressiertes Verhalten nach seiner Aktion mit dem Bett natürlich nicht entgangen. „Nee, wie kommst du nur drauf?“, maulte Miku beleidigt und verschränkte grummelnd die Arme, was den Bassisten zum Schmunzeln brachte, da er den Vocal momentan einfach nur knuffig fand. Doch er wusste auch, dass er ihn lieber nicht provozieren sollte und so drückte er ihn mit einem Arm an seine Seite. „Hör mal“, sagte er lächelnd. „Wie wäre es, wenn ich dich als Entschädigung zum Essen einlade?“ Das Gesicht des Vocals erhellte sich schlagartig. Mit einem breiten Grinsen sah Miku seinen Freund an. „Klar!“ „Geht doch.“ Kanon lächelte zufrieden und nun war Miku wie ausgewechselt. Hüpfend und fröhlich trällernd hatte er den Schwarzhaarigen an der Hand gepackt und zog ihn nun hinter sich her, den Blick suchend auf das nächste Café gerichtet. „Kanooon?“ „Hai?“ Miku drehte sich im Gehen zu ihm um. „Darf ich auch so viel essen wie ich will?“ „Uhm...“ Kanon wusste nur zu genau, dass Miku der größte Vielfrass auf Erden war und wollte schon dementsprechend einen Kommentar ablassen, doch Miku legte bettelnd seinen Kopf ein wenig auf die Schulter und sah ihn bemitleidenswert an. „Klar. Iss nur so viel du willst.“ „Hurra!!!“ Miku führte einen Freudentanz auf, während Kanon sich schon mal mit dem Gedanken, bald einen leeren Geldbeutel zu besitzen, anfreunden zu versuchte. „Miku.“ „Hai?“ Miku drehte sich hüpfend zu ihm um. „Bitte, tu mir den Gefallen und benimm dich normal! Die Leute gucken schon.“ Miku sah sich um und stellte erstaunt fest, das Kanon damit Recht hatte. „Ups.“ Verlegen lächelnd hörte er auf zu hüpfen und ließ auch Kanons Hand los, die er bis jetzt schon fast krampfhaft festgehalten hatte. Kanon lachte kurz und deutete auf ein kleines Café, das nur etwa hundert Meter vor ihnen auf der rechten Seite lag. Doch das hätte er sich sparen können. Miku, der regelrecht ein Radar für Essen entwickelt haben musste, hatte erneut seine Hand gepackt und zerrte ihn hinter sich her auf das Café zu, Mit einem kurzen Seitenblick stellte Kanon fest, dass sie wieder die Aufmerksamkeit einiger Leute hatten, schüttelte verständnislos den Kopf und ließ sich brav von Miku hinterher ziehen. Im kulinarischen Ort angekommen, eilte Miku auch sofort auf den nächstbesten freien Platz zu, der fast direkt am Eingang lag, und griff, kaum hatte er sich gesetzt, zur Karte. Schweigend ließ sich Kanon ihm gegenüber auf dem Stuhl nieder, stützte seine Ellbogen auf dem Tisch ab, den Kopf auf seine zusammengefalteten Hände ablegend. Schmunzelnd betrachtete er den Vocal, dessen Augen gierig über die Karte in seinen Händen huschten und die dort abgedruckten Informationen an das Gehirnteil weitergaben, das ausschließlich fürs Essen zuständig war, welches diese auch sogleich wie der Blitz auswertete. „Also, ich nehme, Sushi, Shabu-Shabu, Tako und Ramen.“ Zufrieden lächelnd hielt er Kanon die Karte hin, damit er sich auch was aussuchen konnte, doch dieser starrte den Vocal wie vom Donner gerührt an. „Was ist?“, fragte Miku irritiert. „Willst du nichts essen?“ „Doch, doch“, versicherte Kanon ihm hastig, nachdem er seine Sprache wiedergefunden zu haben schien, und griff nach der Karte. „Irgendwas Kleines wird sich schon finden.“ Völlig verpeilt lehnte sich der Vocal zurück und bekam nur mit einem halben Ohr mit, dass sich Kanon „Yakisoba“ bestellen wollte. Grübelnd versank er völlig in Gedanken, dich für ihn schien es keine richtige Erklärung zu geben, warum Kanon keinen Hunger hatte. //Komisch...obwohl wir seit heute morgen zusammen waren, hat er so gut wie nichts gegessen und jetzt scheint er auch keinen Hunger zu haben...sehr merkwürdig...// Doch Miku, der so sehr mit Grübeln beschäftigt war, überhörte doch glatt den lauten Hilfeschrei des Magens einer gewissen Person, die fieberhaft überlegte, wie sie das alles nur bezahlen sollte... „Puuh...“ Erschöpft legte sich Miku zurück und streckte seine Arme. „Jetzt bin ich satt.“ „Meinst du echt?“ Kanon blickte skeptisch auf die Magengegend seines Gegenübers – soweit das über den Tisch überhaupt möglich war. „Also, ich finde, dass da noch eine Menge reinpasst.“ „Kanooon!“, maulte Miku auf und versetzte dem Bassisten einen leichten Tritt gegen das Schienbein. Daraufhin hob dieser abwehrend die Hände und grinste ihn an. „Hey, Miku. Das war nicht ernst gemeint.“ „Das will ich auch hoffen.“ Miku warf ihm noch einen bösen Blick zu, doch dann lächelte er verlegen, als er den zu bezahlenden Preis mitbekam, den der Kellner gerade Kanon genannt hatte. „Gomen.“ „Weshalb denn?“, fragte Kanon ein wenig irritiert, während er bezahlte. „Na ja...“ Miku senkte bedrückt den Kopf. „Du bist wegen mir jetzt bestimmt pleite und so...“ //Wow, endlich hat er es mal kapiert...//, schoss es Kanon durch den Kopf, doch er lächelte ihn beruhigend an. „Mach dir da mal keine Sorgen. So teuer war’s nun auch nicht. Und solange es dich glücklich macht, ist mir kein Preis zu hoch.“ „Uhm...Arigatou, Kanon“, sagte Miku verlegen und spürte, wie er unter dem sanftmütigen und warmen Blick des Schwarzhaarigen leicht errötete. Kanon, dem das nicht entgangen war, schmunzelte. „Weißt du eigentlich, wie gern ich dir Komplimente mache?“ „Uh...wenn du es sagst, dann wird es wohl stimmen. Oder?“ „Und weißt du auch, wieso das so ist?“ Kanon beugte sich weiter zu ihm vor, sodass Miku seinen ruhigen Atem im Gesicht spüren konnte, und sah ihm direkt in die Augen. „Weil deine Reaktion darauf immer total süß ist.“ Miku wich seinem Blick verlegen aus, sein Herz klopfte wild in seinem Brustkorb; es berührte ihn, dass Kanon so etwas zu ihm gesagt hatte. Mit einem breiten Grinsen auf den Lippen lehnte der Bassist sich wieder zurück. „Hey, ein vertrautes Gesicht.“ Miku sah auf. „Wo?“ Kanon bedeutete ihm mit einem kurzen Kopfnicken, dass er sich nur umzudrehen bräuchte. Miku tat wie ihm geheißen und sein Blick fiel sofort auf einen gewissen Blondschopf, der tatsächlich aus dem hinteren Teil des Cafés auf sie zukam. Allerdings schien er seine Bandkollegen noch nicht entdeckt zu haben, denn er machte den Anschein, als wolle er das Café verlassen. Schnell hob Miku seine Hand und winkte, um ihn auf sich aufmerksam zu machen. Bou stutze kurz und kam lächelnd auf sie zu. „Was machst du denn hier?“, fragte Miku neugierig. „Ich habe mich hier mit jemandem verabredet. Und ihr?“ „Essen!“ „Pleite werden.“ Darauf konnte Bou sich ein Lachen nicht verkneifen. „Tja, das ist unvermeidlich, wenn man Miku zum Essen einlädt – das weiß ich aus eigener Erfahrung“, raunte er Kanon geheimnistuerisch zu. „Ich weiß. Er ist ein ziemlicher Fresssack“, flüsterte der Schwarzhaarige grinsend zurück. Doch Miku hatte alles genau mitangehört. Grummelnd verschränkte er die Arme und blickte die beiden beleidigt an. „Ihr wisst aber schon, dass das nicht gerade nett war, oder?“ „Ws denn?“ Bou sah ihn unschuldig an. „Dass wir geflüstert haben?“ „Oder dass wir dich einen Fresssack genannt haben?“ „Beides“, murrte Miku und Bou und Kanon warfen sich belustigte Blicke zu. //Also, momentan merkt man herzlich wenig davon, dass die beiden mich lieben...//, schoss es ihm verzweifelt durch den Kopf. „Leute, ich finde das nicht lustig! Und wenn ihr mich auch nur ein kleines bischen mögen würdet, dann...Moment mal!“ Miku sah den Blondschopf mit großen Augen erstaunt an, als ihm wieder der Grund für dessen Anwesenheit einfiel. „Wen hast du eigentlich getroffen?“ Das breite Grinsen verschwand aus dem Gesicht des niedlichen Gitarristen und er schaute ziemlich deprimiert drein; doch bevor Miku auch nur anfangen konnte, sich zu sorgen, normalisierte sich sein Ausdruck wieder. Er trat einen Schritt beiseite und zog einen für Miku völlig fremden Jungen neben sich, der ihnen überhaupt nicht aufgefallen war, da er sich regelrecht hinter dem Blondschopf versteckt hatte. Ach jetzt hielt er sich ziemlich dicht an Bous Seite auf, was Miku aus einem unerklärlichen Grund einen leichten Stich in der Brust versetzte. Dem Vocal fiel auf, dass der Fremde um einige Jahre jünger zu sein schien und er machte einen recht schüchternen und ängstlichen Eindruck. Doch an sich war er mit seinen rotbraunen Haaren und seinem unschuldig wirkenden Outfit recht gutaussehend. „Das ist Takuya-kun“, stellte Bou ihn seinen Bandkollegen vor. „Takuya-kun, das sind Miku und Kanon. Du kennst sie bestimmt schon aus dem Fernsehen oder so.“ Takuya verbeugte sich vor den beiden. „Es freut mich, Sie endlich kennen lernen zu dürfen.“ „Wir freuen uns auch“, sagte Miku lächelnd. „Und lass die Förmlichkeiten ruhig weg; Bous Freunde sind auch unsere Freunde.“ „Aber ich bin - “ „Wo hast du diesen Jüngling eigentlich aufgegriffen?“, fragte Kanon den Blondschopf neugierig, der Takuya völlig überhört hatte und auch sonst keine schien ihn gehört zu haben. „Uhm...das ist eine komplizierte Geschichte.“ Bou lächelte verlegen. „Dann schieß mal los.“ Miku sah ihn voller Erwartung an, doch der Blondschopf schüttelte den Kopf. „Wir müssen jetzt weiter“, sagte er. „Wir sehen uns dann ja morgen bei der Probe. Bis dann!“ Und ohne Miku und Kanon auch nur den Hauch einer Chance zum Verabschieden zu geben, war er mit der niedlichen Gestalt im Schlepptau auch schon verschwunden. Fragend sah Miku Kanon an, doch dieser zuckte ebenso ratlos mit den Schultern. Einen Augenblick schwiegen sie. Beide waren am Grübeln, wo Bou diesen seltsamen Jungen aufgegriffen hatte und warum Bou ihnen nie von ihm erzählt hatte. Miku ging in seinen Überlegungen sogar so weit, dass er Takuya als die neue Liebe des Blondschopfes ansah; doch diesen Gedanken verwarf er gleich wieder, denn Miku wusste, dass Bou ihn immer noch liebte und dass sich an seinen Gefühlen so schnell auch nichts mehr ändern würde; und dennoch konnte er dies Möglichkeit – und sei sie auch noch so gering – nicht ganz aus dem Kopf bekommen. „Ob er wohl ein Fan ist?“ Miku blickte stirnrunzelnd zu Kanon. „Es hat zumindest den Anschein gemacht. Er war ziemlich zurückhaltend.“ „Okay, das wird es dann wohl sein.“ „Wahrscheinlich.“ „...“ „...“ „...“ „Kanon.“ „Hai?“ „Es gibt da nur einen kleinen Haken an deiner Theorie.“ „Und der wäre?“ „Seit wann trifft Bou sich mit Fans?“ Kapitel 24: Kiss ---------------- Kapitel 24. Kiss Auch am nächsten Tag war Takuya bei Miku und Kanon Gesprächsthema Nummer eins, als sie sich einige Straßen vor dem Gebäude, in dem AnCafé ihren Proberaum hatten, zufällig über den Weg liefen und sich mit einer innigen Umarmung freudig begrüßt hatten. Doch die beiden konnten sich immer noch keinen Reim drauf machen, wieso und seit wann Bou sich mit Fans abgab und umso mehr verharrte Miku auf seiner etwas abstrakten Theorie, dass dieser seltsame Junge die neue Liebe ihres Blondschopfes war – oder werden könnte. Er fühlte sich zwar nicht besonders wohl bei seiner Vermutung und doch war es möglich. Im Proberaum angekommen, konnte Miku sich nicht länger zurückhalten und stürzte sich sofort voller Neugierde auf den schon längst anwesenden Blondschopf, der sich gerade um seine weiße Gitarre kümmerte. „Bou, jetzt sag es uns endlich!“, rief er ungeduldig und hüpfte gespannt von einem Bein aufs andere; dabei ließ er den zierlichen Gitarristen keine Sekunde aus den Augen. „Wo und wie hast du ihn kennengelernt?“ „Hai, dafür bin ich auch“, bemerkte Kanon, der genau so neugierig wie sein Freund war, und gesellte sich zu ihnen. „Miku platzt gleich schon vor Neugier.“ Seufzend stellte Bou seine Gitarre weg und wandte sich ihnen wieder zu. „Wovon redet ihr?“ Für diese Frage wurde er von Miku und Kanon gepattet. „Was wir meinen?“ „Takuya-kun natürlich!“, quiekte Miku und fiel dem Blondschopf in all seiner Ungeduld um den Hals. „Und...wieso wollt ihr das...wissen?“, keuchte Bou, der mit der zappelnden Klette alle Mühe hatte, sich überhaupt auf den Beinen zu halten. „Da fragst du noch?“, protestierte der Vocal lautstark und sah den Blonden erbost an. „Er hat auf uns zwar einen schüchternen, aber doch recht netten Eindruck gemacht.“ „Schlecht aussehen tut er auch nicht“, kam es beiläufig von Kanon. „Stimmt, er ist ein echtes Prachtexemplar.“ „Er steht auf der gleichen Niedlichkeitsstufe wie du.“ „Recht ordentlich und zivilisiert sieht er auch aus.“ „Und er ist höflich.“ „Ihr werdet bestimmt - “ „Hey!“, rief Bou erschrocken dazwischen, der bisher perplex zugehört hatte, und presste dem Vocal schnell eine Hand vor den Mund, damit dieser ja nicht weitersprechen konnte; Miku sah ihn irritiert an. „Das hört sich ja so an, als ob ich was von Takuya-kun möchte! Wie kommt ihr nur darauf?“ Fragend sah er zwischen Kanon und Miku hin und her. „Also, meine Idee war’s nicht“, sagte Kanon und warf Bou einen unschuldigen Blick zu. //Na, vielen Dank auch, Kanon...//, dachte Miku ärgerlich, der sich überhaupt nicht wehren konnte. Bou wandte sich langsam wieder Miku zu und betrachtete ihn stirnrunzelnd. „Mikuuu?“, zischte er unheilverkündend. Miku blickte verängstigt zu ihm herauf und erwartete eine Standpauke á la Bou, doch nichts dergleichen geschah. Im Gegenteil. Die Gesichtszüge wurden wieder sanfter und auch an seinen dunklen Rehaugen veränderte sich etwas. Miku konnte jedoch nicht genau sagen, um was es sich da handelte; er wusste nur, dass was in ihnen lag, das sein Herz für einen Moment aussetzen ließ. Bou nahm seine Hand runter, zugleich kam er mit seinem Gesicht immer näher und ehe Miku sich versah, hatte der Blonde schon die Lippen auf die Seinen gepresst. //Bou...//, schoss es ihm traurig durch den Kopf, während Bou den Druck ein wenig verstärkte. Miku wusste nicht, was er tun sollte. Er wusste, dass Kanon keinen Meter entfernt neben ihnen stand, und das wohl ziemlich geschockt betrachten musste; und dennoch konnte er nicht anders. Vielleicht lag es an der gemeinsamen Zeit und wie schön sie trotz allem doch gewesen war, und, dass er Bou nicht von sich stoßen und ihn somit verletzen wollte. Oder aber, dass da noch etwas in ihm war, das ihn bei Bou noch immer schwach werden ließ. Er erwiderte zaghaft. Bou, der das überhaupt nicht erwartet hatte, löste sich schnell wieder, blieb mit dem Gesicht jedoch dicht über dem des Vocals, dessen Blut in seinen Adern wie verrückt am Rauschen war. „Du bist so ein Baka, Miku-chan“, sagte Bou leise und senkte den Blick. „Meine Gefühle für dich haben sich nicht verändert und sie werden auch immer die Gleichen sein. Ich hoffe, das hast du jetzt endlich mal begriffen. Takuya-kun habe ich erst vor ein paar Tagen zufällig kennengelernt und wir sind noch nicht einmal wirklich miteinander befreundet, es ist rein beruflich. Bald wirst du es verstehen, was ich damit meine. Ich will nichts von ihm und werde es auch nie wollen. Akiharu.“ Er sah ihn mit wässrigen Augen an. „Du bist der Einzige für mich. Immer, wenn ich in Schwierigkeiten stecke oder es mir einfach nur dreckig geht, bist du es, der mir hilft und Trost spendet. Du weißt immer, wie es mir geht und liest mir jeden Wunsch regelrecht von den Lippen ab. Ich bin so froh, dass wir einander begegnet sind. Ich weiß nicht, was ich ohne dich machen würde.“ Er ließ den Kopf ein wenig hängen und klammerte sich an den Armen des Vocals fest. „An meiner Liebe zu dir wird sich nie was ändern, Akiharu. Bitte, begreif das endlich“ Miku wusste nicht, was er darauf sagen sollte; allein, dass sein Herz wie verrückt in seinem Brustkorb raste, rief in ihm ein Gefühlschaos hervor. Er fühlte sich wie an dem Tag von Bous erster Liebeserklärung am Seeufer. Und erst nach dieser zweiten Liebeserklärung wurde ihm richtig bewusst, dass es Bou ernst mit ihm meinte. „Bou, ich...“ „Du brauchst nichts zu sagen und erst recht möchte ich keine Entschuldigungen von dir hören“, sagte Bou leise, mittlerweile flossen seine Tränen unaufhaltsam das Gesicht herunter. „Wohl eher muss ich mich bei dir und Kanon entschuldigen. Ich weiß doch, dass ihr zusammen seid und habe es trotzdem getan. Tut mir Leid...“ Und ohne, dass Miku auch nur daran denken konnte, etwas zu erwidern, hatte er sich von ihm losgerissen und war nach nebenan gestürmt. „Bou!“ Der Vocal sah ihm bedrückt hinterher und wollte gerade dazu ansetzen, zu ihm zu laufen, doch jemand hatte ihn an der Schulter gepackt und somit zurückgehalten. „Lass ihn, Miku.“ Irritiert drehte sich der Vocal zu Teruki um, der vorhin noch nicht da gewesen war. „Wo kommst du denn her?“ „Vom Mond.“ Teruki entledigte sich seiner Jacke und passte mit einem Auge auf, dass Miku sich auch ja nicht vom Fleck rührte; doch dieser schien dies wohl kaum in der Anwesenheit des Drummers zu wagen. „Ich weiß zwar nicht, was jetzt schon wieder los ist. Aber du solltest ihn in Ruhe lassen. Und bevor du fragst“, fügte er noch beruhigend lächelnd hinzu, als Miku gerade den Mund aufgemacht hatte, „ich bin schon unterwegs.“ „Arigatou, Teruki.“ „Du brauchst dich nicht zu bedanken, ich mache das hauptsächlich für Bou und AnCafé.“ Ohne ihn auch noch ein einziges Mal anzusehen, war er Bou in den Nebenraum gefolgt. Nun waren Miku und Kanon allein; ein unerträgliches Schweigen erfüllte den Raum. Kanon, der mit verschränkten Armen an der Wand lehnte, blickte starr auf den Boden. Da die schwarzen Haare den größten Teil seines Gesichtes verdeckten, konnte Miku nicht genau sagen, was in ihm vorging. Doch etwas Gutes war es nicht, so viel stand fest. „Uhm, Kanon?“, fragte Miku zaghaft, doch Kanon reagierte nicht. Er seufzte. Er wollte dieses Missverständnis so schnell wie möglich klären. „Ich glaube, du hast da was völlig falsch verstanden. Der Kuss - “ „Miku!“, fauchte Kanon auf einmal und warf ihm einen vernichtenden Blick zu. Miku verstummte schlagartig. „Hast du, während du in Bous Armen lagst und dich von ihm küssen ließest, auch nur ein einziges Mal daran gedacht, wie ich mich dabei fühle? Anscheinend nicht – denn sonst hättest du ihn ja von dir gestoßen!“ „Gomen, Kanon. Ich - “ „Lass es einfach, ja?!“ „Aber, Kanon! Du hast überhaupt keinen Grund, eifersüchtig zu sein.“ „Ach, tatsächlich?“ Kanon sah ihn feindselig an. „Und was ist mit der Tatsache, dass du mit Bou ein halbes Jahr zusammen warst und dass er dich wahrscheinlich mehr liebt als ich es jemals tun werde?“ „Wie kommst du denn jetzt darauf?“, brachte Miku entsetzt hervor, doch ehe Kanon darauf eine Antwort geben konnte, öffnete sich die Tür und Teruki betrat den Raum, gefolgt von einem ziemlich deprimiert dreinschauenden Bou. „Lass uns später darüber reden, ja?“, meinte Miku ruhig zu Kanon, der daraufhin gleichgültig mit den Schultern zuckte. Die Probe verlief recht schweigsam. Zwischen Miku und Kanon konnte man die Spannung regelrecht knistern hören, während Bou sich geistlich abgesondert hatte und Mikus Blicken sorgsam auswich, während er monoton auf seiner Gitarre seine Töne zu ’Kiss’ spielte. Der Gesang, den Miku von sich gab, war unkoordiniert und von einer gewissen Schwere, wo hingegen der Bass offenbar ein eigenes Tempo vorgeben wollte. Nur das Schlagzeug schien als Einziges von dieser instrumentalen Katastrophe verschont geblieben zu sein. „Jetzt beherrscht euch doch mal!“, rief Teruki ärgerlich, nachdem er aufgehört hatte zu spielen und die anderen darauf ebenfalls ihre Instrumente gesenkt hatten. „Bou, du musst mehr Energie geben. Dein Spiel ist zu schlapp! Kanon, es wäre ausgesprochen hilfreich für uns alle, wenn du dich an mein Tempo halten würdest! Außerdem ist ’Kiss’ kein heftiger Song, also spiel gefälligst mit mehr Gefühl! Das Gleiche gilt auch für dich, Miku! Ohne Gefühl und Konzentration geht es nicht!“ Miku, Kanon und Bou antworteten nicht. Betreten sahen sie auf den Boden und Teruki schüttelte verständnislos den Kopf. Er konnte seine drei Bandkollegen einfach nicht verstehen. Bou hatte ihm zwar eine grobe Zusammenfassung gegeben, was passiert war, und Teruki wusste nur zu genau, weshalb diese Probe ein glatter Reinfall war. //Wenn die drei das nicht bald regeln und aufhören, sich gegenseitig weh zu tun, wird das noch schlimme Folgen haben...sowohl für jeden einzelnen als auch für AnCafé. Kuso...ich glaube, ich bin der einzige, der überhaupt an die Band denkt!...// „Teruki, können wir denn nicht für heute Schluss machen?“, fragte Bou und sah den Drummer weinerlich an. „Wow, da sagst du endlich mal was richtiges“, murmelte Kanon, während er mit einer Hand über die glatte Oberfläche seines Basses glitt. „Halt du dich doch da raus!“, fauchte Bou zurück. „Und wenn ich du wäre, würde ich auch aufhören wollen. Ansonsten zerstörst du aus Wut noch deinen Bass!“ „Nee, dann muss eher deine heißgeliebte Gitarre dran glauben!“ Kanon funkelte ihn zornig an und stellte seinen Bass ab. „Ha! Davon träumst du doch nur, sie in deine dreckigen Finger zu bekommen! Das ist meine! Und niemand kommt auch nur in ihre Nähe!“ „Als ob ich das nicht schaffen würde!“ „Ich bin stärker als du denkst!“ Kanon lachte. „ Du kleiner, niedlicher Zwerg willst stärker sein als ich?“ „Hallo?! Geht’s noch!“, rief Miku dazwischen, der bisher schockiert zugehört hatte. Er hatte zwar geahnt, dass die beiden wieder anfangen würden, sich zu streiten – wo sie doch einige Tage richtig gut miteinander umgegangen waren, was Miku allerdings immer noch ein Rätsel war. Doch dass Kanon wieder so heftig drauf war, hätte er nicht für möglich gehalten. Miku hatte Angst, dass Kanon erneut durchdrehte und handgreiflich wurde, und stellte sich zwischen die beiden, um sie von einander wegzuhalten. „Miku!“, knurrte der Schwarzhaarige wütend. „Warum schützt du ihn? Er ist doch der Grund, warum wir jetzt so mies drauf sind! Er soll das gefälligst wieder ausbaden! Außerdem hat er doch selbst gesagt, dass er stark genug ist. Nicht wahr, Bou?“ „Was redest du da für Müll?“, rief Bou und funkelte ihn zornig an. „Du bist doch Schuld an allem! Wenn Miku nichts von deiner Liebe zu ihm erfahren hätte, wären wir jetzt glücklich zusammen! Du hast alles kaputt gemacht! Oh, Miku! Wie konntest du dich nur in diesen Mistkerl verlieben?!“ „Sag Miku nicht, was er zu fühlen hat!“, rief Kanon ihm noch entgegen, bevor er Anstalten machte, auf Bou loszugehen, der noch immer seine Gitarre um sich hatte. Miku wollte ihn aufhalten, doch er wurde so hart zur Seite gestoßen, dass er rücklings zu Boden ging. Durch den heftigen Schmerz wurde es Miku für einen Moment schwarz vor Augen, doch als es wieder etwas besser wurde, bekam er gerade noch mit, wie Kanon den Blondschopf wutentbrannt schlug. Bou, der ängstlich bis zur Wand zurückgewichen war, als Kanon auf ihn losgegangen war, hatte den Schlag mit voller Wucht im Gesicht abbekommen und keuchte. Doch dann fing auch er an, auf den anderen einzuschlagen. „Hört auf!“, rief Teruki, während er auf die beiden Kämpfenden zuhastete, doch er wurde entweder nicht gehört oder überhört. Sein Blick fiel auf die weiße Gitarre, die gefährlich zwischen den beiden hin und her schwang. „Kanon! Du machst seine Gitarre ja noch kaputt!“ Doch zu spät. Kanon hatte Bou mit einem heftigen Schlag zu Boden geworfen. Doch in seinem Flug nach unten hatte der Blonde reflexartig, um nicht hinzufallen, nach Kanons Kragen gepackt. Miku, der sich wieder aufgerappelt hatte, schnellte zu ihnen, um das Schlimmste zu verhindern. Jedoch konnte er nur noch hilflos mit ansehen, wie Kanon mit all seiner Wucht auf Bou fiel und die beiden die Gitarre zwischen sich begruben. Miku konnte sich nicht vorstellen, dass das Ganze wohl nicht schmerzfrei gewesen war und kaum hatte er diesen Gedanken gehabt, hörte er auch schon schmerzerfüllte Laute. Teruki und Miku halfen Kanon auf, der sich – ohne seine Helfer auch nur eines Blickes zu würdigen – seinen schmerzenden Bauch rieb. Mikus Magen zog sich eng zusammen, als ihm die Schrammen und dunklen Flecken im Gesicht und an den Armen auffielen, die Bou ihm zugefügt hatte. Teilweise war auch sein Shirt an den Armen und an der Schulter ein wenig zerrissen. //Selbst schuld...//, schoss es ihm durch den Kopf, als Kanon aus seinem Sichtfeld verschwand und er kurz danach eine Tür laut ins Schloss fallen hörte. Und dennoch verspürte er auch Mitleid. Seine Aufmerksamkeit galt jetzt erst einmal Bou, der sich unter einem lauten Ächzen aufgerichtet hatte und sich den Kopf rieb, und Mikus Herz sackte eine Etage tiefer, als er in dessen übel zugerichtetes Gesicht blickte. Es war unter all den Schlägen knallrot angelaufen und mit Kratzern und dunklen Flecken nur so überzogen. Doch Mikus größte Sorge galt einer kleinen Wunde an der Stirn, etwas oberhalb des linken Auges, aus der es blutete. „Du siehst ziemlich mitgenommen aus“, meinte Miku fürsorglich und betrachtete ihn; den Schmerz in seinen eigenen Rippen ignorierte er. „Das ist halb so schlimm“, murmelte der Kleine leise, sein Blick war auf sein Instrument gerichtet, das vor ihm auf seinem Schoß lag. Miku hatte vermutet, dass sie in der Mitte geborsten war, doch dem war zum Glück nicht so. Und auf die Schnelle konnte er auch keinen großen Schaden feststellen. „Ist sie...heile?“, fragte Miku zaghaft. Bou überreichte seine Gitarre Teruki, der sie vorsichtig in die Hand nahm und musterte. Erst dann antwortete er auf die Frage. „Der Hals ist angeknackst und einige Saiten sind gerissen. Aber mehr habe ich noch nicht gefunden.“ „Sie hat auch einige Dellen“, bemerkte Teruki und gab sie wieder Bou. „Du solltest sie auf jeden Fall noch einmal genauer untersuchen lassen. Und dann kann man sie auch gleich reparieren, danach müsste sie wieder wie neu aussehen.“ Bou legte sie behutsam auf seine Beine und fuhr mit der Hand sanft über die Oberfläche, sein Blick war abwesend. „Hauptsache, sie ist nicht durchgebrochen. Für mich ist sie aus irgendeinem Grund unersetzlich geworden.“ „Hast du deinen Gönner eigentlich schon gefunden?“, fragte Teruki, als ihm wieder eingefallen war, wie Bou die Gitarre bekommen hatte. Der Blondschopf schüttelte traurig mit dem Kopf und zuckte kurz zusammen, als er damit eine Welle aus Schmerzen auslöste. „Bou. Du darfst dich nicht so viel bewegen.“ Miku stand auf und sah sich suchend nach etwas um, mit dem er den Blonden das Blut aus dem Gesicht wischen konnte. Er entdeckte einen Lappen, nahm ihn und hielt ihn kurz unter den Wasserhahn. Dann ging er wieder zu den anderen beiden und hockte sich hin, was erneut den Schmerz in seinen Rippen hervorrief und ihn kurz schwindlig werden ließ. „Das gleiche gilt auch für dich, würde ich sagen“, kam es von Teruki und wollte Miku schon den Lappen aus der Hand nehmen, doch Miku hielt diesen fest umklammert. „Nein, es geht schon.“ Er lächelte Teruki beruhigend an und fing an, Bou das Blut aus dem Gesicht zu wischen. Bou zuckte kurz zusammen, als der kalte und nasse Lappen seine Wunde berührte. „Gomen.“ „Miku, ich kann das auch machen“, sagte Bou kleinlaut. Daraufhin hielt Miku ihm den Lappen hin, damit er es selbst machen konnte, doch Bou nahm ihn nicht. Verlegen lächelnd sah er den Vocal an. „Nein, mach du es lieber.“ „Woher der plötzliche Sinneswandel?“ „Na ja...das weckt Erinnerungen...“, murmelte Bou leise. „Stimmt.“ Schweigend nahm Miku seine Arbeit wieder auf, während er sich – genau wie Bou – erinnerte. Denn Bous Reaktion auf sein führsorgsames Verhalten war nicht gerade neu. „Hat Kanon dir eigentlich sehr weh getan?“, fragte Bou, dem nicht entgangen war, mit welcher Wucht der Bassist ihn getroffen hatte. Miku, der fertig war, ließ seine Hand sinken und schüttelte den Kopf, denn er wollte den Blondschopf auf keinen Fall beunruhigen. „Keine Sorge. Mir geht es gut.“ Er senkte traurig den Blick. „Tut mir Leid, Bou. Nur wegen mit ist Kanon auf dich losgegangen. Ich hätte besser aufpassen sollen.“ „Schon okay, Miku. Du konntest nicht wissen, dass er mich angreifen würde.“ „Doch, das konnte ich.“ „Nein, niemand konnte das“, sprach Teruki beruhigend auf ihn ein. „Hör auf, dir die Schuld zu geben. Das bringt nichts.“ „Aber Teruki!“, rief Miku mit zitternder Stimme und sah ihn verzweifelt an. „Ich wusste, dass Kanon schnell die Kontrolle über sich verliert und dann unberechenbar wird!“ Aus Terukis Blick sprach pure Verwirrung, während Bou an dem Ärmel des Vocals zupfte, um dessen Augenmerk auf sich zu haben. „Sag bloß, es ist nicht bei diesem einen Mal geblieben“, sagte er ruhig, wollte seine innere Unruhe so verdecken. „Wovon redet ihr, verdammt?“, schaltete sich Teruki ein und sah fragend zwischen den beiden hin und her. „Als ich vorgestern bei Kanon war, hat er mich geküsst“, sagte Miku leise und erzählte Teruki die ganze Geschichte. Er berichtete ihnen auch, von der Silvesternacht, als Kanon auf den Jugendlichen losgegangen war, und wie er ihn in Helsinki einmal regelrecht an der Wand festgenagelt hatte. Dabei wich er gezielt den besorgten und verständnislosen Blicken der beiden aus. „Und ich dachte, Kanon wäre der Frieden in Person“, sagte Teruki langsam, nachdem Miku geendet hatte, und schüttelte ratlos den Kopf. „Bitte?!“, rief Bou hysterisch und sah den Älteren an, als ob dieser gerade einem Irrenhaus entflohen wäre. „Kanon ist jetzt schon zum zweiten Mal auf mich losgegangen! Der, und friedfertig?! Dass er das bei mir macht, kann ich ja noch nachvollziehen, aber - “ „Bou! Sag doch so was nicht!“ „Aber dass du auch was abkriegt hätte ich nicht gedacht“, vollendete Bou seinen Satz, der Mikus Protestschrei geflissentlich überhört hatte. „Er hatte mir selbst versichert, dass er dir nur Gutes tun will, schließlich liebt er dich doch.“ „Nani?“ Miku sah ihn völlig verpeilt an. „Wann hat er dir das denn gesagt?“ „Ist ’ne lange Geschichte.“ Bou lächelte entschuldigend, dann wandte er sich Teruki zu. „Wie wäre es, wenn du mit Kanon mal darüber reden würdest? Du bist ja offenbar der einzige, der nicht auf seiner Feindesliste steht.“ „Mit halben Fuß schon“, seufzte Teruki und sah den Blondschopf traurig an. „Aber ich fürchte, dass ich das trotzdem nicht kann.“ „Wieso denn nicht?“, riefen Miku und Bou im Chor. „Weil ich finde, dass das eine Sache zwischen euch dreien ist“, sagte Teruki bestimmt. Er hatte es satt, ständig irgendjemanden für jemand anderen auszuhorchen. „Ihr seid alt genug und könnt das unter euch klären. Und guckt mich nicht so an!“, fügte er noch warnend hinzu, als er die betretenen Gesichter der zwei gesehen hatte. „Ich habe euch bisher immer geholfen und gebe euch gern noch weiterhin Ratschläge. Aber ausführen müsst ihr sie selbst! Außerdem stellt ihr euch manchmal echt dümmer an, als ihr seid – wenn ich das mal so sagen darf. Könnt ihr euch denn nicht denken, wie sich der andere fühlen muss, wenn ihr dies oder das macht oder sagt? Ihr denkt einfach nicht nach, bevor ihr irgendetwas macht. Ja, das stimmt, Miku! Wenn du und Kanon nicht so zweideutige Sachen über Takuya-kun gesagt hättet, hätte es keinen Streit gegeben.“ „Woher...“ „Bou hat es mir erzählt. Ach, und Bou.“ Er sah ihn eindringlich an. „Du bist auch nicht ganz unschuldig. Du lässt dich immer wieder auf Kanons Sticheleien ein. Und wenn ihr beiden“, er deutete auf Miku und Bou, die Terukis kleiner Standpauke mit offenem Mund lauschten und ihn perplex ansahen, „endlich mal ruhig über eure jetzige Gefühlslage sprechen würdet, hätten wir glaube ich schon ein Problem weniger.“ „Bist du jetzt endlich mal fertig?“, maulte Bou und stierte den Drummer beleidigt an. „Also echt.“ Teruki pattete ihn. „Komm, ich bringe dich nach Hause.“ „Aber - “ „Keine Widerrede!“ Teruki erhob sich und zog den Gitarristen auf die Beine, der vor Schmerzen leise aufstöhnte. „Du musst dich jetzt erstmal ausruhen. Und deine Gitarre bringe ich danach zur Reparatur.“ Kaum hatte er dies gesagt, hatte er dem Blonden auch schon das Instrument aus der Hand gerissen und packte es vorsichtig in den Koffer. Dann blickte er zu Miku, der immer noch auf dem kalten Boden hockte und seinen Bewegungen gedankenverloren verfolgte. „Kommst du mit?“ Der Vocal schüttelte mit dem Kopf. „Mir ist gerade ’ne Idee für einen Song gekommen und will sie aufschreiben, bevor ich sie wieder vergessen habe.“ Teruki runzelte ein wenig die Stirn. „Na gut. Aber mach nicht zu lange, ja? Du siehst nämlich auch nicht gerade fit aus.“ „Mach dir keine Sorgen, mir geht es gut“, versicherte Miku ihm und lächelte. Teruki und Bou tauschten vielsagende Blicke aus, ehe sie sich von ihm verabschiedeten und verschwanden. Das Lächeln aus Mikus Gesicht verschwand; er seufzte. Er hasste es, seine Freunde zu belügen, denn ganz die Wahrheit war es nicht gewesen, die er ihnen aufgetischt hatte. Ihm ging es überhaupt nicht gut. Seine Rippen brannten wie Feuer und die Schulter, auf die er gefallen war, fühlte sich nicht besser an. Doch am meisten schmerzte es, dass Kanon tatsächlich in all seiner Wut auf den kleinen Blondschopf losgegangen war und dass er – Miku – nicht in der Lage gewesen war, ihn aufzuhalten und zu besänftigen. Besonders traurig stimmte es Miku, dass der Bassist ihn so brutal beiseite gestoßen hatte. Schließlich liebte Kanon ihn doch. Miku verstand es einfach nicht. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ kyaaaah!!!! sry bou! sry kanon! *schlechtes gewissen hab* ~.~ kommis pls x3 Kapitel 25: Tausend Scherben ---------------------------- Kapitel 25. – Tausend Scherben Es war drei Uhr nachts und man hätte meinen können, dass ein gewisser Vocal schon längst seelenruhig in seinem Bettchen liegen sollte und friedlich am Schlafen war. Doch offenbar war dem nicht so. //Wieso eigentlich immer ich?// Gähnend schlurfte Miku durch den dunklen Flur seiner Wohnung. Mit halb geöffneten Augen tastete er sich vorsichtig zur Wohnungstür vor, die stechenden Schmerzen in Schulter und Rippen ignorierend. In Gedanken war er ganz damit beschäftigt, sich die beste Foltermethode für den Störenfried auszudenken, der es gewagt hatte, ihn mit dem schrillen Ton seiner Klingel zu wecken, wo er doch schon eine ganze Weile gebraucht hatte, um überhaupt einschlafen zu können. Er hatte nämlich nicht aufhören können, über seine Beziehung und Gefühle zu Kanon und Bou nachzudenken; wirklich vorangekommen war er in seiner Überlegung allerdings nicht wirklich. Er war sich auf alle Fälle sicher, dass er beide auf gar keinen Fall verletzen oder vernachlässigen wollte; er wusste auch, dass er noch immer etwas für Bou empfand. Der Kuss und die urplötzlich wieder aufkommenden, alten Gefühle hatten es deutlich gemacht. Doch zugleich liebte er Kanon, da war er sich hundertprozentig sicher. Klar, er war sich bewusst, dass er seine eigenen Gefühle noch nie wirklich richtig deuten konnte – doch was sollte er denn machen? „Jetzt muss erst einmal der Störenfried weg“, murmelte Miku völlig verschlafen, während er die Tür öffnete. „Okay, ich habe eh nicht erwartet, dass du mir freudig und hellwach um den Hals springen würdest. Aber, so....“ Miku zuckte beim Klang dieser vertrauten Stimme zusammen und urplötzlich wich auch die restliche Müdigkeit aus seinen Gliedern. Überrascht blinzelnd sah er seinen Gegenüber an, der seltsamerweise etwas beleidigt dreinschaute. „Was machst du denn hier? Hast du mal auf die Uhr geguckt?“ Allerdings verdrängte er schon mal seine Folterpläne und umarmte seinen Freund liebevoll. „Sorry, wenn ich dich geweckt haben sollte - “ „Yapp, das hast du.“ „ – aber ich muss dringend mit dir reden.“ „Kann das nicht bis morgen warten?“, maulte Miku, der verständlicherweise gerade überhaupt keine Lust verspürte, jetzt ein ernstes Gespräch zu führen. Doch auf Kanons niedergeschlagenen und drängenden Blick hin trat er ein Stück beiseite, um ihn eintreten zu lassen. „Komm rein.“ Kanon schenkte ihm als Dank ein müdes Lächeln und betrat die Wohnung; Miku schloss die Tür hinter ihm. Dunkelheit erfüllte den Raum. Er hörte, wie der Bassist sich seine Jacke auszog. „Miku. Es wäre sehr hilfreich, wenn du mal das Licht anmachen würdest.“ Der Angesprochene betätigte den Schalter neben sich an der Wand und blinzelte kurz, um sich an das so plötzlich gekommene, taghelle Licht zu gewöhnen. Nachdem Kanon seine Jacke am Haken aufgehängt hatte, folgte er dem Vocal ins Wohnzimmer und ließ sich dort auf die Couch nieder. „Willst du was trinken oder so?“, fragte Miku. „Nein, lass nur“, bedankte sich Kanon und bedeutete dem Vocal, sich zu ihm zu setzen. //Wer ist hier eigentlich zu Hause?//, fragte sich dieser irritiert, doch er setzte sich brav neben den Schwarzhaarigen und betrachtete ihn. Von den blauen Flecken war nichts mehr zu sehen, sie waren offenbar nicht allzu schlimm gewesen; umso deutlicher erkannte man nun die Kratzer, die sein Gesicht zierten. Es waren nicht viele, und doch schon für Miku zu viele. Zudem sah er ziemlich übermüdet und abgeschlafft aus. „Und? Was gibt es so Dringendes?“, fragte er gespannt und legte seinen Kopf an die weiche Lehne der Couch, den Blick auf Kanon ruhend. „Na ja...“ Dieser zögerte kurz. „Ich wollte mich wegen eben bei dir entschuldigen.“ Miku runzelte die Stirn und bemühte sich, seine Wut vor ihm zu verbergen, indem er sagte: „Das solltest du nicht mir sagen. Du hast mir zwar auch ziemlich wehgetan, aber im Gegensatz dazu, was du mit Bou angestellt hast, war das gar nichts. Warum bist du überhaupt auf ihn losgegangen? Verdammt, es war nur ein Kuss! Das hättest du doch anders regeln können.“ Kanon, der sich geschworen hatte, keinen Streit mit dem Vocal anzufangen, holte tief Luft. „Ich weiß doch selbst, dass es falsch war. Ich kann es doch jetzt auch nicht mehr rückgängig machen und entschuldigen wollte ich mich sowieso bei ihm.“ „Du hättest beinahe seine Gitarre zerstört“, bemerkte Miku kühl. Er war noch immer ziemlich wütend auf den Schwarzhaarigen, doch er wusste auch, dass dieser das alles nicht gewollt hatte. „Ich weiß.“ Kanon für sich mit beiden Händen durchs Haar und blickte starr und abwesend geradeaus. „Und ich werde die Reparatur natürlich bezahlen.“ //Das ist ja wohl auch das Mindeste//, schoss es Miku durch den Kopf und dachte an den armen Bou, der sich immer so rührend und liebevoll um seine E-Gitarre gekümmert hatte. Von der der Blondschopf keine Ahnung hatte, wer sie ihm geschenkt hatte. „Wann willst du es ihm endlich verraten?“ Miku hob ein wenig den Kopf und sah Kanon an, der sich ihm fragend zugewandt hatte. Der Vocal zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht. Ich denke mal, dass das momentan das kleinste Problem ist.“ „Stimmt“, sagte Kanon. Miku schwieg. Er betrachtete seinen Freund, der seinen Blick gedankenverloren auf den hellen Lamynaht-Boden gerichtet hatte. Cool und lässig wie sonst wirkte er nicht und es schien, als wäre alles Leben aus ihm gewichen. Und so hatte Miku ihn noch nie erlebt. Bisher hatten sie jeder jeweils in einer Ecke der Couch gesessen, nun krabbelte Miku auf allen Vieren und mit einem lieben Lächeln im Gesicht zu ihm. Dort angekommen legte er seinen Kopf auf die Seite, sodass er genau in Kanons Augen schauen konnte. Kanon stutzte und Miku machte innerlich einen Freudensprung, denn er hatte es geschafft, zumindest ein kleines Lächeln in das düstere Gesicht des Bassisten zu zaubern. Ohne, dass einer von den beiden auch nur ein Wort verlor, hatte Kanon sich ordentlich hingesetzt und Miku sich mit dem Kopf in seinen Schoß gekuschelt, die Arme um die Hüfte des anderen gelegt und mit den Händen immer wieder über den Rücken streichend. Kanon fuhr ihm sanft durchs Haar. Miku schloss die Augen und genoss die kleine Streicheleinheit. Er hoffte, dass er Kanons Zustand damit wieder normalisieren konnte. //Er muss ein richtig schlechtes Gewissen haben...okay, das ist auch verständlich. Er sollte auch eins haben, denn so geht man nicht mit seinen Freunden um...und doch will ich ihn endlich wieder lachen sehen...im Grunde genommen bin ich ja Schuld an seiner momentanen Gefühlslage. Wenn ich Bou doch nur von mir gestoßen hätte...obwohl...dann hätte ich ja Bou verletzt...Kami, ist das kompliziert...// „Miku“, hörte er nach einer Weile Kanons Stimme leise sprechen, welcher einfach nicht aufhören konnte, dem Blonden pausenlos durchs Haar zu streichen und ihn dabei unentwegt zu beobachten und sich immer wieder fragte, wie man nur so verdammt niedlich aussehen konnte. „Kann ich dich mal was fragen, worauf ich auch eine ehrliche Antwort bekomme?“ „Klar.“ Bevor er seine Frage stellte, wanderte er mit seiner Hand vom Kopf des Vocals etwas unterhalb dessen Schulter, wo sie verharrte. Miku wollte sie gerade wieder zurück auf seine Haare legen, damit er weitergestreichelt wurde, doch dann setzte sein Herz für einen Moment aus, als er Kanons Frage vernahm. „Empfindest du noch immer was für Bou?“ „Ach, Kanon“, seufzte Miku und setzte sich neben den Schwarzhaarigen, sodass er ihn nun problemlos ansehen konnte. „Das ist nicht nett von dir.“ Leicht lächelnd strich er ihm eine Strähne, die sich in sein Gesicht verirrt hatte, hinters Ohr. „Das ist es vielleicht auch“, meinte Kanon und ließ sich von der kleinen Hand nicht stören, die noch immer irgendwo in der Nähe seines Ohres verharrte. „Aber ich denke, dass ich ein Recht habe, es zu erfahren. Oder? Außerdem kenne ich die Antwort bereits, ich will es nur noch von dir selbst hören.“ „Kanon, was...“ „Nein, Miku.“ Kanon schüttelte traurig den Kopf, während er die verirrte Hand zurück zum Besitzer brachte, welcher ihn völlig verpeilt ansah. „Ich hatte dir heute doch schon gesagt, dass Bou dich wahrscheinlich mehr liebt als ich es jemals könnte. Und weißt du auch, warum ich das weiß?“ Miku schüttelte den Kopf. „Bou und ich haben vor einigen Tagen miteinander geredet, das war kurz nach deinem Geburtstag. Er meinte zu mir, dass er es ertragen könnte, dass du mit mir zusammen bist und dass er uns sogar unterstützen würde, solange du nur glücklich wärst.“ „Nani?“, keuchte Miku entsetzt. Bou hatte ihm zwar selbst gesagt, dass er alles machen würde, um den Vocal glücklich zu machen. Doch es jetzt noch einmal von Kanon zu hören, irritierte ihn nun noch mehr. Kanon wich seinem verwirrten Blick aus. „Wir haben es sogar geschafft, uns danach nicht mehr zu streiten. Na ja, bis heute. Wenn ich Bou gewesen wäre, hätte ich das nicht ausgehalten; um ehrlich zu sein, ich hätte alles versucht, um dich wieder für mich zu gewinnen – koste es, was es wolle. Ich bewundere ihn, wie leicht er damit umgehen kann. Natürlich erinnere ich mich noch an den Morgen in Paris, als ich ihn mit aufgeschlitzten Armen in seinem Bett halb bewusstlos und völlig verheult gefunden hatte. Er ist seitdem sehr stark geworden, Miku. Das muss dir doch auch schon aufgefallen sein.“ Kanon senkte ein wenig die Stimme. „Im Gegensatz zu ihm bin ich nichts.“ „Sag doch so was nicht!“, rief Miku panisch. Er hatte Kanon bis jetzt geduldig zuhören müssen, der so vieles gesagt hatte, was ihm selbst noch nicht einmal aufgefallen war. „Wie hätte ich mich denn sonst in dich verlieben können, wenn du nichts wärst? Du bist so ein Baka, Shinya! Jeder Mensch hat andere Charakterzüge, das ist bei dir und Bou doch genauso. Gerade deine Coolness und wie locker du an Probleme herangehst, an die ich mich nie wagen würde! Deine Ernsthaftigkeit! Das sind alles Dinge, die ich gerade an dir interessant finde!“ „Aber, Akiharu! Es ist jetzt schon zwei Mal passiert, dass ich mich selbst nicht mehr zurückhalten konnte und dich verletzt habe.“ Mikus Herz schmerzte; er sah, wie die tiefschwarzen Augen des Bassisten sich allmählich mit Wasser füllten. Er wollte etwas sagen, doch er spürte, dass Kanon noch nicht fertig war. Es dauerte allerdings einen Augenblick, bis dieser weitersprach. Miku schien es, als würde er mit sich selbst ringen. Kanon zog ihn wieder zu sich und nahm ihn fest in die Arme. Er wusste, dass der Vocal ihn gleich brauchen würde. Und er würde den Vocal brauchen. „Miku. Ich habe einen Entschluss gefasst, der mir wirklich nicht leicht gefallen ist. Aber ich will nicht riskieren, dich durch meine Unkontrolliertheit über mich selbst zu verletzen.“ Er schloss die Augen und holte tief Luft. „Ich trenne mich von dir.“ Wenn Kanon auch nur ansatzweise gedacht hätte, dass der Kleine in seinen Armen sich nun mit Händen und Füßen sträuben würde, so wurde er enttäuscht. Miku hatte einen Augenblick gebraucht, bis er das Gehörte überhaupt realisiert hatte, und fühlte sich wieder in die Zeit nach Bous Trennung zurückkatapultiert; seinen Tränen ließ er freien Lauf. Es schmerzte und zunächst konnte er einfach nicht begreifen, wieso sich Kanon von ihm trennte. Ausgerechnet Kanon, der ihn doch angeblich sehr liebte. Doch dann fiel ihm wieder ein, dass Kanon gesagt hatte, er hätte Angst, ihn noch mehr zu verletzen. Miku drückte den Bassisten fest an sich, der zu zittern angefangen hatte. „Das ist nicht fair“, flüsterte er leise; er schmeckte die salzigen Tränen auf seinen schmalen Lippen. Ob sie nun von ihm oder Kanon waren wusste er nicht. „Das ist einfach nicht fair.“ Wieso hatte er sich nur in Kanon verliebt? Dieses Gefühl war zwar schön, und doch hatten sie sich in der letzten Zeit ziemlich oft gestritten. Miku konnte es einfach nicht begreifen, aber er wusste, dass es besser so war. Außerdem war da ja noch die Tatsache, dass er offenbar noch immer Gefühle für Bou hegte. //Wieso muss ausgerechnet ich zwei Menschen lieben? Ich habe doch eh schon Schwierigkeiten, mit meinen Gefühlen umzugehen...// Nach einer Weile versiegten die Tränen der beiden. Miku fuhr sich mit dem Handrücken übers Gesicht, um auch die letzten Tränen wegzuwischen. Dann tat er das Gleiche bei dem Schwarzhaarigen, dessen Augen vom Weinen schon ganz rot geworden waren. Der Vocal wusste, dass er nicht besser aussah. Ihre Blicke trafen sich. „Shinya. Ich...ich bin einverstanden.“ „Aki...“ Erneut lagen sie sich in den Armen; doch dieses Mal hielten sie ihre Tränen zurück. Beide wollten dem anderen nicht zeigen, wie sehr es schmerzte. Sie waren sich sicher, dass man es so am Besten überwinden konnte. Die kahlen Äste der Bäume schwangen geräuschlos im starken Wind hin und her und der Regen peitschte auf die hektisch umher laufenden Passanten ein, die den Fehler begangen hatten, an diesem stürmischen Tag, der regelrecht zum Frieren einlud, raus ins Freie zu gehen. Kanon verlängerte seine Schritte, als er vor sich sein Ziel entdeckte. Er wusste selbst nicht genau, was ihn ausgerechnet heute, zu dieser Stunde, hierhin verschlagen hatte. Vielleicht lag es einfach nur an seiner Langeweile und seiner Unruhe. Oder aber doch an seinem schlechten Gewissen. An der Haustür angekommen, holte er einmal tief Luft und drückte dann auf ein Klingelschild mit der Aufschrift: Kazuhiko. Kurz darauf ertönte ein leises Surren und die Tür schwang auf. Kanon trat ein, schüttelte sein schwarzes Haar und Wassertropfen, die kleinen Perlen glichen, stoben davon. Einen Fuß vor den anderen setzend näherte er sich der Treppe, welche er bis in den dritten Stock folgte und dort vor der gewünschten Wohnungstür stehen blieb. Kanon überlegte, ob er vielleicht doch wieder gehen sollte, doch kaum hatte er dies gedacht, öffnete sich die Tür auch schon und ein zerknittert aussehender Blondschopf öffnete die Tür. Kanons Laune sank, so weit es überhaupt noch möglich war, auf einen noch tieferen Punkt, als er die Auswirkungen seiner Schläge in Bous Gesicht entdeckte. Bou stutzte, als er erkannte, um wen es sich bei seinem unangekündigten Besucher handelte. „Was willst du?“, fragte er ein wenig ungehalten, denn er hatte momentan gar keine Lust, mit dem Schwarzhaarigen zu sprechen. Kanon lächelte leicht. Er hatte Bous Reaktion schon geahnt. „Ich wollte mich bei dir entschuldigen.“ „Das hast du ja jetzt.“ Bou funkelte ihn an und wollte schon die Tür wieder schließen, doch Kanon wusste dies mit seinem Fuß zu verhindern, indem er ihn zwischen Tür und Rahmen stellte. „Was ist denn noch?“, stöhnte Bou genervt. „Wenn du mich wieder schlagen willst, dann - “ „Das will ich doch gar nicht!“ Kanon seufzte und sah den Blonden ruhig an. „Bitte. Lass mich rein.“ Zunächst rührte Bou sich nicht, sondern bewarf den Bassisten weiter mit bösen Blicken, doch kurz bevor Kanon schon von ihm ablassen und wieder gehen wollte, trat Bou einen Schritt beiseite. Dankend betrat der Schwarzhaarige die Wohnung und folgte dem Kleinen ins Wohnzimmer, wo sie sich an den Tisch setzten. Bou hatte seine Beine übereinander geschlagen und wackelte ungeduldig mit dem Fuß, den Blick auf die weiße Tischplatte gerichtet. Doch Kanon merkte genau, dass er haarscharf im Auge behalten wurde. Er blickte auf die Blessuren im sonst so makellosen Gesicht des Kleinen. „Wie geht es dir?“ Bou lachte leise auf. „Das fragst ausgerechnet du?“ Kanon seufzte. „Bou, gomen nasai. Ich weiß, dass das ein großer Fehler war und es wird nicht noch einmal passieren. Das musst du mir glauben. Mit mir ist es einfach...durchgegangen.“ „Kanon.“ Bou blickte auf. „Wie soll ich dir bitte schön glauben, wenn du mich vor zwei Tagen regelrecht niedergeschlagen hast? Meiner Gitarre geht es auch nicht wirklich besser! Ich kann von Glück sagen, dass sie `nur’ angeknackst ist.“ „Schick die Rechnung an meine Adresse.“ „Nein, das geht schon“, wehrte sich Bou, doch Kanon blieb hart und schließlich stimmte er doch zu; auch er wollte sich mit ihm wieder vertragen. „Das ist das mindeste, was ich tun kann“, sagte der Bassist und lehnte sich zurück. „Ich kann es nicht wieder gutmachen, dass ich auf dich losgegangen bin. Vor allem nicht, dass AnCafé erst einmal aussetzen muss.“ Kanon senkte traurig den Blick. „Keine Sorge, ich bekomme in den nächsten Tagen eine Leihgitarre. Und ein paar erholsame Tage können wir uns momentan schon leisten.“ Bou lächelte leicht. „Mann, Kanon. Du hörst dich ja schon an wie Teruki.“ Kanon schwieg. //Wenn das so weitergeht, verrate ich ihm am Ende noch, dass die Gitarre von Miku ist...und das kann ich auf gar keinen Fall machen. Ich habe es Miku doch versprochen...// Sein Blick wurde trüb, als er an den niedlichen Vocal denken musste. „Kanon.“ Der Angesprochene schreckte aus seinen Gedanken auf und sah den Blondschopf fragend an, der aus irgendeinem Grund noch trauriger und deprimierte dreinschaute als zuvor. „Ich...ich muss dir was sagen.“ Ihre Blicke trafen sich kurz. „Teruki habe ich es schon gesagt und du wirst an meinem Entschluss auch nichts mehr ändern können.“ „Welchem Entschluss?“, fragte Kanon ein wenig irritiert, doch Bou schien ihn nicht gehört zu haben. „Ich habe es mir gründlich überlegt und es ist besser so. Besser für alle. Vor allem für Miku.“ „Mensch, Bou! Wovon redest du?“ „Kanon!“, rief der Blonde nun weinerlich und sah ihn an. „Ich trete aus!“ „Was?!“ Die dunklen Augen des Bassisten weiten sich. Geschockt sah er den Blondschopf an und meinte, sich verhört zu haben. Doch die Traurigkeit des anderen sprach für sich. „Warum?“ „Ich halte es einfach nicht mehr aus, dich mit Akiharu zu sehen“, sagte Bou leise. „Und es macht mir auch ehrlich gesagt keinen Spaß mehr. Schließlich habe ich euch beide verletzt und ich möchte nicht noch mehr falsch machen.“ „Aber du hast doch nichts falsch gemacht!“ „Kanon! Ich meine es ernst!“, rief der Kleine. „Ich habe mich auch schon nach einem neuen Gitarristen umgesehen und einen gefunden, der zu AnCafé passt. Ihr müsst ihn euch nur noch anhören! Du kennst ihn auch schon.“ Nachdem Kanon erfahren hatte, wer der neue Gitarrist werden sollte, war er erst einmal sprachlos. Er wollte nicht, dass der Blonde austrat – auch, wenn sie sich seit über einem halben Jahr nur gestritten hatten und es dann sogar zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung gekommen war. Trotz allem wollte er Bou nicht als Freund verlieren und erst recht nicht als Bandkollegen. Aber er wusste auch, dass er ihm diesen Entschluss, so absurd er auch klang, nicht ausreden konnte. Wenn Teruki es schon nicht gekonnt hatte, dann konnte es keiner. Vier Tage nach jenem unglücklichen Tag konnten sie endlich weiterproben. Bous schöne Gitarre war zwar noch immer kaputt, doch er hatte vom Label eine gestellt bekommen. Es war zwar nicht die beste, doch sie würde ihren Zweck erfüllen; zudem hatten sie keine andere Wahl. Stumm lauschten Miku, Kanon und Teruki dem fremden Klang der Gitarre, an die Bou sich gerade zu gewöhnen versuchte. Ihnen entging auch nicht das geknickte Gesicht, das der Kleine aufgesetzt hatte. Seufzend ließ der Blonde sein Instrument sinken. „Sie hört sich so anders an“, fing er an zu maulen und sah die anderen verzweifelt an. „Und sie liegt auch ganz anders in meiner Hand.“ „Ach, komm, Bou.“ Teruki ging zu ihm und drückte ihn leicht an sich. „Du überlebst das schon“, versuchte er ihn wieder aufzubauen. „Da wird mir wohl nichts anderes übrig bleiben“, murmelte Bou leise zurück und strich kurz über die dunkle Oberfläche der E-Gitarre. Teruki klopfte ihm noch einmal aufmunternd auf die Schulter, ehe er hinter seinem Schlagzeug verschwand. Daraufhin hängte sich Kanon den schwarzen Ledergurt, der mit kleinen Sternchen verziert war, über die Schulter und positionierte sich, während Miku nach dem pinken Mikro griff. Zunächst erklang die Melodie von Renai Game ein wenig steif, vor allem die Gitarre schien ein wenig unkonzentriert zu sein, doch kaum hatte Miku mit seinem Gesang eingesetzt, schien sich dies in Luft aufzulösen. Miku bemühte sich sichtlich, seine Konzentration zu halten. Immer wieder schweiften seine Gedanken zu Kanon. Sie hatten sich seit ihrem Trennungsgespräch nicht mehr gesehen, geschweige denn miteinander telefoniert. Zunächst hatte Miku eine wahre Achterbahnfahrt von Gefühlen durchleben müssen. Es hatte ihn schwer getroffen, dass ihre Beziehung noch nicht einmal einen Monat gehalten hatte, und vor allem der Grund für die Trennung hatte ihn beschäftigt. Ihm war sogar aufgefallen, dass Kanon nur dann ausgerastet war, wenn es um ihn – Miku – ging. //Es ist besser so, wenn es vorbei ist...// Doch vor allem war er sich seiner momentanen Gefühlslage bei Bou unsicher. Liebte er ihn immer noch oder ließ er sich nur von der Vergangenheit mitreißen? Nach drei Stunden legten sie eine Pause ein. Erleichtert hüpfte Miku vom Verstärker und organisierte sich aus einer Kiste neben dem Kühlschrank eine Wasserflasche, die er auch sofort öffnete und dessen Inhalt gierig in sich hineinschüttete. „Uhm...Miku?“ Immer noch trinkend drehte sich der Angesprochene zu Bou um, der ein wenig verschüchtert zu ihm aufblickte. „Ich muss dir was sagen.“ Miku stellte die Flasche auf den Tisch und folgte dem Blonden in den Nebenraum, wo er auf die Couch gedrückt wurde. Irritiert sah Miku ihm zu, wie er nervös vor ihm stand und den Blick unruhig umherschweifen ließ. Er fragte sich, was mit dem Kleinen los war. Doch konnte es noch schlimmer kommen als ein weiteres Liebesgeständnis? „Akiharu.“ Bou beugte sich zu ihm vor, die Hände auf der Schulter des Vocals ruhend, und sah ihn eindringlich an. Miku erschrak über den Blick, denn so ernst hatte er ihn noch nie erlebt. „Bitte, versprich mir, dass du mich nicht zu überreden versuchst - egal, was ich jetzt sage.“ „Bou, was...“ Miku sah ihn völlig verpeilt an. „Versprich es mir einfach“, wiederholte Bou seine Bitte. „Gut, ich verspreche es; auch, wenn ich nicht weiß, worum es geht.“ „Das ist auch gut so.“ „Nani?“ Bou wich seinem Blick aus. „Wenn du wüsstest, was ich dir gleich sagen werde, hättest du mir nie dieses Versprechen gegeben. Das weiß ich.“ „Ich kapier’ jetzt gar nichts mehr!“, rief Miku verzweifelt. „Du - “ „Ich trete aus.“ „ – kannst mich doch nicht einfach so überrumpeln! Außerdem....“ Mikus Gesicht wurde kreidebleich – was wohl daran lag, dass er für einen Moment völlig vergaß zu atmen -, als er realisiert hatte, was Bou da gerade zu ihm gesagt hatte. Geschockt sah er ihn an. „M-meinst du das ernst?“ Bou nickte traurig, sah ihn weiterhin nicht an, sondern hielt den Kopf gesenkt, sodass die Haare wie ein weißer Vorhang sein Gesicht verdeckten. „Mir wird das einfach zu viel und es macht auch keinen Spaß mehr; wenn ich nicht mit dir zusammen sein kann, kann ich es auch nicht mehr ertragen, in der Band zu sein. Und Kanon und ich...da ist wohl einfach einer fehl bei AnCafé. Du und Teruki könnt unsere Meckerei doch schon länger nicht mehr ertragen und ehe AnCafé ganz untergeht, trete ich lieber aus. Teruki und Kanon wissen es schon.“ „Aber, Bou!“, rief Miku nun völlig panisch und sprang auf. Bou stolperte erschrocken ein paar Schritte zurück. „Das kannst du doch nicht machen! Denk doch mal an die letzten vier Jahre! Das kann doch alles wieder in Ordnung kommen! Wir stehen das gemeinsam durch! Von mir aus können wir uns auch eine kurze Auszeit nehmen! Wir haben so viel Zeit und Mühe in AnCafé gesteckt und soviel zusammen erlebt und durchgestanden! Guck doch mal, wo wir heute stehen! Bedeutet dir das etwa nichts?“ „Akiharu. Mir bedeutet das wohl was. Außerdem kann AnCafé sich keine Pause gönnen, so klein sie auch sein mag.“ Bou sah ihn mit Tränen in den Augen an; seine Stimme zitterte. „Du hast mir versprochen, dass du so was nicht sagst.“ „Aber da wusste ich noch nicht, was du mir sagen willst!“ Miku war verzweifelt. „Außerdem wäre ich ein richtig schlechter Bandkollege und erst recht ein schlechter Freund, wenn ich das nicht versuchen würde! Mensch, Bou! Du kannst das doch nicht machen!“ Mikus Augen brannten. „Wenn du nicht mehr dabei bist, macht es mir keinen Spaß mehr. Dann trete ich auch aus!“ „Das kannst du nicht machen!“ Bou sah ihn flehend an. „Wenn du die Band verlässt, geht dein Traum kaputt! Akiharu. Gitarristen wie mich findet ihr wie Sand am Meer; aber so emotionale Sänger wie dich gibt es so gut wie nie! Wirf dein Talent nicht weg, Akiharu! Gerade du bist es doch, der AnCafé das gibt, was es ausmacht. Wer hat denn die Wörter Nyappy, Popo und Tiramisu und deren Bedeutung erfunden und heitert Menschen mit seinem unwiderstehlichen Grinsen auf? Ich ganz bestimmt nicht! Deine Songtexte geben die Botschaft wider, die AnCafé verkörpert! Das Line Up ist da doch völlig egal! Und gerade du strotzt nur so vor Oshare Kei!“ „Bou, was redest du da? ICH sollte es doch sein, der so was jetzt zu dir sagt! Außerdem sind wir nicht umsonst eine Oshare Kei - Band. Jeder hat einen bestimmten Teil von sich in AnCafé reingesteckt. Da bin ich bestimmt nicht der Einzige!“ „Akiharu! Weißt du, was wirklich Oshare Kei ist? Dass man sich, auch wenn man nur ein bischen Mut aufweisen kann, alles gibt und sich niemals unterkriegen lässt, wenn man hart genug an sich arbeitet, dass man sich dann zum Positiven verändern und stärker werden kann – und das nicht allein, sondern mit Menschen, die man wirklich liebt. Dass man alles, was man investiert, tausendfach zurückbekommt und mit Phantasie der Welt Farbe geben kann und alles dadurch erträglicher machen kann, um sich selbst zu verwirklichen – DAS ist Oshare Kei! Und das ist auch die Botschaft von AnCafé! Und das bist du!“ „Du bist genau so wertvoll für AnCafé wie ich, Saitou!“ Um Miku herum drehte sich alles; wieso war Bou nur so darauf besessen, auszutreten? „Du bist ein wichtiges Mitglied für AnCafé und das Line Up ist mir nicht egal! Wir sind so gute Freunde geworden und wenn du jetzt austrittst, werden wir uns kaum noch sehen können! In gut zwei Monaten ist unsere nächste Nippon-Tour! Wie stellst du dir das denn bitte schön vor? Wir können jetzt doch nicht zum Manager gehen und sagen: `Hallo, wir müssen die Tour absagen, weil wir einen Gitarristen verlieren und wir auch so schnell keinen finden’? Wer weiß, ob AnCafé überhaupt bestehen bleibt! Und bevor du austrittst, werde ich austreten!“ Hinter sich hörte er, wie dir Tür aufging und Kanon und Teruki eintraten. Da Bou und Miku nicht gerade leise geredet hatten, war ihnen das Gespräch auch nicht entgangen. Zunächst hatten sie die beiden in Ruhe lassen wollen. Doch als sie merkten, wie sehr Miku nun auch austreten wollte – offenbar aus Protest Bou gegenüber – hatten sie sich nicht mehr länger beherrschen können. „Du wirst unseren Traum auch zerstören, wenn du ebenfalls austrittst, Akiharu“, sagte Teruki ruhig. „Denn Kanon und ich wollen weitermachen, wir wollen nicht, dass die letzten Jahre umsonst waren. Du hast es doch selbst gesagt, Miku. Das ist es einfach nicht wert. Und es heißt doch auch nicht, dass du die Freundschaft zu Bou verlieren wirst.“ „Ich will auch nicht, dass du gehst.“ Kanon sah ihn traurig an. „Du machst dich damit nur selbst kaputt, Miku. Denk doch mal nach, was du den Cafekos damit antun würdest. Es wird, denke ich, wohl unvermeidlich sein, dass wir erst einmal nur Protestschreie hören werden, wenn wir Bous Austritt bekannt geben. Aber es wird uns stärker machen; sowohl jeden Einzelnen als auch die Gemeinschaft.“ „Leute, ich...“ Miku konnte nicht weitersprechen; er merkte, dass Teruki und Kanon es wohl aufgegeben haben mussten, Bou umzustimmen. Und er allein würde da auch nicht viel ändern können. Es war einfach nur zum heulen. Bou kam auf ihn zu und nahm ihn in die Arme. „Bitte, Akiharu“, sagte er leise. „Mach es mir nicht noch schwerer, als es ohnehin ist. Ihr werdet bestimmt auf musikalischer Ebene aufsteigen und in den Oricon-Charts weiterhin für mächtigen Wirbel sorgen. AnCafé hat Zukunft, Miku. Zerstöre sie bitte nicht, indem du auch noch gehst.“ Miku spürte seine warme Hand, die ihm beruhigend über den Rücken fuhr. //Bou wirkt so stark...//, schoss es ihm traurig durch den Kopf. //Wieso bin ich nicht genau so stark? Muss ich es nicht eigentlich sein, der ihn tröstet und wieder aufbaut? Schließlich will er doch austreten...nur, weil er meine Nähe nicht mehr ertragen kann und sich wegen mir nicht mehr so gut mit Kanon versteht...verdammt!!// Miku hielt es nicht mehr länger aus. Er riss sich von dem Blondschopf los, ließ sich auch nicht von Kanon und Teruki aufhalten und rannte davon. Kapitel 26: Orange Dream~ ------------------------- Kapitel 26 - Orange Dream Wie in Trance machte er sich auf den Weg nach Hause. Er konnte einfach nicht aufhören, an das zu denken, was Bou ihm gerade gebeichtet hatte, und der Realität, so bedrückend und traurig sie auch war, ins Auge zu sehen. Er wollte es einfach nicht begreifen. Bou - der kleine, zierliche und mädchenhafte Gitarrist, der liebenswerte, starke und chaotische Blondschopf, sein Freund, den er gegen nichts und niemanden auf der Welt eintauschen würde, - sollte bald kein Mitglied mehr von AnCafé sein? Miku schloss die Tür auf, betrat seine Wohnung und bewegte sich kraftlos Richtung Schlafzimmer, wo er sich bäuchlings auf das Bett warf. „Das ist absurd“, dachte er, leise vor sich hinmurmelnd; sein Gesicht vergrub er im weichen Kissen, das einen süßen Geschmack verströmte, seinen Tränen freien Lauf lassend. „Er kann nicht austreten. Er kann es einfach nicht. Das ist unmöglich.“ Vor sich sah Miku wieder das Gesicht des Blondschopfes. Das Gesicht, das so ernst und leicht eingefallen gewesen war, und die dunklen Rehaugen. Die Augen, die ihn ausdruckslos und doch sehr ängstlich und niedergeschlagen angesehen hatten. Bou, der mit sich selbst gekämpft, selbst mit den Tränen gekämpft hatte... Miku wusste selbst nicht, wie lange er leise vor sich hingeweint hatte, die Hände krampfhaft in das Kissen vergriffen und die langen Beine von sich gestreckt, bis er eingeschlafen war. Er träumte von ihrem ersten Live-Auftritt in irgendeinem Club in Nagasaki und wie aufgeregt sie da alle gewesen waren... Das Klingeln des Telefons weckte ihn. Verschlafen hob er das rechte Augenlid ein Stück weit an, feststellend, dass die Sonne hoch am Himmel stand und kalt ins Zimmer schien. Offenbar war es bereits wieder mittags. Doch dies störte Miku herzlich wenig – auch, dass er längst bei der Probe hätte sein müssen. Mit einem tiefen Seufzer tastete er mit der Hand nach dem Hörer, der auf dem Nachtisch lag und noch immer am Klingeln war, mit einem Geräusch, das Mikus Kopf dröhnen ließ. Er ahnte schon, wer ihn da unwissentlich geweckt hatte; er drehte sich auf den Rücken, winkelte ein Bein an und hob ab. „Tsukiya - “ „Mensch, du hast vielleicht Nerven!“, wurde er von einer erstaunt klingenden Stimme unterbrochen; Miku verdrehte entnervt die Augen. „Hast du mal auf die Uhr geguckt?“ „Iie...“ „Sag bloß, du hast noch geschlafen“, rief Teruki entrüstet. „Uhm...ich denke schon...“, antwortete der Vocal und bevor eine weitere Salve von Vorwürfen auf ihn niederprasseln konnte, fügte er noch schnell hinzu: „Um ehrlich zu sein, fühle ich mich nicht besonders gut.“ „Aber Miku, du - “ „Probt ohne mich oder lasst es einfach sein, ja?“, sagte Miku barsch, ehe er auflegte. Den Hörer warf er achtlos Richtung Nachtisch, doch das Telefon flog in einem hohen Bogen darüber hinweg und landete mit einem dumpfen Knall auf der anderen Seite. Doch das war Miku momentan herzlich egal. Denn zum ersten Mal in seinem Leben – beziehungsweise seit der Geburt AnCafé’s -verspürte er überhaupt keine Lust auf die Probe. Sonst immer hibbelig freuend und kaum erwartend, jetzt nur noch Aufkommen von Übelkeit, wenn er nur daran dachte, dorthin gehen zu müssen. Das Verlangen zu singen, seine Freunde zu treffen. All das war wie weggeblasen. //Wie können sie nur zusammen proben, wenn sie wissen, dass es das alles bald nicht mehr geben wird?//, schoss es Miku wütend durch den Kopf. //Wie können Teruki und Kanon da nur so leicht nehmen? Okay, bei Kanon hätte ich mir die Frage auch sparen können. Schließlich hat er sich ja nur noch mit Bou gezofft...bestimmt ist er froh darüber, dass er austritt...// Mikus Blick wurde trüb, als er an den Schwarzhaarigen denken musste, der sich vor etwa einer Woche von ihm getrennt hatte und noch immer hatte er nicht mit ihm sprechen können. Er wusste, dass gerade ihn es getroffen haben musste, dass ihre Beziehung nicht so funktioniert hatte, wie er es sich vorgestellt hatte. //Auch wenn wir jetzt nicht mehr zusammen sind, bleibt Kanon auf ewig mein bester Freund. Ich denke, dass es besser ist, wenn wir wie früher miteinander umgehen...mit dem einzigen Unterschied, dass ich jetzt von seinen Gefühlen Bescheid weiß und ich darauf achten werde, sie zu respektieren, um ihn nicht zu verletzen...// Miku stand auf, griff nach einem warmen Pullover und zog sich diesen über. Anschließend ging er ins Wohnzimmer, wo er sich auf die Couch pflanzte und den Fernseher einschaltete, um auf andere Gedanken zu kommen. Langweilig zappte er von Kanal zu Kanal, während er sich verzweifelt fragte, wieso mittags nur der größte Mist ausgestrahlt wurde, den man sich nur ausdenken konnte. Gerade, als er die Hoffnung schon aufgeben und wieder ausschalten wollte, stutzte er, als er auf einen Musiksender schaltete, auf dem offenbar gerade eine Reportage über AnCafé lief. Gespannt hörte Miku zu und musste lächeln, als er dem Sprecher zuhörte, wie er ihre erfolgreiche Europa-Tournee lobte. So vergingen Tage, in denen der sonst immer so energiegeladene und fröhlich durch die Welt laufende Sänger AnCafé’s nur noch lustlos entweder auf dem Bett lag, wo er in Erinnerungen an die vergangenen Jahre schwelgte, oder aber auf der Couch, ständig einen Finger auf der Fernbedienung, um nach Bedarf gelangweilt von einem öden Programm zum nächsten zu zappen. Das Telefon war nach einigen Tagen verstummt, nachdem es vorher mindestens dreimal am Tag Sturm geläutet und ihm damit den letzten Nerv geraubt hatte. Doch das lag wohl daran, dass Miku keinen Drang verspürte, mit irgendeinem zu reden. Dass er mit seinem nicht miku-haften Verhalten mal wieder die Sorge seiner Freunde weckte, hatte er wohl nicht bedacht – oder ihm war es auch egal. Teruki, Kanon und Bou waren sich sicher gewesen, dass ihr Vocal nur ein wenig Zeit für sich bräuchte, um das alles besser zu verdauen, doch nachdem einige Tage vergangen waren, ohne dass sich Miku bei ihnen meldete oder gar mal das Telefon abhob, änderte sich ihre Meinung blitzschnell. Als sich Kanon, Teruki und Bou in der Wohnung des Drummers verabredet hatten, um sich zu beraten, wie es jetzt weitergehen könnte, äußerte der Blondschopf, er könne ja noch mal mit ihm reden oder sogar sein Vorhaben, die Band zu verlassen, rückgängig machen. „Das halte ich für keine so gute Idee, Bou“, hielt Teruki ihn davon ab und sah ihn von der Seite her an, welcher den Blick niedergeschlagen auf die helle Tischplatte vor sich gerichtet hatte. „Erstmal hast du schon alles gesagt, was du wolltest. Und noch sanfter hättest du es ihm nicht sagen können. Zweitens ist es ganz allein deine Sache, ob du aussteigen willst oder nicht. Wenn es wirklich dein Wunsch ist und du es dir auch gut überlegt hast, dann werden weder Kanon noch Miku oder ich dir im Weg sein und dich aufhalten. Es ist zwar traurig, aber wir können es nicht ändern...“ Bou nickte leicht, schwieg. Er wusste, dass es seine Schuld war, dass es Miku offensichtlich nicht gerade gut ging. Er hatte so schon geahnt, dass so etwas passieren könnte – deswegen hatte er es ihm eigentlich auch nicht sagen wollen. Aber er hatte es gemusst. Bou wollte nicht austreten, er war der umjubelte Gitarrist einer ziemlich erfolgreichen Band, in der er mit Freude mit Menschen zusammen musizierte, die ihm ans Herz gewachsen waren. Doch ebenso war er sich bewusst, dass wenn er nicht austrat, die Band vollends kaputt gehen würde. Seine Streitigkeiten mit Kanon hatten AnCafé schon zu sehr belastet, er wollte es nicht noch weiter provozieren – schon gar nicht, nachdem Kanon sogar handgreiflich geworden war. Bou hob ein wenig den Kopf, als er merkte, dass er beobachtet wurde. „Was ist?“ Fragend sah er Kanon an, der bisher wenig von sich gegeben und nach Bous Meinung nur körperlich anwesend gewesen war. „Ich muss dir was beichten“, sagte der Schwarzhaarige, wich seinem Blick aus. „Was kann denn schlimmer sein, als dass ich die Band verlasse?“, fragte der Blondschopf neugierig und auch Teruki schien gespannt auf die Antwort zu warten. „Das kommt ganz darauf an, wie du es findest“, sagte Kanon zögernd. Dann seufzte er leise und sah seinen Gegenüber direkt an. „Miku und ich sind nicht mehr zusammen.“ „Nani?“, brachte Bou keuchend hervor und starrte ihn mit einer Mischung aus Erstaunen und Hoffnung an. Erstaunen, dass es mit den beiden doch nicht geklappt hatte, und Hoffnung, dass er seinen Akiharu wieder für sich erobern konnte. „Seit wann?“, fragte Teruki, der genau so verwundert war wie sein Nebenmann. „Uhm…“ Kanon zögerte kurz. „In der Nacht, nachdem ich auf Bou losgegangen bin. Aber ich werde euch nicht den Grund sagen“, fügte er schnell hinzu, als der Blondschopf schon den Mund aufgemacht hatte. „Wenn Miku ihn dir irgendwann mal erzählt, dann ist es okay.“ „Aber wieso hast du es mir nich schon erzählt, als du neulich bei mir warst, um dich zu entschuldigen?“, fragte Bou gereizt. „Weil Miku es dir eigentlich sagen wollte und ich es nur jetzt gesagt habe, weil ich mir Sorgen um ihn mache.“ „Na toll!“, maulte Bou los und funkelte ihn wütend an. „Wieso erzählt ihr mir immer alles erst Tage später? Ich habe doch ein Recht zu erfahren, wie es mit euch läuft! Schließlich war ich mit Miku ein halbes Jahr zusammen und liebe ihn noch immer! Und deine dämlichen Ausreden kannst du dir sparen! Ich habe es einfach satt! Nie denkt ihr an meine Gefühle!“ Bou stützte die Ellbogen auf dem Tisch ab und vergrub das Gesicht in seinen Händen, mit den Tränen kämpfend. Er war nicht nur wütend auf Kanon, sondern auch auf Miku. Hatte dieser ihm nicht versprochen, zu ihm zu kommen, wenn es zwischen den beiden kriseln sollte? Zudem hatte er so viel Schmerz und Leid ertragen müssen, hatte sich gerade an die Beziehung der beiden gewöhnt. Er fühlte sich total hintergangen. Bou merkte, wie jemand einen Arm um ihn legte. „Ich verstehe ja, dass du wütend bist“, hörte er Terukis Stimme beruhigend sagen. „Aber Kanon und Miku hatten nur Angst, dass du deren Beziehung doch nicht akzeptieren und dir wieder etwas antun könntest. Sie sind nur zu vorsichtig mit dir umgegangen.“ „Aber ich will mir doch nichts antun“, meinte Bou, nun wieder etwas ruhiger, nahm die Hände vorm Gesicht weg und sah irritiert zwischen den beiden hin und her. Er merkte, dass seine Tat in Paris wohl noch nicht vergessen worden war und seufzte. „Ihr braucht euch wirklich keine Sorgen zu machen. Das war nur ein kleiner Ausrutscher und schon allein, dass es Miku das Herz brechen würde, mache ich es nicht noch mal.“ „Das tröstet uns jetzt ja so sehr“, murrte Kanon unzufrieden und verschränkte die Arme vor seiner Brust. Bou sagte darauf nichts, denn er wusste nich so genau, ob Kanon das nun ernst meinte oder nur auf Streit aus war. Und so lenkte er das Gespräch wieder auf ihr eigentliches Problem, das zwei Beine besaß und sich total von der Außenwelt abgeschnitten hatte, und gemeinsam beschlossen sie, so lange bei ihm an der Haustür zu klingeln, bis er ihnen einfach aufmachen musste. Kanon schlug vor, jetzt sofort zu ihm zu fahren, doch Bou war dagegen, nachdem er einen flüchtigen Blick auf seine Uhr geworfen und festgestellt hatte, dass es schon nach elf war. Miku schlief in dieser Nacht nicht besonders gut. Zunächst hatte es Stunden gedauert, bis er halbwegs in den Schlaf gefunden hatte – und dann wurde er nur von Alpträumen geplagt. Er träumte, dass er mit Kanon, Teruki und Bou ein Konzert im Tokyo Dome hatten. Alles lief besser als geplant, tausende von Fans umjubelten sie begeistert. Doch dann verstummte der Song auf einmal, den sie gerade spielten, und Bou war nicht mehr da. Alles um ihn herum wurde dunkel und er wurde in eine tiefe Schwärze gezogen... Umso erleichterter war er daher, als ihn etwas Schrilles zurück in die Realität holte, so schmerzhaft sie auch war. Im Halbschlaf vermochte er den Ursprung dieser Lärmquelle nicht auszumachen, und so drehte er sich einfach auf die andere Seite. Miku wollte nicht schlafen; er hatte Angst, dass er erneut etwas Schlimmes träumte. Und so blieb er einfach mit geschlossenen Augen liegen und versuchte, an nichts Bestimmtes zu denken. Zu seiner Verwunderung schaffte er es dieses Mal sogar – auch, wenn es nur für einen Moment war. Er hätte ihn auch genossen, wenn da nicht noch immer dieses schreckliche Geräusch wäre, das ihm so bekannt vorkam. Miku stöhnte, als ihm bewusst wurde, was – oder besser, wer – der Ursprung dieses Lärms war. Er öffnete die Augen und setzte sich auf. Mit einem kurzen Seitenblick auf seinen Funkwecker stellte er fest, dass es kurz nach neun war. Grummelnd befreite er sich von seiner dunkelrot bezogenen Decke und stand auf. Miku hatte zwar keine Lust auf Gesellschaft und Reden, doch irgendetwas in ihm sagte, dass er lieber aufmachen und die Störenfriede reinlassen sollte – schon allein, damit die ununterbrochene Klingelei endlich ein Ende hatte, die sonst den ganzen Tag andauern würde. Mit hängenden Schultern schlurfte er durchs Wohnzimmer zur Haustür, welche er dann auch öffnete. „Mikuuuu!!“ Miku prallte erschrocken ein paar Schritte zurück, als etwas Wasserstoffblondes auf ihn zugeschossen kam und ihm stürmisch um den Hals sprang. „B-bou...“, ächzte Miku mühsam, während er sich von seiner wiedergewonnenen Klette zu befreien versuchte, doch diese hatte sich so fest an ihn geheftet, dass da keine Chance bestand, sie loszuwerden. Erst, als Teruki den Blondschopf am Kragen packte und zurückzog, konnte der Vocal wieder frei atmen. Bou maulte sofort los, murmelte irgendetwas von wegen, Teruki wäre herzlos und er wolle Miku weiter knuddeln, doch Teruki warf ihm einen vielsagenden Blick zu. „Ich glaube, ich spreche für Miku, wenn ich sage, dass du ihn mit deiner Attacke beinahe ins Jenseits gefördert hättest“, sagte er. Bou verschränkte murrend die Arme und sah den Drummer schmollend an. „Kami, ich habe ihn doch nur lange nicht mehr gesehen. Da ist das doch verständlich, oder?“ „Das gibt dir aber immer noch kein Recht, gleich so auszuflippen!“ Daraufhin verstummte der Blonde. Miku konnte da nur erstaunt zusehen; Bous Gehorsamkeit bei Teruki war ihm weiterhin ein unlösbares Rätsel. Miku zuckte zusammen, als Teruki ihn am Arm packte und ins Wohnzimmer zog, wo er ihn mit einem kleinen Schubs auf die Couch beförderte und er sofort von Kanon und Bou umringt wurde. Der Drummer selbst setzte sich auf den weichen Teppich und sah gedankenverloren zum Vocal auf, welcher seinem Blick auszuweichen versuchte. Als Blickfang diente ihm ein mit wasserstoffblonden Haaren übersäter Kopf, der es sich gerade auf seiner Schulter bequem gemacht hatte. „Warum bist du nicht zu den Proben gekommen und hast nicht abgehoben, als wir mit dir telefonieren wollten?“, fragte Teruki ihn. „Du hast dich total von der Außenwelt abgeschottet. Hat dich das mit Bou so sehr mitgenommen?“ „Ich möchte nicht drüber reden“, seufzte Miku als Antwort und sah den Drummer unverwandt an. „Tut mir Leid, wenn ich euch Sorgen bereitet habe.“ „O ja, das hast du allerdings“, murmelte Bou leise. „Gomen, Bou…“ „Ich hatte ein richtig schlechtes Gewissen, weil ich es dir erzählt habe.“ „Gomen, Bou…“ „Ich war sogar bereit, jeden Schmerz auf mich zu nehmen, damit es dir wieder besser geht.“ „Gomen, Bou…“ „Jetzt entschuldige dich doch nicht immer bei mir.“ Bou drehte sich ein wenig, sodass er nun im Schneidersitz seitlich auf der Couch saß, um den Vocal im Auge haben zu können. „Ich kann ja verstehen, dass du so reagiert hast. Aber du kannst dich nicht auf ewig hier verschanzen; und sag mir lieber, ob du es ernst gemeint hast, dass du auch austreten wirst.“ Miku war so mit sich selbst beschäftigt, sich Vorwürfe zu machen, den anderen Sorgen bereitet zu haben, dass es einen Moment dauerte, bis er überhaupt kapiert hatte, dass von ihm eine Antwort verlangt wurde. „Uhm…“ Er überlegte kurz. Er hatte ernsthaft mit dem Gedanken gespielt, ebenfalls auszusteigen; doch dann war ihm bewusst geworden, dass Bou dies nicht gewollt hätte. „Nein, ich werde immer der Sänger von AnCafé sein“, sagte er und schaute bedrückt auf seine Knie. „Auch, wenn es mir erstmal schwerfallen wird, dass du nicht mehr dabei bist.“ „Gut.“ Bou nickte. Ihm gefiel zwar der letzte Satz seines Freundes nicht, doch umso mehr gab er sich mit dem ersten Teil zufrieden. „Und jetzt mal was anderes. Wieso musste ich gestern von Kanon erfahren, dass ihr schon seit einer Weile nicht mehr zusammen seid?“ Miku warf dem Schwarzhaarigen neben sich einen fragenden Blick zu, welcher daraufhin fast gleichgültig mit den Schultern zuckte. „Es hätte keinen Sinn gehabt, wenn wir es ihm noch länger verschwiegen hätten.“ „Hast Recht.“ Der Vocal zog seine Mundwinkel ein wenig nach oben, doch der Versuch eines aufmunternden Lächelns wollte nicht so recht gelingen. Er wandte sich wieder mit trübem Blick seiner offenbar sehr interessanten Knie zu. Akiharu wusste, dass Bou enttäuscht von ihm war – das hatte er nicht nur an dem Tonfall heraushören können, wie er es gesagt hatte. //Ich habe ihm doch versprochen, dass ich ihm alles sofort erzähle, wenn Kanon und ich ein Problem miteinander haben…aber das habe ich nicht halten können. Dabei hatte ich nur Angst gehabt, dass er unsere Beziehung doch nicht akzeptiert hatte, und wieder etwas Schlimmes passiert…ich möchte ihn nicht wegen meinem Gefühlschaos als Freund verlieren…niemals. Ich glaube, Kanon hatte Recht…ich liebe ihn noch immer. Aber da sind auch noch die Gefühle zu Kanon…// Plötzlich hatte er das Gefühl, als ob alles um ihn herum in weite Ferne rutschen würde und dass alles auf der Welt für ihn zu viel wäre; sein Herz klopfte wild und er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Unter fragenden und irritierten Blicken der anderen drei erhob er sich und lief Richtung Bad. Nachdem er es betreten hatte, schloss er die Tür von innen ab. Einen Moment blieb er einfach nur stehen, starrte die kahle, weiß gestrichene Wand an, tief Luft holend, um seinen Herzschlag wieder zu beruhigen. Miku schloss die Augen und versuchte, an etwas Schönes und Angenehmes zu denken – hinter sich konnte er die gedämpften Stimmen seiner Freunde hören -, aber es wollte nicht so recht funktionieren. Genau genommen schaffte er es noch nicht einmal, an irgendetwas zu denken. Er hatte das erreicht, was er in den letzten Tagen immer und immer wieder versuchte hatte, um nicht endgültig verrückt zu werden. Nur jetzt wünschte er sich, er könnte diesen Zustand wieder hinter sich lassen – allein, um die ganzen Gefühlseindrücke loszuwerden, die er stattdessen hatte. Miku wusste noch nicht einmal selbst, was genau das für Gefühle waren oder woher sie kamen. Er wusste nur, dass er sich momentan einfach nur unwohl und allein fühlte; seine Tränen hielt er schon lange nicht mehr zurück. Der zierliche Vocal rutschte zitternd an der Tür auf den kalten Fliesenboden seines Badezimmers und vergrub das Gesicht in den Händen. Er wünschte, er könnte die Zeit zurückdrehen. Bis zu dem Zeitpunkt, wo Bou, Teruki, Kanon und er oben auf dem Eifelturm gesessen hatten. Dann wäre er mit seinem knuffigen Blondschopf zurück zum Hotel gegangen, als dieser darauf bestanden hatte. Und so hätte Kanon ihn nicht küssen und er nichts von seinen Gefühlen erfahren können. Aber war es nicht so gewesen, dass er schon vorher ein Auge auf den Schwarzhaarigen geworfen hatte? Miku verstand es nicht. Er verstand einfach nicht, wie er sich in seinen besten Freund hatte verlieben können; die Zeit, in der sie zusammen gewesen waren, war zwar sehr schön gewesen. Nur Miku wusste genau, wessen Schuld es war, dass ihr Zusammenhalt derart gelitten hatte, dass Bou nun freiwillig – und doch mit viel Trauer und Widerwillen – die Band verließ, damit diese wenigstens nicht ganz zerbrach. „Miku“, hörte er hinter sich die dunkle und zugleich sanfte Stimme des Bassisten sagen. Der Vocal zuckte ein wenig zusammen, da er ihn nicht hatte kommen hören; doch er sagte nichts. „Komm doch wieder zu uns. Bou und Teruki wollen schon eine Vermisstenanzeige aufgeben.“ Miku lächelte leicht, als er den Humor heraushörte. Offenbar versuchte Kanon gerade, ihn wieder aufzuheitern. „Bitte, mach die Tür auf.“ „Moment.“ Miku wischte sich die Tränen weg und erhob sich. Dann schloss er die Tür auf und öffnete sie. Er blickte direkt in das sanfte, geheimnisvolle Gesicht des Schwarzhaarigen, der ihn warm anlächelte. Doch als er den Vocal vor sich entdeckt hatte, verschwand dieses Lächeln wieder, was Miku erneut ein wenig niedergeschlagener stimmte. „Sag bloß, du hast geweint“, sagte er stirnrunzelnd. Miku wich seinem Blick aus und bereute es jetzt schon, die Tür geöffnet zu haben. Seine Gefühlslage hatte sich immer noch nicht gebessert, ihm war ein wenig schlecht. „Komm her.“ Kanon trat einen Schritt auf Miku zu, legte einen Arm um ihn und drückte ihn an sich. Dankbar legte der Vocal seinen Kopf an dessen Brust und klammerte sich an ihn; er konnte seinen ruhigen Herzschlag hören und die Wärme spüren, die von ihm ausging. Er spürte auch die weichen, schwarzen Haare des Bassisten auf seiner Wange, als dieser sich mit dem Kopf ein wenig weiter zu ihm vorgebeugt hatte, um seinen Hals mit sanften Küssen zu verwöhnen. Die weichen Lippen, die ihm so vertraut vorkamen, hinterließen eine leichte Gänsehaut; dabei war dem Vocal überhaupt nicht kalt. Er genoss es einfach nur. Seine Gedanken und Gefühle ließ er einfach freien Lauf; ihm war es egal, was er momentan fühlte, und wie die Zukunft wohl aussehen würde. Er würde eh nichts daran ändern können – das wusste er jetzt. Umso mehr war er daher enttäuscht, als Kanon aufhörte, ihn zu küssen, mit seinem Kopf jedoch dicht an seinem Hals blieb, sodass Miku nun seinen warmen Atem auf seiner Haut spüren konnte. „Geht’s dir wieder etwas besser?“ Miku nickte leicht; er fühlte sich in der Tat erleichterter und nicht mehr ganz alleine. „Was war denn gerade mit dir los?“ Er schwieg; er wollte Kanon nichts von seiner momentanen Gefühlslage erzählen – und wenn, dann hätte er es nicht beschreiben können. „Hör mal.“ Kanon sah ihn sanft an. „Mach es Bou nicht noch schwerer. Er musste in den letzten Wochen ziemlich viel Schmerz und Leid erfahren; ich weiß, dass ich daran nicht ganz unschuldig bin. Schließlich bin ich derjenige gewesen, der all das Chaos ausgelöst hat. Wir können die Zeit aber nicht mehr zurückdrehen und müssen jetzt mit den Folgen unserer Fehler leben.“ Miku erwiderte seinen Blick traurig. „Shinya, ich…“ Sein Satz wurde unterbrochen, als Kanon ihm einen leichten Kuss auf die Unterlippe gab. „Du brauchst nichts zu sagen“, sagte er leise. „Ich kann mir gut vorstellen, wie schwer das alles gerade für dich sein muss.“ Er lächelte ihn aufmunternd an. „Jetzt komm wieder mit ins Wohnzimmer – und wehe, du haust uns noch mal so plötzlich ab“, fügte er noch drohend hinzu, und ehe Miku ihm darauf eine Antwort geben oder sich gar selbst in Bewegung setzen konnte, hatte Kanon auch schon nach seinem Arm gepackt und zog ihn hinter sich her ins Wohnzimmer. Teruki hatte offenbar die Chance genutzt und sich zu Bou auf die Couch gesetzt; beide waren leise in einem Gespräch vertieft gewesen, doch als Kanon mit ihrem Vocal im Schlepptau zurückgekommen war, hatten sie es unterbrochen und sahen den beiden nun entgegen. „Und? Wo war er?“, fragte Bou den Bassisten neugierig und rutschte näher an Teruki, damit sich die beiden Neuankömmlinge zu ihnen setzen konnten. „Hatte sich im Bad eingesperrt“, antwortete Kanon und warf dem Blondschopf einen vielsagenden Blick zu, ehe er es sich auf der Couch bequem machte und Miku zwischen sich und Bou zog. „Konntest du aus ihm rauskriegen, wieso er eben so schnell weggegangen ist?“, wollte Teruki wissen und beugte sich mit dem Oberkörper ein wenig vor, damit er den Schwarzhaarigen auch im Blick hatte. Kanon schüttelte den Kopf. „Er hat auf stur geschaltet und es mir nicht verraten. Er ist zu verschlossen, da hat man keine Chance.“ „Könntet ihr endlich mal aufhören, über mich in der dritten Person zu reden?“, rief Miku ärgerlich dazwischen. Er kam sich vor, als wäre er für die anderen Luft. „Das geht einem ja richtig auf die Nerven!“ „Ist ja schon gut“, sagte Bou entrüstet und sah seinen Nebenmann an, als ob er erst jetzt merken würde, dass da jemand saß. „Aber die Frage ist doch berechtigt“, meinte Teruki. „Welche Frage?“, kam es zeitgleich von Bou und Kanon. Teruki seufzte und schaute in das Gesicht des Vocals. „Was war gerade mit dir los? Haben wir was falsch gemacht?“ Miku erwiderte den Blick ein wenig verschüchtert; auf seinen Lippen lag der hoffnungslose Versuch eines Lächelns. „Nein, ihr habt nichts falsch gemacht. Und was mit mir los war, weiß ich selbst nicht so genau.“ „Das hört sich aber ziemlich komisch an“, bemerkte der Blondschopf neben ihm, welcher gedankenverloren mit einer seiner Haarsträhnen spielte. „Ich kann doch nichts dafür.“ Miku wich den dunklen Rehaugen aus. Allmählich fühlte er sich unwohl, zwischen Kanon und Bou zu sitzen. Es war so eng, dass er von beiden die Wärme spüren konnte, die von ihnen ausging. Er verspürte den Drang, sich an Kanons starke Brust zu schmiegen und zugleich den niedlichen Blondschopf mit seinen Küssen am ganzen Körper zu schmücken. Doch er ließ es. Es war reines Wunschdenken, dass er beide – Kanon und Bou – nehmen konnte; und das tat ihm weh. „Akiharu, ich warne dich.“ Ein wenig überrascht sah Miku in das Gesicht des Gitarristen neben sich, der ihn mit einer gewissen Schärfe musterte. „Wenn du nicht sofort wieder ein vernünftiges Lächeln zustande bringst, dann kitzle ich dich, bis du keine Luft mehr bekommst!“ „Uhm…muss das sein?“, fragte Miku zaghaft, denn er hatte wahrlich keine Lust darauf, gerade von Bou durchgekitzelt zu werden. „Ja.“ Miku spürte, wie drei Augenpaare geduldig auf ihm ruhten und darauf warteten, dass er Bous Wunsch erfüllte. Ihm war es unangenehm, unter Druck lächeln zu müssen; aber um der Strafe zu entgehen, schaffte er es, ein Lächeln zustande zu bringen. Doch plötzlich wurde er auf der rechten Seite von Kanon an die Lehne der Couch gedrückt und seine Hände festgehalten, während Bou sich an die Arbeit machte, den armen Vocal zu bestrafen, indem er ihn unaufhörlich am ganzen Oberkörper kitzelte. Miku quiekte auf und versuchte, sich zu wehren, doch Kanon ließ dies erst gar nicht zu. Hilflos sah er sich nach Teruki um, doch als dieser seinen flehenden Blick bemerkt hatte, tat so, als würde er die Folter neben sich nicht mitbekommen; leise vor sich hinsummend blickte er in eine andere Richtung. „Bou, bitte!“, rief er lachend, in der Hoffnung, dass der Blondschopf Gnade vor Recht walten ließ. Doch dieser hörte erst auf, bis Miku vor lauter Lachen keine Luft mehr bekam. Kaum hatte Kanon ihn losgelassen, hüpfte der Vocal schnell von der Couch und trat zusätzlich noch ein paar Schritte zurück, um sich vor den beiden in Sicherheit zu bringen. „Ihr seid ja gemeingefährlich“, brachte er mühsam hervor, während er versuchte, seinen Atem wieder zu beruhigen, und sah Kanon und Bou mit seinen großen Augen entsetzt an – nur, um von denen ganz unschuldig wirkende Blicke zu kassieren. „Tja.“ Bou lächelte. „Das war nur die gerechte Strafe.“ „Und warum hast du da mitgemacht?“ Miku warf Kanon einen vernichtenden Blick zu. „Weiß auch nicht so genau“, sagte der Schwarzhaarige, zuckte unwissend mit den Schultern. Dann grinste er ihn an. „Es war einfach so verlockend.“ „Ha ha“, murrte Miku und verschränkte schmollend die Arme. Beleidigt sah er zwischen den dreien hin und her, welche ihn geduldig anlächelten und so taten, als wären sie an der ganzen Sache unschuldig; Bou sah ihn bettelnd an. Miku konnte nicht länger beleidigt sein. Er schüttelte seufzend den Kopf und lächelte. „Ihr seid unmöglich.“ „Hurra!“ Bou sprang freudig auf und fiel dem Vocal um den Hals, der sich mal wieder nicht wehren konnte und sich somit von ihm knuddeln ließ. Nur dieses Mal machte Teruki keine Anstalten, ihn von dieser Klette zu befreien; über Bous Rücken hinweg konnte Miku sehen, wie dieser mit Kanon vielsagende Blicke austauschte und sich die beiden breit angrinsten… Kanon, Teruki und Bou blieben noch den ganzen Tag bei ihm. Nach Bous zweiter Knuddelattacke auf den armen, hilflosen Miku hatten sie es sich vor der Playstation bequem gemacht und eine Pizza nach der anderen in den Mund gestopft. Vor allem der Vocal selbst hatte es geschafft, vier Stück davon alleine zu essen; er war froh, dass er wieder Appetit hatte, wo er in den Tagen, in denen er sich von den anderen abgesondert hatte, nicht mehr als ein paar Brötchen und Äpfel gegessen hatte. Er war seinen Freunden dankbar, dass sie bei ihm vorbeigekommen waren und darauf bestanden hatten, dass er endlich redete und sich nicht so gehen ließ. Das Versprechen, am nächsten Tag wieder im Proberaum zu erscheinen, brachte er zwar locker über die Lippen, als er sich von ihnen am Abend an der Haustür verabschiedete. Doch so ganz wohl fühlte er sich nicht; Bou hatte ihm gesagt, dass er ihm morgen den Gitarristen vorstellen würde, den er für am Besten hielt, bei AnCafé einzusteigen. Miku wusste, dass er den anderen keine Sorgen mehr bereiten durfte und lernen musste, Bous Austritt zu respektieren. //Mach einfach das Beste draus…//, sagte er sich selbst. //Du darfst es ihm nicht noch schwerer machen…// Auf einmal kam ihm eine Idee. Zielstrebig lief er in sein Schlafzimmer, holte aus der kleinen Schublade in seinem Nachttisch Zettel und Stift raus, legte sich bäuchlings auf sein Bett und ließ die Beine in der Luft baumeln. Dann verbannte er all die Gefühle, die er in den letzten Tagen gehabt hatte, auf das Blatt Papier vor ihm. Und ohne weitere Probleme schrieb er einen Songtext, der einer der ersten sein würde, die er zusammen mit Yuuki und Takuya und ohne Bou spielen würde: Shiroku kiri ga furikakaru Kyori ga tsurakatta Yasashiku miseta hohoemi o omou to kokoro ga itakute Taaimonai kawai shitane Iroiro kenke mo shitayone Saigo made Arigato Sakendeitano mo chanto uketometeitayo Fukinuketeyuku kaze Fukinuketeyuku nukumori ga Ai no utatachi o hakondekite Nagasareteyuku kumo Fuini hikari o kakushite Orange no egao dakezuni nemurimashita Kimi wa takaramononokohi Boku wa nani o nokosetano? Koraekirezuni miseta Ano hi nagashita namida de Yasashisa o nokoseta to Shinjitemiyou to omoimashita Kazeatari ga tsuyoku Donna kewashii michi sae Taisetsuna mono o mamotteyuku Itsunohika kono kyoku ga Kimi no sunderu sono machi de Nagareru yume mite Shizukani Memurimashita Mado kara sasu Asu e no hikari Minna ga matsu tobira o akeyo Yume o kokoro ni kizanda Wakare wa tsuyosa ni kawaru Fukinuketeyuku kaze Fukinuketeyuku nukumori ga Ai no utatachi o hakondekite Nagasareteyuku kumo Fuini hikari o kakushite Orange no egao dakezuni nemurimashita Kazeatari ga tsuyoku Donna kewashii michi sae Taisetsuna mono o mamotteyuku Cup ni afureru yona Ikutsumono Omoide o Yume ni tsumekonde utaimashita Egao de arigato Sayonara Genki de itene to ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Übersetzung – Orange Dream Der weiße Nebel, der die Distanz zwischen uns füllte, traf mich schwer Mein Herz schmerzte, wenn ich an dein liebenswürdiges Lächeln dachte Wir redeten über belanglose Dinge, kämpften auch häufig Danke für alles, was du bis zum Ende tatest – Ich hörte deinen Schrei und schätzte ihn Ein Windstoß Der Schwall der Wärme brachte Liebeslieder Dahinziehende Wolken verbargen das Licht sofort Ich ging schlafen, nicht imstande das orange Lächeln zu halten Du hinterließt Schätze Wie war ich fähig, mit dir zu gehen? Nicht imstande, jene Tränen zurückzuhalten, die an diesem Tag gefallen sind Ich bin darüber schlüssig zu glauben, dass ich dich mit Behutsamkeit zurückgelassen habe Ganz egal, wie Rau die Winde, wie Steil die Pfade sind, ich werde beschützen, was für mich wichtig ist Ich ging ruhig schlafen, träumend, dass eines Tages dieses Lied in deinem Heimatort gespielt werden würde Das Licht führend zum Morgen gießt aus dem Fenster hinein Lasst uns die Tür für jene öffnen, die uns erwarten Ich brannte meine Träume in mein Herz Abschiede helfen mir, stärker zu werden Ein Windstoß Der Schwall der Wärme brachte Liebeslieder Dahinziehende Wolken verbargen das Licht sofort Ich ging schlafen, nicht imstande, das orange Lächeln zu halten Ganz egal, wie Rau die Winde, wie Steil die Pfade sind, ich werde beschützen, was für mich wichtig ist Ich stopfe meine überfließenden Erinnerungen in meine Träume und sang sie Ich werde mit einem Lächeln danke sagen Leb wohl Pass auf dich auf ******* kyaaaaah! ich liebe diesen song!! *__* vor allem live ist es einfach nur unbeschreiblich 33333 http://de.youtube.com/watch?v=QhtYkoEfetM ~bei 50sek fängt orange dream an~ ^0^ kommis pls x33 Kapitel 27: Von verwirrten Gefühlen und großen McDonalds-Tüten -------------------------------------------------------------- http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/208279/ hier findet ihr ne kurze ff die ich am wochenende geschrieben hab x33 nyo~ ich sag jez schonmal dass es mir besonders viel spaß bereitet hat dieses kapitel zu schreiben ^^ nur der schluss is mir glaub ich nich so gut gelungen aba naja... ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Kapitel 27. Von verwirrten Gefühlen und großen McDonalds-Tüten Mit jedem Schritt, den er auf den Proberaum zumachte, wurde er zunehmend nervöser; sein Herz klopfte wild in seiner Brust und sein Magen drohte einen halben Salto rückwärts zu machen. Als er vor der dunklen, schweren Tür stand, hielt er einen Moment inne, bevor er die Türklinke mit einem tiefen Seufzer herunterdrückte und eintrat. Miku hatte noch immer keine besonders große Lust auf die Probe, doch er wusste von dem Versprechen, dass er seinen Freunden am vorigen Abend beinahe schon widerwillig hatte geben müssen, damit diese aufhören konnten, sich Sorgen zu machen. Er schloss die Tür wieder hinter sich und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen; zu seiner Verwunderung entdeckte er nur Kanon, der, als er den Vocal bemerkt hatte, von seinem Bass abließ und auf ihn zukam. Von den anderen fehlte jede Spur und dabei war Miku sich sicher gewesen, der Letzte zu sein, da er wissentlich mit einer Verspätung von zwanzig Minuten eingetroffen war. Sie begrüßten sich mit einer Umarmung. „Schön, dich hier noch einmal zu sehen.“ Kanon lächelte ihn sanft an. „Uhm...“ Miku wich seinen eindringlichen Augen verlegen aus. Er selbst hatte bis zum gestrigen Tag auch nicht daran geglaubt. „Wo sind die anderen?“, fragte er neugierig und wechselte damit geschickt das Thema. Der Schwarzhaarige deutete ein leichtes Kopfnicken zum Nebenraum an. „Bou ist mit dem Neuen schon eine ganze Weile darin und Teruki sorgt für Verpflegung.“ „Ach so.“ Miku lehnte sich an die Wand und rutschte an ihr herunter auf den Boden; starr blickte er auf die Tür direkt vor sich, hinter der sich Bou befand. Bis eben hatte er noch das Bedürfnis nach Bous Nähe verspürt und sehr erfolgreich die unangenehme Tatsache, heute den womöglich neuen Gitarristen kennen zu lernen, unterdrückt – der natürlich Schuld daran war, dass Miku jetzt nicht zu Bou gehen wollte. Der „Neue“ entsprach zwar Bous Vorstellungen von seinem Nachfolger, doch Miku hatte zusammen mit Teruki und Kanon das größte Mitspracherecht. Er konnte es verstehen, dass der Blondschopf seinen Platz gut besetzt sehen wollte, doch er war bald kein offizielles Mitglied von AnCafé mehr und somit konnte es ihm ja eigentlich egal sein; schließlich mussten er, Teruki und Kanon sich mit diesem herumschlagen. „Na?“ Miku zuckte leicht zusammen, als sich Kanon neben ihn setzte – und zwar so dicht, dass sie sich berührten. //Hier ist doch genug Platz...warum kommt er mir ausgerechnet jetzt so nahe?//, schoss es Miku erschrocken durch den Kopf, doch er empfand es nicht als unangenehm; im Gegenteil. „Über was hast du nachgedacht?“ Miku lächelte leicht, seine Augen verrieten jedoch seine Niedergeschlagenheit. „Ich frage mich nur, ob wir das alles schaffen werden“, seufzte er und betrachtete gedankenverloren die Tür. In der Tat fragte er sich, wie die Cafekkos darauf reagieren würden, wenn sie es kurz vor ihrer nächsten Nippon-Tour der Öffentlichkeit erzählen mussten; wie jeder von ihnen mit dem Neuen zurechtkommen würde. „Wir schaffen das schon.“ Der Bassist legte den Kopf auf Mikus schmale Schulter, dessen Herz sofort ein wenig schneller schlug; er konnte den Geruch von Kanons Haarspray riechen und fühlte sich geborgen. „Liebst du mich eigentlich noch?“, wollte Kanon leise wissen und brachte Miku, welcher auf so eine Frage überhaupt nicht vorbereitet gewesen war, damit für einen Moment völlig aus der Fassung. Doch dann nickte er leicht und betrachtete den Kopf auf seiner Schulter. „Und...du?“ Gedankenverloren spielte er an einer der vielen schwarzen Strähnen und wartete auf die Antwort, die allerdings ein wenig auf sich warten ließ. „Über alles.“ Miku schwieg. Dass Kanon ihn noch liebte, hätte er eigentlich wissen sollen; schließlich hatte er ihn ja schon eine halbe Ewigkeit geliebt. Auch war ihm nicht die Sorge in dessen Augen entgangen, als er ihn am vorigen Tag mit Bou und Teruki besucht hatte und die auch heute noch in seinem Blick lag. Er konnte sich vorstellen, wie Kanon sich nach ihrer Trennung gefühlt haben musste, denn es war ja seine Schuld gewesen, dass es nicht geklappt hatte. Zunächst hatte es Miku nicht weiter gestört, dass Kanon, wenn es um ihn ging, schnell aus der Fassung geraten konnte, doch als dieser sogar zu Gewalt gegriffen hatte, war es einfach zu viel gewesen – und das wusste auch Kanon und er wollte denjenigen, den er über alles liebte, auf keinen Fall verletzen. „Wie steht es eigentlich mit dir und Bou?“ Kanon lehnte den Kopf an die Wand und blickte den Vocal neben sich interessiert und doch ein wenig traurig an. „Das weiß ich selbst nicht so genau“, gab Miku ehrlich zu und erwiderte seinen Blick. „Ich weiß, dass er mich noch immer liebt...das sieht selbst ein Blinder mit einem Krückstock.“ Er hielt kurz inne. „Was mit mir selbst ist...da habe ich keine Ahnung. Ich weiß nur, dass ich euch beide liebe. Und das bringt mich eines Tages bestimmt noch um den Verstand. Ich möchte keinen von euch verletzen – auf gar keinen Fall.“ „Ach, Miku.“ Kanon seufzte leise. „Es tut mir schrecklich Leid. Nur weil ich dich in Paris geküsst habe, weil ich es einfach nicht mehr ausgehalten hatte, steckst du jetzt in solchen Problemen.“ „Nein. Ich glaube, ich war schon davor in dich verknallt.“ Miku lächelte verlegen. „Wie hätte ich dich sonst die ganze Zeit angestarrt, ohne es zu merken? Kami, das war so peinlich.“ „Das muss dir nicht peinlich sein.“ Kanon lachte leise auf. „Ich fand es ganz niedlich. Es hat mich natürlich ein wenig verwundert, was du auf einmal an mir findest, aber ich habe mich zusammengerissen, dir meine wahren Gefühle nicht zu zeigen.“ Sein Blick wurde wieder trauriger. „Und du kannst es nicht umgehen, einem von uns weh zu tun. Du musst dich für einen von uns entscheiden. Aber wie ich es dir schon gesagt habe; so traurig es auch ist, wir werden wohl nie eine vernünftige Beziehung zustande bringen. Es fällt mir schwer, mich selbst zu ändern – das weiß ich aus früheren Beziehungen, wo das Gleiche passiert ist. Das ist auch einer der Gründe, warum ich dir nie meine Liebe gestanden habe; weil ich einfach Angst hatte, dass ich dich eines Tages richtig verletze.“ Miku schwieg. Er wusste, wie viel Überwindung es Kanon gekostet haben musste, diese Entscheidung zu treffen – auch, wenn es aus Liebe geschehen war. Kanon und Miku zuckten zusammen, als plötzlich die Tür aufging und ein vom Wind völlig zerzauster Teruki den Raum betrat, in der Hand zwei Tüten, auf denen ein verräterisches, gelbes M prangte. Nachdem Miku sich vom ersten Schrecken erholt hatte, wanderte sein Blick sehnsüchtig auf die Tüten, die einen leckeren Duft verströmten, der einem das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. Mit seinen großen Augen sah er Teruki sehnsüchtig an. „Essen...“, sagte er ehrfürchtig. Teruki musste grinsen. „War ja klar, dass du wieder – hey !“ Blitzschnell trat er ein paar Schritte zurück und hielt die Tüten vorsichtshalber hoch über seinem Kopf, als Miku aufgesprungen war, um sich das Essen unter den Nagel zu reißen. Der Vocal zog seine Unterlippe schmollend nach oben. „Du bist echt gemein, Teruki“, maulte er beleidigt. „Bin ich nicht“, verteidigte sich dieser und blickte hilfesuchend zu Kanon, der noch immer auf dem Boden hockte und lächelnd die amüsante Show verfolgte, die ihm geboten wurde. „Ich will nur sichergehen, dass wir alle was davon abbekommen.“ „Na gut“, seufzte Miku niedergeschlagen und machte Anstalten, sich wieder neben Kanon zu setzen. Teruki hielt die Gefahr für gebannt und nahm erleichtert die Arme wieder runter. Was ein Fehler war. Miku – hinterhältig, wie er nun einmal ist, wenn es ums Essen geht – machte plötzlich auf dem Absatz kehrt und hüpfte mit zwei großen Schritten auf den armen Drummer zu, der erschrocken zusammenzuckte. Zum Glück begriff er noch rechtzeitig, was jetzt das einzige Mittel war, um ihr Mittagessen vor der endgültigen Vernichtung zu bewahren. Schnell hastete er davon, die Tüten schützend an seine Brust gepresst, Miku mit ausgestreckten Armen hinterher. „Teruki“, rief er bettelnd. „Jetzt bleib doch mal stehen! Ich will dir doch nichts tun!“ „Das stimmt auch“, sagte dieser und sprang mit einem Satz auf den Tisch und hielt die Tüten weit weg von dem gefräßigen Etwas, das nun auf der Stelle hüpfend versuchte, diese zu erreichen. „Aber dem Essen willst du was antun.“ „Essen ist doch zum essen da“, maulte Miku und sah Teruki nun schon fast weinerlich an. „Ich habe Hunger!“ „Das haben wir auch“, meinte Teruki und warf einen erneuten hilfesuchenden Blick in Kanons Richtung, doch dieser dachte erst gar nicht daran, dieses malerische und unersetzliche Bild zu zerstören und konnte sich das Lachen kaum noch verkneifen. „Und wenn ich dir jetzt was gebe, willst du immer mehr. Ich kenne dich doch.“ „Da ist gemeiiiin!!“, maulte Miku völlig verzweifelt und überlegte, wie er am besten an die Tüten kommen könnte. Er legte seinen Kopf auf die rechte Schulter und sah Teruki von unten her bettelnd an. „Biiiitteeeee!“ Er klimperte ein paar Mal mit seinen Augenlidern. Teruki lachte. „Keine Chance.“ Miku, der endlich kapiert hatte, dass er gegen den Leader nicht einmal den Hauch einer Chance mit seiner Bettelei hatte, drehte sich halb zu dem Schwarzhaarigen um und setzte dort mit seinem Bettelblick fort. „Kanoooon!“ Doch dieser schüttelte breit grinsend den Kopf. „Nichts da“, sagte er. „Du wartest schön, bis wir alle zusammen essen können. Außerdem habe ich Angst, dass gleich wirklich nichts mehr da ist, und du solltest endlich mal lernen, auf Teruki zu hören.“ Er bedeutete dem Drummer mit einem verstohlenem Blick, ihr Essen in Sicherheit zu bringen, während er das gefräßige Etwas ablenkte. „Ich habe aber Hunger!“, rief Miku protestierend, der nicht merkte, wie Teruki sich vorsichtig davonschlich. „Was kann ich denn bitte schön dafür, wenn du aus lauter Frust tagelang nichts isst und jetzt offenbar alles nachholen willst?“ „Du bist gemein“, maulte Miku und verschränkte schmollend die Arme. „Bin ich nicht. Ich bin nur realistisch.“ „Was ist daran denn bitte schön realistisch?“ „Na, alles.“ „Hä?“ „Du verstehst mal wieder nur Bahnhof, oder?“ „Wenn du auch so komplizierte Sachen sagst...“ „...“ „...“ „Miku.“ „Kanon?“ „Das ist nicht kompliziert.“ „Ist es doch.“ „Nein.“ „Doch!“ „...“ „...“ „Miku.“ „Kanon?“ „Denk nicht so viel drüber nach, das ist nicht gut für dich.“ „Gut. Aber ich möchte es trotzdem gerne wissen.“ Kanon seufzte tief; dann sah er lächelnd an ihm vorbei. „Wie wäre es, wenn du es ihm mal versuchst zu erklären?“ „Das kapiert Miku doch eh nie.“ Miku drehte sich erschrocken um und blickte genau in Bous niedliches Gesicht, das durch ein leichtes Lächeln auf den Lippen noch ein wenig mehr anziehender wirkte; sein Herz machte einen Salto rückwärts – doch warum es das tat, wusste er nicht. „Wo kommst du denn her?“ Bou zog eine Augenbraue leicht nach oben, das Lächeln verschwand. „Das ist ja ’ne nette Begrüßung“, murmelte er. „Ich kann doch nichts dafür, wenn du alles um dich herum vergisst, wenn du mit Kanon beschäftigt bist.“ „Gomen, Bou!“, rief Miku, griff nach dem Ärmel des Blondschopfes und zog ihn zu sich ran, um ihn kurz zu umarmen. „Das war keine Absicht.“ Freudig stellte er fest, dass er es geschafft hatte, das Lächeln zurückzuholen. „Ich weiß. Und es ist ausgesprochen schön, dass du das Versprechen gehalten hast.“ Er zwinkerte ihm kurz zu. „Ach, ähm...Takuya-kun kennst du ja bereits, oder?“ „Was?“ Irritiert sah Miku den Blondschopf an, welcher dann augenrollend auf einen braunhaarigen Jungen deutete, der ein wenig verschüchtert mit etwas Abstand hinter ihm stand. Erst auf den zweiten Blick erkannte er ihn wieder. „Uhm...ja, wir kennen uns“, sagte er dann langsam und konnte den Blick nicht mehr von ihm abwenden. Takuya trat ein paar Schritte nach vorn und stand nun zwischen Bou und Teruki – doch offensichtlich nur, weil er vom Blondschopf mit einem vielsagenden Blick dazu aufgefordert worden war. Miku fragte sich, was AnCafé mit so einer zurückhaltenden und ängstlich wirkenden Person anfangen sollte; er hoffte inständig, dass er perfekt Gitarre spielen konnte. „Warum hast du uns im Café noch nichts erzählt?“ Kanon hatte sich mittlerweile erhoben und sich zwischen Miku und Bou. Fragend sah er den Blondschopf an. „Ihr wusstet da doch noch nicht, dass ich AnCafé verlassen werde“, antwortete dieser. Stille erfüllte den Raum. Miku, Kanon und Teruki wussten, dass jetzt nichts mehr rückgängig gemacht werden konnte und sie jetzt quasi abwarten konnten, wie sich das Ganze entwickeln würde. Bou fühlte sich schuldig, dass er ihnen solchen Kummer und Stress bereitete, hoffte, dass das alles ein gutes Ende nehmen würde. Takuya fühlte sich komplett fehl am Platz; verstohlen erhaschte er immer wieder einen Blick in die Gesichter derer, die er sonst nur aus dem Fernsehen oder von Plakaten und Bildern her kannte. Teruki konnte das Schweigen als Erster nicht mehr ertragen. „Wie lange spielst du schon Gitarre, Takuya-kun?“ Takuya sah auf und wirkte, als ob er es nicht erwartet hätte, angesprochen zu werden. „Seit sieben Jahren ungefähr.“ „Nimmst du momentan auch Unterricht?“ „Ja. Dreimal in der Woche.“ „Und hast du irgendwelche Banderfahrungen?“ „Ich habe früher in der Schulband mitgespielt und sonst nur ersatzweise in eher unbekannten Bands.“ Nun wandte sich Teruki Bou zu. „Wo hast du ihn eigentlich aufgegabelt?“ Bou zuckte kurz mit den Schultern. „Wir haben uns mal zufällig in der Stadt getroffen und da er ein Fan von uns ist, hat er mich angesprochen. Ich fand ihn recht nett.“ „Cool, ein Fan von uns“, meinte Kanon grinsend. „Spiel uns doch mal was vor.“ „Okay.“ Takuya ging nach nebenan, um seine Gitarre zu holen, welche er dann an den Verstärker anschloss. Mikus scharfen Augen entging nicht, dass seine Hände dabei ein wenig zitterten, und auch, wie routinemäßig seine Handgriffe waren. Zunächst waren ein paar leise, eher zurückhaltende Töne zu hören, doch dann traute er sich immer mehr. AnCafé sahen ihm interessiert zu und lauschten der Gitarrenstimme von Maple Gunman. Nur Miku schweifte mit seinen Gedanken immer wieder ab. Er fragte sich, wieso er Takuya damals nur als Bous neuen Freund ansehen hatte können; er passte doch gar nicht zu ihm. Miku konnte auch nicht verstehen, was der Blondschopf an diesem völlig verschüchterten Jungen fand, dass er mit ihm befreundet war – soweit er es richtig verstanden hatte. Er hob erstaunt den Kopf, als er hörte, mit welcher Präzision Takuya das Solo spielte und wie gelassen und entspannt er dabei wirkte; verträumt und leicht lächelnd schaute er auf seine Gitarre. Nach dem Solo ließ er sein Instrument sinken und sah ängstlich zu den vieren; Miku, Kanon, Teruki und Bou tauschten vielsagende Blicke aus. Der Drummer lächelte. „Das war nicht schlecht. Ich würde sagen, das hätte Bou nicht besser spielen können.“ Kanon und Miku nickten zustimmend. „Arigatou.“ Takuya verbeugte sich kurz vor ihnen und lächelte erleichtert. „Wenn du Lust hast, kannst du heute statt Bou mit uns proben. So, als kleiner Test sozu- sagen – falls du überhaupt daran interessiert bist, der neue Gitarrist von AnCafé zu werden.“ „Aber klar! Ich möchte.“ Takuyas Augen strahlten. Er hatte schon immer davon geträumt, einmal in einer erfolgreichen Band wie AnCafé mitzuspielen. „Sonst wäre ich doch wohl nicht hier, oder?“ „Stimmt“, lachte Teruki. „Dann lasst uns - “ „Halt!“ Teruki sah Miku fragend an. „Was, Halt?“ Dafür kassierte er einen drohenden Blick seitens Miku. „Erst wird gegessen und dann geprobt!“ „Aber - “ „Sonst singe ich nicht.“ Trotzig verschränkte der Vocal die Arme und starrte Teruki ausdruckslos an. Kanon, Bou und Teruki verdrehten entnervt die Augen, während Takuya irritiert von einem zum anderen guckte. Daraufhin erklärte Bou ihm unter wütenden Blicken Mikus, was für ein Vielfrass hier im Raum wäre – um ja keine Namen zu nennen, um wen es sich da handelte... Kapitel 28: Zwei unerwartete Besuche ------------------------------------ Kapitel 28. – Zwei unerwartete Besuche Die Probe verlief genauso, wie Miku erwartet hatte. Bou zeigte Takuya die kompliziertesten Griffe und gab Ratschläge, um ihm ein wenig die Unsicherheit zu nehmen. Dennoch war sein Spiel ein wenig steif und zurückhaltend; Miku schob dies seiner Nervosität zu, doch nach einer Weile ging es ihm auf die Nerven, immer und immer wieder mit dem Singen aufzuhören, weil Takuya sich entweder verspielt hatte oder seine Gitarre kaum zu hören war. Er versuchte, seinen Zorn den anderen nicht zu zeigen und wechselte mit ihnen kaum ein Wort. Bei jeder Pause, die sie einlegen mussten, wippte er ungeduldig mit dem Fuß, den Blick ausdruckslos auf Bou und Takuya gerichtet. Dabei zog sich sein Magen eng zusammen und er spürte seinen Puls schneller schlagen. Er konnte Takuya jetzt schon nicht gut leiden. Außerdem fragte er sich, wie der kleine Blondschopf diese Probe nur so locker nehmen konnte, wo er doch bald kein Mitglied mehr war. Freute er sich etwa auf seinen Austritt? Oder verstellte er sich, um es ihnen allen leichter zu machen? Umso erleichterter war er daher, als Teruki die Probe am frühen Nachmittag für beendet erklärte. Takuya, Kanon und Bou legten ihre Instrumente ab und Bou organisierte für sich und Takuya jeweils eine Wasserflasche, der sie dankend nahm und aus ihr einen kräftigen Zug trank. Kanon biss herzhaft in seinen Burger, den er erfolgreich vor Miku hatte verstecken können, und schielte dabei vorsichtig zu diesem, der noch immer auf dem Verstärker saß und sich müde an die Wand angelehnt hatte; auf Mikus Blick hin, der komischerweise auf dem Burger hängen geblieben war, beeilte er sich vorsichtshalber mit dem Essen, ehe die Köstlichkeit noch im falschen Magen landete. „Das war doch schon nicht schlecht“, meinte Teruki zufriedenstellend zu Takuya und kam hinter seinem Schlagzeug hervor. „Ein paar Fehler waren zwar dabei, aber das ist am Anfang normal.“ Miku runzelte nachdenklich die Stirn und kürte Teruki innerlich zur Untertreibung des Jahres; doch sagen tat er nichts. „Ich würde vorschlagen, dass wir nach der Nippon-Tour und damit Bous offiziellem Austritt richtig mit dem Proben anfangen. Bis dahin dauert es ja noch ein paar Wochen und du hast Zeit zum Üben. Was hältst du davon?“ Diese Frage hätte er sich sparen können. Takuya warf all seine Schüchternheit ab und fiel dem Leader stürmisch um den Hals. „Arigatou!“, rief er freudig und ließ ihn wieder los, worüber Teruki ausgesprochen dankbar war, da Takuya trotz seines zierlichen Aussehens nicht gerade schwach war. „Ich gebe mein Bestes!“ Teruki lächelte und wandte sich Kanon zu, der mit seinem Burger schon längst fertig war. „Hast du was dagegen, Kanon?“ „Ich denke, es gibt keinen besseren Ersatz. Außerdem passt er auch optisch zu uns.“ „Hast du irgendwelche Einwände, Miku?“ Miku schüttelte nur den Kopf; er brachte es nicht über sich zu sagen, was er wirklich von Takuya hielt... //Heute ist echt nicht mein Tag//, schoss es Miku bedrückt durch den Kopf, während er gedankenverloren aus dem Fenster blickte und dem Lauf der Straße gelangweilt folgte. Neben ihm im Bus saß Bou; eigentlich sollte allein das schon ein Grund zur Freude sein, wenn da nicht der Neue wäre. Da Takuya den gleichen Weg nach Hause hatte wie Miku und Bou, waren sie zusammen zur Bushaltestelle gegangen und schon nach den ersten fünf Minuten hatte er Bou sofort in ein Gespräch verwickelt. Offenbar war er nur unter vielen fremden Leuten zurückhaltend, und das regte Miku auf. Wenn er schon ein Mitglied der Cafekko-Family werden wollte, sollte er gefälligst nicht so schüchtern sein! Bou hatte zwar einige Versuche unternommen, Miku ins Gespräch mit einzubinden, doch er hatte nur knappe Antworten bekommen, und so ließ er es sein. Ihm entging nicht, wie abwesend und niedergeschlagen dieser war, und fragte sich im Stillem, was denn jetzt schon wieder mit ihm los war. Auch Takuya hatte versucht, Miku zum reden zu bringen. Doch mit seiner Frage, was er denn gerne mache, hatte er – ähnlich wie bei Bou – nur eine kurze Antwort bekommen. Nachdem Takuya ausgestiegen war, beschloss Bou, seinen Freund darauf anzusprechen. Dieser seufzte leise auf, als er die Frage vernahm, und blickte weiter aus dem Fenster. „Da ist nichts. Ich bin nur müde, das ist alles.“ Er lächelte den Blonden beruhigend an. „Mach dir keine Sorgen um mich.“ Denn das wollte er auf gar keinen Fall, und war auch der Grund, warum er Bou nicht gesagt hatte, dass er nicht gerade viel vom neuen Gitarristen hielt. Bou hatte da ganz andere Ansichten, was er von Miku halten sollte; doch weiter nachhaken wollte er lieber nicht. Er würde eh nichts erzählen. Bou kannte ihn. Er ahnte allerdings schon, dass es was mit seinem Austritt zu tun hatte, und fragte daher mit munterer Stimme: „Hast du heute schon was vor?“ Miku sah auf. „Nein, nicht direkt. Wieso?“ Anstatt seine Gegenfrage zu beantworten, drückte Bou hastig auf den Stopknopf, damit der Bus es noch schaffte, sie an der nächsten Haltestelle rauszulassen, die nur noch etwa 50 Meter vor ihnen lag. Während der Busfahrer hastig die Geschwindigkeit drosselte und die kleine Bucht ansteuerte, packte der Blondschopf seinen Freund am Arm und zog ihn ohne große Rücksichtsnahme zur Hintertür des Busses, wo sie auch sofort ausstiegen. Dies alles passierte so schnell, dass Miku erst ein paar mal blinzeln musste, ehe er sich an die Umgebung um ihn herum gewöhnen konnte. Sie waren außerhalb Tokios dichtbevölkerten Stadtzentren und in einer etwas dörflichen Gegend. Miku war hier noch nie ausgestiegen, kannte die Umgebung nur vom Sehen her. „Komm mit.“ Erneut wurde er von Bou völlig überrumpelt am Arm gegriffen und über die Straße gezogen. „Ich möchte dir was zeigen.“ „Aber Bou“, rief Miku hastig und stolperte hinter dem Blondschopf her. „Was hast du denn vor?“ Dieser drehte sich im Gehen zu ihm um. „Das wirst du schon sehen“, sagte er lächelnd. „Ich verrate nur so viel. Ein paar Straßen weiter wohnt meine Tante und zu ihr gehen wir jetzt.“ „Aha?“ Eigentlich hatte Miku auf eine etwas klarere Antwort gewartet, doch nun war er gänzlich durcheinander. Was sollten sie bitte bei seiner Tante? Inzwischen hatte es zu Nieseln begonnen und ein rauer Wind war aufgekommen, der sie nun ein wenig mehr zum Zittern brachte und durch ihre Haare fuhr. „Ich wusste gar nicht, dass du hier Verwandtschaft hast“, meinte Miku, während er sich in seiner dicken Jacke so klein wie möglich zu versuchen machte. „Es gibt vieles, was du von mir nicht weißt, beziehungsweise fälschlicherweise glaubst“, sagte Bou daraufhin und sie bogen in eine kleine Seitenstraße ab, welche in das gelbe Licht der Laternen ringsherum beleuchtet war. Dafür kassierte er einen erschrockenen Blick. Miku hatte doch tatsächlich geglaubt, den Blondschopf haargenau zu kennen – nun hatte dieses Bild einen kleinen Sprung bekommen. Es stimmte ihn traurig, dass Bou ihm offenbar vieles verschwiegen hatte. „Was meinst du damit?“ „Wir sind da.“ Bou blieb vor einem etwas älteren Haus stehen, dessen kleiner Vorgarten es doch tatsächlich schaffte, trotz all dem grau und blattlosen Ästen auf eine gewisse Art recht hübsch und gemütlich auszusehen. Bou steuerte auf das kleine Gartentor zu und öffnete dieses. Der feuchte Kies knirschte unter ihren Schuhsohlen, während sie auf die Haustür zugingen. Von drinnen konnte Miku einen Hund bellen hören. „Bou, du weichst meiner Frage aus“, sagte Miku ein wenig ungehalten. Bou drückte auf die Klingel, es ertönte ein grelles Schrillen. „Ich erzähle es dir später, ja?“ Der Blondschopf warf ihm einen besänftigten Blick zu. „Aber -“ Die Tür wurde mit einem leisen Knarren geöffnet und unterbrach ihn somit; eine Frau mittleren Alters stand nun vor ihnen. Sie hatte schwarzes Haar, das bis auf ihre Schultern gefallen wäre, wenn sie keinen Zopf getragen hätte. Sie lächelte, als sie ihren Neffen erkannte. „Saitou“, sagte sie freudig. „Du hattest deinen Besuch ja gar nicht angekündigt.“ „Das stimmt. Ich habe nur einen möglichen Interessenten mitgebracht“, entschuldigte sich Bou und deutete mit einem leichten Kopfnicken auf Miku, dessen Ärger über Bous Schweigen bereits wieder der totalen Verwirrung gewichen war. „Ist ja auch nicht schlimm. Kommt erst mal rein.“ Sie machte ihnen Platz, sodass Bou gefolgt von Miku das Haus betreten konnte. Nachdem sie sich Jacke und Schuhe ausgezogen hatten, wurde Mikus Hand an diesem Tage zum dritten Mal ergriffen, um ihn durch den verwinkelten Flur Richtung Wohnzimmer zu ziehen. „Bou, was...“ Miku blieb paralysiert stehen, als er den hauptsächlichen Inhalt des Raumes entdeckt hatte. Er musste ein paar Mal die Augen zusammenkneifen, bis er realisiert hatte, dass es kein Traum war. Zwischen Sofa und Tisch, Fernseher und Bücherregal stoben kleine, kläffende Wollknäuel wie der Blitz über den dunklen Teppich. In der Mitte lag das Größte, hechelnd genau die Neuankömmlinge unter dem Motto: „Tut ihr mir nichts, tue ich euch auch nichts“, ansehend. „...Hunde.“ Miku drehte sich zu Bous Tante um, die sich mit verschränkten Armen an den Türrahmen angelehnt hatte und lächelnd auf die Hunde blickte. Dann sah er perplex zu Bou, der sich hingekniet hatte, um einen der Welpen zu streicheln; auf dessen Blick hin lachte er. „Keine Angst, die beißen nicht.“ „Das ist es nicht.“ „Und was dann?“ Miku pattete ihn grinsend. „Ich bin nur überrascht, dass du mir das hier zeigen wolltest. Das ist alles.“ „Ich weiß eben, wie sehr du Tiere magst. Und jetzt komm endlich her!“ Bou winkte ihn schon fast ungeduldig zu sich. Miku ging nur zu gerne seiner Aufforderung nach und hockte sich neben den Blonden auf den Teppich. Sofort kam eine ganze Meute Hunde auf sie zugerannt, sodass Miku alle Mühe hatte, sich auf den Beinen zu halten geschweige denn mit den Streicheleinheiten hinterherzukommen. Er musste lachen, als ein besonders Kleiner mit leicht hängenden, schwarzen Spitzohren auf ihn zugeschossen kam und partout nicht aufhören wollte zu versuchen, ob er dem Zweibeiner nicht mal das Gesicht waschen könnte. „Ich glaube, er mag dich“, kam es amüsiert von Bou, dem der Ansturm auf Miku natürlich nicht entgangen war. „Damit könntest du Recht haben“, lachte Miku und quiekte leise auf, als die kleine, rosafarbene Zunge es nun doch schaffte, ihn auf der Wange zu berühren. Er nahm den kleinen Welpen auf den Arm, streichelte ihn und redete auf ihn ein. Bou ließ den Vocal keine einzige Sekunde aus den Augen; ihm wurde jedes Mal warm ums Herz, wenn er sah, wie liebevoll Miku mit Tieren umging und diese es wiederum immer schafften, ihn aufzuheitern. So fröhlich hatte er ihn schon lange nicht mehr erlebt. Er lächelte. „Meine Tante kann die ganzen Welpen unmöglich behalten und sucht Abnehmer. Da Miruku tot ist, dachte ich, dass du dir vielleicht was Neues anschaffen möchtest.“ Das breite Lächeln verschwand aus dem Gesicht des Vocals; betrübt blickte er auf den Welpen in seinen Armen, der ihn mit seinen kleinen Knopfaugen und schiefgelegtem Kopf interessiert beäugte. Er vermisste seinen alten Hamster noch immer und hatte sich nach dessem Tod geschworen, erst einmal kein neues Haustier zu wollen. Allerdings wusste Miku aus Erfahrung, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis er es ohne ein Tier zu Hause nicht mehr aushielt, und bis ans Ende seines Lebens Miruku hinterher trauern konnte er ja auch nicht. Plötzlich fing das kleine Wesen auf seinem Schoß an, sich wieder an die Reinigung seines Gesichts zu machen; kichernd ließ Miku dies kurz über sich geschehen und drehte den Hund dann so, dass dieser nicht mehr an ihn drankam. „Ich denke, ich nehme ihn.“ „Fein!“, rief Bou und klatschte begeistert in die Hände. „Dann schenke ich ihn dir.“ „Nein, das ist nicht nötig“, wehrte Miku sich hastig. „Ich bestehe drauf!“, maulte Bou und warf ihm einen so bösen und eindringlichen Blick zu, dass Miku nichts anderes übrig blieb, als zuzustimmen. Gegen Abend verabschiedeten sie sich. Da der Welpe noch viel zu jung war, musste Miku ihn schweren Herzens erst einmal dort lassen. Doch Bous Tante hatte ihm versprochen, Bescheid zu sagen, wenn man ihn von der Mutter würde trennen können. Nach diesem doch etwas spontanen Besuch war Miku guter Laune und hüpfte fröhlich neben Bou her, der sich freute, dass er nun nicht mehr so niedergeschlagen war. Tatsächlich hatte Miku die Eifersucht auf Takuya und offensichtlich auch Bous Austritt völlig vergessen. Stattdessen war er voller Zuversicht und Vorfreude, dass er in ein paar Wochen nicht mehr allein in seiner Wohnung war, und dass er endlich wieder etwas wie eine Familie hatte – wenn auch eine recht kleine. Den Streit mit seinen Eltern und die zwei doch etwas erbärmlich verlaufenen Telefongespräche mit seiner Mutter daraufhin hatte er nicht vergessen. Es hatte ihn zwar nicht so sehr beschäftigt wie noch am Anfang, da er völlig mit seinen Gefühlen Kanon gegenüber zu kämpfen gehabt hatte, doch auch nicht ganz verdrängt. Miku hoffte, dass er es irgendwann schaffte, sie zu besuchen; dann wollte er auch Bou mitnehmen. Oder Kanon. Plötzlich blieb Bou stehen. „Miku.“ „Hmm?“ Fragend drehte er sich zu ihm um. „Weißt du eigentlich, warum ich ihn dir schenke?“ Miku schüttelte den Kopf und sah ihn die traurig dreinblickenden Augen seines Freundes. „Keine Ahnung.“ Bou lächelte leicht und erwiderte seinen Blick. „Denkst du etwa, ich bin doof? Ich habe zwar ein bischen gebraucht, um zu begreifen, aber ganz ohne Köpfchen bin ich auch nicht. Mensch, Miku. Du kannst mir doch nicht einfach ohne was zu sagen eine Gitarre schenken!“ „Uhm...“ Mikus Herz setzte für einen Moment aus, entgeistert sah er den Blondschopf an. Er hatte es doch tatsächlich selbst herausgefunden...und das offenbar schon etwas länger gewusst! „Du...hast es aber nicht von Kanon erfahren, oder?“, fragte er zaghaft, als er seine Sprache wiedergefunden hatte. Bou schüttelte irritiert den Kopf, runzelte dann aber die Stirn. „Sag bloß, er wusste davon“, murmelte er. „Na ja...“ Miku lächelte verlegen. „Er war mit mir im Laden und hat sogar versucht, mich davon abzuhalten.“ „Na dann...“ Miku spürte, dass gerade dies Bou verletzt haben musste, doch ehe er etwas sagen konnte, fuhr Bou auch schon fort: „Wieso hast du sie mir eigentlich geschenkt? Etwa als Wiedergutmachung?“ „Bou! Nein!“, rief Miku entsetzt. „Ich habe sie dir gekauft, weil ich dich liebe. Außerdem war das einige Stunden, bevor wir uns getrennt haben. Ich konnte es doch nicht ahnen! Es sollte ein Weihnachtsgeschenk sein.“ Bous Gesichtszüge glätteten sich und ein leichtes Lächeln huschte auf seine schmalen Lippen. „Tut mir Leid, wenn ich dich das jetzt gefragt habe. Es hat mir nur keine Ruhe mehr gelassen, ich wollte einfach Sicherheit haben.“ „Schon okay.“ Miku drückte ihn an sich und Bou schlang seine Arme um ihn. „Danke“, hauchte er und presste seinen Kopf an dessen Brust... Fröhlich kam Miku zu Hause an. Er konnte es noch immer nicht begreifen, dass Bou ihn als den Gönner seiner Gitarre schon seit einiger Zeit entlarvt hatte, doch es machte ihm nichts aus. Jetzt musste er ihm wenigstens nichts mehr vormachen. Zudem hatte Miku ihm dabei zu verstehen gegeben, dass er ihn noch immer liebte und war dankbar, dass Bou ihn nicht weiter über seine Gefühle ausgefragt hatte. Als er dann spät in der Nacht in seinem Bett lag, verblasste seine Heiterkeit ein wenig, als er den Tag wie jeden Abend noch einmal Revue passieren ließ und sich an die erste Probe mit Takuya erinnerte. Es versetzte ihm einen Stich in die Brust, als er Bou vor seinem inneren Auge erneut sah, wie ihm die Griffe erklärte. Doch Miku seufzte zufrieden auf, als ihm wieder einfiel, dass Takuya erst nach ihrer Tour zu ihnen stoßen würde und sie sich bis dahin so gut wie gar nicht sehen würden... Da am nächsten Tag keine Probe angesetzt war, nutzte Miku die Gelegenheit, um einmal so richtig auszuschlafen und stand erst auf, als es bereits nach zwölf war. Draußen war es am regnen und der Himmel grau in grau, sodass er schon beim bloßen Blick aus dem Fenster fröstelte. Um wenigstens einige Minuten lang Wärme zu spüren, schnappte er sich schnell die nächstbesten Klamotten und hüpfte ins Bad, wo er sich auch sofort unter die Dusche stellte. Allerdings wurde er bereits kurze Zeit später durch das Klingeln seines Handys gestört. Grummelnd trocknete er sich notdürftig ab und band sich anschließend das Handtuch notdürftig um die Hüften. Dann lief er hastig ins Wohnzimmer, wo sein Handy vibrierend auf der Couch lag. „Hai?“, meldete er sich und versuchte, möglichst wenig Tropfen auf dem schönen Holzboden zu verteilen. „Hey, ich bin’s.“ „Kanon!“, rief Miku so laut, dass sich der Schwarzhaarige auf der anderen Seite den Hörer ein wenig von sich weg halten musste. „Ähm...ist das jetzt ein positives Zeichen von dir oder eher ein negatives?“, fragte er anschließend vorsichtshalber mal nach. „Na ja...eigentlich doch positiv, oder?“, sagte Miku ein wenig verpeilt. „Miku. Wie soll ich es denn bitte nicht abwertend verstehen, wenn du mir direkt ins Ohr brüllst?“ „Gomen, Kanon“, rief Miku entschuldigend. „War nicht so gemeint. Was willst du eigentlich von mir?“ „Na, mich mit dir verabreden. Was denn sonst?“, antwortete Kanon, als ob es das Normalste der Welt wäre. „Ach so.“ „Passt es dir denn? Wann soll ich bei dir aufkreuzen?“ „Uhm...ich bin eigentlich gerade am duschen, also in einer Stunde ungefähr.“ „Okay, bis gleich!“ Miku legte auf und bevor er wieder unter die Dusche sprang, warf er das Handy zurück auf die Couch. Miku wusste jetzt nicht, ob er sich freuen sollte oder nicht. Er hatte eigentlich vorgehabt, sich mit Bou zu treffen, da er ihn unbedingt fragen wollte, was für ein Geheimnis er hatte. Denn es musste schon etwas sein, wo dieser Angst gehabt hatte, es ihm zu verraten. Während ihrer Beziehung hatten sie sich schließlich alles erzählt und eigentlich keine Geheimnisse voreinander gehabt. Auch wenn sie jetzt nicht mehr zusammen waren, wünschte Miku nichts mehr, als alles über den kleinen Blondschopf zu wissen. Andererseits verspürte er zugleich den Drang, sich mit Kanon wieder einmal außerhalb der Bandproben zu verabreden... Kaum hatte Miku die Dusche verlassen und etwas gefrühstückt, klingelte es auch schon. //Pünktlich auf die Minute...// Er eilte zur Tür und öffnete sie lächelnd einem völlig durchweichtem Kanon, dessen Haare platt herunterhingen und ihre Tropfen seelenruhig auf den weißen Fließen im Flur verteilten. „Bist du hier hingeschwommen?“, fragte Miku neckend, während sie sich mit einer innigen Umarmung begrüßten. „Ha ha“, murrte Kanon. „Wenn ich mich nicht mit dir verabredet hätte, wäre ich heute den ganzen Tag zu Hause geblieben. In dieses Unwetter würde ich noch nicht einmal einen Pudel schicken!“ Er betrat den Flur und Miku schloss die Tür, während sich der Schwarzhaarige sich seiner Jacke und seinen Schuhen entledigte. „Entschuldige, wenn ich dir jetzt alles volltropfe“, meinte Kanon, während Miku seine Jacke nahm und sie an den Haken neben der Tür hängte. Tatsächlich hatte sich bereits eine kleine Pfütze unter ihm gebildet und die Tropfen, die allmählich von der Jacke herunter auf den Boden glitten, waren eifrig dabei, eine zweite zu schaffen. „Ach was.“ Miku winkte ab und schob Kanon an der Schulter vor sich her Richtung Bad. „Das kann ich auch wieder saubermachen. Hauptsache ist, dass du dich nicht meinetwegen erkältest – denn das können wir uns jetzt echt nicht leisten.“ „Hmm...“ Kanon grinste frech, bevor er Mikus Geste zur Badewanne folgte und sich auf dem weißen Rand dieser niederließ. „Bilde ich es mir nur ein oder machst du dir um die Band mehr Gedanken als um mich?“ „Quatsch!“, lachte Miku, der sich inzwischen ein Handtuch aus der kleinen Kommode neben der Tür besorgt hatte, und sich nun darum kümmerte, dass die schwarzen Haare seines Freundes wieder – zumindest einigermaßen - trocken wurden. Kanon, der froh war, keinen Handschlag selbst tun zu müssen, ließ dies genüsslich über sich geschehen; auch, weil es gerade Miku war, verschob er den Gedanken, dass es wohl ziemlich komisch aussehen musste, wie er kleinkindmäßig auf dem Badewannenrand saß und sich von Miku die Haare trocken rubbeln ließ. „Hast du eigentlich keinen Regenschirm?“, fragte Miku, der mit den nassen Haaren sichtlich zu kämpfen hatte. „Nee.“ „Dann weiß ich ja jetzt, was ich dir zum Geburtstag schenken kann“, meinte Miku freudig, da er immer Angst hatte, seinen Freunden etwas Falsches zu schenken. „Welche Farbe hättest du denn gerne? Blau? Schwarz, oder Rot?“ „Och...wenn du schon so fragst, nehme ich natürlich schwarz mit gelben Pünktchen“, grinste Kanon frech. „Hey! Ich meinte das ernst!“, rief Miku entrüstet und pfefferte das Handtuch in eine Ecke, da er fand, da er den Kampf mit dem widerspänstigen Haar aufgegeben hatte – außerdem waren sie seiner Meinung nach trocken genug. „Ich auch.“ Kanon drehte sich ein wenig und sah Miku an; in seinem Blick lag eine Ernsthaftigkeit, die Miku noch nie gesehen hatte. Der Vocal legte den Kopf schief und überlegte fieberhaft, ob Kanon das nun wirklich ernst meinte oder nur sein schauspielerisches Können zeigte. „Also, jetzt machst du mir Angst“, maulte er dann enttäuscht los, nachdem er zu keinem nennenswerten Ergebnis gekommen war. „Wieso das denn?“, fragte der Schwarzhaarige völlig irritiert. „Na, weil du so ernst guckst“, verteidigte sich Miku und schaute nun noch geknickter drein, als Kanon daraufhin zu Lachen anfing. „Ich dachte, du kennst mich.“ Er grinste breit. „Bei dir kann man ja nie vorsichtig genug sein“, murmelte der Vocal beleidigt. „Miku, du bist echt süß.“ Diesen Kommentar hatte Kanon einfach nicht zurückhalten können und zog ihn zu sich, sodass Miku nun gezwungen war, auf seinem Schoß Platz zu nehmen, und legte einen Arm um ihn. Miku musste lächeln. „Siehste? Geht doch“, rief der Schwarzhaarige triumphierend. „Wenn du beleidigt bist, bist du zwar süß, aber so ist es doch gleich viel besser.“ „Baka“, lachte Miku und gab ihm einen leichten Klaps auf den Kopf. Sofort bereute er es, denn nun hatte er eine feuchte Hand, doch dieses Problem löste er sofort, indem er sie einfach ganz unauffällig an seiner Hose abwischte. „Wieso? Stimmt doch.“ Kanon sah ihn an, als ob Miku nicht verstehen würde, dass eins und eins zwei ergibt. Miku wich seinem Blick verlegen aus. Er fühlte sich unter Kanons Komplimenten geschmeichelt und es gefiel ihm auch; doch sie machten ihn ein wenig nervös. „Können wir nicht über was andres reden?“, fragte er daher und sah ihm schon fast flehend in die Augen. Daraufhin lächelte Kanon. „Wenn du möchtest...Aber dann lass uns wenigstens woanders hingehen.“ „Oki.“ Miku hüpfte von seinem Schoß, damit er aufstehen konnte, und gingen anschließend nach nebenan ins Wohnzimmer. Bevor Kanon auch nur den Hauch einer Chance hatte, sich auf die lange Couch zu setzen, hatte Miku sich auch schon in einem hohen Bogen auf sie geworfen und sich ausgestreckt. Fies grinste er nun zum Schwarzhaarigen empor, der nun bedeppert vor ihm stand und sich gerade überlegte, ob er Miku nun hassen oder weiterhin lieben sollte. Er entschied sich für Letzteres; schmunzelnd verschränkte er die Arme und sah ihn vorwurfsvoll an. „Sag mal...“, sagte er langsam. „Sollte man seinem Gast nicht irgendetwas anbieten? Ich denke da so an...“ Er überlegte kurz. „...an einen schön kräftigen Kaffe mit einem deiner wundervollen, leckeren und sehr zeitaufwändigen Reisgerichte.“ Das freche Grinsen verschwand aus dem Gesicht des Vocals und es breitete sich ein düsterer Schatten mit einem noch finsteren Blick aus. „Och nee...“, murmelte Miku, der sich nun dazu genötigt fühlte, Kanons Leibgericht zu kochen, und erhob sich. Grummelnd musste er zusehen, wie sich nun der Bassist auf der bequemen Couch breit machte und ihm ein breites, unschuldiges Lächeln zuwarf. „Also, ich finde es bequem.“ „Und ich finde dich gemein“, sagte Miku trotzig, woraufhin Kanon nur schmunzeln konnte. „Das Kompliment gebe ich nur zu gern zurück.“ „Na, ich stehe wenigstens dazu.“ Frech streckte Miku ihm die Zunge raus, ehe er in die Küche düste. Dort setzte er zunächst das Wasser auf, bevor er alle Zutaten für das gewünschte Gericht zusammensuchte. Er hatte eigentlich nicht vorgehabt, sich von Kanon durch die Gegend schubsen zu lassen, aber er wollte ihm diesen Wunsch gerne erfüllen und auch, weil er selbst heute nur ein mickriges Brötchen gegessen hatte. Während Miku mit dem eigentlichen Kochen anfing und einige Gemüsesorten klein schnippelte, überlegte er, was er nach dem Essen mit seinem doch etwas unerwartet aufgetauchten Freund anstellen sollte. Doch diese Frage erwies sich als nicht allzu einfach, da dies nach ihrer Trennung das erste Treffen war, an dem sie unter sich waren. Miku quiekte erschrocken auf, als sich etwas plötzlich um seinen Bauch schlang und sich zudem noch ein wenig an seinen Rücken anschmiegte; kaum hatte er sich versehen, hatte das besagte Etwas auch noch den Kopf auf seine Schulter abgelegt, um ihm leise ins Ohr zu flüstern: „Das machst du aber schön.“ „Shinya“, knurrte Miku, der beim Kochen am Liebsten ungestört war und dies eigentlich alle in seiner Umgebung wussten, die nicht gerade auf seiner Feindesliste stehen wollten. „Was denn?“, grinste Kanon, der genau wusste, dass der Vocal ihn nie hassen würde, und dachte erst gar nicht daran, den Griff auch nur ein klein wenig zu lockern. Seufzend lächelte Miku verschmitzt. „Kann das sein, dass du heute lästiger bist als sonst?“ Der Schwarzhaarige runzelte die Stirn und fühlte sich sichtlich gekränkt. „Also, wenn das jetzt mal kein Vorwurf war...“ „Nein, nein!“, rief Miku hastig, der ihn auf gar keinen Fall beleidigen wollte. „So war das nicht gemeint, gomen!“ „Ich weiß“, sagte Kanon in seinem lässigen Tonfall und hauchte ihm einen Kuss auf den Hals; der Vocal konnte sein Herz ein wenig schneller schlagen hören, als er die ihm so vertrauten Lippen auf seiner Haut spürte, die dort ein leichtes Kribbeln hervorriefen. Erneut versuchte er, sich von Kanon loszureißen, was allerdings nicht so recht klappen wollte; er fühlte sich unwohl und die Nähe des Bassisten machte ihn nervös. Um sich abzulenken, schüttete er den Reis ins heiße Wasser und stellte die Temperatur der Platte ein wenig runter. „Habe ich was falsch gemacht?“, fragte Kanon ein wenig perplex, dem Mikus Verhalten natürlich nicht entgangen war, und nahm seine Arme nun doch weg. Der Vocal drehte sich ein wenig zu ihm um und anstatt zu antworten, deutete er lächelnd auf die Kaffeemaschine, die sich mittlerweile ausgestellt hatte. „Dein Kaffee ist fertig.“ „Oh, du hast mal wieder geschickt das Thema gewechselt“, kam es vom Schwarzhaarigen ein wenig enttäuscht, während er aus dem Schrank über der Spüle eine Tasse hervorzauberte. Nur zu gern hätte er gewusst, wie Miku noch empfand und was er darüber dachte; doch offenbar ließ er nicht mit sich reden. „Wenn du auch ständig mit so was anfängst“, meinte Miku daraufhin und sah ihm dabei zu, wie er sich den heißen Kaffee in die Tasse schüttete. Als er damit fertig war, nippte der Bassist vorsichtig an der dunklen Flüssigkeit, doch offenbar war er noch zu heiß, denn er stellte die Tasse wieder ab. Bedrückt sah er den Vocal an. „Möchtest du nicht über deine Gefühle reden?“, fragte er offen heraus. „Nein.“ Miku schüttelte den Kopf. „Tut mir Leid. Außerdem habe ich dir gestern schon so ziemlich alles gesagt.“ „Aber nicht, was du empfindest, wenn du in meinen Armen liegst.“ „Ich möchte da wirklich nicht drüber reden, Shinya. Ich kann dir jetzt nur sagen, dass es mich nervös macht; aber das ist auch alles. Lass mir bitte Zeit.“ „Na gut.“ Kanon seufzte hörbar auf und ließ den Hobbykocher nun allein in der Küche, damit er nicht Gefahr lief, am Ende nun doch auf seine Hassliste zu kommen. Er hatte so sehr gehofft, dass Miku ihm mehr erzählen würde, doch offenbar war er einfach nicht zu hinterhältig gewesen... Kapitel 29: Der Schmerz wird zu groß Part I ---------------------------------------------- wow~ es hat zwar etwas länger gedauert als sonst aba endlich is das neue kapi da! *freu* hoffe ihr könnt mir verzeihn dass es so lange gedauert hat *lieb guck* x33 ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Kapitel 29. Der Schmerz wird zu groß Part I Miku hatte all seine Kraft aufwenden müssen, um den doch etwas nervig gewordenen Kanon noch vor Mitternacht loszuwerden. Dieser hatte nämlich zunächst darauf bestanden, bei ihm zu schlafen, doch der Vocal hatte sich zu verteidigen gewusst. Der guten Worte mächtig hatte er es geschafft, den Schwarzhaarigen nicht zu beleidigen oder gar zu kränken. Kanon, der manchmal ein richtiger Sturkopf sein konnte, hatte es aber am Ende doch eingesehen, dass er bei Miku auf eine unüberwindbare unsichtbare Mauer stieß, wenn er versuchte, irgendwelche Aussagen über dessen Gefühle aus ihm herauszubekommen, und so ließ er es seelenruhig geschehen, dass er von Miku praktisch vor die Tür gesetzt wurde. „Tut mir Leid, wenn ich etwas zu aufdringlich war“, beschwichtigte Kanon ihn, den das schlechte Gewissen gepackt hatte, als er dessen genervten Gesichtsausdruck bemerkt hatte. „Ach was.“ Miku reichte ihm seinen Schal und die noch feuchte Jacke. Er zwang sich zu einem etwas gequält wirkendem Lächeln. „So aufdringlich warst du nun auch wieder nicht.“ „Na, vielen Dank auch“, brummte Kanon, dem der Sarkasmus nicht entgangen war, und hockte sich mit dem Rücken zu Miku hin, der mit verschränkten Armen im Türrahmen stand und ihn beobachtete. „Das ist also sein Dank dafür, dass ich eine böse Erkältung in Kauf nehme, mich in den gefährlichsten Schneesturm seit Jahren gewagt und mich wegen der Glätte sogar beinahe auf die Fresse gelegt habe – nur um ihm Gesellschaft zu leisten“, murmelte Kanon vor sich hin, während er seine Schuhe zuband. „Und wie dankt er es mir? Indem er so genervt von mir ist, dass er mich mitten in der Nacht und in dieser bescheuerten Eiseskälte einfach so ohne die geringste Vorwarnung vor die Tür setzt.“ Weiter vor sich hinmurmelnd erhob er sich und drehte sich um. Er stutzte, als er sah, dass Miku sich offenbar das Lachen verkneifen musste. „Was ist daran denn bitte schön so lustig?“, fragte er, nun völlig beleidigt tuend. Daraufhin schaute Miku schnell gleichgültig drein und tat so, als ob ihm in den letzten Minuten überhaupt kein Grund gegeben worden war, sich über irgendjemanden zu amüsieren; er wusste genau, dass Kanon von diesen Anschuldigungen nichts ernst meinte. „Was meinst du?“, fragte er ein wenig irritiert, woraufhin Kanon ihn ungläubig anguckte und nach einigen sehr schweigsamen Sekunden gleichgültig mit den Schultern zuckte. „Vergiss es.“ Sie umarmten sich zum Abschied; Kanon konnte sich nur mit großer Mühe zusammenreißen, dem kleinen Vocal einen kleinen Kuss auf die Wange zu verpassen. Miku hielt ihm die Tür auf. „Bis morgen bei der Probe“, lächelte er. „Schlaf gut“, sagte Kanon und trat raus auf den Flur. Miku wollte sich gerade schon umdrehen und die Tür wieder schließen, als der Bassist sich noch einmal halb umdrehte und mit einem breiten Grinsen noch einen gehässigen Kommentar hinterher warf: „Aber träum nicht von mir, sonst endet das noch in einem Alptraum.“ Einen Augenblick lang genoss er noch den völlig sprachlosen Miku, bevor er die Treppe herunter polterte und aus dessen Blickfeld verschwand. Mit dem Kopf schüttelnd schloss Miku leise die Tür und kehrte ins Wohnzimmer zurück, wo er sich dran machte, das Chaos zu beseitigen, was er zusammen mit Kanon in den letzten Stunden veranstaltet hatte. Sämtliche Playstationspiele waren über den Boden verteilt, dazwischen leere Flaschen, dreckiges Geschirr und weiß der Gott noch alles, was so zwei Jungs fabrizieren, wenn sie einige Stunden zu zweit sind. //Also das letzte hätte er sich auch sparen können…//, schoss es ihm durch den Kopf, während er eine Decke zusammenfaltete, doch ein warmes Lächeln konnte er sich einfach nicht verkneifen… Am nächsten Morgen war Miku guter Dinge. Vor sich hinsummend hatte er sich für die Probe zurechtgemacht und ein energiereiches Frühstück zu sich genommen. Während er sich seine Jacke anzog, musste er an Kanon denken – aber genau genommen hatte er an ihn gedacht, seit er die Augen zum ersten Mal an diesem Tag aufgeschlagen hatte. Es stimmte ihn fröhlich, dass der Bassist auch nach ihrer Trennung noch seine Nähe suchte, obwohl es für ihn recht hart war, da er ihn nicht viel berühren durfte. Außer Umarmungen. Miku sehnte sich zwar ab und zu noch nach einem zärtlichen Kuss von ihm, aber er wusste, dass das nun nicht mehr ging. Er würde Kanon damit nur noch mehr verletzen; und das wollte er nicht. Doch Miku war sich seit gestern sicher, dass Kanon sich melden würde, wenn er ihn falsch behandeln sollte. Er würde es nicht riskieren, ihn als Freund zu verlieren. Der Vocal schloss die Tür hinter sich ab und machte auf dem Absatz kehrt und lief die Treppe runter, in seiner Jackentasche schon nach seinen Handschuhen suchend. Das Wetter hatte sich zwar gebessert, denn weder schneite noch regnete es, allerdings hieß dies nicht, dass keine Kühlfachtemperaturen mehr herrschten. Miku öffnete die Haustür und wollte gerade den ersten Schritt nach draußen setzen, als er seine Nachbarin mit drei prall gefüllten Einkaufstaschen den schmalen Weg hinaufgehen sah, der durch den kleinen, nun schneeweißen, Vorgarten führte. So blieb er im Flur stehen, um ihr die Tür aufzuhalten. Takehito-san lächelte ihn freundlich an, doch wirkte sie ein wenig gestresst. „Arigatou, Akiharu-kun.“ Miku ließ die Tür wieder zufallen und verbeugte sich höflich vor ihr. „Ach was“, sagte er. „Dafür müssen Sie sich nicht bei mir bedanken.“ Sein Blick fiel auf die Einkaufstaschen. „Soll ich Ihnen helfen?“ „Was?“ Die alte Dame sah ihn verwirrt an, bevor sie kapierte. „Oh ja, das wäre sehr nett.” Nachdem der Vocal ihr zwei Tüten abgenommen hatte, folgte er seiner Nachbarin die Treppe hinauf. „Aber müssen Sie heute nicht zur Probe?“, fragte Takehito-san, die es von Miku kannte, dass er so gut wie jeden Tag früh morgens schon unterwegs war. „Doch, aber ich habe noch Zeit, bis mein Bus fährt“, erwiderte Miku lächelnd. Sie hatten das zweite Stockwerk erreicht und nun wartete er darauf, dass Takehito-san ihre Wohnungstür aufschloss. Tatsächlich war er extra früh aufgestanden, um einen Bus eher zu nehmen. Er wollte wenigstens einmal in seinem Leben überpünktlich sein. Er folgte seiner Nachbarin in ihre Wohnung und da er schon einige Male hier gewesen war, musste er auch nicht nach der Küche fragen, wo er auf der marmornen Arbeitsfläche die Tüten abstellte. „Nochmals vielen Dank“, sagte Takehito-san, die sehr erleichtert schien, dass ihr geholfen worden war. „Sehen Sie es als kleinen Ausgleich an.“ „Wie meinen Sie das?“ Takehito-san blickte verwirrt drein. „Na, dass sie auf Miruku aufgepasst haben, während ich in Europa war“, klärte Miku sie mit einem Anflug eines Lächelns auf. Miku sah ihr zu, wie sie die gerade gekauften Lebensmittel einräumte. Als Takehito-san jedoch Mirukus Namen hörte, hielt sie inne und wandte sich niedergeschlagen zu ihm um. „Ach, Tsukiyama-kun. Es tut mir so leid um Miruku.“ „Es war doch nicht Ihre Schuld“, versuchte Miku sie wieder aufzumuntern. Er wusste von ihren Vorwürfen, sich wohl nicht richtig um das Meerschweinchen gekümmert zu haben. „Ich habe übrigens eine gute Neuigkeit“, fügte er noch breit lächelnd hinzu und auf Takehito-sans fragenden Blick hin sagte er: „Ich habe mich dazu entschlossen, mir wieder ein Haustier zuzulegen.“ „Tatsächlich?“ Ihre Augen blitzten. Miku nickte und applaudierte innerlich sich selbst; er hatte es mal wieder geschafft, jemanden aufzuheitern. Und er erzählte ihr von seiner ersten Begegnung mit dem Welpen, den er von Bou geschenkt bekommen würde, und wie sehr er sich jetzt schon auf ihn freute. „Wissen Sie schon, wie Sie ihn nennen?“, fragte Takehito-san neugierig, die sich schon bereit erklärt hatte, des Öfteren mit ihm spazieren zu gehen, wen der Sänger AnCafès mal keine Zeit dazu hatte. Miku überlegte kurz, denn über diese Frage hatte er bisher noch nicht nachgedacht. Doch das brauchte er nun auch nicht; ganz spontan war ihm ein Name eingefallen, der sowohl zum Hund als auch zu ihm selbst passte. Er grinste. „Das verrate ich noch nicht.“ Takehito-san schüttelte lächelnd mit dem Kopf und packte weiter die Tüten aus. Miku sah ihr weiter zu und war mit den Gedanken so sehr bei seinem neuen Hund, dass er die Zeit völlig vergaß. Als er dann den Blick durch den Raum schweifen ließ und dieser zufällig auf der kleinen Wanduhr über dem Herd hängen blieb, zuckte er vor Schreck zusammen. „Och nö!“, maulte er. //Den früheren Bus kann ich abhaken und wenn ich Pech habe, ist der andere auch schon weg!// Bevor er aus der Küche lief, rief er seiner Nachbarin noch einen Abschiedsgruß zu. „Und sagen Sie mir bitte Bescheid, wenn Ihr Hund da ist“, bat diese und Miku versprach es ihr. Vor sich hinfluchend hastete er die Treppe so schnell wie möglich runter und raste den Bürgersteig entlang zur Bushaltestelle; den Bus sah er gerade ankommen. Allerdings hatte er die Glätte nicht beachtet und so strauchelte er und wäre auch beinahe hingefallen, wenn er nicht seine Arme ausgestreckt hätte, um sich mit diesen am Boden abzustützen. Nun rannte er ein wenig langsamer und kam gerade noch rechtzeitig an der Haltestelle an. //Eigentlich sollte mich das jetzt für den restlichen Tag schlecht gelaunt stimmen, aber so langsam bin ich dran gewöhnt…//, schoss es Miku deprimiert durch den Kopf als er in den fast leeren Bus stieg und sich auf einen der hinteren Plätze niederließ. Kleine Regentropfen begannen aus den schwarzen Wolken über ihm auf Tokio und dessen Bewohner herabzufallen, als der Vocal aus der U-Bahn stieg. Als Miku die ersten Regentropfen verspürte, setzte er hastig seine Kapuze auf, damit seine Frisur nicht durch die Nässe ruiniert wurde, und eilte – so schnell der gefrorene und schneebedeckte Boden es zuließ – Richtung Proberaum. Die Straßen waren längst geräumt worden und auch auf dem Bürgersteig war vereinzelt gestreut worden; im Übrigen war der Schnee schon von unzähligen Leuten zu einer harten Masse zusammengetreten worden, sodass dieser eigentlich kein allzu großes Hindernis darstellte. Nur Miku, der mit dem eiskalten Boden einige Meter vor seiner Haustür beinahe schon Bekanntschaft gemacht hatte, wollte auf Nummer sicher gehen und ging lieber behutsam. Als er mit einer Verspätung von einer guten Viertelstunde die frisch geputzten Stufen zum Proberaum hochstiefelte, versuchte er, durch Rubbeln seine Hände wieder einigermaßen wärmer zu bekommen. Ärgerlich, dass seine Handschuhe bei diesem Wetter nicht die Arbeit leisteten, wofür sie eigentlich gemacht worden waren, übersprang er die letzen beiden Stufen, bog nach links ab und näherte sich dem Proberaum. Verwundert verlangsamte er wieder sein Tempo, als er lautes Gelächter hörte. Als er fast direkt vor der Tür stand, wusste er auch, weshalb er trotz des schallisolierten Raumes Geräusche von innen gehört hatte. Sie stand halb offen. „Und stell dir vor“, hörte Miku auf einmal Terukis Stimme belustigt sagen, während er seine Jacke auszog und sie auf einen kleinen Haken an der Wand hängte – denn diese wollte er ungern mit reinnehmen, wo sie womöglich noch die Instrumente oder die Verstärker zutropfte. „Nachdem das Shooting zu Ende war, hat Kanon mal wieder einen seiner vielen Geistesblitze gehabt – die aber meistens in einer reinen Katastrophe enden – und…“ „In einer reinen Katastrophe?“, unterbrach Kanon ihn entgeistert. „Mann, du musst doch selbst zugeben, dass es Spaß gemacht hat, sich gegenseitig mit Pizza zu bewerfen!“ „Ja, es hat so lange Spaß gemacht, bis du Bous Haare mit einer Salami-Pizza getroffen hast und er dann anfing, mit Cola um sich zu spritzen“, fügte Miku grinsend hinzu, nachdem er eingetreten war. Bou, Kanon, Teruki und – zu Mikus Verwunderung – auch Takuya, wandten sich überrascht zu ihm um. Bou eilte lächelnd auf ihn zu. „Wow, du hast es ja doch noch geschafft, herzukommen.“ „Dieses Mal habe ich versucht, überpünktlich zu sein, aber dieser Versuch stand wohl unter einem schlechten Stern“, versuchte der Vocal, sich zu rechtfertigen. Allerdings bemerkte er, dass Kanon ihn argwöhnisch musterte. „Was ist?“, fragte er ihn daraufhin. „Na ja…“, sagte der Schwarzhaarige zögernd. „Ich frage mich nur, ob du es irgendwann doch mal hinbekommst, pünktlich zu sein.“ Er grinste frech. „Ha ha.“ Miku streckte die Zunge aus und beachtete ihn nicht weiter. Er hatte schon befürchtet, dass Kanon sich bei ihm rächen würde; doch momentan war es ihm genau genommen egal. Er wandte sich Takuya zu und lächelte. „Ich dachte, du probst noch nicht mit uns. Ich bin ziemlich überrascht, dich hier zu sehen.“ Takuya erwiderte sein Lächeln freundlich und Miku schien es, als habe schon ein wenig seiner Zurückhaltung abgeworfen und als ob er sich bereits mehr mit den dreien angefreundet hätte. Nur Miku wusste nicht, ob ihn das freuen oder ärgern sollte, denn noch war Bou ihr umjubelter Gitarrist und würde dies noch einige Wochen sein. „Du hast Recht; ich bin nicht gekommen, um mit euch zu proben.“ Takuya warf Bou einen kurzen Seitenblick zu. „Bou hat mich eingeladen, mir eine richtige Probe von AnCafé anzusehen. Also…falls du nichts dagegen hast, meine ich. Kanon und Teruki stört es nicht“, fügte er noch hastig hinzu. „Nein, wieso sollte es mir was ausmachen?“, entgegnete Miku freundlich; er spürte die stechenden Blicke seiner Bandkollegen auf sich ruhen. Er hatte sogar tatsächlich nichts dagegen. Denn es war zwar unvermeidlich, demnächst mit ihm proben zu müssen, und umso verständlicher war es daher auch, dass er sich den Ablauf einer normalen Probe bei ihnen einmal ansehen wollte. Er ging zum Tisch und suchte zwischen all den vollgekritzelten Zetteln nach dem Songtext, den sie bis zum Konzert in einen neuen Song umwandeln wollten. Dabei fiel ihm ein, dass er den anderen noch gar nicht erzählt hatte, dass er seine ganze Trauer und Niedergeschlagenheit über Bous Austritt in einen weiteren Text verarbeitet hatte. Wenn er es genau überlegte, wollte er damit auch warten, bis Bou wirklich aus der Band raus war. //Es wäre nicht fair von mir, jetzt damit rauszurücken. Ich würde Bous Entschluss dadurch ins Wanken bringen und wenn es wirklich sein Wunsch ist, auszutreten, dann werde ich ihn nicht weiter davon abhalten…// „Ah“, rief er, als er das gesuchte Blatt gefunden hatte. Es war bereits ein wenig überarbeitet; einige Wörter waren durch bessere ersetzt worden, die die anderen ihm vorgeschlagen hatten. Er drehte sich um und erkannte, dass Bou und Kanon ihre Notizen bereits studierend beäugt hatten und nun ihre Instrumente an den Verstärker anschlossen. Teruki hockte bereits wartend hinter seinen Drums. Sein Blick fiel auf Takuya, der sich keinen Millimeter bewegt hatte und sich offensichtlich ziemlich fehl am Platz fühlte. Verstohlen hatte er die Vorbereitungen der anderen beobachtet. „Ähm…“ Miku überlegte kurz, dann deutete er auf einen doch etwas klapprig wirkenden Stuhl am Tischende. „Du kannst dich da ruhig hinsetzen – oder wo auch immer.“ Nachdem Takuya es sich so gemütlich gemacht hatte, wie es nur möglich war, stellte der Vocal sich auf seine Position. Die Probe verlief normal und ohne große Komplikationen. Nachdem sie sich mit einigen alten Songs, wie Snow Scene, eingespielt hatten, machten sie sich an die Komposition des neuen Songs. Miku war so sehr in seinem Element, dass er Takuya ganz vergessen hatte, der ihnen vor sich hinträumend zusah und sich nicht traute, etwas zu sagen – aus Angst, die vier bei ihrer kreativen Arbeit zu stören. Takuya hatte zwar schon in anderen Bands gespielt, doch diese waren längst nicht so berühmt gewesen wie AnCafé. Er merkte schon beim Zusehen, dass die Proben härter waren. Es war nicht so, dass er die Arbeit scheute; vielmehr fürchtete er sich davor, etwas falsch zu machen und die anderen zu behindern. Auch fragte er sich bereits, wie wohl die Cafekkos auf ihn reagieren würden. Kaum hatte Teruki verkündet, sie könnten jetzt eine Pause gebrauchen, hetzte Miku auch schon los, um sich etwas zu Trinken zu holen und sich anschließend damit auf den Verstärker zu setzen. Gierig trank er einige Schlucke und ließ den Blick durch den Raum schweifen. Kanon und Bou übten jeder für sich noch einige komplizierte Griffe und Melodien, Teruki war nach nebenan verschwunden, um zu telefonieren. „Bedien dich ruhig“, sagte Miku zu Takuya, der leicht zusammenzuckte, als er angesprochen wurde, und deutete auf die Wasserflaschen, die unterm Tisch standen. „Im Kühlschrank haben wir auch Bier und anderes, aber das würde ich dir bei diesem Wetter nicht empfehlen.“ Er grinste. Takuya befolgte lächelnd seinen Rat. „Hast Recht. Das wäre jetzt nicht gerade das Klügste.“ „Eben.“ Miku wusste nicht, über was er noch mit Takuya reden könnte, und wandte sich wieder Kanon und Bou zu, die noch immer nicht aufhören wollten. Es störte ihn nicht, dass die beiden spielten anstatt mit ihm zu reden; er liebte es einfach nur, ihnen zuzusehen. Nach einigen Minuten kam Teruki zurück und blieb einige Sekunden lang im Türrahmen stehen. Dann ging er unschuldigen Schrittes zu Bous Verstärker und warf Miku heimlich einen amüsierten Blick zu. Miku kapierte sofort, beugte sich ein wenig vor und schaltete Kanons aus. Sofort verstummten die schönen Klänge von Bass und Gitarre, welche nun viel leiser und unklarer waren. „Menno“, maulte Bou los und stierte Teruki beleidigt an. „Das war aber nicht gerade nett.“ Kanon warf Miku nur einen vernichtenden Blick zu und stellte sein Instrument ab. Miku lächelte leicht. Teruki pattete den Blondschopf. „Ich dachte, wir beide beglücken Miku jetzt mal“, sagte er locker. „Nani?“, kam es wie aus der Pistole von Bou und Miku, die sich nun fragten, was der Drummer bitte schön damit meinte. Dieser wollte gerade antworten, doch der Schwarzhaarige kam ihm zuvor. „Teruki will mit dir zusammen was zu essen besorgen, Bou“, klärte er die beiden mit einem breiten Grinsen auf. „Das hättest du aber auch ein bischen deutlicher sagen können, Teru“, schimpfte Bou murrend, während er seine Gitarre wegstellte. „Wieso hätte ich?“, gab der Angesprochene grinsend zurück. „Kanon hat es doch auch verstanden.“ „Willst du etwa damit andeuten, dass ich sonst strohdoof wäre“, kam es ungläubig vom Schwarzhaarigen, woraufhin Teruki ihm einen milden Blick zuwarf und mit betont ironischer Stimme erwiderte: „Nein, alles nur das nicht.“ Kanon lächelte verschmitzt. „Danke, das Kompliment gebe ich gerne zurück.“ „Zu freundlich von dir.“ Teruki verbeugte sich übertrieben freundlich. „Aber eigentlich wollte ich damit nur sagen, dass - “ „Leute, ich will eure wilde Diskussion unterbrechen“, warf Miku hastig dazwischen, der Angst vor einem richtigen Streit hatte, und um den lauten Aufschrei seines Magens zu überspielen, „aber ich habe zufälligerweise wirklich Hunger.“ „Ach, tatsächlich?“ Teruki sah ihn lächelnd an. „Das hätte ich jetzt nicht gedacht. Wir sind auch schon so gut wie weg.“ Er packte Bou am Arm und zog ihn hinter sich her nach draußen. Im Vorbeigehen warf der Blondschopf Miku noch ein warmes Lächeln zu, ehe er hinter Teruki verschwand. Miku sah ihnen belustigt hinterher. Es war schon komisch, wie Bou sich von Teruki alles gefallen ließ, ohne auch nur ein klitzekleines Murren von sich zu geben. Bei Kanon wäre er sofort ausgeflippt. Miku, völlig in Gedanken versunken, drehte die nun halb volle Wasserflasche in seinen Händen hin und her und hörte Kanon und Takuya wie aus weiter Ferne miteinander sprechen. Er erinnerte sich an ihre Europa-Tournee und mit welchem Gefühlschaos er wieder zurückgekehrt war, und es versetzte ihm einen Stich in die Brust, als er an die Streitereien zwischen Bou und Kanon dachte. Miku runzelte unmerklich die Stirn, als ihm bewusst wurde, dass sich die beiden seit Kanons richtigem Wutausbruch kaum noch verbal angegriffen hatten. Kanon hatte gemerkt, dass sein geliebter Vocal geistig völlig abwesend war, und beobachtete ihn aus den Augenwinkeln her, während er mit Takuya über belanglose Themen redete – warum er das tat, wusste er nicht. Vielleicht lag es daran, dass er ziemlich niedergeschlagen wirkte und er ihn deshalb lieber im Auge behalten wollte. Miku schreckte auf, als die Tür plötzlich aufschwang. „Lieferservice!“, rief Bou vergnügt, nachdem er und Teruki mit einigen Kartons schnell ins Warme gehüpft waren. Ihre Jacken hatten sie wie Miku draußen aufgehangen, nur ihre nassen Haare und die feuchten Jeans waren deutliche Beweise für ihren kurzen Ausflug zum Italiener. Miku blinzelte ein paar Mal, um sicher zu sein, dass sich vor ihm keine Fata Morgana befand; doch der leckere Duft, der ihm bereits in die Nase gestiegen war, war so deutlich, dass er blitzschnell seine Flasche abstellte und vom Verstärker sprang. Er eilte zum Tisch, wo Bou und Teruki die Kartons abgestellt hatten, um sich von dort eine zu nehmen, doch jemand hatte ihn einige Meter vor dem Ziel am Kragen gepackt und hielt ihn mit starkem Griff am Kragen zurück. „Mensch, Shinya“, rief Miku protestierend und versuchte, sich aus dieser misslichen Lage zu befreien. Aber schnell erkannte er, dass es keinen Sinn hatte und dass Kanon wohl immer der Stärkere sein würde, und blickte sehnsüchtig zu den Kartons, die den verlockenden Duft verströmten, den er vor einigen Sekunden aufgeschnappt hatte. „Ich habe Hunger!“ „Wann lernst du eigentlich mal, dass du nicht der einzige bist, der hungrig ist“, tadelte Kanon ihn. „Du wartest jetzt schön, bis Teruki die Pizzen aufgeteilt hat; dann kannst du essen.“ „Wir beeilen uns auch“, unterstützte der Drummer ihn und reichte Takuya eine Salamipizza. „Hier, für dich. Ich hoffe, du magst sie.“ „Danke!“ „Kanon, deine Pizza stelle ich hier hin und Bou, das ist deine. Und wenn das hier“, er deutete auf den rechten der zwei Pizzakartons, die noch vor ihm lagen, „meine ist, dann muss das hier wohl - “ „Meine sein!“, rief Miku laut und versuchte ein zweites Mal, sich von Kanon loszureißen. Allerdings ließ dieser ihn im gleichen Moment los und der Vocal, der darauf überhaupt nicht vorbereitet gewesen war, stolperte überrascht nach vorne und klammerte sich instinktiv an Takuyas Arm fest, um nicht hinzufliegen, der erschrocken zusammenzuckte. „’tschuldige“, murmelte Miku und rappelte sich wieder auf. „Kein Problem.“ Der Vocal schnappte sich seine Pizza und machte sich auf den Weg zu seinem Stammplatz; unterwegs warf er Kanon noch einen vernichtenden Blick zu. Dann fing er an, die Pizza zu verschlingen. Kanon, Teruki und Bou setzten sich, da es keine andere Möglichkeit gab, auf den Tisch. Die Zettel hatten sie dafür beiseite geschoben. Kanon musste plötzlich grinsen. „Ist das nicht komisch? Heute Morgen haben wir von Pizza geredet und jetzt essen wir welche.“ Er lächelte in sich hinein und beäugte die Pizza vor sich. „Was für ein Zufall aber auch“, meinte Bou und biss von dem Stück ab, das er in seiner Hand hielt. „Rate mal, warum Teruki und ich uns für Pizza entschieden haben.“ „Und ich glaube, dass Kanon etwas vorhat“, sagte Takuya, dem sein Blick nicht entgangen war. „Wow, du scheinst mich ja schon richtig gut zu verstehen“, meinte Kanon und grinste ihn an. Teruki sah den Bassisten drohend an. „Wag es und du bist tot – und ich meine das ernst“, warnte er ihn. „Noch mal die gleiche Sauerei ertrage ich nicht.“ „Aus Teruki spricht ein weiser Mann, Kanon“, unterstütze Bou ihn und warf ihm einen unschuldigen Blick zu. „Lass es lieber, er kann wirklich gefährlich werden.“ Kanon sah zwischen den beiden hin und her, während er angestrengt überlegte, ob er Teruki dieses Vergnügen geben wollte, ihn umzubringen. „Nee, ich lasse es lieber.“ Er lächelte gequält und wandte sich dann wieder seiner Pizza zu. „Und meine Haare sind gerettet“, seufzte Bou erleichtert auf, dann blickte er rüber zu Miku, der nur noch einige Bissen vor sich liegen hatte. „ Salami in den Haaren steht mit doch nicht so gut, oder was meinst du?“ „Uhm...“ Miku erinnerte sich wieder an das göttliche Bild, das der Blondschopf bei der Pizzaschlacht nach dem Photo-Shooting gegeben hatte und musste unwillkürlich lächeln. „Nein, nicht wirklich.“ Damit gab Bou sich zufrieden und beschäftigte sich weiter mit seiner Pizza; so fiel ihm nicht auf, dass er vom Vocal beobachtet wurde, während er aß. Miku konnte es sich selbst nicht so recht erklären, aber er fühlte sich wieder wie in den ersten Wochen, in denen er mit Bou zusammen gewesen war. //Ich muss es ihm irgendwann sagen...// „Ach, bevor ich es vergesse“, kam es von Teruki erschrocken und riss ihn somit aus den Gedanken. „Wir haben in drei Tagen ein Interview mit Aufzeichnung. Ich weiß, dass es unangenehm ist, aber wir müssen es den Fans sagen.“ Betretene Stille folgte. Bou ließ mit schlechtem Gewissen die Beine baumeln und blickte abwesend auf den Boden, während Kanon und Miku einfach nur Löcher in die Luft starrten. Takuya fühlte sich sichtlich unwohl, ausgerechnet bei so einem heiklen Thema anwesend zu sein und wünschte sich weit weg. Teruki seufzte ungehalten auf die Reaktionen der anderen. Insgeheim ärgerte er sich, weil sich die drei in den letzten Monaten so unmöglich benommen hatten, dass etwas derartig schreckliches daraus resultiert war. „Es lässt sich nun mal nicht umgehen. Wir können nicht länger damit warten. In drei Wochen ist unser erstes Konzert und wir müssen die Fans vorbereiten, dass Bou uns nach der Tournee verlassen wird.“ „Aber Teruki.“ Miku sah den Drummer hilflos an. „Wie sollen wir es ihnen nur sagen? Und welchen Grund geben wir an? Wir können doch unmöglich sagen, dass...“ Er stockte, als ihm einfiel, dass Takuya anwesend war. Und ihm wollte er auf keinen Fall auf die Nase binden, weshalb ihr geliebter Blondschopf die Band verließ. Doch Teruki wusste auch schon so, auf was Miku hinauswollte. „Das weiß ich und ich überlege auch schon die ganze Zeit, wie wir dieses Problem lösen könnten. Bou, hast du einen Vorschlag?“ Bou zuckte mit den Schultern. „Wir könnten ja sagen, dass es familiäre Gründe hat. Da wird dann auch niemand weiter nachfragen.“ „Wenn du das möchtest, machen wir es so.“ Teruki nickte zustimmend. „Oder gibt es irgendwelche Einwände?“ Miku und Kanon schüttelten den Kopf. Für Miku war es eh egal, was sie den Fans erzählen würden; es würde nichts an der Wahrheit ändern, dass Bou die Band wegen ihm und Kanon verließ. Er fühlte, wie sein Magen einen Salto rückwärts machte. Er hatte vor dem Interview Angst, denn dann war es zu spät, alles wieder rückgängig zu machen und es gab ihm auch ein Gefühl von Endgültigkeit und dem Anfang vom Ende. „Uhm…Takuya?“ Der Angesprochene sah den Blondschopf fragend an. Für ihn kam es ziemlich überraschend, gerade jetzt angesprochen zu werden, wo sie doch über ein ernstes Thema redeten, von dem er keinen blassen Schimmer hatte. „Du ersetzt mich in einigen Wochen und trägst eine hohe Verantwortung; die Fans werden viel von dir erwarten. Besonders am Anfang wird es ziemlich hart sein.“ „Das denke ich auch“, erwiderte Takuya. „Aber ich werde mein Bestes geben und viel üben, damit ich an dein Talent herankomme.“ „Du solltest nicht fast genau so gut sein wie er, sondern besser“, rief Miku, der seinen Frust über Bous Austritt noch einmal rauslassen musste, und funkelte zornig zu Takuya rüber, der ihn nun verdattert anstarrte. Er warf den leeren Pizzakarton von seinem Schoß und ehe er sich versah, sprach er genau das aus, was er die ganze Zeit über Takuya dachte: „Wenn du es nicht schaffst, besser zu sein, können wir AnCafé auch jetzt auflösen. Die Fans werden viel von dir erwarten, wie Bou dich schon richtig vorgewarnt hat. Es ist fast unmöglich, ihn zu übertreffen – er ist der beste Gitarrist, den Japan zu bieten hat! Und was ist mit uns? Wir können mit keinem zweitklassigen Gitarristen spielen!“ Ohne eine Reaktion abzuwarten, sprang er auf und eilte, ohne den vieren auch nur einen Blick zuzuwerfen, aus dem Raum. Dort schnappte er sich seine Jacke, warf sich diese über und rannte die Treppe runter nach draußen. Es regnete in Strömen. Miku ging zügigen Schrittes einige Straßen weiter und stellte sich unter eine Arkade, wo er sich eine Zigarette anzündete. Während er den Qualm beobachtete, der sich in kleinen geschlängelten Linien seinen Weg in den Himmel bahnte, versuchte er, sich wieder zu beruhigen. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ so~ das war der erste teil xDD die idee für die pizzaschlacht hatte ich übrigens von nem foto~ http://alindholm.files.wordpress.com/2008/03/ancafe04.jpg ^0^ Kapitel 30: Der Schmerz wird zu groß - Part II -------------------------------------------------- wow~ nachdem ich gut die hälfte dieses chapis auf den zugfahren nach köln zu lm.c letzte woche geschrieben habe is es jez endlich on! ^0^ außerdem thx an chi,kao und meinen bou-chan x33 yaaaaih!!! die tage bis Aroma werden schon gezählt und keine 2 wochen später is das konzi! *freu* x333 nyo~ viel spaß beim lesen! ^0^ ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Kapitel 30. Der Schmerz wird zu groß - Part II Nachdem er sich – nach der dritten Zigarette - wieder einigermaßen gefasst hatte und sein Zorn auf Takuya verebbt war, machte er sich auf den Weg zurück zum Proberaum. Der Regen hatte offenbar eine kleine Pause eingelegt, sodass Miku zumindest einigermaßen trocken ankam. Bevor er die Tür öffnete, legte er sich noch schnell eine Entschuldigung für Takuya bereit; er wusste, dass er etwas Falsches gesagt hatte und auch, dass er keinen Streit mit ihm anfangen durfte. Denn das würde der Band schaden. Miku sammelte sich noch einmal, trat ein und, mit der dunklen Vorahnung, von wütenden und enttäuschten Freunden zur Schnecke gemacht zu werden, ging er zügigen Schrittes durch den Raum und ließ sich an der Wand auf den Boden sinken. Zunächst hielt er den Blick gesenkt, doch als keine Standpauke à la Teruki oder Kanon kam, sah er auf. Bou, Teruki und Kanon saßen noch immer auf dem Tisch. Sie waren in ein Gespräch vertieft gewesen, doch sie hatten sehr wohl mitbekommen, wie ihr Vocal wieder reingekommen war. Terukis und Kanons Blicke waren ausdruckslos, Bous hingegen eher ein wenig abwesend. Keiner von ihnen sprach ein Wort. Miku ignorierte ihre Blicke und stieß einen leisen Seufzer aus. Ihm wäre es lieber gewesen, für seine dämlichen und verletzenden Worte zur Rechenschaft gezogen zu werden, als diese Stille ertragen zu müssen. Erst, als ihm wieder einfiel, wer der Grund für seinen plötzlichen Wutausbruch war, hob er ein wenig den Kopf und ließ den Blick schweifen. „Wo ist Takuya?“, fragte er und durchbrach mit seiner ganz natürlich klingenden Stimme die Stille, sein Puls raste jedoch. „Er ist gegangen“, antwortete Teruki knapp und funkelte den Vocal böse an. „Deine Worte haben ihn verletzt, was eigentlich auch verständlich ist – bei der Wortwahl. Kami, was ist nur in dich gefahren, so etwas zu sagen?“ Miku schluckte. „Ich wollte es nicht sagen…ehrlich. Es ist mir einfach so rausgerutscht“, sagte er kleinlaut und sein schlechtes Gewissen wuchs mit jedem Wort, das er hörte oder von sich gab. „Aber, Akiharu.“ Bou, der ihn bisher stumm angesehen hatte, sprang auf einmal auf und setzte sich dicht an seine Seite. Er sah ihn an. „Du bist doch sonst nicht so.“ Miku runzelte die Stirn, während er angestrengt überlegte, was der Blondschopf nur damit meinen könnte. Allerdings hatte er das Gefühl, als wäre sein Kopf wie leer gefegt, und so fragte er: „Wie meinst du das?“ „Na ja…“ Bou zögerte kurz. „Du bist nicht der Mensch, dass du andere verbal angreifst und verletzt. Das passt einfach nicht zu dir. Und wenn ich es mir genau überlege, ist es sogar das erste Mal.“ Miku zuckte mit den Schultern. Wenn er es genau überdachte, hatte Bou da sogar Recht. Seit er denken konnte, war er jedem Streit aus dem Weg gegangen, um andere nicht zu verletzen. Es gab natürlich Ausnahmen, doch im Großen und Ganzen traf dies zu. „Du solltest dich auf alle Fälle bei ihm entschuldigen“, meinte Kanon ruhig. Er wusste, dass es Miku nicht helfen würde, wenn er ihn jetzt zusammenschrie. „Das habe ich doch vor“, murrte Miku. „Denkst du etwa, ich möchte, dass wir uns untereinander nicht vertragen?“ „Nein, so war das doch gar nicht gemeint“, verteidigte sich Kanon schnell. „Ich weiß doch genau, dass gerade du als Allerletzter an so etwas denken würdest – und wenn selbst du es dann noch tun würdest, wärst du echt krank.“ „Aha. Interessant zu wissen, was ihr alle über mich denkt“, sagte Miku hellhörig und blickte wundersam in die Runde. „Nani?“ Bou sah ihn an, als hätte er nicht mehr alle Tassen im Schrank. „Du hast echt nicht gewusst, dass du der netteste und liebste Mensch bist, der mir je begegnet ist?“ Miku lächelte warm. „Wenn du es sagst, dann muss da ja was dran sein.“ „Hey, und was ist mit mir?“, protestierte Kanon laut, der es nicht gerne sah, wenn Miku den Blondschopf liebevoller behandelte als ihn. Miku warf ihm einen Blick zu und erkannte, warum der Schwarzhaarige gereizt war. „Sorry Shinya, war mein Fehler.“ Er grinste. „Wenn ihr beide es sagt, dann muss da wirklich was dran sein!“ Bou und Kanon sahen sich kurz irritiert an, und Bou wollte gerade etwas sagen, als Teruki, dem es allmählich zu bunt wurde, seinen Kommentar abgab. „Könntet ihr vielleicht eure kleine Diskussion endlich mal beenden, damit wir wieder zum wichtigeren Teil unserer Probe kommen können?“ Schwere Regentropfen prasselten auf sie ein. Miku und Bou hatten ihre Kapuzen tief ins Gesicht gezogen, um sich vor der Nässe möglichst erfolgreich zu schützen, als sie sich am späten Nachmittag nach der Probe auf den Weg zur Bushaltestelle machten, die zum Glück bedacht war. Beide schüttelten sich und kleine Perlen stoben in alle Richtungen davon. Seufzend blickte Miku gen Himmel. „Alles grau in grau“, murmelte er lustlos. „Kami, wann hört es endlich auf zu regnen? Dieses Wetter ist bestimmt ein Vorbote der Apokalypse.“ „Jetzt übertreibst du aber“, erwiderte der Blonde neben ihm ein wenig belustigt. „So lange regnet es doch nun auch wieder nicht. Und außerdem haben wir Februar; da ist es kein Wunder, wenn man die Sonne eine Weile nicht sieht.“ „Trotzdem. Ich will wieder Sommer haben“, maulte der Vocal. Bou verdrehte ein wenig entnervt die Augen und versuchte, ihn so gut es ging wieder aufzumuntern. Allerdings hatte Miku sich so sehr auf seiner Meinung versteift, der Sommer würde nie kommen, was es fast unmöglich machte, ihn auf andere Gedanken zu bringen. Erst, als der Bus kam und sie sich auf eine der hinteren Sitzreihen gesetzt hatten, genoss er sichtlich die Wärme im Bus, denn er legte seinen Kopf leicht auf die Schulter des Blonden, den Kopf gen Fenster gerichtet. Er schaute müde zu, wie der Abstand zwischen den einzelnen Häusern allmählich immer größer wurde. Das Aufblinken von Ampeln und das grelle Licht von vorbeifahrenden Autos und den Straßenlaternen wirkten einschläfernd, sodass er nach kurzer Zeit einfach die Augen schloss und sich zwischen Wachsein und Schlaf treiben ließ. Bou spürte, dass Miku nicht mehr so ganz bei sich war und blieb ruhig sitzen, um ihn ja nicht zu stören. Außerdem entlockte es ihm ein verstohlenes Lächeln, als Kopfkissen benutzt zu werden. Der Blondschopf versank so sehr in Gedanken, dass er beinahe seine Haltestelle verpasste. Er drückte auf den Knopf und stupste Miku an, der nur ein leises Murren von sich gab. „Hey!“, rief Bou protestierend auf, als der Vocal sich plötzlich an seinen Arm klammerte und es sich auf seiner Schulter wieder gemütlich machen wollte. Bous Versuch, trotz dem kleinen Hindernis aufzustehen, scheiterte kläglich und so blieb er, da er Miku auch nicht verletzen wollte, sitzen. Bedrückt sah er einem Ehepaar nach, das gerade raus in den Regen trat, bevor der Bus wieder anfuhr. //Aber ein gutes hat es…//, dachte er mitleidig und blickte auf die weichen Haare seines schlafenden Nebenmannes. //Ich kann mich mit eigenen Augen davon überzeugen, dass Miku nicht seine Haltestelle verpasst.// Allerdings hatte der Gitarrist alle Hände damit zu tun, den Vocal aus dem Bus zu bekommen, als dieser gut zehn Minuten später hielt. Und da er ihn nicht auch noch wie einen Besoffenen nach oben in seine Wohnung tragen wollte, fiel ihm etwas ein, womit man den Vocal immer locken konnte. Kaum war der Bus weggefahren, rüttelte der Blondschopf seinen schlaftrunkenen Freund ein wenig an den Schultern. Doch dieser murrte nur und klammerte sich weiter an ihn, als ob er eine lebensrettende Plattform im weiten Meer wäre. „Ach, Miku“, seufzte Bou auf und schmunzelte ein wenig. „Es sollte zwar eine Überraschung sein, aber wie es aussieht, muss ich dich wohl jetzt schon einweihen.“ Keine Reaktion. „Denn wenn du mich nicht loslässt und selbst nach oben läufst, werde ich so K.o. sein, dass ich dir bedauerlicherweise nichts zu essen machen kann.“ „Essen?“ Miku blickte Bou mit großen Augen an, in denen es seltsam funkelte, und ließ den Blondschopf los, welcher lächelnd nickte. Alle Müdigkeit schien vom Vocal gefallen zu sein, denn ohne Bou noch eines Blickes zu würdigen, hüpfte er voller Erwartung auf ein warmes und leckres Essen über den Bürgersteig und durch den kleinen Vorgarten zum Haus. Obwohl Bou einige Mühe hatte, dem quicklebendigen Wesen zu folgen, fühlte er sich sehr erleichtert, ihn nicht nach oben schleppen zu müssen. Allerdings fragte er sich immer wieder, wie Miku es nur schaffte, von einer Sekunde auf die andere todmüde zu werden und dann noch in den unmöglichsten Situationen schlafen zu können. „Was gibt es denn?“, wollte Miku begierig wissen, während er hastig seine Wohnungstür aufschloss und anschließend gefolgt von Bou eintrat. „Uhm...“ Das hatte Bou nicht in seinen super genialen Rettungsplan mit einbezogen. Geheimnistuerisch lächelnd entledigte er sich seiner Jacke und Schuhen. „Lass dich einfach mal überraschen.“ „Dann hast du die Überraschung aber nicht verdorben, Bou-chan. Wenn du mir nicht sagst, was du kochst, dann ist es doch noch eine, oder?“ Miku packte den Blondschopf am Arm, zog ihn hinter sich her Richtung Küche und ließ ihm somit keine Chance zu antworten. Dort inspizierte Bou erst mal Kühlschrank und Regal auf potenzielle Opfer des heutigen Abends, die wenig später auf leckre und liebevolle Art zubereitet in ihren Mägen landen sollten. Allerdings wurde er nicht wirklich fündig. „Wenn ich das richtig sehe, hast du eigentlich gar nichts“, schlussfolgerte Bou, nachdem er sämtliche Ecken auf versteckte Vorräte untersucht hatte, und sah Miku an, der ihm zugesehen hatte. „Na ja...“ Der Vocal zog nachdenklich eine Augenbraue nach oben. „Ich bin kaum zum einkaufen gekommen. Das sind alles die kläglichen Reste aus vergangenen Tagen.“ „Bist du sicher, dass es keine Jahre sind?“, argwöhnte Bou vorsichtig und erntete dafür einen frechen Blick. Miku drückte sich an ihm vorbei, um selbst nach brauchbaren Lebensmitteln zu suchen. „Also...“ Er stellte sich auf Zehenspitzen, um im obersten Fach seines Regals zu kramen. „Wir haben Eier.“ Miku drehte sich um und zeigte Bou mit einem siegessicheren Grinsen eine Eierpackung, bevor er sie auf den Tisch stellte. „Na toll. Und was sollen wir mit denen bitte schön anfangen?“ „Mensch, Bou.“ Miku betrachtete den Blonden, als ob er die dämlichste Frage auf der Welt gestellt hätte. „Mit Eiern kann man mehr anfangen, als du denkst. Eier sind die Grundlage bei fast allem, was du kochst.“ Bou warf einen abschätzenden Blick auf die Eierpackung. „Na dann will ich dir mal glauben“, meinte er und zusammen mit Miku zauberte er alles herbei, was in dieser Küche noch verwertbar war. Nach ein paar anstrengenden Minuten hatten sie es doch tatsächlich geschafft, dass die Eier auf dem Tisch nicht mehr ganz so verloren aussahen. Hinzugesellt hatten sich unter anderem etwas Mehl, ein – o Wunder – noch nicht geöffnetes Zuckerpäckchen, einige Äpfel und ein paar Tafeln Schokolade. „Und wie geht’s jetzt weiter, Oberkoch?“, fragte Bou lächelnd, die Hände auf einer Stuhllehne abgestützt, den Blick auf Miku gerichtet. „Lass mich mal überlegen...“ Nachdenklich blickte dieser auf die verschiedenen Nahrungsmittel auf dem Tisch, während er in Gedanken Sämtliches Revue passieren ließ, womit man ein Essen mit diesen Dingen zubereiten konnte. Da er sehr gerne kochte, es aber meistens ziemlich daneben ging, viel ihm etwas Gutes ein. „Ich hab’s!“, rief er vergnügt und sah den Blondschopf begeistert an. „Wir backen uns einen Schokokuchen.“ „Ein Kuchen zum Abendessen?“, entgegnete Bou überrascht. „Meinst du das ernst?“ „Wieso nicht?“ Miku zuckte mit den Schultern. „Man kann es essen und was Besseres kann man damit“, er deutete auf die Zutaten, „eh nicht anfangen. Oder willst du lieber verhungern? Außerdem ist mein Schokokuchen das Beste, was du bekommen kannst.“ Er grinste. Bou beäugte ihn misstrauisch, denn er kannte seine Koch- und Backkünste nur zu gut; und er war schon immer der Meinung gewesen, dass er dafür einen Waffenschein benötigte. Aber er wollte nicht hungrig bleiben. „Na schön, dann machen wir eben einen Schokokuchen.“ „Fein!“ Begeistert holte Miku Schüssel, Mixer und Form hervor, während Bou nur hoffen konnte, dass der Kuchen mit seiner Hilfe glücken würde. „Hast du eigentlich ein Rezept?“, fragte Bou und sah seine schon mit einem Schauer eiskalten Grauens hervorgesagte Antwort im verdatterten Gesicht des Vocals. „Rezept?“ Miku guckte wie ein Auto. Bou nickte schmunzelnd. „Sag bloß, du Genie weißt nicht, was ein Rezept ist.“ „Doch, das weiß ich wohl!“, maulte Miku beleidigt. „Hast du nun eins?“ „Nein.“ „Und wie sollen wir bitte schön backen?“ „Ganz einfach. Indem wir nach unserer Intuition gehen.“ „Aha.“ Bou schluckte. Das konnte ja was werden. Er bereute es jetzt schon, Miku vorgeschlagen zu haben, für ihn etwas zu kochen. Allerdings hatte er auch nicht damit gerechnet, dass dieser kaum etwas vorrätig hatte oder gar ihm helfen würde – und jetzt war es ohnehin zu spät. All seine düsteren Gedanken daran, dass er wohl gleich einen katastrophalen Kuchen essen würde, verdrängte er erfolgreich, indem er einfach nur das positive Herzschlagen in seiner Brust hörte, während er ein paar Eier in die Schüssel schlug. Er konnte es noch nicht wirklich fassen, dass er nach langer Zeit wieder etwas mit seinem geliebten Vocal unternahm – und wenn es das Backen eines Schokokuchens war! Vor allem die klare Rollenaufteilung, die sich von Anfang an zwischen sie gestellt hatte, seit sie die Küche betreten hatten, sorgte für ein leichtes Schmunzeln auf seinen schmalen Lippen. Denn Miku, der der festen Meinung wäre, viele Köche würden den Brei verderben, hatte sich auf die Arbeitsplatte gesetzt und ließ die Beine baumeln, während er dem Blondschopf klare Anweisungen gab, wie viel Zucker er abwiegen müsste oder wie viele Päckchen Backpulver er in die Schüssel kippen sollte. Bou befolgte seine Befehle so gut es in seiner Macht stand, obwohl eine leise Stimme in irgendeinem kleinen Hinterstübchen seines Kopfes immer wieder der Meinung war, dass der Vocal sich einfach irgendwelche Angaben frei nach Schnauze ausdachte. „Also echt. So geht das aber nicht“, sagte Miku kopfschüttelnd und sprang von der Arbeitsplatte runter, als er gesehen hatte, in was für grobe Stückchen Bou die Tafeln Schokolade schneiden wollte. „Das sieht ja aus, als ob du Holz hackst! Du musst es liebevoller machen; Schokolade hat nämlich auch Gefühle, weißt du?“ Er nahm ihm das Messer aus der Hand und griff nach einer Tafel, die Bou noch nicht ramponiert hatte. Mit sanften, und doch harten Schlägen zerschnitt er sie in feine Raspeln, während er sie mit einem liebevollen, konzentrierten Blick begutachtete. „Siehst du?“ Er sah Bou an, der daraufhin nickte. Miku drückte ihm wieder das Messer in der Hand, doch anstatt seine eigene Hand wieder wegzuziehen, ließ er diese auf Bous liegen und half ihm, die Schokolade nach seinen Wünschen zurechtzuschneiden. Bou spürte, wie diese leichte Berührung sein Puls noch ein wenig höher schlagen ließ, doch er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen und tat so, als ob er mit den Gedanken völlig beim Schokolade schneiden wäre. Miku wurde erst bewusst, was er da tat, als es schon zu spät war; und die Hand wieder wegnehmen wollte er nicht, um Bou nicht in eine peinliche Situation zu bringen. Doch er wusste nicht, ob dies nicht noch unangenehmer für sie beide war. Um seine Unsicherheit zu überspielen, sagte er: „Guck, da sieht es doch gleich viel ansehnlicher aus, anstatt diese groben Klumpen da.“ Er deutete mit einem leichten Kopfnicken auf die Ergebnisse von Bous Schnippelei. Er grinste Bou an. „Hab ich Recht oder hab ich Recht?“ „Natürlich hast du Recht“, entgegnete Bou und blickte wehmütig auf sein missglücktes Ergebnis, während er sich von Mikus Hand durch die Tafel Schokolade führen ließ. „Ich bin eben nicht so ein Perfektionist wie du.“ „Na, willst du etwa nicht, dass das, was du isst, lecker aussieht?“, verteidigte sich Miku. „Doch. Aber ich dachte, von den Schokostückchen sieht man später nichts mehr.“ Miku lachte. „Ach, Bou-chan. Du schmeckst aber raus, ob es nun große Stückchen oder eher kleine waren. Glaub mir ruhig.“ Ihre Blicke trafen sich und Bou fragte sich, wie nah er eigentlich dran war, an innerem Feuer elendig zu verbrennen, wenn man von solch dunklen Augen angesehen wird, die vor Glück und Freude nur so strahlen. „Natürlich hast du Recht – wie immer.“ Bou lächelte verschmitzt. „Ich hab nicht immer Recht, aber im Großen und Ganzen…“ Der Vocal überlegte kurz, grinste frech, „…stimmt es schon.“ Er warf einen prüfenden Blick auf die Menge an Schokoraspeln. „Ich glaube, das könnte reichen.“ Miku zog seine Hand weg und Bou ließ ein wenig erleichtert das Messer sinken. Doch auch der Vocal war froh, denn er war sich seiner deutlichen Gefühle zwar bewusst, allerdings traute er sich nicht, sie Bou zu zeigen. Warum, wusste er nicht. Er wusste genau, dass Bou ihn liebte, dass er ihn mit offenen Armen empfangen würde. Also, wieso traute er sich nicht? Der Blondschopf schüttete das Ergebnis ihrer gemeinsamen Arbeit in die Schüssel zum schon fertigen Teig. „Und jetzt?“, fragte er, gespannt auf den nächsten Schritt. „Jetzt, mein lieber Bou“, sagte Miku und griff ohne Umschweife nach dem Mixer, den er dem nun völlig perplexen Blondschopf in die Hand drückte, „wird gemixt.“ Bou betrachtete das seltsame Gerät in seiner Hand skeptisch und schien sich offenbar zu fragen, was man damit anstellte. Miku, ein geduldiger Mensch, setzte sich wieder auf die Arbeitsplatte und wartete darauf, dass Bou etwas tat. Tatsächlich zahlte sich seine Geduld nach einem Augenblick des Schweigens und des genauen Begutachtens des Mixers aus. Bou schaltete ihn auf die höchste Stufe und hielt ihn in die Schüssel. Das nächste, was Miku wahrnahm, waren Regentropfen. Zumindest dachte er, es wären welche, denn der Teig spritzte im hohen Bogen nur so aus der Schüssel raus und verteilte sich sowohl in der Küche als auch auf Miku und Bou, der vor lauter Schreck sich nicht rührte, sodass der Mixer den Teig noch weiter dekorativ verteilte. Um einer totalen Katastrophe zu entgehen, hüpfte Miku schnell zu Bou, beugte sich vor und schaltete den Mixer aus. Dann schnipste er ein paar Mal mit den Fingern vor den Augen des Blondschopfes, der noch immer erstarrt war. Bou blinzelte ein paar Mal. „Was war das?“, fragte er dann ganz zaghaft und drehte sich langsam auf der Stelle, um sein Umfeld zu begutachten. „Das war…ähm…ein Schokoladenregen“, witzelte Miku und schaute sich ebenfalls das neue Design seiner Küche an. „Also, ich muss schon sagen….du bist künstlerisch sehr begabt, Bou-chan.“ Doch dieser fand es offenbar nicht ganz so witzig wie sein Freund. „Aber, Miku“, maulte er. „Ich habe deine Küche dreckig gemacht. Und Teig ist auch kaum noch da.“ Miku beugte sich über die Schüssel und legte den Kopf schief, als hoffte er, in den hintersten Ecken Teig vorzufinden. Tatsächlich waren die Überbleibsel eher kläglich. „Also…“ Miku drehte sich wieder zu Bou um, der bedrückt mitten in der Küche stand und es noch immer nicht fassen konnte, was er da angerichtet hatte. Er grinste. „Erstmal brauchst du dir wegen der Küche keine Sorgen zu machen, das kann man wieder sauber machen. Und wozu gibt es bitte schön den Pizza-Service?“ „Nochmal Pizza?“ Bou sah ihn ausdruckslos an, lächelte dann aber. „Du bist echt verrückt, weißt du das?“ Miku nickte und griff nach dem Telefon, um für sich und Bou Pizza zu bestellen, welcher immer wieder sämtliche Entschuldigungsformen murmelte, die sein kleiner Kopf freigab. Nachdem der Vocal aufgelegt hatte, pattete er den Blondschopf. „Jetzt hör doch auf“, bat er ihn amüsiert lächelnd. „Das ist doch kein Weltuntergang. Wozu gibt es bitte schön Wasser? Apropos Wasser…“ Miku strich mit einem Finger über die mit Teig beschmierte Wange Bous, der überrascht von dieser Berührung leicht zusammenzuckte und sich nun bemühte, nicht knallrot anzulaufen, während Miku sich genüsslich den Finger sauberleckte. Doch offenbar war er darin nicht allzu erfolgreich gewesen, denn Miku grinste plötzlich, packte den Blondschopf am Arm und zog ihn hinter sich her Richtung Bad. „Ich glaube, wie sollten uns mal von dem Teig und der Schokolade befreien“, fügte Miku noch fröhlich hinzu und konnte der Versuchung nicht widerstehen, im Gehen noch einmal vom Gitarristen zu naschen. „Anscheinend schmeckt es dir“, bemerkte dieser lächelnd und ein wenig peinlich berührt. „Klar, schmeckt es.“ Miku grinste frech und Bou beschloss, dazu einfach nichts mehr zu sagen. Er fragte sich, ob Miku das alles extra machte, um…ja, was eigentlich? In seinem Kopf schwirrten tausend Gedanken, doch anstatt einen davon auch nur ansatzweise aufzugreifen oder gar weiter zu verfolgen, blieb er lieber mit seiner Aufmerksamkeit beim Vocal, der im Bad das Licht angeknipst hatte und mit einem kurzen Kopfknicken aufs Waschbecken deutete. „Da. Waschen.“ „Ich bin doch kein Kleinkind“, maulte Bou auf, trottete aber folgsam zum Waschbeken. „Außerdem siehst du nicht gerade besser aus als ich.“ „Ich lasse dir gern den Vortritt“, grinste dieser auf den Konterversuch hin und sah dabei zu, wie sich Bou das Gesicht wusch. Seine langen, weißen Haare hingen über dem Becken, die vorderen Strähnen teilweise benetzt mit kleinen Wassertropfen. Miku seufzte leise. Er wusste nicht, was Bou jetzt von ihm dachte. Hatte er sich ihm zu weit aufgedrängt und ihn so verletzt? Oder störte ihn das gar nicht? //Hauptsache, er hat verstanden, dass ich noch immer mehr als reine Freundschaft für ihn empfinde und dass…// Hätte ihn kein warmer Wasserstrahl mitten im Gesicht getroffen, hätte er diesen Gedanken-gang noch zu einem schönen Ende geführt. Stattdessen blickte er nun erschrocken mit geöffnetetem Mund zum Blindschopf, das Gesicht und auch die Haare vollkommen nass. „Gomen.“ Bou kicherte leise und genoss den Anblick, der sich ihm bot. „Aber ich konnte einfach nicht widerstehen.“ Es dauerte einige Sekunden, bis sich Miku wieder gefasst hatte und blinzelte ein paar Mal, um sicher zu gehen, dass er das nicht geträumt hatte. „Du…du…“, sagte er langsam, im Blick immer noch das blanke Entsetzen, „du hast meine Frisur ruiniert!“ Dann gab er dem Blondschopf gerade noch die Zeit, ein leises „ups“ von sich zu geben, bevor er ein paar Sätze nach vorne sprang und den Wasserstrahl mit der flachen Hand auf Bous Oberkörper richtete; Bou stolperte daraufhin erschrocken ein wenig zurück. „Rache kann ja so süß sein“, grinste Miku und genoss nun seinerseits den Anblick Bous, desses helles Shirt jetzt nass war. „Wie wahr“, murmelte der Kleine kaum hörbar und eröffnete wieder das Feuer auf Miku. Das Ende dieser kurzen und nassen Wasserschlacht war, dass beide zwar ihr Ziel erreicht hatten, schoko- und teigfrei zu sein, nun aber wie begossene Pudel aussahen – mit den einen Unterschied, dass sie im Gegensatz zu diesen eher wasserscheuen Tieren Spaß hatten. Miku wusste nicht, wann er das letzte Mal so ausgelassen gelacht und all seine Ängste und Sorgen verdrängt hatte und genoss es daher, Bou zu beschießen, auch wenn dabei das Bade-zimmer unter Wasser gesetzt wurde. Da Bou keine Klamotten zum Wechseln dabei hatte und der Vocal ihn ungern frieren ließ, ging er mit ihm – nachdem sie ihre Haare getrocknet hatten und Miku sich wieder ein wenig gestylt hatte - ins Schlafzimmer, wo er kurz im Schrank wühlte und ihm dann ein dunkles Shirt und eine Jeans hinhielt. „Hier, bitte“, sagte er und suchte nun was für sich raus. Bou bedankte sich und ging zurück ins Bad, um sich dort umzuziehen – denn das wollte er auf keinen Fall in Mikus Gegenwart machen, ganz zu schweigen davon, dass er ihn dann auch beim Umziehen zusehen konnte – auch wenn dies sehr verlockend war… Nachdem Miku seine Kleidung gewechselt hatte, ging er in die Küche, um dort schon ein bischen aufzuräumen. Er musste schmunzeln, als er sich daran erinnerte, wie ungeschickt Bou mit dem Mixer umgegangen war und fragte sich unwillkürlich, wie oft Bou eigentlich backte. //Es kann auf alle Fälle nicht so oft sein…//, dachte er amüsiert und wischte mit einem feuchten Lappen über die Schränke und die marmorne Arbeitsplatte. „Warum grinst du so?“ Miku sah überrascht auf, denn er hatte nicht bemerkt, wie Bou hereingekommen war. Er blinzelte ein paar Mal; er hätte nie gedacht, dass das dunkle Shirt Bou so gut stehen würde. Es betonte seine gute Figur und sein hübsches Gesicht und stellte zudem einen starken Kontrast zu seinen hellen Haaren dar. „Nur so“, grinste Miku nun extra breit und fuhr mit einem Trockentuch über die Arbeitsplatte. „Ach, komm schon. Jetzt sag es“, drängte der Blondschopf ihn, der mit seiner Neugier sogar die Mikus manchmal bei Weitem übertreffen konnte. Der Vocal stellte noch ein paar Gerätschaften zurück auf ihre Plätze, bevor er sich wieder Bou zuwandte. Er lächelte. „Ich freue mich nur schon aufs Essen“, sagte er als Ausrede und zur Unterstreichung seiner Worte klingelte es an der Tür. In Miku schlugen alle Alarmglocken, als er das hörte. Er ließ sofort alles stehen und liegen und hastete an Bou vorbei zur Wohnungstür; auf dem Weg dorthin griff er nach dem Geld, das er sich zuvor schon auf der Kommode im Wohnzimmer zurechtgelegt hatte. Dann nahm er die zwei Pizzakartons an sich, drückte dem völlig verdutzten Lieferanten das Geld in die Hand, murmelte ein „Arigatou“ und schloss die Tür wieder, ehe der arme Lieferant das gerade Geschehene auch nur ansatzweise realisiert hatte. Die Kartons wie unbezahlbare Schätze in den Händen haltend und mit einem gewissen Glänzen in den Augen ging er ins Wohnzimmer, wo Bou gerade eine DVD eingelegt hatte. „Wow, kannst du Gedanken lesen?“, grinste Miku und setzte sich. Er öffnete einen der Kartons, um festzustellen, bei welchem es sich um seine Bestellung handelte, und stellte Bous Essen auf den Tisch. Bou lachte. „Und du bist unverbesserlich, wenn’s ums Essen geht“, sagte er keck, nachdem er gesehen hatte, wie er mit den Köstlichkeiten umging, und machte es sich neben dem Vocal bequem. Er griff nach der Fernbedienung, um den Fernseher anzuschalten, doch kurz, bevor er auf den entsprechenden Knopf drückte, nahm er den Arm wieder runter und sah Miku mit einem Ausdruck an, den der Vocal nicht wirklich zuordnen konnte. „Was ist?“, fragte er daraufhin ein wenig irritiert. „Na ja...“ Der Blondschopf zögerte. „Weil du nicht da warst, habe ich mir halt eine DVD ausgesucht und - “ „Ach, Bou“, unterbrach Miku ihn lächelnd und atmete zugleich erleichtert auf; er hatte etwas Schlimmeres befürchtet. „Mach doch einfach an. Ich bring dich schon nicht um.“ Es verging ein Augenblick, bevor der Blondschopf nun doch den Fernseher anmachte und den Film startete. Miku schob sich ein Pizzastück in den Mund und fragte sich insgeheim, wieso Bou gezögert hatte. Schließlich musste er doch wissen, dass er alle Filmgenre mochte – von Animes und Romantik bis hin zu Horror. Und da sie sich auch in seiner Wohnung mit seiner Filmsammlung befanden, lag die Trefferquote für einen schrecklichen Film, für den er Bou hätte umbringen können, praktisch bei null. Doch als er merkte, was für ein Film der Blondschopf eingelegt hatte, verschluckte er sich fast an einer besonders heißen Peperonie. „Bou“, keuchte er überrascht und starrte auf den Bildschirm, über den die ersten Szenen der Konzertaufzeichnung liefen. Er sah, wie Bou, Kanon und Teruki nacheinander die Bühne betraten und die jubelnden Fans begrüßten und wie er selbst nur ein wenig später voller Elan in die Mitte hopste. „Bou, warum...?“ Er konnte die Frage nicht weiter aussprechen, die ihm auf der Zunge lag. Wieso hatte Bou diese DVD von ihrem letzten großen Konzert mit Aufzeichnung nur eingelegt, wenn er doch in wenigen Wochen die Band verließ? „Ich dachte, in Erinnerungen zu schwelgen könnte nicht schaden“, sagte der Blondschopf leise und warf dem Vocal neben sich einen flüchtigen Blick zu. „Falls du nichts dagegen hast, meine ich.“ Miku wusste nicht, was er darauf sagen sollte und biss ein Stück seiner Pizza ab, bevor er den Kopf schüttelte. „Wieso sollte ich was dagegen haben?“, sagte er wahrheitsgemäß und sie hörten, wie der erste Song angespielt wurde. Er wandte bedrückt lächelnd den Blick wieder dem Fernseher zu. Schweigend hockten sie nebeneinander auf der Couch, schauten sich die DVD an und verdrückten gleichzeitig ihre Pizzen. Währenddessen keimten in den beiden alte Erinnerungen auf. Sie erinnerten sich daran, wie viel Spaß sie trotz all den Anstrengungen und Strapazen gehabt und wie eng sie aneinander gehangen hatten, denn damals waren Miku und Bou noch nicht zusammen gewesen. Miku lehnte sich an und aus den Augenwinkeln bemerkte er, wie der Blondschopf noch näher an ihn rückte; ihre Blicke trafen sich. Lächelnd öffnete der Vocal seine Arme und mit einem leisen „Arigatou“ kuschelte sich Bou eng an ihn. Miku seufzte leise und strich dem Blonden sanft über den Arm. Er meinte zu spüren, wie dieser sich daraufhin ein wenig entspannte. Er konnte Bou nur zu gut verstehen, denn für ihn wäre es bestimmt auch nicht einfacher, gleichzeitig über seine Gefühle und über den Austritt aus der Band nachzudenken. Miku wusste, dass er sich was verdammt Gutes einfallen lassen musste, um Bou wieder glücklich zu machen – ohne, dass er Kanon damit verletzte. „Bou?“, fragte er nach einer Weile leise, nachdem gerade der Fanservice zwischen ihm und Bou zu sehen gewesen war. „Hai?“ Bou hob ein wenig den Kopf und sah den Vocal mit seinen dunklen Rehaugen erwartungsvoll an. Dieser zögerte kurz, um die richtigen Worte zu finden. „Hast du...damals schon gewusst, dass du mich liebst?“ Obwohl er gewusst hatte, wie unangenehm diese Frage für Bou sein musste, hatte er sich nicht zurückhalten können; und schuldbewusst wich er Bous Blick aus. „’Tschuldige“, warf er dann schnell hinterher. „War eine dumme Frage, vergiss es.“ Bou legte seinen Kopf in Mikus Schoß und sah so zu ihm auf, dass dieser quasi gezwungen war, ihm wieder in die Augen zu sehen. Dann sagte er: „Das war keine dumme Frage. Du hast das Recht, mich das zu fragen.“ Er schmunzelte leicht. „Ich denke, ich hätte dich dasselbe gefragt.“ Er überlegte kurz, bevor er weitersprach. „Mir ist erst bei deinem kleinen Unglück am See klar geworden, was meine wahren Gefühle für dich sind. Ich weiß selbst nicht genau, warum ich es da erst gemerkt habe – vielleicht, weil du mir beinahe ertrunken wärst. Aber eins weiß ich mit Sicherheit.“ Bou sah Miku aufrichtig an. „Wenn ich an unsere gemeinsame Vergangenheit denke, wird mir klar, dass ich dich schon seit langem liebe, Akiharu.“ Miku spürte einen kleinen Stich in der Brust und wandte den Blick bedrückt von Bou ab und richtete ihn auf den Bildschirm, über den unaufhaltsam die Bilder der nicht mehr wiederkommenden Vergangenheit. Doch anstatt diese auch nur ansatzweise zu realisieren, hörte er nur aus weiter Ferne, wie er selbst Nyappy In The World I sang. Er wusste einfach nicht, was er sagen sollte. Es bereitete ihm ein schlechtes Gewissen, von Bou schon länger geliebt zu werden, als ihm bis dahin bewusst gewesen war. Aber hatte Bou nicht auch gesagt, dass er es selbst nicht gemerkt hätte? Miku war verwirrt. Um sich selbst und auch den Blondschopf von diesem unangenehmen Thema wegzubekommen, der noch immer in seinem Schoß lag und ausdruckslos zum Fernseher schaute, sprach er etwas an, was er schon seit einigen Tagen wissen wollte: „Bou, was hast du vorgestern eigentlich damit gemeint, ich würde was Falsches von dir glauben? Ich dachte nämlich immer, dass ich alles von dir wüsste.“ Bou richtete sich auf und setzte sich dicht neben den Vocal, lehnte sich an die Lehne. In seinen Augen lag etwas Trauriges und Ermüdendes, während er versuchte, Mikus allmählich besorgt werdenden Blick auszuweichen. Der Vocal seufzte leise, als er merkte, dass der Blondschopf offenbar nicht antworten wollte, doch das wollte er nicht auf sich sitzen lassen, er musste es einfach wissen. Er beugte sich ein wenig vor und sah Bou an. „Bitte, sag es mir“, bat er ihn leise. „Egal, was es ist, ich werde dich schon nicht im Stich lassen.“ „Dir wird es aber nicht gefallen“, warnte dieser ihn vor und sah ihn an. „Ach was.“ Miku winkte ab und lächelte aufmunternd. „So schlimm wird’s schon nicht sein.“ „Aber - “ „Und wenn du es nicht sagst“, unterbrach ihn der Vocal schnell mit einem drohenden Ton, „kitzle ich dich so lange, bis du es doch tust.“ Eingeschüchtert gab Bou nach. „Na gut, ich sag’s dir ja.“ „So ist fein“, wurde er von Miku daraufhin gelobt und runzelte verdutzt die Stirn. „Bin ich ein Hund, oder was?“ „Nee“, grinste Miku, wurde dann aber sofort wieder ernst. „Und jetzt weich nicht vom Thema ab.“ Bou wollte gerade zurückkontern, als der Vocal seine Arme zu einer Kitzelattacke anhob, und ließ es daher lieber bleiben. „Okay, uhm...“ Bou überlegte kurz, sah Miku nicht an, sondern starrte bedrückt auf den leeren Pizzakarton vor sich auf dem Tisch. „Ich habe gegen den Willen meines Vaters bei AnCafé mitgemacht.“ „Nani?“ Mit halb offenem Mund starrte Miku den Blondschopf erschrocken an und meinte, seinen Herzschlag nicht mehr zu spüren. In seinem Kopf schossen tausend Fragen herum, und jede schien ihm gleich wichtig zu sein. Sollte das ein blöder Scherz sein oder war es wahr? Wieso sollte Bous Vater was dagegen gehabt haben? Als sie den Plattenvertrag bei Red Café abgeschlossen hatten, hatte dieser doch unterschrieben. Und wieso zum Henker hatte Bou es ihm nie gesagt? „Es hatte ihn schon immer gestört, dass ich Gitarre spiele“, erzählte Bou langsam. „Er hat mein Hobby nie finanziell unterstützt und wurde richtig wild, wenn ich genau dann übte, wo er nicht bei der Arbeit war. Meine Mutter hat versucht, ihn zu besänftigen, aber sie hatte keinen Erfolg. Deswegen habe ich auch vor AnCafe in keiner Band gespielt.“ „Und wieso hast du dann zugestimmt, als ich dich gefragt habe, ob du nicht den Gitarrenpart übernehmen möchtest?“, fragte Miku, der richtig entsetzt von dem war, was der Blondschopf ihm all die Jahre vorenthalten hatte. Bou sah Miku seufzend an. „Ich wollte schon immer bei einer richtigen Band mitmachen, auf Konzerten spielen und so. Das ist mein Traum, den ich seit meiner Kindheit verfolge. Ich möchte mein eigenes Leben leben und nicht den Idealen meines Vaters hinterherlaufen. Kami, wer sitzt schon freiwillig in einem stickigen Büro und macht tagtäglich die gleichen Dinge?“ Er lächelte gequält und schüttelte den Kopf. „Nee, das wäre nichts für mich. Da habe ich lieber in Kauf genommen, dass mein Vater mich jetzt hasst und nichts mehr mit mir zu tun haben möchte. Dafür, dass er den Vertrag unterschreibt, habe ich ihm versprechen müssen, ihn in Ruhe zu lassen.“ Traurig senkte er den Kopf. „Mittlerweile ist es mir egal, dass ich nichts mehr von ihm höre. Wir haben uns noch nie super verstanden.“ Bou schloss seine Augen, damit Miku die aufkommenden Tränen nicht bemerkte, und versuchte, den starken Schmerz in seiner Brust zu ignorieren; doch es wollte ihm nicht so recht gelingen. Er hatte schon immer mit Miku über seine Vergangenheit reden wollen, sich aber nie getraut. Immer, wenn er dazu angesetzt hatte, war da eine Stimme in seinem Kopf gewesen, die ihn immer wieder davon abgehalten hatte. Er hatte Angst gehabt, dass Miku ihn und seine doch etwas komplizierten Gefühle nicht verstehen oder es ihn überhaupt nicht interessieren würde. Und jetzt, wo er es endlich ausgesprochen hatte, fühlte er sich erleichtert, denn jetzt konnte er endlich mit jemandem darüber reden, wenn es ihm Probleme bereitete. Doch er hatte nie gedacht, dass es ihn so mitnehmen würde. Er merkte, wie sich die dünnen und doch starken Arme des Menschen um ihn schlossen, den er über alles auf der Welt liebte, und erwiderte die Umarmung, während er noch immer gegen die Tränen ankämpfte. Doch einige von ihnen hatten sich bereits einen Weg durch die langen, schwarzen Wimpern des Blondschopfes gebahnt. Miku strich ihm beruhigend über den Rücken. „Und ich habe immer gedacht, du wärest in deiner Familie glücklich“, sagte er leise und kitzelte damit ein wenig Bous Ohr. Der Blondschopf schüttelte kaum vernehmlich den Kopf. „Das war ich noch nie“, murmelte er und sog den betörenden Duft ein, den die Haare des Vocals verströmten. „Es ist anstrengend, so zu tun, als ob ich nicht der verhasste Sohn wäre. Immer, wenn ich andere Familien sehe, die zusammen was unternehmen, frage ich mich, was ich bei meiner eigenen eigentlich noch zu suchen habe.“ „Was ist denn mit deiner Mutter?“, fragte Miku, ließ ihn nicht los. „Sie liebt mich so, wie ich bin; auch mit der Musik. Ihr gefällt es sogar, dass ich mit AnCafé erfolgreich geworden bin. Aber ich habe ein richtig großes, schlechtes Gewissen, weil ich die Liebe zwischen meinen Eltern ziemlich geschwächt habe.“ Plötzlich löste Miku die Umarmung und sah ihn an. „Und wieso hast du dann so große Opfer gebracht, wenn du jetzt austrittst?“, fragte er mit einer gewissen Schärfe. Bou blinzelte die Tränen weg. „Ich konnte doch nicht ahnen, dass ich mich in dich verliebe und Kanon damit zur Weißglut treibe“, sagte er. „Ich möchte nicht, dass AnCafé wegen mir ganz aufgelöst wird. Und du kannst es mir auch nicht mehr ausreden, Akiharu. Es ist beschlossen und ich ziehe das jetzt durch.“ Miku schwieg widerwillig. Er konnte Bou dennoch nicht wirklich verstehen, konnte es nur immer wieder auf seine Liebe zu ihm begründen – und diese Tatsache bereitete ihm nun noch mehr Unbehagen. „Wieso hast du mir das alles nicht schon eher erzählt?“, fragte er und sah den Blondschopf bedrückt an. „Ich hätte dir geholfen.“ „Ach, Akiharu“, seufzte Bou und lächelte traurig. „Wenn ich es dir erzählt hätte, hättest du mir nie erlaubt, bei AnCafé einzusteigen.“ „Stimmt“, murmelte Miku. Schweigend sahen beide zum Fernseher, der noch immer die Konzertaufnahme abspielte. Nur wirklich zusehen tat mal wieder keiner von beiden. Miku war sogar so sehr in Gedanken versunken, dass er kaum bemerkte, wie Bou den Kopf auf seine Schulter legte. Er machte sich Vorwürfe, dass er von Bous Ärger mit seinem Vater all die Jahre über nicht bemerkt hatte. //Ich war doch ganz oft bei ihm...//, schoss es ihm bedrückt durch den Kopf. //Ich hätte doch etwas merken müssen, schließlich habe ich mit ihm und seinen Eltern oft an einem Tisch gesessen...dann war das alles wohl nur gespielt gewesen...// Er warf einen Blick auf die wasserstoffblonden Haare, die allmählich begannen, seinen Hals zu kitzeln und wusste, dass er nur eines tun konnte, um dieses Wesen wieder aufzuheitern. „Bou“, flüsterte er leise und der Angesprochene sah ihn fragend an. Ohne auch nur noch einen Gedanken an irgendetwas zu verschwenden, legte er eine Hand unter dessen Kinn und wanderte mit seinem Gesicht immer näher an das des Blonden, der verdutzt mit seinen Rehaugen zu ihm aufblickte. Ihre Blicke trafen sich, als Miku so nah war, dass Bou seinen warmen Atem auf seiner Haut spüren konnte. Der Vocal lächelte und begann anschließend, seine Lippen sanft auf die des Blondschopfes zu legen. Er spürte, wie dieser, offenbar erschrocken, leicht zusammenzuckte, und fing an, ihn sanft zu küssen. Er schmeckte die Süße Bous, fühlte die Wärme, die sich von seinem wild klopfenden Herz durch die Adern rasend in seinem ganzen Körper ausbreitete, fühlte all das, was er schon so lange nicht mehr gefühlt und sogar beinahe vergessen hatte… ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ nyo~ ich hoffe es hat euch gefallen ^0^ Kapitel 31: Ein "himmlischer" Morgen ------------------------------------ o( ≧∀≦)o !!! erstmal n dickes dankeschön an fürs korrektur lesen und einige sehr produktive ideen 3 und danke an und die mich immer wieder daran erinnert haben dass es diese ff noch gibt xP ich hoffe dieses kapitel wird euch gefalln! ^0^ ********************************************************************************* //Was habe ich nur getan? Was habe ich nur getan?//, schoss es Miku unaufhaltsam durch den Kopf, während zwischen ihm und dem Blondschopf betretenes Schweigen herrschte. Beide saßen zwar noch dicht nebeneinander auf der Couch, doch sie schienen es peinlichst zu vermeiden, den anderen auch nur anzusehen. Seit sie den doch etwas unerwarteten Kuss gelöst hatten, hatte keiner von ihnen auch nur ein Wort gesagt. Beide hofften, dass der andere zuerst etwas sagte, das die unangenehme Situation wieder auflockerte. Miku wollte unbedingt wissen, wie Bou den Kuss trotz der zaghaften und sanften Erwiderung empfunden hatte. Doch er traute sich nicht, diese Frage laut zu stellen – aus Angst, ein weiteres Mal ein Liebesgeständnis zu bekommen. Der Vocal wagte eine kleine Drehung des Kopfes und blickte den Blonden neben sich an. Die wasserstoffblonden Haare machten es ihm schwer, in sein Gesicht zu sehen, aber durch eine leichte Änderung des Blickwinkels erkannte er, dass Bou geistlich völlig abwesend war. Miku sah betreten weg. Er hatte den Blonden keineswegs verunsichern wollen. Er wusste selbst nicht, was in ihn gefahren war, Bou zu küssen. Vielleicht hatte er ihn nur aufmuntern wollen; er hasste es, wenn er so traurig aussah. Vielleicht hatte er diese schönen Gefühle, die in ihm aufkamen, wenn er Bou küsste, einfach nur vermisst. Vielleicht aber war seine Liebe zu dem kleinen Blondschopf doch noch stärker als er vermutet hatte. Er musste ihm endlich sagen, dass sein Herz zweigeteilt war. Doch wie sollte er es nur anstellen, ohne Bou zu verletzen? Und selbst wenn er sich mit ihm aussprechen würde, was wäre mit Kanon? Je weiter Miku darüber nachdachte, so mehr kam es ihm in den Sinn, dass er mit Kanon nur eine rein freundschaftliche Beziehung und ihn als guten Ratgeber an seiner Seite haben wollte. Aber er hatte Angst, Kanon als Freund zu verlieren, wenn er wieder mit Bou zusammenleben würde. Miku atmete tief ein. Trotz allem konnte er es nicht verantworten, dass Bou seinetwegen litt. „Bou, ich muss dir was sagen“, sagte er langsam, wählte seine Worte mit Bedacht. Er merkte, wie der Gitarrist neben ihm aus seinen Gedanken aufschreckte. „Ich weiß, dass mein Verhalten falsch war und - “ „Du musst dich nicht entschuldigen“, unterbrach Bou ihn. Er wandte seinen Kopf zur Seite und sah Miku leicht lächelnd an. Ihre Blicke trafen sich. Miku erkannte trotz seines Lächelns eine gewisse Traurigkeit in den hübschen Rehaugen. „Habe ich dir nicht schon tausendmal gesagt, dass du dich nicht wegen jeder Kleinigkeit bei mir entschuldigen brauchst?“ „Aber das war doch keine Kleinigkeit“, sagte Miku verzweifelt. „Ich habe dich geküsst, obwohl ich genau über deine Gefühle Bescheid weiß.“ „Und genau deshalb brauchst gerade DU dich dafür nicht zu entschuldigen“, beharrte Bou. „Wenn es mir was ausmachen würde, dann würde ich dich nicht so sehr lieben, wie ich es schon lange tue. Wenn ich etwas nicht mag oder möchte, dann sage ich dir Bescheid; das musst du mir glauben.“ „Versprichst du es mir?“ Miku sah den Blonden eingehend an. Er kannte Bou seit Jahren und er wusste, dass er es gerne verschwieg, wenn es ihm schlecht ging. Ganz besonders bei Miku sagte er nie etwas, welcher aber eine gute Beobachtungsgabe besaß und den Blonden dann immer so lange nervte, bis er über seine Probleme redete. Bou nickte und lächelte. „Ja. Aber auch nur, weil du es bist.“ „Hauptsache, du hältst dich wirklich dran“, ermahnte Miku ihn. „Ich möchte keinesfalls, dass du durch meine Blödheit verletzt wirst. Dazu bist du für mich viel zu wichtig.“ Bous sonst so blasses Gesicht bekam einen leichten Rotstich. Verlegen sah er den Vocal an, doch keinen Augenblick später schien er sich anders entschieden zu haben, denn er wandte sich leicht ab, um ihn nicht direkt ansehen zu müssen. „Akiharu. Wenn du mit Shinya zusammen sein möchtest, dann tu dir keinen Zwang an“, sagte er nach einer kleinen Pause leise. Miku wollte schon etwas protestierend dazwischenrufen, weil das nun überhaupt nicht stimmte, doch Bou legte ihm eine Hand auf den Mund und sah ihn mit seinen dunklen Augen liebevoll an. „Ich weiß, dass ihr euch gerade erst getrennt habt und dass ihr vorher glücklich miteinander ward. Ich bin nicht blind, ich habe doch genau gesehen, wie wohl du dich in Shinyas Nähe gefühlt hast. Auf mich brauchst du wirklich keine Rücksicht zu nehmen. Ich habe dir schon mal gesagt, dass ich glücklich bin, wenn du es auch bist.“ Miku sah in seine wässrigen Augen und wünschte sich nichts sehnlicher, dass Bou endlich die Hand wegnahm, um dieses Missverständnis aufzuklären. Wieso musste Bou auch immer dazwischenreden, wenn er sich gerade erklären wollte? Machte er es ihm mit Absicht schwer oder merkte er es einfach nicht? Miku wusste es nicht. Verzweifelt fragte er sich, warum Bou noch immer so sehr darauf beharrte, er würde mit Kanon glücklicher sein als mit ihm. Denn das stimmte auf gar keinen Fall – zumindest glaubte Miku das. Er hatte noch nie seine Gefühle richtig deuten können, doch bei Bou war es schon immer anders gewesen. Und wieso sollte es dieses Mal anders sein? Miku atmete erleichtert auf, als Bou endlich die Hand von seinem Mund nahm, und wollte gerade dazu ansetzen, das Missverständnis aufzuklären, als der Blondschopf sich erhob. „Bou, wohin…“ Bou, der gerade weggehen wollte, drehte sich wieder ein wenig um und lächelte Miku beruhigend an, der ihn verwirrt anblickte. „Keine Sorge, ich gehe nur ins Bad.“ Dann grinste er. „Du kannst dir ja mal überlegen, wo ich schlafen soll.“ Dann tapste er davon. Miku starrte ihm mit halb geöffnetem Mund hinterher. //Wie schafft Bou es eigentlich, von einer Sekunde auf die andere, seine Traurigkeit zu verbergen??// Eine Weile saß er einsam auf der Couch und grübelte darüber nach, doch er kam zu keiner plausiblen Erklärung. Dass er mit Bou noch immer nicht über seine Gefühlslage reden konnte, ärgerte ihn gewaltig. Auch wenn er Angst vor seiner Reaktion hatte, so wäre es immerhin ein Fortschritt. Miku wusste, dass sich das Verhältnis zwischen Bou, Kanon und ihm ändern musste – und das so schnell wie möglich. Seufzend erhob er sich und lief ins Schlafzimmer, wo er sich seine knall-orangene Shorts und ein weißes T-Shirt anzog, das ihm viel zu groß war. Doch zum Schlafen reichte es vollkommen. Miku wollte gerade zu Bou gehen, als ihm einfiel, dass der Blondschopf eigentlich nicht ganz freiwillig hier war und dementsprechend keine Sachen zum Schlafen dabei hatte. Mit schlechtem Gewissen, weil er Bou ja nicht hatte aussteigen lassen, wühlte er in seinem Schrank und zauberte nach kurzer Zeit Klamotten hervor, die Bou anziehen konnte, die er aufs Bett legte. Dann ging er zum Bad. Zaghaft klopfte Miku an die Tür. „Uhm…kann ich reinkommen, Bou?“ Statt einer Antwort hörte er nur, wie ein Paar Füße schlurfend näher kamen und einen Augenblick später die Tür geöffnet wurde. „Danke“, lächelte der Vocal und trat ein. Er stutzte, als er das blonde Wesen mitten im Raum erblickte, das sich brav mit einer pinken Zahnbürste die Zähne putzte und ausdruckslos zum Neuankömmling empor starrte. Miku konnte sich ein breites Grinsen kaum verkneifen, da es einfach zu niedlich aussah. „Die hatte ich noch hier“, erklärte Bou, seinen amüsierten Blick erst einmal ignorierend, und deutete auf den breiten Spiegelschrank über dem Waschbecken. Doch das hätte keiner Erklärung bedurft; denn Miku hatte diese Zahnbürste extra für ihn aufgehoben – für alle Fälle. Er hatte zwar nicht gedacht, dass sie jemals wieder benutzt werden würde, aber… „Habe ich eigentlich was im Gesicht?“ Miku stutzte. „Nein, wieso denn?“ „Na, weil du mich, seit du hereingekommen bist, die ganze Zeit über anstarrst, als ob ich ein Alien wäre. Bous Augen glitzerten geheimnisvoll und auf seinen Lippen lag ein leichtes Lächeln. Miku spürte, wie er unmerklich ein wenig rot anlief und blickte betreten weg. „Entschuldige.“ Er lächelte verlegen. Er hatte Bou wirklich nicht anstarren wollen und fragte sich irritiert, wieso er es dennoch getan hatte – noch dazu, ohne es zu merken. Bou säuberte seine Zahnbürste und stellte sie zurück. Dann sagte er, nachdem er sich kurz das Gesicht gewaschen hatte: „Miku-chan, du bist zu höflich.“ Er ging einige Schritte auf ihn zu, sodass er nun wenige Zentimeter vor ihm stand. „Habe ich dir nicht schon mal gesagt, dass du dich nicht für jede Kleinigkeit bei mir entschuldigen brauchst? Also, normalerweise möchte ich wirklich nicht so angestarrt werden. Aber bei dir ist das was anderes. Ach ja! Gehe ich Recht in der Annahme, dass du großzügigerweise - und nur, weil ich es bin – mir dein himmlisch weiches Bett überlässt?“ „Uhm…hai“, brachte Miku nach anfänglichem Überlegen mühsam hervor, dem dies jetzt völlig überraschend kam. Doch was ihn endgültig aus der Fassung brachte, war, dass Bou – kaum hatte er zugestimmt, auf die Couch auszuweichen – sich auf die Zehenspitzen stellte und ihm einen Kuss auf die Wange hauchte. „Oyasumi“, flüsterte er noch, ehe er aus dem Bad Richtung Schlafzimmer hopste und eine verdatterte Miku Statue in Lebensgröße zurückließ, dessen Herz kochendes Blut mit rasendem Tempo durch seine dünnen Adern schickte. Es dauerte einen Augenblick, bis er wieder einen klaren Gedanken fassen konnte und sich in der Lage sah, sich aus seiner Starre zu befreien. //Du bist so ein Idiot…// Kopfschüttelnd verließ er das Bad, machte überall das Licht aus und tapste anschließend durch die klamme Dunkelheit zur Couch. Dort deckte er sich mit der blauen Wolldecke zu und versuchte, es sich so bequem wie möglich zu machen. Doch dies war gar nicht so einfach. Zum Sitzen und Liegen eignete sie sich ja prima, aber die Couch als Schlafstätte zu entfremden schien ein Ding der Unmöglichkeit zu sein. Es machte Miku nichts aus; er hätte ohnehin kein Auge zubekommen. Schuld daran war natürlich der kleine Blondschopf, der ihn in der letzten halben Stunde mehr als nur einmal den Kopf verdreht hatte. Mikus Gedankengang war das reinste Chaos und er ertappte sich sogar einige Male dabei, wie er mit einem Finger leicht über seine Lippen und die Wange strich, auf die Bou ihn zärtlich geküsst hatte. Er schmeckte noch immer seinen süßen Geschmack – oder bildete er sich das nur ein? Seufzend warf Miku die Decke von sich, stand auf und schlich auf Zehenspitzen, vorsichtig vor sich hertastend, zum Schlafzimmer. Erleichtert stellte er fest, dass die Tür nur angelehnt war. Ohne zu wissen, was er da eigentlich tat – oder warum er das machte – spähte er durch den kleinen Spalt auf das Bett, doch es war zu dunkel, als dass man was hätte erkennen können. Aber anstatt sich wieder auf die Couch zu legen, blieb er da stehen, ohne sich zu bewegen und genoss das Wissen, dass Bou keine drei Meter vor ihm in seinem weichen Bett lag und schlief. Dass dies lächerlich war und wieder in einer ziemlich peinlichen Situation enden konnte, war ihm durchaus bewusst; er konnte einfach nicht widerstehen. Er hörte das leise Rascheln einer Decke. „Jetzt komm schon her“, hörte er Bous Stimme nach einer Weile plötzlich leise flüstern. Miku schreckte zusammen. „Wie…“ „Ach, Miku-chan“, sagte Bou ein wenig amüsiert. „Ich kenne dich schon zu lange und zu gut, um genau zu wissen, dass du niemals auf einer harten Couch schlafen würdest, wenn du auch mit einem weichen Bett Vorlieb nehmen könntest. Und jetzt komm!“ Ohne etwas zu erwidern, da Bou eh Recht hatte, tapste er auf das Bett zu und schlüpfte unter die warme Decke. Dann spürte er auch schon, wie er von Bou näher gezogen wurde und dieser einen Arm um ihn legte. „Außerdem bekomme ich sonst ein schlechtes Gewissen“, raunte der Blondschopf ihm leise zu; Miku konnte seinen Atem auf dem Gesicht spüren, so nahe waren sie sich. Zufrieden seufzend schloss er die Augen und die Wärme Bous beruhigte ihn, sodass er fast auf der Stelle einschlief… Sonnenstrahlen kitzelten sein Gesicht, die sich durch den fast wolkenfreien Himmel einen Weg durch das Fenster gebahnt hatten. Verschlafen drehte er sich auf die andere Seite und zog sich die warme Decke über den Kopf. Er versuchte, wieder zu schlafen, doch eine leise Stimme flüsterte seinem kleinen Unterbewusstsein etwas zu, dass etwas fehlte, sodass er daraufhin schlagartig die Augen aufschlug, den Kopf aus der Decke rausstreckte und auf den leeren Platz neben sich spähte. Dann richtete er sich auf und suchte das Schlafzimmer nach dem Blondschopf ab und es machte ihn traurig, dass er nicht hier war. Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern sprang Miku auf und lief ins Wohnzimmer, um dort nachzugucken. Doch nur die achtlos weggeworfene blaue Wolldecke, mit der er sich gestern Nacht noch zugedeckt hatte, die leeren Pizzakartons, die sie nicht weggeräumt hatten, und zwei benutzte Gläser auf dem Tisch ließen sich ausfindig machen. Kein Bou. Nachdem Miku auch in der Küche und im Bad alle Ecken – und sei sie noch so klein – abgesucht hatte, bekam er allmählich Panik. Niedergeschlagen und völlig verzweifelt setzte er sich auf die Couch und überlegte angestrengt, wo Bou sein konnte. Und vor allem, warum er gegangen war. //Habe ich gestern doch etwas falsch gemacht? Aber er war noch so freundlich und lieb zu mir. Deshalb kann ich mir nicht vorstellen, dass Bou wütend auf mich ist…höchstens verletzt…// Miku vergrub das Gesicht in seinen Händen. //Kami, wieso konnte ich mich nicht einfach beherrschen? Nein, ich bin ja so bescheuert, dass ich ihn – ohne groß nachzudenken- küsse! Ich muss unbedingt mit Bou über meine Gefühle reden. Er muss wissen, dass ich zwei liebe…// Plötzlich stieg ihm ein angenehmer Duft in die Nase, der seinen Magen protestierend aufknurren ließ. „Miku?“ „Bou!“, rief Miku erleichtert und erschrocken zugleich, und fiel dem Blondschopf stürmisch um den Hals, sodass dieser beinahe hinten rüberfiel. „Miku, was…“, brachte Bou ächzend hervor, da der Vocal ihn so sehr knuddelte, dass er kaum noch Luft bekam. Er ließ ihn einen Moment gewähren, doch dann – um sein eigenes Leben zu schützen – drückte er ihn unter Aufbringung all seiner Kräfte zurück. Dann erblickte er Mikus traurige und zugleich erleichterte Augen. „Miku…“ „Du Idiot!“, unterbrach Miku ihn entsetzt, dessen Gefühle gerade eine wilde Achterbahnfahrt unternahmen. „Wo warst du? Ich habe dich überall gesucht und als ich dich nicht gefunden habe, da habe ich gedacht, dass du - “ Mikus Redeschwall wurde abrupt unterbrochen, als der Blondschopf ihm einen Finger auf die Lippen legte und ihn eindringlich ansah. „Nein. DU bist hier der Idiot.“ Er deutete auf den kleinen Tisch, der vor der Couch stand und den nun eine prall gefüllte und zudem wohlriechende Brötchentüte zierte. Dann packte er ihn am Arm und zog ihn quer durch den Raum zum Schlafzimmer. „Außerdem habe ich dir einen Zettel ganz deutlich aufgehängt, auf dem ich dir erklärt habe, dass ich nur kurz beim Bäcker bin.“ Er machte die Tür zu. Mikus Herz rutschte ihm in die Hose und Schuldgefühle keimten ihn ihm auf, als er den neongelben Notizzettel entdeckte, der genau in seiner Augenhöhe an der Tür prangte. „Ups.“ „Ja, ups“, tadelte Bou ihn ungehalten. „Und wehe, du bedankst dich jetzt nicht für die leckeren Brötchen bei mir.“ Miku blinzelte ein paar Mal, bis sich die Nachricht in seinen Kopf eingebrannt hatte, dass Bou doch nicht weggegangen war, ohne sich zu verabschieden. „D-danke, Bou“, sagte er dann kleinlaut und ein wenig stockend. Anschließend verbeugte er sich vor ihm. „Und entschuldige bitte!“ „Entschuldigung angenommen.“ Bou lachte amüsiert. „So! Und ich decke jetzt den Tisch und du bist ausnahmsweise mal schön brav und ziehst dich um.“ Miku, der Bou gegenüber inzwischen ein so großes schlechtes Gewissen hatte, dass es ihn beinahe erdrückte, blinzelte irritiert. „Was heißt hier ausnahmsweise?“, sagte er leicht entrüstet, was dem Blondschopf ein Schmunzeln entlockte. „Glaub mir, du bist nicht immer brav.“ Miku verschränkte trotzig die Arme vor der Brust. „Aha. Das musst du mir jetzt aber mal genauer begründen.“ „Muss ich nicht. Du würdest es ohnehin nicht verstehen“, entgegnete Bou und sah ihn gleichgültig an. „Du bist nämlich so brav, dass es schon wieder unartig ist, so brav zu sein.“ „Hä?“ Der Blondschopf zuckte mit den Achseln und sah ihn geduldig an. „Ich hab doch gesagt, dass es für dein kleines Hirn wahrscheinlich zu kompliziert ist.“ „Wenn du es auch auf so hohem Niveau sagst“, murmelte Miku beleidigt. „Das hätten Kanon und Teruki bestimmt auch nicht verstanden.“ „Habe ich das behauptet?“ „Nee…“ „Na also.“ „…“ „…“ „Bou-chan?“ „Miku-chan?“ „Wieso musst du mich eigentlich immer ärgern?“ „Na, weil ich dich liebe.“ „Sadist.“ „Wieso? Noch nie was davon gehört: Was sich liebt, das neckt sich?“ „Doch.“ „Na, also.“ Bou beugte sich vor und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Dann lächelte er ihn sanft an. „Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, dass ich dich irgendwie schlecht behandle. Mit dir gehe ich um wie mit einem rohen Ei.“ Miku runzelte die Stirn, nachdem sein Gesicht einen Hauch dunkler geworden war. „Du vergleichst mich jetzt echt nicht mit einem rohen Ei, oder?“, fragte er zaghaft. „Darf ich nicht?“ „Uhm…“ Miku überlegte kurz. Irgendwie ehrte ihn dieser Vergleich, wenn er auch nicht wusste, warum. „Doch, du darfst das.“ Bou quiekte vor Freude auf und sprang dem Vocal buchstäblich um den Hals, welcher einige Schritte zurücktorkelte, bis er gegen die Schrankwand stieß; es war nur dem Schrank zu danken, dass er nicht hinten rübergekippt war. „B-bou…“, ächzte er mühsam. Er hatte ja eigentlich nichts gegen Umarmungen vom Blondschopf – im Gegenteil; doch er fühlte sich wie im Schraubstock. Und so ließ er ihn einen Augenblick seine Freude, bevor er all seine Kraft aufwandte, um seinen starken Armen zu entfliehen. Daraufhin merkte auch Bou, dass er wohl ein wenig zu stürmisch gewesen war, und ließ ihn los. „Gomen“, sagte er kleinlaut und sah schuldbewusst zu, wie Miku angestrengt nach Luft schnappte. Miku grinste. „Keine Sorge, ich lebe noch.“ „Da bin ich aber froh“, sagte Bou erleichtert. „Aber jetzt zieh dich brav um und komm essen.“ „Okay.“ Miku wühlte kurz in seinem Schrank nach ein paar Klamotten, die er anziehen konnte, und hopste dann an Bou vorbei. Nachdem sie ein leckeres Frühstück, das von Bou liebevoll zubereitet worden war, zu sich genommen und nun das Gefühl hatten, für die nächsten Stunden nichts mehr essen zu wollen, tätigte Bou einen Anruf und Miku räumte die Küche auf. Während er Marmelade, Wurst und Käse zurück in den Kühlschrank verfrachtete und das dreckige Geschirr in der Spülmaschine versteckte, konnte er sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen. //Eins muss man Bou lassen…//, schoss es ihm durch den Kopf. //Im Backen ist er die größte Niete, die mir je untergekommen ist. Aber dafür weiß er, wie man das beste Frühstück zubereiten kann.// Er beugte sich etwas vor und griff nach einem Lappen, der über dem Waschbeckenrand hing, mit dem er den Tisch abputzen wollte. Miku wusste, dass man dazu kein allzu großes Talent besitzen musste, doch insgeheim fragte er sich, ob der kleine Blondschopf auch einem anderen Freund das Frühstück auf so eine liebevolle Art und Weise vorgesetzt hätte. Es ehrte ihn und doch war es ihm ein wenig unangenehm. Er seufzte leise. //Ich muss dringend mit Bou reden. So kann es nicht weitergehen…und auch, wenn Bou in wenigen Wochen aus der Band austritt, möchte ich, dass er sich mit Kanon verträgt. Aber wie wird er reagieren, wenn ich ihm sage, dass ich auch Kanon liebe?// Miku sah auf, als er eine Bewegung aus den Augenwinkeln her realisiert hatte, und blickte direkt in Bous dunkle Augen, der mit einem kecken Grinsen im Gesicht auf ihn zukam. „Hast du im Lotto gewonnen, oder warum freust du dich so?“, wollte Miku neugierig wissen und wischte lächelnd mit einem Trockentuch über die glatte Holzoberfläche des Tisches, ehe er die kleine Blumenvase mit frischen Blumen wieder in die Mitte setzte. „Nein, das leider nicht“, meinte Bou grinsend und setzte sich auf einen Stuhl, die Beine weit von sich gestreckt den Vocal bei der Arbeit zusehend. „Obwohl das wahrscheinlich gar nicht mal so schlecht wäre. Aber genaugenommen freue ich mich für dich.“ Miku, der schon kehrt gemacht hatte, um den Lappen zurück in die Küche zu bringen, hielt mitten in der Bewegung inne und drehte sich stirnrunzelnd zu dem Blondschopf um. „Wieso denn das? Habe ich etwa im Lotto gewonnen?“ „Spaßvogel.“ Bou lachte. „Um im Lotto zu gewinnen, muss man doch erst einmal mitspielen. Und so viel ich weiß bist du nicht gerade der Freund von solchen Gewinnspielen.“ „Stimmt“, räumte Miku ein. Dann brachte er schnell den Lappen in die Küche und pflanzte sich neben Bou auf den Stuhl. „Aber was ist dann los?“ Der Vocal legte den Kopf schief und behielt den Blondschopf im Blick. Gespannt auf das, was nun kommen würde, klimperte er mit den Augen. Doch Bou schwieg. Er schien es regelrecht zu genießen, Miku im Ungewissen zu lassen und zuzusehen, wie er immer ungeduldiger und aufgeregter wurde. Schmunzelnd lehnte er sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Bou!“, maulte Miku daraufhin, als er merkte, dass dieser nicht mit der Sprache rausrücken wollte. Zusätzlich zog er einen Schmollmund auf und blickte ihn mit traurigen Augen an. „Wenn du es mir nicht sagst, dann ist das gemein! Dann kann ich mich doch gar nicht freuen!“ Bou zuckte mit den Schultern. „Wer sagt denn, dass du dich freuen wirst, wenn ich es dir erzähle?“ „Waaaas? Ich dachte, du freust dich für mich? Dann ist es doch logisch, dass ich Recht habe. Weil, wenn du dich für mich freust, dann heißt das doch automatisch, dass ich mich dann auch freue. Oder?“ Bou blickte ihn verblüfft an. „Deine Logik möchte ich mal haben“, murmelte er leise, dessen Verstand mit Hochtouren daran arbeitete, hinter Mikus gerade Gesagtem hinterzukommen. „Wieso?“ Miku blinzelte verständnislos. „Ich habe vollkommen Recht, da kannst du dich jetzt nicht herauswinden. Oder soll ich es dir noch mal erklären? Für Doofe.“ „Ich denke, jeder andere würde auch nicht hinter deine Logik kommen“, verteidigte sich der Blondschopf und zog gequält einen Mundwinkel nach oben. „Also, ich kann gerne auf deine Erklärung ver - “ „Stell dir doch mal vor, du machst an einem Gewinnspiel mit und wartest wochen- und monatelang sehnsüchtig auf Nachricht, ob du nun den Hauptpreis gewonnen hast oder nicht. Okay, es muss nicht gerade der Hauptpreis sein – zum Beispiel eine Kreuzfahrt durch die Karibik auf einem Luxusdampfer. Obwohl sich das doch toll anhört, könntest du dich aber auch mit den anderen Preisen zufrieden geben – und wenn es ein Apfelbaum wäre. Wichtig ist dir nur, dass du etwas gewinnst. Und dann komme ich und erfahre vor dir, dass du diese Luxuskreuzfahrt gewonnen hast und ich komme breit grinsend zu dir und reibe dir unter die Nase, dass ich etwas weiß, was dich vor Freude in die Luft lassen gehen würde. In diesem Fall würdest du dich doch garantiert freuen, wenn ich es dir sofort erzählen würde, oder? Und es würde dich bestimmt auch zur Weißglut treiben, wenn ich diesen schönen Moment, in dem ich es dir erzähle, so lange hinauszögere, wie du es gerade tust. Und genau, wie in diesem Beispiel, was ich dir gerade kurz erklärt habe, trifft alles auf die Realität zu. Mit der kleinen Ausnahme, dass ich nie an Gewinnspielen teilnehme und es somit keine Kreuzfahrt oder ein Apfelbaum sein kann, denn ich gewonnen habe. Noch Fragen? Und mach endlich den Mund zu, sonst kommen noch Fliegen rein.“ Tatsächlich hatte Bou mit geöffnetem Mund Mikus kleiner Ausführung zur Erklärung seiner Logik gelauscht und hatte alle Hand damit zu tun, nicht mit seinem Verstand an diese Sache heranzugehen. „Kami, ich bereue es ja so, dass ich es dir nicht sofort erzählt habe“, sagte er undeutlich, als er seine Sprache wiedergefunden hatte. „Was ist?“ Miku, der nur Gemurmel verstanden hatte, sah ihn irritiert an. „Vergiss es.“ Bou winkte ab. „Und jetzt sag bitte nichts mehr! Ich erzähle es dir ja jetzt.“ „Was? Echt?“ Miku guckte, als wäre Weihnachten auf seinen Geburtstag gefallen. Er beugte sich immer mehr zu Bou vor, begierig auf das, was nun kommen würde. „Also gut.“ Bou lachte. „Ich habe gerade mit meiner Tante telefoniert, weil ich wissen wollte, wann du deinen Welpen zu dir holen kannst.“ „Und?“ Der Vocal schluckte. Sein Magen krampfte sich voller Erwartung zusammen und nun bereute Miku es, schon am frühen Morgen so viel gegessen zu haben – auch, wenn es sehr lecker gewesen war. „Du kannst ihn nächste Woche abholen.“ „Was? Echt?“, rief Miku und quiekte vor lauter Freude auf. Und ohne dem armen Blondschopf auch nur den Hauch einer Chance zur Wehr zu geben, sprang er auf und ließ sich bei ihm auf dem Schoß nieder. Dann drückte er ihn fest an sich. „Siehst du?“, ächzte Bou mühsam, der Miku einfach gewähren ließ, weil Verteidigung eh nichts bringen würde. „Du…freust dich doch…oder?“ „Und wie ich mich freue!“, quiekte Miku fröhlich und schien gar nicht erst daran zu denken, den Blonden loszulassen. Dass Bou sich schmerzvoll an sein linkes Ohr packte, das gerade Mikus lautes Organ zu spüren bekommen hatte, hatte er wohl nicht mitbekommen. Stattdessen fühlte er nur Bous Körper in seinen Armen und die Freude, dass sein kleiner Welpe bald zu ihm nach Hause kommen würde. Denn dann war er nicht mehr allein und er hatte jemanden, den er mit seiner Liebe überschütten konnte, ohne dass jemand anderes gleich mit Eifersucht darauf reagierte. Zumindest hoffte er es. „Bou, ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll!“, rief Miku überglücklich. „Du hast mir doch die Gitarre geschenkt“, sagte Bou mühsam, der deutlich unter Mikus heftiger Knuddelattacke litt. „Aber als kleinen Ausgleich könntest du deinen Griff ja etwas lockern.“ „Oh…“ Miku drehte den Kopf ein wenig und sah Bou an, der nach Luft schnappte. Sofort ließ er ihn los. „Entschuldige, Bou“, rief er weinerlich. „Das wollte ich nicht – ehrlich!“ „Das weiß ich doch.“ Der Blondschopf lächelte ihn beruhigend an. „Ich kenne dich schon seit Jahren und kenne die Art, auf die du dich freust, nur zu gut. Und jetzt stell dich nicht so an und bleib hier!“ Er packte Miku, der ein so großes schlechtes Gewissen hatte, dass er von Bous Schoß geklettert war, am Shirt und zog ihn wieder zurück, sodass dieser zurück in seinen Schoß plumpste. Vorsichtshalber hielt Bou ihn am Arm fest, aus Angst, er würde noch einmal versuchen, abzuhauen. „Außerdem weiß ich noch was, wie du mir danken kannst.“ „Und was wäre…?“ Miku spürte Bous Hand auf seinem Rücken ruhen; ihre Blicke trafen sich. Bou lächelte zu ihm auf. Seine Frage beantwortete sich, als der Blondschopf seine andere Hand in seinen Nacken legte und seinen Kopf zu sich zog und ihn küsste. Miku, der sich in den letzten zwölf Stunden längst an Bous kleine Überfälle gewöhnt hatte, brauchte weniger als eine Sekunde, bis das Erschrockene von Verlangen abgelöst wurde. Während sein Herz kochendes Blut in rasendem Tempo durch seine Adern schickte, schloss er genussvoll die Augen und schlang seine Arme um den zierlichen Körper unter ihm. Nach einer Weile lösten sie sich. Miku spürte noch immer sein Herz in seiner Brust rasen und öffnete die Augen. Er sah direkt in die dunklen Rehaugen des Blondschopfes, die ihn liebevoll betrachteten. Sein Magen krampfte sich unwillkürlich zusammen. Er hielt dem Blick noch einen Augenblick stand, ehe er den Kopf auf seine schmale Schulter legte und ihn an sich drückte. Miku blinzelte ein paar Mal, um die aufkommenden Tränen zurückzuhalten. Er verstand die Welt einfach nicht mehr. Wie konnten sie sich küssen und so tun, als wäre nie etwas gewesen? Als hätte Kanon ihn nie auf dem Eifelturm geküsst und damit eine Liebeserklärung abgegeben, als wäre er nie mit Kanon zusammen gewesen, als hätte nichts Bous und sein Glück gestört. Ihm wurde schlecht, als er sich an den Moment erinnerte, wo Teruki ihm am letzten Tag in Paris gesagt hatte, dass Bou sich den Arm aufgeschlitzt hatte. Und wie fertig Bou in den Wochen danach noch war. Wie viel er durch seine Dummheit durchmachen musste. Und Kanon? Obwohl er von Kanons Liebe bis vor wenigen Monaten nichts gewusst hatte, fühlte er sich dennoch schuldig. Kanon hatte seine Liebe zum Sänger immer erfolgreich zurückgedrängt und sehr viel einstecken müssen. Mikus Herz setzte für einen Moment aus, als er sich vorstellte, wie sich der Schwarzhaarige wohl gefühlt haben musste, als er und Bou ihre Liebe zueinander vor ihren Bandkollegen das erste Mal offen gezeigt hatten. Konnten sie wirklich so tun, als wäre nichts gewesen? Er spürte, wie Bous Hand ihm sanft über den Rücken strich. „Miku.“ „Hai?“, flüsterte Miku vorsichtig. Er wollte auf gar keinen Fall, dass Bou etwas von den Gefühlen und Gedanken merkte, die ihn so plötzlich übermannt hatten. „Wann willst du dich eigentlich bei Takuya entschuldigen?“ Miku unterdrückte gerade noch rechtzeitig ein genervtes Stöhnen. //Takuya habe ich ja ganz vergessen!// Er zuckte ahnungslos mit den Schultern. „Ich weiß ja noch nicht mal, wo er wohnt. Und eine Telefonnummer habe ich auch nicht.“ „Wenn du mir Zettel und Stift gibst, schreibe ich dir beides auf“, bot der Blondschopf ihm an. Er wusste, dass Miku sich zwar entschuldigen wollte, doch genau so gut wusste er, dass er solche Momente gerne hinauszögerte, weil er sich selten traute, auf andere zuzugehen. Daraufhin blieb Miku nichts anderes übrig, als aufzustehen und etwas zu Schreiben zu besorgen. Einen Augenblick später drückte er ihm Notizblock und Kugelschreiber in die Hand und setzte sich wieder auf Bous Schoß. Ausdruckslos sah er ihm beim Schreiben zu und überlegte, wie er sich am besten bei Takuya entschuldigen konnte. Er wusste, dass seine Wortwahl ziemlich verletzend gewesen war. Auch, wenn er seine wahren Gedanken ausgesprochen hatte, hätte er sich zumindest mit Kanon, Bou und Teruki öffnen sollen anstatt ihren neuen Gitarristen verbal so fertig zu machen. „Möchtest du einen Rat haben?“ Bou sah ihn beruhigend lächelnd an und legte einen Arm um ihn. Miku nickte, dankbar für das Angebot. „Lad ihn doch einfach zum Essen ein oder geh mit ihm was trinken“, meinte Bou und legte Notizblock und Stift auf den Tisch. „Das, was du zu ihm gesagt hast, war nicht gerade nett und ich denke, dass es mit einer einfachen Entschuldigung nicht getan ist. Ihr müsst in Zukunft miteinander auskommen, da könnt ihr euch so etwas nicht leisten.“ Miku blickte gedankenverloren auf Bous doch etwas unsaubere Schrift, mit der er Takuyas Adresse und Telefonnummer aufgeschrieben hatte. „Du hast Recht“, sagte er dann. „Ich weiß selbst nicht, was in mich gefahren ist, dass ich die Kontrolle über mich verloren habe.“ „Aber, Akiharu. Ich verstehe dich immer noch nicht.“ Bou beugte sich vor, um ihm ins Gesicht sehen zu können; Miku erkannte Besorgnis in seinen Augen. „Hast du das nur aus Zorn und Frust gesagt, weil du nicht möchtest, dass ich austrete und er mich ersetzen soll?“ Der Vocal wich seinem Blick aus und schüttelte den Kopf. „Ich wünschte, es wäre so.“ Bou runzelte die Stirn. „Sag bloß, es war dein voller Ernst.“ Miku schwieg. Er wusste, dass er Bou, Kanon und Teruki enttäuscht hatte. Er hätte den Schmerz über Bous Austritt vor den anderen nicht zeigen dürfen – und schon gar nicht vor Takuya. „Und ich hatte gehofft, dem wäre nicht so“, murmelte Bou leise. „Gerade du sagst so etwas Schlimmes und meinst es dann auch noch ernst! Ich hätte dir mehr Verständnis entgegenbringen können, wenn du es nicht so gemeint hättest.“ „Ich wollte Takuya nicht fertig machen, es ist mir rausgerutscht.“ „Das weiß ich doch“, erwiderte der Blondschopf leise seufzend. „Miku. Weißt du, was ich denke? Du akzeptierst meinen Wunsch immer noch nicht, auszusteigen. Du bist total versessen darauf, dass ich der einzig wahre Gitarrist für AnCafé wäre und - “ „Aber das bist du doch auch!“, rief Miku dazwischen und sah ihn verzweifelt an. „Du spielst erstklassig Gitarre und bist bei den Cafekkos total beliebt. Außerdem hast du ein richtiges Talent zum Musizieren und hilfst mir bei der Verfeinerung der Lyrics. Ich denke nicht, dass irgendein anderer Gitarrist das alles übertreffen kann!“ „Doch, Akiharu. Ich habe Takuya nicht genommen, weil ich mit ihm befreundet bin und er optisch gut ins Line-up passt. Er hat wirklich Talent! Bitte, vertraue mir“, sagte Bou, der sich stark zusammenreißen musste, seine Tränen bei sich zu behalten. Er wollte vor dem Vocal keine Schwäche zeigen. Der Blondschopf wusste genau, wie sehr er Miku mit seinem Austritt aus der Band verletzte, und doch sah er keinen anderen Ausweg. Er seufzte; nichts sehnlicher auf der Welt wünschte er sich, dass Miku es endlich akzeptierte. Miku waren die feuchten Augen des Gitarristen nicht entgangen und sein Magen krampfte sich zusammen; er strich dem Blonden eine Strähne aus dem Gesicht und schlang anschließend seine Arme um ihn. „Tut mir Leid, Bou…“ Miku schalt sich innerlich selbst, während er den Blondschopf eng an sich drückte. Er spürte, wie dieser ebenfalls seine dünnen Arme um ihn legte. Er wusste doch, wie schwer der Austritt für Bou sein musste! Warum machte er es ihm also noch schwerer, indem er es erst gar nicht versuchte, den Gitarristen, den Bou eigens ausgesucht hatte, zu akzeptieren? Miku fiel wieder ein, dass Bou gegen den Willen seines Vaters bei AnCafé mitgemacht hatte, und sein schlechtes Gewissen wuchs ins Unermessliche. //Bou muss seinen Entschluss wirklich gut überdacht haben…denn jetzt hat sein Vater allen Grund dazu, noch mehr auf ihm herumzuhacken//, schoss es Miku bedrückt durch den Kopf. //So schwer es mir auch fällt, ich muss Takuya endlich akzeptieren…Bou zuliebe…// „Vertraust du mir, Miku-chan?“, fragte Bou leise; sein Atem kitzelte in Mikus Nacken. Der Vocal nickte und sah ihn traurig an. „Tut mir Leid, Bou. Obwohl ich weiß, dass ich dir bei allem vertrauen kann, war ich irritiert, dass gerade du es bist, der uns einen neuen Gitarristen vorstellt. Ich werde mich ändern, ich verspreche es dir. Tut mir Leid, ich wusste einfach nicht, wie ich - “ „Jetzt hör schon auf, dich zu entschuldigen“, unterbrach Bou ihn sanft lächelnd und fuhr ihm durchs Haar. „Habe ich dir nicht schon tausendmal gesagt, dass ich nicht möchte, dass du dich wegen jeder Kleinigkeit bei mir entschuldigst?“ „Aber das war doch keine - “ „Kleinigkeit?“, vollendete der Blondschopf den Satz für Miku, der ihn erschrocken ansah. „Doch, das war es. Glaub mir ruhig. Und jetzt tu mir bitte einen Gefallen und lächle wieder. Bei deinem traurigen Gesicht kriege ich noch irgendwann die Krise!“ „Tut mir…“ Miku verstummte, als er von Bou leicht auf den Hinterkopf gehauen wurde. Bou sah ihn bedrohlich an. „Wehe, du entschuldigst dich auch nur noch ein einziges Mal in deinem Leben bei mir“, sagte er drohend; Miku schluckte. „Und jetzt sein gefälligst wieder etwas fröhlicher!“ „Aber, Bou. Wie soll ich denn vor Glück nur so strotzen, wenn du mich so unheimlich anguckst?“, sagte der Vocal zaghaft, der sich mittlerweile ein wenig nach hinten gebeugt hatte, um so weit wie möglich von Bou wegzukommen, und sah ihn ängstlich an. „Ach, Miku.“ Bou lachte. „Weißt du, warum ich das mache?“ „Um mich zu ärgern?“ „Falsch.“ „Um…mir zu zeigen, wie gern du mich hast?“ „Negativ.“ „Dann weiß ich es nicht.“ „Soll ich es dir wirklich sagen?“ Miku nickte und Bou beugte sich schmunzelnd vor. „Weil du total süß aussiehst, wenn du Angst vor mir hast.“ Das verschlug Miku erst einmal die Sprache. Verdattert starrte er den Blondschopf an, der den Anblick des Vocals einfach nur amüsant fand. „Bou…du bist und bleibst mir ein Buch mit sieben Siegeln…und unheimlich noch dazu“, sagte Miku nach einem Augenblick langsam. „Wieso denn unheimlich?“ Bou legte den Kopf auf die Seite und blickte mit seinen dunklen Rehaugen zum Vocal auf. „Na ja…“ Miku zögerte kurz; er spürte eine seltsame Hitze in ihm aufsteigen. „Ich finde es ein bisschen beängstigend, als süß befunden zu werden, wenn ich vor dir Angst habe.“ „Keine Sorge.“ Bou grinste. „Ich werde dir schon nichts antun. Dann habe ich doch keinen mehr, den ich so schön ärgern kann. Aber…“ Bou studierte den Vocal auf seinem Schoß eingehend. „Ich denke, dass du sogar viel süßer bist, wenn ich dir Komplimente mache und so eine schöne Farbe dein Gesicht ziert – wie jetzt.“ „Uhm…“ Miku spürte, wie das Rot in seinem Gesicht eine Spur dunkler wurde; sein Herz klopfte wild in seiner Brust. Er lächelte gequält. „Du bist echt fies…“ „Ich weiß.“ Bou verpasste ihm einen Kuss auf die Wange und grinste ihn breit an. „Ich ärgere gern Leute, die ich über alles mag.“ „Und wenn du sie auch noch über alles liebst?“ „Dann erst Recht.“ „Na toll.“ „Was soll das denn jetzt heißen?“ Bou sah ihn erbost an. „Vergiss es.“ Miku lächelte verlegen. „Ich denke, ich lasse das alles nur ohne Rache über mich entgehen, weil du es bist.“ „Wow, dann kann ich also alles mit dir anstellen, ohne deine Rache fürchten zu müssen?“ Der Blondschopf guckte ihn an, als ob er gerade ein luxuriöses Geburtstagsgeschenk bekommen hätte. „Hey, das habe ich nicht gesagt“, lachte Miku und konnte beobachten, wie Bous Glitzern in den Augen urplötzlich verschwand und er ihn beleidigt ansah. „Das habe ich aber so verstanden.“ „Da kann ich nichts für.“ Miku zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Wenn du es so verstehst, ist es doch dann nicht mein Problem. Oder?“ Er grinste ihn frech an. „Ach, Miku.“ Bou schüttelte seufzend den Kopf. „Du kannst ja manchmal sooo nett zu mir sein. Aber ich bin froh, dass du offenbar dein Lächeln wiedergefunden hast.“ Leicht lächelnd fuhr Bou ihm durchs Haar. „Das habe ich aber auch nur dir zu verdanken.“ Miku lächelte und drückte ihn an sich. Er spürte Bous Wärme und sog genüsslich den angenehmen Duft ein, den seine langen Haare ausströmten… Kapitel 32: Wir sind doch alle nur Menschen ------------------------------------------- o( ≧∀≦)o !! yeah! das neue kapitel ist endlich da! ich habe letztens noch einmal die ganze ff von anfang an gelesen und mir ist erst da bewusst geworden wie viel eigentlich schon passiert ist! oO so einiges hatte ich sogar wieder vergessen xD' und mein dank dass ich an der ff schon so lange schreibe und sie (viiiiiiieeeeel) länger geworden ist als geplant gilt hauptsächlich allen lieben kommi-schreibern für ihre stärkenden kommis und meiner beta-leserin *an alle kuchen verteil* ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Kapitel 32. Gegen Mittag musste sich Miku schweren Herzens von seinem blonden Gast verabschieden. Vergeblich hatte er versucht, ihn zu überzeugen, noch ein wenig bei ihm zu bleiben, da er sonst wieder ganz alleine wäre. Doch Bou blieb standhaft, denn er wusste, wenn er sich einmal von Miku überreden lassen würde, würde Miku es immer wieder versuchen. Die Arme beleidigt vor der Brust verschränkt sah der Vocal ihm zu, wie er sich Jacke und Schuhe anzog. „Bou, du bist so was von fies“, maulte er. „Du kannst mich doch nicht einfach hier zurücklassen? Wer passt denn dann auf mich auf? Außerdem langweile ich mich bestimmt zu Tode.“ „Ach, komm schon“, sagte Bou lächelnd und fuhr ihm durchs Haar, womit er dessen Frisur gehörig durcheinander brachte. „Erstens bist du groß genug, um auf dich selbst aufzupassen. Und zweitens habe ich noch so einiges zu tun.“ „Und was ist mit der Langeweile?“, wollte Miku wissen und pustete sich eine Strähne aus dem Gesicht, während er den Blonden trotzig anblickte. Bou sah ihn hoffnungslos an. „Miku. Warum rufst du dann nicht einfach Teruki oder Kanon an und verabredest dich mit einem von den beiden?“ Doch innerlich fragte er sich, wieso Miku unbedingt wollte, dass er noch ein wenig blieb. Er musste zugeben, dass es ihn ehrte, von ihm so begehrt zu werden, doch es verunsicherte ihn auch. „Wenn ich mich mit Kanon treffe bist du bestimmt wieder traurig und - “ „Wehe, du sprichst weiter!“, rief Bou erschrocken dazwischen. „Akiharu! Wie oft habe ich es dir schon gesagt? Mir macht es nichts aus, wenn du dich mit Shinya triffst. Ihr zwei seid doch noch beste Freunde – oder?“ „Ja, doch. Das stimmt“, gab Miku zähneknirschend zu, während er gedanklich vollauf damit beschäftigt war, sich weitere Argumente für Bous Bleiben zurechtzulegen. „Zumindest denke ich es“, murmelte er nach einer kleinen Pause leise. Tatsächlich wusste er momentan nicht genau, ob er und Kanon so eine gute Freundschaft hatten wie noch vor der Europa-Tour. Er nahm sich vor, den Bassisten bei der nächsten Gelegenheit darauf anzusprechen. „Ach, Miku.“ Bou schüttelte verständnislos den Kopf und sah ihn mit einem leichten Lächeln auf den Lippen sanft an. „Mach es dir selbst nicht so schwer und versuch endlich mal, deine Gefühle zu verstehen.“ Dann nahm er ihn in den Arm. Miku konnte den süßen Duft riechen, der von dem kleinen Blondschopf ausging, und konnte sich ein leichtes Lächeln nicht verkneifen. „Ich werde es versuchen“, versprach er ihm. Nachdem Bou gegangen war, wusste Miku zunächst nicht, was er mit dem restlichen Tag anfangen sollte. Er hatte auch keine allzu große Lust, mit Teruki oder Kanon etwas zu unternehmen. Doch das lag hauptsächlich daran, dass er sich nicht dazu aufraffen konnte, einen von beiden anzurufen. „Teruki trifft sich bestimmt mit Sonoko“, murmelte er leise, schaute noch einmal wehmütig zur Tür – in der Hoffnung, Bou hätte es sich anders überlegt – und schlurfte lustlos ins Wohnzimmer, wo er sich auf die Couch setzte und den Fernseher einschaltete. „Und Kanon…“ Er zappte von einem Kanal zum nächsten, bis er aus reiner Langeweile an einer Talkshow hängen blieb. „Irgendwie verwirrt er mich nur noch.“ Tatsächlich wusste er nicht, wie er sich in der Gegenwart des Schwarzhaarigen verhalten sollte. Sollte er mit ihm ganz normal umgehen? So, als wäre nie etwas geschehen? Oder zurückhaltend, um ihn nicht zu verletzen, und abwarten, wie Kanon reagiert? „Dann wohl eher Letzteres…ich möchte ihm nicht wehtun.“ Aber er musste ihm früher oder später sagen, dass er wieder mit Bou zusammen sein wollte. Er wollte es ihm nicht verheimlichen. Miku hatte noch zu genau in Erinnerung, wie Bou reagiert hatte, als er ihm erst eine Woche später von seiner Beziehung zu Kanon erzählt hatte. „Den Fehler begehe ich nicht noch einmal.“ Nur…er liebte Kanon immer noch. Und auch Bou. Er wollte keinem von beiden wehtun. Miku seufzte. „Ich sollte endlich mal lernen, meine Gefühle zu verstehen…und wieso zum Henker schaffe ich es nicht, Bou zu sagen, was ich für ihn empfinde?“ Aus lauter Frust und Ärger über sich selbst schaltete er den Fernseher aus und wanderte in die Küche, um dort nach einem potenziellen Opfer für seinen Magen zu suchen. Doch schon beim ersten Blick auf die Äpfel, die er gestern auf die Arbeitsplatte neben dem Herd gelegt hatte, lief ihm das Wasser im Mund zusammen, sodass er erst gar nicht groß mit dem Suchen anfangen brauchte. Er griff nach einem dunkelroten und biss genussvoll ein Stück ab. Unwillkürlich musste er an seine und Bous Backversuche vom Vortag denken und in welch einem Chaos es geendet hatte. //Ich denke, ich sollte ihm ein wenig Nachhilfe im Backen geben…//, schoss es Miku durch den Kopf. Er grinste. Miku war innerlich stolz auf sich, dass sie beide es doch tatsächlich geschafft hatten, sich nach Langem mal wieder zusammen zu amüsieren. Auch, wenn Bous Küsse ihn immer wieder aufs Neue irritiert hatten. //Offenbar hat Bou keine Probleme damit, mich zu küssen, obwohl wir nicht mehr zusammen sind. Aber…sollte ich mir da nicht eigentlich Sorgen machen?// Miku biss unbehagen ein weiteres Stück vom Apfel ab, doch es schmeckte nicht wirklich; seufzend betrachtete er den Apfel in seiner Hand. Er wusste nur noch zu genau, in welche Tiefe der kleine Blondschopf gestürzt war, nachdem sie sich getrennt hatten. //Es hat ihn härter mitgenommen als mich…Bou versteckt seinen Schmerz und Kummer, damit ich keinen Grund zur Sorge bekomme. Aber ich kenne ihn…// Miku nahm sich vor, ihn das nächste Mal drauf anzusprechen – falls er dazu kam, bevor Bou es schaffte, im richtigen Moment geschickt das Thema zu wechseln. „Allmählich habe ich das Gefühl, er macht es extra“, murmelte Miku bedrückt. „Vielleicht will er einfach nicht wissen, was ich momentan empfinde.“ Miku warf den halb aufgegessenen Apfel im hohen Bogen in den Mülleimer, bevor er zurück ins Wohnzimmer lief. Sein Blick fiel dabei auf den kleinen Zettel auf dem Tisch, den Bou dort hingelegt hatte. Mikus Magen verkrampfte sich ein wenig, als ihm wieder einfiel, dass er noch mit Takuya reden musste. //Bou hat Recht…ich sollte noch heute zu ihm gehen und das klären. Nur…soll ich ihn anrufen oder einfach so bei ihm vorbeischauen?// Miku war ratlos. Er wusste, dass es höflicher war, vorher anzurufen. Vielleicht war er ja auch nicht zu Hause und dann brauchte er erst gar nicht hinzufahren. Andererseits hatte er Angst, dass, wenn er ihn anrief, Takuya nicht mit ihm reden wollte. Nach langem Hin und Her entschloss sich der Vocal, einfach mal zu ihm zu fahren. Er griff nach dem Zettel, steckte ihn in seine Hosentasche und wollte gerade schon in den Flur gehen, um sich Schuhe und Jacke anzuziehen, als das Telefon klingelte. Er griff nach dem Telefonhörer, der auf dem Couchtisch lag, und nahm ab. „Tsukiyama Akiharu?“ „Hey, Miku. Ich bin’s.“ Miku hielt unwillkürlich den Atem an, als er eine ihm doch sehr vertraute Stimme vernahm; sein Herz machte jedoch einen kleinen verräterischen Hüpfer. „Was ist?“, fragte Kanon nach einem kurzen Augenblick. „Sag bloß, du hast vergessen, wer ich bin“, fügte er beleidigt hinzu. „Uhmm…nein.“ Miku lächelte verlegen, was Kanon allerdings schlecht sehen konnte. „Entschuldige.“ „Wofür entschuldigst du dich jetzt?“, wollte der Schwarzhaarige irritiert wissen. „Du hast gerade so beleidigt geklungen, da dachte ich - “ „Miku. Tust du mir einen Gefallen?“ „Klar.“ „Hör auf zu denken.“ „Kanon!“, maulte Miku, der schon geahnt hatte, dass der Schwarzhaarige ihn nur ärgern wollte. „Das ist aber nicht gerade nett von dir.“ „Ich weiß“, gab Kanon entschuldigend zu, doch Miku konnte deutlich seine Schadenfreude heraushören. //Allmählich frage ich mich, wieso ausgerechnet die Menschen, die mir tausendmal sagen, dass sie mich über alles lieben, immer auf mir herumhacken müssen?//, fragte er sich stirnrunzelnd. „Warum rufst du eigentlich an?“, fragte Miku. „Also…wenn ich ehrlich bin, muss ich mit dir reden.“ Kanon zögerte. „Kannst du vorbeikommen?“ „Na ja…“ Miku überlegte, was er Kanon jetzt am Besten antworten sollte. Er musste dringend mit Takuya reden, denn jetzt hatte er den Mut, zu ihm zu gehen. Andererseits hatte Kanon ziemlich ernst und auch ein wenig niedergeschlagen geklungen. Aber was war, wenn der Schwarzhaarige nur über seine Gefühle reden wollte? Denn das konnte Miku gerade überhaupt nicht brauchen. „Ich wollte gerade zu Takuya fahren, um mich wegen meinem kleinen Wutausbruch von gestern bei ihm zu entschuldigen. Ist es in Ordnung, wenn ich danach bei dir vorbeikomme?“ Mit nervös klopfendem Herz wartete er Kanons Antwort ab, die ein wenig auf sich warten ließ. „Nein, ist schon okay“, sagte Kanon dann enttäuscht. Diese Antwort irritierte Miku. Er fragte sich, was daran falsch war, doch er traute sich nicht zu fragen. „Tut mir Leid, Kanon“, sagte er stattdessen. „Kein Problem. Ich verstehe, dass du dich bei Takuya entschuldigen willst und ich finde auch, dass das jetzt erst einmal Vorrang hat“, meinte der Schwarzhaarige. „Wir sehen uns dann morgen, hai? Wir holen dich gegen neun Uhr ab, okay?“ Miku hatte gerade schon dazu angesetzt zu fragen, was denn morgen wäre, als ihm wieder einfiel, dass sie morgen das Fernsehinterview hatten. „Okay.“ „Bis morgen.“ „Ciao…“ Eine leichte Brise empfing Miku, als er aus dem Bus stieg. Fröstelnd rieb er sich die Hände, die trotz Handschuhe eiskalt waren, und zog sich seine schwarze Mütze noch tiefer ins Gesicht, um sich vor dem beißenden Wind zu schützen. //Wird Zeit, dass es endlich wieder wärmer wird…// Miku sah sich um. Er hatte zwar schon von der Adresse, die Bou ihm aufgeschrieben hatte, ablesen können, dass Takuya nicht gerade im Zentrum der Stadt wohnte. Doch, dass er so weit abgelegen wohnte, hätte er nicht vermutet. Die Anzahl der kleinen Häuser hielt sich in Grenzen; Miku konnte sie an seinen Fingern mühelos abzählen. Sie lagen weit auseinander, doch alle waren durch schmale Wege mit der kleinen Straße verbunden, auf der Miku nun stand. Ein paar kahle Bäume standen vereinzelt auf den mit Wasserlachen übersäten Wiesen. Abgesehen von ein paar verirrten Katzen konnte er weit und breit keine Lebewesen entdecken. „Interessante Gegend“, murmelte Miku und sah noch einmal auf den Zettel, da er die Hausnummer vergessen hatte. Doch das brachte ihn auch nicht viel weiter, denn er wusste nicht, in welcher Richtung er der Straße folgen musste. Das einzige, was er wusste, war, dass er sich schon auf der richtigen Straße befand. Miku entschied, der Straße erst einmal zu folgen. Er konnte ja immer noch umdrehen, wenn er das Gefühl hatte, in die falsche Richtung zu gehen. //So bekomme ich wenigstens mal ein wenig Bewegung…//, dachte der Vocal leicht amüsiert. Allerdings brauchte er geschätzte fünf Minuten, bis er vor dem nächsten Haus stand. Miku beugte sich vor und schielte zur Haustür herüber, um die Hausnummer zu lesen. „64… Na toll!“, maulte er plötzlich auf. „Jetzt weiß ich aber immer noch nicht, ob in dieser Richtung die Hausnummern nun rauf oder runter gehen.“ Ihm blieb wohl nichts anderes übrig, als noch ein ganzes weites Stück weiterzugehen, bis er das nächste, halb verfallene Haus erreicht hatte. //Irgendwie sieht hier alles ein wenig heruntergekommen aus…ob Bou mir wirklich die richtige Adresse gegeben hat?// Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass Takuya in so einer Gegend wohnte. Plötzlich überkamen ihm Zweifel. Was, wenn es Takuya unangenehm war, dass er – Miku, ein berühmter Sänger und Mitglied bei AnCafé – bei ihm zu Hause auftauchte, noch dazu ohne Vorwarnung. Aber andererseits wollte Miku nicht umdrehen, wo er doch so kurz vor seinem Ziel war. Erleichtert atmete er auf, als er am nächsten Haus die Nummer 74 ablas. Die Tatsache, dass er in die richtige Richtung gelaufen war, spornte ihn an und er legte ein wenig zu, in der Hoffnung, bald im Warmen zu sitzen. „Bou hätte mir aber ruhig sagen können, dass ich weit laufen muss“, sagte Miku mit zitternder Stimme. Er konnte seinen Atem in Form einer kleinen, kaum erkennbaren Wolke sehen. „Das nächste Mal nehme ich eindeutig das Taxi. Aber wenigstens frieren mir gerade nicht die Füße ab.“ Keine zehn Minuten später stand er vor der gesuchten Hausnummer und all seine Hoffnung, Takuya würde in einem schöneren Haus leben, als die, die er bisher gesehen hatte, war wie weggeblasen. Mit schlechtem Gewissen und der leisen Vorahnung, dass Takuya sein plötzliches Auftauchen nicht billigen würde, ging er langsam den schmalen Kiesweg zur Haustür, neben der auf einem vergilbten Holzschild Takuyas Nachname stand. //Am liebsten würde ich wieder gehen und ihn anrufen, aber ich möchte mich nicht am Telefon bei ihm entschuldigen//, ging es Miku durch den Kopf, während er missmutig den kleinen Klingelknopf anstarrte. //Apropos, Entschuldigung. Was sage ich ihm eigentlich? Ach, mir wird schon was einfallen…// Miku holte noch einmal tief Luft, bevor er die Klingel betätigte und ein schriller Ton ertönte. Vor Schreck zuckte er leicht zusammen. Er musste nicht lange warten, bis ihm von einer hageren Frau mittleren Alters die Tür geöffnet wurde. Miku fand, dass sie ziemlich müde und schlapp wirkte. „Ja, bitte?“ Ein wenig irritiert blickte sie den fremden Jüngling an, der keinen halben Meter vor ihr stand. „Uhm…ich wollte zu Takuya“, sagte Miku und lächelte sie freundlich an. Insgeheim fragte er sich, wie oft jemand hier zu Besuch kam. „Oh.“ Ihr Gesicht erhellte sich ein wenig, als sie den Namen ihres Sohnes vernahm. „Takuya ist doch da, oder?“, fragte der Vocal behutsam nach, als die Frau immer noch keine Anstalten machte, ihn reinzulassen. „Ja, er ist oben in seinem Zimmer“, antwortete sie. Dann sah sie ihn musternd an. „Ihr Gesicht kommt mir irgendwie bekannt vor. Haben wir uns schon mal gesehen?“ Da fiel Miku ein, dass er ganz vergessen hatte, sich vorzustellen. „Tut mir Leid. Ich bin Tsukiyama Akiharu und habe Takuya über einen gemeinsamen Freund kennengelernt.“ Er verbeugte sich kurz vor ihr. „Und ich bin das erste Mal hier zu Besuch.“ Die Sache mit der Band verschwieg er lieber. Einen Augenblick lang schwieg die Frau, musterte ihn weiter eingehend. Dann trat sie einen Schritt zurück. „Ich zeige Ihnen, wo sein Zimmer ist. Kommen Sie.“ Das ließ Miku sich nicht zweimal sagen. Dankbar trat er an ihr vorbei und trat in den engen Flur, in dem kaum Platz für drei Leute war. Miku konnte zwei geschlossene Türen und eine steile Treppe, die in den nächsten Stock führte, entdecken. Schnell zog er sich die Schuhe aus und legte seine Jacke und die schwarze Mütze mit dem großen Bommel auf eine kleine Kommode neben der Treppe, die den ohnehin schon kleinen Flur zusätzlich verengte. Dann folgte er Takuyas Mutter nach oben. Seine Nervosität stieg bei jedem Schritt; umdrehen konnte er jetzt nicht mehr. Allerdings musste er unwillkürlich lächeln, als er die klimpernden und unsortierten Töne einer Gitarre hörte, die aus einem Zimmer am Ende des Flures kamen. Sachte klopfte die hagere Frau an die Tür. „Takuya, du hast Besuch“, sagte sie und ohne eine Antwort ihres Sohnes abzuwarten, machte sie kehrt und lief an Miku vorbei nach unten – jedoch nicht, ohne ihm vorher noch ein leichtes Lächeln zu schenken. Miku bedankte sich mit einem knappen Kopfnicken bei ihr und wandte sich dann der Tür zu, an die sie gerade geklopft hatte. Einen Moment lang blieb er bewegungslos stehen, lauschte dem Gitarrenspiel, das jetzt flüssiger und schneller ertönte. Ein Lächeln huschte auf Mikus schmale Lippen, als er Koukai erkannte. //Ihm ist es also wirklich ernst…// Er wartete nicht länger und klopfte, doch ihm wurde nicht geöffnet noch hörte er irgendeinen Laut außer der Gitarre. Miku zögerte kurz, bevor er langsam die Türklinke herunterdrückte und die Tür so weit öffnete, bis er mit dem Kopf durchpasste. Das erste, was er sah, waren Poster. Es waren Unmengen an Postern, die die graue und hässliche Tapete dahinter offenbar verdecken sollten. Auf vielen erkannte Miku sich selbst und seine drei Bandkollegen wieder, auf den anderen waren andere japanische Bands abgebildet. Auf dem Schreibtisch, der unter dem kleinen Fenster stand, lagen lose Blätter, auf denen irgendetwas gemalt worden war; doch Miku konnte nicht sehen, was. Takuya selbst entdeckte er erst einen Bruchteil einer Sekunde danach. Er hockte im Schneidersitz auf dem Bett, die rote E-Gitarre auf seinem Schoß. Den Blick hatte er konzentriert auf ein paar Zettel geworfen, die er vor sich ausgebreitet hatte. Doch als er aus den Augenwinkeln eine Bewegung vernommen hatte, hatte er aufgesehen und sein Spiel abrupt beendet. Nun sah er Miku mit einer Mischung aus Überraschen und Nervosität an. „Was…was machst du hier?“, fragte er atemlos, nachdem er seine Sprache wiedergefunden hatte. Verlegen lächelnd trat Miku ein und schloss die Tür hinter sich. „Tut mir Leid, dass ich ohne Vorankündigung vorbeigekommen bin“, sagte er. Er spürte Takuyas Blick auf sich ruhen. „Uhm…“ Er blickte auf die Gitarre in seinem Schoß. Miku urteilte nach ihrem glänzenden Äußeren, dass sie entweder wenige Tage alt war, oder aber sehr gut gepflegt wurde. „Wenn ich dich störe, dann komme ich ein anderes Mal vorbei. Ich weiß, dass es unhöflich war und möchte keinen Ärger machen. Tut mir Leid.“ „Du hast dich schon entschuldigt“, murmelte Takuya, der seinen Blick gedankenverloren auf den Hals seiner Gitarre gerichtet hatte. „Stimmt…“ Miku schluckte. Er wusste, dass er, seine Entschuldigung vergessen konnte, wenn das Gespräch weiter so stockend verlief. Um sich selbst und auch die Spannung ein wenig zu lockern, die leise knisternd zwischen ihnen lag, trat er ein paar Schritte näher ans Bett und betrachtete die vielen Poster von nahem. „Wow, du bist wirklich ein Fan von uns“, bemerkte Miku nach einem schweigsamen Augenblick. „Mann, es ist immer wieder ein seltsames Gefühl, sich selbst an der Wand hängen zu sehen. Aber das wirst du bald selbst erfahren können.“ Er wandte seinen Kopf nach rechts und lächelte Takuya freundlich an, doch sein Lächeln erstarb gleich wieder, als er dessen bedrückten Blick sah. „Oder etwa nicht?“, fügte er ein wenig irritiert hinzu. Takuya öffnete den Mund, um etwas zu antworten, schloss ihn dann aber sofort wieder. Sein dunkles Augenpaar huschte in seinem Zimmer unruhig hin und her, mied aber den Vocal, welcher kaum hörbar aufseufzte. „Uhm…kann ich mal mit dir reden?“, fragte er vorsichtig, da er den Grund für Takuyas Verhalten zu kennen glaubte. „Klar.“ Takuya nickte, legte die Gitarre vorsichtig beiseite und rutschte ein wenig zur Seite. Dankbar nahm Miku den ihm angebotenen Platz in Anspruch und setzte sich neben ihn aufs Bett. Sein Magen krampfte sich unwillkürlich zusammen, als ihm bewusst wurde, wie sehr er Takuya verletzt haben musste, da er kaum ein Wort mit ihm sprach und ihn peinlichst zu ignorieren versuchte. //Aber er hat mich nicht rausgeschmissen//, bemerkte Miku, worüber er sehr froh war. „Takuya, es tut mir Leid. Ich weiß, dass das, was ich zu dir gesagt habe, ziemlich bescheuert von mir war.“, sagte er zögernd. „Ich wollte dich nicht beleidigen und verletzen, das musst du mir bitte glauben. Es ist mir einfach rausgerutscht. Mir ist selbst nicht klar, warum ich gestern die Beherrschung über mich verloren habe, aber ich wünschte, ich könnte es wieder rückgängig machen. Ich mag dich. Es tut mir wirklich Leid.“ Er machte eine Pause, in der Hoffnung, Takuya würde etwas sagen; doch dieser hielt den Blick nachdenklich gesenkt und schwieg. //Habe ich ihn etwa stärker verärgert als angenommen?//, schoss es Miku geschockt durch den Kopf. „Takuya, ich…“, begann er mit verzweifelter Stimme zu sagen, stockte dann aber, als Takuya sich plötzlich erhob und zum Fenster ging, um dort in die farblose Landschaft zu sehen. „Jetzt willst du mich aber bestimmt nicht mehr in der Band haben“, sagte Takuya mit schwerer Stimme. Miku, der noch immer auf dem Bett saß, blickte stirnrunzelnd zu ihm rüber. „Wäre ich dann hergekommen und hätte mich entschuldigt?“ Als keine Antwort kam, erhob er sich und lehnte sich neben dem Fenster an die Wand, sodass er Takuya von der Seite her ansehen konnte. „Takuya“, sagte er. „Ich meine es wirklich ernst. Es tut mir Leid, dass ich dich verletzt habe und es wird nie wieder vorkommen, dass ich so etwas zu dir sage - das verspreche ich dir. Und warum solltest du nicht Bous Platz einnehmen? Du hast dich doch so darauf gefreut und jetzt willst du nicht mehr? Habe ich dich so sehr verschreckt?“ In die letzte Frage hatte er all seinen Schmerz und seine Wut über sich selbst gesteckt; verzweifelt sah er Takuya an. Dieser warf ihm einen flüchtigen Blick zu. „Nein, das ist es nicht“, meinte er leise. Er zögerte kurz, bevor er weitersprach: „Ihr – Kanon, Teruki, du…ihr seid alle erfolgreich und berühmt. Wenn ihr über die Straße rennt, werdet ihr von jedem erkannt und von Fans verfolgt. Und selbst wenn es AnCafé nicht gäbe, hättet ihr alle Blicke der Frauen und Mädchen auf euch gezogen und - “ „Worauf willst du hinaus?“, unterbrach Miku ihn, der das nicht länger hören wollte. Er wusste dies alles bereits selbst und er verheimlichte es vor den anderen, dass es ihm nicht immer gefiel, ständig auf der Straße von fremden Leuten angesprochen zu werden. Selbst, wenn er nur in den Supermarkt bei ihm um die Ecke ging, wurde er mindestens um ein Foto gebeten. „Du wirst genau so erfolgreich sein wie wir“, fuhr Miku fort. „Und wehe, du sagst jetzt, dass du dich in unserer Gegenwart unwohl fühlst, weil wir alle deiner Meinung nach so gutaussehend sind.“ Takuya wich instinktiv ein Schritt zurück, als er dessen warnenden Blick sah, und schüttelte dann schnell den Kopf. „Nein, ich mag euch doch.“ „Aber warum willst du dann nicht mehr mitmachen?“, hakte Miku nach, der sich innerlich bereits so sehr auf Takuya als nächsten Gitarristen vorbereitet hatte, dass er jetzt um ihn kämpfen wollte. Diese Tatsache überraschte ihn, wo er sich am Anfang doch noch dagegen gesträubt hatte. „Na ja…“ Takuya zögerte und sah Miku halb verängstigt an. „Ihr seid alle wirklich klasse. Erfolgreich, vermögend, beliebt und so voller positiver Energie, dass es schon fast beängstigend ist. Und ich? Ich spiele doch in einer ganz anderen Liga!“ „Sag das ja nicht!“ Miku sah den Dunkelhaarigen entgeistert an. „Warum…?“ „Warum?“ Takuya blickte ihn verzweifelt an. „Hast du dich schon mal umgeguckt? Jahrelang haben wir schon große Geldprobleme, seit meine Mutter ihre Arbeitsstelle verloren hat.“ Miku konnte nicht anders, als ihm verstärkend eine Hand auf die Schulter zu legen. Er konnte verstehen, dass ihm der offensichtliche Geldmangel seiner Familie peinlich war. „Takuya“, sagte er und sah ihn eindringlich an. „Es ist nicht wichtig, ob deine Familie vermögend ist oder nicht. Außerdem haben wir alle nicht so viel Geld, wie du es dir vielleicht vorstellst. Zugegeben, es ist schon so einiges, was wir verdienen. Aber deshalb behandeln wir doch keinen schlecht, der kaum Geld hat. Wozu denn auch? Geld ist nicht das Wichtigste und du hast richtig Talent. Wenn du bei AnCafé mitmachst, bekommst du genug Geld, um deine Familie zu unterstützen.“ Er schenkte Takuya ein warmes Lächeln, der ihn ein wenig verwundert anblickte. „Aber…wollen die Fans nicht wissen, woher ich komme und - “ „Es werden so einige Interviews auf uns – und ganz speziell auf dich – zukommen“, meinte Miku. „Aber du brauchst auf keine Fragen zu antworten, zu denen du auch nichts sagen wirst.“ Das schien Takuya zu beruhigen, denn er lächelte. „Danke, Miku. Ich werde bei AnCafé mitmachen – das heißt, falls du mich auch wirklich akzeptierst.“ Miku stöhnte laut auf. „Takuya!“, sagte er. „Ich habe mich doch schon dafür entschuldigt und - “ „ Darf ich dich mal was fragen?“, wurde er plötzlich vom Dunkelhaarigen unterbrochen. „Klar.“ „Warum möchte Bou eigentlich austreten?“ Miku schluckte unbehagen. Er hatte schon geahnt, dass Takuya eines Tages danach fragen würde; doch er hatte keinen blassen Schimmer, was er ihm nun erzählen sollte. Einerseits wollte er nicht, dass Takuya die ganze wahre Geschichte erfuhr. Miku war es schon immer unangenehm gewesen, über seine Vorliebe zum männlichen Geschlecht zu reden – außer, wenn er diejenigen schon sehr lange kannte und ihnen vertraute. Und Takuya kannte er erst seit ein paar Tagen. Andererseits wollte er ihn auch nicht anlügen. „Uhm…“ Er zögerte kurz. „Also…tut mir Leid, aber ich kann es dir nicht ohne Bous Einverständnis sagen. Wenn er es dir erzählen möchte, dann soll er es tun. Ich kann dir nur so viel sagen, dass wir so einige Probleme zu bewältigen hatten, seit wir zur Europa-Tournee aufgebrochen sind.“ „Probleme?“, wiederholte Takuya und blickte Miku ein wenig verwundert an. „Hast du dich etwa mit ihm gestritten?“ Miku wich seinem Blick aus, indem er gedankenverloren aus dem Fenster blickte und sich selbst Beileid aussprach. Denn offenbar hatte Takuya genau so eine scharfe Beobachtungsgabe wie Teruki. //Das kann dann ja echt lustig werden…// Miku lächelte gequält. Er wollte gerade schon antworten, als der Jüngere neben ihm dazwischen kam. „Tut mir Leid“, meinte dieser. „Ich hätte nicht nachfragen sollen.“ Miku blickte ihn an und fuhr ihm lächelnd durchs Haar. Takuya war davon so geschockt, dass er stocksteif stehen blieb und den Vocal mit großen Augen verwundert anblickte. Als Miku dann seine Hand sinken ließ, tastete er mit beiden Händen über seinen Kopf, um all seine Haare wieder an ihren Platz zu bringen. Miku konnte nicht anders, als zu lachen. „Was ist daran jetzt so komisch?“, fragte Takuya irritiert. „Och…eigentlich nichts“, grinste der Vocal ihn frech an. Denn er wollte ihm auf keinen Fall sagen, dass er es liebte, durch die Haare anderer Leute zu wuscheln, und er sein nächstes Hauptopfer neben Bou war. Er hatte erwartet, dass Takuya nun irgendetwas zurück konterte, doch dieser schwieg und blickte verträumt lächelnd auf die Plakate an seiner Wand. //Er wird bei den Cafekkos gut ankommen, denke ich…//, dachte Miku und betrachtete ihn nachdenklich. Allerdings kam zeitgleich auch wieder die Angst auf, dass Bous Austritt - der Austritt des süßen, kleinen und talentierten Gitarristen – von den Fans nicht akzeptiert wurde. Schnell schüttelte er den Kopf, um dieses beklommene Gefühl wieder loszuwerden. //Das wird schon nicht passieren…//, versuchte er sich selbst zu beruhigen. „Uhm…Miku?“ Miku zuckte leicht zusammen, als er von Takuya zaghaft angesprochen wurde. Fragend blickte er den Dunkelhaarigen an. „Ich würde dir gerne etwas zeigen und eine ehrliche Meinung dazu hören“, sagte er ein wenig schüchtern. Und auf Mikus zustimmendes Nicken hin ging er um ihn herum zum Schreibtisch, auf denen Miku die vielen bekritzelten Papiere gefunden hatte. Gerade hatte er sie nur nicht lesen können, doch jetzt, nachdem er sich umgewandt hatte, erkannte er, dass es Noten und Gitarrentaps waren. Verwundert über die Erkenntnis, dass Takuya offenbar bereits an eigenen Songs werkelte, nahm er einen der oberen Zettel in die Hand und warf einen prüfenden Blick drauf. Nach einem Augenblick des Schweigens, in dem Miku ausdruckslos auf den Zettel gestarrt hatte, während er von Takuya mit angehaltenem Atem erwartungsvoll beobachtet wurde, meinte Miku: „Ich kann mir die Melodie so in etwa vorstellen, aber ich kann dir erst sagen, wie ich es finde, wenn ich es auch gehört habe.“ Lächelnd hielt er Takuya den Zettel mit den Noten hin. „Falls du nichts dagegen hast natürlich“, fügte er noch schnell hinzu, nachdem er Takuyas verpeiltes Gesicht gesehen hatte. „D-doch…“ Schnell griff er nach dem Zettel, setzte sich aufs Bett und griff nach seiner Gitarre. Während er spielte, ließ Miku den Blick über die anderen Zettel schweifen und es erstaunte ihn, dass Takuya schon an einigen eigenen Songs arbeitete, ohne in einer Band zu sein. Er wusste aus Erfahrung, dass die meisten Entwürfe nicht gut genug waren, um an die Öffentlichkeit zu gelangen. //Mit ein bisschen Arbeit haben wir vielleicht schon gute Ansätze für unsere ersten Songs…// Miku warf ihm ein leichtes Lächeln zu und wollte gerade sagen, wie toll er den Song fand, als es an der Tür klopfte und keine Sekunde später auch schon Takuyas Mutter zu ihnen hereinspähte. Takuyas Gitarrenspiel endete abrupt und blickte erschrocken zu ihr rüber. „Entschuldigt bitte, aber ich wollte nur Bescheid sagen, dass der nächste und letzte Bus für heute bald vorbeifährt“, meinte sie und blickte Miku an. „Sie sind doch mit dem Bus gekommen, oder?“ Miku nickte und warf einen Blick auf seine Uhr. „Ja, ich denke, ich sollte jetzt wirklich gehen.“ Die Tatsache, dass er ein klitzekleines Problem hatte, wenn er den nächsten Bus verpasste – und das konnte er gut -, sorgte für eine gewisse Nervosität. Takuya sprang vom Bett auf. „Ich bringe dich bis zur Bushaltestelle“, sagte er und ehe Miku etwas erwidern konnte, war er an ihm vorbeigerannt und Miku konnte ihn die Treppe herunterpoltern hören. Miku warf noch einen letzten Blick auf den Schreibtisch, bevor er ihm hinterher eilte. Unten angekommen schlüpfte er in seine Schuhe, zog sich die warme Jacke über und setzte die schwarze Mütze mit dem großen Bommel auf. Kaum war er fertig, kam auch schon Takuya, der sich bereits angezogen hatte. Er stockte kurz, als er Miku entdeckte. Dann grinste er. „Schicke Mütze.“ „Danke“, grinste dieser zurück und gemeinsam machten sie sich auf den Weg zur Bushaltestelle. Es wurde bereits dunkel, oder es kam nur durch die dunklen Wolken am Himmel, die der Sonne die Sicht versperrten. Doch regnen oder gar schneien tat es nicht. „Takuya. Das, was du gerade gespielt hast, das war toll“, meinte Miku, der bisher keine Gelegenheit gehabt hatte, es ihm zu sagen. „Wenn du damit einverstanden bist, werden wir einige Teile in unsere ersten neuen Songs einbauen.“ „Echt?“ Takuya sah ihn an, als wäre er Weihnachtsmann und Osterhase zugleich. Und als Miku dann auch noch grinsend nickte, fing er an, ausgelassen neben ihm her zu hüpfen und wie ein Honigkuchenpferd über beide Ohren zu strahlen. Fröstelnd vergrub Miku die Hände in seinen dick gepolsterten Taschen, nachdem er seine Mütze ein wenig tiefer ins Gesicht gezogen hatte, um sich vor dem beißenden Wind zu schützen. Takuya schien die Kälte nichts auszumachen, obwohl er nur eine normale Jacke trug. //Er steckt voller Überraschungen…// „Takuya. Weiß deine Mutter eigentlich, dass du bei uns mitmachen möchtest?“, fragte Miku, um das Schweigen zu brechen, das seit dem Verlassen des warmen Hauses zwischen ihnen geherrscht hatte. Er warf dem Jüngeren neben sich einen Blick zu und stellte fest, dass dieser nicht mehr ganz so fröhlich dreinblickte. „Nein“, sagte Takuya bedrückt. „Es war ja noch nicht sicher, dass ich bei euch mitmachen kann und wollte sie nicht enttäuschen. Aber ich denke, ich werde es ihr in den nächsten Tagen sagen.“ „Sie wird sich bestimmt freuen“, meinte Miku, der sich noch zu gut an die Reaktion seiner Eltern erinnern konnte, als sie erfahren hatten, was für einen großen Erfolg er als Sänger hatte. Die Tatsache, dass er bei ihnen nun nicht mehr gern gesehen war, versuchte er mehr oder weniger erfolgreich zu verdrängen. Denn jetzt hatte er erst einmal genug mit der Band zu tun. Sie hatten die Bushaltestelle erreicht. „Komisch“, murmelte Miku leise und sah den Weg zurück, den sie gekommen waren. „Auf dem Hinweg ist es mir viel länger vorgekommen.“ Takuya lachte. „Das geht den meisten so. Vielleicht liegt es ja daran, dass unser Haus höher liegt als die Bushaltestelle hier, und man daher bergauf geht.“ Miku nickte zustimmend, obwohl er kaum einen Höhenunterschied gemerkt hatte. Dann grinste er. „Wow, ich schaffe es doch tatsächlich mal, den Bus zu bekommen, ohne hinter ihm her rennen zu müssen.“ „Sag bloß, du verpasst immer den Bus.“ Takuya sah ihn schief an. Da er von Miku bisher nur seine guten Seiten kannte – abgesehen von seinem Wutausbruch ihm gegenüber – kam dies doch ein wenig verwundernd. „Na ja…“ Miku lächelte verlegen. „Also, verpasst habe ich bisher kaum. Nur…“ „Fast“, vollendete Takuya den Satz für ihn und sie mussten beide lachen. Kapitel 33: Unerwartetes Wiedersehen und traurige Nachrichten ------------------------------------------------------------- o( ≧∀≦)o so hier kommt das nächste kapitel! ^0^ ich hoffe nur dass es euch gefallen wird denn es ist ein wenig anders als die anderen ^^' danke an alle lieben kommi-schreiber für eure tatkräftige unterstützung an meine beta-leserin bou und an chi, kao und bou die den jday zu einem unvergesslichen erlebnis gemacht haben *+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+* Kapitel 33. Unerwartetes Wiedersehen und traurige Nachrichten Am nächsten Tag erwachte Miku durch das sanfte Kitzeln der Sonnenstrahlen auf seinem Gesicht. Murrend zog er die Decke über den Kopf, denn er hatte überhaupt keine Lust aufzustehen. Viel lieber wollte er wieder einschlafen und weiterträumen. Zudem ließ er sich von der Sonne nicht überlisten, die ihm offensichtlich weismachen wollte, dass draußen eine angenehme Temperatur herrschte. //Immerhin haben wir Anfang April…// Der eigentliche Grund war jedoch, dass sie heute das Fernseh-Interview hatten, indem Bous Austritt bekannt gegeben werden musste. Miku hatte bis jetzt die Hoffnung nicht aufgegeben, der Blondschopf würde es sich vielleicht doch noch anders überlegen. Sein Magen krampfte sich zusammen und er hatte das Gefühl, sich gleich übergeben zu müssen. Er erinnerte sich an seine erste Begegnung mit Bou. Damals, er war gerade vier Jahre alt geworden, ist seine Familie nach Hokkaido gezogen und er, Tsukiyama Akiharu, hatte vor dem ersten Tag in seinem neuen Kindergarten Angst, nicht akzeptiert zu werden. Mutterseelen allein und verschüchtert hatte er dort in einer Ecke gestanden, bis ein kleiner, dünner Junge auf ihn zugekommen war, in der Hand ein rotes Ferrari-Auto. Unwillkürlich musste Miku lächeln. //Bou hat damals schon so unglaublich niedlich ausgesehen…// Seufzend schlug er die Bettdecke zurück, rieb sich den restlichen Schlaf aus den Augen und erhob sich gähnend, um sich anzuziehen. Anschließend ging er ins Bad, um sich zu waschen und ein wenig zu stylen, damit er gleich im Studio nicht so lange brauchte. //Wow…es ist das erste Mal, dass ich überhaupt keine Lust auf ein Interview habe//, dachte er wehmütig, während er lustlos an einer seiner Strähnen zupfte. //Ich wünschte, ich könnte die Zeit anhalten…oder Kanon, Teruki und Bou vergessen hoffentlich, mich abzuholen…oder ich sage, ich wäre krank…// Doch er wusste selbst, dass kein Weg um das Interview führte und er Bou nicht verletzen wollte, indem er sich irgendwelche Ausflüchte ausdachte. Eine Viertelstunde später klingelte es und Miku schnappte sich seine Sachen, schlüpfte in seine Schuhe und hatte die Tür gerade geöffnet, als etwas Blondes ihm stürmisch um den Hals fiel, sodass Miku einige Schritte zurücktaumelte. „H-hi, Bou“, begrüßte er ihn ächzend, während er die Umarmung sanft erwiderte. „Ohayou, Miku-chan“, quietschte dieser und knuddelte ihn weiter. Miku runzelte ein wenig irritiert die Stirn, denn er hatte angenommen, dass Bou heute alles andere als schlecht gelaunt war. Schließlich musste er heute seinen Austritt bekannt geben und einen Grund nennen. Doch stören tat es ihn nicht, im Gegenteil. Er freute sich, dass Bou trotz allem fröhlich war und keine Schwäche zeigte. Und er nahm sich fest vor, ebenfalls nyappy zu wirken. „Ich hoffe doch, dass du mit Takuya geredet hast“, flüsterte er ihm leise ins Ohr. Miku lächelte ihn beruhigend an. „Ja, habe ich. Und es ist alles in bester Ordnung.“ „Das freut mich für dich. Siehst du? Er ist doch ganz nett. Ihr werdet bestimmt noch beste Freunde und - “ Bou quiekte erschrocken auf, als er von jemandem weggezogen wurde und Miku erleichtert aufatmen konnte. Wütend darüber, dass er von seinem geliebten Vocal so brutal getrennt wurde, funkelte er den Schwarzhaarigen an, der ihn vorsichtshalber noch immer festhielt. „Du bist fies!“, maulte Bou auf. „Du hast kein Recht, mich von Miku zu trennen und so weit ich weiß, seid ihr auch nicht wieder zusammen. Also habe ich das gleiche Recht wie du, Miku zu umarmen.“ „Stimmt.“ Kanon schmunzelte ein wenig und schielte zum Vocal rüber, der verdattert hinter dem Blonden stand. „Aber es würde mich schon stören, wenn du ihn so sehr knuddelst, dass er keine Luft mehr bekommt.“ „Ich habe Miku noch nie auch nur ein Haar gekrümmt“, verteidigte sich Bou beleidigend und versuchte, sich von Kanon loszureißen, worauf dieser ihn losließ. „Bei dir mag das ja vielleicht anders sein.“ „Bitte?“, stieß Kanon atemlos hervor. „Wie kommst du denn jetzt darauf? Falls es dir entfallen sollte, liebe ich ihn.“ „Ach ja?“ Bou funkelte ihn besserwisserisch an. „Miku hat mir ja so einiges von dir erzählt, was meine Vermutungen nur bestätigt haben. Ich habe ihn gewarnt, aber er wollte ja nicht hören.“ „Jetzt reicht es aber!“, rief Miku entsetzt dazwischen, der bisher teilnahmslos zugehört hatte. Er trat zwischen die beiden Streithälse. „Ihr benehmt euch ja wie Kleinkinder! Ihr habt euch doch in letzter Zeit so gut verstanden, was soll das denn jetzt wieder? Wenn ihr mich wirklich liebt, dann tut mir einen Gefallen und vertragt euch endlich! Aber das ist offenbar zuviel verlangt. Und wenn ihr euch unbedingt wegen mir streiten müsst, dann bitte, wenn ich nicht dabei bin! Ausgerechnet heute hätte ich gerne, dass ihr euch vertragt! Bis eben dachte ich, meine Laune könnte nicht tiefer sinken, aber da habe ich mich wohl sichtlich getäuscht. So, und jetzt lasst uns endlich gehen!“ Und ohne die beiden auch nur eines Blickes weiter zu würdigen, lief er an ihnen vorbei und die Treppe herunter. Innerlich kochte er vor Wut. Gerade die ewigen Streitereien der beiden hatten doch dafür gesorgt, dass Bou sich zu dem Austritt entschlossen hatte. Wieso nur konnten sie nicht aufhören? Vor dem Wohnhaus wartete bereits der rote Tourbus, mit dem sie ins Studio fahren würden. Miku riss die Schiebetür auf und ließ sich auf einen der Plätze in der hinteren Sitzreihe fallen. Teruki, der genau vor ihm saß, drehte sich zu ihm um. „Hi, Miku“, begrüßte er ihn und sah ihn dann fragend an. „Wo sind die anderen zwei?“ Miku erwiderte den Gruß und blickte düster zur Haustür, die er angelehnt hatte. „Wenn sie sich noch nicht zerfleischt haben, müssten sie eigentlich jede Sekunde kommen.“ Teruki stutzte. „Sag bloß, sie haben sich wieder gestritten?“ „Wie kommst du nur darauf?“, entfuhr es Miku entnervt. „Sie sind sich mal wieder nicht einig, wer von ihnen beiden mich am ehesten verdient hätte.“ Der Drummer warf einen kurzen Blick zum Haus und sah den Vocal dann musternd an. „Wenn ich dir einen Rat geben dürfte, dann entscheide dich endlich für einen. Dann haben Kanon und Bou wenigstens Klarheit über deine Gefühle und vielleicht werden sie aufhören, sich zu streiten.“ Miku wich seinem Blick aus, indem er gedankenverloren aus dem Fenster blickte, und schwieg. Er wusste selbst, dass eine Entscheidung für die beiden am Besten wäre, anstatt sie über seine wahren Gefühle im Unklaren zu lassen. Nur wie sollte er sich für einen der beiden entscheiden, ohne den anderen dabei zu verletzen? Er stutzte, als er sich plötzlich daran erinnerte, dass Kanon gestern noch mit ihm über etwas reden wollte, und nahm sich vor, ihn bei der nächsten Gelegenheit darauf anzusprechen. Miku sah, wie Kanon und Bou aus dem Haus kamen und nun auf das Auto zustürmten, das der Schwarzhaarige als erstes erreichte und sich hinten neben Miku auf den Sitz fallen ließ. Er warf Bou einen triumphierenden Blick zu, dem nichts anderes übrig blieb, als sich vor Miku und neben Teruki zu setzen. Grummelnd verschränkte er die Arme und wich trotzig allen Augenpaaren aus, die auf ihm ruhten. Miku unterdrückte einen entnervten Seufzer. //Das kann ja noch heiter werden…//, dachte er düster und schloss die Augen. Er versuchte, noch ein wenig Schlaf zu finden und Terukis Stimme zu ignorieren, der seine drei Bandkollegen wegen ihres „kindischen und lächerlichen“ Verhaltens mal wieder tadelte. „Könnt ihr denn nicht wenigstens heute vertragen?“, entfuhr es ihm und funkelte abwechselnd zu Kanon und Bou. „Es wird uns auch so viel Kraft kosten, das Interview zu überstehen, ohne eure Streitereien ertragen zu müssen. Oder habt ihr etwa vergessen, dass wir heute den Austritt des wohl beliebtesten Mitglieds AnCafès bekanntgeben müssen?“ „Natürlich haben wir das nicht“, maulte Bou auf und blickte zu Teruki. „Wie denn auch? Und nein, es fällt mir nicht leicht, den Cafekkos heute eine schlechte Nachricht mitteilen zu müssen.“ „Das habe ich ja auch nicht behauptet“, bemerkte dieser knapp. „Aber es sah ganz so aus. Und selbst wenn du dich schon damit abgefunden hast, wir drei haben es noch nicht. Vor allem dein kleiner Liebling.“ Er deutete mit einem Kopfnicken zum dösenden Miku, der sich nicht regte. „Also. Benehmt euch gefälligst! Ihr ward in den letzten Tagen so friedlich zueinander, warum jetzt auf einmal nicht mehr?“ „Ach, Teruki.“ Bou stöhnte auf. „Tu mir bitte einen Gefallen und sei still, ja?“ Das alles hatte Miku nur am Rand mitgenommen und war heilfroh, dass Teruki wohl glaubte, er würde tief und fest schlafen. Denn wenn nicht, hätte er sich bestimmt auch noch eine Standpauke anhören müssen. Das Studio, in dem sie die Aufnahmen hatten, lag mitten im Zentrum Tokios. Zahlreiche Gebäude befanden sich auf dem Gelände und trotz des leichten Nieselregens, der kurz nach ihrer Abreise eingesetzt hatte, waren viele Menschen von Gebäude zu Gebäude unterwegs. Miku, der von Kanon vorsichtig geweckt worden war, blickte aus dem Fenster nach oben zu dem großen Logo des Studios, das auf den Fahnen abgebildet war, die die lange Einfahrt zum Hauptgebäude säumten. Der leichte Wind und die kleinen Regentropfen gaben ihnen etwas leicht imposantes, fand Miku, der ihre schlangenhaften Bewegungen schon fast hypnotisiert verfolgte. Dass er dabei von einem recht amüsierten Bassisten beobachtet wurde, bemerkte er nicht. „Weiß eigentlich irgendwer, wo wir hier genau hinmüssen?“, unterbrach der kleine Blondschopf die Stille, die seit Terukis Ermahnung im Auto geherrscht hatte, und blickte den Drummer fragend an. Dieser runzelte merklich die Stirn. „Kann das sein, dass ich mit irgendwer gemeint bin?“, gab dieser zurück. „Na, du bist doch hier der Leader. Oder etwa nicht?“ Das Auto bog nach rechts auf eine etwas kleinere Straße ab, die an einem großen Parkplatz endete, nicht unweit vom Hauptgebäude entfernt. Kaum hatten sie angehalten, hüpfte Miku auch schon über die anderen hinweg, öffnete die Tür und sprang nach draußen, wo er sich ausgiebig streckte. Da er fast die ganze Fahrt lange geschlafen hatte, fühlte er sich munter und gut gelaunt – was allerdings nur daran lang, dass er den Grund für ihren Besuch im Studio erfolgreich verdrängte. Miku quiekte erschrocken auf, als jemand ihn von hinten umarmte und den Kopf auf seine Schulter legte. „Was meinst du“, sagte Bou leise. Seine Stimme kitzelte angenehm in Mikus Ohr, dessen Herz einen kleinen Hüpfer machte. „Wird Teruki es schaffen, uns ohne große Verluste zum Drehort zu bringen, oder werden wir uns verlaufen?“ Obwohl es regnete und ein eisiger Wind wehte, war Miku nicht gerade kalt. Er blickte zum großen Hauptgebäude und kicherte. „Ich wette, er schafft es nicht.“ „Da könntest du sogar ausnahmsweise mal Recht haben.“ „Hey, was heißt hier ausnahmsweise?“, gab der Vocal erschrocken zurück und funkelte den Blonden beleidigt an. „Tja…“ Frech grinsend stupste Bou mit seinem Finger auf die süße Nase des Vocals. „Du kannst eben nicht immer Recht haben. Außerdem kann ich das wohl besser beurteilen, als du selbst.“ Miku blickte ihn verdutzt an. „Du meinst also, dass du mich besser kennst, als ich mich selbst?“ „Klar“, meinte Bou. „Ich weiß, dass du lieber Süßes magst als Salziges und immer die Augen schließt, wenn du etwas trinkst. Alkohol verträgst du überhaupt nicht und wenn du doch zuviel zu dir nimmst – was leider sehr oft der Fall ist -, dann heulst du und jammerst uns die Ohren voll, wie schlecht die Welt doch sei. Und wenn du irgendetwas zu verdrängen versuchst, bist du unausstehlich nervig und seltsam gut gelaunt. Ach ja, habe ich schon mal erwähnt, dass du schnarchst?“ Das alles hatte der Blonde so gesagt, als ob es das Selbstverständlichste wäre, während Miku ihn mit offenem Mund anstarrte und ein wenig rötlich im Gesicht wurde. Fast alles, was der Gitarrist aufgezählt hatte, war ihm tatsächlich noch gar nicht aufgefallen. Okay, wie konnte er schon wissen, dass er schnarchte? Trotzdem war er baff und es ehrte ihn, dass Bou so viel über ihn wusste. Dennoch war es ihm auch ein wenig unheimlich. //Was er wohl noch so alles über mich weiß? ...// „Bou, wieso…“, fing Miku an, nachdem er seine Sprache wiedergefunden hatte, doch in genau diesem Moment wurden sie von Teruki gerufen, welcher ein Stück weit vor ihnen unter der Bedachung des Haupteinganges stand und sie ungeduldig herwinkte. Der Schwarzhaarige stand ein wenig abseits vom Drummer, die Arme verschränkt und starrte zu ihnen herüber. Doch mehr konnte Miku durch die weite Entfernung und den Regen nicht erkennen. Der Blondschopf seufzte hörbar auf und löste die Umarmung widerwillig. „Lass uns lieber gehen, ansonsten köpft Teruki uns noch.“ Miku nickte nur, packte nach Bous Ärmel und zog ihn hinter sich her zum Haupteingang, wo ein leicht genervter Drummer sie bereits erwartete. Nervös tippte er mit dem Fuß immer wieder auf den Boden. „Warum trödelt ihr denn? Wir haben nicht mehr viel Zeit und finden müssen wir den richtigen Raum ja auch noch“, meckerte er. „Seid ihr eigentlich wahnsinnig, im Regen stehen zu bleiben? Ihr seid pitschnass! Wenn ihr euch jetzt erkältet, dann - “ „Mann, Teruki“, stöhnte Bou entnervt auf. „Jetzt hör schon auf. Der Regen kann uns überhaupt nichts ausmachen und außerdem werde ich nicht so leicht krank; da muss schon ein bisschen mehr als Regen kommen.“ „Stimmt, das haben wir in Helsinki ja festgestellt“, meinte der Drummer knapp und scheuchte die drei ins Gebäude. „Aber da ihr zwei dank euren nassen Haaren länger in der Maske brauchen werdet, dürfen wir keine Zeit verschwenden.“ Sie betraten die Eingangshalle, die sehr groß und mit diversen Postern von Film- und Musikstars geschmückt war. Auf der linken Seite hockte hinter einem langen Tresen eine gut gekleidete Frau, die irgendetwas in den Computer zu schreiben schien. „Und über Teruki hat wohl die Sonne geschienen, oder was?“, grummelte Bou kopfschüttelnd und sah dem Ältesten hinterher, der gerade auf die Empfangsdame zuging. Diese sah nun vom Computer auf und kümmerte sich um den Neuankömmling. Miku hüpfte ungeduldig von einem Bein aufs andere und blickte gespannt zwischen Bou und Kanon hin und her, die rechts und links von ihm standen. Bou schien noch immer irgendwelche leisen Verwünschungen gegen Teruki zu murmeln, während Kanon seine Hände in den Hosentaschen vergraben hatte und gedankenverloren, aber leicht düster ins Nichts starrte. Dann blickte er zu Teruki, der noch immer mit der Empfangsdame in ein Gespräch vertieft war; offensichtlich gab es Probleme. Er seufzte. //Das kann dann ja noch dauern…// Aus lauter Langeweile stellte er sich prompt vor den Bassisten und quiekte vor Schreck leise auf, als er dessen düsteren Blick entdeckte, der schon etwas dämonisch wirkte. Doch davon ließ er sich nicht abhalten; er legte den Kopf schief und wedelte mit der Hand vor dem Schwarzhaarigen herum. „Halloooo? Jemand daaaa?“ Allerdings wurde der unheimliche Blick nun noch teuflischer, sodass er schnell die Hand sinken ließ und Sicherheitsabstand vom Bassisten nahm. Miku blickte zu Bou, dessen Verwünschungen noch immer kein Ende genommen hatten. Dem Vocal kam es so vor, als würde er einen ellenlangen Zauberspruch aufsagen, der nichts Gutes bringen würde. //Da störe ich wohl lieber nicht…ansonsten werde ich noch verflucht, anstatt Teruki…// Er schüttelte wild mit dem Kopf. //Nein, dann soll lieber Teruki in die Hölle kommen, ich will in den Himmel. Da gibt es schließlich Engel…// Er warf Teruki einen erneuten Blick zu, doch dieser war noch immer am reden. Miku seufzte auf, doch im gleichen Moment kam ihm auch schon eine Idee. Er müsste sich danach zwar eine Standpauke von Teruki anhören, doch das war es ihm wert. //Ich will doch nicht vor lauter Langeweile sterben…dazu bin ich noch zu jung//, rechtfertigte Miku sich und so leise wie möglich – um die beiden von Dämonen befallenen Wesen nicht zu stören – schlich er auf Zehenspitzen auf die Tür zu, die gegenüber des Empfangstresens den Weg in ein spannendes Abenteuer führte. So kam es Miku zumindest vor, nachdem er diese vorsichtig geöffnet hatte und hineingeschlüpft war. Er befand sich auf einem langen und breiten Flur, über den viele geschäftige Menschen zwischen den Türen hin und her eilten, die auf jeder Seite die schneeweiße Wand schmückten. Langsam wanderte er den Flur entlang und erspähte hier und da einen Blick in einen der Räume hinter den Türen. Doch diese waren alles Büroräume und von daher weniger spektakulär wie erhofft. Also lief er zu dem großen Tor, das am Ende des Flures verlockend darauf wartete, ihn zu verschlucken, und wich dabei allen aus, die ihm entgegen kamen. Er war froh, dass niemand ihn aufhielt. Schon von Weitem konnte Miku erkennen, dass es ins Freie führte. Eine leise Stimme in seinem Kopf warnte ihn flüsternd vor einem bösen Ungeheuer, das ihn zusammenstauchen würde, wenn er auch nur einen Schritt in den Regen setzte. Doch Miku hörte nicht drauf. „Soll Teruki mich doch umringen“, murmelte Miku leise vor sich hin, während er gebannt auf das große Tor vor ihm starrte, das leicht geöffnet war und den Blick auf den Regen preisgab. Er war noch wenige Meter entfernt. „Wir sind zwar oft in einem Studio wegen den Musikvideos und so, aber nie habe ich die Gelegenheit, mir alles anzusehen. Was kann ich denn dafür?“ Am Tor angekommen schlüpfte er geschwind nach draußen und fand sich auf einem großen Platz wieder. Miku sah sich um. Eine große Halle grenzte an der Nächsten, dazwischen eilten Mitarbeiter hin und her. Mit Kabeln, Werkzeugen, großen Scheinwerfern, Kameras, oder auch gigantischen Bühnenbildern. Mit großen Augen blickte Miku einem wunderbaren Strand mit Palme und himmelblauem Wasser hinterher, das gerade an ihm vorbei wanderte. Kurz verspürte er die Sehnsucht auf einen Badeurlaub. Doch sein neugieriges Augenpaar blieb an einem rosa farbenen Plüschsessel hängen, der gerade von zwei Männern in eine der Hallen getragen wurde und seine Beine trugen ihn hinterher, ohne, dass er selbst überhaupt den Befehl dazu geben musste. Der Vocal fragte sich, für was der lustige Sessel gebraucht wurde und wie er es am Besten anstellen konnte, ihn mit zu sich nach Hause zu nehmen. Allerdings erinnerte die nun doch etwas nervig gewordene Stimme in seinem Hinterkopf, dass seine bequeme und große Couch einen Rotton hatte. Angewidert verzog Miku das Gesicht, als er sich die Kombination von Rot und Rosa vor seinem geistigen Auge vorstellte. Es hielt ihn aber nicht davon ab, weiter hinter dem Sessel her zu laufen, so unauffällig wie möglich. Dieser wurde gerade in die Halle links vor ihm getragen. Ohne groß einen Gedanken an die möglichen Folgen zu verschwenden, schlüpfte der Vocal einen Augenblick später durch die Tür in die Halle. Sie war zunächst nur spärlich beleuchtet und an den hohen Wänden waren diverse Requisiten aufgereiht. Von schönen interessanten Landschaften auf großen Leihwänden, bis hin zu verschieden Pflanzen aus Kunststoff. Doch dadurch wurde Mikus Neugierde nicht gelockt. So schlich dieser auf das helle Licht und das Stimmengewirr zu, die am anderen Ende der Halle schon eher seine Abenteuerlust weckten. Als er etwas näher herangekommen war, erkannte er, dass dort offenbar gedreht wurde. Eine Art Wohnraum mit blauen Wänden war nachgebildet worden. Ein kleiner gelber Fernseher, der genau so verrückt schien wie der rosa farbene Sessel, stand auf einem kleinen Tisch in der Ecke. Eine Ansammlung an Leuten stand ein wenig abseits und schienen etwas zu bereden. //Da habe ich schon mal was Interessantes gefunden, und dann wird nicht gedreht…//, dachte Miku bedrückt und wollte gerade wieder kehrt machen, als er zwei Jungs in knallbunten Outfits zwischen den anderen entdeckte und auf Anhieb erkannte. „Das gibt’s doch nicht!“, quiekte er erschrocken auf. Alle Augenpaare im Raum waren nun auf ihn gerichtet, die ihn mit einer Mischung aus Irritation und Erschrecken betrachtete. Freudig hüpfte der quirlige Vocal auf beiden Mitglieder von LM.C zu und sprang Maya, dem Blonden, um den Hals, welcher nun einige Schritte zurücktaumelte und rückwerts auf den pinken Sessel landete. „M-miku?“, keuchte Maya entsetzt hervor und blickte den Vocal an, als ob dieser ein Geist wäre. „Was machst du denn hier?“ „Das gleiche könnte ich dich auch fragen“, entgegnete dieser und knuddelte ihn weiter. Er konnte es immer noch nicht fassen, dass er hier zufällig auf die Band LM.C gestoßen war, mit denen sie schon einige Konzerte erfolgreich hinter sich gebracht hatten und lange nicht mehr gesehen hatte. „W-wir drehen einen…Musik-Clip“, antwortete Maya atemlos und blickte hilfesuchend zu Aiji, seinem dunkelhaarigen Bandkollegen. Doch dieser schien sich über die Tatsache zu amüsieren, dass Miku offenbar Maya lieber hatte als ihn. Und er war froh darüber, denn zu Tode geknuddelt wollte er nicht gerade werden. „Aber jetzt antworte gefälligst auch auf meine Frage.“ Miku gab einen leisen Seufzer von sich und lockerte den Griff ein wenig. Maya schnappte gierig nach Luft. „Wir geben ein Interview“, sagte er. „Aber mehr möchte ich nicht verraten.“ „Na, du warst schon immer ein großer Geheimniskrämer“, grinste Aiji breit und schien sich nun doch anders entschieden zu haben, denn er zog Miku nach hinten, sodass Maya vom Plüschsessel aufstehen konnte. „Glaubt mir, ihr wollt es gar nicht erst wissen“, erwiderte Miku und rieb sich seinen Nacken, denn Aiji war nicht gerade zimperlich gewesen. „Aber erfahren tun wir es so oder so“, sagte Maya, während er sein Outfit wieder zurechtrückte und sich kurz entfernte. „Ich dachte immer, AnCafé hätte vier Mitglieder“, meinte Aiji, der sich umguckte. „Irre ich mich, oder bist du allein?“ Dann grinste er frech. „Oder hast du sie in die Flucht geschlagen?“ Miku blickte sein Gegenüber trotzig an. „Also, erstens hat AnCafé wirklich vier Mitglieder, und zweitens schlage ich niemanden in die Flucht. Ich bin beliebter, als du denkst.“ „Aha.“ Aiji musterte ihn. „Und das soll ich dir jetzt einfach so glauben?“ Miku nickte und blickte sich nach Maya um, der ihn gefälligst vor dem bösen Aiji beschützen sollte, doch dieser war nirgends zu sehen. Er holte tief Luft und wandte sich wieder dem Dunkelhaarigen zu, der ihn immer noch von oben herab frech angrinste. „Also, nur weil du älter und vielleicht ein bisschen größer als ich bist, brauchst du nicht zu denken, dass ich mich nicht alleine wehren kann.“ „Oho, jetzt bekomme ich aber Angst“, lachte Aiji. „Wer hat sich denn gerade noch nach Maya umgesehen, hm?“ „Hab ich gar nicht“, versuchte der Vocal sich schnell zu verteidigen und blickte trotzig auf. „Warst du heimlich bei Teruki und Kanon in der Lehre? Die beiden hacken auch ständig auf mir rum.“ „Das ist nur teilweise richtig.“ Miku sah ihn irritiert an. „Sie waren bei mir in der Lehre.“ Darauf fiel Miku nichts mehr ein, was er sagen könnte. Beleidigt verschränkte er die Arme vor der Brust und überlegte, wie er am besten vor Aiji fliehen konnte. //Typisch für ihn…früher hat er mich auch immer geärgert…// Doch die Rettung ließ nicht lange auf sich warten. Als Miku den Frontman von LM.C entdeckte, hüpfte er eilig auf ihn zu, um schnell von Aiji wegzukommen, und versteckte sich hinter ihm. „Also, wirklich“, meinte Maya kopfschüttelnd. „Man könnte meinen, Aiji würde beißen.“ „Ich gehe lieber auf Nummer sicher.“ Verängstigt blickte Miku zum Dunkelhaarigen rüber, sich an Mayas Armen festklammernd. Maya seufzte leise und wollte zu seinem Bandkollegen gehen, doch der Vocal von AnCafé hielt ihn zurück. Fragend drehte er sich zu ihm um. „Pass auf“, flüsterte Miku ihm leise zu. „Der Schein trügt. Er ist wirklich gefährlich.“ Maya drehte sich zu ihm um, sodass er dem Verängstigten ins Gesicht blicken konnte. „Gefährlich ist er nicht gerade, aber soll ich dir mal was sagen?“ Miku nickte. „Du wehrst dich ja auch nie, wenn du geärgert wirst. Das weiß Aiji und deswegen macht er es auch, um seinen Spaß zu haben.“ „Auf meine Kosten natürlich“, maulte Miku. „Warum stehst du eigentlich auf Aijis Seite?“ „Ganz einfach. Er ist mein Bandkollege und du nicht.“ „Okay, das hätte ich mir auch denken können.“ „Ja, das hättest du.“ Maya klopfte ihm lächelnd auf die Schulter. „So, und wenn du jetzt schön brav bist, dann - “ „Ich bin doch brav“, rief Miku dazwischen. Er zeigte auf Aiji. „Er ist hier der Böse.“ „- dann gebe ich dir einen von denen hier ab“, fuhr Maya unbeirrt fort und ignorierte den Protestschrei geflissentlich. Er kramte kurz in seiner Hosentasche und zauberte einige Lollies hervor, die er nun Miku hinhielt. Sofort griff dieser nach einem. „Arigatou.“ „Dann sei auch nett zu Aiji, okay?“, erinnerte ihn Maya und sah ihn ermahnend an. „Aber Aiji hat doch - “ „Lolli oder nicht Lolli?“ Miku schluckte; denn Mayas Blick hatte etwas sehr Düsteres an sich. Er nickte und verbiss sich weitere Kommentare. Doch seine süße Trophäe stopfte er sich in die Hosentasche, um sie später den anderen zeigen zu können und um einen Beweis für sein tolles Abenteuer zu haben. Doch dann hüpfte er vor Schreck einige Schritte zurück, da sein Handy plötzlich angefangen hatte zu vibrieren. Mit einem unguten Gefühl griff er nach dem Unruhestifter und hielt es sich ans Ohr. „Ja? Was…“ „Sag mal spinnst du?“, wurde er von einer sehr bekannten und ziemlich wütend klingenden Stimme unterbrochen, die so laut war, dass Miku das Handy ein wenig vom Ohr entfernte, um nicht taub zu werden. „Wer hat dir erlaubt, einfach so abzuhauen? Wir haben keine Ahnung, wo du steckst! Hättest du nicht wenigstens Bescheid sagen können? Kanon und Bou sind schon außer sich vor Sorge und beschuldigen sich gegenseitig, für dein Verschwinden verantwortlich zu sein. Und wenn du schon wieder irgendwas angestellt hast, dann gnade dir Gott! Ich reiße dir eigenhändig den Kopf ab, wenn du nicht augenblicklich in die Maske kommst und dich fertig machst!“ Dann machte es Klick. Miku stand mit klopfendem Herzen da und bewegte sich keinen Millimeter. Erschrocken starrte er an Aiji und Maya vorbei, die nur die laute Stimme aus dem Handy gehört hatten, aber nicht, was sie gesagt hatte. Ihm wurde bewusst, dass er das Interview, indem sie Bous Austritt bekannt geben mussten, in seinem Kopf ganz nach hinten verbannt und es dadurch glatt vergessen hatte. Er hatte sich doch nur ein wenig umsehen und beschäftigen wollen. Dass die anderen nun wütend waren und sich Sorgen machten, hatte er nicht gewollt. Mit schlechtem Gewissen steckte er das Handy ein und wandte sich Maya und Aiji zu. „Ich muss jetzt“, entschuldigte er sich und verbeugte sich vor ihnen. „Ansonsten werde ich einen Kopf kürzer gemacht…oder auch drei.“ „Tja, einen wütenden Teruki lässt man am Besten nicht warten“, meinte Aiji und nahm den Vocal kurz in die Arme. „Und dich lebend wiedersehen würde ich schon gern“, sagte Maya, bei dem die Umarmung ein wenig länger anhielt. „Also, geh lieber.“ Miku nickte und lächelte leicht. „Danke, ich gebe mir Mühe.“ Er winkte ihnen noch kurz zu und eilte aus der Halle. Der Vocal eilte den gleichen Weg zurück, den er gekommen war, um zurück in die Eingangshalle zu gelangen. Denn er hatte nicht den blassesten Schimmer einer Ahnung, wo er hier zum Teufel hin musste, und Teruki oder einen der anderen beiden anrufen wollte er nicht. Allein von der Vorstellung, dadurch erst recht ins Jenseits befördert zu werden, bekam er eine leichte Gänsehaut. Verängstigt schüttelte er den Kopf, um diesen Gedanken zu vertreiben. So blieb ihm nichts anderes übrig, als die Empfangsdame freundlich zu fragen, wo seine Kollegen hingegangen waren. Amüsiert zurücklächelnd antwortete sie ihm und Miku machte sich schleunigst auf den Weg. Er eilte zu der Tür, auf die die Dame gezeigt hatte und hinter der ein Treppenhaus lag. Leise vor sich hinmurrend, warum es hier denn keine Fahrstühle gäbe, hüpfte er die Treppen hoch bis in den zweiten Stock. Dort wartete ein langer Flur auf ihn. Ein sehr langer Flur, wie Miku zu seiner Missgunst bemerkte. Seufzend hielt er Ausschau nach der Maske und gefährlichen Bandkollegen, die ihm zufälligerweise über den Weg liefen, nur um ihm den Kopf abzureißen. Der Vocal wusste selbst, dass es nicht ganz richtig war, sich ganz still und heimlich davonzuschleichen. „Was blieb mir denn anderes übrig?“, murmelte er leise vor sich hin und schlurfte weiter den Gang entlang, während er hier und da in einen Raum lugte. „Teruki sollte man beim Reden besser nicht stören und wenn ich Kanon oder Bou angesprochen hätte, hätten sie mich bestimmt verflucht. Ja, ja, so sieht’s aus…“ „Was sieht so aus?“ Miku quiekte erschrocken auf und zuckte zusammen, als er hinter sich eine sehr bekannte Stimme vernahm, die er auf die Schnelle jedoch nicht zuordnen konnte. Doch eine leise Stimme in seinem Hinterstübchen flüsterte ihm leise zu, es könnte derjenige sein, der ihm noch vor wenigen Minuten mit dem Tod gedroht hatte. In der Hoffnung, Teruki würde ihn nicht mehr sehen, wenn er sich nicht mehr rührte, hielt er mitten in der Bewegung inne. //Bitte, lieber Nyappy-Gott. Ich will noch nicht sterben…ich habe noch zu wenige Gute-Laune-Songs mit meiner quietschbunten Band gesungen…// „Sag mal, was soll das werden?“ Unbehagen drehte sich Miku um; die Augen verschlossen, denn er wollte seinem Mörder nicht ins Gesicht sehen. Er holte tief Luft und sagte mit verängstigter Stimme: „Teruki, ich bin soweit. Du kannst mich jetzt ruhig einen Kopf kürzer machen.“ Da er die Augen geschlossen hatte, konnte er nicht sehen, was sein Gegenüber machte, doch er konnte sich bildlich vorstellen, wie er gerade eine riesengroße Axt hervorholte. Plötzlich wurde er von zwei Händen nach hinten geschubst und er hörte eine Tür auf- und kurz danach wieder zugehen. //Offenbar soll es keine Zeugen geben…// Er wurde an die Wand gedrückt und Miku hielt die Luft an, als er die angenehme Nähe der Person vor ihm verspürte, die ihm nun so nahe gekommen war, dass dessen warme Atemzüge sein Gesicht leicht kitzelten. Ein wenig irritiert wartete der Vocal darauf, nun endlich seine gerechte Strafe zu bekommen. //Ich werde nie, nie, nie wieder weggehen, ohne den anderen Bescheid zu sagen! Nie, nie, nie wieder! …Falls ich das hier überleben sollte, heißt das. Und wenn - // Die zärtlichen Berührungen, die die weichen Lippen auf der nackten Haut seines Halses hinterließen, sorgten für ein abruptes Ende seiner Gedanken. Sein Herz schlug wild in seiner Brust, als genau die Gefühle wieder entflammten, die er hatte vergessen wollen. Er spürte die Nähe seines Gegenübers und die sanften Küsse auf seinem Hals und die Wärme, die in ihm aufstieg. „Du bist gar nicht Teruki“, keuchte Miku leise auf und versuchte, sich zu befreien – was er allerdings eher halbherzig anstellte, da es ihm eigentlich gefiel. „Habe ich das behauptet?“, flüsterte die tiefe und beruhigende Stimme des Bassisten und dieser hörte kurz auf, über den verlockenden Hals seines Opfers zu wandern. „Außerdem glaube ich, dir gefällt diese Strafe lieber als das, was Teruki für dich vorbereitet hat. Und ich möchte nicht, dass du kopflos durch die Gegend rennst, das ist doch gerade das Schönste an dir.“ „Uhm…Kanon.“ Miku konnte nicht anders, als seine Arme um den Bassisten zu schlingen und diesen ganz fest an sich zu drücken. Er spürte, wie eine Hand des Bassisten langsam über seine Brust strich, nur um darauf weiter nach oben zu seinem Kinn zu wandern. Dann wurde sein Kopf sanft, aber dennoch bestimmt, ein wenig nach vorne gezogen. Das nächste, was Mikus Gefühle noch mehr in Wallung brachte, war der zärtliche Druck auf seinen Lippen und er schmeckte den wohligen Geschmack, den Kanons schmale und weiche Lippen auf den seinen hinterließen. Vorsichtig erwiderte Miku den Kuss und bat um Einlass, der ihm auch sofort gewährt wurde. Liebevoll umspielte er dessen Zunge und seufzte zufrieden auf. Ihm war bewusst, dass er sich schon für einen der beiden entschieden hatte. Doch ein schlechtes Gewissen Kanon gegenüber ließ sich nicht vermeiden und es fühlte sich ganz schön an. Seine Nähe, die zärtlichen Hände, seine Küsse. //Habe ich wirklich die richtige Entscheidung getroffen?// Doch Miku wusste, dass er sowohl Kanon als auch Bou von ganzem Herzen liebte. Oder interpretierte er seine Gefühle nur falsch? Kanon löste den Kuss, blieb aber dicht vor seinem Gesicht. Langsam öffnete Miku die Augen und blickte in das schmale und hübsche Gesicht des Bassisten, dessen Anblick er schon immer so faszinierend gefunden hatte. „An was hast du gerade gedacht?“, fragte Kanon leise. Miku wich seinem bohrenden Blick aus und hörte sein Herz wild in seiner Brust schlagen. //Seine Nähe bringt mich noch um den Verstand…// „An…gar nichts“, log Miku, denn die Wahrheit konnte und wollte er ihm nicht sagen. Aber er wusste genau, dass ihm bald nichts anderes übrig blieb, als mit Kanon und Bou zu reden und sein Gefühlschaos zu lichten. Kanon lächelte matt. „Das nehme ich dir nicht ab, Aki-chan. Du musst doch langsam wissen, wie gut ich dich kenne. Ich sehe und spüre genau, wenn etwas nicht stimmt.“ Miku schwieg und eine leichte Röte zierte sein Gesicht. Ob es nun von der angenehmen Wärme des Bassisten kam oder, weil er mit Aki-chan angeredet worden war, konnte er nicht sagen. Plötzlich schlang der Schwarzhaarige seine Arme um den Vocal und drückte ihn fest an sich; zärtlich strich er mit einer Hand über seinen Rücken. „Miku. Tust du mir bitte einen Gefallen?“ „Uhm…kommt darauf an, um was es geht.“ Miku runzelte verdattert die Stirn und fragte sich beunruhigt, was Kanon von ihm wollte. „Sag einfach ja.“ „Okay…Ja.“ Der Bassist sah ihm tief in die Augen und strich eine kleine Strähne aus seinem Gesicht. Dort, wo Kanons Finger ihn berührt hatten, kribbelte seine Haut angenehm. „Dann sprich bitte endlich mal über deine Gefühle“, äußerte er seine Bitte. „Ich komme schon um vor Sorge, wenn ich sehe, wie sehr du vor dich hin leidest. Du musst zwischen Bou und mir entscheiden und es fällt dir bestimmt nicht gerade leicht. Dazu kommt noch der Austritt unseres geliebten Blondschopfes. Ich wollte gestern mit dir darüber reden, um dir ein wenig die Angst vor dem Interview zu nehmen. Aber du hattest keine Zeit und darum will ich es jetzt nachholen.“ Als er dies sagte, fiel Miku auch wieder der Anruf ein, den er bekommen hatte, bevor er die weite Odyssee zu Takuya auf sich genommen hatte. Erneut überkam ihm das schlechte Gewissen, sich nicht mit Kanon getroffen zu haben. Doch für ihn hatte das versöhnende Gespräch mit dem neuen Gitarristen Vorrang gehabt und insgeheim wusste er, dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte. Die Band hatte Vorrang. Allerdings wollte er jetzt auch nicht mit dem Bassisten reden, er wollte mit niemandem über Bous Austritt reden. Miku versuchte, sich aus dem Griff des Schwarzhaarigen zu befreien, doch dieser hielt sein Handgelenk fest umklammert und schien erst gar nicht daran zu denken, ihn gehen zu lassen. Ärgerlich funkelte Miku ihn an. „Ich will nicht darüber reden. Und wenn ich mich nicht bald vor Teruki blicken lasse, reißt er mir wirklich noch den Kopf ab.“ „Aber, Miku“, meinte Kanon schon fast verzweifelt. „Ich mache mir wirklich Sorgen. Als Bou dir von seinem Vorhaben erzählt hatte, die Band zu verlassen, hast du dich tagelang abgeschottet und keine Lust zum Singen verspürt. Du hast dich noch nie so verhalten! Wir mussten lange auf dich einreden, um dich da rauszuholen und dann hast du ziemliche Schwierigkeiten, dich mit dem neuen Gitarristen abzufinden. Dass du Takuya verbal so fertig gemacht hast, hätte ich dir nie zugetraut. Darf ich mir denn keine Sorgen um dich machen? Ich liebe dich doch so sehr und möchte, dass es dir gut geht! Ich bin immer für dich…Miku, was ist mit dir?“ Miku hatte seinen Kopf zwar zur Seite gedreht und Richtung Boden geneigt, doch Kanon war nicht entgangen, dass er angefangen hatte zu weinen. Erschrocken starrte Kanon auf die wässrigen Augen des Vocals und die Tränen, die sich übers Gesicht einen Weg nach unten bahnten. Der Bassist streckte seine Hand nach ihm aus, um ihm die Tränen wegzuwischen, aber Miku schlug diese beiseite. „Kanon“, sagte Miku mit zittriger Stimme und sah tränenüberströmt zu ihm auf. „Bitte, zwing mich nicht dazu, über meine Gefühle zu reden.“ Dass er angefangen hatte zu weinen, hatte Miku ziemlich erschrocken. Doch was Kanon gesagt hatte, hatte ihm bewusst gemacht, dass die anderen wirklich gute Gründe zur Sorge hatten. Und das hatte er nicht gewollt. Kanon hingegen fühlte sich schlecht, weil er seinen geliebten Vocal zum Weinen gebracht hatte. Er trat einen Schritt auf ihn zu. „Tut mir Leid, ich wollte das nicht“, sagte er und nahm ihn in den Arm. Zunächst wartete er darauf, dass Miku ihn wie eben von sich stieß, doch dieser ließ die Umarmung, wenn auch ein wenig widerwillig, über sich ergehen. „Ich möchte dich zu nichts zwingen.“ Der Bassist gab ihm einen leichten Kuss auf die Wange und fing an, seine Tränen wegzuwischen. „Aber ich hoffe, du verstehst meine Sorge. Und nicht nur ich mache mir Gedanken, auch Bou und Teruki fragen sich, wie sie dir helfen können. Du darfst nicht alles still und heimlich in dich hineinfressen, das macht alles nur viel schlimmer. Und jetzt hör bitte auf zu weinen.“ Doch Letzteres war gar nicht mehr nötig gewesen. Als der Vocal vom Schwarzhaarigen umarmt worden war, war sein Tränenfluss automatisch versiegt. „Danke, Shinya“, sagte Miku leise und schlang die Arme um ihn. „Sag mal, bist du eigentlich noch zu retten?“ Das waren die ersten Worte, die Miku zu hören bekam, als er die Tür zur Maske aufriss und ein ziemlich mordlustiger Teruki auf ihn zugeeilt kam. Er war froh, dass Kanon direkt hinter ihm stand, um notfalls jeden möglichen Mordversuch zunichte zu machen. Bou kam auf ihn zugehüpft, um ihm freudig um den Hals zu fallen. Doch dann sprang er eilig aus dem Blickfeld Terukis. „Wer hat dir erlaubt, so lange wegzubleiben? Wir sollten jetzt eigentlich schon für den Dreh fertig sein. Die Leute hier haben doch noch andere Termine außer uns! Hättest du nicht wenigstens Kanon oder Bou Bescheid geben können? Wir sind fast umgekommen vor Sorge!“ „Stimmt nicht“, meldete sich Kanon schnell und blinzelte den Drummer verschmitzt an. „Nur du hast dir Sorgen gemacht, Bou und ich wussten, dass Miku schon allein auf sich aufpassen kann – okay, abgesehen von seinem schlechten Orientierungssinn, seinem angeborenen Talent, jeden möglichen Ärger auf sich zu ziehen und seinen nicht zu stillenden Hunger nach Abenteuern.“ „Hey!“ Miku drehte sich zum Bassisten um und blickte ihn erbost an. „Du solltest doch mein Anwalt sein! Was fällt dir ein, mir in den Rücken zu fallen? Ich habe ganz alleine den Weg hierhin gefunden und Ärger habe ich auch nicht bekommen.“ Richtig stolz über diese Leistung grinste er zu Teruki rüber, der mit verschränkten Armen vor ihm stand und einfach nur den Kopf schüttelte. „Und was erlebt habe ich auch“, fügte er schnell hinzu und zog freudig den Lolli aus der Tasche, nur um ihn als Beweis für sein tolles Abenteuer zu zeigen. „Habe ich von Maya bekommen. Aber das auch nur, damit ich mich nicht mehr gegen Aijis gemeine Kommentare wehre.“ „Aha. Also hast du doch was angestellt.“ Terukis Blick ruhte prüfend auf seinem Vocal und er fragte sich, ob er nicht lieber einen Kindergärtner eigens für denjenigen einstellen sollte, der nun mit einem gewissen Glitzern in den Augen auf seinen Lolli schaute. „Nein, habe ich nicht“, verteidigte sich Miku schnell und steckte den Lolli schnell wieder ein – aus Angst, jemand könnte ihm seine leckere Trophäe wegnehmen. „Aiji hat mich geärgert, ich habe mich nur gewehrt! Und außerdem musste ich diese blöden Treppen hoch laufen!“ „Miku, du brauchst nicht weiter zu erzählen. Ich kann mir schon vorstellen, was passiert ist“, seufzte Teruki auf. Er hatte schon geahnt, dass Miku jemanden zu Tode genervt haben musste. „Hier gibt es übrigens einen Fahrstuhl. Und für dein Verschwinden hast du eigentlich die Höchststrafe verdient.“ „Von der Existenz eines Fahrstuhls hat mir niemand was gesagt“, maulte Miku auf und verschränkte beleidigt die Arme. „Das ist nicht mehr nötig, Teruki. Ich habe ihm schon eine angemessene Strafe verpasst.“ Kanon grinste breit und warf dem Drummer einen vielsagenden Blick zu. „Denn einen kopflosen Miku kann ich mir einfach nicht vorstellen. Uns würde sonst das schöne Lächeln fehlen.“ „Kanon, habe ich schon mal erwähnt, dass ich dich abgrundtief hasse?“, murrte Bou und warf dem Bassisten einen düsteren Blick zu. Dann griff er nach Mikus Hand und ohne Kanon eine Chance zum Gegenangriff zu geben, zog er ihn ans andere Ende des Raumes, der mit Spiegeln bespickt war und auf den Tischen davor Schminkutensilien verteilt waren. Sofort kam eine Stylistin auf sie zugeeilt und gab Miku mit einem knappen Kopfnicken den Befehl, Platz zu nehmen. Der Vocal gehorchte und setzte sich auf einen der Stühle, während sofort an seinen Haaren herumgezupft wurde. Durch den Spiegel betrachte Miku den Kleinen, der sich hinter ihm auf einen Tisch gesetzt hatte und nun mit den Beinen baumelte. Erst jetzt fiel ihm auf, dass Bou bereits geschminkt war und einige seiner wasserstoffblonden Haare zu kleinen Zöpfen gebunden worden waren, sodass er nun noch niedlicher wirkte als er eh schon war. Unwillkürlich musste Miku lächeln. Er sah einfach ZU niedlich aus. „Warum grinst du so?“ Bou hatte seinen Blick bemerkt und sah nun neugierig zu ihm rüber. „Ach, nichts“, sagte der Vocal schnell, während er mit Haarspray besprüht wurde, damit seine leicht hochgekämmten Haare auch hielten. Keine Zehn Minuten später fand das Interview statt. Zunächst wollte man von ihnen wissen, wie ihnen die Europa-Tournee gefallen habe. Alle Mitglieder von AnCafé waren sich einig, dass es ein unvergessliches Erlebnis war und sie es kaum erwarten konnten, erneut in Übersee auftreten zu können. Dann sollten sie der Reihe nach sagen, was ihre beste Erinnerung wäre. „Das deutsche Bier ist einfach einzigartig“, fing Teruki breit grinsend an. „Die englischen Fans sind sehr direkt mit ihren Heiratsanträgen“, sagte Kanon und blickte stolz umher. „Die Taxi-Fahrer sind…uhm…sehr gewöhnungsbedürftig“, bemerkte Miku, dem sein unangenehmes Erlebnis im Taxi als Erstes einfiel. „Aber das Essen ist einfach lecker!!“ „In Helsinki ist es sehr kalt und der Eifelturm ist sehr hoch“, sagte Bou schnell und man konnte ihm seine Höhenangst deutlich ansehen. Dann wurden sie über ihre bevorstehende Nippon-Tour ausgefragt. Was sie sich davon erwarten würden, ob sie schon irgendwelche Songs hätten, wann sie Autogramme geben würden und anderes. Und da der Mann, von dem sie gerade ausgefragt wurden, vom eigentlichen Grund ihres Fernseh-Interviews von ihrem Manager bereits in Kenntnis gesetzt worden war, meinte er: „Wie ich soeben hörte, habt ihr eine traurige Mitteilung zu machen. Ist das richtig?“ Miku schluckte unbehagen und nickte leicht. Er wollte gerade Bous Austritt bekanntgeben, doch Teruki kam ihm zuvor und erzählte von der schrecklichen Wahrheit, dass AnCafé in wenigen Wochen ihren geliebten und heiß begehrten Gitarristen verlieren würden. Es war fatal. Miku musste sich richtig zusammenreißen, vor laufender Kamera nicht in Tränen auszubrechen. Denn das wollte er den Cafekkos ersparen und redete sich insgeheim ein, dass es für die Fans dann nicht so schmerzhaft wäre, als wenn sie die gesamte Band weinen sehen. Auch Kanon und Bou waren den Tränen nahe und wie Teruki es schaffte, normal das Interview weiterzuführen, war dem Vocal ein Rätsel. Doch er konnte die Leere in dessen Blick sehen. Dann war der kleine Blondschopf an der Reihe, seinen plötzlichen Austritt zu erklären. Zunächst schwieg Bou und man hätte eine Stecknadel fallen hören, bis Miku ihn leicht mit dem Ellbogen berührte und damit aus seiner Starre erweckte. Notgedrungen musste der Blondschopf seine Geschichte erzählen, er müsse laut Befehl seiner Eltern etwas Ordentliches lernen und wolle nun eine richtige Ausbildung in Angriff nehmen. Wenn er damit fertig wäre, wolle er erst einmal wieder ins Musikgeschäft einsteigen, meinte er. Miku, der dies zum ersten Mal hörte, war überrascht, dass Bou seine Eltern mit einbezog und ihnen sogar angeblich die Schuld für seinen Austritt gab. Doch dann fiel ihm wieder ein, dass er eh nicht gut auf sie zu sprechen war. Bou hickste leise auf und kleine Sturzbäche aus salzigem Wasser rannen ihm über die Wangen; er hatte sie nicht mehr aufhalten können. Miku, dem die Kamera egal geworden war, nahm ihn in die Arme und strich ihm behutsam über den Rücken, um ihn zu trösten… ********************************************************** nyo~ ich hoffe es hat euch gefallen ^^' Kapitel 34: Auswirkungen des Alkohols ------------------------------------- „Warum…warum zum Teufel habe ich mich darauf nur eingelassen?“, murmelte der kleine Vocal leise und schaute müde auf das große Glas in seiner Hand, dessen dunkler Inhalt ihn verführerisch anblickte. Wie aus weiter Ferne vernahm er die Stimmen seiner drei Bandkollegen neben ihm am Tisch, ganz weit hinten in der Ecke der Bar. Allerdings war seine Konzentration schon so weit im Keller, dass er nicht sagen konnte, über was da eigentlich gerade geredet wurde. Er wusste doch, dass er keinen Alkohol vertrug. Wieso zum Teufel hatte er sich dann auf Terukis Vorschlag eingelassen, ihren Frust über das nun längst ausgestrahlt wordene Interview auf ein oder zwei Bierchen zu betrinken? Vielleicht hatte es ja daran gelegen, dass Bou und Kanon sofort zugestimmt und ihn dabei ganz eindeutig bettelnd angesehen hatten, sodass er nicht hatte nein sagen können. Vielleicht aber auch daran, dass er sonst den Abend ganz alleine in seiner Wohnung verbracht hätte, wo er die Wahl hatte, sich entweder zu langweilen oder sich zu langweilen. Oder aber auch sich zu langweilen. „Hast du irgendwas gesagt, Miku?“, hörte er eine lallende Stimme sagen. Miku blickte in Terukis Gesicht und fragte sich, wie viel der Drummer schon intus hatte. //Er wirkt immer so erwachsen…aber in Sachen Alkohol ist er ein bisschen zurückgeblieben…// Er schüttelte den Kopf, bereute es aber sofort, als er einen stechenden Schmerz in seiner Schläfe spürte und ihm leicht schwindelig wurde. Der Vocal fragte sich, wie viel er selbst schon getrunken hatte, war sich aber sicher, dass es weit aus weniger sein musste als beim Drummer. „Ich habe mich nur gefragt, wie du nur so viel trinken kannst“, sagte Miku und blickte verstohlen zu Kanon und Bou, die ihre kleine Feindschaft wohl vergessen hatten und nun Schnick-Schnack-Schnuck spielten. Teruki zuckte mit den Schultern. „Ist doch unwichtig. Viel interessanter ist doch die Frage, warum du so wenig verträgst.“ Er grinste breit. „Woher soll ich das denn wissen?“, entgegnete Miku ein wenig ungehalten. Erneut übermannte ihn der Schwindel und er schloss kurz die Augen. Er nahm sich fest vor, nie wieder so viel zu trinken, denn er hasste dieses Gefühl, nicht mehr ganz er selbst zu sein. //Komisch…nehme ich mir das nicht immer wieder aufs Neue vor?// Miku keuchte vor Schmerz auf, als ein spitzer Ellbogen ihm in die Seite gerammt wurde, und blickte zu dem Blondschopf. Dieser zappelte gerade jauchzend auf seinem Platz herum, offenbar hatte er gegen Kanon gewonnen. Miku schüttelte verständnislos den Kopf. Bou hatte bisher von ihnen allen am meisten getrunken und von daher sah man ihm nicht mehr an, dass er vor ein paar Stunden noch sehr traurig und niedergeschlagen war. Seine drei Bandkollegen hatten es trotz ihrer vereinten Fürsorge nicht schaffen können, ihn wieder aufzuheitern. Selbst Miku, der mit seiner Stimme Donald Duck nachgemacht hatte und wie eine Ente durchs Zimmer gewatschelt war, hatte nicht helfen können. „Sag mal, Teruki“, begann Miku langsam, trank einen Schluck von seinem kühlen Bier. „Jetzt, wo du gerade ein wenig angetrunken bist, wie läuft es denn mit Sonoko?“ „Was hat das denn jetzt damit zu tun?“ Der Drummer schenkte ihm einen leicht beleidigten Blick, doch er wartete erst gar nicht auf eine Antwort. „Aber wenn du schon fragst, mit Sonoko läuft es gut. Sogar sehr gut. Besser könnte es gar nicht werden.“ Er grinste breit. „Ey, Teruki“, meldete sich der Schwarzhaarige, während er mit einer Hand weiter Schnick-Schnack-Schnuck gegen den Blonden spielte. „Wie hat ihr denn das super-teure Handy gefall’n?“ „Welches Handy?“ Teruki sah ihn irritiert an. „Na, das, was du ihr zu Weihnachten schenk’n wolltest.“ Nach einer kurzen Pause, in der er ohne Zweifel über Kanons Frage nachgedacht hatte, sagte Teruki: „Ach, das meinst du. Klar, es hat ihr gefallen und sie fand es auch nicht weiter schlimm, dass es so teuer war, wie du damals fälschlicherweise geglaubt hast“, erinnerte er den Schwarzhaarigen. Dieser zuckte mit den Achseln und konzentrierte sich auf das Spiel gegen Bou, der immer öfter zu gewinnen schien, denn er strahlte bis über beide Ohren. „Ach, die sin’ doch alle gleich. Wart’s nur ab. Irgendwann ist ’se wech.“ „Shinya“, stöhnte Teruki entnervt und er sah so aus, als ob er am Liebsten mit einer der leeren Flaschen auf dem Tisch auf den Schwarzhaarigen einhauen würde. „Du bist betrunken und ich denke, dass es wohl das Beste ist, wenn du nichts mehr bekommst.“ Daraufhin blickte Kanon ihn entgeistert an, als hätte der Ältere den Weltuntergang hervorgesagt. „Aber - “ „Kein aber! Wenn du nicht mehr weißt, was du da von dir gibst, dann hast du genug getrunken!“ Teruki funkelte ihn wütend an. „Außerdem haben wir morgen früh die nächste Probe und bis wir auf Tour gehen müssen wir noch richtig arbeiten. Und da verlange ich von dir – und von dir auch, Bou!“, Teruki warf ihm einen drohenden Blick zu, der den Blonden sofort verschüchtern ließ, „- dass ihr topfit seid. Diese Tour ist sehr wichtig, denn es ist die letzte in dieser Formation. Habt ihr verstanden?“ „Ja, hab’n wir“, murmelte Kanon mit den Augen rollend und deutete dann auf Miku, der während Terukis kleiner Standpauke das Bier in seinem Glas beobachtet und sich gewundert hatte, dass der Drummer trotz Alkoholeinfluss über alle wichtigen Dinge reden konnte, die mit ihrer Band zu tun hatten. „Aber warum haste ihn nicht ermahnt? Er hat mindestens genau so viel wie ich intus.“ „Weil du mich mittendrin unterbrochen hast“, meinte Teruki darauf nur. „Außerdem hat Miku noch nicht mal die Hälfe von dem erreicht, was du dir bestellt hast. Wenn, dann hätten wir gleich einen neuen Frontman engagieren können. Das weißt du doch, oder erinnerst du dich nicht mehr an Silvester?“ „Doch“, knurrte Kanon und gab es auf, gegen Teruki zu argumentieren. Wozu auch? „Und nun zu dir.“ Miku schluckte unheilvoll, als sich der Drummer nun ihm zuwandte. „Wir haben noch viel zu tun, bis wir das erste Konzert spielen. Von dir verlange ich, dass du morgen ausnahmsweise mal pünktlich bist.“ „Das musst du nicht mir sagen, sondern dem Bus“, entgegnete Miku schnell. „Immer, wenn ich rausgehe, dann fährt mir der Bus fast vor der Nase weg.“ „Dann steh eher auf.“ „Aber dann kann ich noch weniger schlafen!“, rief Miku erschrocken auf. Er fragte sich entgeistert, wie Teruki von ihm nur verlangen konnte, auf seinen Schönheitsschlaf zu verzichten? „Miku. Wenn du morgen nicht pünktlich bist, dann hetze ich dir die beiden hier auf den Hals“, er deutete auf Kanon und Bou, „und dann bekommst du bestimmt keine einzige Sekunde deinen Schlaf.“ „Stimmt“, pflichtete Kanon ihm grinsend herbei und sah Miku verträumt an, welcher erst gar nicht wissen wollte, was der Schwarzhaarige nun jetzt schon wieder dachte. Bou klammerte sich an seinen Arm und lehnte den Kopf an dessen Schulter. „Aber nun zu etwas Ernsterem. Du hast es in den letzten Proben im Gegensatz zu Kanon und Bou geschafft, kaum einen Einsatz zu verpassen oder einen falschen Ton von dir zu geben.“ „Das…ist doch gut. Oder?“ Miku sah ihn unbehagen an, doch Teruki schüttelte den Kopf. „Nein, du hast zu emotionslos gesungen“, erklärte er. „Und von dir erwarte ich, dass du das wieder in Griff bekommst.“ Miku seufzte leise. „Das werde ich wohl noch hinkriegen. Ich – uargh!“, gab der Vocal erschrocken von sich, als er plötzlich von seinem Stuhl gezogen wurde und nun dem Blondschopf hinterher stolpern musste, der ihn am Handgelenk festhielt. „Bou, wohin willst du?“, rief er, während er wegen eines erneuten Schwindelanfalls kurz die Augen schließen musste. Der Blondschopf bahnte sich durch die Leute und Tische, als ob es ein Hindernis-Parcours wäre, auf den Tresen zu. „Ich will nur kurz frische Luft schnappen. Hier drin ist es ziemlich stickig, findest du nicht auch?“ „Aha, und warum muss ich dann mit? Soll ich den Bodyguard spielen?“ „Nein…also…ich dachte mir, dass du hier draußen besser aufgehoben bist als da drinnen. Du bist ziemlich blass“, sagte Bou leise und steuerte auf eine versteckte Tür in der Ecke neben dem Tresen zu. Miku folgte ihm schweigend nach draußen und ließ seinen Blick flüchtig über die Tische und Stühle aus weißem Kunststoff schweifen, die mehr oder weniger geordnet auf dem nicht gerade großflächigen Hof herumstanden. Offenbar diente dies im Sommer als Biergarten. „Bou, mir geht’s gut“, log Miku und lehnte sich an die kahle Außenmauer. Er mochte es nicht, wenn man sich um ihn sorgte. Allein, um dem musternden Blick des kleinen Blondschopfes auszuweichen, griff er in seine Tasche und zog seine Zigaretten hervor, von denen er sich auch sofort eine anzündete. Als er den ersten Zug genussvoll einsog, merkte er erst, wie kalt es draußen eigentlich war und bereute, seine Jacke drinnen liegen gelassen zu haben. //Okay…Bou hat mich ja auch ganz urplötzlich mitgezogen…// „Miku, du musst dir endlich mal das Rauchen abgewöhnen“, bemerkte der kleine Blondschopf und lehnte sich neben seinen Freund an die kalte Wand, um dem beißenden Rauch zu entgehen. „Das ist ja schrecklich.“ „Irre ich mich oder hast du vor einem Jahr auch noch geraucht?“ Miku zog nachdenklich eine Augenbraue nach oben und blickte den Blonden leicht amüsiert an. „Im Gegensatz zu dir bin ich ja auch vernünftig geworden“, antwortete Bou knapp und schlug ihm die Zigarette aus der Hand. „Ist besser für Gesundheit und Geldbeutel, glaub mir.“ Der Vocal blickte niedergeschlagen auf den Zigarettenstummel herab, der nun vor seinen Füßen auf dem Boden lag. //Vielleicht hat er ja Recht…// Dennoch fiel ihm kein weiterer Grund ein, mit dem Rauchen aufzuhören, schließlich war es im Winter eine effektive Wärmequelle. „Kann schon sein“, sagte er daher nur und wusste, dass er in Bous Gegenwart keine weitere Zigarette anzünden konnte, ohne dass diese Bekanntschaft mit dem Boden machte. Er schloss die Augen und sog die kalte und in der Nase beißende Luft ein, die seinen stechenden Kopfschmerzen zumindest ein wenig Einhalt geboten. Das Quietschen der Tür ließ ihn neugierig herumfahren, doch bevor er es auch nur halbwegs realisieren konnte, wurde er auch schon von einem sehr angeheiterten Kanon angerempelt. Und da dieser wohl genau so überrascht war und in seinem Zustand das Wort Gleichgewicht wohl ein Fremdwort war, dachte er erst gar nicht daran, sich abzufangen und fiel zusammen mit Miku auf den harten Boden. Eine halb geleerte Bierflasche, die er in der Hand gehalten hatte, machte ebenfalls Bekanntschaft mit dem Boden und zerbarst dort unter einem Klirren in tausend Scherben. Dies alles geschah in einem Bruchteil einer Sekunde. Miku, der sich insgeheim fragte, wieso der Schwarzhaarige eigentlich so schwer war, ächzte unter dem schweren Gewicht, das auf ihm lastete. Er konnte jede einzelne seiner Rippen spüren und er hatte das Gefühl, als ob viele scharfe Messer auf seinen Rücken eingestochen hätten, während seine Kopfschmerzen bis zu einem Punkt anschwollen, an dem Miku lieber sterben wollte als diese weiter zu ertragen. Vor seinen Augen war längst alles schwarz geworden und von seiner Umwelt merkte er kaum etwas; es kam ihm vor, als wäre er in einer ganz anderen Dimension. Wie aus weiter Ferne hörte er Bous aufgeregte und zornige Stimme; was sie sagte, verstand er nicht. Einen Augenblick später hatte er sich in die dunkle Finsternis fallen gelassen, die viel verlockender war als sein schmerzerfüllter Körper. Als er wieder zu sich kam, hörte er gedämpfte Stimmen miteinander reden, konnte sie aber zunächst keinem zuordnen. Zudem lag er ungewöhnlich weich und war offenbar mit einer Decke zugedeckt. Mehrmals fiel sein Name und es wurde sehr offensichtlich über betrunkene Bassisten hergezogen. Miku überlegte, wer da wohl so abfällig sprach, doch eine Welle übler Kopfschmerzen bestrafte ihn sofort und er gab ein leises Stöhnen von sich. Er hörte, wie sein Name wieder gerufen wurde, nur lauter. Nachdem die Kopfschmerzen erträglicher geworden waren, öffnete er die Augen und erkannte die Umrisse zweier Gestalten, die auf der Bettkante hockten, in dem er lag. Einen Augenblick später, als deren Konturen stärker wurden und nicht mehr vor seinen Augen verschwammen, erkannte er Bou und Teruki. „Miku, endlich!“, rief Bou voller Erleichterung und wollte sich schon auf den Vocal stürzen, doch er wurde vom Älteren energisch zurückgehalten. „Bou. Wenn du ihn jetzt mit einer Knuddelattacke beglücken willst, erreichst du eher das Gegenteil. Ich denke, er wird dich dann köpfen“, bemerkte Teruki und Miku gab ihm innerlich Recht. Auf eine nervige Klette konnte er für die nächsten Stunden gerne verzichten, denn er spürte auch so jeden einzelnen Knochen im Leib. Der Drummer wandte sich nun Miku zu und betrachtete ihn mit einem besorgten Blick. „Wie geht’s dir?“ „Könnte nicht besser sein“, brachte dieser mühsam hervor und rieb sich den schmerzenden Kopf. Miku wollte sich schon aufrichten, doch Teruki hielt ihn mit sanfter Gewalt zurück. „Bleib besser noch ein wenig da unten. Nicht, dass es dir wieder schlechter geht.“ Ohne zu murren befolgte Miku seinen Befehl, denn er hatte nun wahrlich keine Lust, noch einmal wegzutreten. Müde sah er dem kleinen Blondschopf hinterher, der sich vom Bett erhoben hatte und sich nun aus dem Zimmer entfernte. Miku drehte den Kopf langsam auf die andere Seite, was er allerdings mit einem starken Pochen in seiner rechten Schläfe bezahlen musste. Er blickte aus dem Fenster, durch den der fast wolkenverhangene Mond herein schien. Es musste noch mitten in der Nacht sein. Vorsichtig sah er sich im Zimmer um und erkannte es nicht als sein Eigenes. Ein Augenblick verging, bis ihm bewusst wurde, wo er da gerade lag. „Ich bin in Bous Wohnung“, sagte er langsam, als wäre er sich dessen nun doch nicht sicher. Teruki nickte. „Wir haben erst gewartet, dass du wieder zu dir kommst. Aber dann hat Bou gemeint, dass wir dich auch schlecht auf dem kalten und nassen Boden liegen lassen können und dass du wohl schneller in einem weichen und warmen Bett aufwachst.“ Miku lächelte leicht. „Das sieht ihm ähnlich…“ Er blickte zur Tür herüber, hinter der Bou verschwunden war und fragte sich, was er wohl gerade machte. Dann wandte er sich wieder dem Drummer zu. „Wie lange war ich eigentlich weg?“ Teruki erwiderte seinen Blick. „So genau weiß ich es nicht. Du lagst vielleicht gerade mal fünf Minuten im Bett, bevor du zu dir gekommen bist. Aber wir waren schon fast nah dran, einen Arzt zu rufen.“ „Ja, und das alles haben wir – oder wohl nur du, Miku – einem voll betrunkenen Kanon zu verdanken.“ Ein meckernder Blondschopf betrat das Schlafzimmer, in der Hand hielt er etwas. „Mann, wieso muss er auch nur immer so übertreiben? Er hätte dich doch schon von Weitem sehen müssen. Aber nein, er muss dich sofort über den Haufen rennen! Man könnte meinen, er wäre eine Amok laufende Dampfwalze! Miku, setzt dich mal hin.“ Völlig perpKanon, dass Bou ihn angesprochen hatte, gehorchte er und setzte sich vorsichtig aufrecht, doch er bekam einen leichten Schwindelanfall. Er betete, dass die beiden davon nichts mitbekamen, aber wenn, dann sagten sie nichts. „Also echt. Wenn ich Kanon nicht von Miku runtergezogen hätte, wäre er jetzt ganz platt. Ich könnte ihn dann höchstens als singende Briefmarke irgendwo aufhängen.“ Bou krabbelte zu Miku ans Kopfende und kurz darauf erschauderte er am ganzen Körper, als etwas Eiskaltes seinen Rücken berührte. Erst jetzt bemerkte er, dass er obenrum nackt war. Er warf Teruki einen fragenden Blick zu und dieser nickte nur grinsend und unschuldig mit den Schultern zuckend in Bous Richtung. „Aber nein! Der liebe Herr Kanon muss sich mal wieder betrinken! Er benimmt sich wie drei! Wer hat ihn eigentlich als Bassisten angeheuert?“ Während er weiter über den armen Schwarzhaarigen herzog, verteilte er weiter die kalte Creme auf Mikus Rücken und massierte dessen Schultern, doch er ließ ohne es zu merken dort seine Wut aus, als wäre der kleine Vocal ein Sandsack. Dieser verzog gequält das Gesicht, wagte aber nicht, etwas zu sagen. Teruki warf ihm seufzend einen bemitleidenswerten Blick zu. Die helle Morgensonne schien durch das Fenster herein und blendete in Mikus Augen, welcher schnell den Blick abwandte und sich kurz streckte. Der dumpfe Schmerz auf seinem Rücken holte ihn wieder ein, es fühlte sich aber nicht mehr ganz so schlimm an wie noch vor einigen Stunden. „Teruki, du bist echt fies“, gähnte er und blickte müde zum wandelnden Wecker, der in Jeans und Shirt vor ihm stand und ihn breit angrinste. Ein kurzer Blick auf die Uhr auf dem Nachtisch verriet ihm, dass es gerade mal kurz nach acht war, und er stöhnte laut auf. „Bis zur Probe sind es doch noch zwei Stunden“, sagte er dann ein wenig verwirrt. Teruki zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Du musst dich daran gewöhnen, früher aufzustehen als sonst. Sieh es als Training an, dass du ab sofort pünktlich kommst.“ Miku setzte sich knurrend auf. „Wieso bist du eigentlich hier? Du hast doch eine eigene Wohnung.“ „Na, du aber auch.“ Teruki streckte ihm frech die Zunge raus. „Ich hab hier übernachtet, um sicherzugehen, dass Bou nicht mitten in der Nacht über dich herfällt.“ „Keine Sorge, ich hätte mich auch wehren können. Außerdem… hey! Was riecht hier so gut?“ Miku schnupperte in der Luft, denn seine empfindliche Nase hatte einen sehr leckeren Duft entdeckt. „Och, das sind nur die frischen und warmen Brötchen, die Bou gerade besorgt hat“, bemerkte Teruki und fügte noch beiläufig hinzu: „Die jetzt gleich aber bestimmt schon weg sind, wenn du nicht sofort aufstehst.“ „Was?“ Miku sah ihn eine Sekunde lang geschockt an. Dann warf er blitzschnell die Decke zurück und sprang aus dem Bett, die aufkommende Schmerzwelle auf seinem Rücken ignorierend. Er eilte an Teruki vorbei, der ihm noch ein ermahnendes „Übertreib’s nicht!“ und ein warnendes „Ich würde an deiner Stelle ja lieber hier bleiben“ hinterher rief, und folgte dem wohlriechenden Duft bis ins Esszimmer. Dort wurde gerade der Tisch vom Blondschopf gedeckt, der allerdings in der Arbeit innehielt, als die Schlafzimmertür mit einem leisen Quietschen geöffnet wurde. Er drehte sich um und Miku blickte in seine dunklen Rehaugen. Unwillkürlich machte sein Herz einen kleinen Hüpfer. „Ohayou, Miku-chan.“ Bou kicherte und stellte die Teller auf den Tisch und legte die Messer daneben, ließ dabei den Vocal aber nicht aus den Augen. „Ohayou, Bou-chan“, sagte Miku. „Danke, dass ich bei dir übernachten durfte. Uhm… wo hast du eigentlich geschlafen? Ich habe ja dein Bett blockiert, entschuldige.“ „Gern geschehen. Wozu hat man denn Freunde? Außerdem kann ich die Couch zum schlafen sehr gut weiterempfehlen. Und DAS hier reicht als Wiedergutmachung vollkommen aus.“ Der kleine Blondschopf kam auf ihn zu und tippte schmunzelnd auf Mikus Brust. Dieser sah an sich herunter und bemerkte mit Schrecken, dass er vollkommen vergessen hatte, sich etwas überzuziehen. Daher stand er nun allein mit Boxer-Shorts bekleidet vor dem Blonden. „Oh…“ Unbewusst errötete er leicht. „Ich habe dich ja gewarnt, aber du wolltest ja nicht auf mich hören.“ Ein mit dem Kopf schüttelnder Teruki betrat den Raum und betrachtete die beiden amüsiert. „Selbst schuld.“ Miku warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Wer hat denn gesagt, dass es mich stört?“ Bou lachte und bestrafte seine Lüge mit einer leichten Umarmung. „Du bist komischerweise so rot im Gesicht, du kannst uns nichts vormachen. Aber das ist eigentlich sehr praktisch, dann kann ich deinen Rücken noch mal eincremen.“ Ohne eine Antwort abzuwarten zog der Blondschopf ihn hinter sich her Richtung Badezimmer. Miku warf Teruki einen hilfesuchenden Blick zu, doch der schien ihn einfach lächelnd zu ignorieren und deckte weiter den Tisch. „Setz dich“, befahl Bou und der Vocal setzte sich auf den Rand der Badewanne, während der Blonde im Spiegelschrank über dem Waschbecken nach der Creme suchte, mit der er Miku schon beim ersten Mal eingeschmiert hatte. Dann setzte er sich neben ihn und Miku drehte ihm den Rücken zu. Er sog scharf die Luft ein, als die kalte Masse seine nackte und wunde Haut berührte. Doch im Gegensatz zum Vorabend schien der Blondschopf keineswegs wütend zu sein, denn er strich behutsam und zärtlich über den schmerzenden Rücken und Miku genoss es. „Sieht es eigentlich…schlimm aus?“, fragte der Vocal zaghaft und durchbrach die erdrückende Stille, die wenige Minuten lang den Raum erfüllt hatte. „Na ja… wenn ich ehrlich bin, dann sieht es nicht gerade schön aus“, meinte Bou und massierte seine Schultern. Miku fühlte, wie er entspannter wurde und der pochende Schmerz allmählich von ihm abfiel. Er war zwar noch da, doch so, dass Miku sich nicht mehr allzu sehr gepeinigt fühlte. „Die kleinen Kieselsteine waren anscheinend ziemlich spitz. Dein Rücken sieht aus, als hätte eine ganze Katzenfamilie auf dir Party gemacht und du hast richtig Glück, dass deine Haut offenbar beschlossen hat, bei dir zu bleiben. Hier hängen ein paar kleine Fetzen runter.“ „Uargh.“ Miku verzog das Gesicht, als er es sich vor seinem geistigen Auge vorstellte. „Also, jetzt hast du mir eindeutig den Appetit verdorben.“ Bou beugte sich von hinten zu ihm vor und sah ihn grinsend an. „Das letzte war ein Witz.“ „Bou-chan!“, rief Miku entrüstet und gab ihm als Strafe einen leichten Klaps auf den Hinterkopf. Dann keuchte er kurz auf, als der Blondschopf mit seinen zarten Fingern über eine besonders schmerzhafte Stelle strich. Zugleich hinterließ die leichte Berührung eine kleine Gänsehaut, die ihn erzittern ließ. „So, fertig. Ich hoffe, es hilft.“, sagte Bou nach einer Weile und ging zum Waschbecken, um sich die Hände zu waschen. Er warf dem Vocal kurz ein warmes Lächeln zu. Miku erwiderte seinen Blick und lächelte zurück, während sein Herz einen Salto rückwärts machen zu schien. //Ich wünschte, er hätte nie aufgehört…// Vorsichtig schlich er hinter Bou und legte seine Arme um seine Hüften. Da dieser ihn schon im Spiegel gesehen hatte, hatte er sich nicht erschrocken und lehnte sich leicht an den Größeren. Seine wasserstoffblonden Haare kitzelten Miku an Hals und Brust und er konnte den wohltuenden Duft riechen, der von ihnen ausging. Zufrieden seufzend legte er den Kopf auf die schmalen Schultern des Blonden. Doch die nackte Haut an Bous Hals war zu verführerisch, als dass er hätte widerstehen können. Zaghaft begann er, dort Küsse zu verteilen und wanderte mit seiner Hand unter Bous dünnes Shirt. „Aki-chan.“ Bou keuchte leise auf und beugte instinktiv seinen Kopf zur Seite, sodass der Vocal mehr Platz hatte. „W-was machst du da?“ „Ich kann mich gar nicht mehr zurückhalten und außerdem gefällt es dir doch auch, also halt die Klappe“, murmelte Miku und Bou konnte seinen Atem spüren. „So war es ja auch nicht gemeint“, nuschelte Bou leise und lief rot an. Insgeheim fragte er sich aber schon, warum Miku ihn gerade so verwöhnte. Miku wanderte mit seiner Hand weiter nach oben und entlockte dem Blonden ein leises Stöhnen. Bou beschloss, nicht weiter drüber nachzudenken. Wer weiß, wann er das nächste Mal von Miku verwöhnt wurde? Doch kaum hatte er angefangen, es in vollen Zügen zu genießen, da klopfte es kurz an der Tür und Teruki platzte hinein. Er blieb mitten in der Tür stehen und beobachtete die beiden grinsend. Bou sah den Drummer überrascht und peinlich berührt an, Miku blieb über der Stelle harren, an der er gerade den kleinen Blondschopf verwöhnen wollte. „Ich wollte nur Bescheid sagen, dass wir jetzt so langsam mal mit Frühstücken anfangen sollten“, bemerkte Teruki mit amüsantem Unterton. „Ihr seht ja ziemlich hungrig aus, wenn ihr euch schon selbst vernaschen wollt. Besonders du, Miku. Dir scheint es ja schon wieder blendend zu gehen.“ „Teruki“, sagte Miku warnend und doch geduldig. Er blickte mitleidig auf Bous Hals, seufzte enttäuscht auf und drehte sich um. „Du bist echt gemein“, maulte er und stolzierte an Teruki vorbei, ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen, und lief ins Schlafzimmer. Während er sich für die Probe fertig machte, verfluchte er den Drummer mit den schlimmsten Dingen und dachte sich sehr grausige Szenarien für einen besonders blutrünstigen Mord aus. Mikus Laune verbesserte sich schlagartig, als er sich kaum eine dreiviertel Stunde später mit Teruki und Bou auf den Weg zum Proberaum machte, denn die Sonne schien und es war angenehm warm nach der langen Winterzeit. Da der Ältere nur knapp zehn Minuten von ihrem Arbeitsplatz entfernt wohnte, gingen sie zu Fuß. Miku hüpfte vergnügt zwischen den beiden her. Bou lächelte. „Es scheint ja geholfen haben, dass ich mich so fürsorglich um deinen Rücken gekümmert habe.“ „Yapp“, entgegnete Miku und schenkte ihm zum Dank ein breites Grinsen. „Manchmal weiß ich echt nicht, was ich ohne dich tun soll, Saitou.“ „Stimmt. Auf alle Fälle wärst du schneller im Bad fertig und ihm würde es besser gehen.“ Miku drehte sich im Laufen zu Teruki um und sah ihn entrüstet an. „Was soll das denn jetzt bitte heißen?“ Teruki seufzte. „Ich weiß ja nicht, ob es dir aufgefallen ist, Miku. Aber Bou hat kaum gesprochen und sieht traurig aus, seit ihr im Bad alles gemacht habt, was man da eigentlich nicht machen sollte. Er hat kaum was gegessen und das will dir alles nicht aufgefallen sein?“ Teruki schenkte ihm einen skeptischen Blick zu. Miku sah zu Bou, der neben ihm her schlenderte und den Boden anstarrte, die Hände in seinen Jackentaschen vergraben. Er hatte schon gemerkt, dass der kleine Blondschopf nur ein Brötchen gegessen hatte und nicht bei Mikus und Terukis kleiner Lästereistunde über Kanons Verhalten mitgemacht hatte. Aber er hätte nie gedacht, dass es einen Grund hatte. Dass er der Grund war. „Uhm…stimmt das, Bou?“, fragte er vorsichtig und betete, dass der sonst so tolle Menschenkenner sich vielleicht irrte. Bou zuckte mit den Schultern und schien sichtlich nach einer Antwort zu suchen, die sowohl Miku als auch Teruki zufrieden stellte. „Keine Ahnung“, murrte er nach einem Augenblick, da ihm nichts eingefallen war, und kickte gegen einen kleinen Kieselstein. „Bou, ich…“, fing Miku an, doch sofort wurde er von Bou unterbrochen. „Ich will nicht darüber reden“, sagte dieser und rannte vor. Seufzend blieb Miku stehen und sah ihm hinterher. Irrte er sich oder hatte er den Blonden tatsächlich verletzt? Dabei hatte er ihm doch nur für seine Fürsorge danken wollen. „Du irritierst ihn, Miku“, meinte Teruki und trat neben Miku. „Er liebt dich und das weißt du doch.“ „Aber ich liebe ihn doch auch“, erwiderte Miku und sah Teruki an. „Wie soll ich es ihm denn zeigen, wenn nicht so? Außerdem ist da ja noch Kanon.“ „Und genau das verwirrt ihn doch.“ Der Drummer schwieg kurz. „Wenn du ihm in manchen Augenblicken die Zuneigung und die Wärme gibst, die er seit eurer Trennung so sehr herbeisehnt, dass er es kaum ertragen kann, mit dir alleine zu sein. Er weiß genau – oder befürchtet es zumindest -, dass du davor Kanon genau diese Aufmerksamkeit geschenkt hast und auch wieder geben wirst. Dabei möchte er dich doch nur für sich alleine haben, und das ist auch verständlich, wenn er dich wirklich von ganzem Herzen liebt. Er möchte, dass es wieder wie früher ist. Bevor wir in Europa waren. Und jetzt schau nicht so bedrückt“, sagte Teruki, denn Miku machte ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter. „Bou weiß, wie schwer es dir fällt, endlich eine Entscheidung zu treffen. Du sollst ja auch nicht zu voreilig handeln, nicht dass er noch ein weiteres Mal verletzt wird. Aber allzu lange würde ich damit auch nicht mehr warten.“ „Das weiß ich doch“, murmelte Miku und wich Terukis Blick aus. „Aber egal, für wen ich mich entscheide, einen verletze ich immer.“ „Stimmt. Aber dann verschaffst du den beiden wenigstens Klarheit über deine Gefühle. Vieles wird sich zum besseren wenden, glaube mir.“ Teruki klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. „Du wirst schon die richtige Entscheidung treffen, davon bin ich überzeugt. So, und jetzt komm. Wir müssen proben!“ Während Miku von Teruki mehr oder weniger die Straße entlang geschoben wurde, überlegte er, ob er sich bei Bou nicht besser für sein Verhalten heute Morgen entschuldigen sollte. Doch, wenn er alles zurücknehmen würde, die Küsse, seine Nähe, wäre Bou dann nicht erst recht verletzt? Keine zwei Minuten später hatten sie ihr Ziel erreicht. Geduldig wartete er, bis Teruki den Schlüssel für die Vordertür herausgekramt hatte und diese aufgeschlossen hatte. Dann lief er vor Teruki die Treppe hoch. Im Stillen fragte er sich, ob Kanon schon da war. Und wenn ja, ob Bou ihn wegen seinem gestrigen Verhalten bereits zur Schnecke gemacht hatte. Aber er hörte nichts – okay, wie denn auch, wenn der Proberaum schallisoliert war? //Obwohl…wenn die beiden erst einmal angefangen haben, sich zu streiten, dann könnte man es auch hier - // Mikus Gedankengang fand abrupt sein Ende, als der Vocal zum zweiten Mal innerhalb von zwölf Stunden über den Haufen gerannt wurde. Er war vielleicht noch einen Meter von der geschlossenen Tür entfernt, hinter der sein heiß geliebtes und pinkes Mikrophon längst auf ihn wartete, als diese plötzlich aufgerissen wurde und jemand schwungvoll herauskam, der auch leider nicht mehr ausweichen konnte. „Also morgen komme ich definitiv in neongrün und knallgelb zur Probe“, ächzte Miku, der erneut Bekanntschaft mit dem Boden gemacht hatte und unter der anderen Person begraben worden war. „’tschuldige!“ Miku stutzte und betrachtete denjenigen, der ihn umgerannt hatte. Zunächst hatte er gedacht, es wäre wieder Kanon gewesen, doch er blickte direkt in das Gesicht des Neuankömmlings mit den rotbraun schimmernden Haaren, der ihn genauso verdattert anstarrte. „Takuya?“ „Miku?“ „Was machst du hier? Ich dachte, du kommst erst nach der Tournee zu den Proben“, wollte Miku wissen und schnappte nach Luft. „Aber tu mir bitte den Gefallen und geh erst mal von mir runter.“ „Oh…“ Takuya errötete leicht und rappelte sich auf. Anschließend hielt er Miku eine Hand hin, welcher sie dankend ergriff und etwas schwerfällig aufstand. „Danke.“ Miku rieb sich den wieder schmerzenden Rücken. //Na toll! Ein Unglück kommt selten allein. Obwohl…Bou würde mich bestimmt noch einmal eincremen…// Ein breites Grinsen zierte sein Gesicht und seine Augen glitzerten unheilsvoll. „O nein!“ Teruki sah ihn warnend an, dem natürlich der urplötzliche Stimmungswandel seines Vocals nicht entgangen war und schon eine düstere Ahnung hatte, was der Auslöser gewesen war. „Du wirst Bou jetzt nicht bejammern, wie sehr doch dein Rücken wehtut!“ Miku sah ihn unschuldig an. „Aber wieso denn nicht? Er hat doch selbst gesagt, ich solle mich melden, wenn es wieder wehtut.“ „Na und? Du bist doch selbst schuld, wenn du wieder über den Haufen gerannt wirst“, entgegnete Teruki sofort. „Ich soll schuld sein?“, rief Miku entgeistert. Hatte Teruki sie noch alle? „Wie kommst du denn darauf?“ „Na, wer zieht hier denn die Leute wie ein Magnet an?“ Der Drummer blinzelte und ging an Miku und Takuya, der teilnahmslos von einem zum anderen geschaut hatte, vorbei. Bevor er den Proberaum betrat, sagte er zu Miku drohend: „Wehe, du sagst Bou auch nur ein Wort, dann bist du ein toter Mann!“ Miku sah ihm mit offenem Mund nach. „Also, jetzt ist er komplett durchgeknallt“, sagte er langsam. „Ist Teruki immer so drauf?“, kam es zaghaft von Takuya, der sich schon als nächstes Mordopfer sah, nur weil er Miku aus Versehen umgerannt hatte. „Wenn du dich von Anfang an gut mit ihm stellst, dann brauchst du ihn nicht zu fürchten. Aber keine Sorge“, fügte er schnell hinzu, als Takuya ängstlich einen Schritt zurückwich. „Normalerweise hat er nur eine große Klappe.“ „Normalerweise?“, wiederholte Takuya erschrocken. „Na ja ... bis jetzt hat er noch keinen umgebracht, denke ich zumindest.“ Miku runzelte nachdenklich die Stirn, als müsste er angestrengt darüber nachdenken. „Also, wenn man mich morgen erstochen, erhängt oder gevierteilt irgendwo in einer dunklen Gasse entdeckt, dann weißt du ja, wer der Täter ist. So, und jetzt sag mir endlich, was du hier zu suchen hattest.“ Doch Takuya brauchte einen Augenblick, bis er erstens den plötzlichen Themenwechsel und zweitens Mikus ausführliche und blutrünstige Antwort verkraftet hatte. Schnell schüttelte er den Kopf, um das alles wieder aus seinem Gedächtnis zu bekommen. Er hoffte, dass Miku nur übertrieben hatte. „Um ehrlich zu sein, habe ich dich hier gesucht“, sagte Takuya dann und sah den Vocal schüchtern an. „Was?“ Miku sah ihn ein wenig irritiert an. „Weswegen denn?“ Takuya zögerte kurz. „Ich habe meiner Mutter von AnCafé erzählt und dass ich der neue Gitarrist sein soll. Sie hat sich gefreut und wird den Vertrag unterschreiben.“ „Das ist doch prima.“ Miku lächelte ihn freudig an und unterdrückte den Schmerz über Bous Austritt. „Und das wolltest du mir erzählen?“ „Nein, das eigentlich nicht.“ Takuya schüttelte den Kopf und betrachtete einen spannenden Fleck auf dem Boden vor den Füßen des Vocals. „Uhm…willst du mich auch wirklich dabei haben? Noch habe ich den Vertrag noch nicht unterschrieben und - “ „Takuya!“, rief Miku erschrocken, machte einen Schritt nach vorn und packte den Jüngeren an den Schultern. „Habe ich mich nicht vor ein paar Tagen für mein dummes Verhalten entschuldigt? Habe ich dir nicht gesagt, wie gerne ich dich in unserer Band hätte? Wieso fragst du mich das denn jetzt schon wieder?!“ „Na ja…“ Takuya wich seinem wütenden Blick aus. „Ich wollte nur noch mal nachfragen, nicht dass du es dir doch anders überlegt hast.“ Miku seufzte. „Nur zu gern würde ich dir dafür jetzt eine reinhauen. Aber das tue ich allein aus dem Grund nicht, weil Teruki mich dann einen Kopf kürzer macht, Bou mich mit dir wohl nie wieder alleine in einem Raum lässt und Kanon mir wieder einen ellenlangen Vortrag über die vorteilhafte Anwendung der körperlichen Gewalt erzählt! “ Takuya schluckte. „T-tut mir leid, Miku. Ich dachte nur, ich - “ Mikus dämonenhafter Blick brachte ihn schlagartig zum Verstummen. „Also, entweder unterschreibst du freiwillig den Vertrag oder ich schleife dich dahin und stehe bis zu den Zähnen bewaffnet hinter dir. Verstanden?“ Takuya nickte hastig, während er den Vocal ängstlich anstarrte. Allmählich fragte er sich, ob er da eigentlich einen Vertrag für die Band unterschrieb oder eher einen Pakt mit dem Teufel schloss und damit seinen grausamen Untergang besiegelte. „V-verstanden…“ Als Miku den Proberaum betrat, kam Kanon auf ihn zu, der seinen Bass poliert hatte. Aus seinem sehr erschöpft wirkenden Aussehen schlussfolgerte der Vocal, dass er wohl einen üblen Kater ausbadete. Ihm konnte es nur Recht sein, schließlich war das die Strafe für seinen unnötig hohen Alkoholkonsum am vorigen Abend. „Hey, Kanon“, begrüßte Miku ihn fröhlich lächelnd. „Hi, Miku“, murrte Kanon griesgrämig. Verlegen wich er Mikus fragenden Blick aus und kratzte sich am Hinterkopf. Gerade wollte er sich wieder um seinen Bass kümmern, als ihm Bous und Terukis bedrohliche Blicke auffielen. Schnell wandte er sich wieder Miku zu. „Uhm…“ Er zögerte und wurde etwas rot. „Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll, aber…ich habe dich nicht absichtlich über den Haufen gerannt, das musst du mir bitte glauben. Es tut mir wirklich Leid. Ich - “ „Ach, Shinya“, seufzte Miku. „Du bist und bleibst ein hoffnungsloser Fall, wenn es um Alkohol geht. Mann, was hab ich für ein Glück, dass ich nicht so viel vertrage.“ Er lächelte ihn liebevoll an. „Es sei dir verziehen, auch wenn ich dich für die höllischen Schmerzen meines Rückens ins Jenseits befördern würde. Obwohl…“ Miku trat dicht neben Kanon und flüsterte ihm grinsend zu: „Ich habe eine sehr liebevolle Behandlung bekommen, also sollte ich dir wohl vielmehr danken.“ Kanon starrte ihn wie vom Blitz getroffen an. „Was…?“ „So, und jetzt lasst und mit der Probe beginnen“, rief Miku vergnügt und wandte sich schnell von Kanon ab. Dieser blickte ihm entgeistert hinterher und alle Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. Doch plötzlich, als sei ihm etwas klar geworden, wanderte er mit seinem nun sehr dämonenhaften Blick zum kleinen Blondschopf. Gleichzeitig fragte sich Miku, als er nach seinem pinken Mikrophon griff, ob er Kanon damit nicht zu sehr bestraft und damit vielleicht das Fass erneut zum Überlaufen gebracht hatte… Zunächst lief die Probe hervorragend. Sie hatten sich mit BondS und Ese urTerukii aufgewärmt, keiner hatte sich verspielt. Es schien, als wären alle in der Musik aufgegangen und hätten alles um sich herum vergessen. Doch als nach Mikus Wunsch Smile Ichiban Ii Onna angespielt wurde und sich der Vocal wohl offensichtlich in den Kopf gesetzt hatte, während dem ganzen Song den kleinen Blondschopf neben sich an der Gitarre zu begutachten, wurde es Kanon zuviel. Wütend brach er ab. Überrascht hörten Miku, Bou und Teruki auf zu spielen und blickten ihn verwundert an. „Was ist denn los, Kanon?“, fragte Teruki ihn ein wenig ungehalten. „Es lief doch super, wieso hast du abgebrochen?“ „Habt ihr es irgendwie an den Ohren?“, knurrte Kanon missmutig zurück. „Also, ich weiß ja nicht, wie es mit euch ist, aber die Gitarre liegt nicht ganz im Takt.“ Er funkelte zu Bou herüber, der erschrocken zusammenzuckte und einen großen Schritt Richtung Miku machte – in der Hoffnung, dass dieser ihn schützen konnte, falls Kanon auf ihn losgehen würde. „Aber, Kanon!“, rief Miku und trat schnell zwischen die beiden. „Bou hat wirklich keinen Fehler gemacht. Wenn ich ehrlich bin, warst du es, der am Ende nicht ganz die Töne getroffen hat.“ Das sagte Miku nicht, weil er sich gerne Kanons Zorn ausgesetzt sah, sondern weil es der Wahrheit entsprach. „Ja, aber doch nur, weil Bou mich vollkommen rausgebracht hat“, verteidigte sich Kanon schnell, während er seinen Bass abstellte. „Kanon. Wir können uns gerne die Aufnahme anhören, wenn du willst“, meldete sich Teruki entnervt. „Bou hat keinen Fehler gemacht.“ Miku ging zum Aufnahmegerät, das sie bei den Proben direkt vor den Konzerten und beim Entwerfen neuer Songs immer anmachten, drückte kurz auf den Rückspulknopf und dann auf Start. Alle schwiegen, während sie besonders auf die Gitarre achteten. Doch zwei Minuten vergingen und kein schiefer oder falscher Ton war zu hören. Miku drückte auf Stop und blickte zu Kanon. „Siehst du?“, sagte er. „Bou hat keinen Fehler gemacht. Willst du es noch einmal hören, um auch wirklich sicher zu sein?“ „Ach, du kannst mich mal“, murrte Kanon und schaute den Vocal ärgerlich an. „Okay, was habe ich auch schon von dir erwartet? Du hältst doch immer zu Bou.“ Dann lief er aus dem Proberaum und ließ die schwere Tür unter einem lauten Knallen hinter sich ins Schloss fallen. Miku, Bou und Teruki ließen fast gleichzeitig Mikrophon, Gitarre und Drumsticks sinken und sahen ihm perpKanon hinterher. Denn das hatte keiner von ihnen erwartet. „Was ist denn in den gefahren?“, murmelte Teruki kaum hörbar und sprach damit die Frage aus, die sie sich gerade alle stellten. „Keine Ahnung.“ Bou zuckte unwissend mit den Schultern und seufzte. „Vielleicht liegt es einfach nur daran, dass er gerade einen Mordskater von gestern ausbaden muss.“ „Und wie sollen wir so bitte weiterproben?“, schimpfte Teruki. „Reg dich nicht so auf.“ Das Mikrophon wurde mit einem leisen Klick wieder an dem silbern schimmernden Ständer befestigt. „Ich hole ihn schon zurück, versprochen“, sagte Miku und griff nach seiner Jacke. Ohne Teruki und Bou weiter zu beachten, rannte er nach draußen. Miku hatte nicht den blassesten Schimmer, wo der Schwarzhaarige sich gerade aufhielt. Er wusste noch nicht einmal, ob er vielleicht nicht schon nach Hause gefahren war. //Ach was…dann hätte er doch wohl seine Jacke angezogen…// Er lief die schmale Treppe hinunter, indem er immer zwei Stufen auf einmal nahm, und ein schlechtes Gewissen machte sich in ihm breit. Miku ahnte schon, dass Bous Zärtlichkeit, mit der er eben so geprahlt hatte, der Auslöser für Kanons Wutausbruch gewesen war. Der Vocal musste nicht lange suchen. Gerade, als er das Gebäude verlassen hatte und sich links durch die dichte Menschenmenge schlagen wollte, entdeckte er den Schwarzhaarigen in der kleinen Seitenstraße schräg gegenüber. „Shinya!“, rief er, doch dieser schien ihn nicht zu hören. Aus Angst, den Blickkontakt zum Schwarzhaarigen zu verlieren, lief er ohne groß auf die Autos zu achten über die Straße. Die quietschenden Reifen und die lauten Rufe der wutentbrannten Autofahrer ließen Kanon aufsehen und er sah dem Vocal überrascht und auch panisch entgegen. „Bist du verrückt geworden?!“, schrie er ihn an, kaum hatte Miku vor ihm Halt gemacht. „Du wärst beinahe überfahren worden!“ „Du bist auch nicht gerade viel besser“, konterte Miku ihm, der ganz außer Puste war. „Wieso bist du einfach so abgehauen? Und warum machst du Bou wieder so fertig?“ Kanon packte den kleinen Vocal vorne am Kragen und drückte ihn gegen die kühle Außenmauer eines der Gebäude. Miku konnte den beißenden Geruch der verdorbenen Lebensmittel in den Mülltonnen keine zwei Meter von ihm entfernt riechen. „Autsch, Kanon! Du tust mir weh!“ Er versuchte, sich zu befreien, doch Kanon schien erst gar nicht daran zu denken, ihm loszulassen. //Mein Gott, auf was habe ich mich da nur eingelassen? Soll Teruki ihn doch zurückholen…// „Tut mir Leid, Miku“, sagte Kanon. Er war mit seinem Gesicht direkt neben dem Mikus. „Aber ich weiß einfach nicht, wieso du Bou jetzt wieder schöne Augen machst. Willst du mich etwa bestrafen, nur weil ich dich gestern über den Haufen gerannt habe?“ „Aber, Kanon.“ Miku sah ihn verständnislos an. „Wie kannst du nur denken, ich würde dich so bestrafen wollen? Okay, ich gebe es zu. Du warst wieder stock besoffen und hast meinem Rücken einen Haufen Schmerzen bereitet, ich wollte mich nur ein bisschen rächen. Aber ich hätte nie gedacht, dass die aus einer Mücke einen Elefanten machst!“ „Na und? Ich will einfach nicht, dass du Bou so ansiehst.“ Unwillkürlich lockerte sich der Griff um Mikus Kragen. Fast gleichzeitig lehnte sich Kanon leicht gegen Miku, die Stirn direkt neben ihn an die kalte Wand gepresst. „Kannst du dir nicht vorstellen, wie weh mir das tut? Ich habe dir gesagt, dass ich mich damit abfinden würde, wenn du dich für Bou entscheidest. Aber ein wenig Rücksicht…ist das zuviel verlangt?“ „Shinya…“ Miku wusste nicht, was er sagen sollte. Kanon war so dicht vor ihm, dass zwischen sie noch nicht einmal ein Blatt gepasst hätte. //Ich war so sehr mit Bous Austritt beschäftigt, dass ich nicht auf Kanons Gefühle geachtet habe…// Ein stechender Schmerz jagte durch seine Brust und zaghaft legte er seine Arme um den Größeren. „Tut mir Leid, Shinya“, entschuldigte sich Miku bei ihm. „Ich…ich bin der größte Vollidiot unter der Sonne. Ich möchte dich doch nicht verletzen und schon gar nicht meinen allerbesten Freund verlieren. Ich verspreche dir, dass das nie mehr vorkommt.“ Einen kurzen Moment lang herrschte Schweigen, in dem Miku mit klopfenden Herzen auf eine Antwort wartete. „Oh mann.“ Kanon gab ein leises Stöhnen von sich. „Wenn ich nicht so verdammt vernarrt in dich wäre und du nicht mein bester Kumpel wärst, dann hätte ich dir sofort eine reingehauen. Aber ich verzeihe dir noch dieses eine Mal.“ „Na, was für ein Glück aber auch.“ Miku zwang sich zu einem Lächeln und gab einen erleichterten Seufzer von sich. Er löste die Umarmung und sah ihn an. „Wenn dir irgendetwas nicht passt, dann komm bitte zu mir, okay? Von Bou habe ich das auch verlangt. Ich will euch beiden nicht wehtun.“ „Ich denke, das könnte ich schaffen“, nickte Kanon und strich dem Blonden lächelnd eine Strähne aus dem Gesicht. Miku bekam bei dieser kleinen Berührung eine leichte Gänsehaut. Schnell fing er die Hand ab, die sich gerade zu seinem Ohr verirren wollte, und hielt sie fest. „Kommst du aus der Tiefkühltruhe? Deine Hände sind ja eiskalt“, stellte er fest. Er zog seine dicke Jacke aus und legte sie dem Schwarzhaarigen über die Schultern. „Danke“, murmelte Kanon verlegen und zog die Jacke tiefer in seinen Nacken. „Aber jetzt frierst du doch.“ „Ach was.“ Miku winkte ab. „Erstens finde ich es gar nicht so kalt und zweitens gehen wir jetzt wieder zurück. Teruki und Bou warten schon sehnsüchtig.“ Er legte einen Arm um Kanon und schob ihn aus der kleinen Gasse raus. Kanon sträubte sich. „Ich weiß nicht, was ich Bou sagen soll.“ Miku blieb stehen und sah ihn direkt an. „Du entschuldigst dich bei ihm, ist doch klar. Und jetzt komm, oder willst du, dass Teruki dich zu Hackfleisch verarbeitet?“ Den Rest des Weges liefen beide schweigend und in Gedanken versunken nebeneinander her. Kanon suchte fieberhaft nach den richtigen Worten, wie er sich bei Bou am besten entschuldigen konnte. Denn er wusste, dass Miku ihn ansonsten auf ewig hassen würde. Währenddessen überlegte der Vocal, wie er sich Bou und Kanon gegenüber verhalten sollte, ohne die beiden ständig zu verletzen. Und ewig konnte er sich nicht beim kleinen und niedlichen Blondschopf zurückhalten. //Moment mal…wieso empfinde ich nicht mehr so bei Kanon?// Mikus Blick wanderte erschrocken zum Schwarzhaarigen, der neben ihm die Treppe hoch lief. //Wieso wünsche ich mir nicht mehr, ihn zu küssen? Mir reicht es irgendwie auch, wenn ich ganz dicht neben ihm bin. Bei Bous Nähe würde ich am liebsten sofort über ihn herfallen…// Er errötete ein wenig und verbannte seine Gedanken sofort in die tiefsten Ecken seines Kopfes. Kanon wollte gerade schon die Tür öffnen, doch Miku schob seine Hand sanft, aber bestimmt von der Klinke. Verwirrt blickte der Schwarzhaarige in das entschlossene Gesicht des Sängers. „Was ist los?“ „Kann ich nach der Probe mit zu dir kommen? Ich denke, wir müssen was klären.“ „Klar“, antwortete Kanon knapp, wohlwissend, was Miku ihm sagen wollte. Doch genau wie Miku wusste er, dass endlich etwas geändert werden musste. Dies änderte jedoch nichts an dem aufkeimenden, flauen Gefühl in seiner Magengegend, als er endlich die Tür öffnete und sie eintraten. Kapitel 35: Entscheidung ------------------------ AnCafe probte ohne weitere Zwischenfälle bis in den Abend hinein. Vielleicht lag es an Kanons ehrlicher Entschuldigung, die er Bou gegenüber geäußert hatte, oder aber an Teruki, der seine drei Bandkollegen unermüdlich zu Höchstleistungen aufforderte und sich somit ihre Gedanken einzig und allein um die Musik drehten. Vor allem Miku konnte durch die anstrengende Probe das anstehende Gespräch mit Kanon verdrängen, doch auch dem Bassisten ging es dabei nicht anders. Nachdem Miku ihm gesagt hatte, dass er gerne mit ihm reden wolle, war er froh, sein Instrument in der Hand halten und sich nur auf die Musik konzentrieren zu können. Gegen halb acht erklärte Teruki die Probe für beendet und klopfte den dreien auf die Schulter. „Das war doch mal eine ordentliche Probe, Leute“, meinte er und schenkte allen ein warmes Lächeln. Bou, der gerade seinen Verstärker abschaltete, grinste. „Wow. So ein Lob aus deinem Mund zu hören ist ja schon fast selten.“ Miku und Kanon warfen sich belustigt Blicke zu. „Wieso?“, fragte Teruki. „Seit wir von der Tournee zurück sind, hatten wir kaum eine Probe ohne Komplikationen. Mal ist einer zu spät gekommen, dann konnte sich jemand nicht konzentrieren oder aber es wurde gestritten. Und abgesehen von Kanons kleinem Ausraster heute Morgen“, er warf dem Bassisten einen vielsagenden Blick zu, der daraufhin grummelnd die Arme verschränkte, „lief alles wunderbar. Es hätte nicht besser sein können. Und ich wünsche mir, dass das so bleibt“, fügte er noch schnell drohend hinzu. „Aye, aye, Chef!“ Bou salutierte vor Teruki, bevor er sich seine Tasche über die Schulter warf. „Wir werden uns bemühen, deinen hohen Anforderungen gerecht zu werden.“ „Sehr witzig“, lachte Teruki. „Aber ich meine es wirklich ernst. Wir haben demnächst wieder ein Konzert und bis dahin müssen die Songs perfekt sein.“ Bou verdrehte daraufhin nur die Augen und wandte sich Miku zu. „Wir sollten uns beeilen, wenn wir den nächsten Bus noch bekommen wollen.“ Doch Miku schüttelte den Kopf. „Ich habe noch was zu klären. Wir sehen uns dann einfach morgen, ja?“ Er wich Bous enttäuschtem und verwirrten Blick aus. „Na gut.“ Der Blonde umarmte Miku. Er spürte, wie ihm warm ums Herz wurde und hätte ihn am liebsten nicht mehr losgelassen. „Mach’s gut, bis zur nächsten Folterstunde.“ Er zwinkerte verschmitzt und winkte dann den anderen beiden zum Abschied. „Na, klar! Bis morgen.“ Miku blickte ihm grinsend hinterher. Dann griff er nach seinber Jacke und zog sie sich über, auch Teruki und Kanon machten sich zum Gehen bereit. Mikus Gedanken wanderten zu dem bevorstehenden Gespräch mit Kanon. Er fragte sich, ob er auch tatsächlich den Mut aufbringen konnte, es ihm zu sagen. Doch er wusste ganz genau, dass es jetzt kein Zurück mehr gab. Er hatte sich entschieden und damit mussten Kanon und Bou wohl leben müssen. Während der U-Bahn-Fahrt sprach keiner der beiden ein Wort, sondern starrten geistesabwesend in die jeweilig entgegengesetzte Richtung. Miku kam es vor, als wäre der schwarzhaarige junge Mann neben ihm plötzlich ein Fremder, einer von vielen unbekannten Fahrgästen in der U-Bahn. Dieses Gefühl verwirrte und stimmte ihn zugleich traurig. Noch gestern hatte er sich in seinen starken Armen wohlgefühlt, als er ihn kurz vor dem Interview in die kleine Kammer gezogen hatte. Wie konnte es dann sein, dass er heute nur eine fremde Kälte verspürte? Das Gefühl änderte sich auch nicht, als sie kurze Zeit später Kanons Wohnung betrat, in der er sich schon immer wohl gefühlt hatte. Nun wollte er einfach nur nach Hause. Oder lag das alles an der Angst, die er vor Kanons Reaktion hatte? „Möchtest du etwas trinken?“, unterbrach Kanon die Stille, während er die Jacken an einen Haken neben der Tür hängte. Miku nickte nur und da er sich sichtlich unwohl zu fühlen schien, fügte er noch mit einem aufgezwungenen Lächeln hinzu: „Du kannst dich schon mal setzen. Ich komme gleich.“ Wieder nickte Miku nur und blickte Kanon nach, wie er in die Küche ging. Er setzte sich auf die Couch im Wohnzimmer und versuchte, sich zu entspannen. Es erschien ihm wie eine Ewigkeit, bis Kanon mit zwei Gläsern Wasser in der Hand zurückkam. Er stellte eins vor Miku auf den Tisch und setzte sich neben ihn, doch nicht ohne einen gewissen Abstand zu ihm zu wahren. Miku bedankte sich und trank einen Schluck. Das kühle Wasser tat ihm nach der langen Probe besonders gut. Er holte tief Luft und schaute dann Kanon unverwandt an. „Kanon, ich habe eine Entscheidung getroffen“, sagte er bestimmt, während sein Herz schmerzhaft in der Brust schlug. Kanon wich seinem Blick aus. „Ich mag dich sehr und ich glaube, ich liebe dich noch immer. Aber bei Bou ist dieses Gefühl einfach stärker. Ich fühle mich mehr zu ihm hingezogen. Es tut mir Leid, wenn ich dich enttäuscht habe. Ich hatte dir ja lange die Hoffnung gegeben, ich würde mich für dich entscheiden.“ Kanon schüttelte unmerklich mit dem Kopf. „Du hast mich nicht enttäuscht“, meinte er leise und blickte starr auf das Glas vor ihm. Miku war es, als würde sich sein Magen zu einem winzigen Klumpen zusammenziehen. Noch nie hatte er Kanon so verbissen gesehen. „Ich bin ja selber schuld. Schon nach unserer Trennung wusste ich, dass du dich für ihn entscheiden würdest.“ Die letzten Worte betonte er besonders abfällig. „Aber die Hoffnung habe ich nicht aufgegeben und werde es auch nie.“ Obwohl Miku gewusst hatte, dass Kanon ihn immer noch liebte, kamen plötzlich die ihm wohlbekannten warmen Gefühle ihm gegenüber und ihre gemeinsamen Momente wieder hoch, doch so schnell sie aufgekommen waren, verschwanden sie auch wieder. „Du weißt, warum ich mich von dir getrennt habe.“ Der Schwarzhaarige nickte und blickte Miku seit dem Gespräch das erste Mal an. Miku versuchte, den Blickkontakt zu halten, denn aus seinem Blick sprach eine Mischung aus Traurigkeit, Wut und Enttäuschung. „Weil ich schnell ausraste, wenn es um dich geht.“ „Kannst du denn dann nicht verstehen, dass ich - “ „Natürlich kann ich das, Miku“, unterbrach Kanon ihn mit barscher Stimme. Miku schrak ein wenig zurück. „Ich weiß, dass das nicht richtig ist und es tut mir auch unglaublich leid. Ich habe schon jedes Mal versucht, mich zurückzuhalten, weil ich bei meinem letzten Freunden auch schon so reagiert habe. Bei dir wollte ich es eigentlich richtig machen, aber…“ Statt weiterzusprechen schüttelte er nur den Kopf und trank einen Schluck aus dem Glas. Miku kämpfte mit seinen Tränen. „Dass es das letzte Mal schon so war, wusste ich nicht“, sagte er leise, mehr zu sich selbst als zu Kanon. Er versuchte nachzuvollziehen, warum Kanon so handelte. Doch so sehr er sich auch anstrengte, er konnte sich keinen Reim auf sein Verhalten machen. „Ich hatte mal eine kleine Schwester“, sagte Kanon plötzlich. Miku runzelte verwundert die Stirn. Ihm wurde plötzlich bewusst, dass er fast gar nichts über Kanons Vergangenheit wusste. „Das wusste ich nicht.“ „Weil es so gut wie niemand weiß und so soll es auch bleiben.“ Er warf Miku einen vielsagenden Blick zu. „Ich werde schweigen“, meinte Miku mit einem leichten Lächeln. Kanon zögerte einen Moment. Es schien, als ob er es sich anders überlegt hätte; doch dann begann er zu erzählen. Es war keine lange Geschichte, die er auf dem Herzen hatte, doch es reichte aus, um Mikus Ratlosigkeit gegenüber Kanon gewalttätigem Verhalten zu erklären. Er nahm ihn in die Arme und drückte ihn fest an sich. Kanon‘ Schwester war im Alter von 5 Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen, als sie und Kanon an einem Nachmittag im Spätsommer am Straßenrand herumgealbert hatten. Ein Ausrutscher auf die Straße und schon war es passiert. Miku konnte nachvollziehen, dass Kanon sich die Schuld an dem tödlichen Unfall gab. Schließlich war er damals mit 10 Jahren der große Bruder gewesen und hatte somit die Verantwortung über die kleine Schwester gehabt. Doch Miku wusste auch, dass Kanon den Unfall nicht hätte verhindern können, und auch sonst niemand. Kanon erzählte auch, dass seine Eltern ihm niemals einen Vorwurf gemacht hatten, dass er besser hätte aufpassen müssen. „Warum hast du mir nie davon erzählt?“, wagte Miku nach einer Weile des Schweigens zu fragen. Er strich sich eine Strähne von Kanons dunklem Haar aus dem Gesicht, die sich dorthin verirrt hatte. „Ich rede einfach nicht gerne darüber“, meinte Kanon nur, der es mittlerweile auch schon bereute, Miku diese doch sehr private Geschichte erzählt zu haben. Zum einen kam zu dem unangenehmen Gefühl, das Miku mit seinen Worten bei ihm ausgelöst hatte, auch eins, das er stets erfolgreich hatte verdrängen können. Eins, das seinen Magen krampfen ließ und ihn kaum noch schlucken ließ. Zum anderen, weil er sich nun nackt fühlte. Das Wissen, seinen Freunden – und vor allem Miku – einen wichtigen Teil seiner Vergangenheit vorenthalten zu haben, hatte ihm einen gewissen Schutz geboten. Schutz vor unangenehmen Fragen, prüfenden oder gar – was er tatsächlich gefürchtet hatte – ablehnenden Blicken. Zudem hatte er einfach keinen Sinn darin gesehen. Nur jetzt hatte er es Miku erzählen müssen. „Ich weiß, es ist keine Entschuldigung für mein Verhalten. Aber ich hoffe, du kannst jetzt nachvollziehen, warum ich dir gegenüber einen so großen Beschützerinstinkt habe. Aber es ist auch nicht so, dass ich bewusst so reagiere. Ich kann einfach nicht anders, als dich mit allen Mitteln beschützen zu wollen, damit ich durch meine eigene Schuld nicht noch einen Menschen verliere, den ich über alles liebe.“ Am nächsten Tag musste Miku bei der Bandprobe traurig feststellen, dass Kanon kaum ein Wort mit ihm sprach und auch seinem Blick ständig auszuweichen schien. Auch gegenüber den anderen beiden äußerte er kaum seine Meinung über den Song, an dem sie zurzeit probten. Miku hatte vermutet, dass Kanon nach der Entscheidung nun wieder Bou ärgern würde, doch der Gitarrist schien ihn nicht zu stören. Obwohl Kanon sehr stark und einigermaßen normal wirkte, wusste Miku, dass er seine wahren Gefühle nur versteckte. Schließlich hatte er ihm ihre Entscheidung mitgeteilt, die ihn – trotz, dass er es schon geahnt hatte – sehr verletzt haben muss. Und Kanon hatte ihm von seiner verunglückten Schwester erzählt, um sein Verhalten zu erklären. Dabei mussten zwangsläufig Gefühle hochgekommen sein, die er seit acht Jahren versuchte zu verdrängen. Miku konnte nicht anders, als Kanon für seine Stärke zu bewundern. Er konnte sich nicht im Entferntesten vorstellen, wie es ihm ergangen wäre, hätte er unter den gleichen Umständen jemanden verloren. Und doch hat er mir viel Glück mit Bou gewünscht… Als sie gegen Abend die Probe beendeten, stellte Kanon schnell sein Instrument weg, schnappte sich seine Jacke und murmelte nur: „Sehen uns dann morgen“, bevor er verschwand. Teruki, Miku und Bou blickten ihm irritiert hinterher. „Seit wann sagt er uns nicht mehr richtig Tschüss?“, fragte Teruki stirnrunzelnd. „Ist doch egal.“ Bou zuckte nichtsahnend mit den Schultern und packte seine Sachen zusammen. Miku besorgte sich eine Wasserflasche und trank einen großen Schluck. Dann atmete er einmal tief durch und trat neben Bou, der sich gerade mit der Gitarre im Schoß auf den Boden gesetzt hatte, um sie zu pflegen. Bou blickte fragend zu ihm auf. „Uhm…“ Miku zögerte. Er fragte sich, warum er jetzt schon so nervös war. „Hast du vielleicht Lust, mit mir gleich etwas essen zu gehen? Du bist natürlich eingeladen“, fügte er noch schnell hinzu. Es schien wie eine Ewigkeit, dass der Gitarrist ausdruckslos zu ihm aufschaute. Miku schluckte unbehagen. Er erwartete jeden Augenblick eine Absage, doch zu seiner Erleichterung lächelte Bou ihn plötzlich warm an. „Sehr gern. Aber nur, wenn ich dich einladen darf.“ Widerwillig musste Miku zustimmen, auch wenn es ihm unangenehm war. Schließlich hatte er ihn gefragt und nicht anders herum. Aber er hatte Angst, dass er sonst doch noch nein sagen könnte. „Dann gib mir bitte noch ein paar Minuten, ja?“ Miku nickte. Wie versteinert stand er nun neben Bou und schaute ihm zu, wie er mit einem Tuch seine Gitarre polierte. Er musste lächeln, als sie sich an sein glückliches Gesicht erinnerte, als er das Instrument zum ersten Mal in den Händen gehalten hatte. Es regnete, als Miku und Bou auf die Straße traten. Murrend zog der Sänger sich die Kapuze auf und Bou stellte den Kragen seines dunklen Mantels auf, um wenigstens den Nacken vor dem kalten Regen zu schützen. „Hast du einen besonderen Wunsch, wo du gerne essen möchtest?“, fragte Bou. „Nein. Aber wir können uns ja in die Pizzeria da vorne an der Ecke setzen. Dann müssen wir nicht so weit durch den Regen laufen.“ Bou stimmte nur zu gern zu und lief mit Miku eilig zum Italiener. Es war ein kleines, aber sehr beschauliches Restaurant, in welchem Miku schon des Öfteren mit Bou oder auch Teruki war. Sie suchten sich einen Tisch in der hintersten Ecke aus, ungestört von den anderen wenigen hungrigen Gästen. Miku öffnete ihre Jacke und wollte diese gerade schon ausziehen, als Bou ihm diese Aufgabe abnahm. „Danke“, sagte Miku und schaute ihm verwundert zu, wie er die Jacke über die Stuhllehne hängte, bevor er sich seinen Mantel auszog. Bou setzte sich grinsend Miku gegenüber und reichte ihm die Karte. „Tu mir nur bitte einen Gefallen.“ Irritiert blickte der Sänger von der Karte auf, die er gerade aufgeschlagen hatte. „Welchen denn?“ „Dass du dir nicht so viel bestellst. Ich bin nämlich gerade knapp bei Kasse.“ Miku musste lachen. „Das ist doch nichts neues bei dir.“ „Hey! Das ist gemein.“ Bou verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust, konnte sich aber ein leichtes Lächeln nicht verkneifen. „Hast du schon entschieden, was du nimmst?“ „Klar, das habe ich. Eine große Hawaii, zwei kleine Salami-Pizzen und einen Salat.“ „Ist nicht dein Ernst, oder?“ Miku schüttelte grinsend den Kopf und reichte ihm die Karte. „Nur das erste. Ich will dich ja nicht bettelarm machen.“ Bou lachte und Miku freute sich, ihn seit langem wieder so ausgelassen fröhlich zu sehen. Ist ja auch kein Wunder. Erst unsere Trennung, meine Beziehung mit Kanon und dann noch die ständigen Hänseleien von Kanon… Miku war nun sicher, dass er es heute schaffte, auch Bou seine Entscheidung mitzuteilen. Er wollte ihn nicht noch länger leiden lassen. „Darf ich dich etwas fragen, Miku?“, fragte Bou, nachdem sie bei einer Kellnerin Hawaii und Tonno bestellt hatten, und auf Mikus, wenn doch auch irritiertes, Nicken hin fuhr er fort: „Hat es einen bestimmten Grund, dass du mich zum Essen eingeladen hast?“ „Uhm..“ Diese Frage hatte Miku am Allerwenigsten erwartet. Er überlegte, wie er es Bou am besten erklären könnte. „Ich wollte dir nur etwas sagen, aber…“ Verunsichert brach Miku ab und wich Bous fragendem Blick aus. Er wollte mit Bou nun doch nicht in aller Öffentlichkeit darüber reden. „Warum zögerst du? Sag es doch einfach.“ Bou schaute ihn nachdenklich an. „Können wir erst essen und dann reden?“, fragte Miku zaghaft. Der Blonde lächelte beruhigend. „Ich hätte fast keine andere Antwort von dir erwartet.“ „Wieso?“ „Na, weil du immer erst ans Essen denkst und dann an anderes.“ Bou grinste verschmitzt. „Wenn das so wäre, hätte ich viel mehr bestellt.“ Lächelnd strich Miku sich eine Strähne aus dem Gesicht und sah sich nach einer Bedienung mit ihren Pizzen in den Händen um, doch zu seiner Enttäuschung war noch niemand in Sicht. Sie mussten geschlagene fünfzehn Minuten auf ihre Pizzen warten. Miku lief das Wasser im Mund zusammen, als er schon von weitem den leckeren Duft roch, und hätte der Bedienung die Teller beinahe aus der Hang gerissen, hätte Bou nicht vorher schon seine Hände – in weiser Voraussicht - festgehalten. Über Mikus Essverhalten konnte er einfach nur schmunzelnd den Kopf schütteln. Als sie die Pizzeria verließen, nieselte es noch und so eilten Miku und Bou über die Straße, um sich dort unter die Arkaden zu stellen. Der voranschreitende Abend und das schlechte Wetter sorgten dafür, dass nicht mehr allzu viele Menschen unterwegs war. Die wenigen eilten zielstrebig an ihnen vorbei, um schnell ins Warme und Trockene zu kommen. Einer von ihnen rempelte Bou an. „Idiot“, zischte er wütend hinter ihm her und rieb sich den leicht schmerzenden Arm. „Man könnte meinen, hier wäre kein Platz für drei Leute. Aber egal.“ Er wandte sich lächelnd Miku zu. „Du wolltest mir noch etwas sagen?“ Miku nickte. „Ja…“ Er überlegte, wie er es am besten sagen sollte. Ihm war, als würde sein Herz jeden Augenblick aussetzen. „Ich habe Kanon gestern mitgeteilt, dass ich mich für dich entschieden habe.“ Bou schaute ihn erstaunt an. Er hatte alles erwartet, nur nicht, dass Miku sich für einen von ihnen entschieden hatte. „Deswegen war er heute also so abweisend“, schloss er aus Kanons Verhalten während der Probe. Da Miku erwartete, dass Bou noch etwas bezüglich seiner Entscheidung sagte, schwieg er. Doch nichts dergleichen kam. Kein Lächeln, keine glitzernd funkelnden Augen, keine offenen Arme. Stattdessen stand Bou bewegungslos vor ihm und starrte ausdruckslos an ihm vorbei. „Was ist los?“, fragte er schließlich irritiert, als er es nicht mehr länger aushielt. „Ich habe dir doch gerade gesagt, dass ich mich für dich entschieden habe. Verstehst du das nicht, Bou?“ „Natürlich verstehe ich das“, erwiderte Bou mit barscher Stimme. Miku sank das Herz in die Hose. Er verstand einfach nicht, wieso Bou ihn zurückwies. „Liebst du mich nicht mehr?“, wagte er verzweifelt zu fragen. Bou rollte stöhnend mit den Augen. „Natürlich liebe ich dich noch, Akiharu. Aber darum geht es auch nicht.“ „Und warum dann?“ Nun wurde auch Miku ein wenig lauter. „Warum willst du nicht mit mir zusammen sein?“ „Kannst du mich denn nicht verstehen? Du kommst plötzlich zu mir und sagst, dass du dich für mich entschieden hast. Und verlangst sofort, dass ich wieder eine Beziehung mit dir eingehe, aber das kann ich nicht!“ „Warum denn?“ „Woher soll ich wissen, dass du dich auch wirklich für mich entschieden hast und bei der nächsten Zweisamkeit mit Kanon wieder schwach wirst? Ich will das Gleiche einfach nicht nochmal durchmachen!“ Und ehe Miku noch etwas erwidern konnte, machte Bou kehrt und ließ ihn alleine stehen. Miku schaute ihm mit halb offenem Mund hinterher; er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Als er Bou nicht mehr sehen konnte, stiegen Tränen in seinen Augen auf. Er war sich so sicher gewesen, dass er seine Entscheidung akzeptieren, ihn sogar freudig empfangen würde, dass er nun umso mehr enttäuscht war. Jetzt habe ich beide verloren…Bou und Kanon…was soll ich denn machen? Dass er Bou in den letzten Monaten sehr verletzt hatte, wusste er . Aber Miku hatte sich doch schon entschuldigt - was konnte er sonst noch machen, damit Bou ihm Glauben schenkte? Die Nacht verbrachte Miku auf der Couch im Proberaum. Er hatte nicht nach Hause gehen wollen, aus Angst, Bou unterwegs in der U-Bahn oder dem Bus zu treffen. Während er im Dunkeln auf der doch etwas unbequemen Schlafstätte lag, konnte er nicht aufhören, über Bous zornige Worte nachzudenken. Hatte Teruki ihm gestern nicht noch gesagt, dass Bou ihn liebte und nur auf seine Entscheidung wartete? Dass Bou wollte, dass alles wieder wie früher war? Damit war laut Mikus Verständnis seine und Bous Beziehung gemeint, oder etwa nicht? Oder stimmte Terukis Einschätzung über Bou nicht? Miku wusste es nicht. Er wusste nur, dass Bou ihn nicht wollte, weil er ihn zu sehr verletzt hatte. Wie konnte er ihm da nur noch unter die Augen treten? Miku wusste es beim besten Willen nicht. Als er am nächsten Morgen aufwachte, schien trübes Licht durch das kleine Fenster herein. Obwohl Miku nicht einmal ansatzweise ausgeschlafen hatte, setzte er sich auf und streckte sich. Von der unbequemen Couch taten ihm alle Knochen im Leib weh. Er musste auch wieder an Bou denken und fragte sich, wie er sich ihm gegenüber nur verhalten sollte. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, in der er einfach nur dasaß und seinen Gedanken freien Lauf ließ. Er hatte es aufgegeben, sie zu kontrollieren, sie von Bou wegzulenken. Plötzlich hörte der Sänger, wie nebenan jemand den Proberaum betrat. Miku hatte jedoch Angst, es könnte sich dabei um Bou handeln, und blieb sitzen. Er hatte keine große Lust, ihm alleine begegnen zu müssen. Doch dann öffnete sich auf einmal die Tür und zu Mikus Erleichterung war es nicht Bou, der seinen Kopf neugierig durch den Türspalt steckte. „Miku? Was machst du hier?“, fragte Kanon und trat näher. Er hatte sich noch nicht seine Jacke ausgezogen. „Hast du etwa hier geschlafen?“, fügte er noch irritiert hinzu, als er die Decke auf Mikus Schoß entdeckt hatte. „Warum platzt du eigentlich hier einfach rein?“, murrte Miku, schob die Decke beiseite und stand auf. Er schaute an sich herunter und stellte zu seinem Ärgernis fest, dass seine Kleidung völlig zerknittert war. Er versuchte, wenigstens die Ärmel der Jacke glatt zu streichen, doch er gab schnell auf. Kanon zuckte mit den Schultern. „Ich habe mich nur gewundert, dass deine Sachen schon nebenan liegen und dachte, du wartest hier auf uns. Woher konnte ich denn ahnen, dass du hier gepennt hast, und das noch auf unserer Luxus-Couch?“ Miku stellte sich dicht vor den Fernseher und versuchte, mithilfe des doch eher schlechten Spiegelbildes seine Haare zu ordnen, die vom Schlafen völlig verknotet und verwirrt waren. „Ist das nicht meine Sache?“ Kanon runzelte skeptisch die Stirn, während er sich die Jacke auszog und sie über die Lehne der Couch hängte. „Eigentlich schon. Aber - “ „Dann lass mich bitte auch in Ruhe“, murmelte Miku, der den Kampf mit seinen widerspenstigen langen Haaren längst aufgegeben hatte. Ohne ihn eines Blickes zu würdigen, rauschte Miku an Kanon vorbei und besorgte sich eine Wasserflasche. Er wusste, dass er den Frust über Bou nicht an Kanon auslassen durfte und schalt sich innerlich. Er kann nichts dafür, dass Bou mich nicht mehr möchte. Obwohl…hätte er mich in Paris nicht einfach so geküsst, wäre das alles erst gar nicht geschehen… Doch Miku wusste auch, dass we selbst, bevor sie überhaupt in Paris waren, Kanon unentwegt angestarrt hatte ohne es zu merken. Er konnte also gar nicht so genau sagen, dass ohne den Kuss auf dem Eiffelturm nichts passiert wäre. Ich darf Kanon nicht die Schuld geben… Die Tür öffnete sich erneut und Teruki trat ein. Er staunte nicht schlecht, als er Miku entdeckte, der ja normalerweise als Letzter mit Verspätung aufkreuzte. „Hey, Miku. Freut mich, dass du meinen Rat befolgt und einen Bus früher genommen hast“, meinte Teruki vergnügt und legte seine Sachen ab. „Dann können wir ja heute ausnahmsweise mal pünktlich anfangen.“ „Miku hat aber keinen Bus eher genommen.“ Kanon kam hinzu und umarmte Teruki zur Begrüßung freundlich. „Sie hat hier gepennt.“ Teruki schaute den Sänger erstaunt und verwirrt zugleich an. „Wieso denn das?“ Miku stöhnte entnervt. Wieso konnte Kanon nicht einmal etwas für sich behalten? „Was interessiert euch das? Dir kann es ja egal sein, ich bin überpünktlich zur Probe da.“ „Hey!“ Teruki hob abwehrend die Hände und trat einen Schritt zurück. „Ich weiß zwar nicht, warum du so schlecht gelaunt bist, aber du brauchst es nicht an mir auszulassen.“ „Ich musste auch schon herhalten“, raunte Kanon dem Drummer leise zu. Die beiden tauschten vielsagende Blicke. Miku ließ die beiden stehen und setzte sich auf den Verstärker in der Ecke, die halb leere Wasserflasche in der Hand. Er schloss die Augen, lehnte sich an die kühle Wand des Proberaumes und versuchte sich auf das leise Geräusch der entweichenden Kohlensäure zu konzentrieren. Es war ihm egal, was Kanon und Teruki von ihm dachten. Hauptsache, sie ließen ihn endlich in Ruhe. Die Wahrheit wollte er Teruki nicht sagen, und Kanon schon gar nicht. Teruki würde nur sagen: „Habe ich es nicht gleich gesagt? Du hast zu lange mit einer Entscheidung gewartet. Jetzt siehst du, was du davon hast.“ Und Kanon: „Bou hat dich eh nicht verdient. Ich hätte keine Sekunde gezögert, hättest du dich nur mal für mich entschieden.“ Miku schluckte und kämpfte mit den Tränen. Er musste wieder an Bou denken und fragte sich, ob sie es wenigstens schafften, Freunde zu bleiben. Wie aus weiter Ferne hörte er die Tür aufgehen, doch Bous weiche Stimme holte ihn in die Realität zurück. Er öffnete die Augen und sah, wie Bou Teruki und Kanon zur Begrüßung kurz umarmte, einige wenige Worte murmelte und dann nach seiner Gitarre griff, um sie anzuschließen. Als er sich zum Verstärker herunterbeugte, der nur einen knappen Meter von dem Mikus entfernt stand, trafen sich ihre Blicke. Bous Gesicht war ausdruckslos, wohingegen in seinem Blick eine gewisse Schärfe lag. Miku schaute schnell weg und sein Herz raste. Noch nie war sie von Bou so gleichgültig angesehen worden. Es versetzte ihn einen Stich in die Brust. Ist das jetzt die Rache dafür, dass ich ihn so sehr verletzt habe? Bou begann ein paar Takte zu spielen und langsam nahmen auch Kanon und Teruki ihre Positionen hinter den Instrumenten ein, die Bou und Miku skeptisch beobachtet hatten. Auch Miku griff nach dem Mikro und stand auf. Eigentlich hatte er keine Lust zu singen, doch er wusste, dass Teruki und Kanon ihn wieder mit Fragen löchern würden, würde er die Probe verweigern. Die Probe verlief mehr schlecht als recht. Es lag einzig und allein an Miku. Ständig mussten sie die Song wieder von vorne anfangen, da Teruki jedes Mal unterbrach, wenn Miku einen Ton nicht traf oder ihm die richtige Stimmung im Gesang fehlte. „Lasst uns eine Pause machen“, meinte Teruki völlig entnervt, als Miku seinen Einsatz dreimal in Folge verpasst hatte. Bou und Kanon ließen erleichtert die Instrumente sinken. Ihnen machten keine Proben Spaß, in denen sie die Songs alle zwei Minuten neu anfangen mussten. Auch Miku legte aufatmend das Mikrofon weg. Es war ihm unangenehm, dass wegen ihm ständig von vorn angefangen werden musste. Er erinnerte sich noch nur zu genau daran, dass Bou und Kanon vor kurzem noch der Grund für pausenlose Unterbrechungen gewesen waren und konnte jetzt nachvollziehen, wie es den beiden dabei wohl ergangen war. „Dann lasst uns jetzt auch etwas zu Essen besorgen“, bemerkte Kanon mit einem kurzen Blick auf die Uhr. „Ich bekomme so langsam Hunger.“ „Ich auch“, stimmte Teruki ihm zu. „Ich bin dafür, dass Miku losgeht und etwas holt.“ Miku, der sich schon gerade auf den Verstärker in der Ecke setzen und einfach nur seine Ruhe haben wollte, stöhnte auf. „Wieso ich? Kann nicht Kanon gehen, wenn er schon so großen Hunger hat?“ „Weil dir frische Luft ganz gut tun könnte“, bemerkte Teruki. „Ich weiß zwar nicht, was mit dir heute los ist, dass du nur falsche Töne triffst. Aber vielleicht kommst du beim Essen besorgen auf andere Gedanken und singst gleich besser. Und wenn du nicht alleine gehen möchtest, kannst du ja Bou fragen, ob er mitkommt.“ „Ich kann schon alleine Essen kaufen. Ich brauche keinen Idioten, der auf mich aufpasst“, warf Miku patzig ein, griff nach seiner Jacke und steckte sich das Portmonee in die Tasche. „Ach, dann bin ich für dich also ein Idiot?“ Bou stellte die Gitarre weg und trat ein paar Schritte auf Miku zu. Verletzt funkelte er ihn an. „Nur weil du schlecht gelaunt bist, brauchst du es nicht an uns auslassen.“ „Wer sagt denn, dass ich schlecht drauf bin?“, meinte Miku mit lauterer Stimme, als er beabsichtigt hatte. „Nur weil ich nicht so gut gesungen habe?“ „Nicht so gut gesungen?“, wiederholte Bou fassungslos. „Du hast noch nie so mies gesungen wie heute.“ „Danke! Und was war mit deinen Patzern in den letzten Proben? Da hat sich hinterher niemand beschwert, aber bei mir schon! Das ist unfair!“ „Wie soll ich denn sonst beschreiben, wie dein Gesang war?“, rief der Blonde. „Außerdem ist es gemein von dir, mich als Vergleich hinzuzuziehen.“ „Ich bin doch eh nur die Gemeine.“ Miku konnte seine Gefühle nicht länger zurückhalten. Er spürte, wie die salzigen Tränen sich langsam einen Weg über die Wangen bahnten. „Wieso nur kannst du mir nicht verzeihen? Ich weiß, dass ich dich sehr verletzt habe. Aber hast du nicht selber gesagt, dass du dir mein Glück wünschst? Auch, wenn ich mich für Kanon entscheiden würde? Das habe ich aber nicht. Ich möchte einzig und allein mit dir glücklich sein! Ich weiß nicht, wie ich es dir beweisen soll, aber bitte, glaube mir. Ich könnte dir nicht noch einmal das Gleiche antun – und wenn doch, dann würde ich es mir nie verzeihen und lieber sterben als ohne dich zu leben!“ Ohne auf eine Antwort zu warten, drehte Miku sich um und rannte nach draußen. Er wollte einfach nur weg. Weg von Bou. Wieso zum Henker habe ich das gerade gesagt? Miku eilte, ohne wirklich zu schauen, über die Straße. Im Nachhinein waren ihm die Worte unangenehm, wenn sogar peinlich – obwohl sie der Wahrheit entsprachen. Er mochte es nicht, anderen gegenüber seine Gefühle zu äußern. Und schon gar nicht, wenn er von der Person erst kürzlich zurückgewiesen worden war. Miku setzte sich vor einem Geschäft auf eine freie Bank und schaute gedankenverloren den vorbeigehenden Menschen zu. Und dann haben auch noch Kanon und Teruki zugehört. Jetzt weiß Teruki, dass ich endlich eine Entscheidung getroffen habe, und Kanon, dass ich bei Bou keine Chance mehr habe…bestimmt ärgert er Bou jetzt damit…und ich bin schuld, dass die beiden sich wieder streiten… Auf einmal vibrierte sein Handy. Miku zog es aus der Hosentasche und stöhnte leise, als erTerukis Namen auf dem Display las. Er überlegte, ob er den Anruf ignorieren sollte, entschied sich aber dagegen. Zwar verspürte er keine allzu große Lust, mit Teruki zu reden, doch Miku kannte den Drummer nur zu genau, um zu wissen, dass er besser drangehen sollte. Miku hob ab und ehe er auch nur ein Wort sagen konnte, hörte er schon Terukis energische Stimme. „Du kommst unverzüglich zurück, es gibt nämlich etwas zu klären. Und wenn du nicht kommst, gibt es Tote.“ Dann legte er wieder auf. „Typisch, Teruki“, murmelte Miku leise, steckte das Handy wieder weg und bewegte sich langsam Richtung Proberaum. Er fragte sich, was es zu klären gab. Wahrscheinlich will sie mir wieder eine Standpauke halten, dass ich nicht richtig mit Bou umgehe… Miku stieg die Treppe hoch und wunderte sich, als er Kanon mit verschränkten Armen lässig an der Wand gelehnt sah. „Wieso bist du nicht drinnen?“, fragte er neugierig. Kanon schaute ihn vielsagend an. „Du kennst doch Teruki. Er hat mich rausgeschmissen, damit auch ja keiner von euch abhaut.“ Miku verstand kein Wort. Er kam jedoch erst gar nicht dazu nachzufragen, was Kanon damit meinte, als er sanft, aber bestimmt, in den Proberaum von ihm geschoben wurde. „Hey, was - “ Doch Kanon hatte die Tür bereits wieder hinter ihm verschlossen und Miku nahm stark an, dass er noch immer vor der Tür stand. Bou saß an dem kleinen Tisch, auf dem ihre Notizen lagen, und starrte missmutig durch die Gegend. Miku schloss an seiner ablehnenden Körperhaltung, dass er wohl nicht freiwillig dort auf dem Stuhl saß. Was hat Teruki bloß vor… Teruki, der bereits ungeduldig auf Miku gewartet hatte, schob ihn auf den Tisch zu. „Setz dich“, sagte er mit befehlendem Ton und zeigte dabei auf den Stuhl Bou gegenüber. Grummelnd setzte Miku sich. Er versuchte, nicht zu Bou zu schauen, doch aus den Augenwinkeln her entging ihm nicht seine abweisende Haltung. Auch Teruki setzte sich, zwischen die beiden ans Kopfende. Er legte die verschränkten Arme auf den Tisch und schaute fordernd vom einen zum anderen. „Kanon und Bou haben mir vorhin schon haargenau erzählen müssen, was denn jetzt schon wieder zwischen euch los ist“, sagte er zu Miku gewandt. Miku wich seinem Blick aus. „Mit Kanon hast du ja anscheinend vernünftig reden können, aber bei Bou scheinst du offensichtlich einen Fehler gemacht zu haben. Verdammt, ihr liebt euch doch!“ Miku und Bous Blicke trafen sich kurz. „Warum macht ihr es euch jetzt so schwer? Ihr ward doch schon einmal zusammen. Und ja, ich weiß, dass in den letzten Wochen sehr viel passiert ist, was dich verletzt hat, Bou. Aber man muss auch mal verzeihen können.“ Er erhob sich und schaute die beiden warnend an. „Und ihr werdet hier nicht rauskommen, ohne dass ihr euch ausgesprochen habt!“ Dann drehte er sich um und verließ den Raum. Stille kehrte ein. Miku und Bou saßen beide schweigend auf ihren Stühlen und starrten Löcher in die Luft. Keiner von ihnen traute sich, als erster das Wort zu ergreifen. Nur das leise Ticken des Sekundenzeigers von der Uhr über der Tür war zu hören. Bou seufzte leise und Miku wurde das Ganze langsam unangenehm. Seit er Bou kannte, hatte er sich nie in seiner Gegenwart so unwohl gefühlt wie jetzt. Am liebsten wäre er gegangen, doch er wusste nur zu genau, dass Teruki und Kanon vor der Tür Wache standen und somit jeglichen Fluchtgedanken zunichte machten. Nur um etwas zu tun zu haben, stand Miku auf und ging zu der Wasserkiste neben der Tür. Mit einer Flasche in der Hand wollte er gerade wieder zu seinem Stuhl zurückkehren, als er noch einmal inne hielt. „Uhm…möchtest du auch was trinken?“, fragte er zaghaft und schaute Bou direkt an. Bou schaute auf und nickte leicht. Miku bückte sich nach einer weiteren Flasche und reichte sie dem Blonden. Dabei berührten sich ihre Hände für einen kurzen Moment. Beide sahen sich an und es war, als würde Miku sich in den dunklen Rehaugen verlieren, mit welchen er hingebungsvoll angeschaut wurde. Sein Herz schlug schneller, als Bou ihn leicht anlächelte. „Teruki hat Recht“, sagte er und stellte die Flasche auf den Tisch, ohne Miku aus den Augen zu lassen. „Wir stellen uns nicht gerade besonders heldenhaft an, oder?“ Miku schüttelte leicht den Kopf. „Nein, aber es ist ja auch nicht einfach. Ich meine, du hast allen Grund mir gegenüber skeptisch zu sein. Ich habe dir sehr wehgetan und du möchtest das kein weiteres Mal durchmachen, und das kann ich auch verstehen.“ Bou senkte ein wenig den Blick. Miku spürte die warmen Finger, die sanft über seine Hand strichen. „Hast du es eben eigentlich ernst gemeint?“ „Was?“ Doch Miku wusste genau, dass Bou auf seinen kleinen Gefühlsausbruch vorhin hinauswollte. „Dass du lieber sterben möchtest, als ohne mich zu leben.“ Miku war es, als würden sich seine dunklen Rehaugen tief in ihn hineinbohren. Er seufzte leise. „Natürlich nicht wörtlich. Aber ich weiß, dass ich ohne dich einfach nur unglücklich wäre und das Leben keinen Spaß mehr machen würde. Wir kennen uns jetzt schon so lange, da kann ich mir meine Zukunft nicht mehr ohne dich vorstellen – schon gar nicht, seit wir uns lieben.“ „Ich auch nicht“, sagte Bou leise. Er hatte aufgehört, über seine Hand zu streichen und hielt sie einfach nur fest. „Teruki hat mir eben auch geraten, dass ich nicht so nachtragend sein und dir eine zweite Chance geben soll. Und ich glaube, wäre ich nicht so verdammt verliebt in dich, würde ich es nicht tun.“ Miku traute seinen Ohren nicht, während sein Herz einen Salto zu machen schien. „Meinst du damit, dass du jetzt doch mit mir zusammen sein möchtest?“ Der Blonde zögerte kurz, bevor er sagte: „Ich habe nur Angst, dass Kanon - “ „Bou, ich möchte nichts mehr von Kanon“, unterbrach Miku ihn schnell. „Du weißt doch, weshalb ich nie mit Kanon zusammen sein könnte. Er hat mir sein Verhalten zwar erklärt, aber das ändert nichts. Für mich werden wir nur Freunde sein.“ Bou runzelte nachdenklich die Stirn. „Er konnte dir eine plausible Erklärung für sein gewalttätiges Verhalten geben? Das wundert mich aber.“ „Wieso?“, fragte Miku irritiert. „Für mich klang es sehr plausibel. Aber ich weiß, dass es keine Entschuldigung ist. Er wollte sich einfach nur erklären.“ „Und was ist, wenn er sein Verhalten dir gegenüber eines Tages ändert?“ Miku schüttelte den Kopf. „Er versucht schon seit Jahren seit Verhalten zu ändern, aber ohne Erfolg. Ich denke nicht, dass er sich jemals ändern wird. Außerdem möchte ich dich – und nicht Kanon.“ Dies schien Bou ein wenig zu beruhigen. Er zog Miku zu sich auf den Schoß, einen Arm um seine schmale Hüfte legend. „Na, da bin ich aber erleichtert“, sagte er lächelnd. Miku erwiderte das Lächeln nur zu gern. Er genoss es, seit langem dem Blonden so nahe zu sein wie jetzt. Bous dunkle Rehaugen strahlten.. Plötzlich wurde Miku von all den Gefühlen übermannt und seine Augen fingen an zu tränen. „Was ist denn los?“, fragte Bou besorgt und strich über Mikus Wangen, um die Tränen zu trocknen. Miku konnte es einfach nicht fassen, dass Bou ihm eine zweite Chance gab nach allem, was geschehen war. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, auf dem Schoß eines jungen Mannes zu sitzen, der ihn über alles liebte und für den er selbst alles tun würde. Von ihm so angesehen zu werden, wie er es jetzt tat. Mit einem Blick, der seine abgrundtiefe Liebe ihm gegenüber offenbarte. „Du bist los, das ist los“, murmelte Miku, mehr zu sich selbst als zu Bou. Er wartete nicht länger, sondern beugte sich zu Bou vor und küsste ihn. Sein Herz raste so schnell, dass es schon fast zu explodieren drohte. Bou erwiderte den Kuss nur zu gern und legte nun auch den anderen Arm um Miku, um ihn fest an sich zu drücken. Er wollte ihn nie wieder verlieren. Kapitel 36: On Stage Again -------------------------- Weißer Nebel rollt in die Ferne, war schmerzhaft Wenn ich mich daran erinner, die Art wie du lächelst,sie zeigt mir, dass mein Herz schmerzt Wir hatten sinnlose Gespräche und kämpften um viele Dinge Ich erfasste das Dankeschön und schrie bis zum Ende Der Wind weht durch die Wärme, die durch die Schläge mit ihnen den Liedern der Liebe Die abtropfenden Wolken, blenden plötzlich das Licht aus. und ich schlafe, lass das Orange lächeln frei Du musstest die Schätze übersteigen, aber was bleibt für mich? Ich konnte es nicht ertragen, gezeigt habe ich es an diesem Tag durch meine Tränen Du hinterliest deine Freundlichkeit, ich habe probiert dir zu glauben Der Druck von außen war Stark, wie auch immer, ich gehe den steilen Weg und werde die geliebten Dinge beschützen. Eines Tages wird dieses Lied, durch die Stadt fließen, wo du lebst,wie ein Traum, solange du still schläfst. Miku ließ das Mikrophon sinken und hüpfte an den Rand der Bühne, um die Fans zu noch lauterem Gerufe zu animieren. Doch dies war kaum nötig, denn die Masse wusste, dass dies der letzte Song war. Takuya, der gerade sein Solo spielte, bewegte sich auf Kanon zu und der Bassist wandte sich zu ihm, um gemeinsam ein rasantes Battle zu spielen. Die Fans waren begeistert. Kurz vor seinem Einsatz bemerkte Miku aus den Augenwinkeln eine Bewegung am Bühnenrand und schaute hin. Sein Herz blieb stehen, als er einen blonden jungen Mann entdeckte, der ihn zufrieden lächelnd beobachtete. Sehnsüchtig erwiderte Miku den Blick und fing an zu singen: Das Licht von morgen wird durch das Fenster scheinen und die Menschen, die auf dich warten, öffnen die Tür Der Traum ist, eingraviert in meinem Herzen, unser Abschied verändert alles Der Wind weht durch die Wärme, die durch Schläge, die mit ihnen den Liedern der Liebe. Die abtropfenden Wolken, blenden plötzlich das Licht aus. und ich schlafe, lass das Orange lächeln frei Erst als er ihm den Rücken zukehrte und die kleine Treppe hinunterstieg, die auf die Bühne führte, wandte sich Miku wieder den Fans zu, doch die aufrichtigen Gefühle in seiner Stimme verschwanden nicht. Mit beiden Händen das Mikro umklammernd spürte er im weißen Scheinwerferlicht alle Augenpaare in der Halle auf sich ruhen und er sang voller Inbrunst über das wunderbare Gefühl, das seit einiger Zeit wieder in seinem Herzen wohnte. Der Druck von außen war stark, wie auch immer, ich gehe den steilen Weg und werde die geliebten Dinge beschützen. Ich sang über viele Erinnerungen verpackt in Träume, wie eine übervolle Tasse. Mit einem Lächeln sagen wir danke, auf Wiedersehn,pass auf dich auf. Als der Song zu Ende war und sie sich von den Fans verabschiedet hatten, war Miku der Erste, der von der Bühne verschwand. Er übersprang die kleine Treppe und rannte den engen Flur entlang, bis er einen großen Raum erreichte, in dem lauter Ballons von der Decke hingen und das Logo ihrer Band auf einem großen Banner an der Wand hinter einem gigantischen Büffee hing. Zwischen all den zahlreichen Staff-Mitgliedern, die nur auf das Ende des Konzertes gewartet hatten, um endlich das Büffee plunder zu können, entdeckte er ihn jedoch auf Anhieb. Er lehnte erwartungsvoll lächelnd an der Wand, etwas abseits von den anderen, und blickte ihm entgegen. Ihre Blicke trafen sich und Miku rannte zu ihm. Er streckte die Arme aus und als der zierliche Sänger ihn erreichte, hob er ihn hoch. „Bou!“, rief Miku lachend und als er wieder den Boden unter seinen Füßen spürte, küsste er ihn. Nur zu gern erwiderte der ehemalige Gitarrist den Kuss. Miku spürte, wie sein Herz einen Salto nach dem anderen schlug. Er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Noch konnte er es nicht wirklich fassen, in seinen Armen zu liegen und von ihm geküsst zu werden. „Bin mal gespannt, wer von den beiden als Erstes erstickt”, hörte sie plötzlich eine knurrende Stimme hinter ihm. Nur mühsam konnte Miku den Kuss lösen, doch er blieb in Bous Armen. Plötzlich spürte er, wie erschöpft er vom Konzert war, und legte müde den Kopf an Bous Schulter. „Komm, Kanon. Die beiden haben sich lange nicht gesehen, wir sollten sie wohl besser alleine lassen”, sagte Teruki und zog den Bassisten mit sich zum Büffee. Miku dankte ihm im Stillen, denn er wollte Bou jetzt ungern mit den anderen teilen. Er spürte Bous Hand, die sanft über seinen Rücken strich. „Was machst du hier?”, fragte er und schaute ihn neugierig an. Bou runzelte skeptisch die Stirn. „Heißt das etwa, ich soll wieder gehen?” „Nein!”, rief Miku panisch. „Ich frage ja nur, weil du nicht gesagt hattest, dass du zur Aftershow-Party kommen wolltest.” „Es sollte ja auch eine Überraschung werden.” „Und die ist dir auch gelungen.” Miku gab ihm lächelnd einen Kuss auf die Wange. “Ich bin so froh, dass du hier bist. Die zwei Monate ohne dich waren schlimm. Ich habe dich so vermisst.” „Ich dich auch.” Sanft strich Bou ihm durchs Haar, was bei Miku für eine leichte Gänsehaut sorgte. „ Ich konnte einfach nicht warten, bis du wieder in Köln bist – auch wenn es nur zwei Tage mehr gewesen wären. Außerdem wollte ich euch live hören.” „Und?”, fragte Miku vorsichtig und schaute Bou besorgt an. Er wusste, dass es für ihn sehr schlimm gewesen war, die Band endgültig zu verlassen. Nach ihrer letzten gemeinsamen Probe waren viele Tränen geflossen und Bou war so fertig mit den Nerven gewesen, dass er sogar beinahe mit seiner Gitarre auf den Boden eingehauen hätte. Kanon hatte ihm gerade noch rechtzeitig das Instrument wegnehmen können. Zwar war Bou in dem letzten Monat vor der großen Deutschland-Tournee vorbeigekommen, um Takuya ein paar Tipps zu verraten, doch es war nicht wie vorher und mit der Zeit wurden Bous Besuche immer weniger und kürzer, bis sie ganz aufgehört hatten. Miku hatte allerdings nicht versucht, mit ihm darüber zu reden, denn er wusste genau, dass es ihn zu sehr verletzte, seine alte Band mit einem anderen Gitarristen proben zu sehen. „Es ist ungewohnt, euch vom Rand der Bühne zuzusehen.” Bou lächelte gequält. „Aber ich bin richtig begeistert, wie schnell Bou die Songs gemeistert hat.” „Und ihm haben wir auch die Melodie zu unseren neuen Songs zu verdanken”, stimmte Miku ihm zu. „Er hat sie fast allein komponiert.” „Dann habe ich ihn also richtig ausgesucht?“, fragte Bou lächelnd. „Natürlich. Aber mir wäre es lieber gewesen, wenn du geblieben wärst“, murmelte Miku leicht beleidigt und wich seinem Blick aus. Seufzend drehte Bou den Kopf des Sängers sanft in seine Richtung, sodass er gezwungen war, in seine Augen zu schauen. „Du weißt genau so gut wie ich, dass ich austreten musste. Ich habe zwar seit meinem Austritt keinen Kontakt mehr zu Kanon, aber ich kann mir nur zu genau vorstellen, dass es bei der kleinsten Kleinigkeit wieder zu Streit kommen wird.“ „Auch wieder wahr“, murrte Miku und warf einen traurigen Blick in Kanons Richtung, der zusammen mit Bou und ihrem Manager an einem der Stehtische stand, jedoch mit dem Rücken zu ihm. Miku ahnte, dass dies kein Zufall war. „Seit wir wieder zusammen sind, habe ich nur das Nötigste mit ihm gesprochen. Dabei möchte ich einfach nur mit ihm befreundet sein. Ich hatte so sehr gehofft, dass wir es hinkriegen.“ „Du darfst ihn nicht so drängen“, riet Bou ihm. „Er braucht nur Zeit. Ich denke nicht, dass er auf eine reine Freundschaft mit dir verzichtet. Aus Erfahrung weiß ich, wie weh es tut, jemanden, den man über alles liebt, an der Seite eines anderen zu sehen.“ „Tut mir Leid, dass du diese Erfahrung machen musstest.“ Bou schüttelte abwehrend den Kopf. „Ist doch jetzt egal, Miku. Die Vergangenheit können wir nicht mehr ändern, aber wir können aus ihr lernen.“ Er lächelte. „Mir hat der letzte Song sehr gefallen. Aber jetzt lass uns das Büffee plündern – oder zumindest das, was davon übrig geblieben ist.“ Er griff nach Mikus Hand und gemeinsam schlenderten sie zur langen Tafel, vorbei an einem zufrieden grinsenden Teruki, einem lächelnden Takuya und an einem verbitterten Kanon, der sich jedoch ein kleines Schmunzeln nicht verkneifen konnte. ___ so, das war das letzte Kapitel. Ich hoffe, es war nicht allzu kitschig ;) Die Übersetzung von Orange Dream habe ich übrigens einfach von http://www.magistrix.de/lyrics/AnCafe/Orange-Dream-Uebersetzung-258873.html übernommen, ich übernehme keinerlei Haftung für eventuelle Fehler :D Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)