Western Spirits von collie ================================================================================ Kapitel 20: In the air tonighit (Weihnachtsspecial oder sowas) -------------------------------------------------------------- Da es leider so aussieht, dass ich mit der Geschichte bis Weihnachten noch groß weiter komme, hab ich mich entschieden, dieses Kapitel etwas anders als gedacht zu beenden. Es ist schließlich Weihnachten ... na ja, bald ... und da ich nicht weiß, wann ich dazu komme, euch allen ein Frohes Fest zu wünschen ... lesen *g* Entsprechend der Verabredung am Vortag trudelten nun alle wieder im Hause Rider ein. Die ersten, die ankamen, waren Robin und Colt in Begleitung von Woody Steeker. Wenige Minuten später klingelte das werdende Elternpaar. Saber öffnete und sofort huschte eine durchgefrorene Schwangere in die wohlige Wärme des Hauses. Etwas verlegen folgte ihr Freund. „Ist der Rechtsverdreher auch schon da?“ fragte er. Der Schotte nickte. „Der Tee ist gleich fertig. Oder willst du lieber eine heiße Schokolade?“ bot er dann April an. „Zur süßen Versuchung sag ich nicht nein“, antwortete sie und ging zu den anderen ins Wohnzimmer. „Deine Jolene ist wo?“ erkundigte sich der Rennfahrer vorsichtig. „In der Küche. Wieso fragst du?“ Überrascht schaute er den Rennfahrer an. Was glaubte der, wer den Tee machte? Saber war jegliche Küchenarbeit bei Androhung der Todesstrafe verboten worden. Es gab zwei Bereiche in diesem Haushalt, die uneingeschränkt seiner Frau gehörten, die Küche und die Praxis. Es hatte viele Diskussionen mit ihr über Aufgabenverteilung gegeben. Saber sah nicht ein, warum sie alle anfallenden Arbeiten allein machen sollte, nur weil sie es so gewohnt war. Das Ende vom Lied war, dass es ein Teil seiner Pflichten geworden war die Wäsche zu bügeln. Drei Hemden von ihm hatte daher schon das Zeitliche gesegnet und er musste gestehen, dass ihm diese Arbeit genauso verhasst war, wie ihr. Mit einem unbestimmten „Nur so“ hängte der Japaner seine Jacke an die Garderobe und trotte hinter drein. An der Küchentür blieb er stehen. „Ich komm gleich nach“, rief er dem Schotten hinterher, der im Wohnzimmer verschwand. Etwas unsicher klopfte Fireball an. „Knock knock knocking on heavens door ...” trällerte es zur Antwort. Chily hatte offensichtlich ihren Frohsinn wieder. Trotzdem öffnete er zögernd. „I put my gun to the ground, “ versicherte er zaghaft summend. Friedenspfeife inklusive. „Dann wartet der Himmel eben noch“, bemerkte sie, offensichtlich kein bisschen nachtragend. „Kannst du eine Küchenhilfe gebrauchen?“ Das schlechte Gewissen war ihm im Gesicht gemeißelt. Chily verdrückte ein Grinsen. Das war zu drollig, wie sie befand. Aber wenn er schon so reuevoll vor ihr stand, durfte sie ihn nicht auslachen. „Was wollt ihr zwei denn trinken?“ erkundigte sie sich dann. „April hätte gern eine heiße Schokolade. Ich würde mich mit Früchtetee begnügen, “ antwortete er, unschlüssig, wie er ihr sagen sollte, was er ihr sagen wollte. „War nicht mein Tag, gestern, “ presste er hervor. „Ich weiß, “ entgegnete sie leicht. „Früchtetee ist fertig, wenn du die Winterfrüchtemischung magst. Für heiße Schokolade bitte da die Schokolade holen.“ Dabei wies sie auf die entsprechende Schranktür. Er tat wie ihm aufgetragen. „Hör mal“, setzte er noch einmal an. „So ein Ekel wollt ich wirklich nicht sein, entschuldige.“ – „Ich les so einiges in den Menschen. Unter anderem auch das, “ erwiderte sie und nahm die Milch aus dem Kühlschrank. Die hätte sie jedoch fast fallen lassen, als sie sich wieder zu ihm umdrehte. Fireball hielt einen Weihnachtsstern im Topf hin. „Ich hoffe, du stehst auf den Kitsch und bleibst Aprils Hebamme“, meinte er. Sie brachte nur einen undeutlichen Laut hervor. Sie hatte mit allem gerechnet, aber damit nicht. „Der Weihnachtsstern war also keine gute Idee?“ hakte er verunsichert nach. Fahrig platzierte sie die Milch auf der Arbeitsplatte und warf noch einmal einen Blick auf die Pflanze. „Ich mag sie sehr.“ Sie nahm ihm das Geschenk ab. „Vor allem rot, das ist halt so schön klassisch...“ Langsam verschwand die Überraschung aus ihren Augen und leuchtete Freude darin auf. „Rot, wie der Hitzkopf, der vor dir steht.“ Er wies auf seinen dunkelroten Pullover. „Sollst ja schließlich nicht vergessen, von wem du den hast.“ Dann nahm er sie freundschaftlich in die Arme. „Es tut mir leid“, raunte er an ihre Schulter. „Das weiß ich doch“, gab sie mild zurück und erwiderte die Umarmung. „Mach dir nicht so viele Gedanken und entschuldige, wenn ich deine manchmal ausgrabe. Ist keine Absicht, ehrlich.“ Prompt drückte er sie noch kurz etwas fester an sich. „Es ist nur... April fängt jetzt auch schon damit an, “ erklärte er sich. „Aber, dass ist doch nun wirklich nicht meine Schuld, “ protestierte sie hilflos.“ Schmunzelnd lösten sie sich wieder von einander. „Nein. Aber meine Gedanken sie sind nun mal meine und als solche dazu bestimmt, sie mit niemanden zu teilen,“ seufzte der Sturkopf. „Das hab ich mit Saber auch schon durch. Du gewöhnst dich schon noch dran. Hat er auch. Ich werde mich auch zurück halten. Ist ja doch eher Aprils Aufgabe sich um das zu kümmern, was in deinem Dickkopf so vorgeht.“ Sie stellte den Weihnachtsstern liebevoll auf das Küchenfenster und kümmerte sich um die heiße Schokolade. „Liegt in der Familie“, grinste Fireball. „Soll ich was mitnehmen?“ bot er an. „Na, wenigstens sitzt das Herz am rechten Fleck.“ Einem Impuls folgend drückte sie ihm einen freundschaftlichen Kuss auf den Oberarm. „Das Tablett, wäre lieb. Ich komm gleich mit der Schoki.“ Erleichtert waren beide darüber, dass sie offensichtlich ohne größere Schwierigkeiten aneinander geraten konnten, aber wenigstens versöhnten sie sich genauso problemlos. Was würde er ihr wohl nach dem nächsten Krach schenken? Sie kicherte leise vor sich hin. Mit einem skeptischen Blick auf den Piloten, wollte Saber bei dessen Eintritt ins Wohnzimmer wissen: „Was genau hast du jetzt mit meiner Frau in der Küche gemacht?“ – „Noch mehr Kinder“, stichelte Colt auf diesen Anflug von Eifersucht. Der Schotte hob die Brauen. „Ich hab ihr den Vorschlag gemacht, sich japanische Teetassen anzuschaffen, was den sonst?“ entgegnete der Gefragte und zwinkerte seinem Boss leicht zu. „Aha.“ Was war nur los mit ihm, fragte Saber sich, dass er schon wieder auf solche Ideen kam? „Jedenfalls darf ich dir Woody Steeker vorstellen“, meinte er dann und wies auf den selbigen. Der Rennfahrer stellte das Tablett auf den Tisch und drehte sich in die Richtung, in die gedeutet wurde. Da saß er also vor ihm: Woody Steeker. Er trug die Uniform eines Lieutenants hatte aber leger den obersten Knopf des Kragens offen gelassen. Ein Goldkettchen blinkte an seinem Hals und bildete einen schönen Kontrast zu seinem dunkleren Teint. Seine grünen Augen blitzen geistreich und waren von endlos langen Wimpern umrahmt. Verdammt, der Typ war ein Tom Escuri-Verschnitt und der Schauspieler war als Frauenschwarm berühmt. Konnten wenigstens diese makellosen, schlanken Hände ein Fehler sein? Immerhin bedeuteten sie, dass er sie sich noch nie wirklich schmutzig gemacht hatte. Fireball reichte ihm die Hand. „Ich weiß nicht, ob ich mich freuen soll oder gleich die Flucht ergreifen“, bemerkte er unbehaglich. Hoffentlich zählte April nicht auch zu der Vielzahl der Frauen, die auf diesen Typ Mann standen. Verwundert schaute Steeker ihn an. Was hatte er dem denn getan? Chily kam zu ihnen und drückte sich an dem werdenden Vater vorbei um der Schwangeren die heiße Schokolade zu reichen. „Der steht auf Robin“, raunte sie ihm so leise zu, dass nur er es verstand. Jetzt musste er grinsen. Beruhigend zu wissen. Beunruhigend jedoch für den Schotten. „Habt ihr neuerdings Geheimnisse?“ hakte er bei dieser Szene nach. „Wie kommst du darauf?“ Seine Frau reichte April die Tasse. „Bitte schön, Little Mama“ und hockte sich anschließend nah zu ihm aufs Sofa. Auch der Rennfahrer nahm sich eine Tasse Tee und setzte sich zu der Navigatorin. „Und? Was hab ich verpasst? Außer das Strafmaß?“ wollte er wissen. „Noch nichts, wir sind ja auch erst seit fünf Minuten hier und die haben wir auf euch gewartet“, entgegnete Robin. Colt nickte zustimmend. „Also Rudy“, betitelte er Mr. Right um. „Jetzt darfst du loslegen“, stellte er fest. Der reichte ihm eine Visitenkarte. „Das nächste Mal einfach ablesen“, parierte er unbeeindruckt den Hohn. Die Lehrerin kicherte. Unwillig verzog der Cowboy das Gesicht. So gut war der Konter nun auch wieder nicht gewesen. „Hast du dir denn schon einen Überblick verschafft?“ fragte sie dann. „Ich habe die Unterlagen gestern von Commander Eagle bekommen, samt der Anklageschrift“, antwortete der sachlich. „Was erwartet uns jetzt wirklich?“ wollte der Scharfschütze wissen. Seine Braut war ebenso aufgeregt. „Hast du dir schon einen ersten Eindruck verschaffen können?“ Allen brannte die Ungeduld unter den Nägeln. „Immer mit der Ruhe. Wir sollten ruhig heran gehen. Es steht viel auf dem Spiel, “ mahnte der Anwalt sie. „Das ist wohl wahr, “ nickte Saber. „Worauf sollten wir bei der Anhörung vorbereitet sein?“ Es schien ihm am sinnvollsten, da anzufangen. „Auf alles, um es kurz zu machen. Vor allem auf unangenehme Fragen. Die enge persönliche Bindung zu Suzie DeMartin, Mandarin Yamato und dem Fall im Allgemeinen lässt sie sicherlich auf niedere Beweggründe für eine Unterlassung schließen. Und da ihr alle“ Steeker nickte leicht in Richtung des Rennfahrers. „aus dem strafunfähigen Alter raus seid, wird es schwer werden, dagegen zu argumentieren.“ Der Aufmerksamkeit seiner Hörerschaft gewiss, fuhr er fort. „Da uns der Weg versperrt ist, hab ich mir eine andere Taktik überlegt. Denn sie werden auf euer Alter zu sprechen kommen, ganz bestimmt. Ihr seid durch die Bank noch sehr jung. Wir sollten daraufhin argumentieren und es als Milderungsgrund auslegen, “ schlug er vor und nahm einen Schluck vom Tee. „Wie alt werden die sein?“ fragte April. „Sehr erfahren. Keiner von ihnen ist weit von den fünfzig weg. Wir sollten so viele Pluspunkte wie möglich sammeln.“ Der Scharfschütze lümmelte sich in den Sessel. „Da hätten wir ja noch den ein oder anderen Pluspunkt. So Kleinigkeiten wie Frieden halt. Hätten wir den nicht, wär denen egal gewesen, wie es Suzie erwischt hat, “ brummte er. „Wohl kaum, “ widersprach Steeker. „Der Beraterstab besteht aus fünf Mitgliedern, die allesamt schon oft ähnliche Fälle hatten. Also auch schon während des Krieges. Sie gelten als konservativ, was euch nicht wirklich dienlich sein dürfte. Es geht immerhin um den Vorwurf der vorsätzlichen Unterlassung. Die Unterlassung an sich können wir nun mal nicht anfechten, wohl aber den Vorsatz. Wir müssen diesen Beraterstab davon überzeugen, dass hier ein minder schwerer Fall vorliegt. Dann haben wir die Chance auf eine Bewährungsstrafe und das ist das Beste, auf das wir hoffen können, “ erklärte er und fügte hinzu, als er die betretenen Gesichter sah. „Aber wir haben dennoch ein oder zwei Punkte, an denen wir sie vielleicht gnädig stimmen können.“ – „Welches sind die Punkte?“ hakte Saber nach. „Nun der vorsitzende Colonel ist immerhin verheiratet, auch wenn er keine Kinder hat. Der erste Berater, ein Lieutenant Colonel ebenfalls. Das zweite Mitglied ist ein Major, zwar Single, hat aber einen Sohn aus erster Ehe. Der zweite Major in der Runde ist nicht nur verheiratet, sondern hat eine Tochter und einen Sohn, letzeren im Krieg verloren. Leider haben wir auch einen Lieutenant Colonel, der weder verheiratet ist, noch Kinder hat. Und last but not least.“ Er musste Luft holen. „Wir spekulieren auf Familie, sehe ich das richtig?“ gestatte sich der Rennfahrer eine kleine Zwischenfrage. Der Anwalt nickte. „Das letzte Mitglied in diesem Kreis ist Lieutenant Colonel, getrennt lebend und Mutter einer Tochter, “ ergänzte er dann. „Interessant.“ Colt beugte sich vor und stütze die Ellenbogen auf seinen Knien ab. „Das heißt also, wir haben nicht so ganz Unglück mit dieser Jury“, verstand die werdende Mutter. Wieder nickte Steeker. „Exakt. Sie wissen alle, wie sich Krieg auf die Familie auswirken kann, “ erklärte er und kam zu dem Teil, der den Beklagten sicher nicht gefallen würde. „Ich hab mir diesbezüglich eure Lebensläufe angesehen.“ Verwundert hob Robin die Brauen. „Was haben die damit zu tun?“ Mr. Right deutet auf den Cowboy. „Eltern durch den Krieg verloren.“ Sein Finger wanderte zu Fireball und April. „Jeweils einen Elternteil verloren und bei dir war der Vater entscheidend für den Ausgang der ersten Angriffswellen.“ Der Pilot schluckte. Seine Freundin griff nach seiner Hand. „Also zwei Bonuspunkte und eine ziemlich fiese Erinnerung“, fasste sie nicht sehr glücklich zusammen. „Für gewöhnlich hat der Sohn etwas von seinem Vater“, versuchte Steeker den Rennfahrer aufzubauen und fuhr fort um sich nicht unnötig lange an diesem wunden Punkt aufzuhalten. „Und Sabers Führungszeugnis bisher ist astrein, da findet sich nicht ein kleines Vergehen. Der dritte Bonuspunkt, “ erläuterte er. Während der Rennfahrer die Hand seiner Freundin drückte und mit gesenktem Kopf versuchte, die unangenehme Erinnerung zur Seite zu schieben, verzog der Recke das Gesicht. „Mal abgesehen davon, dass das "Opfer" aus diesem Fall jetzt meine Frau ist“, warf er ein. Das konnte nicht so günstig bei der Verhandlung sein. „Ihr habt erst vor kurzem geheiratet. Solche Erlebnisse schweißen zusammen und erklären eine Blitzhochzeit.“ Zumindest würde Woody Steeker dies bei der Anhörung so hindrehen. Dann schaute er in die Runde und schmunzelte sacht. „Drei junge Männer, alle in festen Händen. Und, wie aus den Aufzeichnungen hervor geht, im Normalfall äußerst professionell. Egal, wie persönlich die Angelegenheit war.“ Das Bild gefiel ihm. Vor diesem Hintergrund standen die Chancen nicht so schlecht. Colt legte Robin einen Arm um die Schulter, damit Mr. Perfect vor ihm ja nicht auf dumme Ideen kam. Der hatte doch etwas zu lange auf die Lehrerin geschaut. Da musste doch gleich mal klar gestellte werden, in wessen festen Händen sie war. „Ja, wir verstehen was von unserm Job“, meinte er dann so leichthin, wie es möglich war. „Meistens jedenfalls“, brummte der Rennfahrer unbehaglich. „Ich hoffe nur, dass die Gegenseite nicht so gut ist, wie Woody, sonst wird es heftig“, bekundete die Braut des Cowboys leichte Zweifel. „Und wenn ich den Herren erklären muss, wie viel Gutes unsere Jungs schon getan haben“, entschied April. „Amen“, stimmte Robin zu. „Amen“, bestätigte auch die Hebamme. So leicht ließen sie das nicht zu. „Hat jemand Hunger?“ fragte sie dann. Es schien der Gastgeberin, als würde sich alles besser besprechen lassen, wenn man ungezwungen am Esstisch saß, als so förmlich bei einer Tasse Tee. „ Dazu habt ihr sicherlich Gelegenheit. Da der Fall sehr emotional war, gehe ich davon aus, dass sie eure Belastbarkeit diesbezüglich auf die Probe stellen werden, “ wandte Steeker sich an die Schwangere. „Oh man, kauft mir eine Zwangsjacke, “ seufzte Chily bei der Ankündigung. Da musste man nicht ihre Intuition haben um vorauszusehen, dass Colt, Fireball und sie selbst mindestens einmal an die Decke gehen würden. „Also, wer will was futtern?“ hakte sie nach, da die erste Frage unbeantwortet geblieben war. „Wie essbar ist es heute?“ fragte Colt zurück und entschied für alle mit Ja. „Das wär dann die erste Prüfung, bei der ich durchrassele“, sagte der Rennfahrer vorher. Seine Belastbarkeit war momentan so etwa bei Null. „Dann geh ich mal in die Küche. Wer will mir helfen? Du Fireball? Das ist aber nett, “ streute Chily ein und schaute auf den Japaner mit einem Blick, der ihm klar machte, dass er am besten einfach nur mitkam. „Zwangsverpflichtet, aber ich tu es gern.“ Damit erhob er sich. „Scheint, als wär ich das geborene Helferlein.“ – „Für mich schon, ich mag japanische Küchenmaschinen“, scherzte die Hebamme und schob ihn zur Tür. „Dann kauf dir ein Sushi-Messer, Chily“, grinste er zurück. „Weihnachten steht ja vor der Tür.“ Damit schubste sie ihn durch die selbige und schloss sie hinter sich. Sie hatte Sabers düstere Miene nicht bemerkt. Ihr war nur aufgefallen, dass der Pilot dringend auf andere Gedanken kommen sollte, weil ihm das aktuelle Gespräch gerade nicht gut tat. Und sie sollte Recht behalten. „Der macht mich schwach, ehrlich“, klagte der werdende Vater, kaum das die zwei in die Küche traten. „Woody Woodpecker?“ fragte sie, obwohl sie es genau wusste und nur um ihm nicht schon wieder das Gefühl zu geben, sie läse in seinem Kopf. „Der Kerl zählt gerade alles auf, wo ich jetzt schon weiß, dass das nur nach hinten losgehen kann“, antwortete der Rennfahrer unglücklich. Tatsächlich hatte Steeker so ziemlich jeden Schwachpunkt angesprochen, den Fireball am liebsten im tiefsten Vulkan versenkt hätte. „Man, die Anhörung wird in die Geschichte eingehen. Ich wette einen Fuffi, dass ich öfter an die Decke gehe als du, “ zog die Hebamme das Thema ins Lächerliche. „Da halt ich dagegen. Du kriegst nicht so viele nette Fragen gestellt, “ stieg Fireball darauf ein. „Jaja.“ Sie hielt ihm die Hand hin. „Schlag ein oder vergiss es“, grinste sie herausfordernd. Er nahm an. „Du kannst deine fünfzig Kröten schon mal gut investieren und für Charlene was kaufen“, schlug er vor. „Wenn ich gewinne, krieg ich das Sushi-Messer, Little Daddy“, versetzte sie und drückte ihm eine paar Möhren in die Hand. „Und jetzt sei ein Mann und fang an, dass Gemüse zu putzen.“ Er drehte und wendete das Gemüse. „Dann lass ich dir eins in Japan machen“, versprach er und fragte unzufrieden im nächsten Moment. „Warum ausgerechnet Karotten?“ Chily hob die Brauen. „Was hast du dagegen? Eine Allergie?“ Er tat nagend und deutete auf seine Schneidezähne. „Sehe ich etwa aus, wie ein Karnickel?“ Sie lachte leicht. „Jetzt irgendwie schon, Hasi.“ Dann nahm sie ihm die verschmähten Rüben wieder ab. „Ach, schäl eben die Kartoffeln und ich lass mir was anderes mit dem Gemüse einfallen.“ Sie öffnete den Kühlschrank und schaute grüblerisch hinein. Zufrieden wandte sich Fireball dem Auftrag zu. „April hat es auch gelernt, dann wirst du das schon auch noch kapieren.“ Beim Essen erklärte Woody ihnen, dass es recht schnell zu einer Verhandlung kommen würde. Vergleichbare Fälle wurden im KOK nicht geduldet. Mitarbeitern, an denen dieserart Vorwürfe hafteten, wurde genauestens auf den Zahn gefühlt. Sie brachten nicht nur den Ruf des Oberkommandos, sondern auch jede Mission, jeden Teamkameraden und jedes, ihnen anvertraute, Menschenleben in Gefahr. Der Vorsitz und sein Beraterstab hatten sich auf solche Fälle spezialisiert und kannten für gewöhnlich kein Mitleid mit den Beschuldigten. Aber Woody war in seinem Bereich absolut kompetent, hielt sich nicht unnötig mit „Hätte“, „Wäre,“ „Wenn“ auf, sondern klopfte die Fakten ab, die es noch galt. So fies die Frage auch war, ob die drei tatsächlich vorsätzlich gehandelt hatte, wie es ihnen vorgeworfen wurde, stellte er sie ihnen. Es war eine Frage auf Ehre und Gewissen und ihre Empörung, so wie alles, was er je über die Besatzung des Friedenswächters gehört hatte, gaben ihm die Sicherheit und die Überzeugung um sie gut vertreten zu können. Als alle wieder gegangen waren und Chily ihre Arbeit in der Küche beendet hatte, fand sie im Wohnzimmer einen verstimmten Ehemann vor. „Was hast du bloß mit Fireball?“ grummelte er sie übellaunig an. „Ich hab ihn lieb“, antwortete sie verwundert. „Er hat eine schwangere Freundin und du einen Mann. Darf ich dich daran noch mal erinnern?“ knurrte der Schotte. „Ja und?“ Was war denn jetzt los? Sie konnte ihm gerade überhaupt nicht folgen. „Wenn ihr schon...“ Er brach ab. Das Bild von dem, was sie mit Fireball in der Küche noch getan haben könnte, das nichts mit Essen kochen zu tun hatte, wollte er sich lieber nicht zu deutlich vorstellen. „dann macht das wenigstens nicht so direkt vor April“, fuhr er fort. Die Vorstellung jedoch, dass der Rennfahrer auch in den Genuss der Dinge gekommen war, die sie sonst nur mit dem Recken machte, behagte dem so gar nicht. Sie klimperte ihn verständnislos an. „Mir drängt sich langsam der Verdacht auf, dass Suzie damals nicht so Unrecht damit hatte, was sie von Fireball und Mandarin gesagt hat“, grollte er eifersüchtig. Vielleicht sollte er doch mal mit April darüber reden. In dem Gesicht seiner Frau wuchs die Verwirrung noch mehr. Was war das für ein Wesen vor ihr? „Der Kleine ist und bleibt ein Rennfahrer," brummte Saber und meinte das negative Klischee dieses Berufes. Jetzt hob die Hebamme die Hand und tat, als telefoniere sie. „Hallo Rider hier. Spreche ich mit der KOK Abteilung unnatürliche Phänomene? Ja? Kommen Sie mal vorbei, es steht eins vor mir.“ Kritisch hob er die Brauen. Machte sie sich auch noch über ihn lustig? „Was denn?“ wollte er wissen. Wie so oft zuckte nun auch ihre linke Braue in die Höhe. Hatte sie eben noch im ganz normalen Ton gesprochen, klang ihre Stimme nun streng. „Das möchte ich von dir gern wissen. Sag mal, bist du sicher, dass du zwischen mir und Sincia unterscheiden kannst?“ schoss sie bissig zurück. „Ja, das kann ich“, parierte er schnippisch. „Und ich hab noch Augen im Kopf, mit denen ich sehen kann, was sich vor mir abspielt.“ Sie warf die Hände in die Luft. „Ach, ja, du siehst mal wieder Gespenster. Wie soll ich denn bitte DAS mit Fire machen, wenn ich meine Tage hab? Mal ganz abgesehen davon, liebt er April mehr als alles und hat vor dir viel zu viel Respekt, als dass er deine Frau anfassen würde. Verdammt, Saber, mach so weiter und du wirst es vor Gevatter Tod schaffen..., “ empörte sie sich. Bei aller Liebe, sein Argwohn war und blieb anstrengend für sie. „Was läuft denn sonst da?“ fuhr er sie ungehalten an. „Gar nichts, Saber. Überhaupt nichts, “ versicherte sie etwas ruhiger. „Wir haben nur eine Wette abgeschlossen, wer von uns beiden bei der Verhandlung öfter durch die Decke schießt. Das ganze macht ihm zu schaffen und ich wollte ihn auf andere Gedanken bringen. Wenigstens konnte er darüber lachen, “ erzählte sie wahrheitsgemäß. „Und mir macht das nicht zu schaffen, oder was glaubst du?“ schnappte er gekränkt. Machte sie sich um jeden anderen mehr Gedanken, als um ihn? „Doch, ich weiß, dass dich das Alles verrückt macht“, entgegnete sie sacht. „Aber wir haben jetzt die Zeit darüber zu reden, wenn du nicht vorhast sie mit Eifersüchteleien zu verschwenden.“ Damit trat sie nah an ihn. „Ich bin doch da, Manapi.“ Sie spürte genau, dass Saber mit der gleichen Verzweiflung auf eine mögliche Haft reagierte, wie sie es bei Fireball und auch bei Colt gefühlt hatte. Nur konnte sie sich mit ihrem Mann in aller Ruhe und ausgiebig dann darüber unterhalten, wenn sie allein waren. Bei dem Piloten war es an die Situation geknüpft gewesen und bei dem Scharfschützen hatte die Eifersucht auf Steeker überwogen. „Wie lange noch? Aiyana, ich..., “ presste Saber mühsam hervor. „Bis du sagst, dass ich wieder gehen soll, “ antwortete sie warm. Warm, wie ihre Arme, die ihn nun innig umschlangen. „Das wird nie passieren. Niemals, “ flüsterte er. „Dann werde ich also immer bei dir sein, “ stellte sie fest und schmiegte sich an ihn. Er umarmte sie ebenfalls und drückte sie an sich. Sie fühlte seine Angst durch die Kraft, mit der er dies tat. „Ein Augenblick, ein winziger Augenblick kann darüber entscheiden, ob ich mit dir für immer glücklich bin.“ Er vergrub seinen Kopf an ihrer Halsbeuge. „Wir haben nur einen winzigen Augenblick lang gezögert, “ schniefte er. „Das war zu lange.“ Vorsichtig dirigierte Chily ihn zum Sofa, bette sich und ihn darauf. So, dass sein Kopf auf ihrer Burst ruhte. Sanft fuhr sie ihm durchs Haar. „Egal, was kommt, es wird nichts daran ändern, dass ich dich liebe“, flüsterte sie und glitt kraulend mit ihren Fingern seinen Nacken entlang. „Erzähl es mir. Erzähl mir alles, “ forderte sie dann und dieser Forderung nach zu kommen, fiel ihm so leicht, wie noch nie zuvor. Nicht weniger eifersüchtig als der Recke, war auch der Scharfschütze. Für seinen Geschmack hatten Robin und Woody sich etwas zu gut verstanden, zu oft über die gleichen Späße gelacht und vor allem sie über ihn nur Gutes zu sagen gewusst. Außerdem hatten sie über „alte Zeiten“ gesprochen und Colt hätte nur zu gern mehr darüber gehört. Offensichtlich hatte auch seine Zukünftige noch den ein oder anderen Verflossenen, von dem der Scharfschütze nichts wusste. Eben betraten die beiden ihr Haus, als der Kuhhirte so beiläufig wie misstrauisch fragte: „Gefällt er dir?“ Robin schaute auf seinen Arm, der er ihr umgelegt hatte um sie durch die Tür zu schieben. Sie begutachtete den nun, strich anerkennend darüber und meinte. „Ja, genauso wie der dazugehörige Rest.“ Wäre Colt nicht so auf Woody Steeker fixiert, wäre ihm aufgefallen, dass sie nicht von der gleichen Person sprachen. Während er von dem leider viel zu gut aussehenden Anwalt redete, dachte sie in dem Moment so gar nicht an diesen. „Besser als einer von uns?“ hakte der Cowboy nun nach. „Der beste“ entgegnete sie überzeugt, wobei sie Saber und Fireball zum Vergleich zog. Das Gesicht des Lockenkopfes verdüsterte sich, wie sie irritiert feststellte. „Stehst du neuerdings auf das Paragraphenreiten?“ brummte er verstimmt. Mr. Right war ja doch so um einige akademische Grade reicher als er selbst. „Neuerdings? Paragraphenreiter?“ Die Lehrerin hatte den Faden verloren. Wann waren sie denn auf Steeker gekommen? „Ähm Colt, “ versuchte sie zerstreut seine Frage zu beantworten. „Woody und ich kennen uns noch von früher, hat sich herausgestellt. Wir waren auf der gleichen Schule.“ – „Und da war er Klassensprecher“, schlussfolgerte der Scharfschütze. „Nein, Schulsprecher“, entgegnete Robin arglos. „Fabelhaft. Ein Alphatierchen.“ Die Feststellung des Lockigen strotzte vor Ironie. „Wenn du so willst. Die Junior-High haben wir jedenfalls zusammen besucht und danach ging er auf die Militärakademie. Wenn ich Joshs Erzählungen glauben darf, dann hat er sie mit Auszeichnung abgeschlossen, “ erzählte sie weiter. Warum Colts Laune allerdings im Keller war, konnte sie nicht nachvollziehen. „Auch noch ein Streber. Ich war nie auf der Milak.“ Der Kuhhirte nahm seinen Arm von ihrer Schulter und half ihr aus der Jacke. Sie konnten ja nicht ewig in Wintermänteln im Eingangsbereich stehen. „Obwohl dir Uniform sicher stehen würde“, grinste sie leicht. „Brauch ich nicht. Ich sehe auch ohne Uniform umwerfend aus, im Gegensatz zu dem Anzugaffen, “ knurrte er darauf und erst jetzt kam seine Zukünftige auf die Idee. „Also, wenn ich es nicht besser wüsste, ich würd behaupten, du bist eifersüchtig. So wie du redest, “ staunte sie überrascht. Das war ja noch nie vorgekommen. Eifersucht war sowohl ein Wort, als auch eine Eigenschaft, die man seither nie mit Colt hatte verbinden können. „Bin ich gar nicht“, behauptete der nun viel zu schnell, als dass es noch zu glauben war. „Aber ich werde nie in den höchsten Tönen gelobt und schon gar nicht von dir, “ schmollte er im nächsten Moment. „Bitte, wie kommst du denn jetzt darauf?“ Jetzt war Robin ganz ausgestiegen. Erst sprachen sie nicht von dem Scharfschützen, sondern von dem Rechtsanwalt und nun ging es auf einmal um die Häufigkeit und Art ihres Zuspruchs. „Über mich hast du noch nie so geschwärmt, wie über den Fuzzi da. Der soll erst mal meinen Job machen und dann kann er vielleicht mitreden, “ motzte der Kuhhirte und stapfte beleidigt ins Wohnzimmer. Robin folgte ihm. Lachend. So ausflippen hatte sie ihn noch nie gesehen. Das war zu komisch, vor allem, weil es scheinbar wegen eines anderen Mannes war, warum auch immer. „Sei doch nicht albern, Colt“, kicherte sie. Er fuhr herum. „Wollte ich albern sein, hätte ich mir die Uniform von Rudolph angezogen!“ protestierte er. Von der ersten Umbenennung auf Rudy war nun das Rentier mit der roten Nase geworden. „Woody und jetzt hör auf, Colt. Das ist ja nicht mehr wahr.“ Das war ja kaum zum aushalten. Sie war ja schon gewohnt, dass er unberechenbar reagierte und in einigen Dingen völlig anders tickte, als die meisten, aber das, was er eben bot, schoss ganz eindeutig den Vogel ab. „Der ist es gewöhnt auf Zuruf zu springen, von da her ist der Name passend!“ Bei seiner Lautstärke zwang Robin sich doch lieber zur Ruhe. „Du lieber Himmel, was regst du dich so auf. Siehst du Woody hier? Nein. Hier sind nur wir beide.“ Schmeichelnd kam sie auf ihn zu. „Der kommt mir auch nicht ins Haus“, bestimmte der Cowboy trotzig. „Was will er auch hier? Er hat ein Hotelzimmer. Jetzt tick wieder aus.“ Sie kuschelte sich an ihn. „Okay?“ Damit war sie dort, wo er sie am liebsten spürte, an seinem Körper. Er legte die Arme um sie und drückte sie noch etwas näher an sich. „Meins!“ stellte er klar. Sie stellte sich leicht auf die Zehenspitzen und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. „So lange wir jetzt nicht mehr über Woody reden“, murmelte sie, ehe sie ihm noch einen gab. Er erwidert beide. „Der Name ist in diesem Haus verboten“, ordnete er dazwischen an. „Ab jetzt.“ Sie fuhr ihm sanft über den Rücken. „Bullet, du bist eifersüchtig“, neckte sie ihn, nahm es nicht wirklich ernst. „Nur, wenn du nicht mehr weißt, zu wem du eigentlich gehörst“, gab er zurück und grinste immerhin schon wieder leicht. Dann drückte er ihr einen leidenschaftlichen Kuss auf um sicher zugehen, dass es über ihre Zugehörigkeit keine weiteren Diskussionen mehr gab. „Das weiß ich. Zu, “ versicherte sie nach einem Kuss. „Woody.“ Über sein verärgertes Gesicht hätte sie sich schlapp lachen können. „Weib“, mahnte er sie und presste sie besitzergreifend noch etwas enger an sich. Brav schmiegte sie sich wieder an ihn und liebkoste seinen Hals bis sie sein Ohrläppchen erreichte. „Überzeug mich doch vom Gegenteil“, raunte sie ihm verführerisch zu, lehnte sich in seinem Arm zurück und schaute ihn aufreizend an. „Das mach ich doch glatt.“ Da ließ er sich sicher nicht zweimal bitten. Schwungvoll hievte er sie in die Höhe und legte sie auf seine Schulter. Schraffen Schrittes trug er sie ins Schlafzimmer. „Sehr liebevoll“, schimpfte sie lachend. „Und ich hatte geglaubt, du würdest mich auf Händen tragen. So wie alle anderen Männer das mit ihren Frauen machen, ganz besonders VOR der Hochzeit.“ Im Schlafzimmer angekommen, bettete er sie vorsichtig auf die Matratze. „Aber getragen ist getragen, “ grinste er. Sie tat, als grüble sie über etwas. Dann drehte sie sich auf den Bauch und wollte vom Bett krabbel. „Dann geh ich mir doch lieber jemanden suchen, der zärtlich zu mir sein kann“, erklärte sie dabei. Colt hielt sie fest und dreht sie mit sanfter Bestimmtheit zurück. Zielstrebig, aber zart suchte er nach ihren Lippen. Seine Hände glitten unter diesen furchtbaren, viel zu großen Rentier-Pullover, der rücksichtslos jede ihrer hinreißenden Rundungen verschluckte. „Ich bin alles, was du willst, Schatz“, versprach er leise. „Dann sei mein Colt“, flüsterte sie süß zurück. Das war alles, was sie wollte. „Das kann ich am Besten.“ Jetzt musste der Pullover herzeigen, was er sonst so gut versteckte. „Und das liebe ich am meisten.“ Sie zog ihn zu sich. Seine Eifersüchtelei war ganz lustig gewesen und irgendwie niedlich, aber so richtig ernst konnte sie sich nicht nehmen, im Gegensatz zu den Liebkosungen, die er ihr nun schenkte. Woody wusste auch schon, wer der Anwalt der Anklage war. Lieutenant Haywood war bekannt dafür, sich strikt an die Regeln zu halten und unnachgiebig mit denen zu verfahren, die es nicht taten. Er war brillant und seine Fragen, schienen sie auch anfänglich harmlos, zielten treffsicher und messerscharf auf die Schwachstellen der Beklagten ab. In seiner Laufbahn hatte er noch nie einen Fall verloren. Zwar traf dies auch auf Steeker zu, doch war es irgendwie unbehaglich. Für alles, was den drei Freunden helfen konnte, schien es auch ein Gegenstück zu geben, das ihnen zum Nachteil gereichte. Sie wollten einerseits hoffen, wagten es andererseits kaum. Ungewissheit macht sich breit und nagte an ihnen. Robin dekorierte die Wohnung weihnachtlich. Sie brauchte Ablenkung und würde sie so hoffentlich bekommen. Zudem sollte eine besinnliche Atmosphäre im Haus von der unheilvollen Anklage ablenken. Doch sie konnte nicht, wie sonst, vor sich hin summen und am Ende mochte Festtagsschmuck jedes Zimmer zieren, war aber von Vorfreude auf das Fest der Liebe noch gar nichts zu spüren. Frustriert seufzte sie. Es musste doch irgendwie zu verdrängen sein. Wenigstens für ein paar Stunden, wenn schon die Alpträume nicht weniger wurden. Sie blickte zum Fenster. Der Himmel war blass grau und neblig, schickte dichte, kleine, zarte Flocken zur Erde, die alles einhüllten mit ihrer Schwerelosigkeit. Den ganzen Tag schon schwebten sie hernieder und packte alles in reines, kaltes Weiß, schluckten die letzten Tupfen Farbe und deckten die Welt zur Wintersruhe zu. Sie schien so unschuldig und friedlich, doch ihre Kälte konnte auch die anheimelnde Atmosphäre im Haus nicht vertreiben. Nicht solange die Vorladung zur Anhörung und die Kopie der Anklageschrift, deren Vorwurf auf vorsätzliche unterlassene Hilfeleistung mit Todesfolge lautete, auf dem Schreibtisch im Arbeitszimmer lag. Robin schaltete das Radio ein und setzte sich in den großen, schwarzen Ledersessel. Sie griff sich eine Zeitung und blätterte darin. Zwei Seiten, dann legte sie sie wieder zur Seite. Selbiges tat sie mit den übrigen Zeitschriften und drei Büchern. Schließlich erhob sie sich wieder und schaltete das Radio ab. Colt, Fireball und Saber waren bei Steeker im Hotel und wurden von ihm auf die Art der Fragen vorbereitet, die auf sie zu kommen konnten. Zumindest auf seine. Je souveräner sie die beantworteten, desto eher konnten sie die Jury überzeugen. Das bedeutete aber auch, dass April und Chily allein zu Hause waren und sich wohl ähnlich die Zeit totschlugen wie sie. Sie ging zum Telefon und wollte eben den Hörer abnehmen, als der Apparat klingelte. Es war Chily, die fragte, ob Robin nicht vorbei kommen wolle. April sei auch schon da. Die Lehrerin sagte zu, legte auf und schaute ungläubig auf den Hörer. Die Hebamme hatte ja wirklich schon hellseherische Fähigkeiten. Aus demselben Grund hatte Robin doch die beiden Freundinnen anrufen wollen. Aber Chily war schneller gewesen. Robin schüttelte leicht den Kopf, schlüpfte in ihre Jacke und machte sich auf den Weg. Die Anhörung war auf die Woche zwischen Weihnachten und Silvester gelegt worden. „Ein beschissener Termin“, hatte Colt geflucht und seine Freunde hatten zustimmend genickt. Auch, wenn irgendwo in ihnen die Einsicht da war, dass die Anwälte sich in den Fall einarbeiten, damit vertraut machen, Zeugen finden, vorladen und vorbereiten mussten, so blieb doch das Gefühl von Frust und Ungewissheit in ihnen. Es war immerhin denkbar, dass dieses Weihnachtsfest das vorläufig letzte war. Während Robin den Ferien entgegen sah und sich auf ein paar ruhigere Tage einstellen konnte, brach über die Hebamme eine Flut an Arbeit herein. Morgens war sie weit vor ihrem Mann auf den Beinen und abends erst sehr spät und todmüde zurück. Saber war, wegen der Anhörung, beurlaubt worden und übernahm daher ganz selbstverständlich den Haushalt ganz um sie zu entlasten. Dabei hatte er genug Gelegenheit die wohltuende Gegenwart seiner Angetrauten so richtig zu vermissen. Die werdenden Eltern hatten viel Zeit für einander. April war im Mutterschutz und Fireball ohnehin ebenfalls beurlaubt. Dass er diese Saison ausgesetzt hatte, lag an dem Fall um Pennyrile und niemand warf ihm Vertragsbruch vor. Sein Boss kannte die Situation bereits. Damals, als der Ramrod-Pilot seine Rennfahrerkariere zum ersten Mal unterbrochen hatte um für Frieden und gegen die Outrider zu kämpfen, war sein Vertrag aufrecht erhalten worden. So konnte er nach der finalen Schlacht gegen Nemesis problemlos wieder zurück. Genauso war es auch bei dieser Mission gelaufen. Der Schutz vor den Angriffen der Phantomwesen war nun mal wichtiger, als eine erfolgreiche Saison. Ähnlich war es auch bei Colt. Natürlich war es auch beim Rodeo nur zu gern gesehen, wenn der beste Reiter die besten Zeiten erstritt. Doch auch hier galt die Wahrung des Friedens als das höhere Gut. So konnten sowohl der Rennfahrer, als auch der Cowboy ihr Winterfixum beziehen ohne dass sie um ihren Job fürchten mussten. Zumindest vorerst nicht. Was nach der Verhandlung auf sie zu kam, stand in den Sternen. So wurden alle von Woody zu nächst auf die Verhandlung vorbereitet. Wenn dies nicht der Fall war, versuchten sie sich auf das Fest der Liebe vorzubereiten, so gut es in dieser Situation ging. Doch so rechte Weihnachtsstimmung wollte nicht aufkommen. Zum einen, weil die Hebamme auch an den Adventssonntagen durch Abwesenheit glänzte. Zum anderen, weil Woody sie dafür vertrat und so nicht nur alle zwangsläufig an die Anhörung erinnerte, sondern auch noch Colt permanent zur Eifersucht triebt. Dem Kuhhirten war, im Gegensatz zu seiner Zukünftigen, die Schwäche des Anwalts für Robin nicht entgangen. Äußerst argwöhnisch nahm er jede noch so zufällige Berührung der beiden zu Kenntnis. Im Grunde konnte Steeker die Lehrerin nur ansehen und Colt hätte durch die Decke gehen schießen können. Aber er unterdrückte diese Impulse um die kaum vorhandene Weihnachtslaune nicht ganz zu vernichten. Saber, unterdessen, bekam durch die anhaltende Abwesenheit seiner Frau einen guten Eindruck davon, wie drei Jahre Gefängnis für ihn werden würden. Schlichtweg die Hölle. Sogar das Kuscheln vor dem Einschlafen fiel aus, weil Chily sofort ins Reich der Träume glitt, kaum dass sie lag. Er verstand es, auch wenn es schmerzlich für ihn war. Ihre Patientinnen wollten sicher sein, dass während der Feiertage nichts unerwartetes passierte. Die Hebamme musste ihnen entweder klar machen, dass nicht alle Kinder am Heiligen Abend zur Welt kommen wollten, oder, dass sie die Feiertage am besten dazu nutzen sollten, einen Gang zurück zu schalten und sich aufgrund ihrer Umstände von ihren Liebsten so verwöhnen zu lassen, wie es noch nie der Fall war, und wohl auch nie mehr würde. Wie in so ziemlich jedem Bereich wollten die Menschen während der Festtage am liebsten einen Stecker ziehen und die Welt zum Stillstand bringen, damit ja nichts die Stimmung stören konnte. Doch Stecker ließen sich nicht ziehen. Das Leben war schließlich keine Maschine und so verschwand Chily am Morgen des Heiligen Abends zu einer Entbindung. Im Halbschlaf stöhnte Saber frustriert ins Kissen. Nicht mal den Tag hatten sie für sich. Wie genau es kam, dass sich alle am späten Nachmittag bei Robin und Colt einfanden, wussten sie nicht. Aber jetzt saßen sie alle im Wohnzimmer und blickten in nicht allzu festlicher Stimmung auf den liebevoll geschmückten Weihnachtsbaum. „Wenigstens gibt es ein Christkind“, meinte der Scharfschütze in die bedrückende Stille. Alle schauten ihn verwundert an. „Na, die Entbindung, zu der Chily musste. Ein Kind, dass heute zur Welt kommt, ist mehr oder weniger ein Christkind, “ erklärte er mit einer gewissen Logik. „Ich glaube, Josef hätte die Jungfrau Maria lieber bei sich, “ gab der Rennfahrer zu bedenken und traf den Nagel auf den Kopf. Seine Jolene jetzt hier zu haben, wäre Saber doch sehr viel lieber, als unter dem Mistelzweig auf dem Sessel zu sitzen und zu den Pärchen auf den beiden Sofas schauen zu müssen. Chily schaffte es schließlich immer wieder düstere Stimmungen durch ihren angeborenen Frohsinn zu vertreiben. „Dann würde sie jetzt wie am Spieß krähen“, grinste Colt. „Und zwar … Feliz Navidad, Feliz Navidad, “ stimmte er recht schief an und erhob sich. http://www.youtube.com/watch?v=ihW56Xa3XGQ Auch ihm war die Heiterkeit in die Wiege gelegt worden, wie er nun bewies. „Und dazu würde sie tanzen“, erzählte er weiter, „wie ein kopfloses Huhn, das man mit einem Gewehr über den Hof jagt.“ Nicht nur der Spruch, sondern auch die bemerkenswerte Vorführung des Spaßvogels sorgte für brüllendes Gelächter. Niemand kannte die Abwesende so gut wie er und deshalb konnten alle davon ausgehen, dass seine kleine Einlage der Wirklichkeit sehr nah kam. Jetzt doch fröhlicher gestimmt, krähte er: „Feliz Navidad … Feliz Navidad … Feliz Navidad …“ Robin stimmte als erste ein. „… I wanna wish you a Merry Christmas …“ Dann folgten Fireball und April. „… I wanna wish you a Merry Christmas …” Und zu guter Letzt ließ sich auch der Schotte mitreißen. „… from the bottom of my heart …“ - - - „Ach, das ist ja eine schöne Begrüßung.“ Alle Köpfe flogen herum. Die Hebamme stand durchgefroren und mit roten Wangen in der Tür. Nachdem sie ihr trautes Heim verlassen vorgefunden hatte, war ihre klar gewesen, dass sie das ihres Jugendfreundes aufsuchen musste. Nun stand sie mit breitem Lächeln vor ihnen und zog sich die schwarze Wollmütze vom buntgesträhnten Blondschopf. Im nächsten Moment, kaum war die Überraschung vorüber, saß sie auf dem Schoss ihres Mannes und schmiegte sich an ihn. Saber schloss sie in seine Arme. Na endlich. Oh? Colt kuschelte sich noch auf die beiden drauf. „Hach, zu süß, “ seufzte er theatralisch. „Runter, “ murrte das Paar zurück. Entsetzt gehorchte er und sprang zurück. „Soviel zur Nächstenliebe“, schmollte er. Chily blinzelte ihn an. „Lieb die Nächste und schmus mit Robin.“ Diese wies lächelnd auf die Dekoration über dem Sessel. Die beiden linsten in die angedeutete Richtung. Der Mistelzweig. „Perfekt.“ Damit drückte der Recke seiner Frau einen innigen Kuss auf die Lippen. „Das erinnert mich an ein traumatische Erlebnis in meiner frühesten Kindheit“, bemerkte der Kuhhirte. „Keiner zwingt dich die beiden zu küssen, nur weil du grad mit gekuschelt hast“, grinste April. Die Fotos, die die nicht vorhandene Begeisterung des kleinen Scharfschützen und dessen bester Freundin beim Küssen unter einem Mistelzweig, bewiesen, hatten alle noch im Kopf. „Nein, ich knutsch lieber …“ Colts Blick suchte nach Robin auf dem Sofa. „Dich.“ Sprach’s und tat’s. „Dein Glück“, murmele sie. Er lächelte und setzte sich zu ihr. „Chily, meine Schote, erinnerst du dich noch an das Lied, das unsere Mütter immer gesungen haben?“ wollte er dann wissen. Die Gefragte nickte an der Brust ihres Mannes. Dann richtete sie sich auf. „Bitte“, flehte der Kuhhirte. „Weil du mich so lieb hast.“ – „Was ist das für ein Lied?“ hakte April nach. „Das schönste Weihnachtslied, das ich kenne. Nur, wenn wir jetzt alle bis zum Erbrechen betteln, werdet ihr erfahren, wieso, “ entgegnete er und warf den werdenden Eltern einen verschwörerischen Blick zu. „Dann mal den Dackelblick nicht vergessen, “ grinste Fireball. „Bitte, “ flehte es nun im Chor und lang gezogen der Hebamme entgegen. Die wandte sich von den vier Lieb-Augen-Machern ab um in die bittenden des Recken zu schauen. „Also schön“, meinte sie. Wer am Heiligen Abend fünf so treuherzig Bettelnden den Wunsch nach einem Weihnachtslied abschlagen konnte, war schlichtweg herzlos, fand sie. Sie jedenfalls brachte es nicht über sich. Sie stand auf, zog ihren Angetrauten auf die Füße und platzierte den Verwunderten neben Colt und Robin aufs Sofa. Anschließend quetschte sie sich selbst zwischen die beiden Männer, die ihr nun mal die wichtigsten waren. „In Bethlehem brannte ein Licht, in jener Dezembernacht …“ begann sie und endlich, endlich erfüllte die langersehnte Weihnachtsstimmung den Raum, drängte Kummer und Sorgen sonst wohin. In Bethlehem brannte ein Licht in jener Dezembernacht den Sohn hat Maria geboren man sagt, er war auserkoren Windeln hatte sie nicht Auf Heu und Stroh gebettet liegt Marias erster Sohn sie haben ja nichts gerettet von des Josef schmalem Lohn Zu Haus waren sie nicht reich zum Essen hat es grade gelangt und unter ein Dach sich zu legen nun ziehen sie auf fremden Wegen die sind keinem Flüchtling weich Sie klopfen an viele Türen o helft, Leute, seht mein Weib viel Kälte war da zu spüren und das Kind wollt aus ihrem Leib Sie ließen sie nicht in ein Haus gewährten nur Platz im Stall Maria, dein Sohn liegt in Blöße doch dein Glück ist von Sternengröße komm, Hirt, in die Knie fall Man wird später einmal sagen dass Gaben von Königen warn wer wird nach Maria fragen wenn ihr Sohn stirbt in jungen Jahren In Bethlehem brannte ein Licht in jener Dezembernacht den Sohn hat Maria geboren man sagt, er war auserkoren Maria war es nicht Die Welt stand still und, auch als Chily ihren Gesang beendet hatte, war für alle Weihnachten. Das leckere Essen, das Colt gekocht hatte, der gute Wein, die Anwesenheit von Freunden, all das hüllte sie nun ein, ließ entspannen und gab Kraft. Zum ersten Mal seit Wochen kehrte Ausgelassenheit und Unbeschwertheit ein, wurde gescherzt und gelacht und war die Welt nur so groß, wie das Wohnzimmer im Haus von Robin und Colt. Ein um das andere Mal nahm der seine beste Freundin in den Arm und knuddelte sie herzlich, aus Glück, Weihnachten wieder mit ihr zu verbringen. Dann schauten Saber und Robin sich verstehend an und umarmten sich trostspendend über so viel offensichtliche Untreue. Jedoch, das einzige Wort, dass diesen Abend treffend beschreiben konnte, war: Harmonie. When stars shine bright Sparkle in soft light The time is right To end wars, dispute and fight Just let the hope in your heart And don’t fall apart From nearness, warmth and love Take a look above There is something in the air To feel everywhere When people hold for a while Close their eyes And listen to their deep inside Let the world stop for now Hush … Don’t ask how Just feel … Just exhale … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)