Western Spirits von collie ================================================================================ Kapitel 27: Wind of Change IV ----------------------------- Das Restaurant und das dazugehörige Grundstück übertrafen Colts Erwartungen und waren noch besser, als Fireball in Erinnerung hatte. Es lag nicht nur zentrumsnah, sondern bot genügend Fläche, um auch im Freien noch Spiel und Spaß bieten zu können. Der Makler, der schon eine Weile erfolglos versuchte, dieses Grundstück an den Mann zu bringen, hatte sich sogleich für die Beiden Zeit genommen und führte sie nun herum. Hinter der Glasfront befanden sich der Eingangsbereich und die Theke. Von hier aus konnte man ins Bistro oder in die Halle gelangen. Zwar war die Küche, die an das Bistro angrenzte, etwas klein, aber das konnte man bei Bedarf noch erweitern. Auf jeden Fall hatte man einen guten Ausblick auf die Anlage. Die Halle, auf der anderen Seite des Eingangsbereiches, war schon vom Vorbesitzer als Go-Kart-Bahn genutzt worden und würde wieder diesen Zweck erfüllen. Vom Nebenzimmer aus konnte man die Fahrer auf der Bahn beobachten und ein weiteres Nebenzimmer bot Platz für die geplanten elektrischen Bullen. Draußen konnte man die Glaswände des Bistros auch öffnen und so im Sommer die Sitzmöglichkeiten auf die dazugehörige Terrasse erweitern. Trotzdem hatte man immer noch Platz für ein kleines Basketball-Feld. Colt gingen bei den unzähligen Möglichkeiten die Augen über. Er richtete im Geiste schon ein, sah eine Fülle an Gästen und hörte bereits die Kasse klingen. Fireball überschlug gedanklich die anfallenden, monatlichen Kosten, das Geld, das sie für die Renovierung und den Kaufpreis benötigen würden, welche Anträge es auszufüllen galt, an welche Bestimmungen sie sich zu halten hatten und wie viel sie allein schaffen konnten, bevor Personal unabdingbar war. Das Objekt war eine Goldgrube, zweifelsohne, und zum Glück für die beiden Starsheriffs Außer Dienst war der Vorbesitzer nicht im Stande gewesen, das zu erkennen. Noch am gleichen Nachmittag begannen sie ihren Plan in die Tat umzusetzen. Sie brauchten eine Woche, um aus der fixen Idee eine ausgefeilte Geschäftsidee zu machen und die Hämmer für die Sparschweine zu zücken. Mit Beginn der neuen Woche sausten diese Hämmer auf die Köpfe der Tontiere nieder und wurde der Inhalt verwendet, um das Inventar zu besorgen und die Renovierung einzuleiten. Entgegen seiner anfänglichen Behauptung half auch Saber so oft und so viel es ihm möglich war. Zeitgleich übernahmen es die Frauen, die Hochzeit von Colt und Robin zu planen, die nach all der Zeit endlich stattfinden sollte. Keiner der sechs ahnte, dass Charles Eagle unterdessen auch so seine Sorgen plagten. Es war Frieden und das war wunderbar so. Doch dieses kostbare Gut wollte beschützt werden und im Notfall hätte er dann gern auf die Besatzung des Ramrod-Friedenswächters zurückgegriffen. Natürlich schlugen sie alle neue Wege ein, gute und richtige Wege, und wurden so von den unangenehmen Dingen der Vergangenheit weitgehend abgelenkt, nur durften die dabei nicht untergehen, da sie lange Schatten auf die Zukunft der Freunde werfen konnten. Saber, Colt und Fireball waren nach dem Prozess zu Gefängnisstrafen verurteilt und diese zur Bewährung ausgesetzt worden. Diese Bewährung war an gewisse Auflagen geknüpft und immer wieder galt es zu prüfen, ob sie denen auch nachkamen. Commander Eagle, als ihr Leumund, hatte nicht nur durch seinen Zuspruch vor Gericht dieses günstige Urteil mit beeinflusst, sondern auch die Aufgabe zu prüfen, ob die drei ihren Bewährungsauflagen nachkamen. Deshalb war er gerade auf dem Weg in das Büro von Professor Maron, der dem Trio als Psychotherapeut zugeteilt worden war. Er wurde auf sein Klopfen hin hereingebeten und nahm auf dem Stuhl gegenüber dem Therapeuten an dessen Schreibtisch Platz. Trotz seiner Uniform wirkte der Seelendoktor recht unpassend im Vergleich zu den Leuten, die sonst für das KOK arbeiteten. Das wirre, lockige, rotbraune Haar wirkte wie ein Helm und stand oberhalb der Ohren beinahe waagerecht vom Kopf des Trägers ab. Auch die kleine, eckige Brille wollte nicht recht in das rundliche, weiche Gesicht passen und verlieh ihm eine Härte und Strenge, die nicht die Natur des Besitzers zu sein schienen. Äußerlich wirkte er wie ein wunderlicher Kauz. Dass er es dennoch in den Dienst des KOKs geschafft hatte, lag an den ausgezeichneten Zeugnissen und einer Vielzahl von Abschlüssen in den verschiedensten psychologischen Bereichen. „Also, was haben Sie zu berichten, Professor Maron? Wie kommen Sie voran?“, begann Eagle das Gespräch und da der angesprochene wusste, worum es bei diesem Termin ging, war er entsprechend vorbereitet. Seine langen, dünnen Finger glitten über die drei Akten, die neben ihm auf dem Schreibtisch lagen. „Das kommt drauf an, nach wem von Ihren Schützlingen Sie mich fragen. Sie machen sich alle drei recht unterschiedlich“, antwortete er. Kurz blinzelte der Commander überrascht. Das ließ ahnen, dass zumindest einer nicht die Fortschritte machte, die man sich erhoffte. „Nun, ich frage Sie natürlich nach allen dreien. Mit wem wir starten, überlasse ich ganz Ihnen“, erwiderte er dann mit leichtem Unbehagen. Die Finger seines Gegenübers nahmen die erste Mappe vom Stapel. „Fangen wir mit Mister Willcox an“, entschied Maron, nachdem er den Namen darauf gelesen hatte. „Wir hatten erst gestern eine Sitzung.“ Eagle nickte. „Also, ich bin ganz Ohr, Professor Maron. Wie macht sich der Scharfschütze bisher?“ Der Psychotherapeut wiegte leicht den Kopf und verzog dann das Gesicht. „Er ist vorlaut, respektlos und dreist. Man könnte ihn auf den ersten Blick als dumm-frech einordnen, aber das ist Fassade. Die hat er auch eine ganze Weile ziemlich gut aufrecht erhalten“, begann er seinen Bericht. Charles schmunzelte beim ersten Satz der Antwort. Das war ihm bekannt. Colts loses Mundwerk eilte ihm oft voraus und schreckte all jene Zeitgenossen ab, die nicht bereit waren, sich näher mit dem Kuhhirten zu befassen. „Wie schätzen Sie ihn nach den Sitzungen bisher ein, Professor Maron? Gibt es Auffälligkeiten?“, hakte der Commander nach. „Den Clown spielen oft die, die entweder viel Aufmerksamkeit brauchen, oder sehr besorgt sind. Mister Willcox ist eine Mischung von beiden. Ich war erstaunt, wie viele abfällige Bemerkungen es über meinen Berufszweig geben kann. Er beginnt jede Sitzung damit. Inzwischen gehört es für ihn wohl schon zum Ritual, um sich auf die Gespräche einzulassen. Seine Hauptsorgen sind seine Lebensgefährtin, das Kind, das sie erwartet und dann folgen gleich darauf seine Freunde und der kleine Bruder seiner Lebensgefährtin. Es war mir bis vor kurzem ein Rätsel, weshalb es einem Menschen wie ihm auf so viel Aufmerksamkeit ankommt und ich dachte zuerst an eine Vernachlässigung in der Kindheit. Das zu bestätigen oder zu widerlegen war schwer. Er hat bezüglich seiner Eltern unglaublich stark gemauert“, setzte der nun seinen Bericht fort. „Die Arbeit mit Colt scheint schwierig zu sein“, nickte der Oberbefehlshaber der Sektion West. „Sehen Sie seinen Wiedereinstieg ins Oberkommando diesbezüglich gefährdet?“ Das war die Frage, die daraufhin kommen musste. Maron hatte sie erwartet. „Nein, da es ihm gelungen ist diese Mauer einzureißen. Er beginnt den Tod seiner Eltern zu verarbeiten und sieht im Kampf gegen die Outrider oder sonstige Feinde nicht mehr seine Rache. Was ganz wesentlich ist. War früher in schwierigen Momenten, Revanche für die Ermordung seiner Eltern, seine letzte Motivation, so ist es heute immer mehr der Gedanke an einen sicheren Ort, ein Zuhause für seine Familie und seine Freunde. Ein Zuhause, wie er es einst hatte.“ Damit konnte er seinen Gesprächspartner beruhigen. Auf einen so guten Schützen an Bord des Friedenswächters konnte man nur schwer verzichten. Eagle wollte genau genommen auf keinen der drei verzichten müssen. Nicht nur wegen ihrer beruflichen Qualitäten, sondern auch, weil sie ihm am Herzen lagen und als Team und Freunde einen sehr starken, beneidenswerten Zusammenhalt hatten. „Er beginnt also offen mit Ihnen darüber zu reden“, stellte er fest. „Das beruhigt mich. Bisher waren seine Eltern immer ein rotes Tuch, niemand durfte mit ihm darüber sprechen.“ Die Erfahrung hatte er auch machen müssen. Nach dem Vorfall mit Dooley und dem Verdacht auf dessen Verrat, und auch in der Zeit des Waffenstillstandes, hatte Eagle versucht, mit Colt zu reden, ihm die getroffenen Entscheidungen zu erklären und war im Verlauf dieses Gespräches an die Mauer gestoßen, hinter der sich Colts Gefühle für seine Eltern verbargen. Der Commander hatte versucht dem hitzigen Scharfschützen zu vermitteln, dass es, vor allem in der Zeit des Waffenstillstandes, darauf ankäme, die Sicherheit für all die Familien im Neuen Grenzland herzustellen und jede Chance diesbezüglich zu nutzen. Der Lockenkopf hatte nur verächtlich geschnaubt und erklärt, dass Frieden mit feigen Phantomwesen nicht möglich sei und dass er dies besser als jeder andere wüsste, da er diese Lektion mit dem Leben seiner Eltern bezahlt habe. Der Rest war verbocktes, verbittertes Schweigen gewesen. Mehr war nicht aus ihm heraus zu bekommen. Ein Segen, dass sich dies nun änderte. Zuversichtlich erkundigte sich der Commander nun: „Wie steht es mit den anderen beiden?“ Diese Zuversicht hielt nicht sehr lange. Maron schob nun Colts Akte zur Seite und nahm die nächste vom Stapel. „Shinji Hikari“, las er den Namen darauf vor und schaute besorgt drein. „Weniger erfreulich“, konnte Eagle so leicht, aber unbehaglich erkennen. „Bedenklich trifft es eher. Ich habe selten Patienten, die derart stark abblocken. Im Grunde liegt er nur seine Zeit ab. Er demonstriert mir oft, dass er nicht mit mir reden muss, wenn er nicht will. Und er will nicht“, schürte der Professor dieses Unbehagen. „Woran liegt das? Haben Sie eine Idee?“, fragte Eagle. „Er verkraftet Verluste sehr schwer und wir wissen beide, dass er schon welche erfahren musste. Leider zieht er es vor, sich dann in ein Schneckenhaus zu verkriechen. Wenn seine Freundin es schafft an ihn heranzukommen, wäre es gut und er würde sich mit der Zeit vielleicht öffnen, aber den Eindruck habe ich nicht“, entgegnete der Therapeut sachlich. Dieser Patient bereitete ihm einiges Kopfzerbrechen und bisher war er noch nicht dahinter gekommen, wie er dessen Schweigemauer einreißen konnte. „Ich hatte ehrlich gesagt immer den Eindruck, er würde meiner Tochter vertrauen und zumindest mit ihr sprechen“, meinte Charles nachdenklich. „Sie bekommen aus Fireball also gar nichts raus. Das heißt, er macht keine Fortschritte.“ Diese Feststellung war niederschmetternd. „Tja, ich fürchte, er spricht nicht sehr viel mit ihr, wenn es um den Tod seines Vater und der beiden Kolleginnen geht. Aus dem Protokoll ging zu deutlich hervor, wie emotional und angreifbar er da ist. Der Vorwurf verletzt sein Ehrgefühl und löst sein schlechtes Gewissen aus. Da dies bereits mit dem Tod seines Vaters beginnt und er nicht bereit ist, sich damit auseinander zusetzen, kann ich aktuell nur davon abraten, ihn je wieder in einen Krieg zu schicken“, musste Maron wahrheitsgemäß und wenig aufbauend antworten. Mehr als ein „Hm“ brachte der Commander dazu nicht hervor. Schon von der beruflichen Seite her, war das eine ungünstige Auskunft. Es bedeutete, dass man unter diesen Umständen einen neuen Piloten für Ramrod finden musste. Aber beinahe schwerer wog für Aprils Vater das Wissen, dass der Rennfahrer seiner Tochter nicht hundertprozentig vertraute, wie es in einer guten Beziehung eigentlich sein sollte. Bevor er gedanklich zu weit vom Thema abschweifen und die junge Familie, die er bisher für völlig intakt gehalten hatte, grundlegend anzweifeln konnte, besann er sich und fragte: „Was ist mit Saber? Ich hoffe, er macht sich besser als Fireball.“ Darauf hoffte er fast schon verzagt. Immerhin machte der Cowboy Fortschritte, dann sollte der Schotte das doch auch können. „Ich würde Mister Hikari noch nicht aufgeben, Commander. Er hängt sehr stark an seiner Familie und deren Wohl geht ihm über alles. Das ist der Punkt, an dem man ihn knacken kann“, ließ der Professor es sich nicht nehmen, seinem Gesprächspartner einen Hinweis einzustreuen, ehe er die Akte beiseite legte und die des Recken zur Hand nahm. „Saber Rider“, murmelte er versonnen mehr zu sich selbst, als an seinen Zuhörer gewandt. „Erstaunlich. Diese Entwicklung hatte ich nicht erwartet. Das muss ich zugeben“, meinte er dann in normaler Lautstärke und an den Commander gewandt. Was er davon halten sollte, wusste der nicht so recht. „Inwiefern meinen Sie das?“, wollte er darum wissen. „Nun, aus allen Berichten, Beurteilungen und Zeugnissen geht hervor, wie kühl, sachlich und distanziert er sei. Aber das ist nicht der gleiche Mann, den ich hier erlebe. In der ersten Sitzung gab er sich ruhig und ernst, bis ich ihn nach seiner Familie und nach seiner Frau fragte. Sie haben ihn in der Verhandlung erlebt, sagen Sie mir, wie die Sitzung weiter ging.“ Dabei verbarg Maron ein sachtes Grinsen in dem er seine dünnen Finger über seinen Mund legte und sein Kinn auf den Daumen stützte. „Ich?“, fragte Eagle überrascht zurück. Das war eine knifflige Aufgabe. Seit der letzten Mission war Saber für ihn nicht mehr so leicht einzuschätzen. „Entweder hat er ebenso auf stur geschalten, wie seine beiden Kollegen, oder aber er ist an die Decke gegangen“, mutmaßte er, zweifelte aber an seinen eigenen Worten. Oh, der Blonde war eindeutig nicht mehr der Mann, den Eagle als Captain für die Ramrod-Crew berufen hatten. Das war nicht negativ behaftet, sondern einfach eine Tatsache. „Weder noch, Commander“, schmunzelte Maron zurück und ließ die Hand auf die Tischplatte sinken. „Er konnte ganze drei Sitzungen ausschließlich von ihr schwärmen ohne sich nur ein einziges Mal zu wiederholen“, löste er das Rätsel auf und ließ es einen Moment lang auf Eagle wirken. Der klappte nur den Mund auf. „Hat er das?“, hakte er verblüfft nach. „Ja, hat er“, bestätigt der Zauskopf. „Ich war selbst überrascht. Ich musste ihn ausbremsen, sonst würde er wohl heute noch nur von ihr sprechen. Es heißt, er sei sehr verschlossen, aber es scheint seiner Frau gelungen zu sein, diese Schlösser zu öffnen. Mister Rider ist ein Patient, wie man ihn sich wünscht: offen, selbstkritisch und nachdenklich. Er ist bald wieder so weit. Dass er aktuell als Ausbilder arbeitet, tut ihm gut. Er liebt die Arbeit für das KOK und das Neue Grenzland. Er erkennt seine Fehler, Stärken und Schwächen und ist absolut souverän im Stande Schuld, vor allem seine eigne, im rechten Maß zuweisen zu können“, berichtete er. Geplättet lehnte sich der Oberbefehlshaber im Stuhl zurück. „Wow. Das klingt fantastisch.“ Das Beste kam also zum Schluss. Maron nickte. „Er ist von allen der, der in jeder Weise ausgeglichen ist“, fasste er zusammen. „Mister Willcox nähert sich diesem Punkt. Und Mister Hikari ... hm. Er kann ihn erreichen, sofern es uns gelingt, ihn in diese Richtung zu schieben.“ Es lag nicht in der Natur des wunderlich erscheinenden Therapeuten, einen Patienten aufzugeben und als Fehlschlag abzustempeln. „Schon mal versucht, einen Büffel zu schieben, wenn er nicht will, Professor Maron?“, fragte Eagle ein wenig verzagt lächelnd. „Einen Büffel? Sie müssen ein Häschen aus dem Bau locken, mehr nicht“, schwächte der Gefragte grinsend ab. „Ist aber ein stures Häschen“, gab Eagle zu bedenken. „Finden Sie eine Karotte, die appetitlich genug ist“, schlug Maron vor „Das müsste eine sehr süße Möhre sein, die man ihm da vor die Nase hält.“ Im Augenblick sah der Commander seine Felle bezüglich Fireball davon schwimmen. Der Vater seiner Enkelin gebrauchte seinen Sturkopf an der falschen Stelle und es schien ihm nicht klar zu sein, wohin das führen konnte. Was tat der Japaner nur April mit seinem mangelnden Vertrauen an? Und der kleinen Charlene erst, wenn er tatsächlich wegen Nichteinhaltung der Bewährungsauflagen ins Gefängnis musste. Eagle wusste wohl, das Rennfahrer dies ganz sicher nicht wollte, aber mit dem Dickkopf schien sich diese Richtung augenblicklich nicht ändern zu lassen. „Vielleicht sollte Ihre Tochter bei einer solchen Sitzung anwesend sein“, überlegte Maron laut. „Allerdings bräuchten die beiden dann einen Babysitter.“ – „Ach, die beiden haben gute Freunde, die das gerne mal eine Stunde oder zwei übernehmen würden“, entgegnete Eagle und fragte sich, worauf der Psychotherapeut genau hinaus wollte. „Dann sollten Sie, Commander, auch anwesend sein“, fügte der seinem laut geäußerten Gedanken hinzu. „Bis zu April konnte ich noch folgen. Jetzt bin ich allerdings ausgestiegen. Weshalb sollte ich ebenso anwesend sein?“, bat Eagle um Erklärung. Maron nickte leicht und erläuterte seine Gedankengänge: „Nun, wie ich schon sagte, sein Ehrgefühl und sein schlechtes Gewissen hängen mit dem Tod seines Vaters zusammen. Er ist sehr stolz auf ihn, das konnte ich schon feststellen. Gleichzeitig glaubt er aber auch, dass er in seiner Schuld steht, weil sein Vater sterben musste, damit er in Frieden leben kann und deshalb kann er auch den Verlust der beiden Kolleginnen so schwer verkraften. Er sollte etwas mehr über seinen Vater erfahren vor allem aus dessen Zeit beim KOK und da können Sie weiterhelfen. Die Abwesenheit seiner Tochter bei einem solchen Gespräch wird ihn daran erinnern, dass er sie einige Zeit nicht sieht, wenn er nicht mit uns zusammen arbeitet. Nun und ihre Tochter wird ihm den Druck, der bei diesem Gedanken entsteht, nehmen und es ihm leichter machen.“ Das war einleuchtend. Verstehend nickte Eagle. Hoffentlich ließ sich der Dickkopf auch irgendwie ohne größere Schwierigkeiten auf die Sache ein. Aber da vertraute er dann doch auf April und Charlene und den Umstand, dass der Rennfahrer sie liebte. So würden sie den Japaner schon zum Reden bringen. Die Tür wurde sanft aufgestoßen. Frische, nach feuchter, warmer Erde riechende Morgenluft drang in das staubige Wohnzimmer. Sie glitt hinein und sah sich überrascht um. Umgestoßene Möbel, herausgerissene Schubladen, umherliegende Papiere und Fotos – hier war sie einst zu Hause gewesen. Er folgte ihr. Sanft schob er ihr rotblondes Haar aus dem Nacken und schlang einen Arm um ihre Taille. Behutsam hauchte er ihr einen Kuss in die Halsbeuge. „Sei nicht traurig, mein Engel“, flüsterte er. „Er hat sich darum gekümmert. Er ist ein guter Junge.“ Sie nickte leicht. „Ja, das ist er. Wir können wirklich stolz auf ihn sein“, antwortete sie leise und nahm seine Hand. Wenn man von dem Chaos absah, war hier nichts mehr verändert worden. Die Möbel waren dieselben und die meisten Bilder hingen, wenn auch schief, noch dort an den Wänden, wo sie sie hingehängt hatte. Nur den Verlust ihres Hochzeitsschmuckes konnte sie feststellen. Sie lächelte warm. „Robin wird sehr hübsch damit aussehen“, meinte sie und wandte sich zu ihm. Er nickte. „Zwar kaum schöner als du damals, aber sie wird nahe herankommen“, schmeichelte er. Sie kicherte. „Oh Gary, das hat er so eindeutig von dir.“ Er schmunzelte charmant. „Ich sage nur, was wahr ist, Mabel“, erwiderte er. „Ich bin beruhigt, dass unser Junge doch noch seinen Weg gefunden hat. Schade nur, dass ich Robin nicht zum Altar führen darf.“ Sie strich ihm sanft über die Schulter. „Sie hat einen guten Ersatz für dich“, lächelte sie. „Und wir, wir schauen uns das Ganze von unseren Logenplätzen aus an. Wie immer“, tröstete sie ihn dann. Er nickte und schlang seine Arme um sie. „Wie immer.“ Damit hauchte er einen Kuss auf ihre süßen Lippen. Der Spuk, den ohnehin niemand bemerkt hatte, endete, als die Haustür zuschlug. „Aua.“ Colt ließ den Hammer fallen und schüttelte die Hand, auf deren Daumen er sich eben geschlagen hatte. Verdammt, tat das weh. „Auf die Fliese, nicht auf den Daumen, Kumpel“, kicherte Fireball und auch Saber neben ihm unterdrückte ein allzu lautes Lachen. Die drei waren bereits seit dem Morgengrauen damit beschäftigt, dass NoRiNoFu zu renovieren. Während der Schotte und der Japaner damit beschäftigt waren, die elektrischen Leitungen zu verlegen, flieste Colt den Wandbereich um die Spüle hinter der Bar. „Ich treffe gleich einen Nagel auf den Kopf, Kurzer“, knurrte er verstimmt zurück. Die beiden Spottdrosseln immer. Den ganzen Tag schon zogen sie ihn auf, wenn ihm ein handwerkliches Missgeschick passierte. „Nein, ganz sicher nicht“, konnte der Recke sich nicht verkneifen zu kommentieren. „Der trifft sonst was, nur nicht das, was er soll. Aber gib ihm ein Schießeisen in die Hand und er ballert von hier einer Maus in Mexiko die Schwanzspitze weg“, grinste der Wuschelkopf. „Ich baller dir auch mal den Stuss aus dem Kopf, wenn du willst, Kleiner. Könnte jedenfalls nicht schaden“, brummte Colt verstimmt und besah sich den malträtierten Daumen. War nur halb so schlimm. „Da hat man es mal wieder“, grinste Saber. „Getroffene Hunde bellen. Egal, wer für den Treffer verantwortlich ist.“ – „Der bellt nicht, der keift schon“, lachte der Rennfahrer und fuhr fort, die Leitung für die Außenanlage zu montieren. Der Recke wandte sich einem Stapel Kisten zu und schob ihn auf die Seite. „Auch recht, solange er nicht beißt“, meinte er Schultern zuckend und erkundigte sich dann. „Was ist da drin?“ Die Kartons waren schwerer, als er erwartet hatte. „Gib es nur nicht Colt, da ist Geschirr drin“, erhielt er vom Japaner zur Antwort, ohne dass der von seinem Tun aufsah. „Doch her damit. Für den Polterabend“, widersprach der Lockenkopf und grinste nun. „Das Geschirr fliegt nach der Hochzeit noch früh genug. Spar dir das lieber, Kumpel.“ Mit dieser, von der Ehe wenig begeisterten Aussage, verwickelte Fireball zwei Drähte miteinander. „Ach, deshalb bist du nicht vor den Altar zu bekommen“, stellte der Bräutigam fest und widmete sich wieder den Fliesen. Er prüfte den Kleber, strich ihn auf die Stelle, auf der als nächstes eine angebracht werden sollte und drückte diese dann darauf. „Das ist nicht dein Problem, Colt.“ Fireball betätigte einen Schalter, um zu sehen, ob der Strom nun dort lang floss, wo er sollte. Zufrieden mit dem Ergebnis hantierte er weiter. „Ich krieg dich schon vor den Altar. So oder so“, versprach der Lockenkopf, nachdem auch diese Fliese hielt. „Das will ich sehen. Den Beweis dafür darfst du gern antreten.“ Es dauerte eine Weile, bis der Rennfahrer diese Antwort gab, da er mit dem Kabel beschäftigt war und sich erst wieder an dem Gespräch beteiligte, als es unter der Sockelleiste verborgen war. „Ganz einfach. Willst du mein Trauzeuge werden?“ Colt wischte über die Wandverkleidung und prüfte die Qualität seiner Arbeit. Ja, das würde halten. Der junge Vater schaute überrascht zu Saber, dann zum Cowboy. „Wir hätten die Kaffeemaschine wohl doch noch mal spülen sollen, bevor wir sie einweihen. Irgendwas muss noch drin gewesen sein, das er nicht vertragen hat“, bemerkte er dann an den Blonden gewandt. Skeptisch hob Colt die Brauen. „Soll ich das jetzt als Nein werten?“, hakte er nach. Er hatte diese Frage nicht als Scherz gemeint. „Unser Turbofreak glaubt nur nicht, dass du das ernst meinst“, erklärte der Schotte. „Wieso nicht? War doch eine normale Frage.“ Der Lockenkopf schaute seine Freunde etwas verwundert an. Was gab es denn daran nicht zu verstehen oder was daran konnte man missdeuten? „Normal? Colt, ich bitte dich. Nichts was mit Sesshaft werden und Heiraten zu tun hat und aus deinem Mund kommt, meinst du in der Regel ernst oder ist normal für dich“, erwiderte Fireball, der seinerseits diese Frage immer noch nicht ganz ernst nehmen konnte. Damit beschwor er jedoch die Ungeduld des Scharfschützen herauf. „Warum bereiten denn dann die Mädels eine Hochzeit vor? Weil mein Antrag an Robin ein Witz war oder was?“, schnappte der beleidig, wandte sich seiner Arbeit zu und klopfte unsinnigerweise noch einmal die Fliese fest, wobei er sich wieder auf den Daumen schlug. „Hey, kein Grund, dich zu verstümmeln. Das machen schon andere.“ Beschwichtigend legte der Rennfahrer seinem künftigen Geschäftspartner die Hand auf die Schulter. „Ich hab es doch nicht so gemeint“, versuchte er ihn zu beruhigen. Doch Colt war schon gekränkt. Zum einen, weil die Hochzeit mit Robin nun mal wirklich keine Sonntagslaune war. Zum anderen, weil der Japaner seine Frage noch immer nicht bejaht hatte. „Was ist mit dir, Boss? Das Angebot gilt für dich genauso“, wandte er sich unwirsch an den Blonden. Der musste ein Grinsen unterdrücken. Das war Colt, wenn er schmollte. „Sehr gerne. Ich steh dann hinter dir“, antwortete er und verkniff sich unter diesen Umständen ein „damit du nicht flüchten kannst" anzuhängen. Er nickte nur schlicht und freute sich aufrichtig über das Angebot, auch wenn es nicht allzu herzlich gemacht wurde. Dazu war der Cowboy im Schmollzustand nun mal nicht fähig. „Schön, freut mich zu hören. Dann steht mein Trauzeuge ja fest“, stellte der jetzt fest und strich wieder über die Fliese, um irgendetwas zu tun. Es wurmte ihn gewaltig, dass der junge Vater so skeptisch darauf reagiert hatte und er gedachte ihn nun dafür mit Nichtachtung zu strafen. „Ja, einen hast du sicher“, bestätigte der Schotte und schaute zum Rennfahrer. Der senkte den Kopf. Oje, da war der Wuschelkopf Colt aber gewaltig auf die Zehen getreten. „Dann sehe ich mal, dass deine Blumenmädchen zum Altar finden“, meinte er, als er den Kopf wieder hob, und grinste schief. „Was für Blumenmädchen?“, wollte der Scharfschütze wissen. „Na die, die Robin angeheuert hat“, entgegnete der Japaner zwinkernd und bekam prompt den nächsten Treffer vor den Bug. „Hat sie nicht, wird sie auch nicht. Das weiß ich mal sicher, wir haben heute Morgen noch darüber gesprochen. Und wehe einer schmeißt Reis“, brummte der Lockenkopf. Es schien, als dürfe Fireball tatsächlich „nur“ Gast sein. „Wir können auch was anderes werfen. Popcorn, Tomaten und faule Eier“, zählte er auf, um dieses unbehagliche Gefühl in der Magengegend durch einen Witz zu vertreiben. „Nein, im Ernst, ich werde mich hüten, Lebensmittel zu werfen. Fruchtbar ist eure Ehe ja schon jetzt“, fügte er dann hinzu, als er den düsteren Blick des Bräutigams bemerkte. „Er kann Robin ja zum Altar führen“, versuchte Saber zu vermitteln, damit sich so kurz vor der Hochzeit nicht noch ein ernsthafter Streit wegen eines Missverständnisses anbahnen konnte. „Ich setze ihn auf die Ersatzbank, Brautführer hat Robin bereits einen ominösen“, gab Colt zur Auskunft. „Tatsächlich? Wen?“ Saber hob erstaunt die Brauen. Das hatte ihm seine Frau ja noch gar nicht erzählt. „Woody?“, riet der Rennfahrer, nicht weniger verwundert als der Schotte, und tappte in den nächsten Fettnapf. „Wehe wenn ich den auf meiner Hochzeit sehe!“, knurrte der Cowboy sofort. Du lieber Himmel, färbte der Scharfschütze etwa auf den jungen Vater ab? „Na ja, die Überraschung wirst du dann wohl am Altar erleben“, grinste der Highlander. „Wer auch immer es ist, er wird ihm nicht eine Predigt am Altar halten, so wie Toto das bei mir gemacht hat.“ Bei der Erinnerung an seine eigene Trauung huschte ihm ein kleines Lächeln über die Lippen. Nichts daran bereute er oder würde er im Nachhinein anders machen wollen. „Dafür werd ich ihm da“ Der Kuhhirte wies auf Fireball. „irgendwann mal in einer ruhigen Minute eine Predigt halten. Und ich meine nicht wegen der schlampigen Kalkulation“, drohte er. Unbehaglich schluckte der Japaner. „Pater Willcox“, presste er hervor. Die ruhige Minute war gerade. Zwangsläufig war durch das Gespräch eine Pause in der Arbeit entstanden. Da konnte der Cowboy auch gleich mit ihm klären, was er zu klären hatte. Und es war günstiger, es jetzt zu besprechen, so lange Saber als Blitzableiter anwesend war. „Kriegt man von dir mal ein Ja oder Nein, wenn man dir eine Frage stellt, Matchbox?“ fuhr ihn Colt postwendend an. Ein etwas irritiertes „Ja“ bekam er als Antwort auf beide Fragen. „Ja, was? Ja, du willst auch mein Trauzeuge sein, oder ja, du kannst tatsächlich auf eine simple Frage auch eine simple Antwort geben?“, hakte der hartnäckig schmollende Scharfschütze nach. „Ja .... ich mein; nein ... ich mein doch ... ich ...“, stammelte der Rennfahrer jetzt und fühlte sich doch ein wenig überrollt, von dem Ausbruch. „Das war schon mal ein anschaulicher Vorgeschmack auf deine Hochzeit, Fire. Ein simples Ja wird in beiden Fällen reichen“, feixte Saber. „Ich hoffe doch“, grinste Fireball unsicher. Der Cowboy rollte die Augen. „Also ja oder ja?“, wollte er ungeduldig wissen. „Was denkst du eigentlich Colt? Natürlich ja“, erklärte der Japaner nun entschieden. „Bei dem Stuss, der da am laufenden Band kommt, denkst du bestimmt gar nichts“, versetzte der Scharfschütze nun, konnte aber schon wieder schmunzeln. „Da sagt doch wieder der eine Hase zum anderen: Hast du aber lange Ohren.“ Kopfschüttelnd sah der Blonde zwischen den beiden dunkelhaarigen Temperamentsbolzen hin und her. Die beiden benahmen sich doch immer wieder wie Kindsköpfe. Aber irgendwie schien genau dies ein wichtiger Teil dieser Freundschaft zu sein. „Deine sind aber noch größer“, grinste Fireball, knuffte Saber leicht in die Seite und wandte sich wieder seiner Arbeit zu. „Klar, bin ja auch der Boss“, gab der verschmitzt zurück und tat es seinem ehemaligen Piloten gleich. „Unser Obermümmelmann. Klasse einfach!“ Munter begannen wieder die beiden einige Kisten zur Seite zu schieben, um einen Durchgang zu schaffen. In diesem Moment trat Robin ein, die auf dem Heimweg aus der Stadt ihren Zukünftigen abholen wollte. Sie hatte Fireballs letzten Satz gehört und nutzte ihn, um sich bemerkbar zu machen. „Hm, frische Karotten hab ich da.“ Sofort spitzte Colt die Ohren. „Ich bin der hungrigste Hase!“ Im nächsten Moment ließ er den Hammer fallen und war schon bei ihr. Man hatte kaum sehen können, dass er sich überhaupt erst umgedreht hatte, ehe er zu ihr gestürmt war. „Na, was sagst du, Baby?“, fragte er und zog sie in die Arme. „Du bist noch am Leben, wie schön“, neckte sie sanft und erwiderte die Umarmung. „Er hat schließlich uns. Wir passen schon auf deinen Gemahl auf“, lachte Fireball im Hintergrund. „Beruhigend“, murmelte die Lehrerin und hauchte Colt einen Kuss auf. „Das ist beruhigend.“ Der Scharfschütze drückte sie sogleich noch etwas näher an sich und man musste schon ein reichlich naiver Beobachter sein, um nicht zu erkennen, was in dem Lockenkopf vorging. „Das ist nichts für Zuschauer“, erkannte der Highlander sofort. „Ich geh freiwillig“, erklärte Fireball, griff Saber am Ärmel und zog ihn mit sich. „Komm, ich zeig dir was.“ „Du bist unmöglich“, kicherte Robin, als die beiden verschwunden waren. „Das ist der Grund, weshalb du mich heiratest“, gab der Scharfschütze verschmitzt zurück und zwinkerte neckisch. „Auch ja. Einer von den vielen“, gestand sie und wechselte dann das Thema. „Wie weit seid ihr gekommen?“ Der Lockenkopf sah über seinen Schulter, ließ den Blick kurz schweifen, ehe er sich wieder zu der Blondine in seinen Armen wandte und antwortete: „Wir haben einiges geschafft. Fire und Saber haben die Elektroleitungen verlegt und ich hab die Wände gefliest.“ Sie nickte leicht. „Schön. Klingt als würde auch bei euch alles nach Plan laufen“, stellte sie fest und wollte gehen. Allerdings ließ Colt sie nicht los. Er hob seine Daumen, hielt sie vor Robins blaue Augen und machte ein ganz bemitleidenswertes Gesicht. „Solang die dran bleiben. Autsch“, klagte er. Schmunzelnd strich die Lehrerin ihm über die Daumen und hauchte Küsse darauf. „Besser?“ –„Das tut ganz doll weh“, jammerte der Lockenkopf weiter. Noch einmal gab sie sanfte Küsse auf die malträtierten Finger und erinnerte ihn mit einem vielsagenden Lächeln: „Die Krankenpflege ist zu Hause aber besser.“ Seine Miene erhellte sich augenblicklich, zufrieden mit dem Erfolg seiner Klage. „Dann muss ich sofort heim“, erklärte er, nahm Robins Handgelenk und wollte sie aus dem Gebäude schleifen, aber sie blieb vorerst noch stehen. „Verabschieden wir uns von den beiden noch? Habt ihr die offenen Fragen schon geklärt?“, hakte sie nach. „Die Trauzeugenfrage hat mich zwar gut und gerne eine halbe Stunde gekostet, aber ja. Ja mein Schatz“, antwortete er ungeduldig. Mit der Aussicht auf die liebevolle Krankenversorgung daheim hatte er es furchtbar eilig. „Jungs? Ich muss leider weg, dringende Geschäfte und so. Wir sehen uns morgen!“ Damit schleifte er seine Zukünftige förmlich zum Auto, ohne ihr oder seinen Freunden Zeit für weitere Abschiedsworte zu lassen. Kopfschüttelnd sahen die beiden dem Paar nach. „Also, zeigst du mir jetzt endlich noch, was du mir zeigen wolltest?“, fragte der Schotte den Wuschelkopf. Der nickte und führte ihn zur Terrasse. Dort wies er auf den überdachten Vorsprung. „Die Idee hat mich heute Morgen gebissen. Eine kleine Leinwand, um im Freien Sport gucken zu können“, erklärte er dabei. Saber entdeckte allerdings eine große und bereits voll installierte Leinwand. Grinsend schüttelte er den Kopf. „Denk dran, dass das dein Geschäft ist und nicht dein privater Vergnügungspark. In erster Linie solltest du damit deine Mädels ernähren“, mahnte er. „Keine Sorge, ich krieg auch normales Programm rein“, grinste der Japaner verschmitzt zurück und wies auf die provisorisch aufgebaute Anlage im Bistro, in der sich Beamer, TV, Heimkino, Stereoanlage und Boxen zu einem Traum an Unterhaltungstechnik verbanden. Die entsprechenden Kabel hatten sie heute schon gelegt. „Kindskopf“, tadelte der Highlander, allerdings nicht ernsthaft. „Wenn dir die geballte Frauenpower wieder Fragen stellt, solltest du das hier noch nicht erwähnen.“ Der Rennfahrer grinste nur noch breiter. „Was erwartest du? Ich war immer einer und ich werd immer einer bleiben. Und nur mal nebenbei erwähnt: Das“ Er deutete auf die Leinwand. „weiß April schon“, informierte er seinen ehemaligen Boss. „Glück gehabt“, meinte der amüsiert. „Nein.“ Fireball schüttelte bestimmt den Kopf. „Klüger geworden“, berichtigte er dann Sabers Aussage. Der Blonde schaute ihn fragend an, was den jungen Vater irritierte. „Was denn? Auch Rennfahrer lernen dazu“, verteidigte er deshalb seine Aussage. „Schon“, gestand Saber ihm zu. „Aber was hast du gesagt, dass sie nichts dagegen hatte?“, wollte er wissen. War doch immerhin interessant zu erfahren, wie viel der Kleine dazugelernt hatte. „Ich hab ihr das ganz simpel erklärt. Sport lockt immer viele Menschen an, Fußball zum Beispiel, oder Eishockey oder Formel 1. Da sitzen die Leute gern zusammen und sehen sich das an. Richtige Sportbars sind oft verraucht und schmuddelig, bei uns kann man auch was essen. Simpel genug, damit jeder versteht, dass das langfristig viel Kohle bringt. Du bist nicht das einzige Genie in unserer Runde“, erläuterte der ehemalige Pilot schlicht. „Stimmt, aber das größte“, grinste Saber und schielte betont die wenigen Zentimeter zu seinem Freund hinab. „Bah, wegen den zwei Zentimetern.“ Fireball versuchte gar nicht erst, sich größer zu machen, musste aber dennoch lachen. „Haben oder nicht haben“, schmunzelte der Schotte. „Nebenbei: Haben wir für heute fertig?“, wollte er noch wissen und trat wieder ins Bistro. „Das Feierabendbierchen steht da hinten“, erwiderte Fireball und wies auf die Theke. „Schließt du dann ab?“ – „Ja, aber ohne das Bier. Trotzdem danke“, lehnte der Recke das Angebot ab und verriegelt die Tür. Der junge Vater erwartete ihn am Vordereingang. „Ich kann dich heimfahren, liegt nämlich auf dem Weg“, schlug er dann vor, ließ Saber hinaus und verzog leicht das Gesicht. Der Weg war nur deshalb der gleiche, weil der Japaner noch zum Psychotherapeuten musste, was dem sehr widerstrebte. „Gern“, nahm der Blonde das Angebot diesmal an. „Jolene wird ja hoffentlich schon da sein.“ Er freute sich auf seine Frau. Je näher sowohl der Eröffnungstermin, als auch der Hochzeitstermin rückten, desto mehr griff das Ehepaar den Freunden unter die Arme und hatte folglich umso weniger Zeit für sich. Aber die Hebamme hatte etwas von heute zeitiger zuhause sein gesagt und ihr Angetrauter hoffte auf einen schönen gemeinsamen Abend. Mal wieder. „Ganz sicher. Sie muss ihren Helden doch gut bekochen“, meinte Fireball und stieg in sein Autor. „Das tut sie immer, aber heute scheint sie was vor zu haben. Sie tat so geheimnisvoll.“ Saber nahm auf dem Beifahrersitz Platz. „Na, für Ehebruch seid ihr noch nicht lange genug verheiratet“, stichelte der Japaner ohne zu ahnen, dass diese Worte an Sabers wundem Punkt kratzten. „Wahrscheinlich gibt es etwas, dass wir schon lange nicht mehr hatten und an das ich gerade nicht denke“, erwiderte der und hob die Brauen verstimmt. Die Vorstellung, seine Jolene könne jemals untreu werden, war die schlimmste für ihn. „Oder sie trifft sich mal mit einer guten Freundin. Sowas soll es geben“, bagatellisierte der Rennfahrer sogleich. „Ich schätze, ich werde mich überraschen lassen müssen“, kommentierte der Blonde nüchtern und wechselte das Thema. „Wie läuft es eigentlich?“, wollte er stattdessen wissen, da dem Rennfahrer entschlüpft war, was für einen Termin er heute noch hatte. „Eagle wird sich sicher mal danach erkundigen.“ Der Japaner nickte und münzte das Gesagte sofort auf seine Familie um. „Klar. Welcher Opa erkundigt sich nicht nach dem Enkelkind? Und das wächst und gedeiht.“ Über die Sitzungen zu reden, die ihm jedes Mal aufs Neue wie eine Folter erschienen, war für ihn, ganz besonders vor einer solchen, schlichtweg ein Graus. „Ich meinte ...“, setzte Saber an, dann verstand er. „Vergiss es.“ Für ein tiefgehenderes Gespräch über diese Angelegenheit war keine Zeit mehr. Sie hatten das Haus der Riders schon erreicht. „Schon passiert. Weil ich dich da jetzt rauswerfe“, antwortete Fireball daher. Der Recke schnallte sich ab und warf dabei einen Blick auf das Haus. „Sie ist da“, bemerkte er, als er Licht brennen sah. „Hoffentlich alleine“, konnte der junge Vater sich nicht verkneifen zu kommentieren. „Werd ich ja gleich sehen.“ Der Schotte brummte, als er die Tür öffnete und ausstieg. „Danke fürs Fahren, das nächste Mal Tanken geht auf mich“, verabschiedete er sich. „Ich schreib es von der Steuer ab“, entgegnete der Wuschelkopf zwinkernd. „Genieß deinen Abend und denk nicht zu viel drüber nach, Säbelschwinger.“ Irritiert hielt der inne, die Autotür zu schließen. „Worüber?“, bohrte er nach. „Über die diversen Freizeitaktivitäten deiner Angetrauten. Die denkt noch nicht mal dran“, antwortete der kopfschüttelnd. Was der Oberheld immer gleich dachte. „Du musst es ja wissen“, wich der Blonde dem Gespräch nun seinerseits aus. „Gute Nacht.“ – „Schönen Abend noch, Ciao.“ Die Autotür schlug zu. Fireball fuhr weiter und Saber lief auf das Haus zu. Ob er wollte oder nicht, Fireballs Stichelei hatte an einer alten, tiefen Wunde gekratzt. Noch immer fürchtete der Schotte nichts mehr, als das seine Frau ihm jemals untreu wurde. Nichts als diese Zweifel, diese Eifersucht belastete die Ehe, aber das dann zur Genüge. Er öffnete die Haustür. „Hey Manapi.“ Chily kam ihm entgegen gelaufen. „Du bist schon da“, wunderte sie sich. Er schloss die Tür und drückte ihr einen Kuss auf die Lippen. „Hi, mein Schatz“, begrüßte er sie. Die Hebamme spürte sofort, dass er etwas auf dem Herzen hatte. Irritiert darüber erwiderte sie den Kuss nicht, sondern musterte ihn besorgt. Das wieder verwirrte ihn restlos. „Ist was, Aiyana?“, wollte er wissen. „Das wollte ich dich auch grad fragen. Alles okay bei dir?“, gab sie zurück. Er wandte ihr den Rücken zu und legte den Schlüssel auf die Kommode. „Ja. Ist nur ein heillose Durcheinander bei den zweien im Geschäft“, antwortete er. „Kann ich mir vorstellen.“ Sie legte ihm die Hände auf die Schultern, massierte sie leicht und küsste ihn zwischen die Schulterblätter. „Hast du Hunger?“, hakte sie dann nach. Er ging auf ihre Liebkosung nicht ein, fragte nur nüchtern zurück: „Hast du gekocht?“ Ihm wollte es in seiner argwöhnischen Stimmung erscheinen, als hätte sie ein schlechtes Gewissen. „Es ist noch nicht ganz fertig. Ich hab dich später erwartet.“ Damit ließ sie ihn los und ging in die Küche voraus. „Habt ihr euch gestritten?“, versuchte sie die unterkühlte Art ihres Mannes zu ergründen. „Nein. Alles in Ordnung“, versicherte er ihr und folgte. „Was gibt es denn heute gutes? Verrat es mir, mein Schatz.“ Sie trat an den Herd und schaute prüfend in die Töpfe. „Dein Lieblingsessen“, antwortete sie. Jetzt war er endgültig alarmiert. Er hob überrascht die Brauen. „Wirklich?“ Sie schaute ihn fragend an. „Ja. Freust du dich nicht?“ Er hob die Hände und beeilte sich zu versichern: „Doch, doch. Ich wundere mich nur.“ Der Abend schien unter dem Zeichen nicht enden wollender, gegenseitiger Verwunderung zu stehen. „Warum? Du hattest in letzter Zeit so viel zu tun. Ich dachte, ich mach dir eine Freude damit“, erwiderte sie und kam so gar nicht darauf, was mit ihrem Angetrauten nicht stimmte. Nur das etwas mit ihm nicht stimmte, das war deutlich. Er lehnte sich in den Türrahmen und beobachtete sie. „Du hattest auch nicht wenig zu tun. Ich dachte nur, kochen ist grad so ziemlich das Letzte, was du noch machst und dann ist es auch noch fast fertig, obwohl du mich nicht so früh erwartet hast“, erklärte er sich und zauberte noch mehr Fragezeichen in ihr Gesicht. „Ist doch nicht so wichtig“, winkte er daher schnell ab. „Du sollst mich nicht anlügen“, meinte sie tadelnd. Es gehörte für sie schließlich noch nie viel dazu einen Menschen einer Unwahrheit zu überführen. „Was ist los mit dir? Du bist so, ich weiß nicht, kühl ... abweisend“, hinterfragte sie wiederum die seltsame Stimmung. „Nein, Aiyana. Ich bin nur ein bisschen müde heute“, stritt er ab und rieb sich, diese Aussage unterstreichen wollend, die Augen. „Was in deinem Kopf vorgeht, möchte ich grad wirklich wissen.“ Chily wandte sich wieder dem Herd zu und schaltete ihn ab, bevor etwas einbrennen konnte. Er wich ihr aus, dann sollte sie wohl vorläufig das Thema wechseln und es über einen anderen Weg versuchen. „Wie geht es Little Daddy und Bullet?“ Saber schmunzelte leicht. „Stur und tollpatschig wie immer“, antwortete er, froh über das neue Gesprächsthema. Die Angabe Stur bezog sich auf Fireball, Tollpatschig auf Colt, das verstand die Hebamme ohne Probleme. „Dann musst du besser auf ihn aufpassen. Für die Hochzeit sollte er am Leben bleiben“, grinste sie schief. „Wir haben ihm schon alles weggenommen, was gefährlich werden könnte“, beruhigte der Schotte sie scherzhaft. „Gut, dann muss er nur noch den Weg zum Altar finden.“ Eine fröhliche Stimmung ließ sich leider nicht dadurch erschaffen. Chily fühlte genau, dass diese seichte Fröhlichkeit nur oberflächlich war. Sie holte die Teller aus dem Schrank. „Den findet er auch, keine Sorge. Mit zwei Trauzeugen kann nicht viel schief gehen.“ Saber löste sich vom Türrahmen und half ihr, den Tisch zu decken, während sie begann, das Essen auf die Teller zu tun. „Ah, das ist dann also auch geklärt“, stellte sie nur fest. Er verteilte das Besteckt auf dem Tisch. „Hat sich Robin auch schon für jemanden entschieden, der sie zum Altar führt?“, wollte er nun über die Hochzeit wissen. „Ja, das steht schon eine ganze Weile fest.“ Ihre Stimme klang belegt. Saber setzte sich und musterte sie. „Und du weißt es?“ hakte er nach. Die buntgesträhnte Blondine stellte ihm den Teller hin und setzte sich ihm gegenüber. „Ja, natürlich. Du weißt doch, ich helf ihr bei den Vorbereitungen. Das ganze wird eine schöne Überraschung“, entgegnete sie. Jetzt schnellte wieder skeptisch die Braue nach oben. „Für wen?“ bohrte er scharf nach. „Da es ein Geheimnis ist: für alle anderen“, gestand sie leise und biss sich auf die Unterlippe. Unter seinem Tonfall war sie zusammengezuckt. Saber schluckte hart. Die Reaktion seiner Frau verhieß für den misstrauischen überhaupt nichts Gutes. „Kennst du ihren Brautführer?“, fragte er schließlich. „Ja, tu ich.“ Chily legte alles aus der Hand. Die Alarmglocken schrillten. Sie schien sich dem zu nähern, was ihm unter den Nägeln brannte. „Und?“ hakte er schon einsilbig nach. „Stehe unter Schweigepflicht“, presste sie hervor, wagte es eigentlich kaum, weil sie schon ahnte, wohin es führte. „Ach so.“ Jetzt war für Saber alles klar. Eifersucht loderte einmal mehr in ihm auf. „Manapi, warum fühl ich da eine Mauer zwischen uns?“ wollte Chily leise wissen. Sie konnte jetzt nicht locker lassen. „Wo siehst du schon wieder eine Mauer? Ich hab dich was gefragt, du hast es mir gesagt und gut“, entgegnete er knapp, hatte allerdings tatsächlich innerlich seinen alten Schutzwall wieder halb aufgerichtet. „Nein, das ist nicht wahr“, widersprach sie leidenschaftlich. „Wenn es nicht an den Jungs liegt, ist es dann wegen mir? Hab ich was angestellt?“ Oh, es trieb sie schier in den Wahnsinn, wenn er so reagierte, einsilbig, misstrauisch und distanziert. „Weiß ich nicht. Sag du es mir“, gab er nüchtern zurück. „Ich ... ich ... Gar nichts...“, stammelte sie überfordert. Heute Morgen war die Welt doch noch in Ordnung gewesen. Was war passiert, dass sich das geändert hatte? Erneut hob er die Brauen kritisch. „Ganz sicher?“ und sie fühlte sich bei dieser Frage unbehaglich wie bei einem Verhör. „Ja. Manapi, bitte, sag mir, was los ist. Ich verstehe nicht, warum du so misstrauisch bist.“ Sie hätte vor Ohnmacht die Wände hoch gehen können. „Man kriegt in letzter Zeit nicht viel von dir zu hören oder zu sehen“, antwortete er und atmete tief durch. „Von dir auch nicht, wir haben gerade beide viel zu tun. Aber rechtfertigt das Misstrauen?“, schoss sie zurück. Der Recke blieb sachlich. „Nur du redest von Misstrauen. Dann sag mir, ob es Grund für Misstrauen gibt“, meinte er, so nüchtern, als würde er mit seinem Team reden. Chily fuhr mit ihrem Stuhl zurück. „Nein, gibt es nicht“, kam es wie aus der Pistole geschossen. Er nickte leicht und schaute auf seinen Teller. „Na also, dann ist doch alles okay“, hakte er das ganze ab, als ob es tatsächlich so einfach wäre. Denn das war es nicht. Etwas lag über ihnen, bedrückte beide, als sie sich leise einen Guten Appetit wünschten und zu Essen begannen. Aber Chily hatte keinen Hunger mehr und obwohl sie wirklich sehr gut gekocht hatte, schmeckte es auch dem Schotten nicht wirklich. So richtig wusste er nicht, wie er sie und sich in diese blöde Situation befördert hatte, aber er hatte. Die Hebamme fühlte sich hilflos und überfordert. Ihr fehlte jeder Zusammenhang zwischen dem liebevollen, warmen Frühstück und diesem distanzierten Abendessen. Es machte ihr das Herz schwer. Seine Skepsis war der einzige Makel, den sie an ihrer Ehe sah, und es war ein sehr gefährlicher. Mistrauen sei eine Axt am Baum der Liebe, hatte ihre Mutter oft gesagt. Währenddessen mahnte sich Saber selbst. Er wusste es doch besser, als das, was er eben gesagt und getan hatte. Jedes Kind konnte besser lügen als seine Frau. Er sollte mehr Vertrauen zu ihr haben. Sie hatte ihm schließlich mehr als einmal schon treu zur Seite gestanden. Er kniff die Augen zusammen. Nein, diese Spannung war nicht mehr zu ertragen. „Entschuldige“, murmelte er schließlich leise. Irritiert hob sie den Kopf. „Was?“ Zerknirscht schielte er zu ihr hinüber. „Dass ich unseren Abend verdorben habe“, antwortete er leise. „Sag mir doch bitte einfach, was du denkst, was ich getan hab. Ich versteh dich gerade so gar nicht und ... Es ist als stünde etwas zwischen uns. Aber ich weiß nicht, was und ich kann es nicht wegschieben ...“ Hilflos suchte sie nach den richtigen Worten, nach einer Erklärung und vor allem einem Weg aus dieser Situation. Unruhig rutschte sie auf ihrem Stuhl herum und beschämte Saber ungewollt noch etwas mehr. Er legte das Besteck beiseite. „Ich sehe dich momentan kaum und ich weiß auch nicht, was du machst. Du sagst es nicht. Und niemand weiß es, vor allem ich nicht...“, erklärte er sich, nicht mit übertrieben mehr Geschick als sie. „Ich helfe Robin mit der Hochzeitsvorbereitung. Schatz, dass weißt du doch. Was willst du hören? Dass wir morgen noch einen letzten Termin bei der Änderungsschneiderin haben? Dass die Blumengestecke blau-weiß sein werden? Dass uns die Sitzordnung Kopfzerbrechen macht?“, sprudelte sie hervor. „Ja, zum Beispiel“, nickte er schlicht. Mit ungenauen Angaben tat er sich schwer umzugehen. „Dann entschuldige du bitte. Ich dachte, du hast keinen Nerv so was zu hören, wenn du von Bullet und Little Daddy kommst“, ließ sie sich nun leise vernehmen und senkte den Blick wieder auf den Teller. „Ich höre dir gerne zu und ich möchte wissen, was du am Tag so alles anstellst“, versicherte er ihr erleichtert. Da hatte er sich einmal mehr wieder für nix aus dem Konzept bringen lassen. Ausgerechnet er. Unglaublich. „Was als so etwas sollte ich denn sonst anstellen?“, wollte sie wissen, da ihr noch immer nicht ganz klar war, woher sein Mistrauen eben gekommen war. „Ich weiß es nicht“, gestand er etwas kleinlaut. Er konnte sich selbst nicht so recht erklären, woher diese Eifersuchtsanfälle wider besseren Wissens kamen. „Ich... naja... Ich hatte einfach das Gefühl, du lässt mich nicht an deinem Leben teilhaben, oder du möchtest es nicht, da...“ Saber brach ab. Er musste nicht weitersprechen. Chily tat es für ihn. „…hast du wieder vergessen, dass ich nicht ... na die eben ... bin.“ Beschämt senkte der Blonde die Augen und nickte. „Die Gefühle lassen sich dahingehend leider nicht eines Besseren belehren. Es tut mir leid, wirklich...“, versuchte er sich zu erklären, stockte aber, als sie abrupt Besteck und Teller von sich schob und aufstand. „Aiyana?“, fragte er unsicher. Sie kam langsam auf ihn zu. Es tat ihr weh, dass er immer wieder mal Momente hatte, in denen er ihr sowas unterstellen konnte, aber sie wusste auch, warum das so war. Er griff nach ihrer Hand und zog sie zu sich auf den Schoß. „Meinem Kopf ist vollkommen klar, dass du nicht wie sie bist. Aber mein Herz, Aiyana, mein Herz hat einfach nur Angst“, murmelte er schuldbewusst. Sie setzte sich auf seinem Schoß zu Recht und schloss ihn innig in die Arme. „Ich weiß, mein Manapi, ich weiß“, raunte sie ihm warm ins Ohr. Sie verstand ihn genau und wusste, dass diese seltenen, verletzenden Vergleiche mit der Ex nicht beabsichtigt waren. Das und die Tatsache, dass sie ihn über alles liebte, machten es ihr leicht, darüber hinweg zu sehen. Saber drückte sie so nah an sich, wie er nur konnte. „Ich liebe dich. Und irgendwann, wird auch dein Herz keinen Zweifel mehr daran haben, dass ich hier zu Hause bin“, flüsterte Chily und hauchte ihm einen Kuss aufs Ohr. Ein wohliger Schauer jagte ihm über den Rücken. „Mein Kopf wird es ihm jeden Tag aufs Neue sagen und ich weiß, dass du es meinem Herzen zeigen wirst“, gab er leise zurück und küsste ihr sanft die Stirn, selig darüber, dass sie war, wie sie war. Professor Maron seufzte müde. Er setzte die Brille ab und fuhr sich mit der Hand über die Augen. Was für ein unglaublicher Starrsinn. Was für ein unglaublich verbocktes Schweigen. Mit einem solchen Exemplar im Lehrbuch vergraulte man sich erfolgreich zukünftige Therapeuten. Das war so sicher, wie das Amen in der Kirche. Aber er war nicht bereit aufzugeben. Nein, noch nicht. Eine Chance hatte er noch. Der Plan war ausgeklügelt, alle Beteiligten informiert, bis auf die Hauptperson, so wie er es ersonnen hatte. Er erhob sich von seinem Schreibtisch, ging zur Tür, löschte das Licht und verließ sein Büro und schließlich das Gebäude als letzter, sehr viel später als alle anderen. Der Plan würde morgen umgesetzt werden. Dafür musste er ausgeruht sein. Mit düsterer Miene trat Fireball ein. Gestern Abend hatte er diesen Typen auf dem Hals gehabt und heute Morgen gleich wieder. Das konnte auch nicht der Umstand mildern, dass April an seiner Hand in das Büro folgte. Eher löste es das Gegenteil in dem Rennfahrer aus. Heute war eindeutig etwas im Gange. Er fragte sich, was dass alles sollte, aber weder Aprils offene Augen, noch Maron, der mit verschränkten Armen vor seinem Schreibtisch stand, gaben dem jungen Vater eine Antwort darauf. Unbehaglich nahm er auf dem angebotenen Stuhl Platz und verfolgte das Geplänkel zwischen seiner Freundin und dem Seelenklemptner mit gerunzelter Stirn. Woher kannten sich die beiden? Der Professor lehnte sich wieder an den Tisch, nachdem er auf die Navigatorin zu getreten war und sie begrüßt hatte. Wieder verschränkte er die Arme vor der Brust, fing Fireballs Blick auf und hielt es für nötig ihn endlich ein wenig ins Bild zu setzen. „Commander Eagle wird auch gleich hier sein. Er wollte noch etwas erledigen, bevor er kommt“, meinte er. Jetzt hatte die Skepsis bei dem Japaner überhandgenommen. „Was wird das denn, wenn es fertig ist?“, fragte er. Ein leichter Seitenblick auf seine Freundin genügte, um festzustellen, dass sie, im Gegensatz zu ihm, genau wusste, was hier gespielt wurde. Maron nahm es der Blondine ab, dass zugeben zu müssen. „Nun, Mister Hikari, sehen Sie es als Unterstützung Ihre Bewährungsauflage zu erfüllen“, erklärte er unbeeindruckt von der Verwirrung und dem Unmut des wuscheligen Dickkopfes. „Ich erfülle meine Bewährungsauflage auch so“, trotzte der prompt und krallte seine Finger in die Armlehnen. „Mister Hikari, Sie haben keine Auflage bekommen so und so viele Stunden hier abzusitzen, sondern sich therapieren zu lassen“, stellte der Therapeut gelassen richtig. „Wenn ich keine Ergebnisse bei Ihnen vor weisen kann ...“ Er sprach bewusst nicht zu ende. Fireball musste sich das jetzt denken können. Erwartungsgemäß biss dieser sich auf die Lippe und schaute zu Boden. Ja, er ahnte, was passieren würde. Nur April war dieses Ausmaß noch nicht bewusst gewesen. Absichtlich hatte Maron es ihr verschwiegen. Der erschrockene Ausdruck ihrer Augen musste leider sein, wenn der Plan aufgehen sollte. Und auch ihr überraschtes „Fireball?“ Überrumpelt schaute die Navigatorin den Rennfahrer an, dann Maron. „Soll das heißen Sie bekommen nichts aus ihm heraus?“, hakte sie nach. Er schüttelte bedauernd den Kopf, nicht nur um zu verneinen, sondern auch aus Bedauern, dass er ihr das nicht schon gesagt hatte, als er mit ihr telefoniert hatte. „Ein Felsen würde mir mehr erzählen“, lautete seine niederschmetternde Antwort. Der ehemalige Ramrod-Pilot schloss die Augen. Warum sollte er auch darüber reden, besonders, wenn er es nicht wollte. „Schatz, bitte“, wandte sich April an den Wuschelkopf. „Willst du Charlene und mich allein lassen?“ Vor dieser Konsequenz hatte sie Angst. Sofort ergriff der Angesprochene ihre Hand. „Ganz sicher nicht. Das weißt du, Süße. Ich will und ich werde euch nicht alleine lassen“, versicherte er ihr schnell und haltlos. Sie nickte beruhigt. Dann würde diese Sitzung ja Erfolg haben, so wie Professor Maron es sich vorgestellt hatte. „Dann sollten Sie langsam mit mir zusammen arbeiten. Denn, wie übrigens sehr viele Menschen, können Sie mit dem Verlust von Nahestehenden nicht umgehen. Mehr als das sollen Sie hier nicht lernen“, schaltete sich der nun ein und nahm kurz seine Brille von der Nase. Prüfend schaute er hindurch und rieb einen Fleck mit dem Pulloversaum weg. „Sie wissen genauso gut wie ich, dass das Leben weiter geht, egal wen oder was man verloren hat“, erklärte Fireball ungehalten. Ungehalten, wie alle Antworten, die er dem Psychotherapeuten gab, weil der viel zu nahe an die Tatsachen kam, mit dem, was er so sagte. „Sicher, da sind wir uns einig“, bestätigte Maron gelassen. „Das Entscheidende daran ist WIE das Leben weitergeht“, bemerkte er dann. Es klopfte. Im nächsten Moment trat Commander Eagle ein. „Entschuldigt meine Verspätung.“ Damit schloss er die Tür rasch hinter sich und kam zu den bereitgestellten Stühlen vor dem Schreibtisch des Professors, auf denen April und Fireball schon saßen. „Hi und macht nichts. Du hast nichts verpasst“, murrte der Wuschelkopf. Jetzt schmeckte ihm das alles noch viel weniger. April begrüßte ihren Vater mit einer Umarmung und ließ ihn auf der andren Seite von sich selbst Platz nehmen. „Commander. Freut mich, dass Sie hier sind“, nickte Maron ihm zu. Der Neuankömmling erwiderte die Begrüßung und warf einen prüfenden Blick auf den vor sich hin grummelnden Rennfahrer. „Sie konnten ihm also schon die Konsequenzen verdeutlichen“, stellte er fest. Ein genervtes Brummen war von dem Japaner zu hören. „Wie Sie sehen hat er es auch verstanden“, antwortete der Professor trocken. Der Wuschelkopf hob seinen Blick und schaute noch einmal skeptisch in die Runde. „Was wird hier jetzt wirklich gespielt?“, wollte er ungeduldig wissen. „Da ich mit Ihnen allein nicht reden kann: Gruppentherapie.“ Der Therapeut ließ sich noch immer nicht von der ablehnenden Art des jungen Vaters beeindrucken oder aus der Reserve locken. Auch nicht von dem Augen rollen diesem, seinem persönlichen Sorgenkind. Die Reaktion bedeutet, dass der Japaner nicht glaubte, dass dadurch irgendetwas besser würde. „Okay“, kam es gedehnt von ihm und verdeutlichte, dass er diese Sitzung ebenfalls für Zeitverschwendung hielt, wie alle anderen davor auch. „Normalerweise gehören Kinder auch in diese Art Sitzung, aber Ihre Tochter ist dafür noch etwas zu klein“, erläuterte der Professor, um dem jungen Vater noch mal in Erinnerung zu rufen, dass dessen Familie davon betroffen war, wenn er wegen der Nichterfüllung seiner Bewährungsauflage ins Gefängnis musste. „Und so leid es mir tut, Mister Hikari, sehr viele Möglichkeiten und auch sehr viel Zeit habe ich nicht mehr, Ihnen zu helfen“, fügte er hinzu. Wie jedes Mal, wenn er unter Druck gesetzt wurde, besonders von Professor Maron, schaltete der ehemalige Ramrod-Pilot auf Stur. „Ich brauche aber keine Hilfe. Mir geht es gut, ich kann mit dem leben, was passiert ist“, behauptete er, um es sich selbst noch einmal einzureden. Allerdings klang es so, als würde er es selbst nicht glauben und entsprechend skeptisch war Marons Blick. „Ich glaube, du hast die Sachlage nicht richtig verstanden. Dir läuft die Zeit davon. Wenn nicht bald eine kleine Veränderung an dir festgestellt werden kann, hast du deine Bewährungsauflage nicht erfüllt“, schaltete sich Eagle fassungslos über den Starrsinn seines Schwiegersohnes in sehr viel Spe ein. „Ich hab es schon verstanden, Charles.“ Frustriert stützte er die Arme auf die Knie und den Kopf auf die Hände. Das durfte doch einfach alles nicht wahr sein. „Und trotzdem scheinst du das Schweigen vorzuziehen. Bedeutet dir deine Familie so wenig.“ Aprils Vater konnte es kaum glauben. Ob diese Beziehung wirklich gut war für seine Tochter? Bis vor kurzem hätte er das noch prompt mit Ja beantwortet, doch seit Marons Bericht wuchsen seine Zweifel. Auch April schaute den Rennfahrer mit großen Augen an. „Turbo ...“ Aber mehr als das brachte sie nicht hervor. Fireball sank in sich zusammen. Die Unterstellung von Charles Eagle tat ihm weh. Verunsichert wandte er sich an seine Freundin. „So ist es nicht, Süße. Charly und du...“ Er brach ab. „Es liegt bei dir, Turbo, aber du tust nichts.“ In die blauen Augen der jungen Mutter traten Tränen. Sie wandte sich ab. Angst beschlich sie, dass Fireball nicht rechtzeitig zur Vernunft kam. Denn leider sah es im Augenblick genau so aus. Ihr Vater nahm sie in den Arm und blickte enttäuscht auf Fireball. Der strich der Blondine hilflos über die Schulter. Dass sie sich von ihm abwandte behagte ihm noch weniger, als dass sie überhaupt bei dieser Sitzung dabei war. Verunsichert linste er zu Maron, doch der übersah dies geflissentlich und sprach den Commander an. „Commander, erzählen Sie mir doch bitte mal, wie Captain Hikari war. Ist der Sturkopf und die Uneinsichtigkeit vererbt worden?“, wollte er ganz bewusst provokant wissen. „Shinji war auch stur und uneinsichtig. Aber er wusste, wann andere Dinge wichtiger sind“, erwiderte der Gefragte und strich April sanft über die Mähne. „Welche meinen sie?“, wollte der Professor wissen und setzte sich endlich die Brille wieder auf. „Familie zum Beispiel.“ Eagle warf dem Japaner einen kurzen Blick zu. „Für seine Frau und sein Kind hat er alles getan. Leider hatte er dazu nicht mehr allzu viel Gelegenheit“, ergänzte er dann. „Jaja, das ist bekannt. Der Held, der lieber gestorben ist, als seinen Sohn aufwachsen zu sehen“, winkte Maron nun ab und schob seine Brille zurecht. „Es gab sicher damals genug Soldaten, die keine Kinder hatten. Es gab überhaupt keinen Grund für den Captain, so ein Wagnis anzugehen und dabei dann auch noch draufzugehen. Vaterliebe ist das sicher nicht, wenn man bedenkt, was für ein Trauma er seinen Sohn damit verpasst hat, weil er ohne ihn aufwachsen musste“, fügte er nicht gerade des Lobes voll hinzu. Der Wuschelkopf schluckte schwer. Ihm wurde ganz anders dabei. Zum ersten Mal hörte er keine Lobgesänge auf seinen Vater sondern Abwertung. Etwas verwundert schaute Eagle den Redner an. Auch für ihn war das eine neue Erfahrung. Einen Moment brauchte er, dann begriff er, in welche Richtung der Psychotherapeut damit wollte. „Dann hat er die Vaterliebe vererbt. Shinji war risikofreudig, das stimmt. Er hat manchmal nicht nachgedacht“, meinte Charles. Maron nickte leicht und beobachtete, wie Fireball sich einmal mehr zurück zog. Er durfte jetzt nicht locker lassen. „Tja, manche Menschen sehen ihn wohl als Helden, andere halten ihn für einen Versager und Angsthasen“, erklärte er schonungslos. Der Rennfahrer hielt den Blick auf den Boden gerichtet und biss sich auf die Unterlippe. War er das auch? Ein Angsthase, ein Versager? „Ein Held war er für alle jene im Oberkommando. Aber Freunde und Familie, nun sie hatten zu wenig von ihm“, bemerkte Eagle. „Genau da liegt ja das Problem“, bestätigte der Professor ganz so, als wäre der Japaner nicht anwesend. April blieb an ihren Vater gelehnt und schaute verwundert auf Maron. Fireball glaubte, dass keinen Moment länger ertragen zu können. Unverändert verharrte er in seiner Position, formte nur mit den Lippen „Aufhören“. Wieso nur wagte der Heinz so über seinen Vater zu sprechen? Sein Vater hatte sich geopfert, damit Fireball in Frieden aufwachsen konnte. Der Captain war ein Held, ein Idol, das der Rennfahrer an Größe nie erreichen würde. Gut, vielleicht war er unbedacht in die Schlacht gestürzt. Möglich, dass er noch nicht gewusst hatte, dass er Vater wurde. Vielleicht hatte er im Gefecht nicht aufgepasst, einen Fehler gemacht … Fireball stolperte über seine eigenen Gedanken. Captain Shinji Hikari war fehlbar! Zum ersten Mal dämmerte dem jungen Vater, dass hinter den alten Zeitungsartikeln, die den Captain zu einem Gott aufbauschten, auch nur ein Mensch steckte, mit Stärken und Schwächen. Nicht unfehlbar. Nicht unerreichbar, aber unverändert tapfer und es wert, ihm nachzueifern. Zumindest teilweise. „Commander, mir scheint, der jungen Dame geht es nicht gut. Vielleicht wäre sie an der frischen Luft besser aufgehoben. Für die nächsten Minuten zumindest“, drang Marons Stimme in sein Bewusstsein. Eagle erhob sich und nickte. „Keine Sorge, ich kümmere mich um meine Tochter“, erwiderte er und betonte die letzten beiden Worte. „Gut“, nickte der Professer und umrundete den Tisch, nachdem die beiden gegangen waren. Er setzte sich und musterte den Wuschelkopf vor sich. Etwas arbeitete in ihm, stellte er fest. „Ein Glas Wasser, Mister Hikari?“ Der Gefragte schüttelte den Kopf. Ihm war im Augenblick alles vergangen. Maron gönnte ihm eine Pause und schlug die Mappe seines Sorgenkindes auf. Er begann etwas darin zu notieren und grübelte, ob er seinen Plan weiter verfolgen sollte, oder nicht. Allerdings lief ihm die Zeit davon und wollte er Fireball helfen, durfte er ihn eigentlich nicht zu lange schonen. Der Rennfahre sank noch weiter in sich zusammen. April war weg. Charlene war nicht hier. Charles Eagle war enttäuscht und Maron schrieb, wie es schien das Todesurteil des jungen Vaters. „Ich halte mich an die Bewährungsauflage. Ich tu es doch schon die ganze Zeit über“, presste er zermürbt hervor. Der Professor schaute nicht auf, um seine Überraschung zu verbergen. Also schön, dann weiter im Text. „So leid es mir tut, da unterliegen Sie einem Irrtum. Sie sitzen Ihre Stunden hier ab und mehr als das kann ich Ihnen nicht bescheinigen. Man kann mit Menschen nicht reden, die es vorziehen zu schweigen“, entgegnete er und kritzelte weiter. „Das einzige, was ich daran beeindruckend finde, ist, wie leidenschaftlich Sie Ihrer Freundin zuvor versichert haben, Sie würden sie und Ihre Tochter niemals allein lassen und dann lassen Sie zu, dass sie geht“, fügte er sachlich hinzu, ohne dass der Stift dabei still hielt. Fireball beobachtete den Schreibenden, dann schaute er zur Tür, aus der April und ihr Vater gegangen waren. Er steckte fest. Noch eine Erkenntnis, aber die schmeckte ihm überhaupt nicht. „Man muss nicht alles breit treten. Schon gar nicht vor fremden Leuten“, rechtfertigte er sich unbeholfen. „Nun, sicher. Keiner verlangt, dass Sie es in die Zeitung setzen“, bestätigte Maron, schaute ihn kurz an und unterbrach sein Gekritzel. „Es besteht da schließlich ein Unterschied zwischen dem und Vertrauen zu seiner Lebensgefährtin zu haben“, meinte er und seufzte schwer. „Mister Hikari, was mich angeht, ich kapituliere. Sie reden nicht mit mir und da ich derjenige bin, mit dem Sie per Urteil reden sollten, weiß ich auch, wie Ihre Zukunft aussieht. Ich hätte es Ihnen gern erspart, aber ich kann Sie zu nichts zwingen.“ Damit glitt der Stift wieder übers Papier. „Ich habe Vertrauen zu April, Professor Maron“, versicherte Fireball und tatsächlich bestritt der Therapeut das nicht. Er beobachtete über den Rand seiner Brille, wie der Ramrod-Pilot wieder zur Tür sah, sich umwandte und sichtlich zwang, die nächsten Worte auszusprechen. „Was wollten Sie hören?“, fragte er und kniff die Augen zusammen. Der Wuschelkopf rang um Ruhe. Leider war die Schonfrist abgelaufen. „Antworten, auf die Fragen, die ich Ihnen schon von Anfang anstelle, aber, lassen wir das“, tat der Professor, als wäre alles zu spät. Fireball zog sich das Herz zusammen. Nein, es durfte noch nicht zu spät sein. Eagle hatte von Bald gesprochen, also musste er noch eine Chance haben. „Bitte“, flehte er leise. „Was wollen Sie hören? Ich... ich liebe meine Familie.“ Der Gedanke April und Charlene nach all diesen, wenn auch erfolglosen, aber quälenden Sitzungen doch noch zu verlieren, schmerzte mehr, als alles andere. Nein, zu reden konnte nicht schlimmer sein, als das. „Wie es scheint mit der gleichen Hingabe, wie ihr Vater. Eine recht fragwürdige, möchte ich behaupten“, provozierte Maron ihn. Irgendwann musste der Japaner doch mal ausbrechen. „Sie hätten wohl lieber Krieg“, flog dem Therapeut eine verbitterte Feststellung um die Ohren. Also war es jetzt so weit. „Haben Sie schon mal gekämpft? Wissen Sie, was Krieg bedeutet?“, grollte der Pilot des Friedenswächters. „Ich muss mir das nicht von einem Grünschnabel erklären lassen. Ich habe den Krieg miterlebt“, schnappte Maron zurück, wohl wissend, wie sauer es dem jungen Starsheriff aufstoßen musste, so genannt zu werden. „Das war klar“, schnaubte der getroffen. „Ich kann nichts dafür, dass ich noch nicht älter bin, tut mir wirklich leid.“ Beleidigt verzog er das Gesicht. „Hätte Ihr Vater es vorgezogen, Sie aufzuziehen und Ihnen ein paar Manieren beizubringen, statt sich umzubringen, hätten Sie Ihre Probleme jetzt nicht“ reizte ihn der Professor trocken weiter. „Meine Mutter hat das auch ganz gut alleine hinbekommen, wenn Sie mich fragen. Und meine Probleme, wenn ich welche hätte...“ Der Rennfahrer brach ab und zwang sich zur Ruhe. Aber das war nicht, was der Therapeut wollte. Nein, der Kleine musste sich stellen, nicht wieder verleugnen und verdrängen. Er startete einen neuen Versuch. „Ja, klar. Sieht man ja, wie gut Sie Ihr Leben im Griff haben. Nichts wissen Sie, Kleiner. Gar nichts“ bemerkte er unbeeindruckt und fuhr fort, auf dem Papier zu kritzeln. „Sie wissen nichts! Was zum Teufel wissen Sie von meinem Leben? Gar nichts“, fuhr der Hitzkopf nun auf. Er hätte augenblicklich die Wände hochgehen können, tigerte stattdessen aufgebracht durchs Büro. Wie anmaßend dieser Psychotherapeut doch war. „Sie hatten einen Vater, der den Helden spielen musste, haben eine Mutter, die es nicht schaffte sie vernünftig zu erziehen. Sie haben eine Freundin, der Sie nicht vertrauen und deren Vater Sie zutiefst enttäuscht haben und nicht zu vergessen eine Tochter, die Sie bald nicht mehr sehen werden. Das alles nur, weil Sie nicht im Stande sind, über jene Mandarin und jene Suzie zu sprechen“, fasste Maron nun nüchtern zusammen und hatte den Rennfahrer nun endlich da, wo er ihn die ganze Zeit schon haben wollte. Fireball stoppte vor dem Fenster und drehte ihm den Rücken zu. „Und noch mal, Maron: ICH vertraue meiner Süßen. Sie versteht mich, auch wenn ich nichts sage. April weiß es.“ Allerdings musste er hart schlucken. Sein Vertrauen in April, war der einzige Punkt, in dem er Maron widersprechen konnte. In allem anderen musste er ihm Recht geben und es tat weh, das eigene Leben auf so rationale Weise vorgeführt zu bekommen. „Deshalb hat sie sich zum Schluss auch an ihren Vater gelehnt. Sie wollen mir was von der Bedeutung des Krieges erzählen, wenn Sie nicht mal merken, wie sehr Ihr Schweigen ihre Freundin verletzt?“, legte Maron den Finger auf diesen Punkt und schüttelte abwertend seinen zerzausten Kopf. „Im Krieg sterben Menschen, Maron. Sie verlieren für so einen Schwachsinn ihr Leben. Sie kommen nicht mehr zurück. Nie wieder“, erwiderter der junge Vater tonlos. Sein Blick glitt auf die Straße. Er sah seine Freundin, unglücklich, ihren Arm in den ihres Vaters eingehakt. Fireball lehnte die Stirn an das kalte Glas. „Alles, was ich will, alles, was ich brauche, das hab ich bei April. Sie ist alles für mich“, flüsterte er und Tränen stiegen ihm in die Augen. „Hm“, brummte Maron unzufrieden. „Sie werden sie verlieren, gewöhnen sie sich an den Gedanken. Denn Sie tun noch immer alles, nur beantworten Sie nicht meine Fragen. Sie reden immer noch nicht über Mandarin und Suzie“, stellte er klar. „Was soll ich über die beiden erzählen?“ Fireball legte die Hand auf die Fensterscheibe, als könne er so verhindern, dass April und ihr Vater aus seinem Sichtfeld verschwanden. „Sie waren beide Freunde von uns. Und beide sind bei der letzten Mission gestorben. Mandy erstochen und Suzie von einem Outrider erschossen“, fügte er hinzu. „Wie gute Freunde waren sie drei?“, wollte Maron wissen. „Suzie war eine gute Freundin von April. Mandy war...“, begann der Rennfahrer, brach aber ab. „… in Sie verliebt?“ riet der Professor. „Meine beste Freundin“, krächzte Fireball, nickte aber auch. „Als das ausgesprochen wurde, wie war das?“ bohrte der verstrubbelte Professor hartnäckig weiter. Es war nicht wichtig, dass der Rennfahrer ihm den Rücken zu drehte. Seine Körpersprache war deutlich genug. „Ich war... Ich hab damit nicht gerechnet“, flüsterte der und bemerkte nicht wirklich, dass er eigentlich mitten in einer Therapiesitzung gelandet war. „Sie haben ein schlechtes Gewissen deshalb. Ist es so?“ folgte die nächste Frage. „Ich hätte da sein müssen, als Suzie sie...“ Der Wuschelkopf löste sich von der Scheibe und ließ den Kopf noch weiter hängen. „Warum? Weil man Freunde nicht im Stich lässt? Wussten Sie da schon, dass Suzie keine Freundin mehr war?“ hinterfragte Maron weiter. Obwohl immer noch zuhören war, wie ein Stift über Papier fuhr, hörte der Psychotherapeut aufmerksam zu. „Wir wussten, dass Mandy und Suzie keine Freunde mehr waren. Ich, ich war nicht da“, presste der Japaner angestrengt hervor und trat langsam einen Schritt vom Fenster weg. April und ihr Vater waren nicht mehr zu sehen, schloss Maron daraus. „Langsam. Sie wussten von Suzies Verrat, vor oder nach Mandarins Ermordung?“ fragte er und war nun wirklich gespannt darauf, ob er noch länger Antworten bekam. „Sie hat sich nach Mandys Tod verraten“, gab Fireball tonlos Auskunft. Mit einem innerlichen „Yes“ kitzelte der Professor weitere Informationen heraus. „Wie kommen Sie dann darauf, dass Sie Mandarin im Stich gelassen haben?“ – „Sie war meine Freundin. Ihr ging es die ganze Zeit über schon nicht gut. Ich hätte für sie da sein müssen“, warf sich der Gefragte selbst vor und wankte einen weiteren Schritt zurück. „Verstehe, Sie hatten ein schlechtes Gewissen, weil Sie ihre Gefühle verletzt hatten, als Sie ihr sagten, dass Sie in ihr Ihre beste Freundin sehen. Ganz gleich was sie Ihnen versichert hat, Sie haben sich ein bisschen für diese Zurückweisung geschämt. Deshalb glauben Sie auch, dass es ihre Schuld ist und übersehen dabei, dass Mandarin das Ganze wahrscheinlich viel besser verstanden hat, als Sie ihr zu trauen“, schlussfolgerte Maron souverän. Noch immer mit hängendem Kopf drehte sich der Wuschelkopf zu Maron um. „So, wie das alles gelaufen ist... Ich hab es nie gemerkt...“, versuchte er sich zu erklären. „Woran hätten Sie es denn merken wollen?“ Zumindest der Professor musste jetzt etwas trinken. Fireball sah halb zu ihm auf. „Alle anderen haben es gesehen. Colt hat immer wieder blöde Scherze gemacht, aber ich...“ Es war wohl noch nie so offensichtlich gewesen, wie sehr der junge Vater sich mit diesen Selbstvorwürfen plagte, aber er war blass im Gesicht und wirkte abgekämpft. „Das heißt gar nichts. Was andere sehen, oder zu sehen glauben, muss nicht automatisch stimmen. Jeder hat eine andere Wahrnehmung und die ist beeinflusst von dem, was wir selber denken. Wenn Sie nie daran gedacht haben, sich auf Mandarin einzulassen, wie wollen Sie dann erkennen, dass sie es getan hat? Zumal Sie wahrscheinlich damals schon nur Augen für ihre Freundin hatten“, entgegnete Maron ruhig und lehnte sich im Stuhl zurück. Fireball wischte sich über die Augen. Oh, er vermisste Mandarin. „Dieser letzte Fall hat zu viel Blutzoll gefordert und ich hätte beinahe mehr als meine beste Freundin verloren. Keinem wär es damit gut gegangen.“ Maron betrachtete ihn schweigend und zählte gedanklich zurück. Drei, zwei, eins. „April hätte unsere kleine Tochter fast verloren. Unsere Familie wäre um ein Haar schon vor der Geburt unserer Kleinen keine geworden“, fuhr der Wuschelkopf von sich aus fort. Er trat wieder zum Schreibtisch des Professors, setzte sich, stützte wieder die Arme auf die Knie und den Kopf auf die Hände. „Dank Jean-Claude und Colts verstoßenem Onkel. All das nur wegen Alkalit! Das war es nicht wert“, murmelte er. „Was hat Jean-Claude mit Suzie zu tun?“, fragte Maron, sehr zufrieden mit der Redseligkeit seines Sorgenkindes. „Er war ihr Verhängnis. Sie hat Dankbarkeit mit Liebe verwechselt“, erhielt er darauf zur Antwort. „Nun, manchmal macht Liebe blind. Den Spruch gibt es nicht von ungefähr. Im Grunde scheint sie mir dann doch recht bedauernswert“, meinte der Professor. „Mein Bedauern für sie hält sich in Grenzen, tut mir leid“, schniefte der Japaner leicht und strafte seine Worte Lügen damit. „Verständlich. Es dürfte in etwa dasselbe Gefühl sein, wenn eine Freundin auf die Mutter seines Kindes zielt, wie es für diese Freundin ist, wenn ihr Lover auf sie zielt. Zum Schluss bleibt nur die bittere Erkenntnis, wie schwer man sich getäuscht hat.“ Maron unterbrach sein Gekritzel. Fireball nickte nur, also drückte der verstrubbelte Professor den Knopf der Sprechanlage. „Misses Pack, schicken Sie doch bitte Miss Eagle herein.“ Dann nahm er den Stift wieder zur Hand und wandte sich beiläufig an den Rarmod-Piloten. „Das Kommentar: Shit happens, ist wohl etwas zynisch. Vor allem steht die Frage im Vordergrund, wie viel dieser bitteren Erkenntnis ihr Leben noch heute beeinflusst?“ Der sah noch immer nicht auf. „Ich versuche, das Beste aus jedem Tag zu machen“, meinte er ausweichend, aber sein Gegenüber war clever genug die eigentliche Bedeutung dieser Worte zu erkennen. Der junge Vater schob alles konsequent zur Seite und vergrub es so weit im Hinterkopf, wie er konnte. „Verdrängen wird irgendwann für den großen, vor allem aber vernichtenden Knall sorgen. Bedenken Sie, Sie verschweigen es auch der Mutter Ihres Kindes. Für eine Beziehung bedeutet das: Mangel an Vertrauen und damit unweigerlich das Ende“, erklärte Maron und bedeutete unauffällig April, die leise eingetreten war, noch einen Moment abzuwarten. Fireball kämpfte gegen Tränen. „Ich will sie nicht verlieren“, versicherte er kläglich. „Nun, keiner sagt, dass Sie sie verlieren werden, nur, dass es Ihnen passieren Kann“, stellte der Professor richtig. „Ich liebe sie und ohne sie würde ich keinen Tag überleben. Ohne sie würde ich sterben...“ Die Stimme des Rennfahrers war so dünn wie Pergament. Nichts war schlimmer für ihn, als einen Tag ohne sie zu sein. Maron wusste, dass es sein Sorgenkind quälte, aber musste es ihm vor Augen führen, so verdeutlichen, dass dieses verbockte Schweigen nie wieder aufkam. Nicht nur für diese Sitzungen hier, für die Bewährungsauflage. Nein, das war eine Lektion, die der Rennfahrer für sein ganzes Leben lernen musste. „Wie schnell man von Sterben sprechen kann, Mister Hikari“, nickte der Professor. „Sie sollten mal sehen, wie schnell man wirklich sterben kann“, entgegnete der und atmete tief durch, um sich zu beruhigen. „Ich weiß, wie schnell Menschen sterben können und manchmal ist das ein Vorteil, dass es schnell geht. Ich wünschte, meine Mutter hätte sich nicht ein halbes Jahr quälen müssen. Aber wie auch immer. Sie sollten sich langsam mit einigen Dingen auseinander setzen.“ Maron beobachtete auch April aus dem Augenwinkel. Sie litt mit ihrem Freund und wäre am liebsten sofort zu ihm gelaufen, aber sie wagte es nicht ohne die Erlaubnis des Professors. Leise trat sie von einem Fuß auf den andren und knetete nervös die Hände. „Sie konnten sich von Ihrer Mutter verabschieden“ entgegnete Fireball. „Ja, und Sie sich nie. Weder von ihrem Vater, noch von Mandarin, oder Suzie“, nickte der Professor ganz selbst verständlich. „Meinen Vater hab ich nie kennen gelernt. Alles, was ich von ihm weiß, weiß ich von Mum und alten Freunden. Und Mandy...“ Der Wuschelkopf brach ab und wischte sich über die Augen. Maron schob sich die Brille zu Recht und hakte nach: „Was ist mit ihr?“ – „Sie war meine beste Freundin, das wissen Sie doch schon. An manchen Tagen erwische ich mich dabei, wie ich sie anrufen will....“ Die Tränen in Fireballs Augen glitten über die Lider. Maron nickte leicht und April war mit zwei großen Schritten bei ihrem Freund und zog ihn in ihre Arme. Er vergrub sein Gesicht an ihrem Bauch und hielt sie fest. „Süße“, hörte man ihn undeutlich murmeln. Sanft kraulte sie ihm den Nacken. Er sog diese Geste, ihre Anwesenheit mit jeder Faser seines Körpers auf. Sie war da. Sie war endlich wieder bei ihm. Sie durfte niemals gehen. Verunsichert durch Maron und dessen Worte über Vertrauen und Schweigen, schaute der Rennfahrer auf. „Bitte vertrau mir, Süße“, flüstere er. „Es fällt leichter, wenn du redest. Ich wusste die ganze Zeit, dass du Mandy vermisst, nur gesagt hast du es nie“, erwiderte die Navigatorin. „Weil es nicht besser wird“, verteidigte er sein Schweigen nur noch schwach. „Es bringt Mandy nicht mehr zurück. Sie wird nie wieder mit uns um die Häuser ziehen oder mit mir basteln. April, ich konnte ihr nicht mehr helfen. Sie hat wegen mir ihr Leben verloren. Damit ich bei dir und unserer Kleinen sein kann.“ – „Es geht nicht darum, ob es Mandarin zurück bringt, Mister Hikari“, musste der Psychotherapeut ihm erklären, „sondern darum, dass Ihre Freundin die Gewissheit für sich hat, dass Sie sie richtig kennt und Sie ihr die Chance lassen für Sie dazu sein. Und darüber hinaus ...“ Er brach ab und ließ den beiden schmunzelnd einen Moment. April löste sich gerade lang genug von ihrem Rennfahrer, dass sie auf dem Stuhl neben ihm wieder Platz nehmen konnte. Sofort rutschte er zu ihr und schmiegte sich an sie. „Ich fühl mich so lausig. Chily war schwer verletzt, Saber wär in der Mine fast drauf gegangen, Colt ist abgestürzt und du, April“ Er drückte sie noch etwas fester an sich. „du und Charlene wärt fast erfroren. Ich hätte meinen Schatz und meine Tochter für immer verloren, weil ich nicht da war und dich beschützt habe“, sprudelte aus ihm heraus, was er seither unterdrückt hatte. Sie kam seinem Bedürfnis nach ihrer Nähe nach und rutschte auf seinen Schoß. Näher zusammen zu sitzen war nicht möglich. „Aber es ist doch alles gut gegangen. Colt ist gesund, Chily auch, Saber geht es bestens und unsere Tochter wächst und gedeiht“, raunte sie ihm warm und beruhigend zu. „Es ist absolut verständlich, dass Sie sich so fühlen. Vergessen Sie dabei nur nicht, dass es nicht Ihre Schuld ist, dass die Dinge so gelaufen sind“, ließ sich Maron wieder vernehmen. Er wusste, dass der Rennfahrer ihn gehört hatte, auch wenn der die Mähne seiner Freundin zurück strich, seinen Kopf an ihre Schulter lehnte und die Augen schloss. Natürlich war er fertig für heute. Was Maron an Themen angerissen hatte, sollte eigentlich in mehrere Sitzungen in Ruhe besprochen werden. „Mister Hikari!“, musste der Professor streng auf sich aufmerksam machen. Noch ganz war er trotzallem nicht mit ihm fertig. „Vieles ist meine Schuld“ meinte der Gerufene und sah den Rufenden über die Schulter der Navigatorin hinweg an. „Wie bitte kommen Sie darauf?“, fragte der irritiert zurück. Das schien ihm gerade etwas seltsam. Der Wuschelkopf atmete tief durch. „Mandy und Suzie sind der Ersatz von Colt und April gewesen. Wäre April nicht schwanger geworden, dann...“ Er schaute April entschuldigend an. „Versteh mich nicht falsch, Schatz. Ich bin glücklich, dass ich Charly und dich habe. Aber ich hab Ramrods Besatzung durcheinander gebracht. Ich, niemand sonst“, erläuterte er seine These, an der ein gewisser Lockenkopf und Scharfschütze nicht ganz unschuldig war. Colt hatte mehr als einmal mehr oder weniger im Scherz, erklärt, dass Fireball für den Schlamassel, so dessen Wortwahl, mit April verantwortlich sei. Während Maron leicht erstaunt über diesen Unsinn den Wuschelkopf anschaute, schüttelte die Blondine energisch den Kopf. „Dann bin ich genauso Schuld daran, denn ich bin an diesem Schlamasel, der jetzt auf den Namen Charlene hört, genauso beteiligt wie du“, stellte sie bestimmt klar. Dafür würde sie Colt bei Gelegenheit eine überbraten. „Ganz abgesehen davon, ist wohl eher derjenige daran schuld, der überhaupt erst die Handlung von StarSheriffs erforderlich gemacht hat - William Maddox“, bemerkte der Professor trocken und warf einen langen Blick auf das Paar vor sich. Einer stützte den anderen, einer gab dem anderen Halt und Geborgenheit. „Mister Hikari, mir scheint, in Zukunft werde ich tatsächlich mit Ihnen arbeiten können“, stellte er schließlich fest. „Wenn es bedeutet, dass ich bei April bleiben kann“, erwiderte der. „Hm, natürlich. Solange ich in Zukunft nicht mehr solche Keulen gegen Sie verwenden muss“, gab der Professor zurück. Gern hatte der das schließlich nicht gemacht und er verkniff sich zu sagen, dass Fireball sich diese Tortur hätte sparen können, hätte er eher begriffen, was ihm heute mehr oder weniger eingehämmert worden war. „Keine Keulen mehr, bitte nicht.“ Der Rennfahrer schlang seine Arme fest um April. „Seien Sie das nächste Mal pünktlich. Und jetzt raus“, grinste Maron. Dass er das nicht zweimal sagen musste, war ihm klar. Mit seiner Freundin noch auf dem Schoß, stand Fireball auf und trug sie so gleich mit nach draußen. „Auf Wiedersehen, Mister Maron“, rief er noch, dann war die Tür schon zu. Der Professor grinste noch breiter vor sich hin und schaute auf das Blatt, auf das er seither gekritzelt hatte. Sieh da, da hatte er doch die Zieleinfahrt des Red Fury Racers skizziert. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)