Twilight in the Shadow von hatchepsut ================================================================================ Kapitel 15: Drittes Buch des älteren Gottes ------------------------------------------- Drittes Buch des älteren Gottes Es war finster um mich herum. Völlige Schwärze. Und erst langsam gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit. Aber was mir diese nicht sagen konnten, das konnte mein Geruchssinn. Es musste ein großer Raum sein, wahrscheinlich unter der Erde, denn es roch muffig. Aber gleichzeitig roch es auch nach Wasser, was eigentlich nicht verwunderlich war, denn Meridian lag am Meer. Nur fragte ich mich, warum dieser Geruch eine beunruhigende Note mit sich führte. Langsam versuchte ich mich zu bewegen, was sich schnell als unmöglich erwies, denn Ketten hielten mich an der Wand. Ich hätte sie zerreisen können, aber ich tat es nicht. Stattdessen wartete ich. Es würde nichts bringen, wenn ich jetzt versuchte zu fliehen. Es würde nur Atrieleges Meinung über das Geschehene verstärken und das war das letzte was ich wollte. Früher oder Später würde er schon bei mir auftauchen und wenn er das tat, dann konnte ich mit ihm reden, also übte ich mich in Geduld. Sie wurde auf eine harte Probe gestellt. Aber schließlich nahm ich doch den Geruch von sich näher kommenden Menschen war. Komisch, er war mir seltsam vertraut, so als hätte ich das alles schon einmal erlebt. Nach einem weiteren kurzen Augenblick hörte ich das Türschloss und dann die Tür, die geöffnet wurde. Geblendet schloss ich die Augen, als sich als aller erstes eine Fackel in mein Gesichtsfeld schob. Augenblicke später hörte ich Atrieleges Stimme die, offenbar die Wachen, weg schickte. Nach einigen weiteren Augenblicken öffnete ich langsam meine Augen, die sich nun an den leichten Fackelschein gewöhnt hatten. Ich hob meinen Kopf und schaute zu Atrieleges, der nur einige Schritte von mir entfernt stand und auf mich herab sah. Aber etwas in seinen Augen hatte sich verändert. Wie lange ich bewusstlos war wusste ich nicht, aber es musste gereicht haben, dass sich Atrieleges wieder beruhigte, denn die fanatische Besessenheit war aus seinen Augen gewichen und hatte etwas anderem Platz gemacht. Lehre. Die gesamte Lebenslust schien aus seinen Augen gewichen zu sein und er wirkte müde und verspannt. Aber noch etwas entdeckte ich in seinen Augen. Es war kein Hass mehr darin, sondern etwas, das mich an einen Stein erinnerte. Hart und bewegungslos und alles ignorierend, was geschah. Mich fröstelte unter seinem Blick. Aber vielleicht konnte ich jetzt mit ihm reden. Vorerste jedoch blieb ich still, denn ich spürte, das er anfangen wollte. Dies tat er dann auch und seine Stimme machte zur Gewissheit, was seine Augen erahnen ließen. „Endlich bist du erwacht. Ich hatte schon befürchtet, dass ich dich wirklich getötet hätte.“ Er steckte die Fackel in eine Halterung und kam noch ein Stück näher. Dann ließ er sich in die Hocke nieder und sah mich an. „Aber wie ich es schon immer vermutet hatte. Du bist zäh.“ Ich sah nur zurück. Konnte aber weder einen Vorwurf noch Hass in seiner Stimme erkennen. Trotzdem blieb ich vorsichtig. Wenn er mir wie früher begegnet währe, währe ich nicht hier gefangen, obwohl ich mir sicher war, das er wusste, dass ich mich hätte befreien können, wenn ich gewollt hätte. „Was ich im Wald zu dir gesagt habe tut mir leid Raziel. Ich war nicht Herr meiner Sinne und jetzt, wo ich über alles in Ruhe nachgedacht habe kommen mir meine eigenen Worte dumm und idiotisch vor.“ Er sah mich fast traurig an. „Und warum,“ Ich rüttelte an den Ketten. „Hältst du mich hier fest, wenn du weißt das ich es nicht war?“ Wieder lächelte er traurig. „Es ist nötig. Ich habe über vieles nachgedacht und musste auch viele meiner Meinungen revidieren. Es ist war, dass ich nicht mehr glaube, dass du Liana umgebracht hast.“ Er schluckte, als er den Namen aussprach. „Aber das ändert nichts an der Tatsache, was du getan hast.“ Ich wurde hellhörig. Irgendetwas war mit ihm geschehen und genauso verheimlichte er mir etwas. „Was meinst du?“ „Nun, um es mit deinen eigenen Worten zu sagen. Ich bin ein Mensch, du ein Vampir. Eine unmögliche Kombination.“ Endlich hatte er es also auch verstanden. Aber warum jagten mir seine Worte dann einen eisigen Schauer über den Rücken? „Du bist Kains Sohn und sein oberster Heerführer und noch dazu kennst du nun Meridian. Selbst wenn ich es könnte, ich kann dich nicht wieder frei lassen.“ „Was soll das?“ „Das weißt du genau Raziel. Zwar kann ich dich nicht für das verantwortlich machen, was mit Liana geschehen ist, aber für viele andere Dinge. Du hast gegen die Menschen gekämpft, bist gegen diese Stadt zu Feld gezogen und wurdest von meinem Vater verurteilt.“ Ein dumpfer Verdacht fing an sich in mir breit zu machen, aber noch wollte ich ihn nicht war haben. „Ich habe mich lange mit meinen Ministern beraten und auch wenn ich sie davon überzeugen konnte, das du nicht an Lianas Tod schuld bist, so fordern sie doch, dass du deiner gerechten Strafe zugeführt wirst.“ Fast schon belanglos zuckte er mit den Schultern. „Ich kann dich nicht mehr in Schutz nehmen. Um ehrlich zu sein, ich will es auch nicht.“ Er drehte sich um und wollte gehen, aber ich hielt ihn zurück. „Warte! Verdammt Atrieleges! Sag mir endlich was los ist! Wir sind Freunde!“ Er drehte sich noch einmal um. „Nein Raziel. Das sind wir nicht. Wir wahren es noch nie. Du hast mir ohne es zu wollen die Augen geöffnet. Ich war geblendet von der Hoffnung auf eine glückliche Zukunft in Frieden. Aber nun habe ich begriffen, dass es zwischen unseren Völkern nie Frieden geben kann. Und was dein hier sein betrieft, ich dachte du hättest diesen Raum bereits wieder erkannt. Immerhin hast du hier ein ganzes Jahrhundert verbracht.“ Ich zuckte zusammen. Ja, ich hatte es gewusst. Oder vielmehr gespürt schon die ganze Zeit. Aber ich wollte es nicht wahr haben und Atrieleges deutete meine Gesten richtig. „Genau, sie wollen das Urteil, das mein Vater über dich gesprochen hat wiederholen. Nur dieses mal wird es endgültig sein Raziel. Wir werden alle Wege hier her zumauern lassen und sämtliche Unterlagen über diesen teil der Festung vernichten, so das nach unserem Tod niemand mehr im Stande sein wird dich zu finden.“ Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken, aber nicht wegen der Tatsache die ich gerade gehört hatte sondern wegen der Art wie Atrieleges es aussprach. Völlig teilnahmslos, als ginge ihn das Ganze hier nichts an und als währe er nur ein Zuschauer in einem Spiel, das mit Puppen und nicht mit Lebewesen statt fand. Hätte er traurig geklungen oder mich Hass zerfressenen Augen angestarrt, ich hätte es verstanden. Aber diese völlige Teilnahmslosigkeit erschreckte mich fast mehr als alles andere. „Ist das dein ernst?“ Er nickte und lächelte traurig. „Ja, das ist es. Solltest du morgen noch hier sein, sind wir Feinde und ich werde den selben Bannspruch sprechen, den schon meine Mutter über dich verhängte. Ich empfehle dir also zu fliehen, wen die Fackel abgebrannt ist.“ Damit drehte er sich nun endgültig um und verließ mein Gefängnis. Ich rief zwar noch ein, zwei mal nach ihm, bekam aber keine Antwort und schließlich gab ich es verwirrt auf. So sehr ich es auch begrüßte, dass er wieder bei Sinnen war, so sehr hatte mich dieses kurze Gespräch verwirrt. Er schien mich nicht zu hassen, ganz im Gegenteil, schien er mir sogar noch wohlgesonnen zu sein, sonst hätte er mir nicht solche eindeutigen Möglichkeiten zur Flucht gelassen, aber trotzdem würde er mich ohne darüber auch nur einen weiteren Gedanken zu verschwenden wieder hier einsperren. Es schien fast so, als währe es ihm egal, was mit mir passierte. Als würde er mir jeden Weg offen lassen und einfach abwarten was passieren würde und das ich nicht einfach hier sitzen und warten würde, bis sie wieder kommen würden, das musste ihm klar sein. Aber dennoch wahren seine Worte am Schluss ehrlich gemeint. Er gab mir die Chance zur Flucht, die ich nutzte. Es war dunkel in den Gängen und wie ich es mir gedacht hatte wahren nirgends Soldaten oder andere Menschen zu sehen oder sogar nur zu spüren. Atrieleges hatte sein Wort gehalten, dass er mir indirekt gegeben hatte. Er gab mir die Möglichkeit zur Flucht. Warum? Darüber hatte ich mir in der letzten Stunde, in denen ich darauf gewartet hatte das die Fackel nieder brannte schon genug Gedanken gemacht. Und die Antwort war ganz einfach. Ich wusste es nicht. Ich konnte es mir einfach nicht erklären. Er hatte mir mit eigenen Worten gesagt, dass er mich nun als das betrachtete, was ich ihm die ganze Zeit versucht hatte beizubringen. Als einen Vampir, der früher oder später zu seinem Feind werden würde. Aber gleichzeitig hatte er mir auch die Chance zur Flucht gelassen und die Möglichkeit mich zu retten. Und genau das war das, was ich nicht verstand. Wenn er mich hätte töten wollen, hätte er es tun können, aber er hatte es nicht getan und doch war er bereit dazu mich wieder einzusperren, obwohl er wusste, das dies für mich viel schmerzhafter wahr als der Tod. Wie ich es auch drehte und wendete, ich konnte in sein Verhalten keinen Sinn hineinbringen und so versuchte ich diese ganzen verwirrenden Gedanken zu verscheuchen und mich statt dessen auf das zu konzentrieren, was er mir eindeutig offen gelassen hatte. Meine Flucht. Mittlerweile hatte ich die unterirdischen Gefilde hinter mir gelassen und schlich mich durch die Gänge des eigentlichen Palastes. Nun kam mir mein einjähriger Aufenthalt sehr zu Gute, denn ich wusste genau wo die Wachen standen und pattroulierten und so dauerte es nicht lang, bis ich den Schlosshof erreicht hatte und mich in eine schattige Ecke drückte. Alles blieb ruhig. Vorsichtig, um mich nicht doch noch im letzten Augenblick zu verraten rannte ich weiter und kam tatsächlich ungesehen in den Bereich der Ställe, von wo aus ich vorhatte mich über die Mauer zu schwingen um in den Strassen unterzutauchen. Schon hatte ich meine Hand nach dem untersteh Balken ausgestreckt um mich auf das Dach hinauf zu ziehen, da ertönte hinter mir ein bekannter Laut und als ich mich umdrehte sah ich einen schwarzen Schatten aus der Nacht auf mich zu kommen. Ich drehte mich schließlich ganz zu Midnight um und streichelte ihm den Hals. Auch wenn mir bewusst war, dass die Flucht schwieriger werden würde, beschloss ich meinen eigentlichen Plan zu ändern. Denn das treue Tier hier zurück lassen wollte ich nicht und außerdem war ich mir fast sicher, das keines ihrer anderen Pferde es mit Midnights Schnelligkeit aufnehmen konnte.. Ich streichelte erneut seinen Hals und redete beruhigend auf ihn ein. Dann drehte ich mich um und öffnete das Gatter. Fast schon Übermähsieg laut hallte des getrappelt seiner Hufe von den Wänden wieder, aber das sollte mir nur recht sein. Bei der Überquerung des Innenhofes war mir auf gefallen, dass das Tor offen stand und so führte ich ihn nur in Sichtweite des Selben und wie, als hätte er meine Absicht verstanden, rannte er los. Laute Rufe erschollen auf den Mauern und ich war mir sicher, das mein kleines Ablenkungsmanöver erfolgreich war. Schnell rannte ich zurück zu den Ställen, schwang mich mit einer einzigen Bewegung auf das Dach und mit einem weiteren Gleitsprung von dort über die Mauer. Kurz verharrte ich auf einem der Dächer und lauschte mit meinen vampirischen Sinnen in die Nacht. Nichts rührte sich in meiner Nähe, alles was Beine zu haben schien hatte sich auf den Weg zum Tor gemacht. Gut, Midnight würde sie quer durch die Stadt führen, während ich Zeit hatte zum Haupttor zu gelangen. Ich war mir sicher, dass mir das kluge Tier dorthin folgen würde und wenn wir erst mal die Zugbrücke und somit Meridian hinter uns gelassen hatten, würden sie mich nicht mehr finden. Dafür war diese Rasse viel zu dumm! Mit schnellen und lautlosen Sprüngen bewegte ich mich über die Dächer der Stadt, weder wurde ich aufgehalten, noch schien mich jemand entdeckt zu haben und so kam ich ungesehen und wie ich es geplant hatte in die Nähe des Stadttores. Dort allerdings hörte meine Glückssträhne schlagartig auf. Ich war noch zwei Häuserblocks von dem eigentlichen Tor entfernt, als ich die Präsenz von mehreren Menschen spürte und mich langsam in die Schatten der Gassen hinuntergleiten ließ. Dort duckte ich mich noch etwas tiefer in die dunklen Winkel, als keine drei Meter eine kleine Abteilung Soldaten zum Tor rannten. Vielleicht wahren sie doch nicht ganz so dumm gewesen, wie ich erhofft hatte. Nach einem erneuten Abtasten der näheren Umgebung schlich ich mich an die Gruppe Menschen heran, die sich auf dem kleinen Vorplatz des Tores versammelt hatten. Das Tor selbst war geschlossen und die Zugbrücke hoch gezogen. Also war ich doch nicht schnell genug gewesen, oder sie hatten das Tor schon die ganze Zeit geschlossen gehabt, was wahrscheinlicher war. Allerdings stand dies dann im totalen Gegensatz zu dem, was ich gesehen hatte als ich das eine Jahr hinter diesen Mauern verbrachte. Denn in dieser ganzen Zeit hatte ich nicht einmal erlebt, dass sie das Tor geschlossen hätten. Aber egal was sie damals getan hatten. Nun war es jedenfalls anders und das stellte mich vor ein neues Problem. Ich musste aus Meridian verschwinden und der schnellste Weg war nun mal das Haupttor. Aber bis ich mich zu jenem durchgekämpft hätte, währen mir die Soldaten von halb Meridian auf den Versen und das konnte ich mir nicht leisten. Als ich das Getrappel weiterer schwerer Stiefel auf den Straßen hörte, wich ich wieder ein Stück in die Schatten zwischen den Häusern zurück. Noch eine Abteilung Soldaten gesellte sich zu denen am Tor und nun war es selbst für mich unmöglich an dieses zu gelangen. Aber was währe wen ... . Noch bevor ich den Gedanken zu ende gedacht hatte, sprang ich herum und rannte die Straßen zurück. Es gab noch einen Ausgang. Die Frage war allerdings, ob er noch funktionierte. Mit zwei schnellen Sprüngen beförderte ich mich auf die Dächer der Stadt und setzte meinen Weg durch die Unterstadt fort. Gelegentlich warf ich einen Blick in die Straßen, aber Niemand sah nach oben oder beachtete den einzelnen Schatten, der sich über die Straßen schwang und nach wenigen Häusern achtete ich nicht mehr auf meine Umgebung und fixierte nur noch mein eigentliches Ziel. Eine kleine Müllklappe in der großen Stadtmauer Meridians. Ich hörte ihn, bevor ich ihn sah, aber selbst das war zu spät um ihm auszuweichen. Mit einem Schmerzensschreie stürzte ich in die Straßenschlucht, über die ich gerade hinweggesetzt hatte. Langsam richtete ich mich auf und zog mit einem verärgerten Ruck den Pfeil aus meiner Schulter. Als ich meinen Blick hob, starrte ich direkt in die Gesichter von Bogenschützen, deren Zahl mindestens fünfzehn, standen vor wie auch hinter mir in der engen Strasse und versperrten mir beide Wege und als ich meinen Blick noch weiter hob, da erkannte ich auch auf den Dächern einzelne Schatten. Deshalb hatten sie mich also überraschen können! Ich konnte sie selbst jetzt, wo sie direkt vor mir standen weder hören noch spüren. Sie wahren Vampire. Aber was um alles in der Welt hatten Vampire direkt in Meridian zu suchen? Ein lachen erscholl hinter mir und ich richtete mich langsam auf und drehte mich um. Hinter den Reihen der vampirischen Krieger trat ein Schatten aus der Dunkelheit, der sich schließlich nach vorne schob. „Er hatte also recht mit seiner Vermutung, das du nicht so dumm währst direkt aus dem Haupttor fliehen zu wollen.“ Verachtend starrte ich auf Il’Banni. Was hatte er hier zu suchen? „Ich zweifelte an seinen Worten, aber wie man sieht ohne Grund. Du bist tatsächlich den Weg gegangen, den er vorhergesagt hatte Vampir.“ Er spie das letzte Wort geradezu heraus. „Für jemanden der Vampire hasst, befindet ihr euch in äußerst ungewöhnlicher Gesellschaft!“ Er lachte nur abfällig. „Besondere Umstände erfordern auch besondere Maßnahmen Raziel und ich habe Schulden zu begleichen.“ Erneut zuckte er mit seinen Schultern. „Aber wie auch immer, dass geht dich nichts an und ich werde dich jetzt zurück bringen.“ Plötzlich löste sich einer der Krieger aus den Reihen und trat zu Il’Banni um ihm etwas ins Ohr zu sagen und währen der das tat fiel sein Mantel ein Stück nach vorne und ich konnte das Wappen auf seiner Brust erkennen. Warum wunderte ich mich eigentlich nicht? Als sich der Krieger wieder ein Stück erhoben hatte wedelte Il’Banni ungewogen mit der Hand. „Mir ist egal was euer Herr gesagt hat. Dieser Vampir ist eine Gefahr für mich und meine Stadt also muss er verschwinden. Schulden hin oder her. Er wird vom König eingesperrt und damit ist diese Bestie aus dem Weg!“ Er trat einen Schritt nach vorne. „Ich werde dich also zurück bringen! Mir ist eh Schleierhaft wie du überhaupt entkommen konntest.“ Ich erwiderte sein Lächeln von oben herab. „Nicht nur, dass ihr gegen den Willen des Königs handelt, ihr verbündet euch noch mit Belock um euren Willen zu haben.“ Il’Banni zuckte zusammen. „Glaubt ihr wirklich, das ich so dumm bin und mich von euch täuschen lasse? Das Attentat damals war von Belock geplant nicht von euch. Ihr solltet mich dazu bewegen die Stadt zu verlassen! Ist es nicht so Il’Banni?“ Schnell hatte er sich wieder in der Gewalt. „Du bist erstaunlich Vampir, aber gleichzeitig auch dumm! Mit diesen Worten hast du dir dein Todesurteil gesetzte!“ Er hob seine Hand und auch die Bogenschützen hoben ihre Waffen. „Wenn ich dich lebend zu Atrieleges zurück kehren lasse und er dir glaubt bin ich ruiniert. Deshalb stirb!“ „Was ist dein eigentliches Ziele Il’Banni? Du stehst weder auf der Seite Belocks noch auf der des Königs. Was sind deine eigentlichen Ziele?“ Er lachte wieder. „Ich stehe nur auf meiner Seite Vampir und mehr musste du nicht wissen!“ Und im selben Augenblick senkte er seine Hand und ich vernahm das schwirren von gut zwanzig Pfeilen, die alle auf mein Herz gerichtet wahren. Mit einer schnellen Rolle brachte ich mich aus der Schusslinie und die meisten Pfeile zischten kläppernd auf die Steine, einige trafen mich auch, aber keiner wahr tödlich. Mit einer schnellen Bewegung sprang ich auf und sah mich nach einem Ausweg um. Es gab keinen und die Bogenschützen legten erneut Pfeile auf ihre Sehnen. Diesmal würden sie nicht daneben schießen. Und in diesem kurzen Augenblick absoluter Stille, vernahm ich das immer lauter werdende Getrappel. Die Pfeile schnellten erneut von ihren Bögen und ein schwarzer Schatten stürmte fast Zeitgleich an mir vorbei. Instinktiv griff ich nach ihm und schwang mich auf seinen Rücken. Die Pfeile schlugen hinter mir auf den Boden und zerschrammten und als ich meine Aufmerksamkeit wieder nach vorne wandte konnte ich gerade noch in die vor Schreck aufgerissenen Augen von Il’Banni schauen, ehe er unter Midnights Hufen zertrampelt wurde. Ich hörte das vertraute Geräusch berstender Knochen und das kurze dämpfen des Getrappels der Hufe, als Midnight über ihn hinweg jagte. Mit mir auf seinem Rücken hinein in die erneute Dunkelheit der Gassen. Das Tier hatte mir das Leben gerettet und während ich ihn in die Richtung lenkte, in der der rettende Ausgang lag vernahm ich hinter mir Kampfgeräusche. Midnight musste die Soldaten direkt zu den Vampiren geführt haben. Was umgekehrt nichts anderes bedeutete, als das der Weg vor uns nun frei wahr. Ich beugte mich über seinen Hals und spornte ihn zu noch größerer Schnelligkeit an und laut hallten seine Hufschläge von den Wänden wieder. Wir hatten es nicht mehr weit. Schon preschte er um eine weitere Häuserecke und an der äußeren Mauer Meridians entlang, da vernahm ich ein leichtes Alarmsignal. Irgendjemand wartete dort vorne auf uns. Ich verlangsamte Midnights Geschwindigkeit und fast im selben Augenblick in dem wir um eine weitere Ecke bogen und ich die Müllklappe in der Mauer erkennen konnte, hörte ich das erneute zischen eines Pfeils. Fast zur selben Zeit in der ich die Gefahr erkannte, bäumte sich Midnight mitten im Lauf auf und seine Hufe rutschten über das Pflaster der Stadt. Ich wurde in einem hohen Bogen von seinem Rücken geschleudert und landete krachend an einer Häuserwand. Schmerz explodierte in meinem ganzen Körper und fast bewusstlos glitt ich von der Wand auf die Strasse, wo ich benommen liegen blieb. Sekunden später öffnete ich wieder die Augen und konnte gerade noch sehen wie einer der Vampirkrieger einen Pfeil aus Midnights Brust riss. Das treue Tier gab kein Lebenszeichen mehr von sich und mir wurde klar, das er mir mit seinem erprubten aufbäumen Selbiges gerettet hatte. Stöhnend versuchte ich mich zu erheben. Es ging nicht. Erneut explodierte Schmerz in meinem Rücken. Ich musste mich bei dem Sturz schlimmer verletz haben als angenommen. Knochenbrüche brauchten ihre Zeit um zu heilen. Aber genau das war es, was ich im Moment am wenigsten hatte. Der Krieger beugte sich vor und spannte seinen Bogen aus nächste Nähe. Er konnte gar nicht mehr daneben schießen! Es war vorbei. Und noch währen der die Sehne spannte und höhnisch auf mich herabsah fragte ich mich, warum ich ihn gespürt hatte, da er doch ein Vampir war ... ... und im selben Augenblick wo er die Sehne los lassen wollte bohrte sich von hinten ein Schwert durch seine Brust. Erst sah er fast erstaunt auf die Spitze die aus seinem Herzen herausragte, aber als das Schwert zurück gerissen wurde sank er einfach schlaff zu Boden und ich erblickte meinen Retter. Es war Atrieleges. Er stand nur einen Meter vor mir, das Schwert hoch erhoben und mit Blut getränkt und starrte auf mich herab und ich konnte in seinem Blick den selben Ausdruck erkennen, den ich schon vorher darauf gesehen hatte. Teilnahmslosigkeit. Er stand einfach nur da und beobachtete mich und mit jeder verstrichenen Sekunde heilten meine Knochen, bis ich mich schließlich erheben konnte und wir uns gegenüberstanden. Immer noch schweigend zog er seine linke Hand unter seinem Mantel hervor und hielt mir mein Schwert hin. Das Schwert das er mir geschenkt hatte. Das Schwert, von dem er die andere Hälfte besaß. Ich ergriff es, band es mir um und taxierte ihn. Er stand einfach nur da und starrte mich an. Ohne ein Wort zu sagen und ich erwiderte seinen Blick. Nichts rührte sich. Man hätte meinen können, das in diesem Moment die Zeit selbst stehen geblieben war. Alles war still. Selbst das murmeln des Meeres schien inne gehalten zu haben. Ich sah ihm lange in die Augen und versuchte darin etwas anderes zu finden als ... nichts. Aber da war nichts. Genauso grau wie der Himmel, genauso grau wie die Mauern um uns herum, genauso grau war seine Seele geworden. Ich hatte ihn doch verloren und schließlich drehte ich mich langsam um und wollte zu der Klappe in Meridians Mauer gehen. Da hob er sein Schwert und versperrte mir den Weg. Ich drehte mich wieder herum. „Ich kann dich nicht gehen lassen Raziel.“ Eine Stimme, derer die ich kannte so fremd. „Warum?“ Er lächelte traurig. „Das ist meine Sache.“ Ich drehte mich ganz zu ihm und starrte ihn erneut an. Keine Regung. „Ist es das?“ Als Antwort legte er seinen Mantel ab und schwang sein Schwert. Ich blickte ihn weiter an und wartete auf eine Antwort. Und vielleicht gerade deshalb, weil ich niemals damit gerechnet hätte warnte mich etwas in seiner Körperhaltung und alles was mich wohl im nächsten Augenblick rettete war dieses erkennen und meine Reflexe, die mich blitzschnell zur Seite weichen ließen, als sein Schwert nach vorne schnellte und sich fast durch meinen Oberarm bohrte. „Atrieleges! Was soll das?“ Aber die Antwort folgte in einem Schwerthieb, der mich meinen Kopf gekostet hätte, wenn ich nicht wieder zur Seite gesprungen währe. Ich rollte mich ab, kam wieder auf die Beine und entging nur mit Müh und Not einem weiteren Schwertstrich von ihm. „Atrieleges! Was ... .“ Er ließ mich nicht ausreden und vollführte einen weiteren Strich mit seiner Klinge und diese mal kam meine Reaktion zu spät. Blut floss über meinen Unterarm und über meine Hände, machte mein nun gezogenes Schwertheft rutschig und mich unsicher. Was war nur geschehen? Erst hätte er mich ohne zu zögern umgebracht, dann entschuldigte er sich bei mir und nun forderte er mich zu einem erneuten Schwertkampf heraus. Es ergab einfach keinen Sinn! Alles ergab seit einiger Zeit keinen Sinn mehr. Um genau zu sein eigentlich seit dem Augenblick, seit ich die Hohepriesterin der Vampirjünger verlassen hatte. Ich parierte einen weiteren Schwertstrich von Atrieleges und wich immer weiter zurück. „Was ist los mit dir Raziel? So schlecht hast du noch nie gekämpft seit wir uns kennen!“ Ich versuchte in seinen Augen etwas von seiner Absicht zu erkennen, aber nichts. Ich konnte nichts finden. Absolut gar nichts. Und dieses fehlen Entmutigte mich, entmutigte mich mehr, als es bisher irgendetwas getan hatte. Der nächste Schwertstrich fegte heran und hätte mir um ein Haar das Schwert aus der Hand geprellt. Ich wich ein weiteres Stück zurück und parierte, blieb in Abwehrhaltung und wartete. Wartete darauf, das er mir enthüllen würde, was dieser unsinnige Schwertkampf sollte. Weitere Schläge prasselten auf mich herab und drängten mich immer weiter zurück, bis ich schließlich mit dem Rücken an einer Hauswand stand und sein nächster Schlag sprengte mir endgültig das Schwert aus der Hand. Es viel klappernd zu Boden und er hob seine Klinge an meinen Hals. „Gewonnen. Ich hätte nicht gedacht, das es so einfach währe.“ Ich schaute ihm in die Augen und in diesem Moment erkannte ich meinen Fehler. Es war ihm egal. Es war ihm absolut egal, ob ich leben oder sterben würde. Er hatte mich zu einem Duell herausgefordert und gewonnen und nun würde er mich töten. So einfach war das und daran gab es auch keinen Zweifel, denn diese Tatsache war alles, was seine Augen erkennen ließen. Atrieleges vollführte eine schnelle Bewegung mit seiner Hand und ich zog die Luft durch die Zähne, als sich sein Stahl durch meine Schulter bohrte. Ein weiterer Strich an meinem Bein ließ mich auf die Knie fallen und noch einmal stieß er zu und durchbohrte meine Unterleib. Als er das Schwert herauszog kippte ich endgültig auf die Seite und blieb einfach liegen. Blut lief aus meinen Wunden, die sich zu langsam schlossen um mich bei Kräften zu halten. Als ich erneut kalten Stahl spürte öffnete ich die Augen und sah zu ihm auf und ich wusste, diesmal würde er nicht daneben schlagen. Und vielleicht war es diese Erkenntnis, die Erkenntnis des sicheren Todes, die plötzlich etwas in mir befreite, so schnell und so unerbittlich, das es passierte, bevor ich es aufhalten konnte. Ich schmeckte Blut, mein Blut und ich roch es, überall an mir, an ihm an unseren Schwertern. Ja selbst auf der Straße und an den Häusern. Die ganze Stadt roch nach Blut. Nach Menschenblut und nach dem Blut der Vampire, die hier gestorben wahren. Und genau das war es, was ich brauchte. Das war es, nachdem ich plötzlich verlangte. Und mit einem mal war er wach. Wach und bereit das einzige zu verteidigen, für das er existierte. Mit einer schnellen Bewegung schlug er die Schwertspitze beiseite, trat Atrieleges die Beine weg, packte meinen Schwertgriff und sprang auf. Wild entschlossen das zu bekämpfen was ihn auslöschen wollte. Der Vampir. Ich spürte seine Präsenz stark und mächtig und so schnell heraufkommend, das ich nicht die geringste Chance hatte mich gegen seine Gefühle zu wappnen und dann war es zu spät. Er verdrängte meine Bewusstsein, reduzierte alles, bis nur noch der eine Uhrinstinkt übrig war. Überleben. Überleben um jeden Preis! Und das würde er. Der nächste Schwerthieb prallte auf meine Verteidigung und diesmal schlug ich zurück. Konterte und griff an. Er hatte mich verletzt! Er hatte mich verletzt und er hatte mich töten wollen und er war ein Mensch. Der Todfeind jeden Vampirs. Mein Schwert durchbrach seine Abwehr und verletzte ihn an der Schulter. Ja! Das war es was ich wollte. Ihn verletzten. Ihn vernichten. Ihn töten! Ein süßer Geruch schlug mir entgegen. Süß, warm und verführerisch und wie unter einer Hypnose senkten sich meine Augen auf das frische Blut, das mit jedem Schlag seines Herzens in einem erneuten kleinen Rinnsaal aus seiner Wunde gepumpt wurde und ihm über die Haut lief. Es war ein Elixier. Es war ein Genuss, Es war Leben! Und dieser letzte Impuls fegte endgültig alles hinweg, was von meinem Verstand noch übrig geblieben war und entließ die Bestie in mir endgültig in die Freiheit. Ich spürte wie die letzten Ketten rissen, spürte wie diese uralte Macht an die Oberfläche brach und konnte nur hoffen, das Atrieleges schnell genug erkannte, was geschehen war und verschwand ... und dann hörte ich auf zu existieren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)