Ta Sho von Turbofreak (Wiedergeboren) ================================================================================ Kapitel 6: Luftikusse und andere Hoppalas ----------------------------------------- Aller guten Dinge sind drei... Beim dritten Versuch werd ich jetzt wohl hoffentlich alles drin haben, was da so rein gehört ^^... Mensch, wie peinlich *kopfschüttel* Vom Kurzen war an diesem Tag nicht mehr viel zu sehen gewesen. Shinji war zu perplex gewesen, als Fireball nach dem ungewöhnlichen Frühstück wieder seiner Wege gegangen war, um irgendwie reagieren zu können. Nun quälten den Captain erneut die Sorgen um das Nachwuchstalent. So professionell und gut er auch flog, bei einem bestimmten Thema ging das alles flöten. Shinji schien es, als wollte der Kurze nicht nur nicht darüber sprechen, sondern auch, als könnte er damit nicht umgehen. Es fiel dem Captain an diesem Tag schwer, dem täglichen Geschäft nachzugehen, aber er war der Captain einer Einheit. Die einzelnen Piloten brauchten ihn, ohne ihn würde das System zusammenbrechen. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als die Gedanken an den jungen Spund zur Seite zu schieben und auf den Feierabend zu verlegen. Pünktlich zum Feierabend kamen nicht nur die seltsamen Gedanken wieder hervor, sondern ließ sich auch Fireball wieder bei ihm blicken. Shinji hatte ihn an diesem Tag nur beim Mittagessen kurz gesehen und ein oder zwei Mal im Hangar bei den Gleitern. Dabei war ihm aufgefallen, dass sich der Krümel mit Mechanikern unterhalten hatte und auch mit ihnen an einem Gleiter gearbeitet hatte. War der kleine Pilot auch noch ein Multitalent. Als er Fireball getroffen hatte, hatte der Captain versucht, ihn zu behandeln, als hätte dieses Gespräch am frühen Vormittag niemals stattgefunden. Mit einem neckischen Lächeln schickte er Fireball unter die Dusche. „Schiff ahoi, Captain!“, der Cowboy hob den Hut kurz zum Gruß vom Kopf und lachte Fireballs Vater übermütig entgegen. Es war ein herrlich sonniger Tag und der Kuhhirte hatte allen Grund um sich zu freuen. Saber hatte entschieden, dass sie heute alle ausnahmsweise mal den großen Cowboy verlassen durften. Natürlich war das wieder mit Einschränkungen verbunden gewesen, aber hey, Colt sah mal wieder andere Menschen als Saber, April und den unzuverlässigen Rennfahrer! Zu spät! Saber hatte Colt noch anstoßen wollen und ihn daran hindern, auffällig zu sein, aber da war ihm der Kuhhirte schon einen Schritt voraus gewesen. Hoffentlich kamen sie da halbwegs heil wieder raus. Den dreien hatte der gestrige Abend gereicht, von unliebsamen Überraschungen hatten sie mal die Nase gestrichen voll. Deshalb standen sie nun auch mitten im Oberkommando. Sie hatten Fireball abholen wollen. Nur waren sie nicht dem jungen sondern dem alten Hikari in die Arme gelaufen. Jetzt verstand Saber Fireball auch, als dieser gemeint hatte, der Captain wär immer dort, wo man ihn nicht haben wollte. Von daher war es wirklich kein Wunder, dass Fireball gleich am ersten Tag mit ihm zusammengetroffen war. Auch April war mitgegangen, allerdings nur widerstrebend. Der einzig gute Grund für sie war gewesen, dass sie Ramrod und die Lichtung mal verlassen konnte. Fireball hätte sie an diesem Tag lieber nicht getroffen. So aber stand sie nun seinem Vater gegenüber und bekam einen Vorgeschmack auf das Aussehen des Rennfahrers in zwanzig Jahren. Durchaus attraktiv für sein Alter und charismatisch. Schnell senkte April den Blick von Captain Hikari, als sie sich bei diesem Gedanken ertappte. „Hey, du Schmalspurmatrose!“, kommentierte Shinji Colts Begrüßung in einem scharfen Tonfall. Er musterte die drei, konnte diese Bande allerdings niemanden zuordnen. Deshalb sah er sich noch genötigt, ihnen die Einrichtung näher zu bringen, in der sie sich befanden. „Du stehst hier im Oberkommando und nicht bei den feuchtfröhlichen von der Navy! Siehst du hier irgendwo Wasser?“ Verblüfft setzte sich Colt den Hut wieder auf. Von der Schlagfertigkeit des älteren Hikari war er tief beeindruckt, da könnte man fast glauben, der Rennfahrer hätte geantwortet. Aber es unterstrich auch das gute Verhältnis zwischen den einzelnen Institutionen der vereinigten Streitkräfte. Die Army konnte die Marine nicht riechen und die Luftwaffe war sowieso etwas Besseres. Das war auch in jeder Zeit gleich, wie Colt schmunzelnd festhielt. Bevor Colt ihm wieder zuvor kommen konnte, sprach nun Saber vor. Er machte einen Schritt auf Captain Hikari zu und salutierte angemessen: „Guten Abend, Captain.“, nun aber suchte er nach den richtigen, nicht allzu verräterischen Worten, weshalb sie hier waren. Mit einem freundlichen, aber unbestimmten Lächeln erklärte er: „Wir wollten einen Freund von uns abholen.“ Wieder fiel ihm Colt ins Wort: „Wir suchen unseren Rennfahrer, wissen Sie?“ „Wen?“, mit zusammengezogenen Augenbrauen hakte Shinji nach. Die drei waren verdammt jung, die konnten doch schlecht Freunde von einem seiner Piloten sein. Oder…? Shinjis Gesichtsausdruck entspannte sich wieder. Gut möglich, dass sie Bekannte von seinem Neuzugang waren. Die Blondine half ihren beiden männlichen Kollegen aus, die sich beide wohl nicht klar genug ausgedrückt hatten. Sie erklärte dem Captain in einem ruhigen, aber sehr unsicheren und auch traurigen Tonfall: „Entschuldigen Sie uns bitte, Captain Hikari. Wir wollten Fireball abholen.“ Irgendwie sah der Captain immer noch fragend aus der Wäsche. Saber runzelte die Stirn. Der gute Captain war wohl auch nicht immer auf dem richtigen Dampfer, wie Saber gleich darauf schmunzelte. Ein Hikari eben, vom Scheitel bis zur Sohle. Der Schotte konnte Fireball in Shinji erkennen, dazu brauchte man nicht viel Fantasie. Freundlich gab er noch einen Hinweis auf den Grund ihres Besuches: „Wir warten auf unseren Piloten, Captain Hikari.“, mit der rechten deutete der Schotte auf die Höhe seiner Schulter, denn größer war Fireball nicht, dabei beschrieb er ihn: „Etwa die Größe, braune, japanische Augen und ein loses Mundwerk.“ Die drei gehörten wirklich zu Shinichi. Shinji warf einen prüfenden Blick auf die Rasselbande. Die waren alle noch nicht übertrieben alt. Junges Gemüse, vor allem das blonde Mädchen. Der Pilot nahm sich Zeit, um die drei irgendwohin zuzuordnen. Er wollte wissen, woran er bei ihnen war. Die waren total unterschiedlich, die konnten doch nicht wirklich alle gute Freunde sein. Aber so sah es aus. Immerhin standen sie dort, vor ihm, und warteten auf ihren gemeinsamen Freund. Shinji schmunzelte und ein kleiner Teil seiner Sorgen verpuffte wieder. Der Kurze war nicht ganz alleine. Immerhin etwas. Als er April genau betrachtete, zeichnete sich ein verräterisches Lächeln auf seinen Lippen ab. Das war das Mädchen, das Shinichi nicht unter ihre Bettdecke ließ. Das Grinsen wurde breiter und Shinji legte den Kopf schief. Ein paar Jahre jünger, wenn er wäre, zu ihr würde er nachts auch gerne unter die Bettdecke schlüpfen. Seit dem gestrigen Abend schien allerdings der Wurm in der jungen Beziehung drin zu sein. Das hatte er an Aprils Stimmlage erkannt. Shinji seufzte kurz und erklärte den drei Fremden schmunzelnd: „Ich hab den Kurzen unter die Dusche geschickt. Er kommt sicher gleich.“ Nun hatten sie lange genug vom Teufel gesprochen. Just in dem Moment kam Fireball pfeifend um die Ecke geschossen. Ohne im ersten Augenblick großartig auf die Menschen neben Captain Hikari zu achten, salutierte er im Vorbeigehen und verabschiedete sich: „Ich lass heute mal pünktlich Schicht, Captain. Wir sehen uns morgen.“ Im nächsten Moment hatte sein Gehirn verarbeitet, was seine Augen an Information hingeschickt hatten. Er bremste sich scharf ab und riss entsetzt die Augen auf. Auch das noch! Der Tag war ohnehin nicht prickelnd gewesen und er hatte den ganzen Tag gebraucht, um endlich wieder seine Laune zu heben. Mit den Mechanikern einen Gleiter zu reparieren hatte dabei geholfen, seine Freunde hier allerdings Habt acht stehen zu sehen, vernichtete das Ergebnis harter Arbeit im Handumdrehen. Er fragte irritiert: „Was macht ihr hier?“ Fireball war nicht der einzige, bei dem sich die gute Laune sofort wieder den Bach hinunter verabschiedet hatte. Der junge Rennfahrer war nicht nur völlig überrascht gewesen, er hatte seine Freunde auch angemurrt. Damit war deutlich, dass er keine Freude über ihren Besuch hatte und er auch niemanden sehen wollte. Mit den Worten von Fireball verschwand Colts Lächeln schlagartig wieder. Sein Gesicht verfinsterte sich und er knurrte in die Richtung der beiden Japaner: „Dich abholen! Neuerdings findest du ja von alleine nicht mehr nachhause.“ „Von mir aus.“, schulterzuckend drehte sich Fireball um und verschwand zum Ausgang. Er hatte wirklich absolut keine Lust auf seine Freunde. Während er vorausging, ohne zu warten, ob ihm die drei folgten, schoss ihm durch den Kopf, wie leichtsinnig die drei gerade gehandelt hatten. Die waren allesamt hier angetreten und dann hatten sie sich auch noch mit seinem Vater unterhalten. Also, da musste bei Saber auch alles ausgesetzt haben, als er das gut geheißen hatte. Er warf einen kurzen Blick über seine Schulter, noch einmal auf die Szene, die sich ihm dort geboten hatte. Seine Freunde und sein Vater. Unter anderen Umständen hätte er sich über ein solches Bild gefreut, an diesem Tag allerdings war das genau die Mischung, die für ihn reines Gift war. Alle vier standen sie dort, mit einem leicht irritierten Gesichtsausdruck. Auch April. Fireball warf ihr einen unsicheren Blick zu, bevor er den Kopf wieder in die eigentliche Richtung wandte und weiterging. April hatte seinen Blick aufgefangen und gleich darauf die Augen gesenkt. Sie vertrug seine dunklen, braunen Augen nach der gestrigen Nacht nur sehr schlecht. Die Blondine hatte das Gefühl, Fireball würde sie nicht sehen wollen, weil er nicht bekommen hatte, was er wollte. Als ob es nun zwischen ihnen stand. Traurig wischte sich die Blondine schnell über die Augen, damit niemand ihre Tränen bemerkte, die sich in den Augen gesammelt hatten. Dem Captain allerdings war es aufgefallen. Er hatte einen Blick dafür. Als der Lockenkopf mit dem Cowboyhut davon gesprochen hatte, dass sie ihn nachhause begleiten wollten, hatte Shinji sofort verstanden. Die vier wohnten zusammen. Und offensichtlich hatten sie sich am Vorabend Sorgen um den Kurzen gemacht und waren aneinander geraten, als der Japaner dann doch endlich zurück gefunden hatte. Shinji verband schnell im Gedanken alle relevanten Informationen, die er an diesem Tag, gewollt oder ungewollt, bekommen hatte. Er wusste nun, dass Fireball in einer Viererwohngemeinschaft lebte und so, wie es den Anschein hatte, er das Küken dort war. Die Blondine und Shinichi mochten sich mehr als sie sich selber eingestanden, das war ganz klar für den Captain. Auch ein Idiot hätte das bemerkt, wenn er ihr Verhalten gerade gesehen hätte. Sein Pilot musste noch dazu einen ziemlichen Bleifuß haben, weil er von seinen Freunden auch mit Rennfahrer angesprochen wurde. Der Kurze hatte am Vorabend selbst erzählt, dass er sich für schnelle Autos interessierte. Shinji runzelte die Stirn. War das vielleicht wirklich mehr als ein Hobby? Denn eines war ihm wie ein roter Faden an den drei Freunden aufgefallen. Sie hatten Shinichi kein einziges Mal beim Namen genannt, sie hatten ihm entweder eine Charaktereigenschaft, wie es das blonde Mädchen getan hatte, oder eine Tätigkeit zugeordnet, die er besonders beherrschte, zugeordnet. Fireball war ein treffender Spitzname für den Hitzkopf und Rennfahrer und Pilot standen für sich. Das letzte, was Shinji noch sofort aufgefallen war, war die seltsame Stimmung unter den vieren. Nachdem Fireball beim Frühstücken schon so ausgesehen hatte, als hätte er am Vorabend die eigene Wohnungstür lieber nicht aufgeschlossen, und nun seine Freunde versammelt hier aufgelaufen waren und augenscheinlich immer noch sauer auf ihn waren, kam der erfahrene Pilot auf zwei weitere Punkte. Erstens mussten die vier wirklich gute Freunde sein, denn unter dem Frust war vor allem die Sorge durchgekommen und zweitens dürfte das am Vorabend noch ordentlich Zoff untereinander gegeben haben. Shinji musterte die drei noch einmal. Shinichi hatte in diesen unterschiedlichen Charakteren gute Freunde gefunden, das war klar. Er wandte den Blick von ihnen ab und sah dem Hitzkopf hinterher. Reden war nicht dessen Stärke und Entschuldigen offenbar auch nicht. Der junge Spund wäre an diesem Tag ohnehin nicht mit ihm oder sonst irgendjemanden ausgegangen, aber vielleicht wäre er auch nicht zu sich nachhause gegangen. Einsam wirkte das Multitalent, als er so aus dem Oberkommando ging. Shinji schüttelte den Kopf und wandte sich wieder an die drei, die immer noch vor ihm standen. Endlich setzte er zu Worten an: „Ihr seid also Freunde von Shinichi… Passt auf ihn auf, sonst bekommt ihr es mit mir zu tun.“ „Sonst wären wir nicht hier, wären wir nicht!“, brauste Colt kurz darauf ungehalten auf. Der hatte vielleicht Nerven! Ihnen zu sagen, was sie tun sollten. Der Captain kannte sie überhaupt nicht, der sollte lieber zusehen, dass er sich auf sein bevorstehendes Harakiri ausreichend vorbereitete und das rieb er ihm auch wütend unter die Nase: „Hören Sie mal, Captain. Wir passen auf unseren Krümel schon auf, lassen Sie das mal nur unsere Sorge sein. Sie sollten sich lieber darum kümmern, dass sie zu Ihrem Kikeriki nicht zu spät kommen!“ Während Shinji die Augenbrauen fragend zusammenzog, dankten April und Saber allen möglichen Gottheiten dafür, dass Fireballs Vater grade kein Wort verstanden hatte. Der Schotte entschuldigte sich hastig dafür beim Captain und zog Colt mit sich Richtung Ausgang. Ohne sich zu verabschieden verschwanden die drei aus dem Oberkommando. Dabei nahm sich April Colt an und deutete dem Schotten, Fireball hinterher zu gehen. Der bog nämlich nicht Richtung Heimat ab. Saber nickte und rief ihrem Piloten hinterher: „Hey! Das ist die falsche Richtung.“ Colt ließ sich von April kaum beruhigen. Der Captain hatte ihn persönlich angegriffen, denn alles was Recht war, sie passten auf Fireball auf. Das hatten sie immer! Der alternde Hikari hatte absolut keine Ahnung und dann ließ er sich zu einem solchen Spruch hinreißen. Colt kochte. Der Armleuchter war derjenige, der eigentlich auf den Rennfahrer Acht geben sollte. Er war dessen Vater. Aber der Luftikus starb ja lieber im Kampf gegen die Outrider! Der Cowboy schäumte über: „Was weiß der Scherzkeks denn schon?! Wir sind für den Vogel da, nicht so, wie der!“ April sah sich hektisch um, hoffentlich konnte der Captain sie nicht mehr hören. Verständnisvoll nahm sie Colts Hand und dirigierte ihn hinter Saber aus dem Oberkommando. Der Schotte hatte schon ordentlich Abstand zwischen ihnen geschaffen und hatte Fireball beinahe schon eingeholt. April widmete ihre volle Aufmerksamkeit allerdings wieder Colt. Der brauchte sie gerade mehr. Er war ein guter Freund, gerade die Blondine wusste das in dieser schweren Zeit zu schätzen und hatte es erst am Vorabend gemerkt. Colt war immer an ihrer Seite, bevor ihre Angst und ihre Traurigkeit überhand nehmen konnten. Sie strich ihm beruhigend über die Hand und versuchte ihn zu beschwichtigen: „Natürlich sind wir da, Colt. Aber das kann Fireballs Vater nicht wissen.“ „Dann soll er gefälligst die Klappe halten! Der Flitzebogen für Arme hat keine Ahnung! Wir können auch nicht rund um die Uhr für ihn da sein. Das würde unser Zwerg nie zulassen.“, Colt riss die Arme in die Höhe. Tatsächlich war Fireball für Colt mehr ein kleiner Bruder als ein gleichberechtigter Teamgefährte. Der Cowboy machte sich heimlich rund um die Uhr Sorgen um Fireball und dass der Captain ihm nun unterstellt hatte, ihm wäre der kleine Flitzer nicht wichtig, schlug dem vollen Fass den Boden aus. Colt wirbelte herum und sah auf April hinab. Er bemerkte, wie verzweifelt sie versuchte, ihn wieder zu beruhigen und was anderes lag ihr auch schwer auf dem Herzen. Auch wenn Colt ihre treuherzigen Augen sofort wieder beruhigt hätten, heute funktionierte das allerdings nur mäßig bis gar nicht. Es regte ihn einfach zu sehr auf. Halbherzig legte er April die Hand auf die Schulter und maulte weiter: „Das regt mich maßlos auf, weißt du? Und zwar einzig und allein deswegen, weil der Scherzkeks eigentlich für ihn da sein müsste, man aber niemals etwas von ihm sehen wird! Der Koffer weiß es nicht und kümmern tut es ihn auch nicht.“ April hob die Augenbrauen. Es war nichts Neues, dass Colt einmal ausrastete, aber in der Art und Weise war das noch niemals vorgekommen. Die blonde Navigatorin nahm Colts Hand auf ihrer Schulter wieder in ihre und umschloss sie. Sie wollte ihren Kollegen und Freund wieder beruhigen. Doch es war nicht einfach. Colt fühlte sich von Captain Hikari ungerecht behandelt, und von seiner Forderung verhöhnt. Das war eine heikle Angelegenheit. Nicht nur, weil der Captain immer noch irgendwo hinter ihnen rumtigerte, sondern auch, weil Colt kochte. Sie fühlte die Hitze in seiner Hand und sah es in seinem Gesicht. Wie konnte sie ihn bloß wieder von seinem Trip runterholen? „Hey! In diese Richtung geht’s nachhause!“, dabei bekam Saber den Rennfahrer endlich zu fassen. Er hielt ihn am Arm fest und zog ihn unsanft zurück. Saber hatte alles, nur gerade keine gute Laune. Wie hatte der Captain diese drohenden Worte gemeint? Es konnte nur eines für den Schotten bedeuten. Fireball musste ihm etwas erzählt haben. Es hatte danach geklungen, als gab er ihnen den Auftrag, sich um seinen Sohn zu kümmern. Bei dem Gedanken daran überschlug sich Sabers Zorn. Ohne jegliche Vorwarnung in die entgegengesetzte Richtung gezogen zu werden, in die man eigentlich abdampfen wollte, war nicht nur unsanft, sondern auch nicht unbedingt schmerzfrei. Während seine Füße weiter zur Rennstrecke gegangen waren, in die auch der Rennfahrer hatte wollen, war sein Arm harsch in die andere Richtung gezogen worden und das gefiel der Schulter, an der der Arm hing, überhaupt nicht. Auch Fireball passte es nicht. Unfreiwillig blieb er stehen und funkelte Saber an. Grob riss er sich los: „Das war schon die richtige, glaub mir, Säbelschwinger!“ Saber ließ sich von Fireball doch nicht wie ein Schuljunge behandeln. Glaubte der freche Kerl wirklich, dass er nach dem letzten Abend schon ausgekocht hatte? Nein, wirklich. Nach der Nummer, die beim Captain gelaufen war, war Saber wieder auf hundertachtzig. Augenblicklich griff er wieder um Fireballs Arm und umklammerte diesen fester. Jetzt war endgültig Schluss mit lustig. Er giftete Fireball geradeheraus an: „Verdammt, Fireball! Was denkst du dir bloß dabei?! Was um Himmels Willen hast du deinem Vater erzählt?“ Für Saber stand fest, dass Fireball seinem Vater etwas über die Zukunft erzählt haben musste, oder zumindest etwas von dem Verwandtschaftsgrad. Anders konnte sich Saber die Aufforderung des Captains nicht erklären und auch nicht, weshalb er sie sonst als Fireballs Freunde identifiziert hatte. Wieder wollte sich Fireball hitzköpfig von Saber befreien, doch dieses Mal kam er ihm nicht mehr davon. Der Pilot stieß genervt die Luft aus. Ihn störte etwas anderes viel mehr als das, was er seinem Vater erzählt oder nicht erzählt hatte. Ungestüm fuhr er Saber an: „Und was ist in Dreiteufelsnamen in euch gefahren? Himmel, ihr habt nichts im Oberkommando verloren, schon vergessen, Oberheld?“ „Lenk nicht vom eigentlichen Thema ab, Fireball.“, Saber ließ sich von seinem Ziel nicht abbringen. Er krallte die Finger fester um Fireballs Arm. Seine Augen stachen auf Fireball hinab. Der Junge musste etwas durcheinander gebracht haben, sonst hätte Shinji ihnen niemals aufgetragen, auf den Grashüpfer aufzupassen. Es konnte ganz einfach nur bedeuten, dass Fireball seinen Mund nicht gehalten hatte. Der junge Pilot hatte vielleicht schon ihre Gegenwart und ihre Zukunft verändert! Saber stieß ihm mit der freien Hand gegen die andere Schulter. Er wollte endlich eine Antwort auf seine Frage: „Was hast du deinem Vater gesagt?“ „Nichts!“, stinksauer kam die Antwort aus Fireball raus geschossen. Dass das zwar die Wahrheit war, aber nicht das, was Saber hören wollte, konnte sich der Japaner denken. Hätte er seinem Vater nämlich wirklich was erzählt, was wichtig oder existenziell gewesen wäre, dann wäre es dem Captain schlechter gegangen als ihm. Der sture Bock griff um Sabers Hand, die ihn gestoßen hatte und hielt sie fest, ehe dieser sie zurückziehen konnte. Der Schotte staunte nicht schlecht. Fireballs Griff war kräftiger als erwartet. So schmächtig und unschuldig der Japaner auch wirkte, in ihm schlummerten ungeahnte Kräfte. Saber war sich sicher, dass er noch nicht alle diese Kräfte geweckt hatte, ansonsten hätte ihn nämlich eine wahre Dampfwalze überrollt. Denn jene Stärke, mit der sich Fireball ansonsten im Kampf gegen Jesse Blue behaupten musste, spürte Saber noch nicht. Der Highlander fasste geschickt um Fireballs Hand, die ihn am Gelenk hielt, und machte sich los. Wieder feindete er den Freund an: „Klar hast du das! Sonst hätte er nicht so seltsam auf uns reagiert.“, Saber sah ihn streng an. Natürlich war Sabers Befreiungsaktion nicht ohne Gegenwehr geblieben. Automatisch hatte Fireball fester um das Handgelenk gegriffen und versucht, ihn festzuhalten. Letztendlich hatten beide sich losgelassen, aber Saber spürte deutlich, dass es nicht schmerzfrei ausgegangen war. Fireball rieb sich die Stelle mit der anderen Hand und verzog düster das Gesicht. Auch sein Handgelenk brannte. Doch Saber konnte sich nicht darüber reiben, denn mit der anderen Hand hielt er immer noch Fireball am Arm fest. Schwarze Augen blitzten zu Saber empor, als er widersprach: „Er weiß nichts! Ganz sicher nicht. Und jetzt lass mich bitte los, ich möchte gehen.“ Und wenn Fireball hundert Mal darum gebeten hätte, Saber hätte ihn nicht losgelassen. Im Gegenteil: er verbesserte seinen Griff weiter. Saber zerrte Fireball nun mit sich. Er würde den Teufel tun und Fireball loslassen. Keiner wusste, was der in seinem Gemütszustand noch anstellen würde, da hielt es Saber für besser, ihn an der kürzesten Leine zu halten, die er in dem Moment zur Verfügung hatte. Auch die anderen beiden hatten sich inzwischen vom Oberkommando entfernt. April hatte das einzige getan, was ihr eingefallen war. Sie hatte den Cowboy umarmt und ihm über den Rücken gestrichen, während sie ihm immer wieder versichert hatte, dass Shinji es nicht so gemeint hatte, wie er es aufgefasst hatte. Und tatsächlich. Es hatte funktioniert. April brauchte manchmal nur mit den Waffen einer Frau zu kämpfen. Innerhalb weniger Minuten hatte sich Colt wieder so weit beruhigt, dass er zumindest zu schimpfen und zu verteufeln aufgehört hatte. Er richtete sich auf, befreite sich aus der Umarmung ihrer hübschen Navigatorin und legte einen Arm um ihre Schulter: „Prinzessin. Kann ja sein, dass du nur ´ne Frau bist, aber für mich bist du trotzdem ein Mordskerl, bist du doch.“ April schmunzelte. Es war schön von Colt ein solches Lob zu hören. Dennoch, einen etwas schalen Beigeschmack hatte es trotzdem. Sie lehnte sich an Colt und ging mit ihm weiter, dabei sah sie gespielt böse zu ihm auf: „Nur? Ich glaub, ich hab mich verhört!“ Colt drückte April daraufhin näher an sich und grinste hinab: „Du weißt, wie ich das meine. Stell dich nicht dümmer, als du bist, Prinzessin.“ Dabei zwinkerte er frech. Er war unendlich froh, dass April ihn von seiner Palme wieder irgendwie runtergebracht hatte, sonst wäre er vielleicht noch einmal zu Captain Hikari zurückgelaufen und hätte ihn verbal zur Schnecke gemacht. Der alte konnte dem jungen nicht viel voraus haben, dessen war sich Colt sicher. Als sie beim Ausgang um die Ecke bogen, erhaschten sie schon den ersten Blick auf Saber und Fireball. Die beiden trugen einen ordentlichen Streit aus. Saber versuchte mit aller Macht, Fireball in die Heimat zu ziehen, der Rennfahrer stellte sich dagegen und wehrte sich, wie ein Hund, der nicht mit seinem Herrchen mitgehen wollte. Fireball stemmte nämlich die Füße in den Boden und versuchte mit aller Gewalt, sich von Saber loszumachen. Klar, der Krümel war dem Schotten nicht gewachsen, aber er war ihm in dieser obskuren Situation ebenbürtig. Colt sah entschuldigend zu April hinunter, ehe er die Umarmung löste und auf die beiden Streithähne zulief. „Willst du noch eine oder kommst du freiwillig mit, Kurzer?!“, Colt hatte gemerkt, dass zwischen Saber und Fireball eine Pattsituation entstanden war und dass die beiden wahrscheinlich noch morgen so dastehen würden, wenn er nicht einschritt. Noch hatte er nicht aktiv eingegriffen, weil er insgeheim hoffte, dass Fireball zur Vernunft kam, aber drohend nachzuhelfen hatte er sich schon mal erlaubt. Schlagartig lenkte sich Fireballs Wut von Saber auf Colt. Er drehte den Kopf zu dem Cowboy herum und schrie ihn ungehalten an: „Hör verdammt noch mal endlich auf, mich Kurzer zu rufen, Kuhhirte!“ Fireball reagierte allergisch auf den neuen Kosenamen, den er von seinem Vater bekommen hatte. Colt benützte diesen seit Neuestem auch und zwar immer nur dann, wenn er ihn maßregeln wollte. Das war nicht das ausschlaggebende, warum Fireball von seinen Freunden nicht so genannt werden wollte, aber auch mit ein Grund dafür. Der Disput mit Saber war gerade zur Nebensache verkommen. Der Rennfahrer hatte zur Rennstrecke wollen, er hatte niemanden mehr sehen wollen, aber sie ließen ihn nicht. Der Kummer von heute Morgen, den Fireball erfolgreich einfach wieder begraben hatte, explodierte gerade lautstark neben seinen Freunden. Er hatte nichts dagegen, dass sie ihn abgeholt hatten, eigentlich war es eine unheimlich nette und wertschätzende Geste von ihnen gewesen, aber Fireball hatte noch ein paar Momente für sich alleine gebraucht. So aber war er wieder nicht dazu gekommen, sich in Ruhe durch den Kopf gehen zu lassen, was gerade alles um ihn herum passierte. Keiner seiner Freunde kam in dem Augenblick auf die Idee, dass Fireball die Situation wirklich über den Kopf gewachsen war. Alles, was sie sahen, war ein explodierender Rennfahrer. Colt wartete ein befürwortendes Kopfnicken von Saber gar nicht ab, er nahm Fireball einfach in den Schwitzkasten und rieb ihm mit den Knöcheln seiner Finger über den Kopf: „Du hörst jetzt auf dich zu sträuben, sonst fahr ich andere Geschütze auf und dann, mein kleiner Buggyfahrer, dann brauchst du mehr als nur ein Kühlkissen um den Schaden wieder zu beheben!“ April hielt sich während der gesamten Szene im Hintergrund. Sie sah ihre drei Jungs mit großen Augen an. Zu zweit mussten sie Fireball wieder zur Vernunft bringen. Ein schreckliches Bild und die Blondine wandte den Blick erschüttert wieder ab. Wo war ihre Freundschaft geblieben? All das sah aus der Ferne schlimm aus. Sie fühlte sich miserabel dabei, doch sie konnte nicht für Fireball Partei ergreifen. Dieses Mal nicht, denn Saber und Colt waren im Recht. April schluckte hart und ging betrübt an den dreien vorbei. Sie murmelte erstickt: „Lasst uns nachhause gehen, bitte.“ Die Fronten hatten sich dramatisch verhärtet, allerdings wurde nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wurde. Nachdem der Rennfahrer zwei Tage lang wirklich die Ruhe bekommen hatte, die er gewollt hatte, kochte auch Fireball wieder auf kleinerer Flamme. Er hatte sich abends die Zeit genommen, weit abseits der Stadt und des Friedenswächters, über die aktuelle Lage nachzudenken. Vieles war geschehen, davon hatte der Japaner das meiste nicht einmal verstanden oder verarbeiten können. Neben dem seltsamen Verhältnis zu seinem Vater, der nach dem kuriosen Frühstück immer mehr zu einer Vertrauensperson für ihn wurde, bereitete ihm vor allem der Streit mit seinen Freunden Kopfzerbrechen. Er hatte sich benommen, wie die Axt im Walde. Fireball war ungehobelt und rotzfrech gewesen. Saber hatte die letzten Tage schwer daran zu knabbern gehabt, was bei ihrem Besuch im Oberkommando geschehen war. Er war zornig gewesen, im ersten Moment. Doch nachdem sie auf Ramrod angekommen waren und er die ersten fünf Minuten Dampf abgelassen hatte, kam der rationale Teil von ihm wieder zum Vorschein. Saber war zutiefst geschockt. Er war von sich selbst erschrocken, selten hatte er einen Freund und Kollegen so hart angefasst, wie Fireball. Aber er war auch über Fireballs Art empört, immer noch. Dieser Frust legte sich nicht, so wie alles andere im Laufe der Zeit abebbte und sackte. Nein, Saber fühlte sich auch Tage danach noch angegriffen und missverstanden. Nie zuvor hatte Saber eine solche Wut in Fireballs Augen gesehen. Jesse Blue hatte das nie geschafft, Colt hatte den Rennfahrer bisher auch noch nicht so weit reizen können, aber er hatte es geschafft. Saber brütete über möglichen Ursachen dieser Kurzschlussreaktion und kam doch nur immer wieder auf das selbe Ergebnis. Der Schotte wusste von Tokio, dass Fireball auf alles gereizt reagierte, was mit seinem Vater zu tun hatte. In dieser Zeit stand er seinem älteren Ebenbild Tag für Tag gegenüber und damit wurde Fireball nicht fertig. Auch glaubte Saber zu wissen, dass Fireball schwach geworden war und seinem Vater erzählt hatte, was in wenigen Monaten auf ihn zukommen würde. Das schürte den Groll auf den jungen Piloten ungeheuer. Dem Cowboy stieß die Sache auch nach Tagen noch sauer auf, aber immerhin war er schon wieder so weit auf dem Weg der Besserung, als er darüber blöde Witze reißen konnte. So fragte er Fireball immer wieder, wenn dieser das Schiff verließ, ob er mit dem störrischen Hundi Gassi gehen solle oder ob er von alleine wieder zur Hundehütte zurückfand. Der Schotte war aufgrund der eigenartigen Vorkommnisse vom Boss zum Herrchen für wuschelköpfige Rennfahrer degradiert worden und April blieb sein guter Geist. Sie alle hatten sich völlig daneben benommen, der Cowboy machte da keine Ausnahme. Aber im Gegensatz zu den anderen beiden Herren hatte er das sehr wohl eingesehen und sich dafür bei April entschuldigt. Nun ging er dem täglichen Geschäft auf Ramrod nach, das sich für ihn momentan monoton gestaltete. Rumsitzen, abwarten und hoffen. Mehr konnte Colt im Augenblick nicht tun und das kotzte ihn langsam aber sicher an. Inzwischen putzte er sogar schon jeden Tag um sich irgendwie abzulenken und auf andere Gedanken zu kommen. Die Blondine und der Schotte freuten sich auch über die Sicherstellung ihres leiblichen Wohles. Die einzige Frau an Bord haderte mit ihrem Schicksal. Still hatte sie einmal mehr in sich hinein geweint, nachdem sie vom Oberkommando wieder gekommen waren. Sie hatte niemals zuvor erlebt, dass sich die Jungs so schnell trennten, wie an diesem Abend. Als ob der Wind in Schneeflocken gefahren wäre, waren sie in alle Richtungen auseinander gestoben. April behagte die merkwürdige Stimmung an Bord überhaupt nicht. Zusätzlich zu dem Gefühl, dass ihr auf Ramrod die Decke auf den Kopf fiel, fühlte sie sich nun auch nicht mehr wohl zwischen ihren drei Mannen. War es mit Colt noch nicht so schlimm, immerhin nahm der sie hin und wieder in den Arm, war es bei Saber schon schwieriger. Der Schotte war so mit anderen Dingen beschäftigt, dass er April manchmal sogar vergaß. Er drückte ihr nur Unterlagen in die Hand, die sie bearbeiten sollte und das war’s. Selten hatte er dieser Tage ein charmantes Lächeln für sie übrig. Das jüngste Mitglied ihrer Truppe machte einen enorm großen Bogen um sie. Zumindest kam es April so vor. Seit sie ihn in der Küche von sich gestoßen hatte und das verweigert hatte, was Fireball gerne gehabt hätte, mied er sie. Damit sah die junge Frau das bestätigt, was ihr in jener Nacht die Lust genommen hatte. Sie war nur eine von vielen für ihn, absolut nichts Besonderes also. Fireball hatte nicht bekommen, was er wollte und deshalb sah er auch keinen Grund mehr darin, sie angemessen zu behandeln. Wieder war ein Abend völlig zerrissen gewesen. Während Colt und April gepokert hatten, war Saber in den Kontrollraum gegangen um sich die Daten noch einmal genauer anzusehen und Fireball hatte sich mit seinem Red Fury verabschiedet. Die vier Freunde verbrachten im Augenblick nicht wirklich viel Zeit miteinander. Fireball war erst nach der Abenddämmerung, die nun, im Frühsommer, relativ spät einsetzte, wieder zu Ramrod zurückgefahren. Es hatte ihn einige Mühe gekostet, doch der Zufall hatte ihm in die Hände gespielt. Er hatte nicht durch den Stadtverkehr trödeln wollen, sondern hatte nach einer Strecke gesucht, wo er mal wieder richtig Gas geben konnte. Zufall an der ganzen Sache war der gewesen, dass es ein Stück am Waldrand entlang einen Feldweg gab, der nicht benützt wurde und wo man maximal ein paar Fußgänger einstauben würde. Diesen Weg gab es auch in Fireballs Zeit noch und es hatte ihm zuhause schon Spaß gemacht, über Stock und Stein zu fahren. Es war auch in der Zeit seiner Eltern nichts anderes. „Hey, noch nicht zu Ende gedacht für heute?“, verwundert blinzelte der Rennfahrer in Sabers Satteleinheit, als er beim Eintreten gemerkt hatte, dass er nicht der einzige war, der noch wach war. Fireball ging bis zu seiner Satteleinheit nach vor und blickte von dort in die Nacht hinaus. Wieder wurde es eine sternenklare Nacht auf Yuma. Ein Sommer, wie er im Bilderbuch stand, kündigte sich an, denn es war warm und die Sonne strahlte in einer Tour vom Himmel. Kopfschüttelnd wandte sich Fireball von der großen Glasfront ab und sank in sein Modul. Das Wetter verhöhnte ihre Situation. Mehr als ein halblautes „Hm…“ kam nicht zur Antwort. Saber war in Gedanken versunken, rechnete immer noch an der Anomalie herum und kam doch zu keiner schlüssigen Antwort. Es konnte nicht alleine an der ungewöhnlichen Kurve liegen, dass sie zwanzig Jahre vor ihrer Zeit lebten. Saber runzelte angespannt die Stirn. Mit dem Handballen der rechten Hand fuhr er sich über die Augen. Er war müde, aber aufgeben kam für ihn nicht in Frage, so lange er nicht einmal einen Anhaltspunkt hatte. Fireball zog die Beine in seiner Satteleinheit an und schlang die Arme darum. Kaum zu glauben, aber wahr, auch so konnte man dort sitzen. Ihn plagte das schlechte Gewissen Saber gegenüber. Und auch, wenn er wusste, dass Saber auch Colt und April im Augenblick ebenso ignoriert hätte, wie ihn, so kam er sich dennoch ein bisschen abgeschoben vor. Verzagt biss sich Fireball auf die Lippen, denn sein Vater hatte ihm geraten, möglichst schnell wieder reinen Tisch mit seinen Freunden zu machen. Dieser hatte zwar nicht gewusst, was genau los war, aber er hatte sehr wohl mitbekommen, dass es ziemlichen Ärger gegeben hatte. Wieder warf er von seiner Satteleinheit aus ein Auge darauf, was Saber da rechnete und recherchierte, dabei sprach er ihn wieder an: „Bist heute auch nicht übertrieben gesprächig, was?“ „Ich versuch mich grade zu konzentrieren.“, Saber machte sich nicht einmal die Mühe, zu seinem Gesprächspartner aufzusehen. Mittlerweile hatte er zwar mitbekommen, dass Fireball sich zu ihm gesellt hatte, aber wirklich Lust auf ein Gespräch mit dem Dickschädel hatte er nicht. Etwas eisig wollte er deswegen gleich alles abwürgen, was sich an Unterhaltungen eventuell entwickeln konnte. Natürlich, auch Saber fühlte sich wegen ihres Streites nicht übertrieben wohl in seiner Haut, aber im Augenblick gab es Wichtigeres für ihn, als zu klären, wer wen ungerechter behandelt hatte. Auf nichts anderes nämlich würde das mit Fireball nun hinauslaufen. Er kannte seine Pappenheimer doch alle! Das Analyseprogramm warf abermals eine elendslange Liste an Daten aus, die im Zusammenhang mit dem Zeitsprung standen. Saber nahm die Seiten in die Hand, klopfte sie kurz auf die Konsole, damit sie alle gleich in seiner Hand lagen und er die Zettelwirtschaft nicht Blatt für Blatt lochen musste. Saber lugte auf die Blätter in seiner Hand. Das würde eine weitere schlaflose Nacht auf Ramrod für ihn bedeuten. Ganz sicher. Frustriert stieß er einen Seufzer aus. Dass ihnen aber auch gar nichts erspart blieb! Der Schotte holte aus einer Nische seiner Satteleinheit einen Textmarker heraus und begann, die Daten und Zahlen zu ordnen, zu sortieren und auch auszuwerten. Hoffentlich war wenigstens ein Bruchteil der Daten brauchbar. Fireball stand indes wieder auf. Er beugte sich zu Saber hinunter und warf einen skeptischen Blick auf die Seiten. Saber würde nicht mit ihm reden, wenn er ihn nicht ansprach und offen auf den Tisch legte, was er wollte. Während er sich durch die wilde Frisur fuhr, stand er wieder auf und ging auf die große Glasfront zu. Das liebte der junge Spund an Ramrod. Die riesige Glasscheibe im Kontrollraum. In Nächten wie diesen gab sie den Blick auf den vollen Mond und all die Sterne, die den tiefschwarzen Himmel erhellten, frei. Bisher waren sie auf dieser Waldlichtung noch nicht entdeckt worden, weder zufällig noch durch irgendwelche Sensoren des Oberkommandos. Fireball konnte die einzelnen Baumwipfel, von denen sie umgeben waren, sehen, sie wurden direkt vom Mond angeschienen. Er sah zu den Sternen auf. Wie viele dieser Sterne dort oben sie wohl im Laufe ihrer Arbeit mit Ramrod besucht hatten? Wie viele davon sie schon gesehen hatten? Fireball konnte sich an einige der Planeten gut erinnern, weil sie besonders gewesen waren oder weil besonderes dort passiert war. Aber das alles war vergangen. So wie die Zeit, in der sie festsaßen. Eigentlich war sie vergangen, sie kannten die Auswüchse und Auswirkungen daraus. Und trotzdem. Sie saßen hier fest, lebten neben ihren kindlichen Ichs, zumindest soweit sie schon lebten, und könnten ihre Zukunft in jede beliebige Richtung lenken. Aber sie taten es nicht. Sie griffen nicht ein, gaben keine Hinweise und hofften darauf, dass sich auch Jesse Blue aus der Geschichte raushalten würde. Fireball senkte den Blick. „Ich weiß, du glaubst, ich hätte Captain Hikari etwas davon erzählt, was passieren wird oder von der Gefahr, in der sie sich bereits befinden. Aber das habe ich nicht. Er weiß nicht mehr als vorher.“, er hoffte auf eine Reaktion von Saber. Der blonde Highlander atmete schwer aus und ließ von seiner Arbeit ab. Das war also der Grund für Fireballs Besuch auf der Brücke. Saber ertappte sich dabei, wie er Fireball still sogar Recht gab. Nichts anderes vermutete er und nichts anderes konnte tatsächlich an diesem Tag im Oberkommando passiert sein. Einfach alles, was der Schotte an diesem Tag dort erlebt und gesehen hatte, sprach dafür. Saber legte die Zettelwirtschaft neben seiner Satteleinheit ab, den Stift darauf, und stand ebenfalls auf. Er lehnte sich mit dem Oberkörper an das Dach seiner Satteleinheit, stützte sich dort mit beiden Armen ab und musterte Fireball. Ernüchternd fiel der Eindruck aus. Er glaubte Fireball nicht. Kühl widersprach Saber: „Irgendwas musst du ihm aber erzählt haben, Fireball. Sonst hätte er nicht so auf uns reagiert.“ Soviel stand für Saber fest. Irgendetwas musste Fireballs Vater bereits wissen, ansonsten hätte er ihnen niemals aufgetragen, auf Fireball Acht zu geben. An sich war das nichts Schlimmes, aber der Tonfall in Captain Hikaris Stimme und auch diese Wehmut, die deutlich mitgeschwungen hatte, erweckten doch den Anschein, als hätte es ein besorgter Vater und nicht ein Captain gesagt. Ganz sicher sogar wusste der Captain etwas von seinem Schicksal. Und nun, da Saber auch den direkten Vergleich mit den beiden Männern aus dem Hause Hikari hatte, verstand er Ai. Es gab nichts, bis auf das Alter, was die beiden voneinander unterschied. Unbehaglich, denn wenn es Freunde bemerkten, ohne großartig darauf zu achten, dann fiel es bestimmt auch Fremden auf. Diesen vielleicht sogar noch schneller, da sie keine Zusammenhänge kannten und die zwei zwangsläufig als verwandt einstufen würden. Saber lief ein eiskalter Schauer bei dem Gedanken über den Rücken. Der Pilot wandte sich von der Glasfront ab und kam wieder auf Saber zu. Wieder versicherte er ihm: „Nein, ganz sicher nicht. Ehrlich, Saber. Ich habe ihm nichts gesagt, was die Outrider, den Krieg oder unser Verwandtschaftsverhältnis betrifft. Keine Ahnung, weshalb er so seltsam reagiert hat, da fragst du den falschen Hikari.“ „Hältst du deinen Vater für blöd?“, die Frage war ehrlich gemeint von Saber. Schließlich war Fireballs Papa nicht umsonst der Captain einer Flugstaffel wie der Air Strike Base 1. Ihm war bestimmt auch schon aufgefallen, dass sie sich ähnlich waren. Missbilligend schüttelte Saber den Kopf. Ihm gefiel das alles überhaupt nicht und egal, was Fireball gesagt hätte, er hätte ihm nichts mehr geglaubt. Vielleicht hatte Fireball es nicht mit Absicht getan, aber ganz sicher hatte er sich bei seinem Vater verraten. Ob bewusst oder unbewusst war mittlerweile für Saber einerlei. Irritiert fragte Fireball zurück: „Weshalb sollte ich?“ Zuerst ungläubig, dann skeptisch und schlussendlich resignierend sah Saber zum Piloten hinüber. Wieder schüttelte er den Kopf. Das durfte doch nicht wahr sein! Fireball selbst erkannte nicht, was alle anderen sahen. Er brummte den Japaner an: „Hast du dir deinen Vater schon einmal genau angesehen? Hast du dich in letzter Zeit mal wieder genauer im Spiegel betrachtet?“, Saber unterbrach und ließ dem Hitzkopf eine kurze Pause, in der er darüber nachdenken konnte. Aber keine Antwort. Bloß zwei dunkelbraune Augen, die fragend dreinblickten. Also seufzte Saber und erklärte: „Ihr beide seht euch zum Verwechseln ähnlich. Glaubst du nicht auch, dass zumindest deinem Vater das mal aufgefallen sein wird?“ Sabers Augen wurden immer größer und er reckte schließlich den Kopf in die Höhe. Fireball nickte nur und ging schweigend an ihm vorbei. Er würde den Rennfahrer doch nicht etwa zum Nachdenken gebracht haben? Saber sah Fireball verwundert nach. Dieser drehte sich an der Tür noch einmal um. Saber hatte Recht, Tomaten hatte der Captain wirklich nicht gerade auf den Augen. Fireball schloss einen Augenblick lang die Augen und entschuldigte sich leise bei Saber: „Es tut mir übrigens leid, dass ich dir letztes Mal etwas über den Schnabel gefahren bin. War nicht mein Tag… War generell nicht meine Woche.“, korrigierte er sich noch, bevor er schlafen ging. Verdutzt schossen Sabers Augenbrauen in die Höhe. Okay, das war jetzt was gewesen? Immer noch reckte er den Kopf zur Tür und starrte auf selbige. Der hatte sich doch nicht wirklich entschuldigt, ohne seine Entschuldigung abzuschwächen? Saber war platt. Das musste er erst mal auf sich wirken lassen. Immer noch mit beiden Augenbrauen in der Höhe sah Saber zur Glasfront hinaus. Der Sommer 2066 stand vor der Tür, doch eigentlich hätte der Schotte lieber gewusst, was der Sommer 2086 für sie auf Lager hatte. Er wäre gerne wieder zuhause gewesen, bei seinen Freunden, seiner Familie. Würden sie es jemals wieder nachhause schaffen? Nicht jeden Abend kam Fireball so pünktlich aus dem Oberkommando wieder, wie an diesem. In der Vergangenheit war es mit geregelten Dienstzeiten das selbe wie in ihrer eigenen Zeit. Das war schlicht und ergreifend eine Ausnahme. Aber an diesem Abend wie gesagt nicht, denn Fireball stolperte gut gelaunt die Rampe zum Friedenswächter hinauf. Irgendwie gefiel ihm die Arbeit als Aufklärer in der Flugstaffel seines Vaters. Das hatte weniger was mit seinem Vater zu tun, als mit dem Aufgabengebiet an sich. Kein Tag war bisher wie der andere verlaufen, jeden Tag gab es etwas Neues zu lernen und zu erfahren. Der einzige Punkt, der die gute Laune trüben konnte, war die Tatsache, dass sie nach wie vor in einer Zeit feststeckten, in die sie nun wirklich nicht gehörten und immer noch keinen Ausweg gefunden hatten. Das drückte allen mächtig aufs Gemüt. Colt und April fühlten sich besonders schlecht, auch wenn es der Kuhhirte nie zugegeben hätte. Sie konnten nichts weiter tun, als abzuwarten und zu versuchen, nichts in der Vergangenheit zu verändern. Gut, die beiden konnten auch nicht viel ändern, denn Saber hatte nach dem Fiasko beim Abholen ein weiteres Mal rigoros entschieden, dass sie an Bord von Ramrod blieben, soweit sich die Situation nicht änderte. Die beiden durften maximal einkaufen gehen, das war dann auch schon das höchste der Gefühle. Da der Friedenswächter auf einer kleinen Waldlichtung lag, kam zumindest April manchmal doch von dem großen Cowboy runter. Sie liebte es, mit dem Laptop in der Wiese zu sitzen. Colt nannte das dann liebevoll Feldforschung. Saber hingegen war derjenige, dem die Angelegenheit am wenigsten behagte und schmeckte. Der Schotte dachte quasi Tag und Nacht daran, wie sie nur wieder in ihre Zeit zurückkehren konnten. Dann war da noch dieses Elend, das sie alle erst in diese Situation gebracht hatte. Jesse Blue. Aber von dem blauhaarigen Outriderkommandanten war keine Spur mehr. Nichts. Gar nichts. Saber war sich völlig darüber im Klaren, dass der spitzfindige Blue wieder irgendwas Böses ausgeheckt hatte und sie das Versuchskaninchen gewesen waren. Auch wusste er, dass sie ohne seine Hilfe nicht mehr in ihre Zeit zurückkehren konnten. Ständig kreisten Sabers Gedanken deswegen um die Zeit, in der sie sich befanden und die Gefahren, die dort auf sie lauerten. Es schmeckte dem Highlander gar nicht, dass Fireball im Oberkommando ein und ausging, aber um den Schein zu wahren, der Captain war bei ihrer ersten Begegnung schon misstrauisch geworden, musste der Pilot dort aufkreuzen. Der Pilot. Wenn Saber an Fireball dachte, stellten sich ihm dieser Tage die Nackenhaare auf. Und das hatte einen guten Grund. Mehr und minder gut gelaunt saßen die vier Freunde in der Küche zusammen und besprachen ihr weiteres Vorgehen. Eines war klar, sie kamen hier so schnell nicht wieder weg, dennoch beharrte Saber auf dem Standpunkt, nicht in die Vergangenheit einzugreifen. Er hatte vernünftige Gründe dafür, bemerkte er doch jeden Tag ein bisschen mehr, dass ihre Anwesenheit bereits Spuren in ihrem Charakter hinterließ und sie sich veränderten. Sie änderten sich als Menschen und sie änderten sich als Team. Der Kuhtreiber grummelte, nachdem er die neuerliche Anweisung von Saber bekommen hatte, nur einmal die Woche schnell in einen Supermarkt zu huschen und sich ansonsten nicht in der Stadt blicken zu lassen. Verstimmt verschränkte er die Arme vor der Brust und zog trotzig die Schultern nach oben: „Aber Söhnchen hier darf! Das ist einfach nicht gerecht, Säbelschwinger. Ich finde, Fire sollte genauso hier bleiben, so wie wir alle.“ Saber verdrehte kurz die Augen. Das war nicht zu fassen, aber irgendwie wieder mal typisch für Colt. Er sah sich leidig, hier rumsitzen zu müssen und Däumchen zu drehen, während Fireball draußen seinen Spaß hatte. So sah Colt das nämlich. Dem Schotten huschte ein kleines Lächeln über die Lippen, er dachte, dass sich sein Scharfschütze in der Hinsicht wie ein kleines neidisches Kind benahm, das zusehen musste, wie die anderen im Schmutz herumtollen durften. Saber wollte gerade zu einer neuerlichen Erklärung ansetzen, als Fireball ihm zuvorkam. „Hör mal, Kumpel. Söhnchen hier hat den Hintern offen, wenn es nicht pünktlichst jeden Morgen um achte dort auf der Matte steht. Ich persönlich muss das auch nicht haben, weil ich jeden Tag höllisch aufpassen muss, dass ich mich nicht verplappere oder der Captain auch nur irgendeinen Anhaltspunkt für Unstimmigkeiten und Ungereimtheiten bekommt. Wir sitzen alle im selben Boot und ich will genauso schnell wieder in unsere Zeit zurück, wie ihr. Aber ich kann euch prophezeien, wenn ich von einen Tag auf den anderen nicht mehr auf dem Stützpunkt auftauche, mein Vater zu schnüffeln anfängt und dann, das schwör ich euch, dann können wir uns gleich beerdigen lassen.“, dabei hatte Fireball von einem zum anderen geschaut. Dachten seine Freunde wirklich, dass es eine so nette Abwechslung war? Der Rennfahrer zog die Augenbrauen bedenklich zusammen. Saber nickte, Fireballs Argumente waren stichhaltig, wenn auch nicht übertrieben höflich zur Sprache gekommen. Sie alle mussten auf der Hut sein und durften sich nicht erwischen lassen. Dabei kam vor allem Fireball eine beträchtliche Rolle zu, denn der junge Pilot stand täglich seinem Vater gegenüber und musste ihm von Neuem beweisen, dass er nicht der Grund für das Misstrauen war, das ihm sein Vater in manchen Momenten entgegenbrachte. Der Blondschopf und der Japaner hatten sich jeden Tag noch einmal zusammengesetzt und darüber gesprochen. Die ganze Angelegenheit war verdammt heikel und nachdem der Captain wirklich skeptisch war, wäre ihre Tarnung schon das ein oder andere Mal beinahe aufgeflogen. Auch April stand auf der Seite der beiden Jungs. Colt juckte es doch nur in den Fingern, das war aber auch schon alles. Der Kuhtreiber konnte es einfach nicht lassen, er konnte seine Füße nicht still halten. Das Gemecker verging ihm schon wieder. Und zwar spätestens dann, wenn April ihm einmal mehr die Hoffnung auf eine schnelle Heimkehr zerschlug. Und das würde sie auch diesen Abend wieder tun. Sie hatte extra gewartet, bis auch Fireball wieder bei ihnen war, immerhin betraf es ihrer aller Wohlergehen. April bestätigte mit einem Nicken Fireballs Argumente und drehte anschließend den Laptop zu Saber um. Sie wies auf eine Syntaxkurve und erklärte: „Es hat eine Anomalie in Raum und Zeit gegeben, durch die wir hier gelandet sind. So was ist nicht unüblich, jedoch haben solche Anomalien normalerweise keinen Einfluss und können einen nicht durch die Zeit schicken. Es sei denn, man nützt diese und verstärkt sie.“, frustriert schnaubte April: „Und bevor noch weitere Fragen zu dem Thema kommen. Nein, ich hab keine Ahnung, wie das gehen könnte und wie die Outrider das geschafft haben.“ Es war April höchst zuwider, dass die Outrider offenbar einen Technologievorteil hatten. Da dieser auch noch beträchtlich zu sein schien, sah sich die Blondine unter Zugzwang. April hatte den begründeten Verdacht, Jesse könnte mit einer solchen Waffe locker durch die Zeit reisen und so den seit Jahren andauernden Krieg für sich entscheiden. Sie war sich nicht sicher, inwieweit Jesse diesen Unfall schon in seine Pläne miteinbezog. Sie waren in einer äußerst ungünstigen Zeit gelandet, noch vor dem Krieg. Hier konnte der ehemalige Kadett nach freien Wünschen gestalten. Denn sie waren im Jahr 2066 gelandet. Es war der Sommer 2066, König Jarred, Aprils und auch Fireballs Vater waren gute Freunde. In diesem Jahr war Captain Hikari auf Manöver im Königreich Jarr gewesen, als die Outrider zum ersten Mal angegriffen hatten. Saber war ein Knirps von fünf Jahren damals gewesen, Colt gerademal drei und sie selbst war kaum ein Jahr alt gewesen. Das jüngste Mitglied in der Runde war in diesem Jahr noch nicht einmal geboren. Wenn Jesse Blue an diese Informationen kam, konnte er ihr Leben grundlegend auf den Kopf stellen, oder, und bei diesem Gedanken wurde April ganz anders zumute, Fireballs Leben vereiteln. Doch daran wollte die Blondine nicht denken. Saber starrte ungläubig auf den Bildschirm. Das konnte schlecht wahr sein. Gut, all das konnte schlecht wahr sein, dennoch saßen sie hier fest, also konnte Aprils Theorie durchaus im Bereich des Möglichen liegen. Kopfschüttelnd ließ sich der Schotte vernehmen: „Sie haben also eine dieser Anomalien verstärkt. Ist es möglich, dass die Outrider in einer anderen Zeit gelandet sind?“ Es wäre immerhin denkbar, denn ganz sicher war diese Waffe, die die Outrider an den Star Sheriffs ausprobiert hatten, noch in der Testphase gewesen und vielleicht hatten sie das Ergebnis und das Ziel ihrer Reise vorher nicht bestimmen können. April zuckte lediglich mit den Achseln. Alles war möglich, seit diesem Unfall würde sie das blindlings jederzeit wieder unterschreiben. Es behagte ihr nicht, ganz und gar nicht. Aber immerhin war sie nicht alleine. Saber, Colt und auch Fireball waren mit ihr in dieser Zeit gelandet. Hoffentlich konnten sie irgendwie wieder zurückkehren. April fürchtete sich vor dem Gedanken, den Rest ihres Lebens hier zu verbringen, neben ihrem kindlichen Ich. Es war eine gruselige Vorstellung. „Ich vermute, sie sind ebenfalls hier gelandet.“, Fireball drehte sich den Bildschirm vom Laptop herum, so dass er sich die Kurve auch mal näher anschauen konnte. Er sah auf die Kurve, stützte die Ellbogen auf dem Tisch auf und seufzte. Es gab mehr als nur einen Hinweis, dass Jesse Blue hier war. Wie das mit Neuigkeiten manchmal so war, gingen die die Runde und so wollte auch Colt mal einen Blick auf die besagte, unschöne Kurve haben. Auch er drehte sich den Kasten herum. Doch mehr noch als die komische Anomalie, die er sowieso nicht verstehen konnte, interessierten ihn Fireballs Worte. Skeptisch beäugte er den Rennfahrer und brummte: „Und wie kommst du da drauf, Junior?“ Auch Saber und April wollten das genauer erklärt haben. Die Blondine neigte den Kopf und nickte ihrem Gegenüber fragend zu: „Woher weißt du das?“ Der Schotte beschränkte sich auf fragende Blicke. Sie mussten nicht alle die selbe Frage aussprechen, es sollte dem Rennfahrer ohnehin klar sein, dass sie es wissen wollten. Dieser Zwischenfall hatte bereits jetzt gehörig was in ihrer Zeit durcheinander gebracht, nicht auszudenken, was noch alles passieren konnte. Saber hatte kein Interesse daran, auch noch andere Dinge und veränderte Situationen in Kauf zu nehmen. Es war einfach viel zu gefährlich. Und die Vernunft hatten mittlerweile alle Teammitglieder mehr oder weniger angenommen. Colt war der einzige, der es manchmal noch nicht so ganz verstehen wollte, aber im Endeffekt hielt er sich doch an die Anweisungen, die er bekam. „Ganz einfach.“, Fireball lehnte sich zurück und sah dabei vor allem Saber aufmerksam an. Während er die Arme vor der Brust verschränkte, erklärte er seinen Freunden: „Commander Eagle und König Jarred haben immer davon gesprochen, dass die Outrider plötzlich in unserer Dimension aufgetaucht sind, ohne Vorwarnung sozusagen. Mein Vater spricht allerdings von merkwürdigen Vorkommnissen, die sich seit unserer Ankunft hier zugetragen haben. Wir starten jeden Tag zu Aufklärungsflügen. Bisher haben wir nichts gefunden, aber ich vermute, dass es unser Blaukehlchen und Konsorten sind.“ Wir. Saber hatte sich bei diesem Wort auf die Lippen gebissen. Es gefiel ihm nicht, denn offenbar hatte sich Fireball in der Staffel seines Vaters schnell zurecht gefunden und fühlte sich dort ebenfalls schon dazugehörig. Er schloss kurz die Augen. Die Veränderungen, die ihre eigene Zeit betrafen, konnten noch ein viel schlimmeres Ausmaß annehmen, als er bisher bemerkt hatte. Aber sie hatten in diesem Punkt keine andere Wahl mehr. Saber konnte Fireball nicht mehr befehlen, nicht mehr zum Dienst anzutreten, es würde noch mehr Misstrauen schüren, das war dem Schotten glasklar. Bedächtig nickte er: „Halt die Augen offen und pass auf, Fireball. Wir brauchen jede Information, die wir kriegen können.“ „Wir brauchen den Blaumann, damit wir wieder heim können, das wollte der Boss damit andeuten.“, Colt hob die rechte Hand nach oben und stieß sich den Hut aus dem Gesicht. Er würde, sobald sie Jesse Blue nicht mehr brauchten, den Verräter eigenhändig zu Mus verarbeiten. Dem Cowboy schmeckte es hier nicht mehr sonderlich, anfangs war es noch irgendwie witzig gewesen, aber nun wollte er nur noch nachhause. Zurück in seine Zeit, zurück zu Robin. Noch ewig saßen die vier an diesem Abend zusammen und berieten sich. Immer wieder fiel die Sprache auch auf die unangenehme Ausgangssperre für Colt, Saber und April. In diesem Punkt taten sich der Schwertschwinger und der Rennfahrer allerdings diktatorisch zusammen. Die drei sollten an Bord bleiben und damit war Ende der Diskussion. April und Colt sahen so manches Mal zwischen Saber und Fireball hin und her. Wer gab denn nun die Befehle? Beiden fiel inzwischen auf, dass Fireball begann, Anweisungen zu geben, selbstverständlich und auch noch ziemlich forsch, wie sie so manches Mal an diesem Abend bemerkten. Nicht übertrieben begeistert lehnte sich Colt zurück. Er verschränkte die Arme vor der Brust. Ein befehlshabender Offizier reichte ihm eigentlich bei einer vierköpfigen Mannschaft aus. Nun wollte auch noch ein zweiter diesen Titel für sich beanspruchen. Colt behagte das ganz und gar nicht. Irgendwas war faul. Aber im Augenblick konnte er nichts tun. Ihm waren die Hände gebunden. Er musste es hinnehmen, aber bestimmt nicht kommentarlos. Er zwinkerte leicht und ließ sich vernehmen: „Wenn ich schon Haus und Hof hüten soll, legt dem Welpen wenigstens einen Maulkorb an. Das Gekläffe ist ganz einfach zu viel des Guten.“ Er lehnte im Türrahmen und beobachtete ihren Schlaf. Spät war er an diesem Abend wieder nachhause gekommen. Nachhause. Ramrod war sein Zuhause, nirgendwo anders sollte er sein. Für eine Zeit lang hatte er das vergessen. Fireball hatte sich gut im Oberkommando vor seiner eigentlichen Zeit eingelebt, hatte sich Stück für Stück mit seinem Vater angefreundet. Er verschränkte die Arme vor der Brust und schloss die Augen. So vieles spukte ihm im Moment im Kopf herum. Er hatte nie die Chance gehabt, mit einem Vater aufzuwachsen. Nun aber hatte er das Gefühl, all das aufholen zu können. Der Captain kümmerte sich gut um ihn, wie ein Vater um seinen Sohn. Nur, dass der Captain eben nicht wusste, dass er sich wirklich um seinen Sohn umsah. Er wollte das nicht mehr hergeben müssen. Doch sie waren in der falschen Zeit und sie durften hier nichts verändern, egal, wie gerne Fireball seinen Vater auch gewarnt hätte und ihm alles erzählt hätte. Sie hatten schon genug durcheinander gebracht. Diesen Satz hatte Saber ihm ein paar Tage zuvor an den Kopf geworfen, als sie aneinander geraten waren. Der Schotte und er lagen sich in letzter Zeit öfters in den Haaren, nur wusste Fireball nicht, warum genau. Er tat nichts, was er nicht vorher auch schon getan hatte, nur schien Saber nun damit ein Problem zu haben. Aus den täglichen Routinebesprechungen wurden mitunter handfeste Diskussionen. Dem Schotten stand der Kopf weiß Gott wo, er war überspannt und ganz einfach gereizt. Fireball schob es auf die momentane Situation. Ein Sack voll Flöhe war leichter zu hüten, als Colt und auch April es gerade waren. April. Fireball öffnete die Augen wieder und sah auf ihr Bett. Sie lag friedlich darin und schlief. Seine unerfüllte Sehnsucht lag in ihrem Bett und träumte. Er wusste nicht, wann er sich genau in die blonde Navigatorin verliebt hatte, aber irgendwann war es ihm wie aus heiterem Himmel aufgefallen. Bei einem flüchtigen Blick in ihre blauen Augen und ihr strahlendes Lächeln. Aber er konnte ihr nicht sagen, was er für sie empfand. Fireball wusste nicht genau, ob sie ihn liebte. Hin und wieder hatte er das Gefühl, sie würde mehr für ihn empfinden, meistens jedoch glaubte er zu wissen, dass sie in ihm nur einen kleinen Bruder und Freundinnenersatz sah. Sie hatte keine Ahnung, dass er für sie sterben würde, wenn sie ihn darum bat. Fireball wandte den Blick von ihr ab und verließ das Zimmer. Es war längst Zeit um ins Bett zu gehen. Die Tür schloss sich leise hinter ihm. Verschlafen schlug sie die Augen auf. April hatte das Gefühl gehabt, jemand würde bei ihr im Zimmer stehen. Sie setzte sich auf und blickte auf die verschlossene Tür. Nein, niemand hier. Hatte sie geträumt? Musste sie fast, denn es stand auch noch niemand im Zimmer, nachdem sie sich die Augen gerieben hatte. Sie musste sich getäuscht haben. Gähnend fiel April wieder in ihr Kissen und schloss die Augen. Ruhig war es nachts auf dem sonst so quirligen Ramrod. Kein Wunder, alle schliefen längst und es drohte ihnen keine Gefahr. Bald schon war April wieder eingeschlafen. Fireball stand in der Küche, schon fertig um ins Bett zu schleichen, als die Tür zur Küche noch einmal zischend zur Seite glitt. Der Rennfahrer trank gerade aus der Wasserflasche, aber wegen des Besuchers absetzen wollte er sie nicht. Seine Augen glitten zur Tür hinüber. Es war Saber, der noch einmal aufgestanden war. Wahrscheinlich hatte er den Piloten im Badezimmer gehört. In der Nacht war sogar laufendes Wasser höllisch laut und der Recke hatte ohnehin einen leichten Schlaf. „Bist du jetzt erst aus dem Oberkommando gekommen?“, Saber gähnte und streckte sich dabei leicht. Seine Frage hatte bei weitem nicht so kontrollierend und mahnend klingen sollen, wie sie es letztendlich getan hatte. Der Schotte hatte sich Sorgen um den Hitzkopf gemacht. Schlurfend ging er auf Fireball zu und lehnte sich neben ihm an die Anrichte. Der Pilot stellte die Flasche ab und nickte. Er war hundemüde und hatte eigentlich keine Lust mehr auf eine Diskussion. Deswegen erklärte er ohne Umschweife: „Wir mussten am Abend noch einmal ausschwärmen, der Tower hatte etwas auf dem Schirm. Nur haben wir nichts gefunden. Der Eindringling war längst weg, die Mühe umsonst. Aber es hat bis jetzt gedauert.“ Saber nickte ruhig, griff nach der Wasserflasche und wischte mit der Hand über die Öffnung, ehe er daraus trank. Nachdem er seinen Durst gestillt hatte, wies er auf den Tisch und ging voraus. Die Erzählung hatte sein Interesse geweckt. Nicht mehr ganz so daneben, wie bei seinem Eintreten setzte er sich an seinen Platz. Er wartete auf Fireball, doch dieser folgte ihm nicht, also stützte er sich mit den Ellbogen auf den Tisch und beugte den Oberkörper in Fireballs Richtung: „Hast du eine Ahnung, was die Staffel gesucht hat?“ „Müsst ich raten, würd‘ ich auf Outrider tippen. Der Tower konnte das Signal nicht zuordnen. Außerdem ist das Signal an einem Ort plötzlich aufgetaucht und zwanzig Kilometer westlich von hier genauso schnell wieder verschwunden.“, der Wuschelkopf hob die Schultern leicht an. Alles deutete auf einen Dimensionssprung hin, dieses ‚Jetzt bin ich da – Jetzt bin ich wieder weg‘-Phänomen kannte er von Ramrods Radarschirm. Wieder nickte Saber. Zweieinhalb Monate nach ihrem kleinen Verfahrer in die Vergangenheit tauchten erstmals Outrider hier auf. Weshalb hatten Ramrods Sensoren nicht Alarm geschlagen? Sie standen nicht weit von der Stadt entfernt, ihr Abtaster hätte etwas aufschnappen müssen. Grüblerisch legte Saber die Stirn in Falten. Was hatte das zu bedeuten? Als ob er Sabers Gedanken gelesen hätte, nahm er Saber die Antwort auf die unausgesprochene Frage vorweg: „Da ihr euch nicht gemeldet habt, nehm ich an, Ramrod hat nichts dergleichen aufgeschnappt.“, er stieß sich von der Spüle ab und ging einige Schritte in das Zimmer hinein. Fireball fuhr sich durch die Haare: „Es war nur ein Signal. Ein einziger Gleiter. Ramrod hat vielleicht deswegen nicht angeschlagen.“ „Hm, möglich.“, Saber rieb sich über das Kinn. Es war durchaus wahrscheinlich, dass Ramrod auf einzelne Gleiter nicht reagierte, immerhin traten die Fieslinge in ihrer Zeit immer rudelweise auf. Der Schotte sah Fireball an. Zum ersten Mal, seit der Pilot in der Flugstaffel seines Vaters arbeitete, sah er abgekämpft aus. Saber hakte deswegen nach, es war ungewöhnlich für Fireball: „Du siehst fertig aus. Ist etwas?“ „Das Phänomen nennt sich akuter Schlafmangel.“, kam es prompt zurück. Fireball funkelte zu Saber hinüber. Was glaubte der Säbelschwinger eigentlich? Dass er den ganzen Tag in der Flugstaffel Däumchen drehte und seinen Schönheitsschlaf aufholte? Fireball schnaubte kurz, besann sich dann aber eines besseren. Er war müde, und deswegen gereizt, das wusste er selbst. So war er nämlich immer schon gewesen, wenn er nicht genug Schlaf abbekommen hatte. Endlich setzte sich Fireball zu Saber an den Tisch. Einen Augenblick sah er seinen Kameraden schief an, dann lehnte er sich zurück und schlug ein ganz anderes Thema ein: „Sag April, sie soll morgen die Sensoren feiner einstellen und seht euch die Anomalie noch einmal genauer an. Irgendwas haben wir da übersehen.“ Saber blieb die Luft weg und seine Augen wurden vor Überraschung größer. War das das, wonach es sich gerade angehört hatte?! Wie kam der kleine Rennfahrer dazu, ihn herumzukommandieren? Saber richtete sich auf, straffte seine Haltung und sah Fireball durchdringend an: „Hast du dir gerade zugehört?“ „Hab ich neuerdings eine undeutliche Aussprache?“, Fireball zog verwirrt die Augenbrauen zusammen. Murmelte er wirklich so in seinen nicht vorhandenen Bart oder war der gute Säbelschwinger unter die Tauben gegangen? Fireball verdrehte kurz die Augen und schüttelte den Kopf. Also, irgendwas stimmte nicht. Saber hätte für den Kommentar am liebsten über den Tisch gelangt. Was war nur in Fireball gefahren? Seit sie hier in dieser Zeit feststeckten, änderte sich stetig etwas, vor allem aber der junge Japaner änderte sich jeden Tag mehr. Er musste einfach was gehörig durcheinander gebracht haben, anders konnte sich Saber das nicht mehr erklären. Noch einmal versuchte er, Fireball es von selbst erkennen zu lassen, indem er fragte: „Hast du die Umgangsformen aus dem Oberkommando übernommen, Fireball?“ Der Rennfahrer schob die Unterlippe leicht nach vor. Worauf wollte Saber hinaus? Der Schwertschwinger war doch sonst nicht so. Fireball verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihn abwartend an: „Nicht, dass ich wüsste.“ „Okay, dann formulier ich es anders.“, innerlich seufzte Saber. Wie sollte er ihm das nur wieder erklären, ohne dass er einen neuerlichen Disput herauf beschwor? Fireball schien es selbst nicht zu merken. Der Grund dafür konnte denkbar einfach sein. Die Veränderung betraf ihn selbst, deswegen war sein Verhalten für ihn normal. Aber für Saber war es das nicht. Er bekam an Bord von Ramrod normalerweise von niemanden Anweisungen, schon gar nicht von Fireball. Aber das änderte sich stetig. Aus den brillanten Vorschlägen waren schleichend Vorgaben und Anweisungen geworden. Saber kam einfach nicht umhin, das zu ignorieren, weil es ihn betraf. Fireball übernahm sukzessive seinen Job als kommandierender Offizier. Er wurde an Bord bald überflüssig, wie sich Saber bei diesem erschreckenden Gedanken ertappte. „Seit wann bist du derjenige, der Befehle auf Ramrod erteilt?“ Angegriffen wich der junge Pilot zurück. Er drückte den Rücken an die Lehne und stemmte die Arme gegen die Tischkanten. So feindselig wie in diesem Moment hatte er Saber selten erlebt. Genau genommen, war das gerade das erste Mal überhaupt. Fireball sah an seinem Freund hinab, der im Schlafanzug halb über den Tisch gebeugt saß. Das alles war lächerlich. Sie saßen hier, mitten in der Nacht, Saber im Pyjama und er selbst in den bequemsten Sachen, die er auf die Schnelle im Halbdunkel gefunden hatte! Saber hatte schon geschlafen, der Schotte war immer noch schlaftrunken. Das musste es sein. Sogar der rationalste Mensch erlebte seine gröbsten Aussetzer, wenn er aus dem Schlaf gerissen wurde. Fireball schob es auf die nächtliche Störung, dass Saber ihn derart anfunkelte. Wie eine Katze krallte er seine Finger in die Tischkante, weniger, weil er sie wetzen wollte, viel eher, weil er sich festhalten musste. Nicht nur ein riesiges Fragezeichen prangte auf seiner Stirn. Das alles war ihm grad viel zu hoch. Saber sank auf seinen Platz zurück. So machte das keinen Sinn. Grummelnd biss er sich auf die Lippen und verkniff sich weitere Kommentare zu dem Thema. Fireball stand auf der Leitung, selbst ein Schild mit Pfeil und Leuchtreklame hätte ihn nicht auf den richtigen Trichter gebracht. Für diesen Abend gab der Highlander auf. Der Rennfahrer kroch schon auf dem Zahnfleisch daher, so hundemüde war er, kein Wunder konnte er sich nichts mehr zusammen denken. Saber beschränkte sich noch einmal auf einen tadelnden Blick, ehe er einfach da weitermachte, wo sie vor Fireballs Befehlston aufgehört hatten. Der Schotte stand auf und holte dieses Mal die Milchflasche aus dem Kühlschrank und zwei Gläser dazu. Ohne zu Fireball hinüberzusehen, fragte er: „Warm oder kalt?“ Noch verwirrter als zuvor schon, schoss Fireballs Kopf in Sabers Richtung. Was war? Als er die Milch in Sabers Händen sah, verstand er wieder. Versöhnlich lächelnd bat er: „Bitte warm. Dann schlaf ich nachher wenigstens gut.“ Schmunzelnd stellte Saber zwei Gläser mit Milch in die Mikrowelle und machte sie an. Er würde noch eine gute halbe Stunde mit dem jüngsten in der Truppe hier sitzen und sich besprechen. Obwohl Saber es nach wie vor nicht gutheißen konnte, Fireball in der Air Strike Base 1 fliegen zu sehen, spätestens jetzt erwies er sich als gute Informationsquelle. Fireball bekam alle Auffälligkeiten als erstes mit, saß im wahrsten Sinne des Wortes an der Quelle. Das konnte ihr entscheidender Vorteil sein, wenn sie Jesse Blue endlich finden wollten. Als die Mikrowelle das Signal gab, dass die Milch warm genug war, nahm Saber die Gläser heraus und brachte sie zurück an den Tisch. Er schob Fireball eines davon hin und setzte sich anschließend wieder. Seine Augen wurden wieder klein, aber sein Wissensdurst ließ ihn ohnehin nicht vorher schlafen gehen, ehe er nicht über alles informiert worden war. Saber gähnte unterdrückt: „Was glaubst du? War das eine Ausnahme, was heute vorgefallen ist?“ Der Rennfahrer umfasste den Schlummertrunk mit beiden Händen. Das war nicht so einfach zu sagen. Kurzerhand schlüpfte er unter dem Tisch aus seinen Pantoffeln und hob die Füße auf die Bank. Er nestelte eine Weile herum, bis er seinen linken Fuß unter seinen Hintern geschoben hatte und den rechten mit der Fußsohle auf die Bank aufgesetzt hatte. Er nützte sein rechtes Knie jetzt als Kopfstützte und legte sein Kinn darauf. Grübelnd sah er Saber an und ordnete seine Gedanken: „Irgendwie hat das wie ein Aufklärungsflug ausgesehen. Ein einziger Gleiter. Sonst nichts. Wenn es ein Outrider war, hat er etwas gesucht oder ausgekundschaftet.“ Der Schotte nahm einen Schluck von der warmen Milch. Das Getränk erinnerte ihn immer an zuhause. Hatte er als Kind nicht schlafen können, hatte ihm seine Mutter ein Glas warmer Milch mit Honig gemacht. Es beruhigte die Nerven und machte endlich schläfrig. Ginge es nach seinen Nerven, dürfte er sich im Augenblick nur noch von warmer Milch mit Honig ernähren. Saber ließ sich Fireballs Worte durch den Kopf gehen. So unrecht hatte der Pilot nicht. Deshalb horchte er weiter: „Hat er das Oberkommando ausgekundschaftet?“ „Nein.“, müde schüttelte Fireball den Kopf: „So lebensmüde war der nicht. Er ist einmal quer über die Stadt geflogen, sehr hoch und nicht übertrieben schnell. Ich glaube, er hat sich einen Überblick verschafft. Über die Stadt, über die Lage, vielleicht sogar über Ramrod. So unauffällig ist unser Baby leider nicht, wie wir das gerne hätten.“ Tatsächlich glaubte Fireball eher daran, dass dieser Flug nur einen einzigen Zweck hatte. Mittlerweile war er oft genug mit einem Jet in der Luft gewesen. Von dort oben hatte man einen guten Blick über die gesamte Stadt und ihre grünen Wälder herum. Mit Ramrod war ihm das nie aufgefallen, der Riesenvogel schränkte einem das Sichtfeld doch erheblich ein. Der fremde Eindringling hatte nicht vor gehabt, aufzufallen oder entdeckt zu werden. Doch das war er. Fireball war mit einigen anderen aus der Staffel in die Luft geschickt worden, sein Vater hatte noch gescherzt, jetzt könnte er mal zeigen, aus welchem Holz er wirklich geschnitzt wäre. Nachdenklich nickte Saber: „Du meinst, er könnte uns gesucht haben. Ob es Jesse Blue war?“, der Schotte grübelte bereits über allerhand möglicher Ursachen und Theorien, die dazu in Frage kamen. „Möglich.“, das konnte Fireball weder bestreiten noch beglaubigen. Er hatte den Jet nicht ausmachen können, die vom Tower hatten die Flugrichtung zu langsam bestimmt. Das fremde Schiff war verschwunden gewesen, noch ehe Fireball den Eindringling erreichen konnte. Das frustrierte ihn insgeheim. Er war ein guter Pilot, sein Instinkt steuerte ihn durch alle möglichen Situationen und er hatte ein untrügerliches Gespür für Gefahr. Er gähnte, kniff dabei die Augen zu und murmelte dabei: „Wir müssen auf der Hut sein. Wer immer das war, er wird Ärger machen. Mächtig Ärger.“ Saber biss sich auf die Lippen: „In absehbarer Zeit wird Nemesis ohnehin Ärger machen, Fireball.“ Unbedacht war das nun von Saber gewesen. Er hätte Fireball nicht daran erinnern müssen, dass sein Vater bald sterben würde. Nun bekam er von seinem Piloten einen betretenen Blick zugeworfen, ehe er den Kopf komplett senkte und die Stirn gegen sein Knie lehnte. Leise vernahm er unglückliches Brummen: „Das brauchst du mir nicht zu sagen.“ Das hätte er wissen müssen. Saber hatte nicht nachgedacht, als er das gesagt hatte. Und er hatte vergessen, wem sie den fünfzehn Jahre dauernden Frieden in ihrer Zeit zu verdanken hatten. Fireballs Vater. Fireball lernte seinen Vater in dieser verrückten Zeit hier kennen, verstand sich gut mit ihm. Und nun erinnerte der blonde Highlander ihn daran, dass er ihn wieder verlieren würde. Verzwickte Geschichte war das mittlerweile. In diesem Augenblick wünschte sich Saber die Blondine oder zumindest den Cowboy an seine Stelle. April hätte gewusst, was sie in so einer Situation sagen sollte und Colt. Naja, der hätte zumindest mit einem platten Witz darüber hinweggetäuscht und das Thema gewechselt. Saber konnte weder noch. Er versuchte die Kurve wesentlich sachlicher zu kriegen: „Es ist der Lauf der Dinge, Fireball. Daran können wir nichts ändern.“, nach einer kurzen Pause, in der er Fireballs Reaktion beobachtete, fügte er ermahnend hinzu: „Daran dürfen wir nichts ändern. Was wir bisher angerichtet haben, reicht vollkommen.“ Sabers Worte klangen wie Hohn in seinen Ohren. Was sie angerichtet hatten! Angerührt schluckte Fireball alle Kommentare hinunter, die ihm auf der Zunge lagen. Bewusst vorsichtig schob er sein Glas Milch in die Tischmitte, er wollte den Inhalt nicht über den Tisch verteilen, wenn er gleich zu schwungvoll aufstand. Seine braunen Augen flackerten verletzt auf. Saber hatte keine Ahnung. Zorn und Groll mischten sich in seinen Gedanken, sie überdeckten die Angst, die Unsicherheit und das Unbehagen mit Leichtigkeit. Fireball wusste nicht, was in letzter Zeit in sie alle gefahren war. Saber war vorhin immer ein guter Freund gewesen. Er hatte ihn in allem unterstützt, hatte ihm oft geholfen, die richtige Entscheidung und den richtigen Befehl zu geben. Aber seit geraumer Zeit lief alles schief. Der Rennfahrer spürte deutlich die Spannungen zwischen ihnen. Aus dem Freund, aus dem Berater war jemand geworden, der ihm alles aus der Hand nehmen wollte. Fireball fürchtete, ihre Freundschaft könnte einen irreparablen Schaden davontragen. Deshalb zog er es auch vor, aufzustehen und endlich ins Bett zu gehen. Unüberlegt, wie er manchmal handelte, konnte es gut sein, dass er Saber anfuhr und vielleicht sogar noch schlimmeres tat. Dieser verbohrte Schwachkopf! Saber biss sich verzagt auf die Lippen. Wie man es momentan auch machte, man machte es falsch. Egal, was er Fireball gesagt hätte, es wäre das Falsche gewesen. Fireball stand komplett neben sich, seit sie hier waren. Er vergaß, wer der Captain war, vergaß, wie er sich zu benehmen hatte. Wie oft hatte Saber in den letzten Wochen kaum schlafen können, weil niemand von ihnen gewusst hatte, wann der Rennfahrer wieder nachhause kam und ob er überhaupt noch kam? Sabers Nerven waren zum Zerreißen angespannt, es baute sich ein enormer Druck auf. Colt und April jeden Tag aufs Neue predigen zu müssen, dass sie in dieser Zeit nicht zuhause waren, war kein Zuckerschlecken. Ließ sich die blonde Navigatorin noch überreden, war er mit Colt bereits jenseits von Gut und Böse. Oft verging schon der halbe Vormittag alleine damit, dem Kuhhirten zu erklären, dass sie sich hier unauffällig verhalten sollten und so wenig wie möglich an die Öffentlichkeit treten sollten. Ein Stein war manchmal ein gelehrigerer Schüler als Colt. Der Schotte griff um das Handgelenk seines Piloten und riss ihn zu sich herum. Durchdringend sah er ihn an und grollte drohend: „Mach mich nicht für den Tod deines Vaters verantwortlich, Fireball. Es wird geschehen, ob du das willst oder nicht.“ Mit aller Kraft schlug Fireball die Hand des Highlanders wieder weg. Zornig funkelten seine Augen zu dem größeren hinauf. Hatte er das wirklich gesagt? In diesem Moment hätte er Saber gerne gepackt und ihn lauthals angeschrien. Er streckte schon die Hände nach ihm aus, besann sich aber im letzten Moment eines Besseren. Kopfschüttelnd wandte er sich ab. Verhalten grämte er sich: „Was ich will spielt keine Rolle. Mein Vater wird nicht der einzige sein, der sein Leben in diesem sinnlosen Krieg verlieren wird. Verdammt und zugenäht, Saber, du kennst die Geschichte! In den nächsten zwanzig Jahren werden unzählige Menschen sterben. Unschuldige Menschen. Familien werden auseinandergerissen, Eltern überleben ihre Kinder!“ Saber öffnete den Mund, wollte Widerworte geben, doch Fireball ließ ihm keine Chance mehr. Der Hitzkopf war bereits aus der Küche verschwunden. Und wie sich Saber eingestand, war das wahrscheinlich auch besser so. Denn der Schotte hätte niemals etwas sagen können, das diese Argumente vom Tisch wischte, sie als haltlos entlarven könnte. Fireball hatte durchaus Recht, aber niemand wusste, wie sich ihre Zeit entwickeln würde, wenn der erste Angriff niemals stattgefunden hätte. Saber lehnte sich gegen den Tisch, stützte die Arme hinter sich ab. Er erkannte den Piloten nicht wieder. Was hatten sie nur angerichtet? Saber schüttelte den Kopf und zog sich auf die Tischplatte. Mit hängendem Kopf ließ er die Beine baumeln. Ein ganzer Topf warmer Milch mit Honig hätte ihm nun nicht mehr helfen können. „Verfluchter Dickschädel, verfluchter!“, entfuhr es Saber, nachdem er immer noch keine Gegenargumente für Fireballs Vortrag finden konnte. Der Schotte wusste nicht, wann er das Zepter aus der Hand gegeben hatte, sicher war nur, dass er es nicht freiwillig getan hatte. Er war der Captain von Ramrod, hielt diese Bande schon seit ihrem ersten Einsatz unter Kontrolle! Funkelnde, blaue Augen voller Kampfgeist sahen vom Boden schließlich wieder auf. Entschlossen stand er auf. Er war der Captain! Während Saber aus der Küche ging, fasste er den Entschluss, den Rennfahrer wieder auf den Boden der Tatsachen herunter zu holen. Egal, was in ihn gefahren war, es musste sich auch wieder austreiben lassen. Notfalls mit einem Exorzisten. „Nicht schlecht, Rennsemmel. Aber ich bin besser und das wissen wir beide.“, Jesse spottete höhnisch und drehte ab. Als er die Stimme eines anderen im Funkverkehr hörte, wurde ihm klar, dass er gar nicht auf Fireball geschossen hatte. Captain Hikari meldete sich beinahe so überzeugt von sich, wie es Fireball immer mit Jesse machte: „Ich weiß ja nicht, wen du erwischen wolltest, aber jetzt hast du ein Problem.“ Damit schoss der Jet hinter dem von Jesse her. Der blauhaarige Überläufer erkannte sofort, wen er da an seinen Backen hatte. Eigentlich hatte er Fireball eins vor den Latz knallen wollen, doch statt dem Jungen war der Alte in den Abfangjäger gestiegen, um den Eindringling vom Himmel zu schießen. Der legendäre Shinji Hikari klebte ihm nun an den Fersen und Jesse musste sich anstrengen, um nicht getroffen zu werden. Er hatte lange gespitzelt, einige Wochen um genau zu sein, um herauszufinden, wo es die vier Star Sheriffs in der Vergangenheit hin verschlagen hatte. Jesse hatte sofort nach dem Zwischenfall gewusst, dass auch seine vier Rivalen in diese Zeit katapultiert worden waren, hatte jedoch nicht gewusst, wo sie sich aufhielten. Er war im Gegensatz zu ihnen nämlich im Königreich Jarr gelandet. Immer wieder hatte er sich gewundert, weshalb die Outrider dieses einfältige Königreich nicht hatten einnehmen können. Das Militär war sogar für ihre Zeit unterentwickelt und antiquiert. Jesse hatte sich also darauf konzentriert, die vier Star Sheriffs aufzutreiben und war schließlich fündig geworden. Seine Sensoren spürten den Friedenswächter auch in dieser Zeit zielsicher auf. Er hatte beobachtet und Pläne geschmiedet. Als er gemerkt hatte, dass Fireball unter falschem Namen im Oberkommando Dienst schob, und das auch noch in der Flugstaffel seines Vaters, war sein Rachegedanke wieder erwacht. Er würde sich an Fireball rächen, egal wie, egal wo, und egal zu welcher Zeit. Jesse Blue hatte sich einen Gleiter genommen und mal höflich im Oberkommando angeklopft. Eigentlich war er davon ausgegangen, dass Fireball zur Abwehr in die Luft geschickt wurde, da hatte er sich wohl getäuscht. Aber Jesse Blue wäre nicht Jesse Blue gewesen, wenn er nicht auch aus dieser Situation seinen Vorteil ziehen würde. Hinterhältig ließ er sich vernehmen: „Da hab ich wohl den falschen Hikari erwischt.“ Captain Hikari geriet in letzter Zeit immer an die Verrückten, so schien es ihm. Das seltsame Abendessen mit dem neuen Piloten war ihm noch frisch im Gedächtnis und nun verfolgte er einen fremden, der seinen Namen kannte und auch noch behauptete, es gäbe zumindest noch einen anderen Hikari in der Flugstaffel der Air Strike Base 1. Langsam aber sicher vermutete der Befehlshaber dieser Flotte mehr als nur Zufall dahinter. Er schüttelte den Gedanken vorläufig ab und jagte dem fremden Jet hinterher: „So viele gibt’s von uns nicht, aber wir hinterlassen einen bleibenden Eindruck.“, mit diesen Worten schoss er Jesse eine Bordrakete ab. Der Eindringling würde nicht lange in der Luft überleben. Nicht, wenn er ihn noch weiter reizte. „Allzu viele von euch wird’s auch in Zukunft nicht geben, wenn ich bekomme, was ich will.“, hektisch zog Jesse am Steuerknüppel. Verdammt, da musste er sich direkt anstrengen um nicht Kanonenfutter für Captain Hikari zu werden. Fliegerisch würde er ihn ohnehin nicht bezwingen können, aber Zweifel schüren und abwegige Gedanken säen, das konnte Jesse und das würde er auch tun. Damit schwächte er Captain Hikari. Denn jemand, der nicht mit dem Kopf bei der Sache war, war ein leichtes Ziel und ein hervorragendes Opfer. Es funktionierte für gewöhnlich mit dem hitzköpfigen Rennfahrer, weshalb also sollte der Vater da nicht vom gleichen Schlag sein? Unter seinem Helm verdrehte Shinji die Augen und schnaubte in den Funk: „Noch einer, der Orakel spielt.“, die Jugend von heute hatte wohl zu viele Sorgen für die Zukunft. Er setzte dem Jet wieder nach und warnte den Piloten: „Ihr solltet euch auf das Hier und Jetzt konzentrieren. Vor allem im Kampf.“ Jesse schwenkte seinen Jet. Er hatte genug von dem Katz und Maus Spiel. Treffsicher visierte er den Jet von Captain Hikari an und lachte hämisch: „Und du solltest hoffen, dass dir das Jetzt nicht zu kurz wird.“ Damit feuerte Jesse seine verbliebene Rakete ab. Sie würde ihr Ziel nicht verfehlen, da war sich der Blauhaarige verdammt sicher. Aber er hatte nicht mit dem Können des Captains gerechnet. Dieser schoss die Rakete vom Himmel, bevor sie ihm auch nur annähernd gefährlich werden konnte. Er spöttelte in den Funk: „Momentan find ich es nur erstaunlich, wie man sie nur so sehr selbst überschätzen kann.“ Vom ersten Moment an war Shinji sein Gegner nicht geheuer gewesen und von sympathisch war da noch lange keine Rede. Die selbstherrliche Art und Weise konnte man auch über Funk noch sehen. Der Captain hasste solch übertriebenes Getue. Jesse störte das nicht. Gut, dann war der Captain eben ein Stückchen besser als er. Dafür aber wusste der Überläufer etwas, was der gute Papa Hikari noch nicht wusste. Übertrieben erstaunt von den Künsten des Captains ließ er ihn wissen: „Oha. Da ist der Apfel aber verdammt weit vom Stamm gefallen. Hat wohl mehr von der Frau Mama, der gute Fireball. Deine Zeit ist abgelaufen, Papa Hikari.“ Treffer! Jesse hatte sich den Vorsprung zur Flucht spielend herausgearbeitet. Während er sich verkrümelte und zurück zu seiner Basis flog, konnte er sich hinterhältig grinsend ausmalen, welches Gesicht der gute Captain wohl grade unter seinem Helm zur Schau trug. Erstarrt nahm Captain Hikari die Hände vom Steuerknüppel und schaltete auf Autopilot. Das musste er erst sacken lassen. Wurde nicht Hikaro von seinen Freunden Fireball genannt? Nein, unmöglich, der laufende Meter konnte unmöglich was mit ihm zu tun haben. Niemals. Schon gar nicht so, wie es der Eindringling unterstellte. Oder doch? Erkannte er sich deswegen selbst in diesem jungen Piloten wieder? Aber das konnte nicht sein. So etwas war unmöglich. Grübelnd flog Shinji zum Stützpunkt zurück. Diesen seltsamen Abwehrflug musste er erst einmal verarbeiten. Er war überarbeitet, das musste es sein. Dieses völlig verrückte Wortgefecht musste er sich eingebildet haben. Nachdem dieser Vorfall den Captain nicht mehr ruhig schlafen ließ und ihn immer wieder auf diese verrückten und absurden Gedanken brachte, ging er mit offenen Augen und Ohren durch das Oberkommando. Er war sensibilisiert für alles, was seine Gedanken untermauern oder entwerten konnte. Wie ein Luchs schlich er um seine Staffel herum, versuchte von überall was aufzuschnappen und auszuwerten. Seine Aufmerksamkeit galt dabei vor allem dem neu zu ihnen gestoßenen Shinichi. Von Anfang an hatte Shinji das Gefühl gehabt, dass der Junge etwas zu verbergen hatte. Er sprach kaum über Familie, Privates konnte man ihm auch nicht entlocken, aber er schien etwas von der Zukunft zu wissen, was er eigentlich nicht wissen konnte. Und dann glaubte Shinji immer wieder, etwas von sich selbst in ihm zu sehen. Die vor Ungeduld sprühenden Augen, das hitzköpfige und teils auch respektlose Gemüt des jungen Piloten. Das alles waren Eigenschaften, die auch er hatte. Shinji fühlte sich dem Jungen verbunden, verstand dessen traurige Blicke, wenn die Kollegen wieder von Frieden und Familie sprachen. Aber das alles konnte ihm das Geheimnisvolle nicht nehmen. Zum Teufel, Shinji war sich sicher, dass Shinichi diesen Angreifer kannte! Fireball war mit der Spätschicht betraut worden, es hatte einen guten Grund, weshalb diese Schicht so von seinen Kollegen benannt worden war. Kurz vor Arbeitsende hatte das Radar noch einmal Alarm gegeben und an Fireball war die undankbare Aufgabe hängen geblieben, noch einen Aufklärungsflug zu starten. Nun war er wieder eine gute Stunde später als ursprünglich gesagt mit der Arbeit fertig. Er hatte seinen Jet gerade geparkt und hatte sich seiner Arbeitskluft entledigt, da erschien ein Schatten in den weit geöffneten Hangartüren. Er kam auf Fireball zu und lehnte sich gegen den Gleiter: „Das war ein interessanter Aufklärungsflug heute.“ Captain Hikari hatte abwartend die Arme vor der Brust verschränkt. Seine Haltung verriet eindeutig, dass Fireball nicht so ungeschoren davonkommen würde. Der Japaner zuckte unbeteiligt mit den Schultern und antwortete, während er an Captain Hikari vorbeigehen wollte: „Ja, war nicht ganz so langweilig, wie sonst.“ „Es sind einige Dinge anders als sonst.“, warf der Captain ein und musterte Fireball argwöhnisch. Die angeborene Skepsis war bei Shinji auf ein Maximum hochgefahren. Eine verräterische Bewegung, ein falsches Wort und er würde den neuen Piloten einer gewaltigen Lüge überführen. Das wusste auch Fireball. Aus den Augenwinkeln konnte er sehen, wie sein Vater nach möglichen Schwachstellen suchte. Er drehte sich noch einmal um und setzte ein ehrlich fragendes Gesicht auf: „Wie kommen Sie darauf?“ „Außer, dass du in mein Leben getreten bist?“, misstrauisch stieß sich Shinji vom Gleiter ab und umrundete Fireball. Keine Sekunde ließ er den jungen Spund aus den Augen. Er würde sich verraten, auf alle Fälle. Abschätzend fuhr er fort: „Nun, da wäre der gescheiterte und jämmerliche Versuch vor ein paar Tagen gewesen, mich aus den Wolken zu holen. Der galt allerdings, so habe ich das verstanden, einer gewissen Rennsemmel, die auf den Namen Fireball hört.“ Entsetzt riss der Angesprochene die Augen auf. Das konnte nur Jesse Blue gewesen sein! Er zuckte merklich zusammen, denn der Unterton in der Stimme seines Vaters hatte die Vermutung, die er diesbezüglich hegte, gleich mit ausgesprochen. Fireball blieb beinahe das Herz stehen. Wie sollte er da nur wieder rauskommen? Nachdem er einmal tief durchgeatmet hatte und sein Gesichtsausdruck nicht mehr ganz so viel Überraschung widerspiegelte, hakte Fireball bei einem ebenso interessanten Punkt ein. Erstaunt fragte er: „Sie wurden angegriffen?“ Shinji winkte ab: „Ein lächerlicher Versuch.“, der Möchtegern hätte niemals eine Chance gegen ihn gehabt. Da sein Opfer allerdings nicht die Antwort gegeben hatte, die er sich erhofft hatte, sprach der Captain nun ganz offen seine Vermutung aus. Kühl und selbstverständlich offenbarte er: „Allerdings sehr aufschlussreich. Vor allem, da er offensichtlich dir gegolten hat.“ „Mir?“, Fireball blieb das Wort beinahe im Hals stecken. Wie konnte er das nur umgehen? Sein Vater schien zu wissen, was los war. Er wollte nur ausloten, inwieweit er in diese Sache verstrickt war und wie lange es dauerte, bis sich Fireball um Kopf und Kragen redete. Dem Rennfahrer graute schon jetzt davor, denn er durfte die Wahrheit nicht sagen. Obendrein war er ein hundsmiserabler Lügner, sogar April durchschaute seine Lügen schon im Ansatz und die war gutgläubig wie sonst niemand. Der Captain stoppte seine Rundläufe abrupt und blieb direkt vor Fireball stehen. Er sah ihm geradewegs in die Augen und führte seine Gedanken aus: „Wie schon gesagt, der Angriff galt jemanden, der Fireball genannt wird. So, wie dich deine Freunde nennen.“ Nun lag der Argwohn auch noch in der Stimme des Captains. Fireball wäre am liebsten im nächstbesten Mäuseloch verschwunden. Unbarmherzig stachen die braunen Augen auf ihn hinab und verlangten prompte Antworten. Der Rennfahrer wich instinktiv einen Schritt zurück. Die Situation war verdammt heikel: „Das ist…“, versuchte er sich hinaus zu schwindeln: „ein gängiger Spitzname, Sir.“ Das glaubte Fireball doch selber nicht. Captain Hikari demonstrierte seine Ungläubigkeit, indem er von einem Standbein auf das andere wechselte und beide Augenbrauen so hoch wie möglich zog. Er war gespannt, ob der junge Mann das noch überbieten konnte, denn: „Für Piloten? Oder eher für Rennfahrer, Junge?“ Bei der nächsten Bemerkung in diese Richtung fiel Fireball einfach tot um. Wie sollte er das denn erklären können? Und wie um alles in der Welt kam sein Vater auf die Idee, er wäre ein Rennfahrer? Unterbewusst zog Fireball die Schultern nach oben und versuchte, die Angriffsfläche für seinen Vater so klein wie möglich zu halten. Lieber in Deckung gehen und noch einmal die Unschuldsnummer raus kramen: „Wieso Rennfahrer?“ Shinji zwang sich zur Ruhe. Es hatte keinen Sinn, den Jungen anzufauchen und forsch nach Antworten zu verlangen. Seine Augenbrauen zogen sich jedoch nun bedenklich zusammen. Mit diesem Gesichtsausdruck würde er jeden einschüchtern und vertreiben, besonders wenn derjenige ihn nicht kannte. Seine Stimme zeigte keinerlei Gefühlsregung. Ein todsicheres Zeichen bei einem Hikari: „Ich wurde mit Rennsemmel tituliert. Willst du mir jetzt weis machen, dass du nicht wüsstest, dass Rennsemmel eine abfällige Bezeichnung für einen Rennfahrer ist?“, felsenfest von der Theorie überzeugt nagelte er Fireball nun fest: „Wer auch immer mein Angreifer war. Er kann nur dich gesucht haben.“ Noch ein Schritt nach hinten. Fireball suchte einen Ausweg aus seiner Lage, fand jedoch keinen. Er stand buchstäblich mit dem Rücken zur Wand, er konnte nicht mehr weiter weg. Seine Augen blickten zu seinem Vater auf. Er stand vor seinem Dad. Alleine das hatte Fireball noch nicht einordnen können, kam mit diesem Fakt nicht klar. Nun aber von seinem Vater überführt zu werden, das tat dementsprechend weh. Er sah keinen Ausweg mehr, konnte sich jedoch nicht in Schweigen hüllen. Das würde alles nur noch schlimmer machen. Sein Vater hatte kein Vertrauen zu ihm, schwieg er ihn jetzt auch noch an, war für ihn der Fall sonnenklar. Fireball hing in der Sache mit drinnen, tiefer als Captain Hikari es ahnen konnte. Der ertappte Rennfahrer schlug die Augen nieder: „Sir, ehrlich, ich hab keine Ahnung von was auch immer. Ich verstehe nicht, wie Sie auf die Idee kommen, der Angreifer hätte mich gesucht. Ja, meine Freunde nennen mich manchmal Fireball, aber deswegen bin ich noch lange kein Rennfahrer. Das ist ein Spitzname wie jeder andere auch.“ „Ich glaube dir kein Wort!“, bedrohlich hallte die Stimme durch den Hangar. Der ältere Hikari war gerade ausgebrochen. Er fuhr Fireball an: „Dein ganzes Verhalten, das du seit unserer ersten Begegnung an den Tag gelegt hast, beweist mir das irgendetwas im Verborgenen bleiben soll, das dich betrifft. Es ist deine seltsame Gewissheit über die Zukunft, dein äußerst merkwürdiges Verhalten beim Abendessen. Es ist die Tatsache, dass der Angriff dir galt und dein Spitzname, entgegen deiner Behauptung, eben keiner wie jeder andere ist. Ich rate dir, mir die Wahrheit zu sagen. Was immer es ist. Ich schätze es überhaupt nicht, wenn man mich belügt!“ „Das“, Fireball wusste weder vor noch zurück, sein Vater hatte ihm einen Tiefschlag versetzt, von dem er sich nicht so schnell erholte. Der Captain hatte alles aufgezählt, hatte haarklein alles mitbekommen und war von Anfang an misstrauisch gewesen. Und Fireball konnte keine seiner Vermutungen entkräften, denn wie Shinji selbst gesagt hatte, es waren alles Fakten. Mühsam presste Fireball noch einen Satz hervor: „Das bilden Sie sich ein, Sir.“ „Ich habe mir nicht eingebildet, dass es durch die Funkverbindung tönte: ‚Hoppla, der falsche Hikari‘. Genauso wenig, wie die Tatsache, dass er dich kannte. ‚Ich bin besser als du, Rennsemmel, und das weißt du‘. Jemand, der solche Aussagen an seinen Gegner richtet, kennt ihn.“ Shinji verlor mit jedem Wort mehr die Beherrschung. Nein, er hatte sich das alles nicht eingebildet. Es hing mit dem neuen Piloten zusammen. Dieser sture Esel, der immer noch nach Ausflüchten suchte und dabei so offensichtlich log, dass Shinji der Kragen platzte. Shinji löste sich aus seiner Position und pumpte sich auf. Er baute sich bedrohlich vor Fireball auf und stieß ihm den rechten Zeigefinger gegen die Brust: „Also, ich höre, Hikaro!“ Bei dieser Aufforderung hatte er das O extra betont. Er unterstrich, wie wenig er dem jungen Japaner nun noch glaubte. Nicht einmal mehr den Namen, den er ihm am ersten Tag genannt hatte. Innerlich spannte sich alles in Shinji. Wie gehörte dieser Junge, der kaum aus dem Ei geschlüpft war, zu ihm? Hatte sein Angreifer Recht gehabt, als er ihnen die Blutsverwandtschaft unterstellt hatte? Shinji kannte die Antwort darauf nicht, aber er war felsenfest davon überzeugt, dass sein Gegenüber die sehr wohl kannte. Er wollte Gewissheit. Sofort. Die Zitate konnte Fireball nur einer Person zuordnen: „Jesse!“ Also war der Blauhaarige immer noch unter ihnen und versuchte, die Vergangenheit zu ändern. Fireball schlug das Herz bis zum Hals, er hatte Angst. Angst, dass Jesse Blue das getan haben könnte, wovor Saber ihn seit ihrer Ankunft immer und immer wieder gewarnt hatte. Na bitte, da hatte er seine Antwort. Shinji horchte auf und lockerte seine Position: „Wer?“ Fireball sah seinen Vater aufmerksam an, schlug die Augen jedoch gleich wieder nieder. Er würde nie heil aus diesem Fiasko heraus kommen, dafür war es zu spät. Fireball hätte unhöflich sein sollen und nach dem ersten Satz das Weite suchen sollen. Er fürchtete sich vor der Reaktion seines Vaters. Deshalb zeigte er sich vorerst geständig und erklärte: „Ihr Angreifer, Sir.“ „Würdest du wohl endlich die Güte haben und den Mund aufmachen?!“, am Ende seiner Geduld grollte Shinji seinen Sohn an. Wenn der Giftzwerg vor ihm so weiter machte, sprang er ihm an die Gurgel. Verunsichert setzte Fireball an: „Ich…“ Shinji brummte: „Ich bin nicht bereit, mir Ausflüchte anzuhören, Junge. Was wollte er von dir?“ Der Rennfahrer schluckte schwer. Was sollte er seinem Vater bloß sagen? Die Wahrheit wäre wohl das gewesen, was dieser nicht wissen wollte. Deshalb entschied sich Fireball für eine Auskunft ohne Inhalt: „Wir haben eine Rechnung offen, Sir.“ „Eine Rechnung offen?“, ungläubig wiederholte Captain Hikari diese Worte. Seine Augenbrauen zogen sich wieder bedächtig zusammen. Langsam aber sicher war er mit seiner Geduld am Ende angekommen. Er hatte lange genug versucht, freundlich zu bleiben. Mit verschränkten Armen und einem Blick, der mehr als tausend Worte sagte, zog er Fireballs letzte Worte ins Lächerliche: „Natürlich. Worum geht’s dabei? Wenn er dich umbringen wollte, wird’s wohl hoffentlich um mehr dabei gehen, als die bloße Tatsache, dass du ihm ein Mädchen ausgespannt hast.“ Mit keinem Gedanken hatte er vermutet, dass er dabei wieder ins Schwarze traf. Für Captain Hikari war es unvorstellbar, wegen eines Mädchens Krieg zu führen. Und, soviel hatte er schon bemerkt, es war eine private Auseinandersetzung zwischen seinem Angreifer und dem neuen Piloten. Aber um ein Mädchen zu kämpfen, das schien ihm lächerlich. Fireball brachte indes nicht mehr als „Uff…“ heraus. Sein Vater wusste gar nicht, wie Recht er mit seiner lächerlichen Behauptung hatte. Jesse Blue und er konnten sich tatsächlich aus diesem einen Grund nicht riechen. Der Überläufer war wegen April zu den Outridern gewechselt. Mit einem beinahe schon verstörten Blick blinzelte Fireball seinen Vater an. Das war zu viel für den Papa. Wutentbrannt packte er Fireball am Kragen und zog ihn zu sich. Er machte Schaschlik aus dem Jungen, wenn er nicht bald zu reden anfing. Harsch schrie er Fireball an: „Mir reicht’s jetzt langsam mit deiner sturen Verschwiegenheit! Was zum Teufel wird hier gespielt?“ Spätestens jetzt fragte sich Fireball, wer das Gerücht in die Welt gesetzt hatte, sein Vater wäre die Güte in Person gewesen. Erschrocken und verängstigt wollte er sich losmachen. Mit jedem Wort, das er ihm ins Gesicht geschrien hatte, zuckte Fireball von neuem zusammen und kniff die Augen zusammen. Das war furchteinflößend, vor allem, weil das Bild von Fireballs Vater, das sich aus Erzählungen von Freunden und seiner Mutter in seinem Kopf manifestiert hatte, jäh von der Wirklichkeit überdeckt wurde. Fireball versuchte, die Hände seines Vaters von sich zu schieben. Keuchend wand er sich: „Ich… Ich kann nicht.“ „Wie bitte?!“, böse funkelte er den jungen Mann an, der sich doch standhaft dagegen wehrte, mit der Wahrheit aufzuwarten. Einen sturen Bock hatte er sich da eingehandelt. Aber der Captain war sich nun sicher, der neue Pilot war in diese seltsamen Vorkommnisse verwickelt, wenn er nicht sogar der Drahtzieher war. Genervt stieß er Fireball gegen die Wand. Shinji musterte Fireball noch einmal eingehend. ‚Papa Hikari‘, schallte eine innere Stimme in ihm. War dieser Junge wirklich…? Der erfahrene Pilot schüttelte heftig den Kopf. Wie sollte das denn gehen? Shinji erkannte sich in diesem Jungen, jetzt mehr noch als zuvor. Er brauchte im Grunde keine Antwort mehr. Fireball presste kaum noch hörbar hervor: „Es ist alles, wie es sein sollte, Captain.“, todunglücklich fügte er hinzu: „Alles beim Alten.“ Captain Hikari ballte die Hände zu Fäusten und drehte sich um. Es hatte keinen Zweck, das hatte er eingesehen. Aber er würde nicht eher ruhen, bis er herausgefunden hatte, was los war. Er warnte Fireball: „Du lügst.“, dabei lugte er enttäuscht über seine Schulter auf Fireball. „Ich bin schwer enttäuscht von dir, Junge. Ich werde dich im Auge behalten, bis ich weiß, warum dieser Jesse mich Papa Hikari genannt hat.“ Ohne sich noch einmal umzusehen verließ Shinji den Hangar. Aufgewühlt und verwirrt darüber, was er erlebt und gesehen hatte. Es waren weniger die Worte seines Angreifers, als dieses eigenartige Gefühl, das ihn jedes Mal wieder überkam, wenn er in das Antlitz des kleinen Japaners lugte. Seine Frau, Ai, hatte nach dem gemeinsamen Abendessen gesagt, sollten sie jemals das Glück haben, ein Kind zu bekommen, sie würde sich wünschen, dass er so wie dieser Junge war. Und auch Shinji wünschte sich einen Sohn wie Fireball. Er brauchte dem jungen Piloten nur in die Augen zu sehen, und tief in ihm spürte er Vertrautheit und Verbundenheit. Er konnte es nicht erklären, aber Captain Hikari glaubte, er hätte eben seine Zukunft mit Ai gesehen. Er glaubte, er würde doch noch das geschenkt bekommen, was sie sich so sehr wünschten und das ihnen nicht vergönnt war. Aber wieso um alles in der Welt dachte er ausgerechnet daran, wenn er den talentierten Piloten vor sich hatte? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)