Eragon - Kind des Mondes von Lawlya (Murtagh x OC) ================================================================================ Prolog: Erinnerung ------------------ Der Himmel war von Rauch geschwärzt. Nirgendwo blitzte ein Stück des Firmaments hindurch. Die Wolke, die das Himmelszelt verdeckte, war so dicht, dass man nicht erkennen konnte, ob es Tag oder Nacht war. Hier herrschte ewige Finsternis. Trotzdem wusste sie genau, dass es Mittag war. Sie hatte die Stunden gezählt, die seit dem Angriff vergangen waren. Es musste einfach Mittag sein!! Mit leeren Augen schaute sie sich um. Das Einzige, was von dem großen Dorf noch übrig war, waren brennende Ruinen, gefertigt aus Holz und deswegen schnell vom Feuer verschlungen. Das Feuer, das ihr ihre Heimat nahm. Ab und zu sah man Leichen auf dem Boden liegen, regungslos und grauenvoll anzusehen. Trotz ihres Widerwillens sah sie sich jede genau an. Vielleicht würde sie auf diese Weise ihre Familie wiederfinden. Wenn auch nur im Tod. Nur wenige hatten den Überfall überlebt, der so plötzlich kam, dass sich niemand mehr rechtzeitig bewaffnen konnte. Überlebende wurden verschleppt, in ein fernes Land, dessen Namen sie noch nie gehört oder gelesen hatte. Nicht mal die wenigen Geschichtenerzähler, die sie noch lebend vorfand, konnten ihr von diesem Land erzählen. Sie kannten keine Legenden darüber. Inzwischen hatte sie sich vor Erschöpfung neben ein brennendes Haus setzen müssen. Die Luft zu atmen war schwer, da sie von Rauch geschwängert war und zum Husten anregte. Außerdem hatte sie Verbrennungen am ganzen Leib, die schmerzten und ihr ihre Kraft entzogen. Wie konnte es auch anders sein, wo sie sich doch aus einem in Flammen stehenden Haus gerettet hatte. Und nun hoffte, dass ihren Eltern und ihrem Bruder dasselbe gelungen war. Doch auch diese letzte Hoffnung schwand langsam. Anscheinend musste sie sich damit abfinden, dass sie von nun an eine Waise war, dazu verdammt, allein auf der Welt zu sein. Ihr Gesicht war braungebrannt, doch durch den dichten Aschefilm, der ihre gesamte Haut bedeckte, konnte man die Farbe nur erahnen. „Hier ist noch eine Überlebende!!“, schrie ein Soldat, wie sie erkannte, als sie erschrocken aufblickte. Ihre ebenholzschwarzen Haare reflektierten geisterhaft das Glühen des Feuers, das in ihrem Rücken wütete. Man hatte sie gefunden. Grob wurde sie an einem Arm gepackt, ihr wurden die Hände auf den Rücken gedreht und gefesselt, damit sie nicht die Chance hatte, sich zu wehren oder gar selbst umzubringen. Das wäre wenigstens ein ehrenhafter Tod. Auch wenn sie bezweifelte, dass es so etwas überhaupt gab. Ehrenhaft sterben… Der Tod war immer eine Erniedrigung, denn man hatte eine Niederlage erlitten und keinen Ausweg mehr gewusst. Man hatte das Kämpfen aufgegeben. „Sachte mit diesem Mädchen!“, rief ein anderer Mann, der in teure Stoffe gehüllt war. Mit kalten Augen und einem unheilverheißenden Lächeln auf den Lippen musterte er sie. „Versorgt ihre Wunden und sorgt dafür, dass sie unversehrt nach Alagaësia kommt!“, befahl er und wandte sich dann von ihr ab. Alagaësia, das verfluchte Land, dessen Armee sie ihres Zuhauses beraubt hatte. Das Letzte, was sie wahrnahm, war ein explodierender Schmerz in ihrem Kopf, dann wurde es um sie herum so schwarz wie der Himmel über Cyrianna. Araya riss die Augen auf, doch die Dunkelheit blieb. Sie atmete schnell und unregelmäßig, ihr Keuchen hallte durch den steinernen Raum, der keinerlei Fenster hatte. Hier war es immer Nacht. Sie hatte keine Ahnung, wie spät es war. Auch wusste sie nicht, wie lange sie nun eigentlich in diesem ihr so verhassten Land war. Die Zeit schien ihr zäh durch die Finger zu rinnen und doch folgte Tag auf Tag, Nacht auf Nacht so schnell aufeinander, dass sie nicht in der Lage war, auch nur zu sagen, welche Jahreszeit sie hatten. Hier unten hatte man nicht den geringsten Kontakt zur Außenwelt. Langsam und schleichend beruhigte sich ihre Atmung wieder. Sie sah sich in ihrer Zelle um, versuchte es zumindest, denn eigentlich sah man rein gar nichts. Trotzdem wusste sie genau, wo die Tür war, ebenso genau, wie sie wusste, dass sie fest verschlossen war. Am Anfang hatte ihr ihre Platzangst große Probleme bereitet. Sie hatte geschrien, geweint und gefleht, doch irgendwann schien auch ihre von Angst gepeinigte Seele begriffen zu haben, dass weder die Wände noch die Decke sie erschlagen würden, nur weil es keinen ihr offenstehenden Ausgang gab. An die Stelle dieser quälenden Panik war jedoch etwas Neues getreten. Sie konnte es nicht mehr ertragen, von einem anderen Menschen berührt zu werden. Jedesmal schien es ihr, als würden ihr alle Gliedmaßen einzeln herausgerissen werden. Allerdings hatte sie mit diesem neuen Widerstand ihres Körpers noch keine Erfahrungen. Denn seit sie hier gelandet war, hatte sie nur einer berührt, und das auch nur, um scheinbar etwas zu suchen. Dabei suchte derjenige nicht mit seinen Händen, er schien ihr einfach nur die Finger an die Schläfen zu legen und abzuwarten. Erst hatte Araya den Sinn des Ganzen nicht verstanden, doch eines Tages verspürte sie ein dumpfes Pochen in ihrem Kopf. Es war penetrant, unangenehm und nervenaufreibend, jedoch nicht schmerzhaft. Und es kam immer nur, wenn dieser Mann bei ihr war. »Galbatorix« hatte er sich genannt. Und er kam jeden Tag. Zu Beginn ihrer persönlichen Odyssee hatte Araya nur wenig von dem verstanden, was er ihr ins Gesicht brüllte, doch nach und nach hatte sie die hier gebrauchte Sprache gelernt. Allerdings ließ sie es sich nicht anmerken. Immer, wenn Galbatorix eine Kerze mit hinunter brachte, ihr Fragen stellte und das dumpfe Gefühl in ihrem Verstand ihr dabei auf die Nerven ging, schaute sie arglos drein und sagte kein Wort. Er musste glauben, sie verstehe ihn immer noch nicht. Körperlich hatte er sie noch nicht mehr angerührt, als ihr über die Schläfen zu fahren. Aber Araya wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis er die Geduld verlor. Und ein paar Mal hatte er bei seinen täglichen Besuchen fremdartige Worte vor sich hingemurmelt, die für sie keinen Sinn ergaben. Und jedesmal, wenn nichts geschah, wurde er wütender. Es schien fast so, als suche er nach einer Art Bezeichnung für sie in einer anderen Sprache. Die Sprache des Entführers hatte sie durch Zuhören gelernt. Eines Tages schien es Araya, als würden die dicken Steinwände keine Geräusche mehr fernhalten und vieles drang an ihr Ohr. Und durch dieses ganz besondere Hören konnte sie die Worte verstehen, ohne ihre Bedeutung zu kennen. Die Gefühle und Bilder, die mit ihnen kamen, waren so anschaulich, dass sie einer Unterhaltung folgen konnte, ohne auch nur ein gesprochenes Wort zu verstehen. Das funktionierte jedoch nicht bei allen anderen Gefangenen. Manche spürte sie zwar durch die Wände hindurch, konnte sie jedoch nicht hören. Meistens sah sie dann die Wand ihrer Zelle vor sich, ganz plötzlich, wie aus dem Nichts aufgetaucht. Doch sie fühlte die Wärme, die von diesen Menschen ausging und wusste daher, dass sie da waren. Mit einem durchdringenden Quietschen öffnete sich die Tür ihrer Zelle. In Erwartung, Galbatorix hereinkommen zu sehen, hob Araya neugierig den Kopf. Doch die Wärme, die ihr entgegenschlug, war nicht die des Tyrannen. Sie war anders, wärmer, sanfter. Galbatorix‘ Anwesenheit war durchdringend, kalt und unangenehm. Doch er wartete vor der Tür, konnte jedoch durch die perfekte Schallisolierung wahrscheinlich nichts mit anhören. Doch am seltsamsten war die immer noch an währende Dunkelheit. Unsichere Schritte hallten durch die Dunkelheit. Langsam erhob Araya sich, immer darauf vorbereitet, sich wieder auf den Boden zu werfen, sollte sich der neue Besucher als Gefahr herausstellen. Ein kleines Feuer flammte auf und rief ihr das Inferno in Cyrianna wieder ins Gedächtnis. Dunkle Augen blitzten ihr neugierig entgegen, erhellt von einer Kerze. „Wer bist du?“, fragte Araya misstrauisch. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)