Der Schöne und das Biest von S0RA ([ Hizaki Grace Project ]) ================================================================================ Kapitel 1: Part 1 ----------------- Der Schöne und das Biest „Was wollt ihr mal werden, wenn ihr groß seid?“, fragte die Lehrerin uns damals in der Grundschule. „Polizist!“, rief einer meiner Mitschüler. „Bauarbeiter!“, rief ein anderer. „Ich mach’ später das, was mein Papa macht!“, antwortete der Nächste. Und was sagte ich? „Ich möchte Prinzessin werden, Frau Lehrerin.“, sagte ich und war von da an das Gespött der Klasse. Warum? Ganz einfach: Ich bin ein Junge. Mittlerweile ein junger Mann, aber die Probleme fangen doch schon vor der Pubertät an, seien wir doch mal ehrlich… Aber ganz so schlimm war ich gar nicht. War ich wirklich nicht! Ich spielte mit anderen Jungs, ich spielte sogar mit Autos und Power Rangers, aber… wenn ich ehrlich sein soll… Ein bisschen neidisch war ich schon auf die hübschen Puppen der Mädchen. Aber nur ein bisschen! Ich blieb auch fortan dabei: Ich würde Prinzessin werden. Das sagte ich auch meinen Eltern, die belächelten mich jedoch nur. Als ich allerdings anfing mich gegen den Friseur zu sträuben, um meine Haare wachsen zu lassen, fing mein Vater doch allmählich an nervöser zu werden… „Junge, geh doch endlich mal zum Friseur! Das sieht doch unmöglich aus. Bald erkennt man nicht mehr, ob du Junge oder Mädchen bist!“, klagte und schimpfte mein Vater. „Ich weiß!“, sagte ich ihm mit einem selbstbewussten Lächeln. Meine Mutter freute sich über meine Haarpracht. Kämmen schien eines ihrer Hobbys gewesen zu sein und ich glaube sogar, dass sie sich sowieso immer heimlich ein Mädchen gewünscht hatte… Somit war ich doch ein sehr zuvorkommendes Kind, oder? In der High School wurde ich schnell zum Außenseiter, wie ich es eigentlich schon vorher war. Diese ganzen Sportclubs und seltsamen „Jungs-AGs“ interessierten mich nicht die Bohne. Sie ließen sich für ihre großartigen Leistungen von den Mädchen feiern und setzten sich selbst immer unter Druck der Stärkste, Schnellste und einfach Beste zu sein. Zeitverschwendung… Davon war ich schnell überzeugt gewesen. Um aber gleich von dem Gedanken abzulenken der >Klischee-Schwuchtel< sei der Ballett-AG beigetreten, muss ich noch dazu sagen, dass es eine AG gab, die meine volle Aufmerksamkeit bekam: Die Gitarren-AG. Ich schien ein Naturtalent gewesen zu sein! Niemand anderes beherrschte das Instrument so schnell und so gut wie ich. Mit heranwachsender Reife sagte ich also eines Tages zu meinem Vater nicht mehr ich wolle Prinzessin werden, nein, ich sagte ihm voller Tatendrang: „Papa, ich werde Musiker!“ Tja… Das passte ihm allerdings auch nicht in den Kram. Er haute mit seiner Faust auf den Tisch, sodass die Schüssel vor ihm kurz hochsprang und zeigte mit dem mahnenden Zeigefinger auf mich. „Junge, das hat doch keine Zukunft! Lern lieber etwas Vernünftiges und denk an deine Schule! Musiker verdienen nichts und dass du überhaupt erfolgreich wirst, ist auch sehr unwahrscheinlich!“ Ich muss schmunzeln, wenn ich daran zurückdenke… Aber ich hätte selbst nicht daran geglaubt, dass ich eines Tages eine eigene Band haben, auf Welttournee und in Zeitschriften abgedruckt sein würde. All das wusste ich damals noch nicht und beendete brav meine Schule. Die Musik ging mir allerdings nie aus dem Kopf. Niemals. Meine Gitarre wurde mein engster Vertrauter, mein Freund, meine Liebe! Und so brach ich eines Tages alles ab, zog von zuhause aus und warf mein naives Wesen in die bunte und schrille Welt der Musik. Es war eine aufregende Zeit und sie ist auch heute noch aufregend. Ich machte viel durch, ging durch gute und schlechte Zeiten, sammelte positive und negative Erfahrungen… Und da bin ich nun. Ich bin eine ungekrönte Prinzessin auf den Titelblättern einiger Magazine… Ich berühre tausende von Menschen weltweit mit meiner Musik. Man könnte sagen… Ich habe es geschafft! Na ja… Allerdings nur fast… Es gibt da noch eine klitzekleine Kleinigkeit, die in meinem verrückten Leben noch keinen Platz gefunden hat. Die Liebe. Mein bester Freund… Freundin… Wie auch immer, auf jeden Fall philosophiert mein Freund Kaya immer wieder gern theatralisch über die Liebe. Sie ist das Feuer, an dem man sich die Finger verbrennt und welches gleichzeitig deine Leidenschaft entflammt… Sie ist wie ein guter Wein, der lange Zeit reifen muss, um wirklich gut zu sein… Sie ist die Satinbettwäsche, die dich so weich und kuschelig liegen lässt, dass du einschläfst und niemals wieder aufwachen willst! Kaya fallen jeden Tag neue – teilweise ulkige - Definitionen ein, die ich mit großer Aufmerksamkeit und Spannung mitverfolge. Allerdings hat er auch manchmal seine Tage, an denen die Liebe doch nicht mehr so toll ist… Meistens, wenn ihn wieder irgendeiner seiner Liebhaber hat sitzen lassen. Das passiert hin und wieder. Kaya hat viele Liebhaber, sagt er, sie seien sein ‚Lebenselixier’. Ich verstehe von all dem leider nicht viel, sodass mir nichts anderes übrig bleibt als seinen spannenden Geschichten zuzuhören. So auch an jenem Tag, als wir mal wieder in unserem Stammcafé saßen. Kaya trägt seine sexuelle Orientierung gern nach außen und schminkt sich sehr stark, trägt Frauenkleider, Perücken, er sieht einer Frau täuschend ähnlich! Und er kann mit einer ungebremsten Geschwindigkeit reden, wie ich es eigentlich nur von Frauen kenne. Wirklich faszinierend, das muss man erlebt haben. Ich bin da ein wenig anders… Sagen wir... schlichter und simpler. Ich laufe ganz normal herum, das einzig auffällige an mir sind wohl meine glatten, langen und hell blondierten Haare. Im Alltag so aufgedonnert herum zu laufen wie Kaya, herrje, das wäre mir viel zu anstrengend! Trotzdem macht es Spaß ihn dabei zu bewundern. Ich sog langsam und unauffällig an meinem Strohhalm und ließ mir meinen Milchshake auf der Zunge zergehen, während Kaya wieder höchst aufgebracht philosophierte. „Ich sage es dir, Hizaki, es ist unglaublich! Da packt dich der Liebeszauber wieder heimlich, trägt dich auf die allseits bekannte Wolke Nummero Sieben und was ist? Oben angekommen steht dein Angebeteter, zeigt dir den Mittelfinger und schubst dich von der Wolke und du landest gaaaaaanz tieeeeeef im Abgrund… BUMM!!“ Ich zuckte zusammen, nachdem Kaya mit seiner Hand ein schwebendes Flugzeug nachahmte und es zum Schluss mit seinem ‚Bumm’ auf der Tischplatte lautstark aufprallen ließ. Er erzählte immer alles mit Händen und Füßen. „Hm… Das war dann wohl wieder nicht der Richtige, was?“, seufzte ich und schenkte Kaya bemitleidende Blicke. Dieser wirkte aber schnell wieder recht unbekümmert, zuckte mit den Schultern und holte seinen Pocket-PC heraus. „Ach, Männer gibt’s wie Sand am Meer, Hizaki, ist auch nicht so schlimm… Lass mich nur eben seine blöde Nummer löschen, die konnte sich doch eh kein Mensch merken! Und DAS ist bei mir schon mal kein gutes Zeichen…“ Ich sah meinen Freund verständnislos an. „Du suchst den Richtigen anhand seiner Telefonnummer und wie gut du sie dir merken kannst??!“, fragte ich irritiert. Kaya sah mich aus den Augenwinkeln eindringlich an und hob seinen Zeigefinger. „Man kann sich NIEMALS genug Kriterien ausdenken! Nur so kommt man zum Erfolg, glaub mir das, ich hab Ahnung.“, sagte er mit gewohnter Überzeugung und klappte seinen PC wieder zu, packte ihn weg und holte stattdessen einen kleinen Spiegel aus seiner Handtasche, um sein Äußeres zu überprüfen. ..Das tat er durchschnittlich alle fünf Minuten, ich habe das wirklich mal per Stoppuhr gemessen… Als er fertig war, stützte er seinen Kopf mit einer Hand ab, beugte sich etwas zu mir vor und grinste mich leicht an. „Wie sieht eigentlich der Traumprinz meiner kleinen, heimlichen Prinzessin aus, huh? Vielleicht kann ich da was regeln, ich kenn’ genug Kerle! Ich teile auch gern, Herzchen.“, sagte er und zwinkerte mir kurz zu, bevor er leise lachte. Ich verschluckte mich an meinem Milchshake und hustete hinter vorgehaltener Hand. Mein Kopf wurde etwas rot. Ich hörte Kaya bei solchen Themen zwar gern zu, aber selber darüber reden..? Damit war ich schnell überfordert. „Ach weißt du… ich… na ja… Du kennst mich doch! Ich.. denke nicht viel über so etwas nach…“, druckste ich herum und schaute immer wieder in sämtliche Himmelsrichtungen. Kaya rollte mit den Augen und schüttelte den Kopf über mich. „Das glaube ich dir nicht, Schätzchen.“, seufzte er und stocherte mit seinem Löffel in dem Schaum seines Milchkaffees herum. Ich schluckte schwer und traute mich kaum Kaya direkt anzusehen. Schließlich hatte er Recht… „Nun sag schon, jeder hat irgendeine Traumvorstellung! Und mir kannst du es doch wohl sagen, oder?“, hakte er weiter nach und sah mich eindringlich an. Dieser Blick ließ keinerlei Widerspruch zu. Kaya war Meister darin jemanden so lange anzustarren, bis er alle seine Geheimnisse aussprechen würde, um nicht wahnsinnig zu werden von Kayas Blick. Ich atmete also tief durch und dachte kurz nach. Ich redete nur mit ganz leiser Stimme und antwortete zögerlich, während ich meine Augen auf die Tischplatte richtete. „Na ja… Also… er sollte lieb zu mir sein… und… ich weiß nicht… vielleicht eine elegante Ausstrahlung haben… Das gewisse Etwas eben… und bodenständig sollte er sein… Keine Ahnung wie ich das beschreiben soll…!“ Ich wusste, dass meine Antwort recht schwammig und unpräzise war, ich war nun mal nicht gut darin nicht um den heißen Brei herum zu reden, doch Kaya lächelte mich nur verträumt an und brachte es genau auf den Punkt: „Du wünschst dir einen Märchenprinzen wie er im Buche steht… Oh ja, das kann ich mir gut vorstellen! Ein richtiger Prinz an der Seite meiner kleinen Prinzessin… Großartig! …Da sind die Pflaumen, mit denen du so herumhängst aber nicht das Richtige, mein Herz.“, seufzte er und trank einen Schluck seines Milchkaffees. „Das sind keine ‚Pflaumen’, das sind meine Freunde!“, protestierte ich gleich mit verzweifeltem Blick. Mit dem Steinobst meinte Kaya übrigens meine Bandkollegen: Teru, Jasmine, Bikei und Juka. Zu letzterem fiel mir gleich ein: „Juka hat doch sehr wohl etwas Prinzenhaftes an sich, findest du nicht?“ Kaya brach in schallendes Gelächter aus, was mich verdutzt schauen ließ. „Ich bitte dich, Herzchen! In deinen Augen vielleicht, aber er ist viel zu wild für einen ‚Prinzen’. Außerdem… bin ICH an ihm interessiert, also vergiss es.“, grinste Kaya und biss sich kurz auf die Unterlippe. „Eben hieß es noch ‚Ich teile auch gern’…“, schmollte ich und zog eine Augenbraue hoch. „Nun sag nicht, er gefällt dir!!“, rief Kaya empört und bekam große Augen. „Nein, nein, keine Sorge!!“, winkte ich schnell mit der Hand ab und erwiderte Kayas entsetzten Blick. Mein Freund atmete tief durch. „Erschreck mich doch nicht so… Aber keine Sorge, wir finden schon einen Prinzen für dich!“, lächelte er dann wieder und trank seinen Kaffee aus. Das Problem zwischen Kaya und Juka war, dass sie sich eigentlich liebten, aber… gleichzeitig auch hassten. So zumindest meine Theorie. Übrigens: Selbst wenn ich Interesse an Juka gehabt hätte… Sich für Männer zu interessieren, die Kaya interessieren… Es gibt sicherlich schönere Wege zu sterben! Das lernte ich sehr schnell. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)