Zum Inhalt der Seite

Diablo † Die Wiege des Todes †

...es muss immer einen geben...
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Aus den Texten von Abd al-Hazir....

1263 anno Kehjistani
 

Aus den Texten von Abd al-Hazir....
 

„Ohweh.. Welch finstere Entschlossenheit muss König Ohsen geleitet haben, eine solch waghalsige Entscheidung zu treffen?

Seid je her gab es ein Abkommen zwischen den Menschen des Sanktuariums und Diablo, dem Herrn der Unterwelt. Dieses Abkommen wurde vor Jahrhunderten von König Jerik geschlossen und schützt unsere Welt vor der Heimsuchung der teuflischen Legionen. Solange jedes Volk des Sanktuariums zu den Vollmondnächten dem Herrscher der Finsternis eine Jungfrau opferte, blieben wir von seinem Zorn verschont. Ein trauriges und abscheuliches Abkommen, für wahr. Doch nichts im Vergleich zu der Verwüstung und dem Schmerz, den die Schergen über uns bringen würden, würden wir diesem Verlangen nicht nachkommen.

Um so schrecklicher ist die Furcht vor dem, was nun über uns kommen wird, sollte der dunkle Herrscher feststellen, das er keine Menschenopfer mehr von uns erlangen wird.

Hoffen wir für uns alle, das uns König Ohsen nicht fehlgeleitet hat... Diablos Vergeltung wird vernichtend sein ...“
 


 

Tristram - Khanduras
 

„Hab dich! Du musst!“ lachte das Mädchen während sie dem Jungen auf die Schulter schlug und schnell an ihm vorbei rannte, damit er sie nicht zurückschlagen konnte.

„Das war gemein! Ich war noch gar nicht bereit!“ rief er und rannte hinter ihr her. Sie waren beide im gleichen Alter. Sechs Winter hatten sie gezählt und nun, da endlich die Sonne den Schnee verscheucht hatte und die ersten Knospen das Licht der Welt erblickten, hielten die Kinder es zu hause nicht mehr aus.

Das Mädchen versteckte sich hinter einem Holzhaufen von Griswold‘s Waffenschmiede und hielt den Atem an, damit er sie nicht verriet.

Doch sie hatte nicht damit gerechnet, dass sich ihr Freund von hinten nährte. Grinsend lehnte er sich gegen die Wand der Schmiede und beobachtete sie. Dann schlich er von hinten auf sie zu. „Ich seh‘ dich Anna!“ grinste er und stürzte nach vorn.

Doch das Mädchen war flink, es wandte sich überrascht um, stürzte über den Holzhaufen und lief kreischend davon in Richtung der felsigen Anhöhung, die sich unweit vom Dorf erhoben.

„Warte!“ fluchte Velkan, verärgert über seine eigene Dummheit und lief hinter Anna her.

Er sprang über das kleine Bächlein, das das Dorf von den Felsenwänden abtrennte und sah sich nach seiner Freundin um. Zwischen den Felsen konnte er das Mädchen nicht ausmachen. Leise schlich er zwischen den Felsen umher. Noch einmal würde sie ihm nicht entkommen, das hatte er sich fest vorgenommen. Es dauerte nicht lange und er hatte sie gefunden. Sie hockte auf dem Boden und starrte gebannt auf die Wand vor ihr.

Der Junge grinste siegessicher. Er schlich auf leisen Sohlen auf sie zu, was nicht leicht war, da der Fels unter seinen Füßen verräterisch knirschte und schlug ihr dann mit den Händen auf die Schulter. „Ha! Hab ich dich!“ rief er triumphierend um dann aber enttäuscht festzustellen, dass Anna gar nicht auf ihn reagierte.

„Was ist los?“ fragte er dann und ging neben ihr in die Hocke. Ohne ein Wort zu sagen und den Blick abzuwenden hob das Mädchen die Hand und deutete auf einen Spalt in der Felswand. Velkan folge ihrem Blick. „Was ist das?“ meinte er und erhob sich.

Durch den Spalt konnte man einen Blick auf das Innere des Berges erhaschen. Doch dieses schien nicht, wie die Kinder es erwartet hatten, aus Gesteinsschichten und Erde zu bestehen... nein, in seinem Innern glimmte etwas rötlich auf, fast als würde es im Innern des Berges brennen.

Als der Junge einen Schritt auf den Spalt zu machen wollte, find der Boden unter seinen Füßen schrecklich an zu beben. Anna hielt sich am Boden fest. „Ahhh, was ist das?“ schrie sie. „Ein Erdbeben!“ rief Velkan und hielt sich an einem nahestehenden Felsen fest. Sein Blick ruhte noch immer auf dem Riss in der Felswand. Und seine Augen weiteten sich vor Schrecken, als er sah, wie die Wand unter lauten Krachen weiter einriss. Felssplitter prasselten auf die Kinder nieder, die noch immer starr vor Angst am Boden kauerten.

Aus dem Dort hinter ihnen ertönten Schreie. Velkan hörte die Stimme seiner Mutter, die ihnen zu rief sie sollen zu ihr kommen. Doch weder er noch Anna wagten es sich zu bewegen.

Noch immer bebte die Erde unter ihnen und die Kluft in der Wand wuchs unaufhörlich weiter, fast als bahne sich etwas Gigantisches seinen Weg durch den Fels.

Rauch stieg aus den Felsen empor und Velkan spürte wie Anna ihn am Arm gepackt hatte und mit panischem Blick das Szenario mit ansah. Gepackt von der Angst zog Anna ihren Freund mit auf die Beine. Sie wollte fort, nichts wie weg von diesem unheimlichen Riss. Doch ihre Beine wollten sie einfach nicht forttragen.

Der Rauch wurde immer dichter und bald konnte man nichts mehr von dem Glühen sehen, dass eben noch vor ihren Augen gewesen war.

Anna fröstelte. Sie hatte das Gefühl das jemand sie aus dem Inneren des Berges heraus beobachtete. Mit einem Male erstarb das Beben so jäh wie es gekommen war. „Velkan..“ stammelte das Mädchen. „Lass uns zurück gehen.“

Der Junge nickte, doch sagte er kein Wort. Sein Blick haftete auf dem Rauch. Ihm war, als hätte sich darin etwas bewegt. Und tatsächlich, in den dichten stinkenden Schwaden bildete sich eine Silhouette ab. Waren es die Umrisse eines Menschen? Sie sahen fast so aus, doch waren sie viel zu groß.

Ein jäher Windzug umspielte Annas Haar. Er durchzog den Rauch und legte frei, was er bis dahin verdeckt hatte. Unmittelbar vor den Kindern erschien die gigantische Gestalt einer Frau mit feuerrotem Haar. Ihre Augen spiegelten den nackten Warnsinn wieder und ihr Rücken schien mit vier langen Armen geschmückt zu sein, die am Ende je einen riesigen Dorn enthielten.

Die Kinder stießen einen lauten Schrei aus und wichen zurück. „Lauf!“ rief Anna und rannte davon. Sie eilte so schnell sie ihre Beine trugen ins Dorf.

Viele Menschen folgten ihrem Beispiel und rannten davon, andere, darunter die Stadtwache stoben mit Speeren und Schwertern bewaffnet zu dem kleinen Bach. Doch niemand von ihnen wagte sich noch nähr an die teuflische Gestalt heran.

Plötzlich hörte Anna lautes Wehklagen einer ihr vertrauten Stimme. „Nein, nicht mein Kind!“ hörte sie eine Frau in ihrer Nähe schreien. Es war Velkans Mutter. Sie hatte ein schreckverzerrtes Gesicht und versuchte an den Stadtwachen vorbei zu kommen, doch diese hielten sie zurück. „Nimm mich, aber verschone mein Kind!“ schrie sie und Anna konnte sehen wie Tränen ihr Gesicht benetzten.

Angst machte sich in ihr breit. Sie sah sich um, doch konnte sie den, den sie suchte nirgends sehen. „Velkan...“ flüsterte das Mädchen und versuchte an den Männern vorbei zu spähen, doch sie war zu klein.

Sie legte sich flach auf den Boden und konnte so durch die vielen Beine einen Blick auf das erhaschen, was am Spalt vor sich ging.

Sie sah die monströse Frau, die jetzt aus der ferne betrachtet keineswegs mehr einem Menschen ähnelte. Sie stand, hoch erhobenen Hauptes vor den Dorfbewohnern und ein hässliches gefälliges Grinsen verunstaltete ihr Gesicht.

An ihre nackte Brust gedrückt hielt sie den kleinen rothaarigen Jungen, der weinend und flehend zu den Männern sah, die nicht wagten das Monster anzugreifen.

„Was wollt Ihr Andariel?“ ertönte eine raue Stimme. Es war der Dorfälteste, der sich einen Weg durch die Reihen der Stadtwache gebahnt hatte. Er war ein Mann von großer Statur. Zwar war sein Haar bereits ergraut, doch sein breites Kreuz und sein markantes Gesicht waren Zeugnis der Taten, die er einst als großer Krieger vollbracht hatte.

Doch die Dämonenkönigin schien wenig beeindruckt. Ihr Grinsen wurde noch breiter und entblößte ihre gelben spitzen Zähne. Einer ihrer langen Stachelarme schlang sich über ihre Schulter und fand seinen Weg bis hin zur Kehle des wehrlosen Jungen, sodass dieser sich noch nähr an seine Peinigerin drücken musste damit er nicht aufgeschlitzt wurde. Weinend und wimmernd sah er zu seiner Mutter, die ängstlich die Hände vor den Mund schlug und schrie.

„Dummer Mensch, ich habe bereits was ich will!“ erklang es von dem Dämon. Ihre Stimme war tief und rau, gar nicht wie die einer Frau, eher wie das Bellen eines Hundes. Sie sah mit ihren giftigen grünen Augen zur flehenden Mutter des Jungen und ihr Gesicht nahm einen gehässigen Ausdruck an. „Der Herr der Finsternis wird seinen Spaß mit deinem Jungen haben, Weib. Wir werden sehen wie viel Schmerz ein Kind ertragen kann, ehe der Meister es erlöst und in seinem Blut baden wird.“ meinte sie mit tröstender Stimme.

Das war zu viel für die verzweifelte Mutter. Sie brach schreiend und wehklagend zusammen und vergrub das Gesicht in ihren Händen. „Wieso tut ihr das?“ klagte sie und verwünschte in ihren Gedanken alle Dämonen dieser Welt.

„Bedanke dich bei deinem König für deinen Schmerz.“ keifte Andariel. „Mein Herr wird euch das nehmen, was euch am teuersten ist. Für die Krankheit der Traurigkeit wird es keine Erlösung geben.“

Mit diesen Worten hob sie den weinenden und panisch schreienden Jungen unter ihren Arm und entschwand mit ihm durch den Felsspalt aus dem sie gekommen war, der sich sogleich unter tosendem Beben hinter ihr schloss.

„Nein! Velkan!!!“ schrie die verzweifelte Mutter hinter ihrem Sohn her, den sie wohl niemals wieder sehen sollte.

Kapitel 1

17 Jahre später
 

Harrogath - Reich des Schreckens
 

Dunkle Blutspuren im Schnee verrieten den Fluchtweg des Dämonen über die Ebenen. Doch mussten sie sich trotzdem beeilen, denn der anhaltende Schneefall war bereits dabei, die Spuren zu verdecken.

„Er wird uns nicht entkommen.“ meinte der hochgewachsene Krieger. Er hatte ein markantes Gesicht und seine braunen Augen suchten entschlossen den Boden ab. Sein hellbraunes Haar schmiegte sich um sein Gesicht und verlieh ihm das Aussehen eines Angehörigen der Adelsfamilien. Für wahr, in den Augen mancher galt Giden als Schönling, doch wurde er ebenso wegen seiner Stärke und seiner Tapferkeit angesehen.

Nun saß er von seinem Ross ab und kniete sich neben die frische Blutspur. „Er ist erst vor kurzem hier entlang gekommen.“

Er sah zu seiner Gefährtin auf. Es war eine junge Frau mit langem dunklen gewelltem Haar, feinen Gesichtszügen und reizvoll geschwungenen Lippen. Eine wahre Schönheit ohne Gleichen. Doch ihre strahlenden grünen Augen und die zarte Gestalt waren nur Fassade ihres Wesens.

Anna war eine charismatische Kämpferin, eine Amazone wie es in ganz Harrogath keine Zweite gab. Sie nickte und folge mit ihrem Blick dem Verlauf der Spuren. „Dann kann er noch nicht weit gekommen sein.“ meinte sie und trieb ihr Pferd an.

Giden sah ihr nach und schüttelte grinsend den Kopf. Dann schwang er sich wieder auf sein Pferd und folge ihr. Die beiden hinterließen tiefe Spuren im Schnee und je weiter sie sich dem Fuße des Arreat nährten, desto eisiger wurde der Wind, der ihnen entgegen bließ.

Mit einem Male veräppten die Blutspuren und Anna zügelte ihr Pferd. „Wo ist er hin?“ frage Giden und sah sich um. Von dem Dämon war nichts zu sehen und auch konnte er keine weiten Flecken im Schnee erkennen.

Annas Augen verengten sich. „Er ist hier irgendwo, er muss hier sein.“ sagte sie und stieg vom Rücken ihres Pferdes. Sie zog einen Pfeil aus dem Käscher und legte ihn an die Sehne ihres Bogens. Der Schnee unter ihren Stiefeln knirschte verräterisch als sie langsam durch die Felsen schritt. Sie spürte wie sich ihr Herzschlag beschleunigte, sie musste dieses Monster einfach finden...

... Vor vier Nächten waren die Ausgeburten der Hölle in den königlichen Palast eingefallen. Sie hatten alles getötet, was ihnen vor die Klauen gekommen war und ein Meer der Verwüstung hinterlassen. Glücklicherweise war der König in dieser Nacht nicht dort gewesen. Wobei, vielleicht hätte er verhindern können, dass diese Monster das Tagebuch des Horazon stahlen, ein Relikt, das sich seid Menschengedenken im Besitz der Könige befand. Diese Schriften des Totenbeschwörers beinhalteten das Geheimnis, wie selbst die stärksten dämonischen Könige wiederbelebt werden konnten. Ein Geheimnis, das von den Menschen gehütet wurde, wie ein Schatz. Es war nicht auszudenken, was nun geschehen würde, wenn die dunklen Priester diese Schriften entzifferten...

Anna hielt den Atem an und schlich hinter den nächsten Felsen. //Er muss doch irgendwo sein.// dachte sie. //Dieses Vieh kann sich doch nicht in Luft aufgelöst haben!//

Plötzlich fielen ihr Spuren auf dem Boden vor ihr auf. Doch diese Spuren glichen in keiner Weise denen des Dämonen. Es waren die Spuren von Stiefeln, wie nur Menschen sie trugen. Anna legte nachdenklich die Stirn in Falten und folgte den Spuren an einer Felswand entlang. Sie führten die Amazone durch einen kleinen Engpass zwischen dem Gestein und dann, zwischen zwei großen Felsen, veräppten sie plötzlich.

Anna stutzte und sah sich überall um. Die Spuren gingen weder zurück, noch wurden sie irgendwo fortgeführt. Sie hörten hier einfach auf.

„Was zum...?!“ entfuhr es ihr. Plötzlich hörte Anna ein Röcheln direkt über sich. Rasch schnellte sie herum, als der geflüchtete Dämon sich von dem Felsen hinab auf sie stürzte. Noch ehe die Kriegerin ihren gespannten Bogen heben konnte, wurde die unter dem Gewicht des Schergen in den Schnee gerissen. Ihre Waffe glitt ihr aus der Hand und sie versuchte an ihren Dolch zu gelangen, welchen sie am Gürtel trug. Doch der Dämon langte ihr mit seiner gewaltigen Pranke einen so festen Hieb ins Gesicht, das ihr fast die Luft wegblieb. Anna spürte, wie sich eine warme Flüssigkeit auf ihrem Gesicht ausbreitete.

Wieder holte das Monster mit seiner gewaltigen Pranke zum Schlag aus, wobei seine scharfen Klauen totbringend aufblitzten. Die Amazone griff nach ihrem Dolch, als ihr Feind plötzlich einen markerschütternden Laut ausstieß. Mit weit aufgerissenen Augen sah sie zu, wie der Dämon seitlich vor ihr kippte und röchelnd im Schnee liegen blieb.

„Anna! Bist du verletzt??“ erklang die hektische und besorgte Stimme Gidens, der mit erhobenem Schwert in der Hand nun vor ihr stand. Er kniete sich neben Anna und musterte sie eindringlich. Die junge Frau hatte eine klaffende Wunde auf der Stirn und ihr sonst so hübsches Gesicht war von Blut überströmt. Doch sie schüttelte nur den Kopf und ließ sich von ihrem Gefährten aufhelfen. „Danke!“ hauchte sie tonlos, jedoch ohne Giden dabei anzusehen. Ihr Blick haftete auf dem röchelnden Körper im Schnee.

Anna sah, wie das Leben langsam aus den Gliedern des Dämonen wich. Mit dem Dolch in der Hand warf sie das Ungetüm auf den Rücken, hielt ihm die Klinge an die Kehle und funkelte es bedrohlich an. „Wo ist das Buch?“ fauchte sie und sah mit wachsendem Unbehagen, wie sich ein hässliches Grinsen auf der Fratze des Dämons formte.

Anna wusste, dass dieser Unhold mit dem gestohlenen Tagebuch geflohen war. Doch nun trug er es nicht mehr bei sich. Wenn sie ihn nun an den Tod verloren, ohne das er ihnen verriet wo er das Buch versteckt hatte, würden sie sicherlich sehr lange danach suchen müssen.

Mit festem Griff drückte Anna die Klinge fester gegen die Kehle ihres Gegenübers. „Sag mir wo es ist! Oder ich schneide dir deine hässliche Fratze in Scheiben!“ schrie sie nun und riss mit der freien Hand den Kopf des Dämons in den Nacken.

Das Grinsen auf dem hässlichen Gesicht erstarb. Blut rann aus dem Mund des teuflischen Unholds und sein Röcheln erfüllte die Stille um sie herum, als sich Annas schlimmste Befürchtungen bewahrheitete. „Ihr seid zu spät“ röchelte er. Anna konnte in seinen Augen die Genugtuung sehen, die es dem Dämon bereitete. „Der Lord der Finsternis selbst hat es nun und schon bald wird unser Herr es besitzen.“

Bei den entsetzten Gesichtern seiner Feinde, brach der Dämon in schallendes Gelächter aus, das sich jedoch nach und nach in eine hustendes Röcheln verwandelte, bis es schließlich ganz veräppte und sein Körper endgültig erschlaffte.

Einen langen Augenblick wagte es Anna nicht sich zu rühren. Das finstere Lachen und die Worte des Dämonen klang noch immer in ihren Gedanken nach. Dann, nach einer gefühlten Ewigkeit, wandte sie sich um und sah auf in Gidens argwöhnisch dreinblickendes Gesicht.

Anna richtete sich auf, ging schweigend zu ihrem Bogen, der noch immer im Schnee lag und hob ihn auf. Sie betrachtete die Waffe in ihrem Hände. Konnte das alles wirklich sein?

„Der Herr der Finsternis...“ flüsterte sie. Ein kalter Wind kam auf und umspielte Annas blutverschmiertes Gesicht und ihr langes nasses Haar. //Der Schwarze Lord...// dachte sie und ein Schauer durchlief sie. Der Herr der Finsternis, der Schwarze Lord, war eine sagenumwogene Gestalt. Er war der oberste Befehlshaber der höllischen Heere und ein gnadenloser Krieger, der von seinen Feinden gefürchtet wurde... die rechte Hand des Diablos selbst.

„Verlogenes wiederwertiges Geschöpf!“ schimpfte Giden und sah voller Abscheu auf den toten Körper im Schnee.

Anna wandte sich zu ihm um. „Du meinst er hat gelogen?“

Giden sah auf und ging ein paar Schritte auf sie zu. „Natürlich hat er das! Der Schwarze Lord soll hier gewesen sein um sich das Buch zu holen?! Das ist vollkommen absurd! Als ob er sich für eine solche Aufgabe herablassen würde.“ Er sah ihr an, das sie beunruhigt war. Glaubte sie diesem Geschöpf etwa?!

Er legte seiner Gefährtin sanft die Hand auf die Schulter. „Wir hätten ihn doch gesehen Anna, einen Krieger wie ihn. Oder zumindest Spuren von ihm im Schnee. Aber da war nichts, gar nichts!“

Unwillkürlich musste Anna an die Stiefelabdrücke im Schnee denken, die sie zwischen den Felsen gesehen hatte. Doch diese waren kaum größer gewesen als ihre eigenen.

Anna biss sich auf die Unterlippe. Sie wusste nicht, was das zu bedeuten hatte. Langsam nickte sie. „Du hast Recht.“ sagte sie schließlich. Es gab keinen Grund Giden an ihren Gedanken teilhaben zu lassen. Sie würde Deckhart Cain, den alten Horadrim, um Rat fragen. Sicher konnte er ihr mehr über das verschollene Tagebuch und über den Schwarzen Lord erzählen, denn Anna wurde das Gefühl nicht los, das es damit mehr auf sich hatte.

Sie wandte sich zu Giden um, der sie argwöhnisch musterte. „Lass uns zurück reiten. Hier können wir nichts mehr machen.“ meinte sie und ging zu den Pferden zurück.

„Ja, gut.“ meinte der Krieger und folgte ihr. „Ich kann es kaum erwarten einen warmen Schluck Servisia zu trinken.“

Kapitel 2

Tief unter dem Arreat
 

Die raschen Schritte seiner Stiefel hallten von den steinernen kahlen Wänden wieder, als er durch den langen Gang schritt. Mit jedem Schritt den er tat, wurde ihm wärmer und eigentlich sträubte sich alles in ihm dagegen weiter zu gehen. Doch an dieses Gefühl hatte er sich längst gewöhnt und bereits vor Jahren gelernt, es auszublenden.

Die beiden großen bulligen Wachen reckten sich, als sie ihn von weitem kommen sahen. Zu groß war die Angst, er könnte sie zurecht weisen. Ihre neugierigen Blicke hefteten sich an das Buch, das er unter dem Arm trug. Es war ein großes altes in dickes Leder eingebundenes Buch, das mit goldenen Runen geschmückt war.

Es war ein Leichtes gewesen, das Buch in seinen Besitz zu bringen. Und seinem Heer hatte es ein köstliches Vergnügen bereitet den königlichen Palast zu plündern. Bei dem Gedanken schlich sich ein Grinsen auf das Gesicht des Schwarzen Lords. Zu schade, dass der König selbst in dieser Nacht nicht dort gewesen war. Zweifellos hätte es seinem Herrn gefallen, wenn er ihm den Kopf des Königs auf einem Tablett serviert hätte.

Als er an dem schweren Tor angelangt war, öffneten ihm die Wachen auf ein Nicken die Tür. Dahinter lag ein großer prunkvoller Raum. Überall an den Wänden standen volle Bücherregale und hölzerne Stufen, die mit vielen brennenden Kerzen besetzt waren und den ganzen Raum mit flackerndem Licht erhellten. In der Mitte des Raumes stand ein großer Tisch, überfüllt mit Pergamenten. Daran saß, auf einem mit Menschenhäuten gepolsterten vornehmen Stuhl, der Fürst Corscher, der höllische Numenklator.

Der Schwarze Lord trat ein und bedachte Corscher mit einem geringschätzigen Blick. Das er den Numenklator und sein bekleidetes Amt überflüssig fand, war ein offenes Geheimnis und nicht zu ersten Mal fragte er sich, was sein Herr, der Diablo, mit diesem Bürokraten an seiner Seite wollte.

Der Diablo hatte zwei Vertraute, die er in seine Pläne mit einbezog, falls er überhaupt jemanden mit einbezog. Diese beiden Vertrauten waren der Numenklator Corscher und er selbst, der oberste Heeresführer. Die gegenseitige Abneigung, die seine Untergebenen gegeneinander hegten, amüsierten den Herrn der Dunkelheit köstlich.

Als der ungebetene Gast in seine Gemächer trat, sah Corscher abwertend auf. „Ah, der große Heeresführer war erfolgreich“ grinste der Numenklator gehässig. Er wusste, dass der Schwarze Lord nicht begeistert davon gewesen war, das er das Buch beschaffen sollte. Immerhin war das auch eine Arbeit gewesen, die ein einfach Handlanger hätte erfüllen können. Und in dieser Wunde wollte er ein wenig bohren. In seinen Augen war der Schwarze Lord nichts weiter als der Schoßhund des Diablos, ein Schoßhund, dem man viel zu viel Macht übertragen hatte.

„Etwas das du wohl nie sein wirst!“ entgegnete der Lord der Finsternis trocken und schritt an dem Tisch vorbei, denn nicht der Numenklator war sein Ziel, sondern der Herr der Hölle selbst. Corschers verächtlicher Blick folgte ihm, während er in dem Durchgang verschwand, der zu den Gemächern des Diablos führte.

Er wollte das gestohlene Tagebuch seinem Meister übergeben und dann rasch aus dieser Hitze verschwinden.

Kapitel 3

Harrogath
 

Der Schneefall des vergangenen Tages hatte sich in einen eisigen Schneesturm verwandelt. Die Straßen von Harrogath waren wie ausgestorben.

Nur eine junge Frau war in der Kälte unterwegs.

Anna war eingewickelt in einen dicken Mantel und Tüchern und kämpfte sich durch den dichten Schneefall. Sie hatte die vergangene Nacht nicht schlafen können. Immer wieder hatten die letzten Worte des Dämonen sie heimgesucht.

Hatte tatsächlich der Schwarze Lord das Buch von dem Dämonen entgegengenommen? Und wer war dieser Lord überhaupt?

Anna hatte beim gestrigen Abendmahl den König nach dem höllischen Krieger befragt, doch ihr Onkel war bei diesem Thema abweisend wie immer. Er war von Anfang an dagegen gewesen, dass Anna den Weg einer Kriegerin eingeschlagen hatte, statt bei Hofe mit dem eleganten Hochadel zu verkehren. Anna konnte nicht verstehen, dass ihr Onkel nicht gegen die bedrohliche Lage vorging. //‘Wir haben grad mal genug Männer um unsere Stadt zu verteidigen‘// schossen ihr die letzten Worte ihres Onkels in den Sinn. Seufzend schüttelte sie den Kopf und fand sich dann vor der Tür des alten Horadrims wieder.

Anna klopfte gegen die massive Holztür der kleinen Hütte.

Sie musste einfach mit jemandem über die gestrigen Vorfälle reden und Deckhard konnte ihr bestimmt Näheres über diese Ereignisse erzählen.

Deckhard Cain war ein alter weiser und sehr belesener Gelehrter. Er gehörte einst zu einem Kreis von Gelehrten, die sich Horadrim nannten und als letzter überlebender dieses Kreises, war Cain sehr geschätzt und angesehen. Er machte niemals einen Hehl um seine Weisheit und scheute sich nicht davor, sein Wissen mit Anderen zu teilen.

So lächelte Deckhard Anna mit überraschendem Wohlwollen an, als er die Tür öffnete und lud sie ein, sich am Feuer zu wärmen.

Während Deckhard einen Kessel mit kochendem Wasser vom Feuer nahm, berichtete ihm Anna, was am gestrigen Tage geschehen war.

Gemeinsam saßen sie am Feuer und tranken Tee, während Deckhard anerkennend nickte und sich nachdenklich mit den Fingern durch den grauen Bart fuhr. Anna sah ihn erwartungsvoll an.

„Du denkst also die Fußspuren, die du im Schnee gefunden hast, gehören zum Schwarzen Lord?“ fragte Cain und sprach somit das aus, was Anna die ganze Zeit dachte.

„Ich .. weiß es nicht genau.“ meinte sie zögerlich. „Die Spuren waren nicht groß und es waren die Abdrücke eines Stiefels. Es könnten auch die Spuren eines unserer Krieger sein. Doch sie waren frisch und veräppten plötzlich, so als ob.... als ob sich von dort jemand teleportiert hätte.“

Deckhard hob aufmerksam seinen Blick. „Nun die Kunst der Teleportation erfolgt ein Hohes Maß der Magie. Sollte dies tatsächlich der Fall sein, bezweifle ich, dass es einer unsere Krieger war, der dort unterwegs war.“ bemerkte der Alte nachdenklich. In seine Stirn hatten sich tiefe Sorgenfalten gelegt und er wandte seinen Blick in die lodernden Flammen.

Anna rückte auf ihrem Stuhl zurück und lehnte sich leicht nach vorn. „Wer ist dieser Schwarze Lord eigentlich, wisst ihr das? Es wird immer so viel über ihn geredet, doch im Grunde weiß niemand etwas über ihn.“

Langsam nickte der Horadrim, lehnte sich in seinem Stuhl zurück und trank einen Schluck Tee, ehe er Anna wohlwollend ansah. „In der Tat ist er in aller Munde.“ begann Deckhard zu erzählen. „Doch, ist das nicht immer so, wenn ein mächtiger Krieger in den Reihen der Hölle aufsteigt?“ Anna nickte und Deckhard fuhr fort. „Der Schwarze Lord ist ein Peiniger aus jüngster Zeit. Vor gut einem halben Jahrzehnt trat er das erste Mal aus dem Schatten hervor, als die höllischen Schergen die heilige Kathedrale von Khanduras besudelten. Seid jeher scheint sein Einfluss und seine Macht in der Hölle gestiegen zu sein, ganz zu Schweigen von seinen magischen Fertigkeiten. Es ist nicht viel über den höllischen Heeresführer bekannt und es gibt keinerlei Aufzeichnungen über ihn. Scheinbar hat niemand, der ihn leibhaftig zu Gesicht bekam, überlebt.“ Deckhard machte eine lange Pause und wandte seinen Blick wieder den Flammen zu. „Ein Dämon, den zu fürchten keine Schande ist.“

Anna hing an den Lippen des Horadrim und sog jedes Wort in sich auf. Sie konnte sich noch gut an den Überfall auf die Kathedrale erinnern. Damals, vor sechs Jahren, hatte sie noch in Tristram gelebt. Ihr Vater hatte bei der Schlacht um die heilige Stätte sein Leben gelassen. Es musste ein entsetzliches Blutbad gewesen sein.

Kurz danach, waren sie und ihre Mutter an den Königshof nach Harrogath geflohen.

Anna war etwas enttäuscht darüber, dass auch Deckhard nicht wirklich viel über den Herrn der Finsternis zu wissen schien. Und immer noch nagte die Frage in ihr, ob die Fußspuren im Schnee wohl tatsächlich von ihm stammen konnten. Doch auch darauf würde sie hier keine Antwort finden. Allerdings empfand sie es als immer unwahrscheinlicher, da sie langsam die Überzeugung gewann, dass der Schwarze Lord zu den größeren Dämonen zählen musste, wie es die Anführer in ihren Reihen immer waren.

„Und das gestohlene Tagebuch? Meint ihr sie besitzen die Möglichkeiten die Schriften zu entziffern?“ fragte Anna nun und sah mit Entsetzten den besorgten Ausdruck in Cains Augen.

„Oh mein Kind, ich zweifle nicht daran.“ sagte er mit betrübter Stimme und sah sie nun an. „In den Reihen der Ungeweihten gibt es zahlreiche Magier, die über herausragende Fertigkeiten und ein großes Geschick im Umgang mit fremdländischen Schriften besitzen. Wenn es uns nicht gelingt, dem Diablo das Tagebuch wieder zu entreißen, so fürchte ich, werden wir im Kampf gegen die Mächte der Finsternis keine Chance mehr haben.“

Die junge Amazone wusste sehr wohl was Deckhard auszudrücken wollte. Sollte der Diablo im Besitz des Tagebuches bleiben, so hätte er die Möglichkeit alle gefallenen Dämonenkönige wieder auferstehen zu lassen und somit würde der Kampf gegen die höllischen Truppen jeden Sinn verlieren.

„Dann müssen wir es uns also wiederholen.“ schlussfolgerte Anna simpel und sah, wie Deckhard sich zu einem traurigen Lächeln zwang. „Ich fürchte, so leicht ist das nicht. Das Buch wird sicherlich weit entfernt aufbewahrt werden. Dort wo es weder Ein noch Aus gibt, in der Hölle selbst.“

Anna schüttelte verzweifelt den Kopf. „Aber irgendetwas müssen wir doch tuen können.“ Deckhard bedachte sie mit einem traurigen Blick und lächelte müde. „Ja... irgendwas.“
 


 

Lange Zeit hatte Anna wach gelegen und hatte sich auf ihrem Bett hin und her gewälzt, ehe sie eine Entscheidung getroffen hatte.

Sie wusste, dass es ein waghalsiges Unterfangen war, doch sie wusste auch, dass ihr Onkel nichts unternehmen konnte, um die Schreckensherrschaft des Diablos zu beenden, nicht solange dieser im Besitz von Horazons Tagebuch war. Also musste jemand versuchen es ihm zu entreißen...

Sie hängte sich den Bogen um ihre Schulter, füllte den Käscher randvoll mit Pfeilen und zog ihre Amazonenrüstung an. Ihr langes dichtes Haar band sie sich zu einem strengen Zopf zusammen, sodass es sie im Kampf nicht stören konnte.

Sie legte einen kurzen Brief, den sie geschrieben hatte, auf ihr Bett und verließ leise das Schloss.

Eingehüllt in einen dicken warmen Umhang machte sie sich auf den Weg zum Hafen der Bastion.

Deckhard Cain war der Ansicht gewesen, dass die Unhold das gestohlene Tagebuch irgendwo in der Ferne verborgen hielten. So hatte Anna beschlossen in ihrer Heimat Khanduras mit der Suche zu beginnen.

Alle Schiffe, die aus dem Hafen der Bastion ablegen wollten, brauchten in diesen gefährlichen Zeiten eine Genehmigung des hohen Adelshauses. Für Anna war dies das geringste Problem gewesen. Sie hatte ein Schreiben aufgesetzt, welches sie mit dem königlichen Siegel ihres Onkels versehen hatte. Mit diesem Schriftstück würde sie die Bastion problemlos verlassen können. Nur musste sie rasch ein Schiff finden, das sie nach Khanduras bringen würde, und zwar noch bevor ihr Onkel von ihrem Verschwinden erfuhr und sie an der Ausreise hindern konnte.

Als die Dämmerung einsetzte, begann der kleine Hafen sich mit Leben zu füllen. Die anliegenden Schiffe warteten nur darauf, die Bastion verlassen zu können, denn seit dem Überfall der Dämonen auf die Stadt, fühlte sich hier Niemand mehr sicher. Daher wurde Anna mit Kusshand begrüßt, als sie das königliche Siegel vorwies und um ein Schiff bat, das sie nach Königshafen brachte.

Noch bevor die Sonne aufging, war die junge Amazone auf See.

Der eisige Wind bließ ihr schneidend ins Gesicht, als sie über das Deck des großen Handelsschiffes ging. Sie lehnte sich über die Reling und sah hinaus in die Ferne. Sie hatte keinen Zweifel daran, dass sie das Richtige tat. Sie würde Horazons Tagebuch finden und wieder zurück bringen.

Kapitel 4

Das Kloster - Khanduras
 

Unheimlich und angsteinflößend malte sich das alte Kloster vor dem Nachthimmel ab. Die majestätische Kathedrale war einst eine heilige Stätte und Zufluchtsort für Wanderer und Pilger gewesen. Doch nun waren die aufgespießten Körper, die vor den massiven Eingangstoren zur Schau gestellt wurden, Zeugnis der Grausamkeit und des Warnsinns, der vor Jahren hier eingezogen war. Obgleich sich ohnehin keine menschliche Seele mehr traute diesen entweihten Ort aufzusuchen, so ließen sich die teuflischen Schergen den Spaß nicht nehmen, die Körper ihrer Feinde auch nach ihrem Tode noch zu misshandeln und zu besudeln. Eine Abschreckung, die bei den Hinterbliebenen pures Entsetzen und qualvollen Schmerz auslösten, blieb es ihnen nun auf ewig verwehrt angemessen um den Gefallenen zu trauern und ihm die ewige Ruhe zu schenken.

Hinter den Mauern herrschte Kor Abgar, der dunkle Schamanenkönig, seine Untergebenen zur Eile an. Eine Herrin, die Dämonenkönigin Andariel, hatte ihm aufgetragen im Kloster und in den Reihen seiner Kreaturen für Ordnung zu sorgen. Der Lord der Finsternis sollte in Kürze hier eintreffen und für einen derart hochrangigen Gast musste alles hergerichtet werden. Besonders in Andariels Thronsaal, wo die Lordschaft während seines Aufenthalts residieren sollte, herrschte ein hektisches Treiben. Der Jungefernbrunnen, aus dem die Fürstin zu trinken beliebte, wurde mit dem frischen Blut von Jungfrauen gefüllt und das Nachtlager wurde mit neuen Fellen ausgedeckt. Auch wurde das mit Blut gefüllte Bad Andariels geleert und mit frischem kühelm Wasser aus dem nahe liegenden Bergfluss gefüllt.

Plötzlich warf sich ein riesiger bedrohlicher Schatten auf die Szene, Andriel war soeben eingetroffen. Sofort räumten die fleißigen Dämonen die Sachen beiseite und verließen panisch den Saal, während die Dämonin sich gebieterisch umsah.

Kor Abgar eilte herbei und verneigte sich tief vor seiner Gebieterin. „Alles ist hergerichtet, Herrin.“ berichtete er, noch immer in tiefer Verbeugung. Erst als die riesenhafte Frau an ihm vorbei schritt und sich persönlich von der Arbeit überzeugte, wagte er es sich aufzurichten.

„Das Bad wurde ausgespült?!“ herrschte Andariel ihren Diener an und wandte sich rasch zu ihm um. Wieder verneigte sich der Schamane tief, während er bejahte. „Gewiss Herrin, es wurde gereinigt und nur mit dem klarsten Wasser aus dem Bergbach gefüllt.“

Nickend wandte sich Andariel ab und schritt an dem kühlen Bad vorbei, wobei sie einen großen Bogen um das kühle Nass machte, hin zum Jungfernbrunnen. Im Gegensatz zu den Dämonen, die für gewöhnlich pflegten im Blut ihrer Opfer zu baden, bestand der Schwarze Lord auf klares kühles Wasser.

Andariel nickte zufrieden und wandte sich wieder an Kor Abgar. „Eure Lordschaft darf während seiner Anwesenheit nicht gestört werden!“ bellte sie den Schamanen an. „Du selbst wirst jeden Wunsch seiner Lordschaft erfüllen!“

Wiederum verneigte sich der dunkle Priester „Wie ihr wünscht, Herrin.“

Kurz nachdem Andariel entschwunden war, verließ auch er den Saal und verschloss die Türe sorgfältig hinter sich. Niemand sollte es wagen nun noch diesen Raum zu betreten ehe der Schwarze Lord eingetroffen war. Sollte der Lordschaft irgendetwas missfallen, würde Kor Abgar seinen Zorn zu spüren bekommen. Und dieser würde grausam sein.

Kapitel 5

Duncraig - Khanduras
 

Mehrere Tage hatte die Überfahrt von der Bastion nach Königshafen gedauert. Je weiter sie nach Süden gesegelt waren, desto milder wurde das Wetter. Allmählich wurde aus dem Schnee ein milder Regen und aus dem eisigen Sturm eine kühle Böe.

Auch konnte Anna eine Veränderung der Landschaft ausmachen, sobald ihr die Küste in Sicht kam. Im Reich des Schreckens bestand die Landschaft aus kaltem Fels und kahlem Gestrüpp. Als sie über die Zwillingsmeere in Küstennähe entlang segelten, konnte Anna das satte Grün der Wiesen und Bäume sehen und ein Lächeln zeichnete sich auf ihren Lippen ab. Hier war sie zuhause, endlich war sie in Khanduras. Von hier aus war es nur noch ein Zweitagesritt bis nach Tristram.

Als sie in Königshafen anlegten, war es kurz nach Mittag. Auf dem Pier herrschte ein reges Treiben und Anna hatte Mühe sich durch die angesammelte Menge zu kämpfen. Viele boten für eine günstige Bezahlung ihre Dienste beim Entladen des Schiffes an. Die Armut, die unter dem Volk herrschte, schien hier noch größer zu sein als in der Bastion. Allerdings lebten hier auch wesentlich mehr Menschen als im gefährlichen Norden.

Anna wollte keine Zeit verlieren und so rasch wie möglich Tristram erreichen. Daher suchte sie die Stallungen auf, wo man für gutes Geld ein Pferd erstehen konnte. Da die junge Kämpferin auf gutem Hause kam, war dies kein Problem für sie.

Am frühen Nachmittag verließ sie Königshafen und ritt über eine zertrampelte Straße gen Norden.

Als die Dunkelheit über sie hereinbrach, passierte Anna das dürftige Tor von Duncraig, einem befestigten Lager in den Sümpfen, nicht weit entfernt von der Küste.

Die wenigen Leute, die außerhalb ihrer Zelte waren, warfen ihr argwöhnische und neugierige Blick zu. Die meisten von ihnen waren Krieger oder Kriegerinnen, die die Monster hier in der näheren Umgebung bekämpften. Sie saßen an einem großen Feuer in der Mitte des Lagers oder saßen vor ihren Zelten und schliffen ihre Waffen. Dem Anblick ihrer Rüstungen nach, würden sie im Kampf gegen die Bestien im Norden keinen Schwerthieb überleben. Daher wunderte sie sich nicht über die begierigen Blicke, die ihr zugeworfen wurden, denn ihr eigenes Equipment war nicht mit dem der übrigen Krieger hier zu vergleichen.

Anna saß von ihrem Pferd ab und sah, wie eine Frau mittleren Alters auf sie zu kam. Sie trug ein langes schwarzes Gewand mit einem gefütterten Cape und unter ihrer Kapuze blitze ein edles Diadem auf. Die Frau wirkte sehr elegant, was im Vergleich zum Rest des Lagers hier sehr bizarr auf Anna wirkte.

„Guten Abend“, grüßte die Fremde sie freundlich und machte eine kleine Verbeugung. Anna erwiderte diese und sah die Frau fragend an. Diese lächelte gütig. „Ich bin Akara, Hohe Priesterin und Anführerin dieses Lagers.“ erklärte sie. „Ich heiße euch in unserem bescheidenen Lager willkommen, fürchte jedoch das wir euch nur gegrenzt Schutz bieten können.“

Anna lächelte freundlich und schüttelte den Kopf. „Ich danke euch, Herrin. Doch ich brauche lediglich einen Schlafplatz für die Nacht. Schon morgen muss ich weiter.“

Die Priesterin nickte langsam und besah sich die Amazone etwas nähr. „Ihr seid nicht von hier?“ stellte sie dann mehr fest, als das sie fragte und bedachte Anna mit einem fragenden Blick.

Diese schüttelte den Kopf. „Nein, ich komme aus dem Scheich des Schreckens hoch oben im Norden und bin auf der Durchreise nach Tristram.“ erklärte sie und wickelte sie Zügel ihres Pferdes geistesabwesend um ihre Finger.

Die Augen der Priesterin weiteten sich erstaunt und sie lug Anna ein, sich mit in ihr Zelt zu setzten und sich dort ein wenig zu unterhalten.

Etwas später lag Anna dann auf einem bequemen Lager in einem ihr zugeteilten Zelt. Die letzten Tage und Nächte waren sehr anstrengend gewesen und sie hatte kaum ein Auge zu gemacht auf See. So dauerte es nicht lange, bis ihr die Augen zu fielen und sie in einem tiefen erholsamen Schlaf sank.
 


 

Tristram - Khanduras
 

Als Anna die letzten Bäume des dichten Wäldchens hinter sich brachte, viel ihr Blick hinab auf ein kleines Dorf. Sie zügelte ihr Pferd und sah sich um. Nicht weit entfernt ragten hohe Felswände empor und ein kleiner Fluss, der am Rand des Dorfes entlang floss, gabelte sich und versorgte das Vieh auf den Wiesen mit Wasser. Aus einzelnen Schonsteinen qualmte es und um den Brunnen in der Mitte es Dorfes sprangen einige Kinder herum.

Ein Lächeln der Erleichterung zeichnete sich auf Annas Gesicht. Sie hatte gefürchtet, dass sich hier etwas verändert hätte, doch Tristram lag noch genau so vor ihr, wie sie es von sechs Jahren verlassen hatte.

Langsam trieb sie ihr Pferd den zertrampelten Pfad zum Dorf hinab. Mit einem Male fühlte sich die junge Frau wunderbar. Endlich war sie wieder zu hause. Für diesen Augenblick vergaß sie, weshalb sie her gekommen war, vergaß sie, dass sie eine Kämpferin war. Plötzlich war sie wieder das Mädchen, das sie damals gewesen war.

Sie sprang von dem Rücken ihres Pferdes und schritt zwischen den Häusern her in Richtung des Dorfplatzes, auf dem der Brunnen stand. Auf diesem Weg, kam sie an einem alten Haus vorbei, dessen altes Strohdach an einigen Stellen eingefallen war. Auf einer kleinen Bank vor dem Haus saß eine ältere Frau, die dabei war faule Karotten aus einem Korb zu sortieren. Als die Frau die Fremde sah, nickte sie zum Gruße und gab ein erschöpftes „Guten Morgen“ von sich, ehe sie sich wieder der Arbeit zuwandte.

Anna blieb vor der Frau stehen und lächelte sie herzlich an. „Guten Morgen Martha!“ grüßte Anna die Frau und sah zu, wie diese erstaunt wieder zu ihr auf sah.

Martha war 49 Jahre alt, doch die letzten Jahre hatten sie gezeichnet und ließen sie um einiges älter wirken. Sie war die Mutter eines kleinen Jungen, mit dem Anna als Kind sehr gut befreundet gewesen war. Velkan, der Junge, der von der Dämonenkönigin Andariel in den Tod gerissen wurde.

Erstaunt sah Martha zu der Fremden auf, die sie beim Namen genannt hatte. Dann weiteten sich überrascht ihr Augen und sie stieß von ihrer Bank auf. „Oh Gott, mein Mädchen!“ stieß sie hervor und schloss Anna überglücklich in ihre Arme. „Dem Herrn sei Dank! Unsere Anna ist zurückgekehrt!“

Sie löste die Umarmung, lächelte Anna herzlich an und küsste sie auf die Stirn.

Auch Anna war sehr glücklich Martha wieder zu sehen, sie hatte ihr in der ersten Zeit nach dem Umzug sehr gefehlt.

Doch die recht ausgelassene Begrüßung der beiden, machte auch die anderen Dorfbewohner aufmerksam, sodass Anna schon bald von einer kleinen Menschentraube umringt war, die sie alle daheim begrüßen wollten.

An diesem Abend wurde Anna zu Ehren ein kleines Fest veranstaltet. Ein großes Feuer wurde auf dem Dorfplatz errichtet, über dem ein Schwein gebraten wurde. Rohbar, der Gastwirt, stiftete ein großes Fass Meet und an diesem Abend feierte ganz Tristram. Anna war wieder zu haus.

Kapitel 6

Die Klosterpforte - Khanduras
 

Anna hatte es nicht übers Herz gebracht, ihren Freunden gestern den Grund für ihre Heimkehr zu gestehen. Zu ausgelassen und glücklich war die Stimmung gewesen, als sie am gestrigen Abend mit dem ganzen Dorf gefeiert hatten.

Doch nun war es an der Zeit ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen, denn sie wollte keine kostbare Zeit verstreichen lassen, während die Gelehrten des Diablos sicherlich damit beschäftigt waren, die Schriften in Horazons Tagebuch zu entziffern.

Es dauerte nicht lange, dann sah sie in einiger Entfernung, wie sich das majestätische Kloster vor ihr aufbaute. Hinter einer nahe liegenden flachen Mauer pirschte sich die Amazone nähr an, bis sie das massive und riesenhafte Eingangstor der Stätte vor sich sah. Aus ihrem Versteck hatte sie einen guten Blick auf das, was dort vor sich ging. Sie legte ihre Stirn nachdenklich in Falten. Griswald, der Schmied im Dorf hatte ihr gestern erzählt, das es ein Leichtes war in das Kloster zu gelangen. Beim tieferen Eindringen ins Innere des Klosters jedoch, wären alle Krieger, auch wenn sie noch so heldenhaft waren, gescheitert.

Anna bot sich hier jedoch ein ganz anderes Bild.

Vor den großen Flügeltüren gingen zwei Kreaturen patrouillierend auf und ab. Und diese beiden gehörten nicht zu den Gattungen, wie sie für gewöhnlich in Khanduras verkehrten. Nein, diese riesenhaften bulligen Monster hatte Anna bislang nur im Reich des Schreckens gesehen.

Ihr Herz setzte einen Schlag aus. Wenn der dunkle Herrscher seine stärksten Krieger hierher beordert hatte, dann hatte das sicherlich einen guten Grund. Vielleicht den Grund ein gestohlenes Relikt von großer Bedeutung zu bewachen?

Anna war sich nun ganz sicher, dass sie hier auf der richtigen Spur war. Irgendwo hinter diesen Mauern musste Horazons Tagebuch aufbewahrt sein und sie bezweifelte, das der Diablo selbst seinen höllischen Thron im Reich des Schreckens verlassen hatte. Das hieß, sie musste gar nicht mit ihm um das Buch kämpfen. Optimismus stieg in der Amazone auf. Die Dinge hatten sich zu ihren Gunsten gedreht. Keines der Monster hier konnte der geübten Kriegerin das Wasser reichen, denn gegen diese Unholde hatte sie in der Bastion schon zu Genüge gekämpft. Sie würde als Siegerin aus dieser Schlacht hervor gehen.

Siegessicher erhob sie ihren Bogen und kämpfte sich in das Innere des Klosters.
 

.... wird noch fortgesetzt....



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück