私はあなたと一緒にいたい von Oceanwhirl (Ich möchte bei dir sein) ================================================================================ Kapitel 2: 水蜜桃で〜が付けてある ---------------------- Die Dosen schepperten laut, als sie in die Ablage fielen und Jun wunderte sich, dass er noch nie von einem Fall gehört hatte, bei dem jemandem von einer der vollen Dosen ein Finger zertrümmert worden war. Er nahm die beiden heißen Teedosen und ging zu der kleinen Mauer, auf der sein Begleiter wider Willen hockte und ganz offensichtlich von der Situation ebenso überfordert war, wie Jun. „Hier“, sagte er, hätte sich aber gleich selbst ohrfeigen können. Er kam sich unhöflich vor, wenn er sprach, wo der andere ihn doch ohnehin nicht hören konnte. Der ergriff die Dose und der dankbare Blick aus verdammt schönen, dunklen Augen hielt Jun einen Moment gefangen, bevor der Sitzende das Etikett betrachtete und tonlos kicherte. Jun war erleichtert; Pfirsich-Aroma schien also doch eine gute Wahl gewesen zu sein. Er setzte sich neben den anderen auf die Mauer und öffnete die Dose, nahm einen Schluck und verbrannte sich prompt, was seinen Nebenmann geräuschlos lachen ließ. Jun grinste schief und ließ seine Zunge über die Lippen gleiten, um zu sehen, ob es dann mehr wehtat. Immerhin hatte er scheinbar einen sympathischen ersten Eindruck gemacht, auch wenn er sich ein bisschen wie ein Idiot vorkam. Aber dass der Andere lachte, war doch schon mal ein guter Anfang. Er sah zu ihm hinüber. Der Kleine, der in Wirklichkeit ein wenig größer war als Junya, blickte geradeaus, nippte an seiner Dose. Sein Gesicht lag etwas im Schatten, aber Jun konnte genug erkennen, um festzustellen, dass der andere vermutlich der hübscheste Junge war, den er jemals gesehen hatte. Nicht einmal Setsuki war hübscher und das sollte schon etwas heißen. Ein wenig konnte er verstehen, warum der große hässliche Typ den Kleinen nicht hatte gehen lassen wollen. Er zuckte ein wenig ertappt zusammen, als sein Nebenmann plötzlich zu ihm hinsah und ein wenig zu lächeln begann. Hoffentlich war sein Blick nicht zu schmachtend gewesen… Der Andere stellte die Dose zur Seite, ließ seine linke Handfläche nach oben zeigen und tat dann so, als schriebe er darauf. Offensichtlich wollte er wissen, ob Jun Stift und Papier hatte und der begann sofort in seiner Tasche zu kramen, förderte schließlich einen Kugelschreiber und sein kleines Notizbuch zu Tage, das er aufschlug und dem anderen entgegenhielt. Dieser verneigte sich leicht, nahm dann die Schreibsachen entgegen und beugte sich darüber. Jun wurde ein bisschen rot, als der andere ihm ein sehr ordentlich geschriebenes Vielen Dank für Ihre Hilfe! entgegenhielt, gepaart mit einer neuerlichen Verbeugung. Jun nahm Buch und Stift entgegen. Keine Ursache, schrieb er, ich konnte ja nicht einfach zusehen, wie der Typ dich belästigt. Ihm fiel nicht einmal auf, dass er nicht die selbe höfliche Form benutzt hatte, wie der andere, war viel zu beschäftigt damit, sich locker und interessant zu geben, schließlich wollte er den anderen nicht vergraulen. Darf ich fragen, wie du heißt?, kritzelte er schließlich darunter, fügte dann noch an Mein Name ist Junya. Er zeigte es dem anderen, kritzelte dann das letzte Hiragana durch, sodass nur noch Jun da stand. Dann gab er den Stift und das Büchlein zurück, beobachtete den wenig Größeren, der sich offensichtlich viel weniger als er um eine leserliche Handschrift bemühen musste. Erst malte er ein Kanji auf das Papier, überlegte einen Moment und schrieb dann - wohl zur Sicherheit - noch die Hiragana dazu, die Jun sagten, wie man das Schriftzeichen aussprach. Sein Name war Tetsu. Und nachdem Jun verstehend genickte hatte, bedankte der andere sich noch einmal ausführlich für die Hilfe und den Tee, den er ergriff und dann dankbar zu Junya hinsehend an seine Lippen führte. Dieser lächelte etwas errötend, hoffte, dass man das im Zwielicht nicht sehen konnte. Du hast vorhin angedeutet, dass du nicht hören kannst,, Tetsu nickte zustimmend und Jun schrieb weiter: aber ich hab dich tanzen sehen. Und es sah nicht so aus, als könntest du nicht hören. Ich meine, es war immer im Takt… Tetsu kicherte tonlos, ergriff dann den Stift und schrieb, ohne das Notizbuch von Juns Knien zu nehmen: Ich spüre die Schwingungen in der Luft. Bei lauter Musik spürt man die Vibration am Körper. Die Bässe und so. Juns Gesicht hellte sich auf vor Erkenntnis. Etwas ertappt las er dann die nächsten Worte: Haben Sie mich beobachtet? Er bekam von einem etwas verschmitzt grinsenden Tetsu den Stift in die Hand gedrückt und schluckte. Es dauerte einige Augenblicke, in denen er krampfhaft überlegte, was er jetzt schreiben sollte, bis der andere den Stift wieder ergriff und schrieb: Das macht mir nichts aus, hätten Sie es nicht getan, hätte dieser Typ mich wohl mitgenommen. Er lächelte sanft und legte den Stift vorsichtig auf das Papier. Jun wusste nicht, was er darauf erwidern sollte und nippte an seinem Tee, ebenfalls Pfirsich, und betrachtete seinen Nebenmann unauffällig. Tetsu war sehr, sehr schön. Seine Wimpern waren lang und sanft geschwungen und seine Lippen waren sogar noch schöner. Sein volles, schwarzes Haar fiel ihm ins blasse Gesicht und umschmeichelte seinen weißen Hals. Er sah ein bisschen aus wie eine Puppe. Überhaupt wirkte seine ganze Gestalt in dem langen schwarzen Rock und dem viktorianisch wirkenden Oberteil sehr elegant. Tetsu, der nach vorn geblickt hatte – und man sah ihm an, dass er wusste, dass er beobachtet wurde – wandte sich zu Jun und befeuchtete sich die Lippen mit der Zunge und Juns Atem stockte kurz. Das Lächeln, das sich auf die Lippen seines Gegenübers schlich, war fast scheu und verwirrte Jun, aber er kam nicht dazu, darüber nachzudenken, als Tetsu auch schon den Stift ergriff und schrieb: Ich hab meine Tasche im Velfarre liegen lassen… Er warf Jun einen hilflosen Blick zu und fügte dann hinzu: Da ist mein Haustürschlüssel drin und mein Geldbeutel und alles andere. Soll ich zurück, die Sachen holen gehen?, schlug Jun vor, doch der andere schüttelte den Kopf. Wenn dieser Typ Sie erwischt, wird er Ihnen sonst was antun! Tetsu schüttelte den hübschen Kopf und seufzte rat- und tonlos. Wenn du nicht reinkommst zu Hause, kannst du bei mir unterkommen, dann gehen wir morgen früh deine Tasche holen, ich kenn einen der Theker. Der Blick, den Tetsu ihm zuwarf war zugleich hoffnungsvoll und unsicher. Ich will Ihnen nicht zur Last fallen Nun war es an Jun den Kopf zu schütteln. Ich kann dich doch nicht einfach dir selbst überlassen! Tetsu verneigte sich heftig und mehr als drei Mal und Jun kam sich komisch vor. Warum war Tetsu so überrascht, jeder hätte das doch getan, oder etwa nicht? Und warum war er sich so sicher, dass Jun ihm nichts antun würde, wenn er erst einmal bei sich in der Wohnung war? Und wo sollte Jun die ganzen Bierflaschen verschwinden lassen, ohne dass Tetsu sie sah? Ich hab allerdings nicht aufgeräumt…, schrieb Jun und grinste schief und bekam als Reaktion wieder dieses wunderhübsche tonlose Auflachen. Das macht nichts, ich bin einiges gewöhnt. Es war ja nicht so, dass es bei Jun aussah, als habe eine Bombe eingeschlagen, aber seit er ausgezogen war, genoss er seine Freiheit so sehr, dass er vom ersten Tag an nicht aufgeräumt hatte. Der einzige, der ab und an die Playstationspiele wegräumte oder mal den Staubsauger anwarf, war zu seiner großen Verlegenheit Setsuki, aber er konnte sich einfach nicht dazu überwinden, den Fernseher Fernseher sein zu lassen. Und wenn man nur auf die Mattscheibe guckte, sah man das ganze Chaos ja auch nicht… Und spülen tat er ja auch ab und zu mal, so schlimm war es ja gar nicht. Er kramte seine Zigaretten aus der Hosentasche und bot Tetsu eine an, der sie auch annahm. Er gab dem Größeren Feuer und zündete sich eine eigene Zigarette an, bevor er eine Kopfbewegung in Richtung U-Bahn machte. Tetsu nickte und stand auf und zusammen gingen sie zur Haltestelle, schweigend natürlich. Immer wieder warf Jun einen Blick zu Tetsu, so lange, bis dieser den Blick erwiderte und er wurde ein wenig rot. Er hatte nicht an Liebe auf den ersten Blick geglaubt. Aber Tetsu war wirklich sehr schön und sehr nett. Er bemerkte erst nach ein paar Minuten, dass der Andere ein wenig zitterte und hätte sich am liebsten geohrfeigt für seine Unaufmerksamkeit. Schnell schlüpfte er aus dem schwarzen Zip-Hoodie und hängte ihn Tetsu über die Schultern, der zuerst beschämt den Kopf schüttelte und ihn wegzuschieben versuchte, aber schließlich nachgab, als Jun sich nicht beirren ließ. Seine Finger schlossen sich um den Stoff und zogen ihn enger und Jun hoffte, dass seine Weste morgen nach Tetsu roch. Ein kurzer Impuls zuckte in seine Lendengegend, als er daran dachte, dann lief er die Treppe zur U-Bahn herunter und versuchte an etwas anderes zu denken. Sein Begleiter war in den hohen Schuhen nicht so schnell und Jun wartete auf dem Treppenabsatz auf ihn. Tetsus Schritte waren bemessen, sein Blick konzentriert auf die Stufen gerichtet, damit er nicht strauchelte, und sein im Nacken hochgestecktes Haar wippte bei jedem Schritt. Jun war froh, dass der andere aufpassen musste, wo er hintrat, damit er nicht das Gleichgewicht verlor, so fiel ihm nämlich nicht auf, dass er ihn permanent anstarrte. Er war aber auch verteufelt hübsch und der Qualm der Zigarette zwischen seinen Fingern, der ihn leicht umwaberte, tat sein Übriges dazu, den femininen jungen Mann wie eine Erscheinung wirken zu lassen. Jun wurde aus seinen Gedanken gerissen, als er das Geräusch eines Zuges hörte. "Schnell!", rief er in Ungedanken und streckte Tetsu die Hand hin und der sah etwas irritiert auf, beeilte sich dann aber tatsächlich. Seine Hand fühlte sich warm und zart in der Juns an und ließ sie auch nicht los, als sie die Bahn gerade noch so erwischten. Die Tür schloss sich hinter ihnen und Jun drehte sich freudig darüber, dass sie es noch geschafft hatten zu Tetsu, der schon wieder so gut aussah, weil er gerannt war. Tetsus Finger lagen in denen des Kleineren und dessen Blick tropfte auf ihre verschränkten Finger und dann wurde er wahnsinnig rot. Er sah wieder zu Tetsu auf der den Blick mit einem kaum merklichen Lächeln erwiderte und Jun hatte die Befürchtung, dass er gar nicht echt war, sondern dass er Geister sah - und mit ihnen Händchen hielt. Er entließ Tetsus Finger und dieser lachte tonlos, ging dann zu einer Sitzreihe und ließ sich darauf nieder, ganz gerade, mit im Schoß gefalteten Händen. Jun musterte ihn, wie er seine Reflexion im gegenüberliegenden Fenster betrachtete. Er konnte gar nicht echt sein. Er war bestimmt nur Einbildung. Das kam davon, wenn man zu viele Rollenspiele zockte. Lächelnd ging Jun zu Tetsu und wusste nicht, ob er sich zu ihm setzen konnte. Der Größere pattete mit der flachen Hand auf den Sitz neben sich und lächelte Jun zu, als dieser Platz genommen hatte. Dann, und Jun fand es zuerst ein wenig komisch, begann er die hohen Schuhe aufzuschnüren. Er krempelte den Rock bis zu den Oberschenkeln hoch und Jun sah, dass die Stiefel bis zu den Knien gingen. Sicher waren sie sehr teuer gewesen. Als der Größere den ersten Stiefel auszog, verstand Jun und war sehr erschrocken. Die dünne schwarze Nylonstrumpfhose war bis zu den Knöcheln mit Blut verschmiert. Auch den anderen Fuß hatte Tetsu sich blutig gelaufen und Jun starrte auf die beiden wunden Füße, dann hoch zu Tetsu, der noch immer ein wenig lächelte. Der drehte die Fußgelenke etwas und deutete auf die Schreibsachen in Juns Tasche, die dieser ihm bereitwillig aushändigte. Sie sind zu klein, lautete die Erklärung für die blutigen Füße und Tetsu lächelte ihm kurz zu, bevor er hinzufügte: Ich hätte sie vielleicht nicht zum Tanzen anziehen sollen, aber sie sehen so hübsch aus mit dem Rock. Jun starte auf die Buchstaben und überlegte. Er konnte Tetsu unmöglich wieder diese Schuhe tragen lassen. Er wollte sich gar nicht vorstellen, wie weh es tat. Die Nylons waren hinten an der Ferse durchgelaufen und klebten in der Wunde, wo sich die Haut von Tetsus Fuß pellte. Kurz entschlossen schlüpfte Jun aus seinen ausgelatschten Stoffschuhen und schob sie zu Tetsu, der ihn ungläubig anblickte, dann den Kopf schüttelte. Jun nickte ihm aber zu und so sah sich Tetsu gezwungen, wieder den Stift zu ergreifen. Ich kann die nicht anziehen. Er sah wieder auf und blickte Jun irgendwie traurig an, aber der Kleinere grinste nur. Ich kann barfuß laufen, das tu ich im Sommer immer, schrieb er und fügte dann noch hinzu: Wenn du sie nicht anziehen willst, muss ich dich eben zu mir tragen… Tetsu las die Worte ein paar mal und schüttelte dann den Kopf. Jun musste kichern, als der andere schnell seine Schuhe ergriff und sie anzog. Es sah zusammen mit dem Rock echt nicht besonders toll aus, aber immerhin hatte er größere Füße als Tetsu und deshalb drückten die Schuhe nicht so, wie die Ausgehschuhe des Größeren. Erst als Tetsu die zu gleichmäßigen Schleifen gebundenen Schnürsenkel einen Moment betrachtet hatte, ergriff er wieder den Stift. Ich kann das nie wieder gutmachen. Es schien beschlossene Sache, weshalb Jun nur darunter schrieb Das musst du nicht und dann auf der Anzeige kontrollierte, ob sie aussteigen mussten. Tatsächlich war die nächste Haltestelle ihre und Jun packte seine Schreibsachen ein, ergriff die Schuhe des Anderen und streckte ihm dann die Hand hin, um ihm aufzuhelfen. Sein Begleiter ging darauf ein und sie verfielen wieder in Schweigen, während sie zu Juns Wohnung liefen, Tetsu in unpassenden alten Chucks und Jun nur im T-Shirt und barfuß und mit Tetsus Grufti-Stiefeln in der Hand. Tatsächlich war der vermeintlich Größere ohne die hohen Stiefel ziemlich klein, kleiner als Jun. Für einen Japaner war das sicherlich eine akzeptable Körpergröße, aber dennoch fand Jun ihn jetzt, wo er wusste, dass Tetsu kleiner war als Jun mit seinen über 1,70, noch ein kleines bisschen süßer als vorher. Die Wohnung Juns war sehr sehr klein und schäbig, aber sie war billig und genau das war der Grund, warum Jun hier wohnte. Durch eine Treppe an der Außenseite des Gebäudes konnte man zur Wohnungstür gelangen und Jun musste Tetsus Hand loslassen, um die Tür aufzuschließen. Sie schwang nach innen auf und Jun ließ Tetsu zuerst ein. Der Kleinere trat ein, nicht, ohne Jun ein sehr niedliches Lächeln zuzuwerfen, und blieb stehen, begann, die Chucks aufzuschnüren, während Jun die Stiefel seines Begleiters abstellte und die Tür hinter sich absperrte. Es war reine Gewohnheit, aber anfangs hatte er, allein in der fremden Wohnung und überhaupt zum ersten Mal auf sich allein gestellt, Angst vor Einbrechern gehabt und diese Angewohnheit nicht mehr abgelegt. Der Schlüssel blieb stecken, aber Jun ließ ihn etwa 40° nach rechts gedreht, damit man die Tür noch weniger mit einem Draht aufbrechen konnte. Er wandte sich zu Tetsu und machte eine ausschweifende Armbewegung. Tetsu kicherte lautlos und ging ein paar Schritte in die winzige Wohnung, sah sich um. Nicht, dass es viel zu sehen gegeben hätte: An den kleinen Vorraum, wo Schuhe standen und die instabile Garderobe, an der noch immer Juns Winterjacke hing, schloss sich die Küche an, mit einer Tür an der linken Seite, die zum Badezimmer führte. Direkt danach, und ohne von einer Wand abgetrennt zu sein, kam das Wohn-, Schlaf-Zimmer. Es maß etwa 5x5 Meter und bot kaum Platz für das große Bett, den kleinen Kleiderschrank, einen winzigen Tisch mit PC und den Fernseher, neben dem sich Konsolenspiele so hoch stapeln, dass man es eher in Metern als in Zentimetern messen musste. Auf dem Boden standen einige Bierflaschen und leere Cola-, Tee- und Energydrink-Dosen. Jun wies auf sein Bett, die einzige Sitzgelegenheit in der gesamten Wohnung und kratze sich verlegen am Hinterkopf. Ein bisschen benutztes Geschirr stand neben dem Bett und ein paar frisch gewaschene Klamotten lagen herum, die er aus Faulheit noch nicht in seinen Schrank geräumt hatte. Zum Glück war Setsuki vor kurzem hier gewesen! Normalerweise sah es weitaus schlimmer aus… Tetsu nahm Platz und blickte sich um. Jun holte Zitroneneistee aus dem Kühlschrank und zwei Becher, kam dann zum Bett und kramte die Schreibsachen aus seiner Tasche, bevor er diese aus den Tisch schmiss, dabei fast den Aschenbecher abräumte. Tetsu beobachtete ihn und lächelte einigermaßen entzückt über Juns Tollpatschigkeit. Dem Größeren war es überaus peinlich, so grobschlächtig und ungeschickt zu sein und er errötete, überspielte es aber, indem er den Becher an Tetsu weitergab und sich mit der Flasche aufhielt. Er überlegte einen Moment, ob er Tetsu etwas anderes anbieten konnte, und ergriff dann die Schreibsachen. Willst du lieber Bier oder Wasser oder sonstwas?, kritzelte er in seiner einigermaßen unleserlichen Schrift in das kleine Buch und blickte zu Tetsu auf, der es las, dann lächelnd den Kopf schüttelte und dann auf den Tee zeigte, Daumen und Zeigefinger zu einem Kreis formte, um zu zeigen, dass er den Tee in Ordnung fand. Jun war sehr erleichtert darüber und schenkte Tee ein. Als er wieder aufsah, hatte Tetsu etwas in das Buch geschrieben: Ich kann lippenlesen, aber nicht besonders gut. Aber vielleicht macht es das einfacher. Jun blickte auf den Text, dann sah er zu dem Kleineren auf. Einen ganz kurzen Moment durchzuckte ihn der Gedanke, wie Tetsu sich dann verständigen wollte, wenn Juns Lippen auf den seinen lagen, aber abgesehen davon, dass das unmoralisch, abwegig und unrealistisch war, konnte auch jemand, der reden konnte, nicht reden, wenn er jemanden küsste, also verdrängte er den Gedanken. Er nickte leicht und lächelte. "Das heißt, du kannst an der Bewegung meiner Lippen erkennen, was ich sage?", versuchte er langsam und deutlich und zu seinem Erstaunen nickte Tetsu. "Aber es ist sicher blöd, weil du nicht so einfach antworten kannst." Wieder nickte Tetsu, und schrieb dann auf: Ich kann Zeichensprache, aber die meisten anderen Menschen beherrschen sie nicht, deshalb bringt es mich nicht sehr viel weiter… Er malte ein lachendes Smiley mit einem Schweißtropfen neben der Augenbraue dahinter und Jun fand diese Geste einfach nur so bezaubernd kindisch, dass er leise lachen musste. "Soll ich dir ein Shirt geben zum Schlafen?", erkundigte er sich bei dem Kleineren und der nickte und die Dankbarkeit war ihm anzusehen. Jun stand auf und zog ein T-Shirt aus seinem Schrank. Es war schwarz mit Navi aus Zelda darauf und er reichte es an seinen Gast weiter, der sich ins Badezimmer entschuldigte. Als er zurückkam, hatte Jun sich schon bis auf die Shorts und ein lila-orange-gestreiftes, ärmelloses Shirt ausgezogen. Sein Blick ging zu Tetsu und blieb dort einen Moment. Tetsus Parties waren sehr, sehr eng und wahrscheinlich das erotischste, was Jun je gesehen hatte. Sie waren schwarz und aus Synthetik und schmiegten sich an die weißen, schlanken Schenkel und, als Tetsu sich umwandte, um seine ordentlich gefalteten Kleider und Juns Weste auf den Tisch zu legen, an seinen verdammt süßen Hintern, der es in Juns Schritt heiß werden ließ. Normalerweise stand der Größere ja gar nicht auf Jungs, aber, bei Gott, er stand auch nicht auf Mädchen. Er stand auf seine XBox und seine Playstation und seine Bässe, die in einem Ständer in der Ecke standen und Tetsus Aufmerksamkeit einen Moment auf sich zogen. Er trat zu den Instrumenten und strich über die Saiten von Juns Fender-Nachbau, genießend, fast ehrfürchtig. Vielleicht hatte er selbst einmal ein Instrument gespielt, vielleicht war er nicht immer taubstumm gewesen. Jun beobachtete ihn und war ein bisschen verzweifelt. Vielleicht lag es am Alkohol, den er im Lauf des Abends konsumiert hatte, vielleicht aber auch daran, dass Tetsu so schön und liebevoll war, dass er es um Gottes Willen niemals verdient haben konnte, taub und stumm zu sein. Es traf Jun wie ein Faustschlag in die Magengrube und er stand auf, um seine Zigaretten aus seiner Tasche zu holen. Er stand nicht auf Jungs oder Mädchen, aber Tetsu traf einen Nerv in ihm, der ihm vorher nie aufgefallen war. Tetsu kam zum Bett und Jun lächelte, gab Tetsu eine Zigarette. Sie legten sich ins Bett und rauchten schweigend. Tetsu malte sein sehr ordentliches "Vielen Dank" in Juns Notizbuch, als sie fertig geraucht hatten und dann schaltete der Größere das Licht aus. Als ob er neben diesem Jungen hätte einfach so einschlafen können. Sie lagen so weit auseinander, wie es auf 1,40m Matratzenbreite eben ging, aber dennoch roch Jun den Kleineren, der einen sanften Duft nach Nelken und Zigaretten verströmte. Es dauerte fast eine halbe Stunde nachdem Tetsu schon eingeschlafen war, bis auch Jun in die Dunkelheit des Unbewusstseins abdriftete, nachdem er endlose Minuten seine gesamte Aufmerksamkeit der dunklen Silhouette vor sich gewidmet hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)