Werwolf Paria von Aion (Mondenkind) ================================================================================ Kapitel 3: Shadow ----------------- Slash wirbelte plötzlich herum und knurrte wie ein Tiger. Terras Hals ließ er los, doch ihren Arm drehte er mit einem brutalen Ruck auf den Rücken. Seitlich von Slash und hilflos vornübergebeugt hing sie da und japsenste nach Luft. Eine mörderischer Schmerz explodierte in ihrer Schulter, als das Gelenk bis an den Rand der Belastbarkeit gedehnt wurde. Finsternis wogte am Rande ihres Gesichtsfelds hin und her. Doch etwas an ihr biss sich in der Realität fest, weigerte sich einfach in die Finsternis ab zu tauchen. Sie wollte verdammt noch mal wissen was da vor sich ging. Angestrengt drehte sie die Kopf, so das sie besser sehen konnte. Slash verstärkte den Druck wieder und Terra stöhnte vor Schmerz. Trotzig hielt sie den Kopf oben. Um sie herum hatte sich eine großzügige Lücke in der Menschentraube geöffnet. Neugierige, besorgte und regelrecht sensationslüsterne Blicke taxierten sie und ihren Peiniger. Aber auch den neuen Akteur. Ein Mann hatte sich nur einen knappen Meter vor ihnen aufgebaut und die Arme vor der Brust verschränkt. Er war von zierlicher Statur, wenn es überhaupt ein Mann war. Auf jeden Fall war die Person ein gutes Stück kleiner als Slash, wohl so um die 1,80 m. Seine Schultern waren schmal und seine Hände wirkten fast zerbrechlich, so dünn waren sie. Trotzdem, etwas an der Gestalt irritierte Terra unheimlich. Und zwar nicht nur seine ungewöhnliche Kleidung, die aus einer eng anliegenden schwarzen Lederhose, einem dunkelblauen Hemd und einem Hut mit schon fast absurd breiter Krempe bestand. Zusätzlich waren sein Gesicht und ein Großteil seiner Brust von einem wallenden Schal aus schwarzer Seide verdeckt. Mit ein Grund warum Terra sich des Geschlechts der Gestalt nicht sicher war. Seine Stimme hatte männlich geklungen, doch das konnte auch an dem dicken Stofffetzen vor seinem Gesicht liegen. Aber das war es nicht was sie so unheimlich irritierte. Auch Slash schien zu stutzen, jedenfalls folgte dem ersten Knurren nichts. Er starrten den Kerl einfach nur finster an und presste immer wieder nervös die Linke zur Faust zusammen. Die Art wie der Kerl dastand konnte einen nervös machen. Einfach so ohne die geringste Regung. Die Luft war zum zerreißen gespannt. „Was ist Blödmann!“ bellte Slash, der seine Überraschung wohl endgültig abgeschüttelt hatte. „Verzieh dich oder ich ramm dich ungespitzt in den Boden!“ Die Menge um sie herum schien vor Spannung den Atem anzuhalten. Owl hatte sich elegant auf einem Barhocker drapiert und zupfte an ihrem berüschten schwarzen Minirock herum. Kruger stand keine Handbreit neben seinem Boss und hatte die Daumen lässig unter den Gürtel geschoben. Scheinbar völlig entspannt, aber Terra sah wie es in seinem Gesicht arbeitete. Mit langsamen Bewegungen senkte der Mann die Arme und kam einen Schritt vor. Plötzlich lag eine unheimliche Drohung in der Luft. Es war nur eine winzige Bewegung, doch sie schien die Luft zwischen ihnen für eine Sekunde zusammen zu pressen. Alles an der Art wie sich der Fremde bewegte schien bedrohlich. Jede Muskelregung war kontrolliert, nichts war überflüssig. „Ich habe gesagt du sollst das Mädchen loslassen. Ich denke du tust ihr weh.“ sagte er und tippte sich mit dem Zeigefinger der Linken an die Krempe. Ein helles Klirren erklang als sich die Ketten eines komplizierten Schmuckstücks berührten. „Wir wollen doch alle, dass hier kein Unglück geschieht.“ Terras Augen hingen wie gebannt an diesem filigranen Kleinod. Ein silberner Armreif, etwa eine Hand breit zierte das Handgelenk des Fremden. Davon verliefen ketten zu einem Ring an seinem Mittelfinger. Vier Stück, zwei von recht und zwei von links kommend. Der Ring war breit und mit zarten Runen graviert. Das Armband wurde von einfachen Ranken verziert und in seiner Mitte prangte ein runder Edelstein von blendendem Weiß. Slash schnaubte wie ein Rhinozeros. Seine Nüstern blähten sich und immer wieder zog er die Luft durch die Nase ein, fast als... würde er schnüffeln. „Ah so ist das.“ Slash klang triumphierend. „Mach das du Land gewinnst! Das ist mein Revier. Du hast hier nix zu suchen und ich mach dich Kalt wenn ich dich draußen erwische. So einen wie dich wollen wir hier nicht.“ Terras Augen wanderten verblüfft von einem zum anderen. Was war denn hier auf einmal los, kannte die beiden sich etwa? „Na aber du wirst mir doch nicht etwa gerade gedroht haben, oder?“ Der Fremde zupfte an seinem Hut, zog ihn ein Stück tiefer in die Stirn. Wieder erklang das Glöckchenspiel seines Schmuckstücks. Terra stutze, was war hier los? Die Musik war aus... nein ganz leise, so als hätte der DJ den Ton abgedreht. Scheiße machten die etwa eine Show aus ihrer Lage? Da könnte man doch kotzen, alles gaffte aber keiner außer dem Fremden machte auch nur einen Finger krumm. Warum rief denn keiner die Cops! Scheiße war sie die Showeinlage für diese Gaffer? Böse funkelte sie in die Runde, doch viele der Menschen sahen sie überhaupt nicht richtig an, ihre Blicke wanderten unstet umher, ganz so als würden sie etwas suchen. Terras Blick fiel auf den DJ, der wie aufgelöst auf seine Anlage starrte und mit den Schultern zuckte. Das Ding war wohl kaputt, darum war es also so totenstill hier drin. Na wenigstens war es ausnahmsweise mal nicht wegen ihr. „Pah! Ich drohe wem und wann ich will! Das hier is mein Laden und mein Revier und hier ist mein Wort das scheiß Gesetz!“ brüllte Slash so laut das alle im Club unwillkürlich den Kopf einzogen. „Also ich sage es dir noch einmal in aller Ruhe und im Interesse des Friedens. Lass die Kleine los.“ Die Stimme des Fremden blieb freundlich und höflich. Wurde aber von einem Augenblick zum anderen eiskalt und emotionslos. „Und wenn ich das nich tue?“ Slash verstärkte den Druck auf Terras Schultergelenke noch ein wenig. Nur ein oder zwei Grad mehr und ihr Gelenk würde aus dem Teller springen. Bunte Sterne tanzten vor ihren Augen und ihre Knie gaben langsam nach. Gleich würde sie wie ein nasser Sack zu Boden stürzen. Ein schmerzvolles Stöhnen entrang sich ihrer Kehle und Slash grinste genussvoll vor sich hin. Seine Zunge fuhr nervös und gierig über seine Lippen. Der fremde seufzte als würde er mit einem störrischen Kind reden. „Ich hab dich gewarnt.“ Dann ging auf einmal alles furchtbar schnell. Der Fremde machte einen ruckartigen Satz, der eine Großkatze hätte alt aussehen lassen. War urplötzlich neben Slash, packte dessen Daumen und drehte ihn mit brutaler Gewalt herum. Knochen knackten und der laute Knall eines platzenden Gefäßes malträtierte Terras Ohren. Slash ließ sie abrupt los und brüllte wie ein angeschossener Löwe. Terras Füße machten unsanft mit dem Boden Bekanntschaft, ihr Knöchel tat alles sich redlich zu verstauchen und sie bekam Übergewicht nach vorne. Terra sah sich schon mit der Nase bremsen lernen, als sie wie auf einer Wolke landete und erleichtert ausatmete. Sie lag sicher im Arm des Fremden und spürte seine drahtigen Muskeln unter dem Seidenhemd. Er hielt sie in einem Arm so einfach, als würde sie nicht mehr wiegen als eine Feder. Gelassen drehte sich ihr Retter um und sah zu Slash hinüber. Dieser hielt sich den Daumen, der in einem unmöglichen und sicher schmerzvollen Winkel ab stand. Es war ganz still im Quake, keiner der Gäste schien auch nur zu atmen. Owl hielt sich erschrocken die Hände vor den Mund. Kruger, der vor Sekunden noch so Sprung bereit gewirkt hatte, stand wie versteinert da. Den Mund weit aufgerissen und mit schreckensweiten Augen. Slash umrundete den Mann wie ein Verwundetes Tier und ihr Retter folgte der Bewegung mit den Augen. Terra spürte das er seinen Körper nur minimal bewegte aber seine Muskeln waren zum Zerreißen gespannt. Er rechnete mit allem. Sie hingegen hing in seinem Arm wie ein nasser Sack, alle Kraft war aus ihren Muskeln verschwunden. Wenn er sie nicht aufgefangen hätte, würde sie nun sicher mit dem Gesicht im Dreck liegen. Scheiße war das peinlich, er musste sie wie ein kleines Kind stützen. Terra spürte wie ihr Schamesröte ins Gesicht und Wut ins Herzen stiegen. Slash kreiste sie noch immer ein, wie ein Haifisch den Surfer. Brüllte auf und stürzte sich auf sie. Seine Faust schnellte kerzengerade und heftig wie ein Dampfhammer auf den Hinterkopf ihres Retters zu. Der ruckte nur sacht mit dem Kopf und der Schlag ging ins leere. Blitzschnell zuckte seine freie Hand nach oben. Mit einem unangenehmen Krachen traf seine Faust Slashs durchgedrückten Ellenbogen. Ohne zu zögern und mit einem neuerlichen Schmerzensschrei setzte der Raufbold nach. Drehte sich um die eigene Achse und rammte sein Knie gegen den Oberschenkel des Mannes. Doch abermals war sein Widersacher schneller. Seine Hand schnellte durch die Luft nach unten, wie eine zubeißende Klapperschlange. Klatschte mit dem flachen Handballen gegen Slashs Knie und drückte es zu boden. Aus der Bewegungen gerissen stampfte der Fuß des Straßenschlägers auf den Boden. Was zu Hölle ging hier nur vor? Terra verstand die Welt nicht mehr. Dieser so schmächtig wirkende Kerl ließ den Hünen vor sich aussehen wie ein kleines Kind. Er hatte diesen mörderischen Kick einfach so abgeblockt. Ja das Bein des Riesen sogar einfach runter geklappt, wie bei einer beweglichen Schaufensterpuppe. Slash stand da wie vor den Kopf gestoßen. Breitbeinig und in der gleichen verkrampften Haltung in die ihn der Fremde vor Sekunden gezwungen hatte. Auch er schien die Welt nicht mehr zu verstehen, so einen Gegner hatte er wohl noch nie gehabt. Terra konnte nicht anders, sie grinste wie ein Honigkuchenpferd. Endlich bekam dieser Hinterhofkönig mal sein Fett weg. Wurde auch echt langsam Zeit. Slash rappelte sich auf und wich drei Schritte zurück. Knurrte wie ein bösartiger Hund und richtete mit einem brutalen Ruck seinen geschundenen Daumen. Terra biss sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf die Unterlippe. Auch wenn es nicht ihre Hand war, das musste doch weh tun! „Lass doch diese Kinderreihen endlich.“ sagte der Fremde nach einer Weile. Seine Stimme war ganz gelassen. „So kommst du doch nicht weiter. Sieh es einfach ein, du hast keine Chance gegen mich. Warum kneifst du nicht deinen Schwanz ein und verschwindest endlich?“ „Niemals! Kruger, Owl steht nicht da rum wie die Ölgötzen, macht was! Bewegt eure Ärsche endlich zu mir und Packt den Kerl!“ Kruger befreite sich als erster aus seiner Starre und ging in kampfbereiter Haltung zur Linken seines ach so furchtlosen Anführers in Stellung. Owl schluckte einmal heftig und rutschte zögerlich von ihrem Stuhl. Nervös zupfte sie an ihren weißen Spitzenhandschuhen. Sie wollte das alles ganz sicher nicht, trotzdem schien sie Kampfbereit. Wenn auch viel ängstlicher als Kruger. Terras Retter seufzte wieder. „Na na, meinst du wenn du die beiden Kinder auch noch dazu holst wird es besser.“ „Hey Kleine. Ich kann deine Angst ja schon riechen. Hast recht ich werde dich auch bestimmt nicht schonen. Nichteinmal in diesem hübschen kleinen Kleidchen. Ich weiß nämlich von Crow. Ich weiß, dass ihr genau wisst was ihr tut. Oder sollte ich lieber sagen, was ihr eben nicht tut?“ Terra hatte absolut keine Ahnung von was der da redete. Wer zur Hölle war dieser Crow? War das so was wie ein Gangkrieg oder ne Familiensache? Es sah beinahe danach aus. Warum musste sie auch immer in solche Sachen geraten. Ach und wollte dieser Kerl sie nicht vielleicht langsam mal wieder absetzen? Warum baumelte sie immer noch mit den Füßen ne Handbreit über dem Boden? Owl erstarrte wieder und auch Kruger blieb für einen Augenblick stehen. Diesmal fing er sich jedoch sofort wieder und begann Terra und ihren Retter einzukreisen. Selbst Owl setzte sich zögerlich in Bewegung. „Halts Maul!“ brüllte Slash. „Dein Geschwafel is mir doch egal! Ich mach jetzt Kleinholz aus dir! Egal wen de kennst und wen nich! Owl, Kruger packt ihn!“ Die beiden stürzten sofort los, jetzt war es aus. Der Überzahl war auch dieser Supermann für Arme nicht gewachsen. „Halt.“ Es war nur dieses eine Wort, nicht mehr. Leise gesprochen, doch mit einer Kraft und Autorität wie sie Terra niemals für möglich gehalten hatte. Ihre Nackenhaare stellten sich auf, eine Gänsehaut rann ihr in eisigen Schauern den Rücken hinab. Ihre Muskeln verhärteten sich, sie wagte kaum zu atmen. Es war nur dieses eine Wort, nicht mehr, aber es genügte. Terra war selbst völlig erstarrt, obwohl er sie gar nicht angesprochen hatte. Die Gaffer wirkten ebenfalls apathisch, wie versteinert. Kruger, Owl und ja selbst Slash erstarrten mitten in der Bewegung. Es war ein Befehl gewesen und sie mussten ihm gehorchen. Terra verstand die Welt nicht mehr, aber doch war es so. Da standen sie, wie eingefroren. Wagten es nicht auch nur einen einzigen Muskel zu bewegen. Grotesk, fast als hätte ein überdimensionaler Daumen auf den Pausenknopf eines kosmischen Videorekorders gedrückt. Es war totenstill im Quake, man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Fast eine Minute dauerte diese Geisterhafte Szene an. Das Schweigen lastete schwer auf ihnen allen. Terra hatte das Gefühl ein Gewicht von mindestens einer Tonne auf ihrer Seele zu spüren. Es tat beinahe weh. Konnte nicht endlich jemand etwas sagen, irgendjemand..., irgendwas? „Ich schlage vor ihr geht nun.“ Es war der Fremde der ihren Wunsch endlich erhörte. „Nimm deine Truppe von Jammergestalten und verschwinde. Wenn ich dich heute Nacht noch ein einziges mal sehe... nun frag lieber nicht. Geh.“ Sein Blick bohrte sich regelrecht in den des Straßenrowdys. Terra sah schon Funken sprühen, so intensiv war der Blickkontakt. Slash atmete schwer wie ein Blasebalg und auf seiner Stirn stand kalter Schweiß. Irgendetwas passierte gerade und Terra konnte nicht mit Sicherheit sagen was es war. Nur, das es sehr unheimlich war. Es war jene Art unbegreiflichen Schreckens, der nur solchen Dingen anhaftete die man nicht verstand. Solche Dinge, die man nicht einmal bewusst, geschweige denn völlig richtig wahrnahm. Vor denen man aber instinktiv Angst hatte. Die ein primitiver Teil des Gehirns, all den Jahrtausenden der Evolution zum Trotz, noch immer richtig deutete. Jener Schrecken, der einen als Kind Nachts unter das Bett blicken ließ, bevor man schlafen ging. Jene Angst die einen bei Wolfsgeheul in mondlosen Nächten überkam. Jene Furcht die einen davor warnte zu diesem finsteren Fleck im See zu tauchen. Jenem Fleck der schon so viele mutige Touristen verschlungen haben soll. Terra presste unwillkürlich die Zähne so fest zusammen, dass es knirschte. Konnte das nicht endlich alles vorbei sein? Der Fremde dominierte das Geschehen ganz klar, er atmete ganz ruhig und rührte sich keinen Millimeter. Slash war ein Bild des Jammers. Seine ohnmächtige Wut brandete so hilflos gegen den Fremden, wie Nieselregen gegen eine Klippe. Er wollte nicht aufgeben, das sah Terra aber er hatte schon verloren. Sein Haar war schweißgetränkt und hing ihm strähnig in die Stirn. Es war ein letztes Aufbegehren gegen etwas dem er nicht gewachsen war. Die Autorität des Fremden war absolut in diesem Moment. Plötzlich war es entschieden. Slash senkte demütig den Kopf, er hatte verloren. Niemand, nicht einmal er selbst konnte das noch bezweifeln. Er machte einen Schritt zurück und seiner Kehle entrang sich ein Laut den Terra einfach nur als Wimmern beschreiben konnte. „Behalt die kleine Schlampe doch. Is ja eh nur Haut und Knochen, die is es nich wert. Werd glücklich mit der Tusse“ Es sollte wohl eine Beleidigung sein, doch selbst in Terras Ohren klang es anders. Wie das hilflose Bellen eines getretenen Hundes, dem man einen Maulkorb angelegt hatte. „Kommt Leute wir verziehen uns. Is doch eh nurn Saftladen.“ Ohne ein weiteres Wort bahnten sie sich einen Weg durch die Menge, die sie umringt hatte. Die Meisten machten ihnen freiwillig und sehr hastig Platz, wer es nicht tat bereute es spätestens nach einem Hieb von Slashs breiter Pranke. Dann waren sie an der Treppe und verschwunden, es war vorbei. Terra seufzte erleichtert und löste ihren schmerzenden Kiefer. „Kannst du stehen?“ Terra brauchte eine Sekunde um zu begreifen, dass diese Worte ihr galten. Noch immer hing sie wie ein Handtuch in der Armbeuge ihres Retters. Sie lief augenblicklich rot an. Verdammt war das peinlich, wie ein kleines Mädchen. „Kannst du stehen?“ fragte er noch einmal. Seine Stimme war plötzlich wie ausgetauscht. So warm und beruhigend ohne diese schneidende Autorität. „Ähm... ja sicher.“ sagte sie stockend. „Kannst mich jetzt wieder absetzen.“ Scheiße, ging das alles vielleicht auch noch ein bisschen erniedrigender? Nicht genug damit, dass sie sich hatte retten lassen, nein sie hatte sich auch noch die ganze Zeit tragen lassen. Beschämt löste sie ihre schmerzhaft verkrampften Finger von seinem Oberarm... ach ja und an ihn gekrallt hatte sie sich ja auch noch. Innerlich versetzte sie sich zwei, drei Symbolische Ohrfeigen, dumme Terra! Hastig ließ sie los, beinahe zu hastig. Kaum das ihre Stiefel den Boden berührt hatten und ihre Beine ihr Gewicht tragen sollten, wurde ihr schwarz vor Augen. Ihre Knie waren weich und wacklig, doch sie schaffte es stehen zu bleiben. Vorsichtig lehnte sie sich an die Theke, ohne sich ihre Schwäche all zu sehr anmerken zu lassen. Gut so Terra bleib noch nen Moment so stehen und keiner merkt das du schon wieder den Boden knutschen wolltest. Man heute bin ich aber wirklich zu nichts zu gebrauchen. Wütend auf sich selbst wartete sie bis die Schwärze verschwand. Sie hätte sich setzen sollen, aber sie blieb stehen. Wenigstens ein kleines Plus für mein angeknackstes Selbstbewusstsein, dachte sie und richtete sich auf. „Danke für die Hilfe.“ Sie schenkte dem Fremden ein ehrliches Lächeln, auch wenn es ihr im Moment schwer viel. Zumindest das war sie ihm wirklich schuldig, immerhin war er der Einzige der sie verteidigt hatte. Er konnte ja nichts für ihre Schwäche und sie wollte ihn nicht gleich vor den Kopf stoßen. Ein schräges Kratzen kreischte unvermittelt durch das Quake und plötzlich röhrte Lemmy von Motörhead wieder aus den Boxen. Der DJ sah entgeistert auf seine zerkratze Platte. Terra schüttelte genervt den Kopf. Na was der für ein klasse Timing hatte. „Ich weiß gar nicht was ich sagen soll! Ich will mir nicht mal vorstellen was der Kerl mit mir gemacht hätte, wärst du nicht da gewesen!“ brüllte sie über den neuerlichen Clublärm hinweg. Der vermummte Kopf des Fremden nickte. „Keine Ursache! Bei so was kann man doch nicht einfach weggucken!“ „Hast ja gesehen das man das kann! Außer dir hat mir keiner geholfen, also danke nochmal!“ Sie schenkte ihm noch einmal ihr süßestes Lächeln. Was sollte sie sonst auch groß tun, ihm vielleicht einen Drink spendieren? Sie war sich überhaupt nicht sicher ob sie das wollte. Trotz allem wirkte der Typ verstörend auf sie. Sie hatte nicht mal sein Gesicht gesehen und doch war er ihr unheimlich. Es ging etwas Wildes und Verstörendes von ihm aus. Etwas auf das sie ganz instinktiv reagierte, mit Ablehnung. Ganz ähnlich dem Moment in dem ihr Retter Slash nieder gestarrt hatte, nur bei weitem nicht so stark. Trotzdem, irgendwas musste sie tun. Er hatte ihr heute Abend wahrscheinlich das Leben gerettet. Sie zumindest vor einer verdammt üblen und schmerzhaften Nacht bewahrt..., einer Nacht mit Slash. Mit diesem widerlichen Arsch und etwas das vielleicht schlimmer war als der Tod. Terra schauderte und griff hastig nach ihrem Tequila. Bilder stiegen in ihr hoch, die sie nicht in ihr Hirn lassen wollte. Nervös trank sie einen großen Schluck und presste die Augen fest zusammen. Bis sie Sternchen sah und die Bilder wieder in ihr Unterbewusstsein verbannt waren. Ja sie musste ihm wirklich danken. „Hey! Sag mal, willst du den Schal da vielleicht nicht mal abnehmen! Ist doch sicher verdammt heiß unter dem Ding! Außerdem kann ich dich dann besser verstehen, is wieder scheiße laut hier drin! Außerdem muss ich dir noch danken, soll ich dir einen Drink bestellen?“ Sie kam sich irgendwie trotzdem komisch vor bei diesen Worten. Das war das erste Mal, dass sie für einen Kerl was bestellte und sie kam sich gleich so vor als würde sie versuchen ihn abzuschleppen. Wieder musste sie sich schütteln, so eine scheiß Nacht. Na wenn das so weiter ging war sie Ende der Woche tot oder schlimmeres. Langsam hatte sie keine Lust mehr. Soviel also zum ersten, spendierten Drink ihres Lebens. Nominiert für diesen einschneidenden Moment! Ein Kerl den sie noch nie gesehen hatte und für den sie nichts empfand außer Argwohn … ach und das wars auch schon, ganz schön viele oder? Und yeah was für ein toller Anwärter! Terra applaudierte sich selbst in ihrem Kopf. Der Mann sah sie einen Moment von oben bis unten an, dann starrte er auf ihre Brüste. Oh verdammt noch so einer? Terra folgte seinem Blick und Zorn fing schon wieder an in ihr aufzusteigen. Er hatte sie gerettet aber das war noch lange kein Grund... Hm sie musste sich korrigieren. Sein Blick endete auf ihrem Bauch. Genau da, wo der Aufdruck von Johnny Frosts Gesicht prangte. Da das T-Shirt eine Nummer zu groß und am Hals sehr weit Ausgeschnitten war, hing der Druck ein Stück tiefer als vorgesehen. Ein Fan? wie groß war da wohl die Wahrscheinlichkeit? Terra schüttelte den Kopf und rang sich ein Lächeln ab, wenn auch kein all zu ernst gemeintes. Schließlich zuckte er mit den Schultern und begann sich umständlich aus dem Schal zu wickeln. Terra seufzte ungeduldig und tippte mit dem Fuß auf. Wie konnte man für so was einfaches nur so unheimlich lange brauchen? Mit einem entschuldigenden Lächeln auf den Lippen, drehte er sich schließlich zu ihr um und sah sie freundlich lächelnd an. Terra riss die Augen so weit auf, dass sie in ihrer Vorstellung einer Animefigur hätte Konkurrenz machen können. Ihr blieb für eine Zehntel Sekunde das Herz stehen. Nur um dann mit doppelter Intensität gegen ihren Brustkorb zu hämmern. Ihre Hände zitterten und ihre Stimme überschlug sich beinahe. „DU...!!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)