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Werwolf Paria

Mondenkind
von

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The Tempest, der Sturm

Die Schatten waren tiefe und bedrohlich. Nebelschwaden zogen sich wie halb durchsichtige Schleier durch die Straßen von Denver. Das brennende Auge der Mondin blieb hinter schweren Wolken verborgen.

Wolken aus denen sich gerade ein heftiger, sommerlicher Schauer auf die asphaltierten Straßen ergossen hatte. Noch immer strahlte er die Hitze der Sommersonne ab. Und verströmte diesen eigenartigen wohligen Duft der sich nur aus dieser Kombination ergab, heißer Asphalt und Regen.

Doch das war nicht alles. Tempest machte einen Schritt vor und blähte die Nüstern zog den ihn umgebenden Duft tief in seine Lungen.

Es stank.

Es stank erbärmlich, leider kannte er den Geruch. Ein Geruch der durch die ganze Stadt zu wehen schien.

Nichts in der Welt des Fleisches konnte je diesen schleimig öligen Gestank entwickeln. Nur der Schatten konnte, wenn es besonders Schlimm stand so ein Odeur verströmen. Der gelb schwarze Geruch von Schwäre hatte sich über die ganze Stadt gelegt und schien aus allen Winkeln zu gleich auf ihn einzudringen.

Tempest seufzte.

Es war gut das er zurückgekommen war, es war nötig. Der Schatten seiner alten Heimat war krank, aber warum? Und was bei allen Geistern trieben seine ehemaligen Kameraden hier?

Er seufzte noch einmal und setzte sich in Bewegung.

Der Asphalt fühlte sich merkwürdig an nach der Langen reise durch die Rockies. Aber ein Gefühl der Vertrautheit stellte sich trotzdem schon nach den ersten paar Schritten ein.

Die Bilder waren alle so vertraut. Die gleichen Häuserzeilen, die alten teils verrosteten Straßenschilder, die selben umgestürzten Mülltonnen.

Olegs Hot Dog Stand, der noch immer über Nacht an den Hydranten in der Elften gekettet war.

Der stand da schon seit er ein kleiner Junge gewesen war und es schien Tempest fast als würde er dort für immer stehen.

Jeder Mochte Oleg und sein Futter. Er hatte die meisten die hier wohnten, so wie ihn selbst, von Kindesbeinen an gekannt. Ihre Eltern waren per Du mit dem kauzigen Alten und jeder grüßte ihn im Vorbeigehen.

Eigentlich hätte er die Kette auch weglassen können. Keiner in der Straße, der Stadt würde sich an Olegs Sachen vergreifen.

Tempest erinnerte sich daran, dass es einmal in seiner Jugend ein paar Halbstarke versucht hatten.

Das hatten sie sehr schnell bereut. Olegs war nicht nur beliebt, er hatte Freunde. Die Art Freunde die Sachen auf eine ganz bestimmte Art regelten.

Keinen Tag hatte es gedauert da hatten die Fanellos die Typen gefunden und ziemlich fertig gemacht.

Man hörte, dass jeder in der Straße ihnen Tipps gegeben hatte um Oleg zu helfen. Hinterher wollte aber keiner auch nur ein Wort gesagt haben, ja nicht mal was gewusst haben.

Nachdem ihre Knochen verheilt und ihre Nasen nicht schön aber wenigsten wieder grade waren, mussten sie es abarbeiten.

Jeden Cent der Reparatur und jeden Dollar den Oleg wegen ihnen nicht hatte selbst verdienen können, weil sein wagen ja kaputt war.

In McKinney's Fischfabrick wenn Tempest sich recht erinnerte. Bei dem Gedanken an die Gerüche dort sträubte sich ihm das Nackenfell.

Tja Oleg war eins der Originale dieser Stadt, von denen gab es nicht mehr viele, würde es wohl auch kaum wieder welche geben.

Tempest würde sich morgen einen von seinen Hot Dogs besorgen lassen. Einen mit allem, außer Zwiebeln er hasste die Dinger. Dafür aber mit einer doppelten Portion Chili, nur so durfte man die Dinger essen.

Er würde wohl irgendeinem Streetkid fünf Dollar in die Hand drücken damit der ihm einen kaufte.

Er konnte Oleg nicht gegenübertreten. Der fast achtzigjährige Exilpole hatte einfach ein zu gutes Gedächtnis, vor allem bei Gesichtern. Tempest konnte nicht riskieren das er ihn vielleicht erkannte.

Weiter seinen Gedanken aus ferner Vergangenheit nachhängend, bog er in eine Seitenstraße ein um sich einen halben Block zu sparen.

Seine Ortskenntnis war keinen Deut schlechter geworden. Nach all den Jahre der Abwesenheit kannte er noch all die alten Schleichwege.

Es wunderte ihn auch nicht als er wie von selbst vor dem Broken Heaven anhielt. Sein Instinkt hatte ihn zielsicher zu diesem etwas schäbigen, aber wenigstens sauberen Hotel geführt. Hier würde er für den Rest der Nacht bleiben.

Der Gestank war in diesem Teil der Stadt sehr intensiv. Hier würde er wohl auch mit seinen Nachforschungen anfangen müssen. Er rümpfte die Nase und lauschte. Keiner in der Nähe, keiner der ihn sehen konnte.

Tempest konzentrierte sich.

Seine Knochen spannten und rissen, seine Muskeln schienen anzuschwellen und zu wuchern. Sehnen streckten sich, seine Umgebung veränderte sich, wurde Farbiger. Die Gerüche schwächer, die Laute dumpfer.

Sein Schädel gab einen schabende Laut von sich, dann ein Knacken und Bersten wie von trockenen Ästen.

Müde klopfte er sich den Staub ab und ließ das Stoffbündel aus seinem Mund, in seine Hände fallen.

Rasch schlüpfte er in Hemd, Hose und Stiefel und streckte sich ausgiebig. Eigentlich unnötig, es war doch so einfach, fast angenehm. Trotzdem, er mochte diese Angewohnheit, sich jedes Mal neu in seine Haut einzufühlen.

Mit einem letzten Blick über die Schultern sah er sich um. Noch immer keiner da außer...

Mit zornig funkelnden Augen fixierte er eine Ratte auf einer Mülltonne. Ein tiefes, dunkles Knurren brach aus seiner Kehle und die Ratte verschwand unter lautem Flaschenklirren in die Nacht.

Tempest stieg leichtfüßig die vier Stufen der Treppe hinauf und stieß die Eingangstür auf. Ohne Umschweife trat an die Rezeption und klingelte mit drei deftigen Klapsen den Nachtportier hinter seinem Comic hervor.

„Ein Zimmer.“ Sagte er freundlich.

Die picklige Bedienung hinter dem Tresen sah ihn müde und gelangweilt an. Glasiger Blick, Rauchgeruch. Das der Kerl noch wusste wo sein Gesicht und wo sein Arsch waren, kam einem Wunder gleich.

„Hä?“ krächzte er in einem ätzend entlanggezogen Tonfall, rührte sich aber keinen Zentimeter mehr als sein Schwanken erforderte.

„Ein Zimmer will ich.“ Tempest war noch immer freundlich. Bleckte aber seine schneeweißen Zähne und lehnte sich etwas weiter über den Tresen. Seine Augen fixierten den leeren Blick des Teens. „Am besten eins mit ruhiger Lage.“ Sagte er mit seinem Raubtiergrinsen.

Hecktisch blinzelten ihn zwei blutunterlaufene Augen an. Der Junge versuchte sichtlich klar im Kopf zu werden. Tempest war zufrieden mit seiner Wirkung.

Nervös drehte sich Pickelgesicht um und fingerte fahrig am Schlüsselbrett herum. Fingerte schließlich einen Schlüssel hervor und legte ihn auf den Tresen.

Na gut eigentlich lies er ihn viel mehr fallen, als er mit zittrigen Händen versuchte ihn Tempest in die Hand zu geben.

Sein Grinsen wurde noch breiter und drohender. „Danke Junge. Das ist für dich“ sagte er und legte ihm einen Fünfer auf die Theke. Schnappte sich den Schlüssel mit der Nummer 128 und wante sich nach Rechts auf die Trepp zu.

Das uralte Holz knarzte unter seinen schwarzen Springerstiefeln. Die Lampen flackerten und spendeten mehr Schatten als Licht.

Wenigsten konnte er mal wieder einen Tag lang durchschlafen. Langsam hatte er das auch bitter nötig.

Seine Reise war schon sehr lang gewesen und dabei hatte sie doch erst begonnen.

Terra

„Halts Maul!!“ Terra donnerte die Tür ins Schloss und drehte schnell den Schlüssel. Dieser dreckige Arsch würde sie heute Abend nicht mehr anfassen.

Es war einfach genug.

Ihre Wange schmerzte und pochte im Rhythmus ihres wütenden Herzschlags. Sie kochte innerlich, doch zwang sich jetzt langsam ruhig zu bleiben.

Josh schlief nur ein Zimmer neben ihr. Der Türknall hatte ihn bestimmt geweckt und das war das letzte was sie wollte. Zum glück ließ Ekel Frank ihn in Ruhe, selbst wenn er getrunken hatte.

War ja immerhin sein Goldjunge, sein eigen Fleisch und Blut. Terra schauderte es. Mit dem auch noch Blutsverwandt sein, widerlich!

Wie so ein Widerling so einen netten Sohn in die Welt setzen konnte war ihr echt ein Rätsel. Und wie ihre Mutter auf so ein Arsch reinfallen konnte ein noch größeres.

Terra schlug mit der Faust gegen die Wand. Der raue Sandstein riss ihr die Knöchel auf und etwas kristallrotes Blut lief über ihren Handrücken. Wie hatte sie den Mistkerl nur heiraten können?!

Er war wiedereinmal betrunken nach Hause gekommen und wie immer hatte er sie angebrüllt. Unnützes Zeugs. Sie würde nichts arbeiten, das Haus sein ein Saustall, ihre Noten wären zu schlecht, sie würden ihn nur Geld Kosten und ihre Mutter wäre auch nicht besser.

Alles fadenscheiniges Zeug, sinnlos, hätte sie auch einfach anbrüllen können wie ein wütender Gorilla im Zoo.

Er hatte gar keinen Grund gebraucht. Wollte nur Dampf ablassen und das hatte er auch getan... mehrfach... mit seiner Faust.

Terra schlug noch mal zu und ließ den Schmerz durch ihren Arm bis zu ihrem Kopf rinnen. Vollzog jeden Millimeter den er nahm genau nach und es half. Der Zorn der in ihr aufwallte verrauchte langsam. Aus dem Feuer wurde ein Schwelbrand.

Wie jedes Mal rannen ihr heiße Tränen der Wut über die Wangen und sie wusste, dass sie das Ziel dieser Wut nie dafür büßen lassen konnte.

Also musste sie selbst büßen.

Gedankenverloren ging sie zu ihrem Schreibtisch und drückte ein weißes Stofftaschentuch auf ihre Knöchel. Auf dem Stoff blühten umgehend einige rote Rosen auf.

Es war heute zu viel gewesen. Heute Nacht musste sie einmal Dampf ablassen, sonst würde sie durchdrehen.

Terra griff in ihre Schreibtischschublade und nahm den kleinen silbernen Handspiegel hervor. Ein Geburtstagsgeschenk ihres kleinen Bruders.

Sie straffte sich und atmete tief durch, dann sah sie sich Franks liebevolle Geste an. Ihr Gesicht war diesmal arg lädiert.

Die Sonnen gebräunte Haut um ihr Auge wechselte gerade von einen hellen Bronze zu einem kräftigen Violett. Die Wange glühte wie heißes Metall und würde sich farblich sich gleich ihrem Veilchen anpassen. Mit spitzen Fingern tastete sie danach und zuckte vor Schmerz zusammen.

„Hölle! Du Arsch irgendwann büßt du mir dass!“ schrie sie und biss sich gleich darauf auf die Zunge. Du bist doch ne blöde Kuh. Frank hatte sich mittlerweile sicher ins Delirium gesoffen und war laut schnarchend im Bett ihrer Mutter eingeschlafen. Er konnte sie gar nicht hören und der einzige der im schlimmsten Fall von ihrem Gezeter wach wurde war ihr Bruder Josh. Ihre Mum war ja noch auf der Spätschicht.

Fuck, manche Tage waren einfach von Anfang an scheiße. Kein Kaffee zum Frühstück, Bus verpasst, mehrere Blocks zu Fuß latschen, ne Fünf in Englisch kassiert und beim Training den Knöchel verstaucht.

Und das war noch das beste an ihrem Tag gewesen. Frank hatte dann heute Abend dem Ganzen noch das Sahnehäubchen verpasst.

Das schlimmste daran war, dass sie wusste sie konnte es ihm nie Heimzahlen. Sie fühlte sich völlig hilflos und sie hasste dieses Gefühl. Sie konnte sich gegen diesen Kerl einfach nicht wehren. Wenn sie es zu heftig versuchte, mussten ihr Bruder und ihre Mutter die Konsequenzen tragen.

Darum hielt sie durch, jedes Mal aufs neue...

Terra grinste ihr Spiegelbild erst an und streckte sich die Zunge raus. Es half nichts zu jammern, aber sie würde heute sicher nicht hier bleiben.

Terra leckte über ihre blutigen Knöchel warf das Taschentuch auf den schwarz gelackten Schreibtisch und fing an sich zu schminken.

Dunkel aber mit knalligen Akzenten, vorallem Lila und Blau, warum wohl Frank? Etwas sehr Gothic aber was solls. Auch wenn sie eigentlich keine vollblut Goth war, mochte sie den Stil eh ganz gern und die Farbe kaschierten ihr Auge gut.

Sie würde sich heute die Seele aus dem Leib Tanzen, dafür war das Quake genau der richtige Ort. Düsteres Ambiente, schräge Typen und ne musikalische Mischung aus Grunge, Punk und ner gehörigen Dosis Metal, garniert mit einer Prise Dark Trance.

Nach dem Schminken steckte sie sich die feuerroten Haare hoch und fixierte sie mit Ebenholz farbenen Essstäbchen. Waren zwar von nem Schnellchinesen aber es funktionierte.

Anschließend schlüpfte sie in einen rot schwarz karierten Minirock. Zog sich ein paar schwarzweiß geringelten Armstulpen und Kniestrümpfe an und streifte sich das „Shadow Voice“ T-Shirt über den Kopf. Das mit dem weiten Halsausschnitt und den perfekt platzierten Schnittlöchern. Frontal geziert vom seinem wunderschönen Konterfei, Shadow Voice him self Johnny Frost.

Prüfend sah sie noch einmal an sich runter, schob ihren BH zurecht und befand das man ihr nun die Achtzehn abnehmen würde. Was machten zwei Jahre auch schon für einen unterschied?

Terra griff nach ihren Knobelbechern und ihrer schwarzen Lederjacke mir den abgerissenen Ärmeln. Schloss die Tür auf, presste sich leise hinaus und schlich auf Zehenspitzen, die Stiefel in der Hand über den Flur.

Das schnarchen des Fettsacks dröhnte wie schweres Baugerät über den Gang und Terra fragte sich ob ihre Mutter schon auf dem Nachhauseweg war.

Sie hielt noch mal kurz an als sie neben dem kleinen Beistelltisch im Hausflur stand. Einfach so abhauen war unfair, ihre Mum würde sich nur Sorgen machen.

Schnell schrieb sie ihrer Mutter die Nachricht auf einen Zettel, dass sie bei ihrer Freundin schlafen würde.

So leise wie zuvor schlich sie zu ihrem Zimmer zurück, huschte hinein und legte den Zettel auf das Kopfkissen.

Falls ihre Mum nach ihr sehen wollte würde sie so den Zettel finden und war beruhigt und falls nicht um so besser. Dann müsste sich Terra keinen Grund überlegen warum sie morgens schon so früh wieder da sein würde.

Wie eine Katze überbrückte sie den Weg zur Wohnungstür und öffnete sie. Flink schlüpfte sie durch und zog sie hinter sich wieder so leise wie möglich ins schloss.

Erleichtert aufatmend sprang sie in ihre Stiefel, schnürte sie bis zur Hälfte und klappte den Schaft um.

Von einer ganzen Lastwagenladung Steine befreit überbrückte sie die Stufen bis zum ersten Treppenabsatz mit einem einzigen Sprung. Federte in die Knie und stürmte weiter die Treppen im Sturmschritt nehmend hinunter.

Der Aufzug war eh defekt, wie immer.

Sie überbrückte die Distanz von fünften Stock bis zum Erdgeschoss in persönlicher Rekordzeit und stieß schwungvoll die Außentür auf.

Die warme Nachtluft schlug ihr entgegen und Terra atmete tief ein. Der Geruch der Großstadt war beißend aber in einer solchen Nacht nicht mal unangenehm.

Der Asphalt war heiß und staubig. Der Geruch der Straße mischte sich mit den Abgasen der vorbeifahrenden Autos. Und der Lärm einer Stadt die so gut wie nie schlief, tat ihr heute Abend gut.

Es war schon nach Mitternacht aber noch immer unglaublich warm. Der Regen der gestrigen Nacht hatte sich nicht wiederholt.

Terra sah nach links und rechts und spurtete über die Straße zur U-Bahn Treppe. Sie hatte Glück der Zug stand noch mit offenen Türen da.

Hastig schlüpfte sie hinein, und wurde von der stickigen Luft beinahe erschlagen. Der Wagon war total überfüllt und der Geruch all dieser verschwitzten Menschen biss sie in die Nase.

Es war kaum zu glauben das es so spät noch so voll sein konnte. Direkt vor ihr stand ein Fetter Kerl vom Typ „Typischer Amerikaner“ und rieb sich seine Wampe, die sich abstoßend durch das fettgetränkte weiße T-Shirt abzeichnete.

Er roch durchdringend nach Burgerfett und schlürfte mit verträumt glasigem Blick seinen Milchshake. Hinter ihr schlossen sich die Türen und drückten sie gegen den Wanst des Burgerjunkies.

Sein widerliches Grinsen wanderte von einem Ohr zum andern als sich Terras durch trainierter Körper mit seinen weiblichen Rundungen gegen ihn presste.

Ihr liefen vor Ekel kalte Schauer den Rücken hinunter und sie bemühte sich ein wenig mehr Luft zum Atmen zu bekommen.

Leider war das leichter gesagt als getan. Direkt hinter ihr war die Tür und links stand ein Mann in blauem Nadelstreifenanzug der seine Aktentasche wie eine Mauer vor sich aufgebaut hatte. Sein Blick sagte deutlich Die werde ich benutzen wenn mir einer zu nahe kommt. .

Zu ihrer Rechten rotteten sich hingegen vier Youngsters mit runter gelassenen Hosen und einer Menge Goldkettchen zusammen. Die hatten den typische Kommt uns nicht zu nah sonst knallts Ausdruck in den Augen.

Zum Glück musste sie nur eine Haltestelle weit. Die Türen glitten hinter ihr auf und Terra ließ sich einfach hindurch fallen.

Erleichtert atmete sie auf als sie aus dem Dunstkreis des nun enttäuscht drein blickenden, Fettsacks entkam.

Langsam ging es ihr besser. Je mehr Distanz sie zwischen sich und Ekel Frank brachte, desto befreiter fühlte sie sich.

Sie würde heute Abend nicht mehr an ihn und all ihre anderen Probleme denken, heute Abend würde sie nur für sich alleine Leben.

Mit schlafwandlerischer Sicherheit schlängelte sie sich durch die Wochenendfußgänger und erreichte wieder die Erdoberfläche. Es machte sich doch bezahlt seine ganze Jugend in dieser Stadt verbracht zu haben.

Sie kannte sie nicht nur wie ihre Westentasche, sie hatte auch nicht die mindeste Angst vor ihr. Auch wenn sie sich manchmal heimlich fragte, ob sie nicht aus Verzweiflung keine Angst hatte.

Terra sah sich aufmerksam um. Dieser Teil der Stadt war dunkler als ihr Heimatviertel, auch wenn man das kaum glauben konnte...

Alles war grau in grau und heruntergekommen. Zirka vierzig Prozent der Straßenlaternen waren völlig kaputt oder flackerten so stark, dass sie mehr Schatten als Licht verbreiteten.

Die Gebäude waren zwar nicht so hoch wie in ihrem Viertel, aber die mit finster drein blickenden Wasserspeiern verzierte Dachsimse und Erker gaben ihnen etwas dunkles und drohendes.

Viele Fenster waren mit Brettern vernagelt, Türen aus den Angel gehoben und Graffiti zierten die Fassaden auf den unteren Ebenen.

Der Club lag etwas weiter die Straße hinauf, es war ein altes Gebäude, wohl noch aus den Gründungstagen der Stadt.

Es hatte zwei Stockwerke eine Souterrain Ebene und einen Keller. Der Club selbst lag in im Souterrain und im Keller. Das oberste Stockwerk war wohl nicht bewohnt und die Fenster mit dunklen Holzbrettern vernagelt. Im Ersten Stock brannte manchmal etwas Licht und das Erdgeschoss diente als Garderobe, Lager und Securitybereich für den Club.

Vor der offen stehenden Tür hatte sich bereits eine lange Schlange gebildet und alle wollten in den Club.

Die Möchtegerngäste steckten meist in Outfits, die ihrem eigenen sehr ähnelten. Schwarz war die dominierende Farbe und aus dem Club hämmerten schon die Gitarrensoli der Metal Bands aus den Lautsprechern.

Ein Türsteher mit Stiernacken und einer kugelsicheren Weste winkte die Wartende, einen nach dem Anderen heran.

Schickte einige sofort weg, kontrollierte bei anderen die Ausweise und tastete schließlich die, welche in den Club durften nach Waffen ab.

Terra stand eine Viertelstunde an als sie endlich dran war. Der Türsteher taxierte sie von oben bis unten und schien zumindest ihr Outfit für passend zu halten und winkte sie vor.

„Den Ausweis Kleine.“ Brummte er in geschäftsmäßigem Tonfall.

Terra tat das was sie immer tat wenn man sie danach fragte. Sie schenkte dem Ledernacken vor sich ihr zuckersüßestes Lächeln und setzte, während sie ihre Taschen durchsuchte ihre weiblichen Reize in Szene. Sie war für ihr alter schon recht weit und hatte gelernt einen gewissen Charme auf das andere Geschlecht zu versprühen, auch wenn sie dabei manchmal vor Wut schäumte.

„Kacke!“ entfuhr es ihr als sie einige Minuten in ihren Taschen gekramt hatte und erfolglos die leeren Hände wieder hervorzog. „Hab ihn zu Hause liegen lassen!“ sie schenkte dem Mann einen traurigen Hundewelpenblick mit ihren jadegrünen Augen.

Der Türgorilla seufzte und ließ seinen Blick über die Menge streifen. Man sah im deutlich an, dass er keinen Bock hatte sich mit einer Tussie rumzuärgern die ihren Ausweis vergessen hatte, Der Club würde heute Abend ohnehin bis an die Grenzen der Brandschutz-bestimmungen und noch darüber hinaus ausgelastet sein.

„Na dann zisch ab und hol ihn dir.“ Brummte er schließlich.

Terra sah ihn verzweifelt an. „Aber ich wohne am anderen Ende der Stadt! Wenn ich zurückfahre und wieder her dann ist der Club wie immer schon wegen Überfüllung geschlossen.“ Jammerte sie mit einem wehleidigen Blick rüber zur Schlange der Wartenden.

Wie zufällig glitt ihr der Halsausschnitt ihres ausgefransten T-Shirts über die Schulter und gab so den Blick auf ihren bronzefarbenen, runden Busen etwas mehr frei.

Der Gorilla schien den Anblick zu genießen.

„Bitte.“ Quengelte sie weiter. „Ich hab jetzt schon so oft versucht in den Club zu gehen, aber bisher war ich immer zu weit hinten in der Schlange. Zum ersten mal kam ich so früh von der Arbeit das es gepasst hat! Komm schon lass mich doch rein!“ Auch diese dritte unverfrorene Lüge kam ihr locker und ohne zögern von der Zunge. War ja schließlich nicht das erste mal das sie sich in etwas nicht ihrem Alter entsprechendes rein mogelte.

„Na gut, na gut aber hör auf so zu jammern.“ Sagte der Türsteher und seufzte, genoss dabei aber den Ausblick den ihm Terra so unauffällig bot.

Sollte er nur, solange sie nur guckten sollte es ihr recht sein. Aber die meisten ließen es eben nicht dabei und dann wurde sie wie viel zu oft in den letzten Tagen zornig.

Der Gorilla tastete sie schließlich ab und genoss es sichtlich seine grobschlächtigen Schaufelhände über ihren trainierten und wohlproportionierten Körper fahren zu lassen.

„Ok, kannst rein gehen.“ Grunzte er und Terra schlüpfte schnell an ihm vorbei. Der Typ nutze die Chance ihr einen Klaps auf den Hintern zu geben.

Und da war sie auch schon. Diese heiße rote Wut die sich für Sekunden über ihr Gesichtsfeld legte.

Sie hörte sich selbst leise knurren, hatte aber Glück, dass der Kerl sie nicht hörte. Der Laut kam ganz unwillkürlich und sie hatte sich nicht dagegen wehren könnte.

Eigentlich wollte sie ihm am liebsten eine feuern, wollte aber auch ihren Platz im Club nicht verlieren.

So kannte sie sich selbst kaum, dieser heiße Zorn wurde seit Monaten immer lockender und schon zweimal hatte sie ihm beinahe nach gegeben.

Jedes Mal hatte sie sich dazu gezwungen wieder ruhig zu werden, so auch heute Abend. Sie blieb kurz auf dem Treppenabsatz stehen wo sich schon die nächsten Gäste viel zu eng an ihr vorbei drückten.

Sie atmete zweimal tief durch und drängte den roten Schleier zurück, dann ging sie ganz bewusst langsam die Stufen zum Club hinunter. Zählte jede Stufe und betrachte die Gaslampenimitate deren blaues Glas von matten Glühbirnen erhellt wurde.

Der fahle blaue Lichtschein gab dem Club eine dunkle und irgendwie unheimliche Atmosphäre, die aber auch etwas merkwürdige heimeliges hatte.

Terra setzte ihren Fuß auf den Boden am Ende der Treppe. Es hatte etwas geholfen, dieser zornige Teufel in ihr war wieder verstummt.

Erdbeben

Die harten Klänge der Musik umspülte sie. Es lief gerade, passender Weise wie sie schmunzelnd feststellen musste, einer ihrer Lieblingssongs. Rage of the Heart von Shadow Voice.

Ein extrem hartes Stück mit hohem Speed und einem unglaublichen Gitarrensolo in der Mitte. Frost schien damit Zorn, Wut und Schmerz nur so in die Welt hinaus zu heulen.

Terra liebte den Song. Zumal der Sänger, der sich hinter dem Namen Shadow Voice verbarg ein absoluter Hingucker war.

Anfangs waren Shadow Voice eine vollständige Band, trennten sich allerdings recht schnell wieder.

Es gab Reibereien zwischen Frost und seinem Leadgittaristen, keinen großer Plattenvertrag und schleppende Verkaufszahlen. Das Übliche eben.

Frost hatte dann ein Soloalbum geschrieben und in einem Hinterhofstudio aufgenommen. Die Scheibe wurde erst zum Geheimtipp, dann zur Nummer Eins in den Staaten. Danach ging es steil bergauf mit Frosts Karriere. Shootingstar musste nach diesem Aufstieg ganz neu definiert werden.

Bei späteren Projekten lud er immer neue Gastmusiker ein, schrieb die Songs aber immer selbst und übernahm natürlich Vocals und Leadgitarre.

Dabei waren einige Kult verdächtige Scheiben entstanden. Leider alles vor ihrer Zeit, sie hatte ihn nie live gesehene.

John Frost, war in den frühen Achtzigern mit einem Flugzeug verunglückt. Was seiner Musik noch mehr Anhänger einbrachte.

Die meisten hielten ihn für einen Gott des Rock, zumal er mit seiner Musik dem Zeit Geist gut zehn Jahre vor raus war. Seine Scheiben klingen heute noch so klasse wie damals.

Terra grinste glücklich vor sich hin. Schlängelte sich durch die Masse an Leibern auf die Tanzfläche und fing an ihren wilden Emotionen freien Lauf zu lassen.

Das Stroboskoplicht gab den Tänzern einen geisterhaft, ruckartigen Rhythmus. Terra bewegte sich mit so einer so ausgelassenen Wildheit, das sie nicht lange alleine blieb.

Ein paar Typen die sich wohl einbildeten sie beeindrucken zu können, gesellten sich headbangend und tanzend zu ihr. Verkrampft versuchten sie Augen- oder auch gleich Körperkontakt aufzubauen. Terra ignorierte sie und ließ sich ganz von der treibenden Musik vereinnahmen.

Sie ließ ihren Zorn und den Frust dieses Abends in ekstatischer Bewegung von ihr aufsteigen und schaffte es tatsächlich sich davon zu befreien.

Nach drei Songs in voller Länge ließ sich sich wieder in die Menge fallen und steuerte die Bar an der Rückwand des Raums an.

Ihr rotes Haar hing ihr wild und strähnig in die von winzigen Schweißperlen gezierte Stirn und ihr T-Shirt klebte ihr klitschnass am Körper.

Sie gab dem Barkeeper ein Zeichen und bestellte einen Tequila Sunrise und lehnte sich mit dem Drink in der Hand an den Tresen. Gut das es keine Ausweiskontrollen mehr gab wenn man erst mal drin war, grinste sie in sich hinein.

Sie betrachte müde aber wieder einigermaßen glücklich die Masse der Tanzenden und nippte an ihrem Cocktail.

Einer der Typen von der Tanzfläche kam auf sie zu und wollte sie wohl gerade ansprechen. Terra warf ihm einen derart vernichtenden Blick zu das er es sich ganz schnell anders überlegte und noch auf dem Absatz kehrt machte.

Terra trank einen Schluck und genoss das Gefühl wie ihr der Alkohol langsam ein wenig in den Kopf stieg. Sie trank nicht oft, aber manchmal war das Gefühl sehr angenehm und befreiend... .

Einfach ein paar Minuten nicht an ihr scheiß Leben denken müssen, dass war ein Luxus den sie sich einfach nehmen musste. Sonst würde sie irre werden das wusste sie.

Sie ließ sich von einem heftigen Drumsolo mitreißen und bangte heftig mit. Das tolle daran war das man dann kaum denken konnte.

Plötzlich lief es ihr kalt den Rücken runter, sie schreckte auf und sah sich hastig um... nichts, gar nichts.

Aber Terra wurde das Gefühl nicht los das sie jemand beobachtete. Vielleicht der Typ den sie vergrault hatte... nein sicher nicht das hätte sich anders angefühlt. Terra fühlte sich mehr wie ein Kaninchen, das wusste das es vom Fuchs beobachtet wurde. Ihre Nackenhärchen stellten sich auf und ihr Blick wurde suchend, hastig.

Sie konnte es ohnehin auf den Tod nicht ausstehen wenn man sie zu lange taxierte und wenn das dann auch noch einer heimlich tat, machte sie das Fuchsteufels wild.

Mit zornfunkelnden Augen tastete sie die tanzenden Massen ab. Nichts, keiner sah auch nur flüchtig in ihre Richtung, zumindest niemand den sie sehen konnte. Verdammt warum war sie so klein.

Grummelnd und schlecht gelaunt wollte sie sich zum Tresen wenden, doch dann lenkte sie etwas anderes ihre Aufmerksamkeit auf sich.

An der Treppe wurde es plötzlich laut und Unruhe begann sich wie Wellen auf einem stillen Teich auszubreiten.

Die Tänzer gerieten ins Stocken, am Treppenabsatz wurden Rufe und einige deftige Flüche laut. Terra reckte sich auf die Zehenspitzen und späte über die Köpfe der Menge. Zu klein, verdammt. Fluchend wie ein Seemann setzte sie sich auf den Barhocker. Schlug ihre knie unter und reckte sich erneut. Endlich sah sie was.

Ihr Gemecker und Gefluche blieb ihr im Hals stecken, als sie sah wer für den Tumult verantwortlich war.

Slashs ungewaschener, blonder Kopf ragte wie ein Leuchtturm aus der Menschenmenge und seine muskulösen Arme pflügten sich durch die Menge.

So ein Mist, mussten dieser Mistkerl und seine Gang ausgerechnet heute Nacht, ausgerechnet diesen Club aufmischen. Sie hatte auch wirklich kein Glück.

Slash und seine Gang waren Stadtweit dafür bekannt, dass überall wo sie auftauchten der Ärger und eine zünftige Schlägerei nicht lange auf sich warten ließen.

So gut wie jeder kannte diesen Redneck von außerhalb den man nie in was anderem als einer zerrissenen Bluejeans und einem Holzfällerhemd sah.

Der Kerl war so riesig wie gemein und das wollte schon einiges heißen. Mit seinen fast zwei Meter und zehn war er der größte hier in diesem Raum und er hatte anscheinend die Kraft von zwei Ochsen.

Er kam nur um Girls aufzureißen und Stunk zu machen und trotzdem ließ ihn jeder Türsteher rein. Einer soll mal versucht haben ihn nicht rein zu lassen, der starb noch in der selben Nacht auf dem Weg zum Krankenhaus.

Leider hatte man Slash und seiner Gang nichts beweisen können und so entkamen sie dem Knast und hatten endgültig den miesesten Ruf weg. Terra wünschte sich definitiv in einen anderen Club gegangen zu sein.

Er und seine drei Spießgesellen, waren das schlimmste was einem an einem solchen Abend passieren konnte und wem passierte es natürlich...?

Die beiden gestalten die sich mit Slash schnurstracks auf die Bar zu bewegten waren auch nicht besser als ihr Boss.

Die eine, eine Gotik Lolita namens Stella, die alle nur Owl nannten und die so was wie eine Schwarze Witwe sein musste. Dauernd bezirzte sie Typen, nahm sie mit und dann sah und hörte keiner mehr etwas von ihnen.

Der Andere war ein ein Ex Dealer namens Peter Kruger aus Deutschland. Er redete nicht viel, eigentlich gar nichts. Alles was man über ihn sagen konnte war das er sich nie von der Seite seines Bosses entfernte. Trotzdem gab es auch über ihn die wildesten Gerüchte, vor allem weil in ihrem Heimatviertel jeder Dealer auf mysteriöse Weise verschwand. Es war das mieseste Viertel von allen aber clean. Natürlich konnte man nichts beweisen.

Terra vergrub sich hinter ihrem Drink und hoffte das die Drei sie nicht sahen, wenn sie auch nicht hinsah...

Es war jetzt das beste keine Aufmerksamkeit zu erregen und zu hoffen, dass sie sich heute mit ein paar Bier, irgendeiner Schnecke und ein paar Pöbeleien zufrieden geben würden.

Ja das wäre das Beste für alle gewesen.

Aber irgendwie wusste Terra schon in dem Moment, in dem sie diesen frommen Wunsch dachte, dass es heute Abend genau so nicht laufen würden.

Wenn sie sich später an diesen Abend erinnerte, dann hatte sie immer das Gefühl eine Vorahnung gehabt zu haben. Auch wenn sie sich nicht im Entferntesten hatte vorstellen können was sie an diesem Abend noch alles erwarten würde.

Slash grölte nach drei Bier und lehnte sich lässig rücklings an die Theke. Seine kleinen Augen taxierten nach einander jedes Mädchen im Raum.

Terra drehte sich von ihnen weg und starrte bewusst unauffällig in eine andere Richtung.

Fehler Nummer eins.

Sie hörte stapfende Schritte hinter sich und das trotz der lärmenden Metallica. „Hey Kleine! Na wie wärs? Schwing doch deinen niedlichen Knackarsch zu mir rüber und lass es dir mal etwas gut geh!“ Dröhnte es hinter ihr.

Terra tat so als würde sie ihn nicht hören und zog den Kopf zwischen die Schultern.

„Hey Rotschopf ich quatsch mit dir!“ rief er noch lauter. „Wirst sehen wird dir Spaß machen!“

Eine schwere Pranke legte sich auf Terras Schulter und drehte sie herum. Sie lächelte in Slashs breites Grinsen.

„Sorry, bin mit jemandem hier.“ log sie entschuldigend über die Musik hinweg.

„Und? Is mir doch egal, wirst sehn mit mir kannste mehr Fun haben als mit deinem Macker Wo is der Stecher denn überhaupt. Kann ja nicht viel sein wenn er nicht bei dir ab hängt. Ist wohl schiffen was?“

Terra bemühte sich ruhig zu bleiben. Die nähe zu dem Hünen machte sie auf eine unangenehme Art kribbelig.

Hilfesuchend sah sie sich um, aber keiner der anwesenden Männer und Jungs machte auch nur ansatzweise Anstalten etwas zu unternehmen. Alles feige Säue!

„Nee,“ sagte sie entschuldigend, „Is meine Jacke holen wir wollten gerade gehen.“

Fehler Nummer zwei.

Slash grinste von Ohr zu Ohr. „Die Jacke die du gerade anhast wie? Na komm schon Baby zier dich nicht. Seh doch das du mit keinem hier bist, wirst sehen wir werden ne Menge Spaß zusammen haben.“ Er packte Terra grob an den Hintern und wollte sie zu seinen Leuten schieben.

Das war zu viel, etwas machte in ihr klick und alle Vorsicht viel von ihr ab, der Zorn schwappte wie eine schämende Rote Welle über ihr Bewusstsein und sie verlor absolut und unwiederbringlich die Kontrolle.

Fehler Nummer Drei.

Terra riss ihr Knie in die Höhe und rammte es Slash mit voller Kraft ins Gemächt. Und Kraft hatte sie, immerhin war sie im Leichtathletik Team ihrer Schule und gut im Training.

Trotzdem blieb Slash fast unbeeindruckt. Er zuckte kurz gequält mir den Mundwinkeln und packte sie dann hart um die Schultern.

Terra verfiel in schiere Raserei, drückte sich mit dem linken Fuß vom Boden ab und vollzog einen Salto. Ihre Schultergelenke knackten, aber sie spürte es nicht. Schmerz brandete in ihren Muskeln und Sehnen auf, aber sie registrierte ihn nicht.

Wie eine Turnerin am Reck, drehte sie sich in Slashs Griff und rammte ihm das Knie unter das Kinn.

In einer noch klaren Ecke ihres Kopfes fragte sich Terra was zum Teufel sie da gerade Tat. Sie war nicht nur über ihre Kraft und Entschlossenheit erschrocken, sondern auch über das Ausmaß ihrer Wut

Slash grunzte heftig und ließ sie für Sekunden los. Terra wollte reiß ausnehmen, aber der Riese war nicht so beeindruckt wie sie gehofft hatte. Er packte sie grob am Arm und verdrehte ihn auf den Rücken. In aller Seelenruhe legte er seine andere Pranke um ihren zarten Hals. Langsam und genüsslich drückte er mit unerbittlicher Kraft zu.

„Was solln das du kleine Schlampe!!“ schrie er so laut das der Sänger von Manowar neben ihm wie ein kleines Mäuschen zu piepsen schien. „Das wirst du noch bereuen!!“

Terras Wut verrauchte im selben Tempo, in dem ihr die Luft zum atmen ausging. Alle Anspannung schien ihr aus den Gliedern zu fahren und sie wusste das es vorbei war. Diese zornige Kraft in ihr war weg und sie würde nicht wieder kommen.

Slash würde sie nun k.o. schlagen und mitnehmen und was er dann mit ihr machte das wollte sie sich lieber nicht vorstellen. Terra betete um eine gnädige Bewusstlosigkeit, doch sie kam nicht. Ihr Peiniger achtete darauf, dass sie auch ja alles mitbekommen würde was nun geschah.

Slash knurrt wild, um sie herum hatte sich eine breite Gasse gebildet. Alle umstehenden tat verkrampft so als würden sie nichts sehen und nichts hören. Das nannte man dann wohl Zivilcourage.

Der Schläger verstärkte seinen Griff noch um eine Winzigkeit. Nicht viel, nur so fest, dass es ihr weh tat ohne sie ohnmächtig werden zu lassen.

„Lass die Kleine los, du dummer Gorilla.“ Sagte eine ruhige, fast leise Stimme hinter Terra. Die Stimme sprach so leise, dass man sie eigentlich gar nicht hätte hören dürfen. Nicht bei all der lauten Musik.

Doch man konnte sie hören und sie war von einer zwingenden Autorität. Slash lockerte unwillkürlich seinen Griff um einige Grad.

Terra schnappte keuchend nach Luft.

Shadow

Slash wirbelte plötzlich herum und knurrte wie ein Tiger. Terras Hals ließ er los, doch ihren Arm drehte er mit einem brutalen Ruck auf den Rücken.

Seitlich von Slash und hilflos vornübergebeugt hing sie da und japsenste nach Luft. Eine mörderischer Schmerz explodierte in ihrer Schulter, als das Gelenk bis an den Rand der Belastbarkeit gedehnt wurde.

Finsternis wogte am Rande ihres Gesichtsfelds hin und her. Doch etwas an ihr biss sich in der Realität fest, weigerte sich einfach in die Finsternis ab zu tauchen. Sie wollte verdammt noch mal wissen was da vor sich ging.

Angestrengt drehte sie die Kopf, so das sie besser sehen konnte. Slash verstärkte den Druck wieder und Terra stöhnte vor Schmerz. Trotzig hielt sie den Kopf oben.

Um sie herum hatte sich eine großzügige Lücke in der Menschentraube geöffnet. Neugierige, besorgte und regelrecht sensationslüsterne Blicke taxierten sie und ihren Peiniger. Aber auch den neuen Akteur. Ein Mann hatte sich nur einen knappen Meter vor ihnen aufgebaut und die Arme vor der Brust verschränkt.

Er war von zierlicher Statur, wenn es überhaupt ein Mann war. Auf jeden Fall war die Person ein gutes Stück kleiner als Slash, wohl so um die 1,80 m.

Seine Schultern waren schmal und seine Hände wirkten fast zerbrechlich, so dünn waren sie. Trotzdem, etwas an der Gestalt irritierte Terra unheimlich. Und zwar nicht nur seine ungewöhnliche Kleidung, die aus einer eng anliegenden schwarzen Lederhose, einem dunkelblauen Hemd und einem Hut mit schon fast absurd breiter Krempe bestand. Zusätzlich waren sein Gesicht und ein Großteil seiner Brust von einem wallenden Schal aus schwarzer Seide verdeckt. Mit ein Grund warum Terra sich des Geschlechts der Gestalt nicht sicher war. Seine Stimme hatte männlich geklungen, doch das konnte auch an dem dicken Stofffetzen vor seinem Gesicht liegen.

Aber das war es nicht was sie so unheimlich irritierte. Auch Slash schien zu stutzen, jedenfalls folgte dem ersten Knurren nichts. Er starrten den Kerl einfach nur finster an und presste immer wieder nervös die Linke zur Faust zusammen.

Die Art wie der Kerl dastand konnte einen nervös machen. Einfach so ohne die geringste Regung. Die Luft war zum zerreißen gespannt.

„Was ist Blödmann!“ bellte Slash, der seine Überraschung wohl endgültig abgeschüttelt hatte. „Verzieh dich oder ich ramm dich ungespitzt in den Boden!“

Die Menge um sie herum schien vor Spannung den Atem anzuhalten. Owl hatte sich elegant auf einem Barhocker drapiert und zupfte an ihrem berüschten schwarzen Minirock herum.

Kruger stand keine Handbreit neben seinem Boss und hatte die Daumen lässig unter den Gürtel geschoben. Scheinbar völlig entspannt, aber Terra sah wie es in seinem Gesicht arbeitete.

Mit langsamen Bewegungen senkte der Mann die Arme und kam einen Schritt vor. Plötzlich lag eine unheimliche Drohung in der Luft. Es war nur eine winzige Bewegung, doch sie schien die Luft zwischen ihnen für eine Sekunde zusammen zu pressen. Alles an der Art wie sich der Fremde bewegte schien bedrohlich. Jede Muskelregung war kontrolliert, nichts war überflüssig.

„Ich habe gesagt du sollst das Mädchen loslassen. Ich denke du tust ihr weh.“ sagte er und tippte sich mit dem Zeigefinger der Linken an die Krempe. Ein helles Klirren erklang als sich die Ketten eines komplizierten Schmuckstücks berührten. „Wir wollen doch alle, dass hier kein Unglück geschieht.“

Terras Augen hingen wie gebannt an diesem filigranen Kleinod. Ein silberner Armreif, etwa eine Hand breit zierte das Handgelenk des Fremden. Davon verliefen ketten zu einem Ring an seinem Mittelfinger. Vier Stück, zwei von recht und zwei von links kommend. Der Ring war breit und mit zarten Runen graviert. Das Armband wurde von einfachen Ranken verziert und in seiner Mitte prangte ein runder Edelstein von blendendem Weiß.

Slash schnaubte wie ein Rhinozeros. Seine Nüstern blähten sich und immer wieder zog er die Luft durch die Nase ein, fast als... würde er schnüffeln.

„Ah so ist das.“ Slash klang triumphierend. „Mach das du Land gewinnst! Das ist mein Revier. Du hast hier nix zu suchen und ich mach dich Kalt wenn ich dich draußen erwische. So einen wie dich wollen wir hier nicht.“

Terras Augen wanderten verblüfft von einem zum anderen. Was war denn hier auf einmal los, kannte die beiden sich etwa?

„Na aber du wirst mir doch nicht etwa gerade gedroht haben, oder?“ Der Fremde zupfte an seinem Hut, zog ihn ein Stück tiefer in die Stirn. Wieder erklang das Glöckchenspiel seines Schmuckstücks. Terra stutze, was war hier los?

Die Musik war aus... nein ganz leise, so als hätte der DJ den Ton abgedreht. Scheiße machten die etwa eine Show aus ihrer Lage?

Da könnte man doch kotzen, alles gaffte aber keiner außer dem Fremden machte auch nur einen Finger krumm. Warum rief denn keiner die Cops!

Scheiße war sie die Showeinlage für diese Gaffer? Böse funkelte sie in die Runde, doch viele der Menschen sahen sie überhaupt nicht richtig an, ihre Blicke wanderten unstet umher, ganz so als würden sie etwas suchen.

Terras Blick fiel auf den DJ, der wie aufgelöst auf seine Anlage starrte und mit den Schultern zuckte.

Das Ding war wohl kaputt, darum war es also so totenstill hier drin. Na wenigstens war es ausnahmsweise mal nicht wegen ihr.

„Pah! Ich drohe wem und wann ich will! Das hier is mein Laden und mein Revier und hier ist mein Wort das scheiß Gesetz!“ brüllte Slash so laut das alle im Club unwillkürlich den Kopf einzogen.

„Also ich sage es dir noch einmal in aller Ruhe und im Interesse des Friedens. Lass die Kleine los.“ Die Stimme des Fremden blieb freundlich und höflich. Wurde aber von einem Augenblick zum anderen eiskalt und emotionslos.

„Und wenn ich das nich tue?“ Slash verstärkte den Druck auf Terras Schultergelenke noch ein wenig.

Nur ein oder zwei Grad mehr und ihr Gelenk würde aus dem Teller springen. Bunte Sterne tanzten vor ihren Augen und ihre Knie gaben langsam nach. Gleich würde sie wie ein nasser Sack zu Boden stürzen.

Ein schmerzvolles Stöhnen entrang sich ihrer Kehle und Slash grinste genussvoll vor sich hin. Seine Zunge fuhr nervös und gierig über seine Lippen.

Der fremde seufzte als würde er mit einem störrischen Kind reden. „Ich hab dich gewarnt.“

Dann ging auf einmal alles furchtbar schnell.

Der Fremde machte einen ruckartigen Satz, der eine Großkatze hätte alt aussehen lassen. War urplötzlich neben Slash, packte dessen Daumen und drehte ihn mit brutaler Gewalt herum. Knochen knackten und der laute Knall eines platzenden Gefäßes malträtierte Terras Ohren. Slash ließ sie abrupt los und brüllte wie ein angeschossener Löwe.

Terras Füße machten unsanft mit dem Boden Bekanntschaft, ihr Knöchel tat alles sich redlich zu verstauchen und sie bekam Übergewicht nach vorne.

Terra sah sich schon mit der Nase bremsen lernen, als sie wie auf einer Wolke landete und erleichtert ausatmete.

Sie lag sicher im Arm des Fremden und spürte seine drahtigen Muskeln unter dem Seidenhemd. Er hielt sie in einem Arm so einfach, als würde sie nicht mehr wiegen als eine Feder.

Gelassen drehte sich ihr Retter um und sah zu Slash hinüber. Dieser hielt sich den Daumen, der in einem unmöglichen und sicher schmerzvollen Winkel ab stand.

Es war ganz still im Quake, keiner der Gäste schien auch nur zu atmen. Owl hielt sich erschrocken die Hände vor den Mund. Kruger, der vor Sekunden noch so Sprung bereit gewirkt hatte, stand wie versteinert da. Den Mund weit aufgerissen und mit schreckensweiten Augen.

Slash umrundete den Mann wie ein Verwundetes Tier und ihr Retter folgte der Bewegung mit den Augen. Terra spürte das er seinen Körper nur minimal bewegte aber seine Muskeln waren zum Zerreißen gespannt. Er rechnete mit allem.

Sie hingegen hing in seinem Arm wie ein nasser Sack, alle Kraft war aus ihren Muskeln verschwunden. Wenn er sie nicht aufgefangen hätte, würde sie nun sicher mit dem Gesicht im Dreck liegen.

Scheiße war das peinlich, er musste sie wie ein kleines Kind stützen. Terra spürte wie ihr Schamesröte ins Gesicht und Wut ins Herzen stiegen.

Slash kreiste sie noch immer ein, wie ein Haifisch den Surfer. Brüllte auf und stürzte sich auf sie. Seine Faust schnellte kerzengerade und heftig wie ein Dampfhammer auf den Hinterkopf ihres Retters zu.

Der ruckte nur sacht mit dem Kopf und der Schlag ging ins leere. Blitzschnell zuckte seine freie Hand nach oben. Mit einem unangenehmen Krachen traf seine Faust Slashs durchgedrückten Ellenbogen.

Ohne zu zögern und mit einem neuerlichen Schmerzensschrei setzte der Raufbold nach. Drehte sich um die eigene Achse und rammte sein Knie gegen den Oberschenkel des Mannes. Doch abermals war sein Widersacher schneller. Seine Hand schnellte durch die Luft nach unten, wie eine zubeißende Klapperschlange. Klatschte mit dem flachen Handballen gegen Slashs Knie und drückte es zu boden.

Aus der Bewegungen gerissen stampfte der Fuß des Straßenschlägers auf den Boden. Was zu Hölle ging hier nur vor?

Terra verstand die Welt nicht mehr. Dieser so schmächtig wirkende Kerl ließ den Hünen vor sich aussehen wie ein kleines Kind.

Er hatte diesen mörderischen Kick einfach so abgeblockt. Ja das Bein des Riesen sogar einfach runter geklappt, wie bei einer beweglichen Schaufensterpuppe.

Slash stand da wie vor den Kopf gestoßen. Breitbeinig und in der gleichen verkrampften Haltung in die ihn der Fremde vor Sekunden gezwungen hatte.

Auch er schien die Welt nicht mehr zu verstehen, so einen Gegner hatte er wohl noch nie gehabt.

Terra konnte nicht anders, sie grinste wie ein Honigkuchenpferd. Endlich bekam dieser Hinterhofkönig mal sein Fett weg. Wurde auch echt langsam Zeit.

Slash rappelte sich auf und wich drei Schritte zurück. Knurrte wie ein bösartiger Hund und richtete mit einem brutalen Ruck seinen geschundenen Daumen.

Terra biss sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf die Unterlippe. Auch wenn es nicht ihre Hand war, das musste doch weh tun!

„Lass doch diese Kinderreihen endlich.“ sagte der Fremde nach einer Weile. Seine Stimme war ganz gelassen. „So kommst du doch nicht weiter. Sieh es einfach ein, du hast keine Chance gegen mich. Warum kneifst du nicht deinen Schwanz ein und verschwindest endlich?“

„Niemals! Kruger, Owl steht nicht da rum wie die Ölgötzen, macht was! Bewegt eure Ärsche endlich zu mir und Packt den Kerl!“

Kruger befreite sich als erster aus seiner Starre und ging in kampfbereiter Haltung zur Linken seines ach so furchtlosen Anführers in Stellung.

Owl schluckte einmal heftig und rutschte zögerlich von ihrem Stuhl. Nervös zupfte sie an ihren weißen Spitzenhandschuhen. Sie wollte das alles ganz sicher nicht, trotzdem schien sie Kampfbereit. Wenn auch viel ängstlicher als Kruger.

Terras Retter seufzte wieder. „Na na, meinst du wenn du die beiden Kinder auch noch dazu holst wird es besser.“

„Hey Kleine. Ich kann deine Angst ja schon riechen. Hast recht ich werde dich auch bestimmt nicht schonen. Nichteinmal in diesem hübschen kleinen Kleidchen. Ich weiß nämlich von Crow. Ich weiß, dass ihr genau wisst was ihr tut. Oder sollte ich lieber sagen, was ihr eben nicht tut?“

Terra hatte absolut keine Ahnung von was der da redete. Wer zur Hölle war dieser Crow? War das so was wie ein Gangkrieg oder ne Familiensache? Es sah beinahe danach aus. Warum musste sie auch immer in solche Sachen geraten. Ach und wollte dieser Kerl sie nicht vielleicht langsam mal wieder absetzen? Warum baumelte sie immer noch mit den Füßen ne Handbreit über dem Boden?

Owl erstarrte wieder und auch Kruger blieb für einen Augenblick stehen. Diesmal fing er sich jedoch sofort wieder und begann Terra und ihren Retter einzukreisen. Selbst Owl setzte sich zögerlich in Bewegung.

„Halts Maul!“ brüllte Slash. „Dein Geschwafel is mir doch egal! Ich mach jetzt Kleinholz aus dir! Egal wen de kennst und wen nich! Owl, Kruger packt ihn!“

Die beiden stürzten sofort los, jetzt war es aus. Der Überzahl war auch dieser Supermann für Arme nicht gewachsen.

„Halt.“

Es war nur dieses eine Wort, nicht mehr. Leise gesprochen, doch mit einer Kraft und Autorität wie sie Terra niemals für möglich gehalten hatte. Ihre Nackenhaare stellten sich auf, eine Gänsehaut rann ihr in eisigen Schauern den Rücken hinab. Ihre Muskeln verhärteten sich, sie wagte kaum zu atmen. Es war nur dieses eine Wort, nicht mehr, aber es genügte.

Terra war selbst völlig erstarrt, obwohl er sie gar nicht angesprochen hatte. Die Gaffer wirkten ebenfalls apathisch, wie versteinert.

Kruger, Owl und ja selbst Slash erstarrten mitten in der Bewegung. Es war ein Befehl gewesen und sie mussten ihm gehorchen. Terra verstand die Welt nicht mehr, aber doch war es so.

Da standen sie, wie eingefroren. Wagten es nicht auch nur einen einzigen Muskel zu bewegen. Grotesk, fast als hätte ein überdimensionaler Daumen auf den Pausenknopf eines kosmischen Videorekorders gedrückt.

Es war totenstill im Quake, man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Fast eine Minute dauerte diese Geisterhafte Szene an.

Das Schweigen lastete schwer auf ihnen allen. Terra hatte das Gefühl ein Gewicht von mindestens einer Tonne auf ihrer Seele zu spüren. Es tat beinahe weh. Konnte nicht endlich jemand etwas sagen, irgendjemand..., irgendwas?

„Ich schlage vor ihr geht nun.“ Es war der Fremde der ihren Wunsch endlich erhörte. „Nimm deine Truppe von Jammergestalten und verschwinde. Wenn ich dich heute Nacht noch ein einziges mal sehe... nun frag lieber nicht. Geh.“

Sein Blick bohrte sich regelrecht in den des Straßenrowdys. Terra sah schon Funken sprühen, so intensiv war der Blickkontakt.

Slash atmete schwer wie ein Blasebalg und auf seiner Stirn stand kalter Schweiß. Irgendetwas passierte gerade und Terra konnte nicht mit Sicherheit sagen was es war. Nur, das es sehr unheimlich war.

Es war jene Art unbegreiflichen Schreckens, der nur solchen Dingen anhaftete die man nicht verstand. Solche Dinge, die man nicht einmal bewusst, geschweige denn völlig richtig wahrnahm. Vor denen man aber instinktiv Angst hatte.

Die ein primitiver Teil des Gehirns, all den Jahrtausenden der Evolution zum Trotz, noch immer richtig deutete.

Jener Schrecken, der einen als Kind Nachts unter das Bett blicken ließ, bevor man schlafen ging. Jene Angst die einen bei Wolfsgeheul in mondlosen Nächten überkam. Jene Furcht die einen davor warnte zu diesem finsteren Fleck im See zu tauchen. Jenem Fleck der schon so viele mutige Touristen verschlungen haben soll.

Terra presste unwillkürlich die Zähne so fest zusammen, dass es knirschte. Konnte das nicht endlich alles vorbei sein?

Der Fremde dominierte das Geschehen ganz klar, er atmete ganz ruhig und rührte sich keinen Millimeter.

Slash war ein Bild des Jammers. Seine ohnmächtige Wut brandete so hilflos gegen den Fremden, wie Nieselregen gegen eine Klippe.

Er wollte nicht aufgeben, das sah Terra aber er hatte schon verloren. Sein Haar war schweißgetränkt und hing ihm strähnig in die Stirn. Es war ein letztes Aufbegehren gegen etwas dem er nicht gewachsen war. Die Autorität des Fremden war absolut in diesem Moment.

Plötzlich war es entschieden. Slash senkte demütig den Kopf, er hatte verloren. Niemand, nicht einmal er selbst konnte das noch bezweifeln.

Er machte einen Schritt zurück und seiner Kehle entrang sich ein Laut den Terra einfach nur als Wimmern beschreiben konnte.

„Behalt die kleine Schlampe doch. Is ja eh nur Haut und Knochen, die is es nich wert. Werd glücklich mit der Tusse“ Es sollte wohl eine Beleidigung sein, doch selbst in Terras Ohren klang es anders. Wie das hilflose Bellen eines getretenen Hundes, dem man einen Maulkorb angelegt hatte. „Kommt Leute wir verziehen uns. Is doch eh nurn Saftladen.“

Ohne ein weiteres Wort bahnten sie sich einen Weg durch die Menge, die sie umringt hatte. Die Meisten machten ihnen freiwillig und sehr hastig Platz, wer es nicht tat bereute es spätestens nach einem Hieb von Slashs breiter Pranke.

Dann waren sie an der Treppe und verschwunden, es war vorbei. Terra seufzte erleichtert und löste ihren schmerzenden Kiefer.

„Kannst du stehen?“

Terra brauchte eine Sekunde um zu begreifen, dass diese Worte ihr galten. Noch immer hing sie wie ein Handtuch in der Armbeuge ihres Retters. Sie lief augenblicklich rot an.

Verdammt war das peinlich, wie ein kleines Mädchen.

„Kannst du stehen?“ fragte er noch einmal. Seine Stimme war plötzlich wie ausgetauscht. So warm und beruhigend ohne diese schneidende Autorität.

„Ähm... ja sicher.“ sagte sie stockend. „Kannst mich jetzt wieder absetzen.“ Scheiße, ging das alles vielleicht auch noch ein bisschen erniedrigender?

Nicht genug damit, dass sie sich hatte retten lassen, nein sie hatte sich auch noch die ganze Zeit tragen lassen. Beschämt löste sie ihre schmerzhaft verkrampften Finger von seinem Oberarm... ach ja und an ihn gekrallt hatte sie sich ja auch noch.

Innerlich versetzte sie sich zwei, drei Symbolische Ohrfeigen, dumme Terra! Hastig ließ sie los, beinahe zu hastig.

Kaum das ihre Stiefel den Boden berührt hatten und ihre Beine ihr Gewicht tragen sollten, wurde ihr schwarz vor Augen. Ihre Knie waren weich und wacklig, doch sie schaffte es stehen zu bleiben.

Vorsichtig lehnte sie sich an die Theke, ohne sich ihre Schwäche all zu sehr anmerken zu lassen.

Gut so Terra bleib noch nen Moment so stehen und keiner merkt das du schon wieder den Boden knutschen wolltest. Man heute bin ich aber wirklich zu nichts zu gebrauchen.

Wütend auf sich selbst wartete sie bis die Schwärze verschwand. Sie hätte sich setzen sollen, aber sie blieb stehen. Wenigstens ein kleines Plus für mein angeknackstes Selbstbewusstsein, dachte sie und richtete sich auf.

„Danke für die Hilfe.“ Sie schenkte dem Fremden ein ehrliches Lächeln, auch wenn es ihr im Moment schwer viel.

Zumindest das war sie ihm wirklich schuldig, immerhin war er der Einzige der sie verteidigt hatte. Er konnte ja nichts für ihre Schwäche und sie wollte ihn nicht gleich vor den Kopf stoßen.

Ein schräges Kratzen kreischte unvermittelt durch das Quake und plötzlich röhrte Lemmy von Motörhead wieder aus den Boxen.

Der DJ sah entgeistert auf seine zerkratze Platte. Terra schüttelte genervt den Kopf. Na was der für ein klasse Timing hatte.

„Ich weiß gar nicht was ich sagen soll! Ich will mir nicht mal vorstellen was der Kerl mit mir gemacht hätte, wärst du nicht da gewesen!“ brüllte sie über den neuerlichen Clublärm hinweg.

Der vermummte Kopf des Fremden nickte. „Keine Ursache! Bei so was kann man doch nicht einfach weggucken!“

„Hast ja gesehen das man das kann! Außer dir hat mir keiner geholfen, also danke nochmal!“ Sie schenkte ihm noch einmal ihr süßestes Lächeln. Was sollte sie sonst auch groß tun, ihm vielleicht einen Drink spendieren?

Sie war sich überhaupt nicht sicher ob sie das wollte. Trotz allem wirkte der Typ verstörend auf sie.

Sie hatte nicht mal sein Gesicht gesehen und doch war er ihr unheimlich. Es ging etwas Wildes und Verstörendes von ihm aus. Etwas auf das sie ganz instinktiv reagierte, mit Ablehnung.

Ganz ähnlich dem Moment in dem ihr Retter Slash nieder gestarrt hatte, nur bei weitem nicht so stark.

Trotzdem, irgendwas musste sie tun. Er hatte ihr heute Abend wahrscheinlich das Leben gerettet. Sie zumindest vor einer verdammt üblen und schmerzhaften Nacht bewahrt..., einer Nacht mit Slash. Mit diesem widerlichen Arsch und etwas das vielleicht schlimmer war als der Tod.

Terra schauderte und griff hastig nach ihrem Tequila. Bilder stiegen in ihr hoch, die sie nicht in ihr Hirn lassen wollte. Nervös trank sie einen großen Schluck und presste die Augen fest zusammen. Bis sie Sternchen sah und die Bilder wieder in ihr Unterbewusstsein verbannt waren. Ja sie musste ihm wirklich danken.

„Hey! Sag mal, willst du den Schal da vielleicht nicht mal abnehmen! Ist doch sicher verdammt heiß unter dem Ding! Außerdem kann ich dich dann besser verstehen, is wieder scheiße laut hier drin! Außerdem muss ich dir noch danken, soll ich dir einen Drink bestellen?“

Sie kam sich irgendwie trotzdem komisch vor bei diesen Worten. Das war das erste Mal, dass sie für einen Kerl was bestellte und sie kam sich gleich so vor als würde sie versuchen ihn abzuschleppen.

Wieder musste sie sich schütteln, so eine scheiß Nacht. Na wenn das so weiter ging war sie Ende der Woche tot oder schlimmeres. Langsam hatte sie keine Lust mehr.

Soviel also zum ersten, spendierten Drink ihres Lebens. Nominiert für diesen einschneidenden Moment! Ein Kerl den sie noch nie gesehen hatte und für den sie nichts empfand außer Argwohn … ach und das wars auch schon, ganz schön viele oder? Und yeah was für ein toller Anwärter! Terra applaudierte sich selbst in ihrem Kopf.

Der Mann sah sie einen Moment von oben bis unten an, dann starrte er auf ihre Brüste. Oh verdammt noch so einer?

Terra folgte seinem Blick und Zorn fing schon wieder an in ihr aufzusteigen. Er hatte sie gerettet aber das war noch lange kein Grund...

Hm sie musste sich korrigieren. Sein Blick endete auf ihrem Bauch. Genau da, wo der Aufdruck von Johnny Frosts Gesicht prangte.

Da das T-Shirt eine Nummer zu groß und am Hals sehr weit Ausgeschnitten war, hing der Druck ein Stück tiefer als vorgesehen.

Ein Fan? wie groß war da wohl die Wahrscheinlichkeit? Terra schüttelte den Kopf und rang sich ein Lächeln ab, wenn auch kein all zu ernst gemeintes.

Schließlich zuckte er mit den Schultern und begann sich umständlich aus dem Schal zu wickeln.

Terra seufzte ungeduldig und tippte mit dem Fuß auf. Wie konnte man für so was einfaches nur so unheimlich lange brauchen?

Mit einem entschuldigenden Lächeln auf den Lippen, drehte er sich schließlich zu ihr um und sah sie freundlich lächelnd an.

Terra riss die Augen so weit auf, dass sie in ihrer Vorstellung einer Animefigur hätte Konkurrenz machen können. Ihr blieb für eine Zehntel Sekunde das Herz stehen. Nur um dann mit doppelter Intensität gegen ihren Brustkorb zu hämmern. Ihre Hände zitterten und ihre Stimme überschlug sich beinahe.

„DU...!!“



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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Von:  Zeyaana
2011-03-23T10:21:12+00:00 23.03.2011 11:21
Das ist gut, das ist wirklich verdammt gut... und in nicht-handschriftlicher Form eindeutig besser lesbar *grins*


Die Story ist bis jetzt äußerst spannend, und das eher ruhige, erste Kapitel bietet einen sehr gelungenen Einstieg in das Weltengefühl der Geschichte.
Viel Setting-Beschreibung, die die etwas düstere und atmosphärische Stimmung gut rüberbringt und der Hauch des Übernatürlichen, der sich erst wirklich manifestiert, als der Charakter seine Gestalt ändert - Die Selbstverständlichkeit, mit der du diese Wandlung beschreibst (direkt nach der vollkommen mundanen Überlegung, sich einen Hotdog zu kaufen), so als würde er nichts weiter tun als eine Jacke zu wechseln - lässt einem einen kalten Schauer den Rücken herunterlaufen. Erst da wurde mir klar, dass ich die ganze Zeit vorher einer Wolfsgestalt bei ihren Gedankengängen zugehört hatte :)
Ich weiß nicht ob das Absicht war, aber... well played, so was mag ich. ;)

Auch die folgenden Kapitel über Terra sind dir gelungen. Du schaffst es, bereits in drei Kapiteln dem Charakter Tiefe und Vielschichtigkeit zu verleihen, sodass man sich ganz in Terra hineinversetzen und mit ihr mitfühlen kann. Zum Beispiel durch die Tatsache, dass sie ihrer Mutter einen Zettel hinterlässt oder dass sie sich darum sorgt, ihren kleinen Bruder aufzuwecken, wirkt sie so vollkommen normal, dass sie direkt aus dem "echten" Leben entstiegen sein könnte. Alles an ihr, wie du sie beschreibst, wirkt authentisch und zumindest ich hatte zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass sie ja doch nur ein fiktiver Romancharakter ist, dem jetzt halt in einem Nachtclub was unvorhergesehenes passiert.
Du schaffst es, mich mitzureißen und selbst die actionreicheren Szenen durch wortgewandte Beschreibungen so schön zu erzählen, dass man eigentlich die ganze Zeit "in-character" bleibt... ich denke, du verstehst, was ich damit sagen will. Ich kann's nicht besser ausdrücken. ;)

Jedenfalls bin ich sehr gespannt, wie es weitergeht!
Die Geschichte strotzt nur so vor Potential, daher erlaube ich es mir, erwartungsvoll zu sein. :)

Nach diesen ganzen Lobpreisungen würde ich jetzt gerne noch was negatives sagen, um meine Glaubwürdigkeit zu erhöhen... aber da mir bisher leider nichts negatives aufgefallen ist, bleibt es wohl bei einem bösen: "Hör auf, Terra weh zu tun!! ò__ô"
*grins*

Also alles in allem würde ich mich Hay_Lin06 anschließen... Es wäre toll, wenn du weiterschreibst ^^

(P.S.: Wäre ich ein Verlag, würde mir das hier schon ausreichen, um dich unter Vertrag zu nehmen! :) Mensch, ich muss wirklich dringend einen Verlag gründen...)
Von:  Vienta
2011-02-11T12:33:26+00:00 11.02.2011 13:33
Mir gefällt die Fanfic voll gut.^^
Sie ist richtig schön spannend und anschaulich erzählt.Ich finde die Charaktere bis jetzt ziemlich tiefgündig und man kann sich sehr gut in sie hinein versetzen. Auch der Ton den du triffst passt ziemlich gut zu der Thematik.
Würd mich freuen wenn du weiter schreibst^^
'*knuddel*


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