Rubina von Rose-de-Noire (Piraten unter sich.) ================================================================================ Epilog: -------- EPILOG Der Sand unter meinen Füssen ist weiss und weich weich, das Wasser, türkis und klar, verwandelt sich weiter draussen in dunkles, tiefes Blau, der Wind ist sanft und warm, und die Sonne überzieht das alles mit einem unwirklichen Schimmer. „James!“ ich rufe ihn und mein Vierjähriger hebt den Kopf, zückt sein Fernglas und richtet es auf mich aus und ruft zurück: „Mama! John...“ Ich lache als John Junior auf meinem Arm zu strampeln beginnt und mir erklärt: „Runter will, Jamie!“ also wirklich, der Kleine weiss schon ganz gut was er will; und dann tappst er auch schon auf seinen grossen Bruder zu und verlangt: „Will Fernglas...“ Jamie legt nur den Kopf schräg und wartet ab bis sein kleiner Bruder ein quengelndes „Bitte?“ anhängt. Und dann bin ich bei meinen Kindern, lasse mich in den Sand fallen und ziehe die beiden zu mir heran: „Na James,“ der wache Blick seiner ozeanblauen Augen – Silvers Augen – richtet sich auf mich, „hast du was erspäht?“ Dabei ziehe ich einen Apfel aus meiner Hosentasche und das Messer von meinem Gürtel. „Nein, Mama!“ Jamie schüttelt den Kopf, das sein hellbraunes Haar mit dem Goldstich nur so fliegt, „Wann kommt Daddy wieder?“ Ich würde jetzt gerne aufseufzen, doch anstelle dessen rechne ich schnell durch wo die Rubina sich gerade rumtreibt, wann sie auslief und erkläre dann: „In drei Wochen Jamie-Schatz...“ „Schiff!“ Ich lächle Johnny an, wuschle ihm durch seine rotblonden Locken: „Ja, mein Süsser, dass ist Onkel Barnabys Devils Bride!“ Er nickt so ernst es ein Zweijähriger eben vermag, zeigt auf die Apfelspalten in meinem Schoss: „Daddy!“ Meine Augenbraue rutscht hoch und ich verkneife mir gewaltsam ein Lachen. Ob ich mir Sorgen machen sollte, wenn Johnny beim Anblick eines Apfels nach seinem Daddy verlangt? „Ja,“ gestehe ich, „genau so macht es Daddy auch immer für euch...“ und ich bin mir sicher, dass wo auch immer Silver gerade ist, es hat da auch jede Menge Äpfel. Langsam bekomme ich Kopfschmerzen vom vielen Rechnen und die Feder wiegt immer schwerer... Ich klappe das grosse Buch mit dem rotschimmernden Ledereinband zu, streiche sanft über die eingepresste Flagge: Ein Totenschädel, zwei gekreuzte Säbel, Vaters Flagge. Ich klappe es wieder auf, eine der vorderen Seiten; und mein Finger gleitet zielstrebig über die präzise Auflistung: James Murdock: Hand, dreihundert Achterstücke Billy Jones: rechtes Auge, zweihundertdreissig Achterstücke John Silver: Linkes Bein, sechshundert Achterstücke und alles in der akkuraten Handschrift meines Vaters, jeder Posten mit einem grossen, verschnörkelten JamesF abgezeichnet. „Silver! Silver!“ krächzt da Flint plötzlich von meiner Schulter. Ich streiche ihm sachte durch die Brustfedern und seufze: „Der kommt erst in drei Wochen, alter Junge...“ Der Papagei, der das letzte Mal als Silver sich verabschiedete, einfach auf meiner Schulter sitzen blieb, wiederholt nur noch einmal entschieden und laut: „Silver!“ „Nun, wenn du meinst, Flint...“ Brr... ich mag die Regenzeit nicht. Es ist kalt, nass und das Geräusch des Regens viel zu laut. Und dieses grosse Bett ist viel zu kalt für mich alleine... Ich rolle mich ganz unter allen Decken zusammen, wundere mich vage, wieso ich denn nun friere, denn auf See friere ich nie. Am Ende, nach einer weiteren, schlaflosen Viertelstunde, strecke ich doch noch meine Hand aus dem Bett und ziehe den Kapitänsmantel den ich meinem Mann „gestohlen“ habe, zu mir unter die Decken und kuschle mich hinein... Warm, dick und er riecht immer noch nach Silver. Und so drifte ich doch noch ins Traumland. Ich schrecke hoch weil... Ja, weswegen denn? Hier auf der ganzen Insel gibt es nicht einen der es wagen... Ich stehe unter der Verbindungstür die vom Schlafzimmer in das meiner Kinder führt und zwinkere ungläubig, brauche einen Augenblick um zu merken, dass ich nicht träume und da tatsächlich mein Mann steht und unseren Kindern beim Schlafen zusieht. Er steht einfach nur da, sieht sie sich an, streicht Jamie eine vorwitzige Strähne aus dem Gesicht und fährt dann sanft einmal mit den Fingern über Johnnys Wange und als er sich umdreht, strahlt er mich in der letzten Glut des Kaminfeuers mit einem Lächeln an, raunt leise: „Hallo Kitten...“ Der eine Teil meines Kosenamen geht in dem sanften, sehnsüchtigen Kuss unter mit dem ich ihn begrüsse. Er ist pitschnass, schmeckt nach Salz und es ist mitten in der Nacht und: „John,“ ich bin so glücklich, dass du schon da bist, „solltest du nicht erst in drei Wochen da sein?“ Ebenso leise wie ich zuvor, haucht er in mein Ohr: „Winddrachen...“ Ich lache lautlos, nenne ihn einen Verrückten und ziehe ihn hinüber in unser Schlafzimmer. „Kapitan Long John Silver,“ ich male verschlafen unsichtbare Muster auf seiner Brust, „du bist entweder verrückt,“ hm, mir ist so schön warm, „oder unglaublich gut...“ Er schweigt nur, grinst mich im Schein des neu entfachten Feuers an und schiebt behutsam eine Strähne meines Haars hinter mein Ohr. „... setzt einfach die Drachen und segelst bei Nacht und Regen hier hinein...“ Diesmal schnurrt er die Antwort regelrecht: „Ich wollte nur schnell nach Hause zu meiner Familie...“ „Ich liebe dich, John... ENDE Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)