Sonate von Asmodina (Fortsetzung von Serenade) ================================================================================ Kapitel 2: Schwester der Dunkelheit ----------------------------------- Akaku und die Mitglieder von Versailles standen direkt vor der Bühne und verfolgten atemlos jede Bewegung von dort. Besonders die Schwarzhaarige zitterte wie Espenlaub. Dann war es endlich soweit; durch die Schwaden eines künstlich erzeugten Nebels betraten X Japan die Bretter, welche für sie die Welt bedeuteten. Sugizo warf Akaku grinsend eine Kusshand zu, was diese erwiderte. Yoshiki bildete das Schlusslicht, würdevoll setzte er sich hinter seinen Kristallflügel. Die Töne, welche er dem Instrument entlockte, ließen alle Stimmen in der großen Halle wie auf Kommando verstummen. Alle lauschten dem unvergleichlichen Spiel. Auch Akaku verlor sich rettungslos in den Klängen; wie lange hatte diese Musik ihre Seele beschützt? Tränen der Rührung flossen über ihre Wangen. „Ich kenne keinen, dessen Spiel mich mehr in den Bann ziehen und begeistern würde…“, meinte Kamijo zu seiner Frau und legte dem Arm um ihre Schultern. „Ja…in der Tat, es ist pure Magie“, flüsterte sie ergriffen. Niemand ahnte in diesem Moment, das eine solche Wirkung auch Gefahren bergen konnte. Denn nicht weit von der Bühne entfernt stand eine junge Frau namens Kuroi, welche dieselbe Begeisterung teilte und deren graue – grüne Augen unablässig auf Yoshiki gerichtet waren. Faszination und Leidenschaft, aber auch eine gewisse Unruhe und Sorge spiegelten sich in ihnen. Als der neue Song „Jade“ gespielt wurde, verlor sie die Beherrschung und weinte, da dieses Lied sehr viele Emotionen in ihr auslöste. Der Pianist schaute kurz in die Menge, wobei ihm der weiße transparente Mantel von den Schultern glitt und den Blick auf seinen wunderschönen Körper freigab. Er legte seine ganzen Empfindungen in das Klavierspiel und schrie seinen Liebeskummer hinaus. Denn kaum einer wusste, dass dieser Song seiner Ex-Freundin galt. Aber dabei hatte Yoshiki die Rechnung ohne Kuroi gemacht, denn sie spürte diesen wohlbekannten Schmerz nur zu deutlich. Die Tränen vermischten sich mit dem Make-up, färbten diese nachtschwarz und die Gefühle nahmen Überhand. Ohne es zu wollen, rollten ihre dunklen Kräfte wie eine tödliche Woge heran und schlugen über ihr zusammen. Innerhalb von Sekunden wurde Kurois Aura rot wie Blut und strahle eine gefährliche Energie aus. Im nächsten Moment spross ein einzelner Engelsflügel empor und die Federn flogen kreuz und quer um sie herum. Die Fans wichen erschrocken zurück, eiskalte Panik stand in ihren Augen. Unkontrolliert flogen Materialien und kleinere Gegenstände durch die Halle, alle flüchteten zu den Ausgängen und es grenzte an ein Wunder, das dabei niemand verletzt wurde. Das letzte, was Kuroi wahrnahm, war der fassungslose Blick Yoshikis, den sie verwirrt und schuldbewusst erwiderte. „Verzeih mir“, formten ihre Lippen noch, ehe die junge Frau völlig erschöpft zusammenbrach. Die finsteren Kräfte hatten ihren Tribut gefordert. Akaku beobachtete das groteske Schauspiel ebenfalls mit weit aufgerissenen Augen, konnte das möglich sein? Es gab noch andere schwarze Engel außer ihr selbst? Offensichtlich schon, nur hatte diese Frau ihre Kräfte wohl überhaupt nicht im Griff. „Verflucht“, schimpfte Akaku und verwandelte sich ebenfalls. Mithilfe ihrer Flügel, welche ihr einen gewissen räumlichen Spielraum ließen, gelang es ihr, die ohnmächtige Kuroi aus der Menge zu ziehen. Versailles waren gerade dabei, den Schock zu verdauen, als die Schwarzhaarige mit dem Mädchen auf dem Arm in Richtung Backstage marschierte. Kamijo reagierte sofort und nahm ihr die Last ab, da er nicht wollte, dass seine Frau sich in ihrem Zustand überanstrengte. Vorsichtig legte er den Engel auf eines der Sofas dort und musterte ihr leichenblasses Gesicht. Das schulterlange, blaue – schwarze Haar fiel weich über die Lehne und das wallende Kleid in der Farbe des Schnees klebte schweißnass an ihrem Leib. Man konnte nur ansatzweise erahnen, wie zierlich Kuroi eigentlich war. Alle anderen versammelten sich um die drei. „Ist sie auch ein schwarzer Engel?“, wollte Yuki wissen und schaute Akaku an. Diese nickte: „Es sieht ganz danach aus und das Lied hat sie emotional so aus dem Gleichgewicht gebracht, das ihre Kräfte ungehindert ausschlugen. Jedoch sind diese wohl gefährlicher als meine!“ „Wie meinst du das“, fragte Jasmine weiter und ihm wurde klar, dass sie es mit einem neuen Problem zu tun hatten. „Die fliegenden Gegenstände...das sieht mir nach Telekinese aus.“, erklärte die Schwarzhaarige geduldig, „Die Fähigkeit, etwas durch bloße Gedankenkraft bewegen zu können. Nun stellt euch mal das Chaos vor, wenn jemand das nicht im Griff hat.“ „Und genau das ist bei ihr der Fall“, meinte Hizaki. Sie hatten es mit eigenen Augen gesehen und alles sprach dafür. „Definitiv, mir sind am Anfang auch Unfälle passiert, weil ich meine Fähigkeiten noch nicht zu kontrollieren wusste. Allerdings war das Ausmaß niemals derart gravierend!“ Sie blickte die bewusstlose Kuroi an und bemerkte, dass sie sich allmählich regte. Langsam erwachte die Blau-schwarzhaarige aus der Dunkelheit und öffnete die Augen. Im ersten Moment starrte sie die kleine Gruppe erschrocken an, wer waren diese Menschen? Doch als Kuroi sich aufsetzen wollte, versagte ihr noch geschwächter Körper den Dienst. Zum Glück war Teru zur Stelle und hielt sie fest. „Danke“, lächelte sie ihn schüchtern an und musterte die kleine Gruppe fragend, „wo bin ich? Was ist passiert?“ Akaku lächelte freundlich und gab ihr die Hand. „Hallo, ich bin Akaku und das hier ist die Band Versailles. Du befindest dich im Backstage Bereich des Tokyo Domes.“, ihr Blick wurde ernster, „Weißt du, was passiert ist?“ Die Blau-schwarzhaarige erwiderte das Lächeln und den Händedruck: „Freut mich, dich kennen zu lernen. Ich bin Kuroi! Tokyo Dome?“, die letzten Worte verließen fragend ihren Mund, ehe die schönen Augen sich vor Angst und Schuldgefühlen trübten. „Sind alle o.k.? Es tut mir so leid.“, rief sie schon fast panisch, bevor ihr Körper, von Schluchzen und Verzweiflung geschüttelt, erneut zusammenbrach. „Was habe ich nur getan? Diese verfluchten Kräfte.“, ihre Stimme war nur noch ein Murmeln. Doch Akaku reagierte blitzschnell und nahm das völlig aufgelöste Mädchen in die Arme: „Hey...Hey…es ist alles gut, niemand ist verletzt. Sie haben sich nur ein wenig erschrocken!“ Beruhigend strich die Schwarzhaarige über Kurois zitternden Rücken. „Nichts ist gut“, entgegnete diese und schaute Akaku traurig an. Wie sollte sie das wiedergutmachen? Sie hatte das Konzert ruiniert, ausgerechnet eines der Dinge, welche Yoshiki soviel bedeuteten. Die Tränen wollten kein Ende nehmen. Genau in diesem Augenblick ging die Tür auf und der Drummer betrat den Raum. Er trug nach wie vor die enge schwarze Lackhose und den durchsichtigen Mantel. Einzelne Schweißtropfen perlten aus seinen gebleichten Haaren: „Ist alles wieder in Ordnung? Was war überhaupt los?“ Blitzschnell löste Kuroi sich aus Akakus Umarmung und verlor sich regelrecht in Yoshikis Augen. Dort stand er; jene Person, die für sie wertvoller war als alles auf der Welt. Ihr Herz schlug wie verrückt. Dennoch senkte sie betroffen den Blick. „Es tut mir so wahnsinnig leid…ich habe das nicht gewollt.“, noch immer zerriss ein Schluchzen ihre Worte. Der Pianist lächelte sanft und ging auf das verzweifelte Mädchen zu. „Nicht weinen.“, sagte er und wischte mit dem Daumen Kurois Tränen weg. Die Berührung ließ sie zusammen zucken und gleichzeitig verwirrte es sie: Wieso war Yoshiki nicht sauer? Sie hatte schließlich sein Konzert ruiniert! Und überhaupt; warum fürchtete sich niemand vor ihr und nahm ihre dunkle Seite als selbstverständlich hin? Fragen über Fragen tanzten durch ihren Kopf wie ein Wirbelsturm. Akaku bemerkte ihre Reaktion und lachte: „Du wunderst dich sicher, warum wir uns nicht fürchten. Obwohl du anders bist als die übrigen Menschen, nicht wahr?“ „Ja, aber woher…“, entgegnete Kuroi überrascht. Wie konnte Akaku das wissen? Oder hatte sie es einfach nur geahnt? Wer war dieses Mädchen? „Ganz einfach.“, lautete die Antwort und sie grinste noch mehr, „Tretet mal alle zur Seite!“ Die schwarzen Schwingen wuchsen aus ihrem Rücken und innerhalb von Sekunden stand der Engel in seiner ganzen Pracht im Raum. Erstaunen und Ungläubigkeit mischten sich in Kurois Blick, „Du bist auch ein schwarzer Engel!“, rief sie erleichtert. Endlich gab es jemanden, der ihre Situation verstand und es nicht nur heuchelte. „Ich hätte eine Bitte an dich.“, wandte sie sich schüchtern an ihre „Schwester“, „Kannst du mir helfen, meine Fähigkeiten beherrschen zu lernen?“ Eine Hoffnung, welche schon längst vergessen war, keimte von Neuen „Ja, das bin ich und ich kann deine Situation mehr als gut verstehen.“, erwiderte die Schwarzhaarige und verwandelte sich zurück, „Mir ging es früher nicht anders. Doch durch eine Verkettung von Wundern und Zufällen habe ich jetzt Freunde, einen Ehemann und bald sogar ein Kind.“ Liebevoll nahm sie Kamijos Hand und streichelte diese. „Zufälle?“, Jasmine verzog das Gesicht und knuffte die Schwarzhaarige in die Seite, „Du lässt aber einiges aus, Akaku!“ Der Bassist begann von dem damaligen Ereignissen zu erzählen und wurde manchmal von dem Leader ergänzt. Yoshikis Hand schloss die Kette, welche Hide ihm von Jasmine hatte überbringen lassen. „Wie du siehst, läuft es ganz gut für sie“, schloss Kamijo den Bericht und tröstete Kuroi damit ebenso wie Akakus Worte es taten. Durch diese beiden erfuhr sie nun, dass ihre Fähigkeiten nicht zwingend schlecht waren und dass man mit ihnen auch normal leben konnte. Und genau das würde ihr Ziel werden! Kuroi fühlte sich schon viel besser, „Und du meinst, ich kann es auch schaffen?“, fragte sie hoffnungsvoll und es gelang ihr sogar, Yoshiki etwas schüchtern anzulächeln. „Das definitiv.“, erwiderte Akaku zuversichtlich und schloss die neue Freundin in ihre Arme, „Du kannst bei uns wohnen, oder Kamijo? Gleich morgen werden wir üben!“ „Klar, das dürfte kein Problem sein. Genügend Räume stehen zur Verfügung.“, entgegnete der Angesprochene lachend, was zur Folge hatte, das Kuroi freudig aufsprang und ihn ebenfalls in eine sanfte Umarmung zog. „Du schaffst es.“, warf Yoshiki ein und drückte ermutigend ihre Hand, ehe er sie kurz in die Arme zog, „So…jetzt muss ich los und das Chaos beseitigen!“ „Aber wir sollten auch nach Hause gehen, es ist schon spät. Auf Wiedersehen, Papa…bis bald.“, sagte Akaku und fiel ihm leicht gähnend um den Hals. „Papa.“, kaum hörbar wiederholte der Drummer die Worte und lächelte. Wie er dieses Mädchen liebte, sie war die Tochter, welche ihm versagt geblieben war. „Hört…hört…ganz neue Worte von Akaku.“, Jasmine grinste und wich geschickt aus, um einer möglichen Rache zu entgehen. Tatsächlich schwankte der Gesichtsausdruck des Engels zwischen Wut und Belustigung. Als Yoshiki Kuroi umarmte, schlug ihr Herz sofort wieder schneller und sie hoffte, dass er es nicht bemerken würde. „Es tut mir so leid.“, entschuldigte sich die Blauschwarzhaarige noch einmal und verbeugte sich tief. Etwas verwundert schaute Kuroi die beiden, Yoshiki und Akaku, an. „Papa?“, meinte sie und mit einem fragenden Unterton und innerlich schnürte ihr Herz sich schmerzlich zusammen. War Yoshiki doch vergeben und hatte sogar eine Tochter? Schließlich wusste das junge Mädchen zu ihrem Leidwesen nicht viel über sein Privatleben. Akaku musste unwillkürlich lachen, als sie Kurois Gesichtsausdruck bemerkte: „Nein, ich bin nicht Yoshikis leibliche Tochter. Ich nenne ihn nur so, weil seine Musik mir in der dunklen Zeit sehr geholfen hat. Er ist die Vaterfigur, welche ich sie hatte.“ Kurois Reaktion ließ in ihr einen Verdacht erwachen, der sie schmunzeln ließ. „Oh…ach so.“, die Blau-schwarzhaarige fiel in das Lachen ein. „Und ich dachte schon.“, leicht schüttelte sie den Kopf, um ihre wilden Gedanken zu ordnen. „Aber Recht hat er.“, grinste Teru und stützte sich ein wenig auf der Schulter des Bassisten ab. „Womit?“, wollte Akaku wissen und blickte zwischen dem Gitarristen und Jasmine fragend hin und her. „Damit, das es spät ist. Außerdem bin ich sicher nicht der Einzige, welcher etwas Schlaf vertragen könnte, oder? Gerade du solltest in nächster Zeit vermehrt darauf achten.“, meinte der Kleinere, woraufhin das junge Mädchen eine Schnute zog. Die Erschöpfung gehörte wohl zu den Dingen, an die sie sich erst gewöhnen musste. Dennoch fügte sie sich und alle fuhren zusammen nach Hause. Lächelnd blickte Yoshiki ihnen nach, „Ein schönes Mädchen.“, dachte er und meinte damit nicht Akaku. Als sie Kamijos Anwesen erreicht hatten, spürte auch Kuroi, wie die Müdigkeit langsam von ihr Besitz ergriff. Nichts wünschte sie sich in diesem Augenblick sehnlicher als ein weiches, warmes Bett. Jasmine nickte dem Leader zu, zeigte dem jungen Mädchen noch schnell ihr Zimmer und wünschte eine Gute Nacht. Alles weitere konnten sie morgen noch klären. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)