Schneekönigin von P3rs3phon3 (Der Splitter in meinem Herzen trägt mich zu dir nach Haus) ================================================================================ Kapitel 2: Spiegelschuld ------------------------ Gwin und ich folgten Rutil eigentlich nur, um unser eigenes armseliges Leben zu retten... Berthier war da anders... Er liebte Rutil von ganzem Herzen - und das bewies er ihm Tag für Tag in einer Art und Weise, die niemand außer unserem Kapellmeister verstanden hätte... Er tötete...genau wie ich... Jedoch tötete er, um die Welt für Rutil von allem zu befreien, was sie beide ausschloss... Zumindest sagte er das... Und ich glaubte ihm... Auch wenn sie beide nicht über ihre Herkunft sprachen, so ging doch von beiden ein seltsamer Zauber aus... Eine Kraft in zwei Facetten... Berthier war wild und unberechenbar - zerstörerisch und nicht zu zähmen... Sein Klavierspiel riss einem die Seele aus dem Leib, wenn man nicht aufpasste... Die Schuld, die er auf sich lud, die mit jedem neuen Opfer wuchs, schien für ihn nichts als Bestätigung zu sein, dass er selbst existierte und über allem stand. Seine Kräfte waren furchteinflößend - nicht nur wenn er spielte. Griff er dich mit seinem Schwert an, entkamst du ihm nicht. Auch Gwin und ich hatten übermenschliche Kräfte... Doch nicht einmal wenn wir zusammen mit Rutil gegen ihn angetreten wären, hätten wir auch nur den Hauch einer Chance gehabt... Wir spielten mit unseren Herzen und ich kämpfte aus Leidenschaft... Er tat alles aus tiefster Seele heraus... Sein Herz und seine Hände schlugen im Gleichklang Akkorde an... Niemand außer ihm konnte das... Rutils Kräfte waren das genaue Gegenteil... Rutil lockte...er riss nicht an seinen Opfern... Er bezierzte sie - mit seinem Äußeren, mit seiner engelgleichen Stimme... Hörte man ihn singen fühlte man tief in sich eine Erlösung, die im Volkmund wohl damit gleichgesetzt wurde ins Paradies aufzusteigen... Wohinggehen Berthiers Klänge einen direkt in die Hölle hinab ziehen wollten... Die beiden waren wie zwei Seiten einer Person... Es war, als stünden beide auf der jeweils anderen Seite des Rahmens, der den Spiegel gehalten hatte, der nun in uns Splitterwesen steckte... Als ungleiches Spiegelbild zweier Extreme... Lange hatte ich darüber nachgedacht, was mich zu dieser Annahme führte... Sie ähnelten sich weder im Aussehen noch im Charakter... Auch ihr Klang und ihre Kraft waren völlig verschieden... Aber eines schienen sie im gleichen Maße zu besitzen... Ihre Schuld... Das Böse in ihnen war ebenbürtig...und das ließ sie gleichrangig erscheinen, ohne dass sie es waren... Und es war so stark, dass unsere Splitter nur Bruchteile davon sein konnten... Später würde ich erfahren, was sie beide wirklich verband... Vieles an unserem Zusammensein erinnerte an die Geschichte der Schneekönigin. Gwin und ich waren wie Kay - mit einem Unterschied. Wir hatten bis jetzt keine Gerda, die nach uns suchte, um uns am Ende doch noch zu befreien. Wir schienen unrettbar an unsere Königin verloren. Wir folgten Rutil bis er sich selbst gerettet hatte. Er suchte das schwarze Oratorium, um diese Welt von allem Bösen zu befreien. Ein Choral, der die Splitter in den Herzen der Welt schmelzen lassen konnte. Auch das Herz unserer ewigen Königin Gemsilika... Die, wie ich später erfahren sollte, ihres Zeichens Rutils Schwester war... Rutil, der nun nicht "Puppenkönigin" geworden war, war verdammt dazu als Schneekönigin sein Dasein zu fristen, bis er die Welt und vorallem sich selbst befreit hatte... Als er eines Tages allein von einer Mission wiederkehrte, zu der er mit Berthier aufgebrochen war, und uns mitteilte dieser hätte sich das Leben genommen, fehlte fortan ein Teil in ihm... Rutils Augen waren leerer, er sang nicht mehr... Als ob von einem Tag auf den anderen das eigene Spiegelbild verschwunden wäre... Es dauerte eine Weile bis er sich wieder gefasst hatte... In der Zwischenzeit erfuhr ich mehr über ihn... Er wurde redseelig je tiefer er in seiner Traurigkeit verschwand... Scheinbar hatten auch wir etwas gemeinsam... Er hatte sich gegen Gemsilika aufgelehnt und hatte sein komplettes Gefolge eigenhändig hinrichten müssen, um sein eigenes Leben zu retten. Er fühlte sich schuldig. Ständig verlor er die, die ihm folgten. Rutil tat mir Leid. Ich war selbst ein Mitgleid einer Terrorzelle gewesen - ich hatte mich zum Attentäter gegen die herrschende Klasse ausbilden lassen, um meiner Rache Genüge zu tun. Ich hatte es nie bereut - im Gegenteil. Ich hatte keine Angst vor dem Tod. Außerdem hatte ich keine andere Wahl. Oder? Meine Gründe bei ihm bleiben zu wollen, kannte ich selbst nicht einmal genau. Je länger ich darüber nachdachte, desto weniger Antworten fand ich. Ich paar Wochen später war Rutil wie ausgewechselt. Lächelnd stand er vor Gwin und mir und verkündete, wir hätten einen Auftrag, der uns nach Toussaint führen sollte... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)