Schneekönigin von P3rs3phon3 (Der Splitter in meinem Herzen trägt mich zu dir nach Haus) ================================================================================ Kapitel 3: Scherbenschwingen ---------------------------- Manchmal sehe ich mich um in dieser Welt und frage mich, ob es nicht alles ein Traum ist... Ob man nicht einfach die Hacken zusammenschlagen kann und schon ist die eigene Welt wieder in Ordnung... Aber ich bin nicht der Typ für Rüschenkleider und rote Lackpumps... Ich glaube nicht daran, dass mir eine Vogelscheuche und ein Blechmann weiterhelfen könnten... Außerdem habe ich nichts zu dem ich zurück will... Ich hoffe nur darauf, dass es irgendwann einmal besser werden wird... Und wenn das bedeutet, dass ich diese Welt endlich verlassen darf... Ja, gerade der Tod ist eine schöne Option diesem Wahnsinn Herr zu werden... Doch in dieser Welt darf man ja nicht einmal sterben... Ein Biss genügt, damit man eine halbe Ewigkeit zwischen Himmel und Hölle gefangen bleibt bis der eigene Körper zerfällt oder man von anderen erlöst wird... Guignols führen wohl das traurigste Leben in dieser Welt... Und gleich an zweiter Stelle stehen wir, die wir die Sinnlosigkeit der Weltordnung so wie sie ist erkannt haben... Wir begeben uns auf eine endlose Reise... Der Erfolg unserer Mission ist ungewiss... Und doch gehen wir weiter, weil wir noch Hoffnung haben... Aber ich weiß nicht einmal, wie diese Hoffnung genau aussieht... Ich will am Ende weder den Prinzen finden noch einer sein... Ich bin weder der böse Zauberer, der die Welt vernichten will, noch die gute Fee, die sie erhält... Nein... Ich bin der Rattenfänger, der aus gekränktem Stolz einer ganzen Stadt die Kinder nimmt ohne Reue zu zeigen... Ich bin der geheimnisvolle Fremde, der Joringel von Jorinde trennt... Ich bin der Kohlenmunk-Peter, der sein Weib für Geld erschlägt und das Glasmännchen zum Teufel jagt... Ich würde dem Teufel drei goldene Haare stehlen und mir nichts davon wünschen können... Ich bin das Brüderchen, das nicht auf sein Schwesterchen hört und von der verwunschenen Quelle trinkt... Der sich als Reh nachts in Gefahr begibt,um sich am Leben zu fühlen - auch wenn es dem Schwesterchen das Herz bricht... Ich bin einer der sieben Raben, der auf sein Schwesterchen wartet, weil er seine eigene Mutter mit seiner Wildheit und Boshaftigkeit so sehr enttäuscht hat, dass sie ihn und seine Bruder selbst verfluchte... Meine schwarzen Schwingen tragen mich davon und schmerzen bei jedem Flügelschlag... Meine Federn sind aus den Glasscherben des verfluchten Spiegels gemacht, der diese Welt in seinem Bann hält... Bei Zeiten verliere ich die eine oder andere und verteile so nur noch mehr Schmerz an den, der sie fängt... Lange Zeit dachte ich, es gibt kein Schwesterchen, das mich retten kann... Kein Schwesterchen, das Sehnsucht nach mir hat... Das meinen Bann lösen will... Die alles dafür tun würde, um die Welt zu ändern... Doch als wir in Toussaint dieses seltsame Mädchen aufsammelten, keimte in mir wieder Hoffnung... Je länger sie bei uns war, desto stärker wurde sie... Und als sie es aussprach, dass es ihr nichts ausmachen würde, den beschwerlichen Weg, unseren letzten Gang, auf sich zu nehmen, da wusste ich, sie ist es... Auch wenn sich ihre Zuneigung auf Rutil als Mittelpunkt konzentriert und ich ihr nicht zeigen kann, wie wichtig sie mir ist - sie ist es. Ich kann nicht mehr sprechen wie ein normaler Mensch, ich krächze nur Beschimpfungen und verschrecke andere um mich herum... Raben sind nur aus Eigennutz gesellig und schmeicheln nicht... Ich habe Angst sie zu umarmen - wie könnte ich auch? Ich habe nur Scherbenschwingen... Ich würde sie nur verletzen, wenn ich ihr zu nahe komme... Ich bin nur ein Rabenjunge im Bann der Schneekönigin... Rabenklang ist wild und unbezähmbar... Mein Weg führt über Eiswüsten und endet im Nichts... Gwin ist wie der Holländer Michel - groß und gefährlich... Mit starken Armen, die das Herz seiner Kunden fordern... Als Bildhauer der schrecklichsten Art opferte er seine Menschlichkeit... Geld und Prestige standen an erster Stelle... Und jeder, dem seine Kunst gefiel, verlor sein warmes Herz daran... Erst Rutil konnte sein eigenes Herz erwärmen und fror es doch im gleichen Zuge wieder ein... Aus Stein wurde Eis... Seine Tochter und sein Igel sind alle Erinnerung die er hat... Und lebendig ist ihm nur letzterer geblieben... Ich merke, dass er in Eles ebenso einen Hoffnungschimmer sah wie ich... Wir schützten sie... Er mit seinen starken Armen und ich mit meiner schnellen Reaktion... Diese Welt ist so unwirklich, dass einem nur Vergleiche zu Märchen bleiben... Diese Welt ist so extrem, dass die Wirklichkeit auf der Strecke bleibt... Seit Gwin damit angefangen hat sehen ich immer mehr Parallelen... Und das hilft mir an Eles, unsere Gerda, unser Schwesterchen, zu glauben, die unsere Herzen schmelzen wird... Die sie austauscht... Die das Rätsel löst... Die unseren Bann bricht und am Ende belohnt wird... Es ist ein schönes Gefühl daran glauben zu dürfen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)