Drachenreiter von Skrizgal (Die etwas andere Eragongeschichte??) ================================================================================ Prolog: 0 - Prolog ------------------ 0. Prolog: Es war bereits dunkel, als ein Schattenfarbenes Pferd durch das Wäldchen getrabt kam. Sein Reiter hing mehr als dass er aufrecht im Sattel saß und sein langer Umhang der sein Gesicht verbarg, bauschte sich im Wind. Die Nacht war mild und sternenklar. Ein runder, voller Mond stand am Himmel und erleuchtete den Wald. Eine angenehm kühle Brise ging durch die Blätter der Bäume, die leise wisperten. Der Hufschlag des Pferdes war gedämpft durch auf dem Boden liegende Blätter und Moos. Plötzlich ging ein Ruck durch das Pferd und sein Reiter setzte sich auf. Er nahm die Zügel auf und verlangsamte den Schritt seines Reittieres. Der Zelter hatte die Ohren nach vorn gerichtet und die Nüstern weit gebläht. Er roch etwas nicht Vertrautes, Bedrohliches. Dann, ohne Vorwarnung riss das Pferd den Kopf nach oben und bäumte sich zu seiner vollen Größe auf. Dabei wallte seine lange Mähne im Wind. Es riss herum und wollte davon preschen, als sein Reiter etwas flüsterte und es abrupt stehen blieb. Nach wenigen Sekunden glitt die Gestalt vom Pferd und für einen Moment schimmerte das Mondlicht auf dem hellen Haar des Reiters. Dann zog er sich die Kapuze wieder ins Gesicht, strich dem Tier über die Nüstern und führte es weiter. Nachdem sie so ein paar hundert Meter gegangen waren, band er den jetzt sehr unruhigen Zelter an einen Baum und ging ohne ihn weiter. Es würde sowieso keinen Schritt mehr tun, ohne in Panik um sich zu schlagen. Aus dem Schatten lösten sich Gestalten, genauso dunkel wie der Neuankömmling. Sie gingen lautlos auf ihn zu, sprachen kurz mit ihm und dann führten sie ihn weiter, zu einem geheimen Ort. Zunächst sah es aus wie eine Felswand, als sie näher traten öffneten sich die Felsen zu einem Spalt, an dessen moosbewachsenen Wänden Wasser runter tropfte. Hinter dem Felsspalt lag eine Grotte. Der Boden war von feinem Gras bedeckt. An den Wänden entlang wuchsen Moos und Farne die von den Sternen und dem Mond von oben beschienen wurden. Auf dem Rasen waren einige wenige sonderbare Hügel zu sehen. Sicher einige Fuß hoch und ein tiefes Grollen ging von ihnen aus. Ein gewundener Pfad führte zu einem Felsvorsprung, an dem links und rechts zwei mächtige Bäume wuchsen. Ihre Borke schimmerte silbern im Mondlicht und auf ihren grünen Blättern lag ein Schimmer. An jedem Baum stand eine weitere Gestalt. Ihre Mäntel waren grau und als die Gruppe sie erreichte, nickten sie dem vordersten zu und ließen sie passieren. Von dem Felsvorsprung nieselte etwas Wasser hinab, welches sich in einer schmalen Rinne am Boden sammelte und dann den Weg entlang davon in den Wald floss. Unter dem Felsvorsprung war eine Tiefe Einbuchtung in den Berg hinein. Ganz hinten stand eine Art Altar, auf dem etwas lag. Links und rechts brannten kleine Holzfeuer. Die Wärme sammelte sich in der kleinen, natürlichen Höhle. Der Altar war gut bewacht. An den Wänden, im flackernden Schein der Feuer waren weitere Wächter zu sehen. Wie viele konnte der Neuankömmling nicht erkennen, aber sicher waren das nicht die einzigen, die hier wachten. Der Anführer seiner Leibgarde sprach nun leise zu ihm. Nach einigen Augenblicken trat er vor und besah sich den Gegenstand, der dort aufgebart war genau. Es sah aus wie schwarzer ein Stein. Aber kein gewöhnlicher Stein. Er war gut einen Fuß lang und Oval. Seine Oberfläche schimmerte im Schein der Feuer wie schwarzer, polierter Granat. Doch es war kein Granat. Denn da war noch etwas anderes. Ein leichter, roter Schimmer lag auf der schwarzen Oberfläche, der von dem Feuer noch verstärkt wurde. ‚Tuh es…‘ zischte der Elf dem anderen zu, der vor dem schönen Gegenstand stand. Er war ganz verblüfft von der Schönheit und Vollkommenheit des Steins, dass er für eine Sekunde vergessen hatte, weshalb er hier war. Zaghaft streckte er nun seine leicht zitternde Hand nach dem Stein aus, alle Blicke lagen auf ihm. Seine Hand wurde beinahe schon davon angezogen und als er sie endlich auf die Oberfläche legte, bemerkte er eine angenehme wärme, die von innen zu kommen schien. Einen Moment passierte nichts, doch dann durchzuckte eine starke Energie seinen Körper und er wusste, er war der, für den sie ihn hielten. Schnell zog die Gestalt ihre Hand von dem Ding, als es auch schon zu wackeln anfing. Es wäre wohl herunter gefallen, wenn in dem Stein nicht eine Einbuchtung, ausgepolstert mit Blättern und Moos gewesen wäre, die eben das verhinderte. Zunächst war ein leises Knirschen zu hören, dann ein Knacken. Feine Risse zogen sich nun durch die sonst makellose Oberfläche. Alle hielten den Atem an. Und dann, mit einem lauten zischen, sprengte das kleine Lebewesen die Schale und blinzelte die Umstehenden an. Immer noch war alles still, sogar das Grollen hatte aufgehört. Nur noch das Rieseln des Wassers und das Rascheln der Blätter im Wind waren zu hören. Das kleine Wesen fixierte nachdem es sich kurz orientiert hat die Person vor ihr mit Gelb schimmernden Augen. Etwas Aufforderndes lag in seinem Blick. Immer noch fasziniert von dem, was er gerade ausgelöst hatte, streckte er wieder die Hand nach dem kleinen Tier aus. Dieses stupste ungeduldig seine noch feuchte Nase gegen diese und ein heller Blitz, gefolgt von Kribbeln in der Luft, waren die Folge. Nach alldem erst begannen die Umstehenden wieder zu Atmen. Einige seufzten. ,Nun.. da das geklärt ist.. du wirst morgen abreisen. Wir bringen dich nun zu deiner Unterkunft.‘ Der Angesprochene nickte nur, immer noch völlig gebannt von der kleinen Kreatur, die sich inzwischen ungeachtet davon, dass alle nur sie anstarrten, den letzten Schleim von der tiefschwarzen Haut leckte und seine kleinen, fledermausartigen Flügel ausbreitete. ,Kommt nun.‘ Die Aufforderung ließ es aufhorchen und dann, ohne Vorwarnung sprang es, heftig mit den Flügeln flatternd seinem neuen Gefährten in die Arme. Dieser fing es auf und folgte den anderen. Draußen sah er von den ,Hügeln‘ nun, dass sie ihn mit glänzenden Augen anstarrten. Sie hießen das kleine, noch sehr unbeholfene Wesen in ihrem Kreis wilkommen… Kapitel 1: 01 - Nach Carvahal ----------------------------- 01. Nach Carvahal Ein heller Sonnenstrahl brach durch das noch vom Tau feuchte Blätterdach der Bäume und erwärmte den Waldboden. Es war ein herrlicher Morgen in den Bergen. Ein Elf lehnte eingerollt in eine Decke an einem Baum. Er hatte die Kapuze tief ins Gesicht gezogen und nur vereinzelte Strähnen seines schneeweißen Haars schauten heraus. Ein Vogel tippelte neugierig zu dem Fremden, und besah ihn sich genauer. Solche Wesen sah man hier nicht oft, um genau zu sein überhaupt nie. Nichts wies auf die Gefahr hin, die überall lauern konnte. Der Elf blinzelte sich den Schlaf aus den Augen und sah den kleinen Vogel an. Es war ein Spatz. Nach einigen Minuten hopste der Spatz kurz auf der Stelle und flog dann davon. Der Mann stand auf und streckte seine steifen Glieder. Er war die ganze Nacht durch gewandert und hatte sich erst nieder gelassen, als seine Beine ihn nichtmehr trugen. So ging es jetzt seit etwa fünf Tagen. Er rollte seine Decke zusammen, schulterte sie und stapfte los. Was sollte er hier schon groß tun. Zunächst musste er Wasser finden, was in den Bergen nicht so schwer sein konnte. Nachdem er den Wald hinter sich gelassen hatte, hatte er sich ganz auf seine Instinkte verlassen. Nach einigen hundert Metern vernahm er ein leises Plätschern. Er schlich vorsichtig auf das Geräusch zu, aber seine Angst, überfallen zu werden war unbegründet. Ein kleiner Bach schlängelte sich von einem Nahen Gipfel durch den Wald hinab ins Tal. Der Elf trank einige Schlucke Wasser und wusch sich dann Gesicht und Hände. Das musste reichen. Im noch feuchten Moos sah er einige Waldbeeren, versteckt wachsen. Freudig griff er danach und schob sie sich in den Mund. Wenigstens musste er nicht mit leerem Magen los gehen. Er verfluchte den König wieder einmal dafür, dass er allen so viel Kummer bereitete. Wäre Galbatorix nicht, würde er jetzt nicht wie ein gehetztes Tier, nur mit dem was er am Körper trägt und einer Decke durch irgendein riesiges Gebirge fliehen. Wäre Galbatorix nicht, dann hätte er garnicht den Grund gehabt zu fliehen, da er dann in Du Wendelwarden noch immer willkommen wäre. Wenn Galbatorix nicht wäre, dann hätte er niemals die Gunst von ihm aufs Spiel gesetzt und wäre noch immer ein geachteter Krieger seines Volkes. Nicht nur sein Volk, auch das der Menschen und Zwerge würde ihn verehren! Aber er, dieser Tyrann hat alles zerstört. Er hätte ihn töten sollen.. Grummelnd wandte der Elf sich vom Wasser ab. Es hatte keinen Sinn. Man musste den König töten, aber das ging nur mit Hilfe des Eis, das vor wenigen Tagen verschwunden war. Erschwerend kam noch hinzu, dass die Tochter der Königin von Galbatorix Schergen gefangen und wohlmöglich in diesem Augenblick gefoltert wurde. Und er, ein ehemals großer Krieger versteckte sich in den Bergen. Wie überaus mutig. Aber er konnte sich nicht auf die Suche nach ihr machen, zunächst musste er seine Verfolger abhängen. Wohlmöglich verfolgte ihn in diesem Moment der stärkste Verbündete von Galbatorix.. Bei dem Gedanken schoss ihm ein eisiger Schauer über den Rücken. Er musste sich erst in Sicherheit bringen und dabei vielleicht noch das Ei wieder finden. Es musste in dieser Richtung, irgendwo westlich gelandet sein. Aber die Berge waren groß und zu Fuß waren sie selbst für einen Elf in schwieriges Unterfangen. Er trottete weiter. Warum konnte er nicht einfach..nein, er würde ihn wahrscheinlich.. nun ja, töten nicht, aber ihm würde sicher etwas einfallen. Als sich der Tag dem Ende neigte, zeigte das Gebirge noch immer kein Ende, und die folgenden drei Tage auch nicht. Spät am Abend des Vierten Tages jedoch vernahm er ein fernes Dröhnen und Rauschen. Beflügelt lief er los um heraus zu finden, wo er war. Als er aus dem Wald heraus brach, stand er plötzlich an einer Klippe. Neben ihm stürzte ein mächtiger Wasserfall donnernd in die Tiefe. Unten im Tal erblickte er ein Dorf. Es war nicht besonders groß, vielleicht lebten dort wenige hundert Menschen. Aber er wusste, wo er war. Aber warum sollte.. Nun ja, er wusste zumindest wen er fragen konnte. Also machte er sich auf den Weg, den kleinen Pfad hinab, der am Wasserfall entlang in die Tiefe führte. Am Dorfrand war ein Lager aufgebaut. Fahrende Händler mussten das sein. Sie verstauten gerade ihre Wahren in ihren Zelten. Es gab Unruhen im Land, das wusste der Elf. Auch sah er es an den ernsten Gesichtern der Menschen. Seine Kapuze hatte er tief ins Gesicht gezogen. Man durfte ihn hier unter keinen Umständen erkennen. Sollte der König davon Wind bekommen, dass er die Jagt durchs Gebirge überlebt hat, würde er sofort wieder seine Schergen losschicken. Darauf konnte er nun sehr gut verzichten. Wie ein Schatten stahl er sich ins Dorf. Er wanderte etwas herum, möglichst darauf bedacht, keinem Menschen direkt zu begegnen, oder anzusprechen. Er wollte dass sie dachten, er wäre gar nicht da. Vor einer kleinen Hütte, etwas abseits vom Getümmel blieb er stehen. Hier spürte er etwas. Er starrte auf die Tür, ohne zu wissen was ihn erwartete. Was wenn er falsch lag? Er musste es versuchen. Zögerlich hob er die Hand um anzuklopfen, als plötzlich die Tür knarrend einen Spalt weit aufging. Im Spalt tauchte ein Stück menschliches Gesicht auf. Der Mann hatte einige Falten, besonders um die Augen und sein Haar war ergraut. Sein Kinn überzog ein Stoppelbart. Einen Moment starrte der Mann im Haus den vermummten Elf an. Dann ging die Tür weiter auf und eine Hand packte den Besucher mit starkem Griff vorn am Umhang. „Du solltest nicht hier sein“ zischte die Stimme des alten Mannes, dann zog er den Elf durch den Türspalt hinein ins Innere der Hütte. „Sei leise, man darf uns nicht hören.“ Kapitel 2: 02 - Alte Bekannte ----------------------------- 02. Alte Bekannte Im inneren der Hütte war es düster. Nur ein Feuer im Kamin spendete flackernd Licht und Wärme. „Was zur Hölle suchst du hier??“ Der alte Mann baute sich vor dem Fremden auf, die Hände in die Seiten gestützt. Als er sicher war, dass nur der Mensch und er allein im Raum waren, zog er die Kapuze vom Kopf. „Du bist verrückt, hat dich jemand gesehen?“ Die Antwort kam prompt, „Nein.. zumindest nicht direkt. Sicher hat man mich gesehen, aber nicht erkannt.“ Der alte rollte die Augen zur Decke. „Und was bringt dich zu mir? Hoffentlich gibt es einen guten Grund für deine Torheit.“ Die Augen des Elfen verengten sich kurz, dann entspannte er sich wieder. Er hasste es, wenn man so mit ihm redete, besonders Menschen. Aber er hatte ja recht, zumindest im Moment. Bevor er antwortete zog er sich einen Stuhl ans Feuer. Nach einer kurzen Pause begann er von den Unruhen zu erzählen. „Arya ist verschwunden und mit ihr das Ei-„ „Was!?“ Ohne die Unterbrechung zu beachten fuhr er fort. „Es muss der König dahinter stecken. Wie er ihr auflauern konnte, wissen wir nicht, sicher ist aber, dass das Ei nicht in seiner Gewalt sein kann. Das hätten wir längst bemerkt. Ich denke eher, dass sie das Ei über die Berge in diese Richtung geschickt haben muss. Da fielst du mir ein..“ Er machte eine Pause und wärmte seine steifen Finger am Feuer. „Warum bist du dann hier?“ „Du kennst mein Problem. Die Eskorte musste ganz in der Nähe von.. jenem Ort überfallenn worden sein. Ich war zufällig in der Nähe-„ Brummend unterbrach der alte Mann ihn wieder. „Zufällig..“ „- und habe sofort das was dort versteckt ist genommen“ Entsetzen breitete sich im Gesicht des Menschen aus. „und es an einen Sicheren Platz gebracht.“ Wenn ihr Gespräch nicht so geheim gewesen währe, hätte der alte sicher einen Wutanfall bekommen. Nach einigen Augenblicken hatte er sich wieder so weit unter Kontrolle, dass seine Stimme nur noch leicht zitterte. „Du hast.. es wirklich gewagt.. ich sollte dich umbringen, wenn nicht-„ „Scht! Nicht so laut!“ Zischte der Gegenüber.“Ich weiß was du denkst, aber es ist sicher und das ist erst mal vorrangig. Außerdem ist es gut geschützt bei ihm.“ Der alte runzelte die Stirn. „Denkst du das war eine gute Idee?“ Der Elf schüttelte unwirsch den Kopf. „Ich war nicht persönlich da.. ich hab es ihm zukommen lassen, sonst.. ja egal. Jedenfalls.. zurück zu dem Ei. Weißt du wo es ist?“ „Nein. Und wenn ich es wüsste, würde ich es dir sicher nicht sagen. Aber ich höre zum ersten mal davon. Und ich hoffe du führst nichts im Schilde. Das mit Arya ist ernst, aber ich werde mich umhören. Du hältst dich da raus.“ Der Elf sah aus als hätte er gerade etwas Saures gegessen. Natürlich, das alte Vorurteil. Das war wirklich besonders nervig. Halt dich da raus und überlass alles jenen, die vertrauenswürdig sind. Man sollte ihm eigentlich Ehrerbietung entgegenbringen. Und eigentlich hätte er hier nicht herschleichen müssen. Aber nach dem Vorfall vor hundert Jahren. Nun ja, man musste das Beste aus der Situation machen. „Wegen mir. Aber ich bin nicht von Du Wendelwarden übers Gebirge geflohen um gleich wieder zu gehen.“ Der Mensch brummte etwas Unverständliches. „Du hältst dich raus. Sieh dich wegen mir um, aber halt dich raus und vor allem lass dich nicht erkennen!“ Damit war das Gespräch beendet. Nach einigen Augenblicken stand der Elf auf. Der Mann brachte ihn zur Tür und schloss sie hinter ihm wieder. Draußen war der Mond aufgegangen. Kapitel 3: 03 - Ein Traum ------------------------- 03. Ein Traum Sanfte, grüne Augen fingen seinen Blick auf. Interessiert sahen sie ihn an und ein Funkeln lag in ihnen. Sie blickten tief in die seinen und jagten ihm Schauer über den Rücken. Nach einigen Minuten wandten sie den Blick ab, diese moosgrünen Augen. Die Frau drehte ihm den Rücken zu. Ihr Haar schimmerte rot im Licht. Es kam weder von der Sonne, noch vom Mond. Es war einfach da. Ihr rotes Haar viel über einen schlanken, hellen Nacken und schmalen Schultern bis zu ihrem Rücken hinab. Ein Kleid verhüllte ihren wunderbaren Körper. Es war ein Traum aus feinstem Leinen in grün und naturfarben. Edle Borten mit aufwändigen Stickereien machten daraus ein wunderschönes Gewand. Es war wie für die zarte Gestalt der Frau geschaffen. Er näherte sich ihr, wollte sie berühren. Doch als er sie fast erreicht hatte, drehte sie sich wieder um. ‚Verräter!‘ schrie sie ihn an. ‚Wie konntest du nur? Du bist ein Feigling, alle haben gekämpft, nur du nicht!‘ Tränen standen in ihren Augen, das Gesicht zu einer gequälten Fratze verzogen. ‚Verschwinde, ich will dich nie wieder sehen!‘ Dann wandte sie sich ab und lief davon. das rote, seidige Haar wehte wild hinter ihr her. In diesem Moment spürte er einen kalten Stich im Herzen. Der Boden brach unter ihm weg und er fiel in einen tiefen Abgrund. Die Dunkelheit langte mit ihren eisigen Klauen nach ihm und zog ihn hinab in die Leere.. Schweißgebadet fuhr er aus dem Schlaf. Ihm wurde immer noch abwechselnd heiß und kalt. Sein Herz drohte aus seiner Brust zu springen. Keuchend sah er sich um. Wo war er? Dann, ganz allmählich erkannte er die Umgebung. Er war im Buckel, in unmittelbarer Nähe schossen die Fluten des Wasserfalls in die Tiefe und unter ihm brannten noch vereinzelt Lichter in Carvahall. Es war nur ein Traum.. Noch immer keuchend zog er die Decke fester um sich. Der Wind hier oben war schneidend kalt und riss an jedem Fetzen, den er zu fassen bekam. Er hatte lange nichtmehr von ihr geträumt. Eigentlich dachte er, es hätte aufgehört. Aber nun hatte sich leider das Gegenteil bestätigt. Fröstelnd duckte er sich tiefer in den Schutz des Haselstrauches, unter dem er seit zwei Tagen schlief. Er hatte behelfsmäßig einige Zweige mit vielen Blättern so in den Boden gesteckt, dass er zumindest ein wenig von Wind und Wetter geschützt war. Aber der Wind fand trotzdem seinen Weg in den improvisierten Unterschlupf. Er dachte wieder an seinen Traum und fröstelte bei dem Gedanken an ihr Gesicht. Er hatte sie enttäuscht. Er hatte alle enttäuscht. Aber dennoch, er hatte sie seit jenem Vorfall nichtmehr gesehen. Also verstand er nicht, warum er immer und immer wieder von dieser Auseinandersetzung geträumt hatte. Sie hatte ihn nie angeschrien und wegen dieser Sache hatte er sie auch nie Weinen sehen. Sicher, sie hatte bestimmt um ihn geweint. Um all das, was wegen ihm passiert war. Aber dennoch, dieser Traum war nur Fiktion. Es hatte nie so stattgefunden. Er blinzelte sich den Schlaf aus den Augen. Es war noch früh am Tag und Reif überzog alle Pflanzen. Sein Atem bildete kleine weiße Wölkchen in der Luft. Der Elf stand auf um seine steifen Glieder zu strecken. Als ihm wieder warm war, brach er sein Lager ab und wagte den Abstieg hinab ins Tal. Bald würde der erste Schnee herein brechen und dann hätte er hier oben keine Überlebenschance. Den ganzen langen Weg nach unten gab er sich Mühe, nicht gesehen zu werden. Dennoch geisterte nur ein Gedanke in seinem Kopf umher. Sie.. Er hätte damals zu ihr zurück kehren und alles erklären sollen. Stattdessen hatte er sich versteckt, wie ein Feigling. Gegen Mittag kam er im Tal unten an. Hier war es nicht so kühl wie in den Bergen. Wenige Meilen entfernt lag das Dorf Carvahall. In einem kleinen Wäldchen, nahe an einem Wasserfall, der aus dem Buckel stürzte, baute er sein neues Lager auf. Hoffentlich würde er nicht den ganzen Winter hier bleiben müssen, dann hatte er ein Problem. Aber vorerst müsste das reichen. Unter einer verkrüppelten Eiche legte er sein Bündel ab. Dann begann er die Wände darum herum aufzubauen. Das Material dazu lieferte ihm der Wald. Zunächst große Äste, dann kleinere für die Zwischenräume und zuletzt Blätter und kleine Zweige. Innen legte er alles mit Moos und Tannennadeln aus. Vor dem Eingang legte er eine Feuerstelle an. Er würde sie nicht entfachen, wenn es nicht unbedingt nötig war. Ganz zum Schluss belegte er sein Lager mit einem Schutzzauber, der Wilde Tiere wie Bären oder Wölfe, oder auch Menschen abhalten würde. Dieser Schutz war kläglich, aber immerhin besser als nichts. Als es dann zum Abend hin dunkel wurde, setzte er sich in seinen Unterschlupf und aß ein paar Beeren und Kräuter, die er noch übrig hatte. Bald würde er jagen gehen, oder sich im Dorf etwas zu essen besorgen müssen. Wenn er jagte, müsste er ein Feuer machen um das Fleisch zu garen. Zugleich verwarf er den Gedanken wieder. Es grämte ihn, aber er würde die Nahrung wohl stehlen müssen. Niemand durfte von seiner Existenz auch nur etwas ahnen. Die ganze Zeit über dachte er an seinen Traum, bis er irgendwann in einen Dämmerzustand hinüberglitt. Kapitel 4: 04 - Ein erster Verdacht ----------------------------------- 04 – Ein erster Verdacht Es schneite nun schon seit neun Tagen. Zum Glück war das Blätterdach über dem Versteck des Elfen so Dicht, dass nur vereinzelt Schnee hinab gerieselt war. In den letzten Tagen war der Elf zweimal im Dorf gewesen. Einmal hatte er den Metzger und einen anderen Dorfbewohner bei einem Gespräch belauscht. Darin ging es darum, dass ihm vor wenigen Tagen von einem Jungen etwas im Tausch gegen Fleisch angeboten wurde. Es hatte sich dabei um einen großen, blauen Stein gehandelt. Aber da der Junge ihn aus dem Buckel hatte, wollte der Metzger nicht darauf eingehen und hatte ihn fort geschickt. Bei den Worten „großer, blauer Stein“, war der Lauscher hellhörig geworden. War das verschwundene Drachenei nicht blau gewesen? Er würde der Sache auf den Grund gehen, egal was Brom gesagt hatte. Er brach schon früh zum Dorf auf. Als er an dessen Rand ein Lager sah, war er neugierig. Am Abend des letzten Tages waren einige Wagen gekommen. Hier lagerten sie also. Leise murmelte der Elf etwas in der alten Sprache. Sofort veränderten sich seine Gesichtszüge. Sie wurden Menschlicher. Sein Haar färbte sich vom Ansatz an blond, genau wie seine Brauen. Außerdem wurden seine Ohren rund. Forschend betastete er sein neues Gesicht. Nach kurzer Überlegung ließ er einige Stoppeln auf Wange und Kinn sprießen, dann war er zufrieden. Die Tarnung war zwar nicht die beste, aber da ihn hier sowieso niemand kannte – außer Brom – war es nicht so wichtig. Langsam ging er um das Lager herum in das Dorf hinein. Die Dorfbewohner würden ihn für einen der Händler halten. Die Kapuze hatte er vom Kopf gezogen, damit wäre er jetzt nur aufgefallen. Nachdem er sich noch etwas umgehört hatte, ging er in das Händlerlager und suchte einen Juwelier auf. Er hoffte der Junge würde zu dem Mann kommen um ihn nach seinem ‚Stein‘ zu befragen. Interessiert trat er an den Mann heran, der gerade einen Marktstand aufbaute. „Seid gegrüßt.“ Der Mann sah auf, sagte jedoch nichts. Nach einer kurzen Pause neigte der nichtmehr-Elf seinen Kopf. „Ich bin ein Wanderer und wurde vom Schnee überrascht. Hättet ihr vielleicht Interesse an einer geschickten, helfenden Hand? Ich arbeite gut und ausdauernd, nur leider hilft mir das nicht viel ohne Platz, der Arbeit bietet.“ Der Händler musterte ihn abschätzend und zupfte sich an seinem Ziegenbart. „Und was willst du dafür? Gold?“ „Nein, lediglich einen Platz zum schlafen und etwas zu Essen.“ Der Händler sah ihn weiter abschätzend an. „Du scheinst mir nicht besonders kräftig. Aber der Schein kann trügen.. wenn du mir hilfst den Stand und das Zelt aufzubauen und alles zu meiner Zufriedenheit ist, könnte ich wohl etwas zu Essen und einen Platz am Feuer erübrigen. Aber komm jah nicht auf dumme Gedanken, verstehst du?“ Er sah dem Elf fest in die Augen. Dieser erwiderte den Blick und antwortete: „Natürlich nicht. Ihr seid ein sehr großzügiger Mann, das ist in dieser Zeit leider nichtmehr oft der Fall. Ich werde zu eurer Zufriedenheit Arbeiten und wenn es euch beruhigt, niemals eines eurer Schmuckstücke ohne eure Erlaubnis berühren.“ Wieder verneigte er sich. Der Händler runzelte die Stirn. Ein komischer Kauz, redet so geschwollen. Er konnte unmöglich nur ein Wanderer sein. Nachdem er den Fremden eingewiesen hatte, bauten sie zunächst den Stand und dann das Zelt auf. Die Arbeit ging schneller voran als der Mensch es gedacht hatte. Der Fremde arbeitete schnell und sauber. Seine Hände waren flink und geschickt. Sie waren viel schneller mit allem fertig, als die meisten anderen Händlern. Gegen Mittag kochte der Händler einen Eintopf mit Fleisch und Gemüse. Als sie aßen, sah er seinen neuen Arbeiter plötzlich interessiert an. „Wie heißt du eigentlich?“ Der blonde hielt inne und überlegte kurz. Es war zu gefährlich ihm seinen richtigen Namen zu verraten, also erfand er schnell etwas. „Gael, ich heiße Gael.“ Der Händler zog eine Augenbraue hoch. „Nun gut, Gael. Ich heiße Merloek.“ Dann aßen sie weiter. Bald trafen die ersten Dorfbewohner ein. An ihrem Stand waren es überwiegend Frauen. Schnell bemerkte Merloek, dass sein neuer Gehilfe den Frauen aus dem Dorf zu gefallen schien. Er verkaufte mit seiner besonderen Art einiges an Schmuck und Edelsteinen. Jedoch berührte er keines der Schmuckstücke jemals. Wenn er eines nahm, dann nur mit einem weißen Tuch und auch nur dann, wenn Merloek ihm zunickte. Sein blonder Gehilfe entpuppte sich schnell zu einem wahren Goldjungen. Gegen Nachmittag kamen ein älterer Mann und ein Junge zu ihrem Stand. Der Händler unterhielt sich mit ihnen, während der Elf weiterhin Geschmeide verkaufte. Dennoch horchte er auf jedes Wort was gesprochen wurde. Als Merloek zu ihm kam und bat, bitte kurz ein Auge auf den Stand zu haben, nickte der blonde nur. Das konnte es sein. Er würde später mit dem alten reden müssen. Nach einigen Minuten kamen die drei wieder zum Stand. Der Junge und sein Begleiter wirkten etwas geknickt. Merloek ließ sich nichts anmerken. Er verabschiedete sie höflich und sie gingen. Als es dämmerte packten der Elf und der Händler die kostbaren Waren ein und schlossen den Stand. „Nun, essen wir etwas und stoßen auf den ersten, rellativ guten Verkaufstag hier an!“ Der Mann wirkte vergnügt. Der blonde folgte ihm ins Zelt. Drinnen stellte der Händler etwas Brot und Käse auf den Tisch und öffnete eine Flasche Wein. Nachdem Brot und Käse gegessen und die Hälfte der Flasche geleert war, wagte der Elf einen ersten Versuch. „Sagt Merloek, was haben euch der alte Mann und der Junge gezeigt? Es schien ja etwas besonderes zu sein.“ Der Mann runzelte die Stirn. „Es war.. eine Art blauer Stein.“ Sein Gegenüber horchte auf. „Ein Stein?“ „Ja, aber es war kein gewöhnlicher Stein zu sein. Hicks.“ Der Wein zeigte seine Wirkung. Zum Glück hatte der blonde den Wein immer kurz bevor er Trank in Wasser verwandelt, sonst könnte er jetzt nichtmehr gerade stehen. „Was war daran ungewöhnlich?“ „Er war.. hohl. Und außerdem war er perfekt.“ „Perfekt?“ „Die Oberfläche, sie zeigte keine Unebenheiten auf, sie war perfekt. Und die Farbe, er war von weißen Äderchen durchzogen. Außerdem war er sehr hart, sogar härter als Diamant.“ Der blonde sah sein Gegenüber ungläubig an. Dann fasste er sich wieder. Vorsichtig sendete er seinen Geist nach dem des Händlers aus. Er sah das, was er erhofft hatte. Er sah den blauen Stein vor sich. Es war kein Stein, er wusste was es war. Es konnte nur das verloren geglaubte Drachenei sein. Sein Herz setzte einen Schlag lang aus. Und es befindet sich im Besitz eines einfachen Bauernjungen! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)