You Always Meet Twice A Lifetime von NguyenTranLoc (Final Fantasy VII) ================================================================================ Kapitel 4: Calm Before The Storm -------------------------------- >>>>> "Habt ihr ihn?" Dunkel. "Nein, Sir, er ist durchs Dach entkommen." Alles um Elena herum war dunkel, als sie langsam wieder zu Bewusstsein kam. "Ihr Idioten! Ich hab doch befohlen, auch die Dachfenster zu bewachen, oder etwa nicht?!" Sie hatte Angst und schreckliche Schmerzen. "Sir, er... er ist nicht durch die Fenster, sondern... durch das Dach entkommen. Das Außenteam meldet, dass er aufs Meer raus geflogen ist." Sie spürte wie ihr warmes Blut aus den zahlreichen Schnittwunden floss, welche die Bestie ihr zugefügt hatte. "Was ist mit dem anderen?" Aber warum war sie noch am Leben? "Er... er ist auch entkommen, Sir." "Ihr unfähigen Idioten!" "Aber, aber, mein Freund, bewahren Sie Ruhe. Er ist unwichtig." "Und Valentine?" Kurz bevor sie das Bewusstsein verloren hatte, hätte sie schwören können, dass das Monster drauf und dran war sie zu zerreißen. "Keine Sorge. Wir haben ihn gefunden und aufgeschreckt. Das war das Wichtigste." Genauso fühlte sie sich zwar im Moment auch - zerrissen -, aber das änderte nichts daran, dass sie immer noch am Leben war. "Ich denke, ich weiß genau wo er hin will." Noch. "Hier ist jemand!", rief eine Stimme nahe bei ihr. "Wer ist es?", erschallte eine weiter entfernte Stimme. Ein greller Lichtschein traf Elena und veranlasste sie dazu mit den Wimpern zu zucken - die wahrscheinlich letzten Körperteile, die sie noch bewegen konnte. Sogar jeder einzelne Atemzug bereitete ihr höllische Schmerzen. "Nein, Sir. Es ist... es ist eine Frau." "Ist sie tot?" Elena kannte die Stimme. "Nein, Sir, aber so gut wie." Elena versuchte ihre Augen zu öffnen, als sich Schritte näherten, war allerdings selbst dafür zu schwach. Dann spürte sie, wie sich jemand über sie beugte. "Ah, Miss Devon, so trifft man sich wieder." Die Stimme. Sie kannte sie. "Ich muss schon sagen, beachtlich, wie schnell Sie Valentine gefunden haben. Damit haben Sie mich wirklich überrascht." Natürlich. "Mi... Mi... Mish... shi...", stieß sie geplagt hervor. Mishima. Was machte er hier? War er ihr die ganze Zeit gefolgt? "Trotzdem bin ich sehr enttäuscht von Ihnen. Da bezahlen wir Ihnen soviel Geld und Sie lassen Valentine einfach wieder entkommen." "..." Elena versucht etwas zu sagen, aber ihr entfuhr nur ein Röcheln. "Mister Mishima", erklang eine dritte, amüsiert klingende Stimme. "Sie reden fast so, als wäre es Ihr Geld gewesen, und wie gesagt: Das Wichtigste hat sie erreicht." Wer war das? "Wenn Sie es sagen...", sagte Mishima und entfernte sich wieder von ihr, dann schien er sich an jemand anderen zu wenden. "Verpasst ihr einen Gnadenschuss!" Elena wurde abermals von Angst gepackt. Sie würde also doch sterben. Aber im Moment schien ihr das irgendwie sogar wie eine Erlösung. "Warten Sie einen Augenblick, Mister Mishima", mischte sie die andere Stimme wieder ein. "Wer wird denn so verschwenderisch mit guten Rohstoffen umgehen. Ich glaube, Miss Devon hier kann sich noch ein weiteres Mal als nützlich erweisen." Ein Schauder jagte durch Elenas geschunden Körper. Was immer diese Kerle mit ihr vorhatte, seinem Tonfall zufolge handelte es sich dabei mit Sicherheit um etwas unangenehmes. "Wenn Sie meinen." Mishima klang wenig begeistert. "Sie sind der Boss." "Oh, ich meine es. Wir nehmen sie mit." "Ihr habt den Doc gehört, Männer. Nehmt das Mädel mit... Und sorgt dafür, dass sie am Leben bleibt." <<<<< * * * Erschrocken und schweißgebadet setzte Elena sich auf und blickte sich verwirrt um. Es dauerte einen Moment, bis sie sich daran erinnerte, wo sie sich eigentlich befand. Als es ihr schließlich einfiel, beruhigte sie sich etwas. Sie befreite sich von ihrer Decke und schwang die Beine von der Couch. Anstatt aufzustehen blieb sie allerdings erst einmal sitzen und vergrub den dröhnenden Kopf in ihren Händen. Sie hatte gerade nicht einfach nur geträumt. Sie hatte sich erinnert. Wenn auch nur ein bisschen. Der Großteil der letzten beiden Tage lag immer noch im Trüben. Allerdings war es nun fast Gewissheit, dass Mishima und sein Boss - vor allem sein Boss - mit ihrem jetzigen Zustand zu tun hatten. Sie hob ihren Kopf etwas an und begutachtete ihren Arm zum wer-weiß-wievielten Mal. Äußerlich wirkte er im Moment sogar ganz normal, zumindest von der Hand bis zum Ellenbogen. Knapp dahinter begann die durchwachsene Haut, die jedoch jetzt unter Elenas Pullover versteckt war. Innerlich jedoch war gar nichts normal. Unter ihrer Haut pulsierte es ununterbrochen. Und nicht nur in ihrem Arm. Ihre ganze Schulter kochte förmlich. Aber im Gegensatz zu vorher, war dieses Gefühl im Moment nur lästig. Kein wirklicher Vergleich zu den Schmerzen der letzten Tage, an die sie sich erinnerte. Was ihr richtig Angst machte, war die Tatsache, dass das in ihrem Arm wahrscheinlich nichts war, was von selbst wieder verschwinden würde. Nein, sie spürte förmlich, dass es mit jeder Stunde, die verstrich, schlimmer wurde. Sie verwandelte sich in etwas Schreckliches. Etwas, dass sie nicht kontrollieren konnte. Normal hasste sie es, keine Kontrolle zu haben, doch jetzt machte es ihr einfach nur Angst. Aber wer konnte ihr helfen? Sie bezweifelte, dass es sie weiterbringen würde, einfach in ein Krankenhaus zu marschieren. Die Ärzte wären wahrscheinlich fasziniert von ihr und würden sie eher festhalten und untersuchen, als ihr wirklich zu helfen. Es gab niemanden, der ihr helfen konnte - mit einer Ausnahme: Mishimas Boss. Sie musste ihn finden und dazu bringen sie zu heilen. Nur wo sollte sie anfangen zu suchen? Und wie sollte sie ihn zur Hilfe zwingen, wenn sie ihn erst einmal gefunden hatte? Mit Mishima und seinen Männern hatte er garantiert einige fähige Leibwächter. Elena ließ ihren Kopf wieder sinken und starrte zu Boden. Ihr Blick viele auf ihre Füße - ihren Fuß. Sie hatte nur noch einen. Sie schob ihr linkes Hosenbein etwas hoch und betrachtete niedergeschlagen die Prothese, die ihr linkes Bein vom Knie an abwärts ersetzte. Sie hatte dem metallischen Ersatzstück bisher keine Beachtung geschenkt, da sie es praktisch nicht bemerkt hatte. Sie konnte gehen wie eh und je, die metallischen Zehen gehorchten jedem Nervenimpuls ohne Verzögerung, wie bei ihrem echten Fuß, aber eines war es nicht: Ein echtes Bein, mit echter Haut. Es war nur ein hässlicher, metallischer Klumpen. Sie war zwar nie übermäßig eitel gewesen, aber einen gewissen Stolz ihr Äußeres betreffend hatte sie immer besessen. Sie hatte die interessierten und neidischen Blicke am Strand genossen, doch nun würde sie nie wieder einen Strand betreten, geschweige denn Kleider tragen, die ihre Beine bloß legten. Ihre Entstellung sollten sowenig Menschen wie möglich jemals zu Gesicht bekommen. Elena wischte sich mit der Hand die unbewusst nassgewordenen Augen trocken. Sie atmete ein paar Mal kräftig durch und versuchte sich etwas zu beruhigen. Sie lehnte sich zurück und starrte zur Decke. Nach ein paar Minuten ließ das Dröhnen in ihrem Kopf tatsächlich nach. Mit einem Seufzer stand sie auf und machte sich auf die Suche nach einem Paar Socken um ihren künstlichen Fuß verstecken. Außerdem hatte sie Hunger. * * * Ein eisiger Wind pfiff durch die lebensfeindliche Umgebung des Nibelgebirges. In anderen Teilen der Welt hatte erst der Herbst eingesetzt, hier lag bereits der erste Schnee, wenn auch nur eine dünne Schicht davon. Trotzdem hinterließ der einsame Wanderer deutliche Spuren auf dem weißen Untergrund, die es sehr einfach machten ihm zu folgen. Aber er bemühte sich auch nicht seine Spuren verbergen, denn niemand hatte einen Grund ihm zu folgen. Den wenigsten Menschen war es ein Bedürfnis das hohe, gefährliche Gebirge zu betreten, und wenn es doch nötig war, dann vermieden es die meisten so tief vorzudringen, wie der Wanderer es getan hatte. Auch wenn die Monsterpopulation seit der Deaktivierung des Makoreaktors beachtlich abgenommen hatte, so bewohnte doch immer noch eine für Menschen ungesund hohe Anzahl bösartiger Kreaturen das Gebirge. Aber genau diese Kreaturen waren der Grund für die Anwesenheit des Wanderers - zumindest eine davon. Er erreichte einen Vorsprung, der etwa drei Meter über einem kleinen windgeschützten Tal - nicht mehr als eine Mulde - ragte, und spähte hinab. Ein Lächeln huschte über das Gesicht des Wanderers. Er hatte gefunden, wonach er gesucht hatte. Schnell, aber nicht hastig, befreite er seine Arme von dem langen Umhang, der ihn auf dem vergangenen Marsch vor Wind und Kälte geschützt hatte, und schlug die Kapuze zurück. Er schüttelte kurz seinen Kopf und fuhr sich mit einer Hand durch die ungeordneten, blonden Haare, dann wandte Cloud seine Aufmerksamkeit wieder dem Geschehen in der Mulde zu. Der grüne Drache, den er durch die Berge verfolgt hatte, hatte ihn noch nicht bemerkt, sondern war damit beschäftigt die Beute von seinem jüngsten Überfall auf Nibelheim zu verzehren - einen großen Ochsen. Über die ganze Schlucht waren Knochenreste verteilt, auch die von Menschen. Die Tatsache, dass immer weniger kleinere Monster als natürliche Nahrungsquelle existierten - vor allem in solch rauen Zeiten -, sorgte dafür, dass sich eine oder zwei der geflügelten Echsen im Winter meist über die nächstbeste Beute hermachten: Die Tiere und Bewohner von Nibelheim. In solchen Fällen griff er ein. Cloud hatte in den vergangenen zwei Jahren, die er in Nibelheim verbracht hatte, weit über hundert verschiedene Monster umgebracht, gut ein Dutzend davon waren grüne Drachen, wie der vor ihm gewesen. Begonnen jedoch hatte er damit, die ShinRa Villa von sämtlichen geifernden und kreischenden Überbleibseln von Hojos Experimenten zu befreien. Das alte Anwesen war nun endgültig unbewohnt - von den Fledermäusen im Keller, die sich jedem Ausrottungsversuch bravourös widersetzt hatten, einmal abgesehen. Niemand in dem Dorf hatte ihn darum gebeten, er hatte es einfach getan. Und er machte sich immer noch auf Monsterjagd, wenn es nötig war, ohne dass sie ihn darum baten. Er hatte nicht viel Kontakt mit den Leuten in Nibelheim. Mit einigen verstand sich zwar ganz gut, einige grüßten ihn freundlich auf Straße und manche zeigten sich auf die eine oder andere Weise dankbar dafür, dass er sie von der Monsterplage befreite. Aber er besuchte keine der Versammlungen oder hatte dort so etwas wie Freunde - es waren schließlich nur so etwas wie Schauspieler, eingesetzt von ShinRa um einen Vorfall zu vertuschen, der mittlerweile mehr als neun Jahre zurücklag - und das vergaß er nicht so einfach. Cloud machte es wohl hauptsächlich um sich zu beschäftigen. Beschäftigung. Seit ihrem großen Kampf vor vier Jahren war das alles, was er noch suchte: Beschäftigung. Nachdem er Tifa und Midgar verlassen hatte, war er fast ein Jahr durch die Welt gezogen, ohne wirklich zu wissen nach was er gesucht hatte. *Einen Weg sie zurückzuholen.* Vielleicht war es das sogar gewesen, aber er hatte schon lange eingesehen, dass es sich dabei um einen Wunsch handelte, der unmöglich zu erfüllen war. Als er schließlich müde vom herumreisen geworden war, hatte er sich in seiner alten Heimat, in Nibelheim, nieder gelassen. Er wusste nicht wo er sonst hätte hingehen können. Nun machte er das, was er am besten konnte: Kämpfen. Cloud schüttelte kurz den Kopf und verscheuchte die Gedanken. Er hatte jetzt andere Probleme als seine Lebenssituation. Der Drache verlangte seine vollste Aufmerksamkeit. Zum Glück hatte ihn das Untier noch nicht wahrgenommen, sondern war immer noch mit Fressen beschäftigt. Der Krieger umfasste den Griff seiner auf den Rücken geschnallten Waffe und sprang von dem Vorsprung in die Tiefe. Sein Schwert zog er dabei mit einer geübten Bewegung aus der Scheide. Die Waffe war trotz ihr Größe beinahe federleicht, und das obwohl sie härter war als jede von Menschen geschmiedete Klinge. Seitdem er es damals Ultima-Weapon entrissen hatte, war das Schwert sein ständiger Begleiter geworden und trug den Namen seines ehemaligen Besitzers, 'Ultima'. Mit lang trainierter Geschmeidigkeit landete Cloud am Boden des Tals, dennoch war sein Auftreten nicht lautlos gewesen und somit bemerkte der Drache ihn schließlich. Das gewaltige Reptil schob seine Mahlzeit beiseite und richtetet sich mit einem ärgerlichen Fauchen auf. Mit gefletschten Zähnen stampfte es auf den Störenfried zu und stieß Rauch aus seinen Nüstern. Cloud hob sein Schwert und machte sich bereit zum Angriff. Konzentriert beobachtete er das Monster, jeder einzelne Muskel in seinem Körper war angespannt. Wortlos starrte er in die Augen des Drachen, der keine fünf Meter vor Cloud stehen blieb und diesen Blick erwiderte. Eine Zeitlang bewegte sich keiner der beiden, dann breitete der Drache schließlich seine Flügel aus und stieß unter zornigem Knurren einen Schwall aus Feuer in Richtung Cloud aus. Der Kämpfer sprintete vorwärts, stieß sich vom Boden ab und hechtete über den Flammenhauch auf den Drachen zu. Er ignorierte die sengende Hitze der Masse aus Flammen unter sich und holte zu einem mächtigen Schlag aus. Der Drache wich, schneller als man es einer Kreatur seiner Größe zugetraut hätte, zu Seite aus, wurde aber dennoch getroffen. Clouds Angriffe hackte eine seiner Schwingen entzwei, worauf das Reptil einen gewaltigen Schmerzensschrei ausstieß, sich dann aber sofort wieder laut brüllend auf seinen Gegner stürzte. Cloud landete im Schnee neben dem Drachen und rollte sich zur Seite. Damit wich er einem Prankenhieb des Monsters aus. Der Schwertkämpfer wirbelte herum und führte einen weiteren schnellen Streich aus, der das linke Vorderbein des Drachens absäbelte. Vor Schmerzen geplagt bäumte die Kreatur sich auf und stieß ein noch entsetzlicheres Gebrüll aus. Cloud vollführte währenddessen seinen letzten Angriff und rammte Ultima in den Rumpf des Drachen. Er wechselte kurz den Griff um seine Waffe, dann sprang er in die Höhe und riss das Schwert durch den Körper der Echse, bis es wieder frei war. Mit einem letzten geplagten Knurren sank der grüne Drache tot zu Boden, wo auch Cloud eine Sekunde später wieder aufsetzte. Er betrachte die erschlagene Kreatur, deren Blut den Schnee langsam dunkelrot färbte, und musste lächeln. Der Kampf hatte keine Minute gedauert, er war zu keinem Moment in Bedrängnis geraten oder hatte Angst gehabt. Auch wenn diese grünen Drachen, die schwächsten ihrer Gattung waren, so waren es doch immer noch waschechte Drachen, die für die meisten Menschen eine ernsthafte Bedrohung darstellten. Für ihn war es nur eine Art Aufwärmübung gewesen. Ganz anders als vor knapp einem Jahrzehnt. Damals war er das erste Mal auf einen dieser Drachen gestoßen. Bei seiner Rückkehr nach Nibelheim hatte eine der Bestien den Truck angegriffen und beinahe umgebracht als er Seite an Seite mit Sephiroth gekämpft hatte... Cloud schüttelte den Kopf. *Nicht Seite an Seite mit Sephiroth. Zack und Sephiroth haben gegen Drachen gekämpft. Ich habe mich mit den anderen Soldaten im Truck versteckt gehalten.* Es war ihm wieder passiert, wie schon so oft zuvor. Immer noch vermischten sich dann und wann seine gefälschten Erinnerungen mit seinen echten. Auch wenn er mittlerweile wusste, was die Wahrheit war, die Ereignisse, die sich so nie zugetragen hatten, waren in seinem Gedächtnis genau so real wie die Echten. Über die Jahre hatte gelernt damit umzugehen. Trotzdem passierte es immer wieder, dass er sich für den hielt, der er nicht war, Zack. Er würde sich wohl für den Rest seines Lebens immer wieder für ein ehemaliges Mitglied von SOLDAT halten, obwohl er es nie gewesen war, sondern Zack. Er würde sich immer falsch an den Vorfall in Nibelheim erinnern und Zack kurzzeitig vergessen. Und er würde wohl immer genauso kämpfen wie Zack. Ein lautes, bestialisches Kreischen ließ Cloud aus seinen Gedanken aufschrecken und zum Himmel blicken. Erst dachte er, ein weiterer Drache wollte sich auf ihn stürzten, als er eine geflügelte Gestalt in der Luft erblickte, doch dann erkannte er, dass es sich nicht um einen Drachen, sondern etwas anderes handelte. Eine Kreatur mit großen roten Schwingen und dunkler Haut. Eine Kreatur, die er kannte. "Vincent?!", stieß Cloud überrascht aus, als Chaos über ihn hinwegschoss. Er blickte der verwandelten Form seines alten Kameraden hinterher wie sie sich schnell wieder von ihm entfernte. Er hatte Vincent seit Jahren nicht gesehen. Was machte er hier? Und vor allem, warum hatte er sich verwandelt? Irgendetwas musste passiert sein. Cloud wischte kurz das Blut von seiner Waffe, dann ließ er sie zurück in die Schwertscheide gleiten, hüllte sich wieder in seinen Umhang und machte sich auf den Weg. Vincent war in Richtung Nibelheim geflogen und Cloud hatte einen argen Verdacht, was sein genaues Ziel war. * * * "Ciao!" "Bye!", verabschiedete Tifa die Gruppe Jugendlicher mit einem aufgesetzten Lächeln, das sofort wieder verschwand als sich die Tür hinter ihnen schloss. Tifa war nicht etwa schlecht gelaunt, weil die Gäste schon wieder aufgebrochen waren. Schließlich kam es oft vor, dass sich die Leute bei ihr 'warm' tranken und dann an einem Ort mit teueren Getränken aber besserer Musik wechselten - bei ihr dudelte einfach immer nur das Radio vor sich hin. Heute Abend ging ihr einfach zuviel im Kopf herum, als dass es ihr möglich war, sich voll auf ihre Arbeit zu konzentrieren oder gute Laune zu verbreiten. Aber zum Glück war nicht viel los. Das schlechte Wetter und die Tatsache, dass das nächste Wochenende noch in weiter Entfernung lag, hatte dafür gesorgt, dass sich nicht viele Leute in den 'Siebten Himmel' verirrt hatten. Gleich neben dem Eingang saß ein junges Paar, das aber nur für sich Augen zu haben schien; ihre Getränke hatten sie noch nicht einmal angerührt. An einem der hinteren Tische saßen - wie beinahe jeden Abend -, lautstarke Gespräche führend und mit Kartenspielen beschäftigt ihre fünf Stammgäste. Sie kannte die Männer mittlerweile bestens. Es handelte praktische um Nachbarn von ihr, allesamt Handwerker und Händler aus der Umgebung. Normalerweise würde sie an einem so ruhigen Abend auch bei ihnen am Tischen sitzen, aber heute war ihr nicht danach. Stattdessen putzte sie zum mindestens dritten Mal den Tresen, während sie über alles mögliche nachdachte. Über Elena natürlich im Besonderen. Und je mehr sie nachdachte, desto mehr Fragen tauchten in ihrem Kopf auf. Warum hatte sie die Turk mitgenommen? *Weil es richtig war.* Wer hatte ihr das angetan? *Dieser Mishima.* Was sollte sie jetzt tun? *Abwarten.* Eigentlich hatte sie simple Antworten auf all ihre Fragen, aber es waren keine Zufriedenstellenden. Zeitweise sagte sie sich, dass es wohl besser wäre Elena einfach vor die Tür zu setzen, sobald es ihr besser ging, und die Sache dann einfach zu vergessen, denn schließlich betraf es sie nicht, und Elena war auch nicht unbedingt eine alte Freundin, eher das Gegenteil. Aber einfach rauswerfen? Das konnte sie nicht, zumal Mishima und seine Leute auch hinter Vincent her waren, und das betraf sie... irgendwie. Aber was sollte sie nur unternehmen? "Tifa!" Der Ruf schreckte sie aus ihren Gedanken. Einer ihrer Stammgäste winkte sie zu sich an dem Tisch. Sie atmete kurz durch und versuchte lockerer und weniger nachdenklich zu wirken, dann spazierte sie langsam zu den Männern hinüber. "Darf ich euch noch was bringen?", fragte sie mit einem Lächeln, das nicht ganz so gestellt war wie das Vorherige, allerdings auch nicht so kräftig. Der Mann, der sie herbei gewunken hatte, nickte kurz. "Deine Spezial-Mischung steht heute wirklich nicht auf der Karte?" Tifa schüttelte leicht den Kopf. "Nein, leider nicht. Ihr könnt euch bei meinem Ex-Lieferanten dafür bedanken." Der Mann wirkte für einen Moment enttäuscht, dann zuckte er gleichgültig mit den Schultern. "Auch gut, dann halt noch mal eine Runde von dem selben wie vorher..." "... auf mich", fügte ein anderer mit einem leichten Grummeln hinzu, während die übrigen breit grinsten. "Verloren, was?" grinste Tifa, während sie die leeren Gläser einsammelte, worauf der Angesprochene zustimmend nickte. "Spielst du eine Runde mit?", fragte einer der anderen. "Heute hast du ja eh nicht viel zu tun, oder?" "Eigentlich nicht... aber danke, nein, ich bin heute nicht in der Stimmung." "Warum? Auch Angst zu verlieren?" "Das wird's wohl sein", meinte sie leicht lächelnd. "Ich bring euch eure Getränke gleich." Tifa eilte wieder hinter den Tresen und beeilte sich die Drinks zu mixen und zu servieren. Sie lehnte eine weitere Einladung zum Kartenspiel ab, überprüfte, ob ihre anderen beiden Gäste etwas benötigten und zog sich dann wieder hinter die Theke zurück. Anstatt den Tresen ein viertes Mal zu putzen, machte sie sich jetzt daran die gebrauchten Gläser zu reinigen, während sie sich langsam wieder in ihre Gedanken zurückzog. Ob es vielleicht das Beste war, die anderen über das Geschehene zu informieren? Mit einem Kopfschütteln verscheuchte sie den Gedanken wieder. Was hätte es schon für einen Sinn? Barret, Cid und die anderen konnten wahrscheinlich genauso wenig ausrichten wie sie und hatten wahrscheinlich genug eigene Probleme. Kein Grund also ihnen damit unnötig Sorgen zu machen. Sie setzte das Glas ab und seufzte leise. Es war lange her, seit sie jemanden von damals gesehen hatte - viel zu lange. Das letzte Mal war vor knapp einem halben Jahr gewesen. Barret hatte sie zusammen mit Marlene besucht, was eine schöne, wenn auch kurze Abwechslung vom Alltag dargestellt hatte. Ansonsten lebte eigentlich jeder von ihnen sein eigenes Leben. Unwillkürlich drifteten ihre Gedanken wieder einmal zu Cloud. Sie hatte ihn seit über zwei Jahren nicht mehr gesehen. Sie wusste zwar, dass er in Nibelheim war, aber von Geburtstagsgrüßen und gelegentlichen Anrufen einmal abgesehen, hatten sie nicht mehr viel Kontakt. Gerade als sie sich nach langer Zeit mal wieder fragte, ab welchem Punkt es schief gelaufen war, wurde sie abermals aus ihren Gedanken gerissen. "Wenig los heute, was?" Elena war in die Bar herunter gekommen und nahm gegenüber von Tifa auf einem Barhocker Platz, während sie sich umsah. "Hast du immer so wenig Kundschaft?" "Nein", entgegnete Tifa fast schon etwas beleidigt. "Am Wochenende ist der Laden meistens überfüllt, aber heute ist wohl auch das Wetter mit schuld." "Aha", meinte die sich immer noch umsehende Turk. "Wie geht es dir jetzt?" Elena wandte ihre Aufmerksamkeit wieder auf Tifa und zuckte nach einem kurzen Augenblick mit den Schultern. "Weiß nicht. Okay, wahrscheinlich. Keine Schmerzen mehr, und... verwandelt hab ich mich bisher auch nicht mehr." "Das ist gut... nehme ich an. Konntest du etwas schlafen?" Die Blondine nickte kurz. "Ein bisschen. Ich hab den Rest von der Pizza im Kühlschrank gegessen, ich hoffe, das macht nichts." "Ich sagte doch, du kannst dir was zu Essen nehmen", meinte Tifa mit einem Kopfschütteln. "Dann ist es gut." Daraufhin schwiegen die beiden Frauen. Elena blickte sich ein weiteres Mal in der Bar um, während Tifa fortfuhr die Gläser zu putzen. "Netten Laden hast du", meinte Elena schließlich. "Danke." "Gemütlich... und nicht so heruntergekommen wie der letzte." Tifa ignorierte den herablassenden Ton von Elenas Kommentar. "Du kanntest meine alte Bar?", fragte sie stattdessen. Elena nickte kurz. "Ich war einmal drin. Über ein Jahr bevor ich zu den Turks kam. Fiel mir auch erst sehr spät ein, dass ich dich vorher schon mal getroffen habe. Na ja, ist mittlerweile ja auch egal..." "Ist es wohl", antwortete Tifa. Wieder kehrte Schweigen ein, das diesmal jedoch schneller wieder beendet wurde. "Was zu Trinken? Geht aufs Haus." "Ja... Ja, warum nicht? Ich glaube ich kann ich kann einen Drink gebrauchen." "Was bestimmtes?" Elena schüttelte nur den Kopf, also schenkte ihr die Barkeeperin etwas von ihrem zweitbesten Whisky in ein Glas und stellte es ihr hin. Die Turk nahm einen kurzen Schluck, während Tifa zu dem Paar am Eingang eilte, dass sich bereit machte zu gehen, und kassierte ihre Zeche. Sie verabschiedete die beiden etwas enthusiastischer als die vorherigen Gäste, räumte dann den Tisch ab und kehrte anschließend hinter die Theke zurück. Tifa machte sich wieder daran die Gläser zu putzen und beobachtete Elena, die nur stumm dasaß und immer wieder an ihrem Drink nippte. In der Bar wäre es jetzt totenstill gewesen, wäre da nicht die leise Musik aus dem Radio und das Stimmengewirr und gelegentliche Gelächter vom Tisch der Kartenspieler gewesen. Trotzdem war es Tifa irgendwie unangenehm, dass Elena und sie einfach so dasaßen und sich nichts zu sagen hatten - allerdings fiel ihr auch kein vernünftiges Gesprächsthema ein, dass nicht irgendwie mit Elenas Zustand zu tun hatte. "Und?", fragte die Turk schließlich und nahm es Tifa ab nach einem Thema zu suchen. "Wo steckt... ähm... Cloud?" Das war jedoch ein Thema das Tifa am liebsten vermieden hätte. "Ich weiß nicht genau", antwortete sie und vermied Blickkontakt mit Elena. "Ich hab ihn schon länger nicht mehr gesehen." "Hm?" Elena war verdutzt. "Ich dachte immer ihr... Ihr beide seid also nicht?" Tifa stellte das Glas ab, das sie gerade noch geputzt hatte. "Nein... nicht mehr." Die grinste leicht. "Deiner Reaktion zufolge hat er dich wohl sitzen lassen, hm? Hat er ne andere?" *So was in der Art*, dachte Tifa und hob ihren Kopf wieder. Ihr Blick verfinsterte sich, als sie Elenas Grinsen sah. "Wir hatten ein Einverständnis, okay? Kein Grund so blöd zu grinsen!", fuhr sie die Turk an, worauf deren Grinsen sofort verschwand. "'Tschuldigung. Ich wusste ja nicht..." Tifa fühlte sich gleich darauf schuldig. "Schon okay", meinte sie etwas ruhiger. "Ich... red einfach nicht gern darüber." "Dann lassen wir das einfach." Elena leerte ihr Glas begann wieder zu grinsen. "Aber dann lässt du mich auch mit Fragen dieser Art in Ruhe, einverstanden?" "Einverstanden", antwortete Tifa und grinste ebenfalls. "Ich hab im Moment sowieso andere Probleme als Männer", meinte die Turk und wurde wieder ernster. Tifas Lächeln verschwand ebenfalls. "Was willst du als nächstes tun?" "Ich weiß nicht... Ich kenne niemanden der mir helfen könnte. Ein Krankenhaus oder etwas ähnliches ist keine Option. Jeder normale Arzt wäre wahrscheinlich überfordert... oder würde mich als faszinierendes Versuchsobjekt behalten." "Mishimas Boss ist wahrscheinlich der Einzige, der dich vielleicht heilen könnte... Aber ich glaube kaum, dass der dir freiwillig hilft." "Dann muss er halt 'überredet' werden", meinte Elena verbissen und ballte ihre Fäuste. "Nur finden muss ich ihn..." "Ich glaube, er steckt hier in Midgar." Elena sah verwundert auf. "Warum glaubst du das?" "Ganz einfach", sagte Tifa, die wieder hinter Theke hervortrat, da die letzten verbliebenen Gäste sie wieder an ihren Tisch gerufen hatten. "Du warst in Junon, oder? Aber aufgewacht bist du hier in Midgar. Jemand muss dich hergebracht haben." Ohne eine Antwort abzuwarten, ließ sie daraufhin die Turk am Tresen sitzen und eilte zu ihren Stammgästen. * * * Xeros Mishima stand mit verschränkten Armen vor dem großen Fenster des Konferenzraums und blickte schweigsam auf die nächtliche Skyline von Midgar. Außer ihm befanden sich noch vier andere Personen in dem kaum beleuchteten Raum, die jedoch alle so still waren wie er selbst. Die einzigen Geräusche waren der ruhige, regelmäßige Atem der Anwesenden, ein genervtes Fingertippen auf dem schwarzen Tisch in der Mitte des Raumes und ein gelegentliches, noch genervteres Seufzen. Schließlich öffnete sich die Tür und eine gebückte Gestalt mit langen, rotgefärbten Haaren schlich in den Raum, die schnell auf einem der freien Stühle Platz nahm. "Wird auch Zeit, dass du kommst", meinte Mishima vorwurfsvoll, ohne sich umzudrehen. "Sorry", verteidigte sich die Neuangekommene, "aber der Getränkeautomat..." Die Rothaarige verstummte und sank tiefer in ihren Stuhl als ihr einer der anderen Anwesenden einen ermahnenden Blick zuwarf. Daraufhin kehrte wieder Schweigen ein. Mishima starrte noch einen Augenblick aus dem Fenster, dann wandte er sich den Versammelten zu und blickte in die Runde. Gegenüber von ihm, am anderen Ende des Tisches saß ein junger Mann mit langen blonden, lockigen Haaren und blauen Augen, lässig mit verschränkten Armen in seinem Stuhl zurückgelehnt und grinste überlegen. Links davon saß die Rothaarige und sah verlegen zu Boden. Es handelte sich um ein schlankes Mädchen von vielleicht sechzehn oder siebzehn Jahren. Sie war bei weitem die jüngste im Raum. Ihr gegenüber saß eine Frau mit lilafarbenen Augen und schneeweißen Haaren, die jedoch kein Anzeichen des Alters waren. Ihr mageres Gesicht ließ darauf schließen, dass sie vielleicht Anfang dreißig war. Der Rest ihres Körpers war in eine dunkelviolette Robe gehüllt. Ihr unbarmherziger Blick ruhte auf der immer noch verlegenen Teenagerin. Neben der Weißhaarigen saß ein großer, kräftiger Kerl mit dunkler Haut und kahlem Schädel, trotz der kalten Jahreszeit trug er nur ein ärmelloses schwarzes Shirt, auf dem eine übertrieben große Anzahl von goldenem Halsschmuck ruhte. Auch er hatte die muskulösen Arme verschränkt und blickte Mishima mit dunklen, aber trotzdem schimmernden Augen, an. Dem Muskelprotz gegenüber saß ein etwas kleinerer Mann mit mittellangen, speckigen, schwarzen Haaren und einem ungepflegten Bart um seinen Mund herum. Sein verknittertes braunes Hemd mit deutlichen Flecken unter den Achseln trug auch nicht gerade zu seinem Erscheinungsbild bei. Sein Kopf lehnte gelangweilt auf einem Arm, während er mit einem Finger der anderen Hand in unregelmäßigem Rhythmus auf den Tisch tippte. "Gut, dann sind wir also vollzählig", meinte Mishima, der am Ende des Tisches stand, schließlich, woraufhin sich fünf Augenpaare auf ihn richteten, vier davon unnatürlich schimmernd. "Ajig ist noch nicht hier, Sensei", sagte der Blondschopf, "aber von uns hat ihn heute auch noch keiner gesehen." "Ajig wird auch nicht kommen", entgegnete Mishima. "Er begleitet den Boss auf einer kleinen Sondermission." "Warum er schon wieder?", beschwerte sich die Rothaarige. "Die anderen bekommen ständig irgendwelche Aufträge, und ich kann mich mit Rumsitzen und Botengängen langweilen." "Im Gegensatz zu dir, Kleine, wissen alle anderen auch, was 'Pünktlichkeit' und 'Zuverlässigkeit' bedeutet", fuhr die Weißhaarige das Mädchen an. Bevor die Teenagerin jedoch etwas entgegnen konnte, ging Mishima dazwischen. "Raika! Jinua! Haltet die Klappe!", sagte er mit ruhiger aber strenger Stimme. "Zanken könnt ihr, wenn ihr frei habt." "Boss, bei allem Respekt", mischte sich der Schwarzhaarige ein, der nun mittlerweile beide Arme dazu verwendete seinen Kopf abzustützen. "Könnten Sie zur Sache kommen? Warum sind wir wieder in Midgar? Wenn wir nämlich nur hier sind, um den beiden beim Streiten zuzuhören, möchte ich mich bitte entschuldigen..." "Du bleibst schön hier, Trax", antwortete der Anführer immer noch ruhig. "Aber du hast Recht. Kommen wir zur Sache." Ein Rucken ging durch den Kreis der Versammelten, als alle wieder ihre volle Aufmerksamkeit auf Mishima richteten. "Wie ihr alle vielleicht schon mitbekommen habt", begann er, "ist dem Boss letzte Nacht sein neuestes Versuchskaninchen entkommen. Und jetzt will er natürlich, dass wir es für ihn wiederfinden - schnellst möglich!" Mishima griff zu einem Ordner vor ihm und verteilte Fotos und Blätter daraus an seine Untergebenen, die begannen beides zu studieren, die einen mehr, die anderen weniger interessiert. "Elena Devon?", fragte die Weißhaarige, die Mishima mit Jinua angesprochen hatte. "Ist das nicht die Kleine, die Sie auf Valentine angesetzt hatten, Boss?" Mishima nickte. "Sie hat ihn auch gefunden. In der letzten Phase hat sie sich jedoch als etwas uneffizient erwiesen. Ich wollte sie ja aus dem Weg räumen, aber der Boss wollte sie lieber für sich und seine Leute zum Herumprobieren verwenden." "Wie ist sie entkommen?", fragte der Muskelprotz. "So wie du es wahrscheinlich auch machen würdest. Sie hat ihre Wächter getötet und ist dann durch die Wand ihrer Zelle entkommen." "Durch die Wand?!", riefen mehrere der Anwesenden verdutzt. "So stark sieht sie gar nicht aus", meinte Trax wenig beeindruckt, während er Elenas Foto betrachtete. "Sieht nach einer schnuckeligen, kleinen Sekretärin oder so was aus, wenn ihr mich fragt." "Ihr solltet sie nicht unterschätzen. Sie war bei den Turks." "Pah! Was sind schon Turks gegen uns", schnaubte der Muskelprotz. "Außerdem," fuhr Mishima fort, "haben sie die Veränderungen durch den Boss etwas aufgepowert." "'Etwas aufgepowert'?", lachte Jinua zynisch. "Ich glaube, selbst von uns hier im Raum schafft es nur einer mit bloßen Händen durch eine Wand. Nicht wahr, Lorgan?" Sie warf dem neben ihr Sitzenden einen vielsagenden Blick zu, doch der ignorierte sie. Mishima nickte abermals. "Deshalb können wir die Sache nicht einfach den Männern überlassen, sondern müssen uns selbst darum kümmern. Miss Devon ist äußerst gefährlich geworden. Allerdings hat mir der Boss versichert, das ihr Zustand alles andere als stabil ist. Sie schwankt unkontrolliert zwischen 'extrem gefährlich' und 'absolut wehrlos' hin und her. Noch dazu ist sie verletzt. Ich bin also überzeugt, dass es für uns kein allzu großes Problem sein sollte, sie zurückzubringen." "Tot oder Lebendig?", fragte der Blonde am anderen Ende des Tisches. "Lebendig! Der Boss will noch weiter mit ihr arbeiten." "Und wenn sie ihm dann wieder entkommt?" "Dann sorgen wir einfach dafür, dass das nicht passiert." "Aber woher wissen wir überhaupt, dass sie in Midgar ist?", warf Raika ein. "Rein theoretisch, könnte sie doch überall stecken, oder?" "Du kannst ja gerne die ganze Natur abgrasen", antwortete Jinua. "Dann bist wenigstens eine Zeitlang beschäftigt." Raika beantwortete den Vorschlag mit einem wütenden Blick und wollte gerade etwas darauf erwidern, als Mishima dazwischen ging. "Natürlich besteht die Möglichkeit, dass sie nicht in Midgar ist, allerdings ist es sehr wahrscheinlich, dass sie sich hier irgendwo aufhält. Ein paar der Männer haben gesehen, wie sie auf einen Zug gesprungen ist, der hier in Midgar seine Endstation hatte. Außerdem können wir davon ausgehen, dass sie in ihrem Zustand nicht sehr weit gekommen ist." "Gut gehen wir davon aus, sie ist hier in Midgar", meinte Trax. "Wie sollen wir sie so einfach finden? Midgar ist groß... sehr groß." "Es praktisch die Suche nach einer Stecknadel in einem Heuhaufen", fügte Raika hinzu. "Ach wie süß! Die Kleine kennt Sprichwörter!" "Halt die Klappe, Jinua!", fauchte das Mädchen gereizt. "Haltet beide die Klappe", ging diesmal der Blonde dazwischen und wandte sich dann an Mishima. "Wie lautet also unser genauer Auftrag, Sensei?" Mishima lehnte sich vor und stütze sich mit beiden Armen auf dem Tisch auf. "Findet und bringt mir Elena Devon. Setzt dazu alle euch zur Verfügung stehenden Mittel ein. Alle zwölf Stunden möchte ich von jedem einzelnen einen Bericht haben. Über besondere Vorfälle möchte ich sofort informiert werden. Am besten ist ihr teilt die Sektoren untereinander auf. Und fangt mit euerer Suche in den Slums an. Beginn der Mission ist in drei Stunden. Soweit alles verstanden?" "Ja, Sir!", schallte es gleichzeitig aus fünf Mündern. Der grauhaarige SOLDAT richtete sich wieder auf und verschränkte die Arme. "Noch irgendwelche Fragen?" Ein allgemeines Kopfschütteln war die Antwort. "Gut, ihr seid entlassen." Die Versammelten erhoben sich allesamt und marschierten aus dem Raum. Am schnellsten war Trax draußen, der es offensichtlich sehr eilig hatte wegzukommen. Jinua folgte kurz darauf, zuvor warf sie Raika jedoch noch einen missbilligenden Blicke zu. Lorgan, der Muskelprotz, und Raika schlenderten nebeneinander etwas gemächlicher aus dem Raum. Kurz vor der Tür klopfte das Mädchen dem anderen, der sie gut um drei Köpfe überragte, auf den Rücken. "Hey mein Großer, wie wär's mit einer kleinen Wette? 500 Gil darauf, dass ich sie vor euch anderen finde. Bist du dabei?" "Du hast schon verloren, Raika", grinste der Riese. Nach ein paar Sekunden waren auch die beiden aus dem Raum verschwunden und ihre Stimmen wurden leiser als sie sich weiter entfernten. Nur Mishima und der blonde Schönling hielten sich noch in dem Raum auf. "Was gibt es noch, Okita?", fragte Mishima den Zurückgebliebenden und wandte sich wieder dem großen Fenster zu. "Ich wollte nur fragen, Sensei, ob Ihr vor Missionsbeginn noch Zeit für einen Trainingskampf hättet?" "Training?" Mishima drehte sich halb um. "Ich hab dir schon längst alles beigebracht." "Aber Ihr seid trotzdem noch soviel besser als ich, Sensei", meinte Okita etwas betrübt, auch wenn er dennoch mit stolzen Augen Mishimas Blick erwiderte. "Das einzige, was uns noch unterscheidet, mein Junge, sind die Jahre an Erfahrung die ich dir voraus habe. Die bekommst du auch nicht durch Trainingskämpfe mit mir." "Ich verstehe, Sensei..." "Aber meinetwegen", fuhr der alte SOLDAT fort und blickte wieder zum Fenster hinaus. "Wir treffen uns in einer halben Stunde auf dem Dach." Das Gesicht des Jüngeren hellte sich auf. "Wunderbar. Danke, Sensei." Daraufhin eilte er aus dem Konferenzraum und schloss die Tür hinter sich. Mishima genoss noch eine Zeitlang die jetzt herrschende Stille und die Aussicht, bevor er wieder zu sprechen begann. "Und was willst du noch, Shishima?" Daraufhin trat eine komplett in schwarz gekleidete Gestalt aus der dunklen Ecke des Raumes, in der sie sich bis jetzt versteckt gehalten hatte. Es handelte sich um einem Mann, der etwa Mishimas Größe hatte, jedoch schlanker war. Pechschwarzes Haar bedeckte seinen Kopf. Sein Mund und seine Nase waren hinter einer Maske verborgen, die ebenso schwarz war wie der Rest seiner Kleidung. Das bisschen bleiche Haut, dass in seinem Gesicht zu sehen war, bildete einen starken Kontrast zum Rest seines Körpers. "Mein Lord wird diese Entwicklung nicht gutheißen", flüsterte Shishima mit einer heiser klingenden Stimme und starrte den SOLDAT-Krieger mit durchdringenden, dunklen Augen an. "Warum?", er blickte seinen Gesprächspartner kurz an, dann wandte er seinen Blick wieder zum Fenster hinaus. "Ein kleines Versuchskaninchen ist entkommen. Was soll ihn daran interessieren? Das Hauptprojekt ist in keiner Weise irgendwie betroffen. Wir liegen sogar vor dem Zeitplan." Der dunkel Gekleidete begann amüsiert zu kichern. "Was ist so witzig?" "'Ein kleines Versuchkaninchen'? Wie kommt es dann, dass Ihr fast eure gesamten Männer darauf ansetzt?" "Auf diesen Weg ist diese Unannehmlichkeit schnellstens wieder bereinigt." "Wenn Ihr es sagt, Mishima. Ich werde abwarten und sehen, ob diese 'Unannehmlichkeit' meinen Lord interessiert oder nicht." Lautlos glitt Shishima wieder in den Schatten zurück. "Ach ja, ich bin so frei Ihren Leuten bei ihrer Suche etwas unter die Arme zugreifen. Ich hoffe das stört Sie nicht, Mishima." "Natürlich nicht." Dann war er wieder allein. * * * Müde. Es war nur noch müde. Über einen Tag lang war es nun schon unterwegs und jetzt wollte es nur noch ruhen. Bald hätte es den einzigen Platz erreicht, der ihm diese Ruhe geben konnte. Es hatte zwar vor seinem letzten Erwachen schon lange geruht, aber nie zuvor war es danach so lange wach gewesen. Früher war es immer wieder einfach in Schlaf gefallen, sobald der Zorn nachgelassen hatte, aber diesmal funktionierte das nicht. Egal wie müde es war, es konnte keine Ruhe finden. Aber er wusste, dieser eine Platz würde ihm die Ruhe und den Schlaf schenken. Bald würde es angekommen. Dann erblickte es das Gebäude, dass über seinem Schlafplatz errichtet war. Ohne zu zögern brach es durch das Dach und landete im Inneren. Schlafen. Wie Trance bahnte es sich seinen Weg durch das Haus. Schlafen. Hinab in die Katakomben, die solange seine Heimat gewesen waren. Schlafen. Kraftlos schlurfte es durch die felsigen Gänge, während die Kreaturen, die die Tiefen bewohnten, sich instinktiv zurückzogen. Schlafen. Schließlich hatte es seinen Platz der Ruhe erreicht. Es hob den Deckel beiseite, faltete die Flügel um seinen Körper und ließ sich nieder sinken. Wie durch Magie schloss sich der Deckel wieder über ihm. Endlich konnte es schlafen. Und schon bald verwandelte sich in der nachtschwarzen Finsternis des Sarges die dämonische Gestalt von Chaos zurück in die von Vincent Valentine. Nach einiger Zeit schließlich wurde der Deckel des Sarges wieder geöffnet, doch der darin schlafende erwachte nicht. "Ah, Mister Valentine. Wie schön, dass ich Sie endlich einmal persönlich treffe." ---------- Ende Kapitel 4 ---------- Anmerkungen des Autors: So, dass war's mit diesem Kapitel. Zu zwei Punkten hab ich was zu sagen: 1. Ja, ich weiß, dass Clouds ultimative Waffe "Ultimative Waffe" heißt, aber ehrlich gesagt liest sich das beim Schreiben nur noch dumm. Deswegen heißt das Schwert in dieser Geschichte einfach "Ultima". 2. Ne Menge neuer Charaktere in diesem Kapitel, nicht wahr? *g* Ich lass sie dieses Mal noch einfach so im Raum stehen, aber an anderer Stelle werde ich noch ein paar Worte zu ihnen verlieren (wenn sie etwas mehr in der Handlung drinstecken). So, man liest sich im nächsten Kapitel... Nguyen Tran Loc (NguyenTranLoc@gmx.de) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)