Schattenlicht von abgemeldet (Eine Primeval-FF) ================================================================================ Kapitel 1: Alltag ----------------- Ziemlich unelegant stolperte Jess den jungen Studenten hinterher. Ihre hohen Absätze klackten bei jedem Schritt und sie hatte tatsächlich Schwierigkeiten damit richtig vorwärts zu kommen. Überhaupt war es ihr ein Rätsel, wie man auf diesen Dingern laufen konnte?! Zudem sie fast einen Schreck bekommen hatte, als sie heute morgen ihren Kleiderschrank geöffnet hatte. Das war ihr Stil … diese bunten auffälligen Klamotten? Sie zupfte beim Gehen kurz an ihrem hellgrünen Faltenrock herum und fühlte sich dabei nicht gerade sehr wohl. Nicht nur, dass ihr diese Räumlichkeiten - alles Hightech - rein gar nichts sagten. Zusätzlich fühlte sie sich noch wie ein Clown! Zwei Tage lang hatte sie sich nämlich in ihrem fremden Zuhause eingeschlossen, bis plötzlich wieder diese Leute aus dem Krankenhaus vor ihrer Tür gestanden hatten. Sie wusste, sie wollten ihr nur helfen. Die Ärzte hatten ihr gesagt, sie litt an Amnesie. Einfach ausgedrückt: Sie hatte ihr Gedächtnis verloren! Es würde schwierig werden ihre Erinnerungen zurück zu holen. Manchmal geschah dies auch gar nicht! Deswegen hatte sie auch einige Tabletten verschrieben bekommen, … gegen Depressionen. Aber bis jetzt kam sie auch ganz gut ohne aus. Und es wurde ihr geraten ihren vorigen Alltag zu leben, um sich Stück für Stück an irgendetwas zu erinnern. Deswegen folgte sie nun auch Connor durchs ARC. Zuerst hatten sie die Einsatzzentrale aufgesucht - ihren Arbeitsplatz. Für ein paar Sekunden hatte sie tatsächlich ein vertrautes Gefühl verspürt. Auch wusste sie ganz genau, wie man mit diesen Geräten umging. Ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten hatte sie also nicht vergessen. Wenigstens etwas. Lange verweilten sie dort jedoch nicht, da er ihr wirklich alles zeigen wollte. Sie konnte kaum mit ihm mithalten. “Irgendwie ist das schon ziemlich komisch.” Connor warf einen Blick über seine Schulter zurück. Ein Grinsen kräuselte sich auf seinen Lippen. Er wirkte fast schon begeistert. “Vor einigen Monaten hast du mich hier noch eingewiesen und herum geführt. Nun bin ich derjenige, der dir alles erklärt.” Jess’ Augen verfinsterten sich - dank seiner guten Laune und öffnete den Mund, um ihm etwas Schnippisches an den Kopf zu werfen. Jedoch hielt sie sich zurück. Er meinte es sicher nicht böse. Dennoch wusste sie nicht so recht, was sie eigentlich von ihm halten sollte. “Äh ja”, meinte sie stattdessen und folgte Connor in den nächsten Raum hinein. Sie blieb abrupt stehen. “Der Waffenraum nehme ich an?”, fragte sie und beäugte das Schrotgewehr. Damit konnte sie nichts anfangen. Aber wohl umso mehr der Soldat vor ihr oder besser gesagt der Captain der Einheit. Captain Becker. Vorname unbekannt, bzw. hatte er sich ihr gegenüber nicht so richtig vorgestellt. Connor hatte die junge Frau - er hatte sie heute morgen mit Abby gemeinsam abgeholt - die ganze Fahrt über mit all möglichen Fakten überschüttet. Ab der Hälfte hatte sie nicht mehr so richtig hingehört. Zu viele Informationen. “Hey”, grüßte er sie beide leise und war wohl gerade dabei einen Waffencheck durchzuführen. Seine mandelförmigen hellbraunen Augen blieben an ihr haften und ihr lief es doch tatsächlich heiß den Rücken hinunter. Was war denn jetzt plötzlich los? Das Gefühl irritierte sie. Rasch lenkte sie ihren Blick in eine andere Richtung. “Ich führe sie nur etwas herum. Vielleicht erinnert sie sich ja an etwas”, hörte sie Connor munter drauf los plappern. Aus den Augenwinkeln heraus sah sie, wie Becker knapp nickte. “Ach ja, … ich glaube du magst ihn”, hörte sie seine Stimme dann diesmal viel dichter an ihrem Ohr und sie fuhr erschrocken in sich zusammen. “Wa-Was?” Jess fixierte Connor irritiert an - blinzelte ziemlich überfordert. “Na ich meine ..” Er wog seinen Kopf grinsend hin und her. Sie spürte, wie ihre Wangen warm wurden. Er konnte ihr ja sonst was erzählen! Und dann noch vor ihm! “Connor, ich warne dich … lass den Blödsinn”, zischte Becker daraufhin ein klein wenig bedrohlich. Jess winkte gelassen ab. Cool bleiben, hieß die Devise. So ein hübsches Gesicht warf sie doch nicht gleich aus der Bahn. “Wolltest du mir nicht die Dinosaurier zeigen?”, wechselte sie schnell das Thema und lächelte etwas gezwungen. Connor hatte ihr gesagt, sie war immerzu fröhlich und lebendig gewesen. Und das wollte sie auch weiterhin sein. Dennoch … Dinosaurier. Allein der Gedanke, dass es Tore - Anomalien - gab, die in eine andere Zeit führten. Aber sie würde sich gleich etwas Besseren belehren müssen. “Erzählst du mir dann auch endlich genau, was eigentlich passiert ist?” Sie verließen den Raum. Jess wollte nun endlich die ganze Geschichte hören. “Du hast es ihr nicht erzählt?” Zum zweiten Mal fuhr sie in sich zusammen und warf dem Verursacher einen aufgesetzten bitterbösen Blick zu. Becker erwiderte jenen mit einem kaum merklichen Lächeln. Sein rechter Mundwinkel hatte etwas gezuckt. Sie nahm es jedenfalls an, dass es ein Anflug eines Grinsens gewesen war. Aber sie hatte gar nicht bemerkt, dass er ihnen überhaupt gefolgt war. Tauchte so einfach neben ihr auf. “Das wollte ich dir überlassen. Immerhin warst du dabei”, antwortete Connor und sie durchquerten ein Labor, nur um gleich darauf einem - hoffentlich sicheren - Käfig gegenüberzustehen. Sie überkam ein mulmiges Gefühl, als sie die Kreatur sah und ging einen Schritt zurück. “Wenn ich um ihre Aufmerksamkeit bitten dürfte? Ein Raptor”, stellte der Student den Dinosaurier mit einer kurzen wedelnden Handgestik vor. “Und gleichzeitig die Ursache deiner Amnesie, Jess.” Das war Becker gewesen. Sie drehe ihren Kopf nach rechts und sah zu ihm hoch. “Während wir die Kreatur ins ARC brachten, ließ seine Betäubung nach und er konnte sich beim Ausladen befreien. Trotz meiner Anweisung bist du aus dem Kontrollraum raus und ihr seid euch schließlich an der Treppe begegnet.” Er hatte sofort mit dem Betäubungsgewehr auf das Tier geschossen. Jess hatte daraufhin vor Schreck einen Schritt zurück gemacht - natürlich ins Leere. Sie war direkt mit dem Hinterkopf aufgeschlagen und war sofort bewusstlos geworden. “Ich habe es anscheinend nicht so mit Anweisungen?”, versuchte sie ihr unbedachtes Handeln zu erklären. Gern hätte sie gewusst, warum[ sie nicht auf ihn gehört hatte. Dafür müsste es doch einen plausiblen Grund geben. Sie würde doch nie freiwillig … Sie sah das Tier wieder an. Der Raptor stieß einen unschönen Schrei aus, welcher ihr eine unangenehme Gänsehaut bescherte. Die langen Krallen kratzten über den Boden und die Echse schnaubte dabei bedrohlich. Sie wollte hier weg und zwar schleunigst. Unbewusst hatte sich ihre rechte Hand in den Ärmel von Beckers Jacke gekrallt und sie machte noch einen weiteren Schritt auf ihn zu. Wahrscheinlich fühlte sie sich so einfach nur viel sicherer. Der Alarm heulte nur wenige Sekunden später auf und setzte alle sofort in Bereitschaft. “Eine Anomalie?”, fragte Jess vorsichtshalber nach und die beiden Männer nickten synchron - liefen dann jedoch auch schon Richtung Kontrollraum. So gut, wie sie nur konnte, folgte sie ihnen und bremste gerade noch rechtzeitig ab, bevor sie noch in Abby hinein lief. Die Blondine schenkte ihr ein kurzes aufmunterndes Lächeln und sah dann auf die vielen Monitore. Aus einen Impuls heraus drängelte sie sich selbst an Connor vorbei, ließ sich auf den Stuhl nieder und begann hektisch auf der Tastatur herum zu tippen. “Die Anomalie befindet sich 3 Kilometer östlich von hier. Auf einem Bahnhof”, ratterte sie diese Info, wie von selbst, herunter. Ihr Körper tat das alles von ganz alleine. “Okay, dann auf zum Bahnhof”, gab Matt den Befehl, der gerade zu ihnen gestoßen war und legte seine rechte Hand auf Jess’ Schulter. “Du machst das schon. Wir vertrauen dir.” Er zwinkerte der jungen Frau zu. Sie lächelte zaghaft zurück und nickte dann entschlossen. Ja, irgendwie würde sie das schon hin bekommen. ~ Ein ohrenbetäubender Schrei hallte in der leeren Bahnhofshalle wider, woraufhin Matt sofort in einen leichten Laufschritt verfiel. Mit einer stummen Anweisung gab er Connor und Abby zu verstehen, dass sie hoch zu den Gleisen sollten. Becker und er nahmen sich weiter die Halle vor, die sich in einer Passarelle unterteilte. „Die Anomalie ist nur noch ein paar Meter von euch entfernt“, hörte er Jess über Funk. Sie klang etwas unsicher. Verständlich. „Jess, hier ist aber nichts zu sehen“, erwiderte er ruhig und stieg über einen umgefallenen Zeitungsständer hinweg. Der Bahnhof war wie leer gefegt. Die Menschen waren geflüchtet. Aber was war das eben noch für ein Schrei gewesen? „Komisch. Connor und Abby stehen ebenfalls direkt davor.“ Der Kopf des Anführers ruckte in die Höhe. Natürlich! Sie war direkt über ihnen. „Becker? Nach oben.“ Der Soldat nickte und stieg mit erhobener Waffe die Treppen hinauf. Fast wäre er mit Connor zusammen gestoßen, der völlig von der Rolle war. Er redete so schnell, dass Becker ihm kaum folgen konnte. „Oh man, das müsst ihr euch ansehen … das ist unglaublich. Ich meine … nein es ist eigentlich unmöglich!“ Er schob sich etwas ruppig an dem Studenten vorbei. Sein Blick fiel zu aller erst einmal auf die flimmernde Anomalie, die einen halben Zug verschlungen hatte. Erst dann wirrten seine Blicke zu Abby und einen Mann etwa Ende Zwanzig - Anfang Dreißig. Sein Gesicht sagte ihm nicht das Geringste. Aber Connor und Abby kannten ihn anscheinend sehr gut. Er konnte nur so viel sagen, der Typ sah ziemlich mitgenommen aus und würde wohl jeden Moment zusammen brechen. “Ähm ja, … darf ich vorstellen?” Connor wirkte überaus hibbelig und zerstreut - oder besser gesagt fassungslos. “Stephen Hart.” Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)