Gläserner Käfig von penthisilea ================================================================================ Kapitel 3: 3.Kapitel -------------------- Ich hätte wissen müssen, dass diese Sängerin keine zuverlässige Quelle darstellt. Jemand der so leichthändig einen Verwandten beschuldigt ist entweder verzweifelt, kaltblütig oder verrückt, doch diese Frau war nichts davon. Sie wusste wohl nur zu viel und ist am Versuch den wahren Täter von sich abzulenken gescheitert. Doch nun stellt sich die Frage, was sie wusste. War sie eine Augenzeugin gewesen? Im Moment kann mir wohl nur ihr Vetter diese Frage beantworten. Elizabeth hat sich seit dem Opernbesuch erstaunlich gut erholt. Es bliebe zu überlegen ihr die Freude eines Ausritts zu machen, denn entgegen der Meinung unseres Arztes scheint etwas Aufregung ihr besser zu bekommen als erwartet. C.P. – 16. Dezember 1897 Ciel atmete tief durch und wählte die Nummer seines Anwesens. Aus dem Hörer tönte ein monotones Tuten, einmal, zweimal. Er rief an um sich nach Elizabeth zu erkundigen, seit ihr Zustand sich gestern so rapide verschlechtert hatte machte er sich Sorgen um sie. Es läutete noch weitere dreimal bis jemand den Hörer abhob. „Phantomhive Manor?“, meldete sich eine tiefe und ruhige Männerstimme. „Guten Tag, Agni. Ich wollte mich erkundigen wie es meiner Frau geht.“, antwortete Ciel und starrte unfokussiert auf das Telephon vor ihm. „Oh, einen guten Tag wünsche ich ebenso. Lady Elizabeth hat sich erstaunlich gut erholt. Sie legte beim Frühstück einen ungewöhnlich großen Appetit an den Tag und ging danach in Begleitung von Frau Meirin spazieren. Ich glaube sie befindet sich auf dem Weg der Besserung.“, berichtete Agni in seiner gelassen – erfreuten Art. Ciel zog überrascht die Augenbrauen hoch und zögerte für einen Moment. Er hätte nicht mit so guten Nachrichten gerechnet. „Gut, Agni. Richte ihr bitte aus, dass ich mich bemühe alsbald wieder zum Anwesen zurück zu kehren.“, sagte Ciel dann schließlich und legte nach den obligatorischen Grußformeln den Hörer wieder auf die Gabel. Ciel verschränkte die Finger und stütze sich mit den Ellenbogen auf seinem Schreibtisch auf. „Was habt Ihr nun vor, junger Herr?“, fragte Sebastian, der die ganze Zeit schweigend neben dem Schreibtisch gestanden hatte. „Du observierst weiterhin diesen Kerl und ich werde mich vorerst im Opernhaus umhören.“, antwortete Ciel nach einer kleinen Weile und sah zu Sebastian. Sein Butler sah ihn mit seinem stetig gleichbleibend indifferenten Blick an, die Arme hinter dem Rücken verschränkt. „Wie ihr wünscht, junger Herr.“, sagte Sebastian. Am Opernhaus angekommen trennte Sebastian sich von Ciel und machte sich auf die Suche nach Vlanav, während der junge Earl das Gebäude betrat. „Sind sie Earl Phantomhive?“, fragte ein junges Mädchen mit einem kantigen Gesicht und unsicherem Ausdruck, das ihm entgegen kam. „Ja, der bin ich.“, antwortete Ciel. „Man hat gesagt dass sie kommen würden. Finden Sie es nicht auch grauenvoll was passiert ist?“, fragte das Mädchen. Ihr Geplapper ging noch eine ganze Weile, bis die beiden einen Korridor erreicht hatten, der größtenteils mit Menschen verstopft war. Ciel schob sich in das Gedränge hinein und wurde seine geschwätzige Begleitung so los. Es bedurfte einigem Ellenbogen- und Spazierstockeinsatz bis er es endlich durch die Menschenmenge geschafft hatte und wieder relativ frei stand. Da hing sie. Die Frau, die Abends zuvor noch einen überwältigenden Part in MacBeth gesungen hatte baumelte bleich und leblos von einem Querbalken des Kostümlagers. Ihr schmaler Körper wirkte nun, leblos wie er war, noch fragiler, ihr dünnes Unterkleid legte sich locker um die die schmale Figur. Ciel betrachtete die Leiche eine Weile lang nachdenklich, ging um sie herum und hob hier und da ihr Unterkleid ein Stück weit an um nackte Haut unter dem dünnen Stoff auf Hämatome oder anderen Wunden zu inspizieren. Nirgends waren Spuren von Gewalteinwirkung zu sehen, nichts deutete auf ein Gewaltverbrechen hin. Es sah aus als hätte sie sich selbst aufgeknöpft, doch das war ausgeschlossen. Der Balken befand sich in gut drei Metern Höhe und nirgend war eine Leiter oder ein Stuhl gefunden worden. Ciel vermutete sie war in betäubtem Zustand aufgeknöpft worden. „Wir nehmen sie jetzt da runter, Earl.“, informierte ihn einer der Angestellten des Opernhauses und stieg mit einer Handsäge auf eine kleine Stehleiter. Ein Kollege stand unter der Leiche um sie aufzufangen wenn sie fiel, doch als der Erste das Seil, mit dem die Sängerin am Balken hing, durchtrennt hatte kam sie dem unten stehenden aus den Händen und fiel zu Boden. Ihr Unterkleid verrutschte und ein Aufschrei ging durch die Schaulustigen, die den Gang verstopften. Was durch das partielle Anheben des Stoffes nicht sichtbar gewesen war lag nun frei. Ihr ganzer Unterleib war entblößt und das Kleidungsstück bedeckte gerade noch ihren Brustkorb. Genug um etwas freizulegen, das sonst niemandem aufgefallen wäre. Über die gesamte Länge ihres Unterleibes zog sich eine grobe Naht, die mit unsauberen und unregelmäßigen Stichen geschlossen worden war. Um die Ränder klebten feine Rinnsale getrockneten Bluts, die Stiche jedoch waren unpassend sauber. Ciel zog eine Augenbraue hoch und besah sich die Naht genauer. Er hatte da einen Verdacht. Als er mit der bloßen Hand auf den Bauchraum der Leiche drückte schrien einige Mädchen hinter ihm entsetzt auf und Ciel meinte zu hören wie eine von ihnen zu Boden sackte, doch viel mehr interessierte ihn was vor ihm passierte. Das Fleisch der Leiche gab einfach unter seinen Fingern nach. Aber nicht auf die normale Art, wie wenn ein Arzt die inneren Organe abtastete, sondern weiter und weiter, bis er meinte das Rückgrat der Sängerin unter seinen Fingerkuppen spüren zu können. Jemand hatte die inneren Organe der Frau entfernt und sie komplett ausbluten lassen. Mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck zog Ciel seine Finger zurück, stoppte dann aber mitten in der Bewegung. Da war ein Geräusch aus dem Inneren der Leiche gekommen. Er drückte noch einmal ein wenig zu und es knisterte leise und dumpf. „Ich brauche eine Schere.“, sagte Ciel. Keine Reaktion um ihn herum. „Ich brauche eine Schere hab ich gesagt. Wenn Sie schon gaffen dann machen Sie sich wenigstens nützlich.“, zischte er über seine Schulter zu dem Mob hinter ihm. Die Masse zuckte kollektiv zusammen und schließlich löste sich jemand aus der Menge und reichte Ciel eine Schere. Der Earl nickte und machte sich daran die Fäden der groben Naht zu lösen. Hinter ihm brach die Menge in Getuschel aus. Das Ganze erinnerte Ciel auf eine perverse Art an ein Geschenk, das vor den Augen der Familie ausgepackt wurde. Nach und nach lösten sich die Fäden und die Bauchdecke der Leiche öffnete sich. Als ein Loch groß genug für seine Hand geöffnet war steckte CIel eine Hand in das Innere der Leiche, was einen erneuten Aufschrei hinter ihm auslöste und tastete vorsichtig. Wäre Sebastian hier gewesen hätte er ihn das erledigen lassen, doch er war nicht hier und Ciel wollte nicht wie ein zimperliches kleines Mädchen darstehen wenn ein Hinweis auf den Mörder zu bekommen war. Ciel hatte Recht gehabt, denn das Innere der Leiche war verblüffend trocken, jemand hatte sie wirklich zur Gänze ausbluten lassen. Es dauerte nicht lange da stieß er mit den Fingerkuppen auf etwas und zog es heraus. Es war ein gefaltetes Papier. Ciel öffnete es und zog eine Augenbraue hoch. Was dort geschrieben stand war für ihn unleserlich, nichts weiter als Gekritzel. Er erkannte keine Worte darin, wohl aber dass es eine Schrift war. Sebastian würde sich darum kümmern. Der Earl faltete die Nachricht wieder und steckte sie in seine Jackentasche. Er wischte sich die Hand noch am Kleid der Toten ab, dann stand er auf und wand sich an eine nahe stehenden Opernangestellten. „Kümmern Sie sich darum, dass Miss Nikolajewna ins Bestattungsunternehmen Undertaker kommt. Und bestellen Sie ihr einen guten Sarg.“, sagte er, dann drängte er sich durch die Menschenmenge, die ihn erschrocken und entsetzt anstarrte, hindurch Richtung Ausgang. ___________________________ Ich sollte nachts keinen Kaffee mehr trinken oder schlecht gemachte Filme ansehen, sonst kommt wieder so was raus. Dieses Kapitel ist im Schneckentempo von fast 3 Stunden entstanden ( ja ich weis, sehr viel für das bisschen) aber ich hoffe es ist trotzdem was geworden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)