Reno von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: Pickende Chocobos ---------------------------- Als ich aufwache, ist das Erste was ich spüre, ein stechender und gleichzeitig pochender Schmerz. Mein Kopf fühlt sich an, wie Sektor 7 – nachdem ich mit ihm fertig war. Alter, hab ich einen Kater. Das letzte Bier muss schlecht gewesen sein oder der letzte Schapps. Warum hab ich auch bei dem blöden Trinkspiel mitgemacht? Ach ja… ich habs vorgeschlagen. War ne Scheißidee. Hat gestern aber vernünftig geklungen. Shiva, hab ich einen Schädel! Langsam schlage ich die Augen auf. Etwa vergleichbar mit dem Aufschieben zweier, riesiger, rostiger Rolltore. Scheiß Sonne! Warum muss sie mir auch mitten ins Gesicht scheinen? Ich hab den seltsamen Makler immer noch im Ohr: „Und sehen sie nur die großen Fenster im Schlafzimmer! Der Raum ist am Morgen quasi völlig lichtdurchflutet! Es ist quasi so, als würde Gaia sie persönlich wachküssen!“ Hat zumindest nicht gelogen. Könnte allerdings ohne Probleme, auf die Rumknutscherei am Morgen verzichten. Ja, der Typ war schon seltsam mit seinem ständigen „quasi“. „Die Wohnung ist quasi, wie für sie gemacht!“ „Und die Küche ist quasi ideal für einen Single!“ „Ist quasi ein Schnäppchen!“ Spinner. Natürlich hätte ich dieses Sonnenproblem mit Vorhängen beheben können, aber Vorhänge sind schwul. Ich meine, ich bin dem männlichen Geschlecht durchaus zugetan, allerdings finde ich, dass meine sexuelle Orientierung und meine Inneneinrichtung, zwei verschiedene Paar Schuhe sind. 9:23 Uhr. Ich muss aufstehen. Ich hab keine Lust. Rude sitzt mit Sicherheit schon seit über einer Stunde an seinem Schreibtisch und schreibt fleißig Berichte. Irgendwann gibt Tseng ihm bestimmt mal ein Bienchen für die ganze, gute Arbeit. Oder hebt seinen Fleiß, auf seinem Zeugnis, lobend hervor. „Rude ist ein hervorragender Mitarbeiter. Besonders sein Fleiß und seine Pünktlichkeit, sind Eigenschaften, die ihn zu einem der besten ShinRa Mitarbeiter auszeichnen. Sein Umgang mit Kollegen und Vorgesetzten ist vorbildlich. Sie können mit Recht, stolz auf ihren Sohn sein.“ Oder so. Berichte schreiben. Ein weiterer Kontrapunkt auf meiner Pro-Kontra-Aufstehen-Liste. Aber nützt nichts. Ich bin halt einfach kein Morgenmensch, wie Tseng und Rude. Die Beiden wachen wahrscheinlich mit geputzten Zähnen, frisch geduscht und frisiert auf und haben entweder den frisch gebügelten Anzug schon an oder kleine Vöglein helfen ihnen beim Anziehen, während weiße Mäuse irgendwelche, fröhlichen Lieder singen. Gaia, ich schwöre, mein Kopf platzt. Duschen. Keine Ahnung, wie ich es bis hierhin geschafft habe. Aber das Wasser tut gut. Wie ich mir die Haare shampooniere, fällt mir wieder der Bericht über den ehemaligen Zugführer aus Midgar ein, den ich im Fernsehen gesehen habe. Nah. Weder mein Körper, noch mein Kopf sind heute in der Lage für irgendwelche Experimente. Muss ich verschieben. Verdammt! Seife im Auge. Oh, du höllischer Schmerz! Ich muss mich beim Duschen mehr konzentrieren. Prioritätenliste abarbeiten: Abtrocknen, Zähne putzen, Frisur in Form bringen. Gaia, seh ich fertig aus. Es hätte mich nicht gewundert, wenn ich in den Spiegel geguckt hätte und hätte gesehen, dass mir jemand einen Schnurrbart angemalt hat. An diesem verfluchten Morgen scheint alles möglich zu sein. Ich suche unter den, auf dem Boden verstreuten, Klamotten, die Teile meiner Turkuniform zusammen. Natürlich immer mit Geruchstest. Reicht wenn alle sehen, wie fertig ich bin, sie müssen es nicht auch noch riechen. 9:52 Uhr. Gaia, die Zeit rennt. Ach Quatsch, die rennt nicht, die stürmt weg, fliegt, hat sich extra nen verdammten Raketenantrieb unter den Arm geschnallt, nur, um die scheiß Schallmauer zu durchbrechen. Eigentlich keine Zeit für Kaffee, aber heute geht’s nicht anders. Eigentlich trinke ich vor der Arbeit keinen Kaffee, das liegt daran, dass ich dann früher aufstehen müsste. Und ich sehe beim besten Willen nicht ein, früher aufzustehen, nur um Kaffee zu trinken, den ich fünf Minuten später auch im Büro trinken kann und so, wertvolle Zeit die ich im Bett verbringen könnte, verschwende. Die Logik erschließt sich für mich einfach nicht. Aber heute Morgen brauch ich einen Koffeinschub, bevor ich das Haus verlasse. Kurz überlege ich, ob ich mir das Zeug nicht gleich intravenös in den Körper jagen soll oder ob ich mir nicht lieber ne schöne Line zurecht mache, um ein ordentliches Näschen voll zu nehmen. Schließlich entscheide ich mich für die klassische Art, dieses koffeinhaltige Heißgetränk zu mir zu nehmen. Kein Kaffee. Nichts. Kein einziges Körnchen dieses wundervollen Wachmachers ist im Haus. So endet es also. Nicht cool während eines Auftrags draufgegangen. Nein. Tod durch Koffeinentzug. Wird für den Pathologen bestimmt nicht das erste Mal sein, dass er das, als Todesursache auf sein Formular kritzelt. 09:57 Uhr. Shiva, ich muss los. Komme jetzt schon zu spät, selbst für meine persönliche Gleitzeit. Ja, ich habe eine persönliche Gleitzeit. Hab sie selbst eingerichtet. Tseng bringt es jeden Tag wieder auf die Palme. Es ist ein bisschen so, wie wenn ein Vater in das Zimmer seines Teenagersohnes kommt und sich jedes Mal darüber aufregt, dass das Zimmer nicht aufgeräumt ist. Und jedes Mal kriegt der Vater dieselbe Antwort: „Dann komm halt nicht rein!“ So ähnlich ist es bei mir und Tseng. Jeden Morgen führen wir den ewig gleichen Dialog und ich sehne den Tag herbei, an dem er mich und mein unaufgeräumtes Zimmer, endlich in Ruhe lässt. Ich bin an der Arbeit äußerst professionell, aber vor 10:30 Uhr beruft Tseng niemals eine Besprechung ein. Alles was ich bis dahin tun könnte, wäre – wer hätts geahnt – Berichte schreiben. Papierkram! Und dafür soll ich früher aufstehen? Ich meine, wenn ein Bericht wirklich wichtig ist, sitze auch ich pünktlich am Schreibtisch. Aber in den meisten Fällen, ist der Auftrag, das was wichtig ist und nicht, der Bericht danach. So, nach der Kaffeepleite bleibt mir nichts anderes übrig, als völlig koffeinfrei meine Sachen zusammen zu suchen. Kippen? Check. Mag Rod? Auf dem Tisch. Geld? Handy? Check. Schlüssel? Wo in Gaias Namen, hab ich den wieder hingelegt. Ah, Küchentresen, neben den Blumen. Blumen? Warum, bei Ifrits Höllenfeuer, habe ich Blumen in meiner Wohnung? Vielleicht hat meine Putzfrau Elsa sie mitgebracht. Würde wenig Sinn ergeben. Vielleicht hat sie mir ja auch jemand geschickt. Aber ich hab keine entgegen genommen. Vielleicht hat sie Elsa entgegen genommen, als ich nicht da war. Würde aber immer noch nicht erklären, wer, in Shivas Namen, mir Blumen schickt. Keine Karte. Was hab ich auch erwartet? „Lieber Reno, vielen Dank, dass du gestern den alten Orlick in die ewigen Jagdgründe geschickt hast. Da hat es doch endlich mal den Richtigen getroffen. Der elende Hurensohn hat nämlich ständig die Zeche geprellt. Es grüßt herzlich, das Team vom Roten Stier. P.S.: Die nächste Runde geht aufs Haus!“ 10:07 Uhr. Shiva! Keine Zeit, weiter über das Grünzeug nachzudenken. Geld, Schlüssel, Handy, Kippen, Mag Rod – alles am Start. Und los! Halt! Feuerzeug? Auch da. Nichts wie los. Sechs Minuten Fußweg bis zur Arbeit. Genau richtig, um eine in Ruhe zu rauchen. „Sie arbeiten also bei ShinRa? Na dann ist ihre Arbeitsstelle ja quasi um die Ecke! Und, als was arbeiten sie dort?“ „Bin quasi Teil des Reinigungspersonals. Beseitige quasi jeden Schmutz.“ hab ich dem Makler damals geantwortet. Ich muss den Mann schleunigst wieder aus dem Kopf bekommen. Erster Zug. Shiva! Der einzige Nachteil am Alkohol – abgesehen von meinem drei Meter Kater – ist, dass die erste Kippe am nächsten Tag, echt nicht zu genießen ist. Aber als wahrer Raucher, steht man halt über solchen Dingen. Wenn schon kein Koffein, dann halt Nikotin. Irgendein Gift muss ich mir jetzt in den Körper pumpen. Wenn auch noch meine Kippen alle gewesen wären, ich schwöre bei Gaia, ich hätt dem Junkie an der Ecke persönlich die Spritze aus dem Arm gerissen und sie in meinen gesteckt. Langsam, ganz langsam, verschwindet der stechende Schmerz in meinem Kopf. Fühlt sich jetzt nur noch so an, als würde ein Chocobo gemächlich mit seinem Schnabel drauf rumpicken. ShinRa Tower. Endlich. Ich durchquere die Eingangshalle, mit nur einem Ziel vor Augen: Fahrstuhl, 32. Stock, Rudes Büro. In eben diesem Büro steht eine Kaffeemaschine – mit Kaffee. Eigentlich wollte ich sie in meinem Büro haben. Mein Kaffeekonsum ist enorm und ich war wenig motiviert, jedes Mal bis ans Ende des Flurs zu laufen, um dort den Kaffeeraum der ganzen Etage zu nutzen. Seien wir ehrlich, zwei meiner acht Arbeitsstunden hätte ich damit verbracht, den Flur auf und ab zu laufen. Allerdings war Tseng von der Idee nicht ganz so angetan. „Reno, ich bringe durchaus Verständnis dafür auf, dass es sich bei dem Genussmittel deiner Wahl, um Kaffee handelt. Und tatsächlich stimme ich dir zu, dass du wertvolle Zeit damit verschwendest würdest, die Korridore auf und ab zu wandeln. Außerdem möchte ich nicht daran denken, wie viel Kaffee du auf den Boden verschütten würdest. Andererseits, hast du sowieso ein sehr… impulsives Wesen, welches durch zu hohen Koffeingenuss, sowohl deine Arbeitsleistung, als auch dein Verhalten gegenüber anderen Mitarbeiter, negativ beeinträchtigen würde. Ich würde es also begrüßen, wenn die von dir gewünschte Kaffeemaschine, in Rudes Büro untergebracht wird. Es liegt genau neben deinem, der Weg wäre also kurz und dein Partner könnte ein Auge auf dich und deinen Konsum werfen.“ Mit Aufpasser, was ein Kompromiss. Manchmal behandelt mich Tseng, wie ein kleines Kind. Aber wenigstens, wie ein Extrawurstkind. 10:14 Uhr. 32. Stock. Rechter Flur. Zimmer 12. Ich klopfe nicht an, ich habe keine Zeit für Höflichkeitsfloskeln. Ich bin auf der Jagd nach dem schwarzen Gold. Und da sehe ich es. Rude hat tatsächlich eine Kanne aufgesetzt. Ich laufe an ihm vorbei. „Guten Morgen.“ vernehme ich die Stimme meines Partners. Abrupt bleibe ich stehen und drehe mich zu ihm um „Deinen scheiß Sarkasmus kannst du für dich behalten!“ Kapitel 2: Eckige Löffel ------------------------ Ich nehme einen großen Schluck Kaffee. Endlich. Ich bin wieder in meinem Büro. Rude ist einfach zu wach für mich. Noch ein Schluck. Kippe. Schmeckt schon etwas besser als die Erste, wenn auch noch nicht gut. Der Computer fährt in der Zwischenzeit hoch, muss unbedingt die Mails checken. Wenn ich Glück habe, gibt’s heut keine Besprechung, bei der ich aufrecht sitzend, anwesend sein muss. Tock, Tock, Tock. Der Chocobo will einfach nicht aufhören, auf meinen Kopf rumzuhacken. Drecksvieh! Ah, wir sind endlich so weit, sehr schön. Schauen wir mal. „Konferenz 10:30 Uhr, Raum 32L04. Tseng.“ Wund-er-bar! Ich versteh nicht, warum Tseng die Raumnummer immer mitschickt. Jede unserer Besprechungen findet dort statt. 32. Stock, linker Korridor, Raum 4. Er könnte sich echt mal was Neues einfallen lassen. „Treffen uns am geheimen Ort. Parole: Der Wald hat sich verändert. Antwort: Es leben aber noch Eulen.“ Vielleicht schlag ich ihm das mal vor. 10:28 Uhr. Wenn ich mich beeil, schaff ich es noch pünktlich. Einen Versuch ist es wert. „Da Reno also auch beschlossen hat, unserer kleinen Besprechung beizuwohnen, können wir jetzt beginnen.“ Gaia! Tseng! Zwei Minuten und 30 Sekunden zu spät. Man kanns auch übertreiben. Musste eben noch fertig rauchen. „Wie euch allen bekannt sein dürfte,“ ein Blick in meine Richtung „findet in genau einer Woche die Jubiläumsfeier, zum einjährigen Bestehen des neuen ShinRa Konzerns, statt. Zu diesem Anlass werden sich nicht nur alle Mitarbeiter versammeln, sondern auch wichtige Persönlichkeiten und die Presse werden an den Feierlichkeiten teilnehmen. Ich muss nicht erwähnen, wie wichtig es also ist, pünktlich und entsprechend gekleidet bei dieser wichtigen Veranstaltung zu erscheinen.“ Ein weiter Blick. Ich habs verstanden, Dankeschön! „Es ist von unschätzbarer Bedeutung, dass ShinRa seinem neuen Ruf, als ein Konzern, der sich gänzlich von der alten ShinRa Inc. unterscheidet, gerecht wird. Reno. Deine Aufgabe wird es sein, an der Seite des Präsidenten zu sein und ihn vor jedweder Gefahr zu schützen. Elena und Rude. Ihr werdet alle Besucher im Auge behalten und jede Person, die euch verdächtig erscheint, observieren.“ „Und was machst du? Kümmerst dich, dass das Buffet nicht schlecht wird?“ frage ich. Ein kurzes Zucken des rechten Mundwinkels. Ungefährliche Mimik. Heißt lediglich, dass es ihn amüsiert. Glück gehabt. Bin noch nicht ganz auf der Höhe und kann meine klugen und unklugen Bemerkungen noch nicht steuern. „Ihr wisst um den Ruf, der den Turks anhaftet. Mord, Spionage und das Auslöschen ganzer Sektoren, ist ein Image, welches sich mit dem neuen ShinRa Konzern nicht vereinbaren lässt. Ich werde also hauptsächlich damit beschäftigt sein, der Presse Rede und Antwort zu stehen. Ist das in Ordnung für dich, Reno?“ Elender Zyniker. „War ja nur ne Frage.“ antworte ich schließlich. „Gut. Den genauen zeitlichen Ablauf der Veranstaltung, sowie eine detaillierte Gästeliste, werde ich euch im Laufe der Woche zusenden. Sollten Änderungen jedweder Art vorgenommen werden müssen, werden wir diese genauer, in einer dafür vorgesehenen Sitzung, besprechen. Das war alles für den Moment.“ Freiheit! Nichts wie weg, schnell in mein Büro verschwinden. Bin nicht in der Stimmung für Smalltalk. Ich nehme wieder auf meinem Bürostuhl Platz und mache mich daran den Kaffee auszutrinken. Mit eckigem Löffel. Keine Ahnung warum, aber mir schmeckt mein Kaffee eben nur mit Milch und eckigem Löffel. Ich mags irgendwie, dass er aussieht wie ne kleine Schaufel. Ein Klopfen. Nicht in meinem Kopf, sondern an der Tür. Bitte nicht! Ich hab so was von keine Lust. Erneutes Klopfen. „Hmm.“ Elena tritt ein. Sie verzieht das Gesicht. Das ist immer das Erste, was sie tut, wenn sie in mein Büro kommt. So is das halt mit den Nichtrauchern. Ich sage nichts, in der stillen Hoffnung, dass sie dann auch nichts sagt. „Reno.“ Hat nicht geklappt. „Reno?“ Ich schaue vom meiner Kaffeetasse zu ihr auf, um ihr zu zeigen, dass ich sie gehört hab. Sage aber immer noch nichts. „Reno, sag mal, was war denn gestern bei dir los? Ich meine, es ist nichts Neues das du dich betrinkst. Auch nicht, dass du mich betrunken anrufst oder mir SMS schickst. Aber gestern musst du ja ziemlich hinüber gewesen sein.“ Shiva! Shiva! Shiva! Warum nimmt mir nie jemand das Handy weg, wenn ich betrunken bin? „Wie schlimm wars? Wollte ich Sex?“ frage ich. „Sie waren nicht schlimm, eher witzig. Und nein, du wolltest keinen Sex.“ Sie reicht mir ihr Handy, vier SMS von Reno. 23:14 Uhr: „Geil! Leicht rollbaren Stuhl entdeckt. Rolle mich von einer Wand zur Anderen.“ 23:45 Uhr: „Ich wurde garede in eine spontane Bolognese verwicklet!“ 00:17 Uhr: „Wir haben Vreluste… Kauugmmi hat Ziel verehflt. Katze getroffen… frodere Veterinär an!“ 00:23 eine Nachricht von Elena an mich: „Hey, was machst du? Ich mach mir Sorgen!“ 00:44 Uhr meine Antwort: „Ihc gineeße den Boden.“ Bolognese?! Kaugummi – Katze – Veterinär? Gaia. Ich gebe Elena das Handy zurück. Keine Ahnung, was ich ihr sagen soll. Scheint aber so, als würde sie keine Antwort verlangen. Braves Mädchen. Jetzt wäre der Zeitpunkt gekommen, an dem sie – mit irgendeinem Kommentar – wieder gehen könnte. Sie macht allerdings keinerlei Anstalten. Sie scheint auf etwas zu warten. Nur was? Ich schaue sie an „Gibt’s noch was?“ „Die Frage wollte ich dir stellen. Gibt es noch irgendetwas?“ Häh? „Von meiner Seite nicht.“ „Wirklich gar nichts?“ Was, bei Ifrits Höllenfeuer, will die Frau von mir? „Nein. Nix.“ antworte ich ihr. Gaia, Frauen! Elenas Haltung verändert sich, sie stellt sich aufrecht hin und stützt die Hände in die Hüfte – kein gutes Zeichen. „Reno! Das glaub ich ja wohl nicht! Du hast tatsächlich keine Ahnung wovon ich spreche? Von Rude würde mich so ein Verhalten nicht wundern, aber von dir? Ich dachte wir sind Freunde! Dann will ich deinem Gedächtnis mal auf die Sprünge helfen, ich bin heute 24 geworden!“ Geburtstag! Natürlich! Die Blumen! Na klar, die hatte ich für sie bestellt! „‘Lena, tut mir leid. Aber ich habe deinen Geburtstag nicht vergessen. Ehrlich. Ich hab Blumen für dich zu Hause stehen, die das beweisen. Ich habs nur grad vergessen. Weißt du mein Morgen“, aber ich komme nicht mehr dazu, meinen Satz zu beenden. „Mir ist egal, wie dein Morgen war! Und was die Blumen angeht, da kannst du mir viel erzählen!“ Verdammt. Ab jetzt, gibt es für sie kein Halten mehr. Das Zeitfenster, in dem ich die Möglichkeit hatte, die anstehende Tirade abzuwenden, is vorbei. Das allein ist schon nervig genug. Das Schlimmste ist, dass ihre Stimme immer höher wird und sich überschlägt. Keine Ahnung, wie lang ich jetzt dieses schrille Gequieke ertragen muss, bis sie mich mit irgendeinem, völlig überflüssigen Abschlusskommentar, wieder in Ruhe lässt. 19 Minuten 23 Sekunden „Aber bitte. Glaub bloß nicht, dass ich auch nur einen Gedanken an deinen Geburtstag verschwenden werde!“ Sagts und geht. Ein großes Dankeschön, Elena! Jetzt hat der Chocobo auch noch ein paar Freunde zum Auf-dem-Kopf-rumpicken eingeladen. Vielen Dank! Mein Geburtstag. Was ein Schwachsinn. Sie kennt ihn nicht mal. Niemand kennt ihn. Als ich damals bei ShinRa eingestellt wurde, habe ich denen eine Lüge nach der Anderen aufgetischt. „Wo wurden Sie geboren?“ „Keine Ahnung, war zwar dabei, aber irgendwie nicht richtig anwesend. Beim nächsten Mal frag ich nach.“ „Sie haben also niemals jemanden danach gefragt? Weder Ihre Mutte, noch ihren Vater?“ „Nah.“ „Gut, können Sie mir die Namen Ihrer Eltern nennen?“ „Könnt ich.“ „Würden Sie es dann auch?“ „Nah.“ „Mr. Leonhart, ich fürchte so kommen wir nicht weiter. Sie müssen schon etwas kooperativer sein, wenn Sie eine Anstellung bei ShinRa anstreben.“ Mr. Leonhart – frei erfundener Name. „Ich versteh nur nicht, was das für eine Rolle spielt.“ Gelogen. Natürlich wusste ich, warum ShinRa so heiß auf die Informationen war. Sie wollten mich durchleuchten. Sehen welchen Dreck ich am Stecken habe, um mich gegebenenfalls zu erpressen und mich damit an den Konzern zu binden. Völlig überflüssig. Wäre nicht zu ShinRa gegangen, wenn ich nicht vorgehabt hätte, loyal zu sein. Ich wusste schon damals, wie mit Deserteuren verfahren wird. „ Von mir aus. Squall und Rinoa Leonhart. Sie is ne geborene Heartilly.“ Frei erfunden. „Haben Sie Geschwister?“ „Nah.“ Vielleicht ne Lüge. „Gut. Wo sind Sie aufgewachsen? Wo leben Sie momentan?“ „Bin in den Slums aufgewachsen. In welchem genau, kann ich Ihnen nicht sagen. Die sehen für mich alle gleich aus. Momentan habe ich keinen Wohnsitz, überall und nirgendwo.“ Lüge Nummer fünf. „Wo leben Ihre Eltern denn jetzt?“ „Sind tot.“ Vielleicht die Wahrheit. „Haben Sie irgendwelche Papiere, um sich auszuweisen?“ „Nah. Bekommt man in den Slums nicht zwingend.“ Wahr. „Können Sie mir ihr Geburtsdatum nennen?“ Welchen Tag haben wir heute? Den 12. November. Gehen wir ne Woche zurück. „5. November.“ „Oh, Sie kennen Ihren Geburtstag, aber nicht Ihren Geburtsort?“ Höre ich da, einen Hauch von Misstrauen? „Tja, wenn jedes Jahr, am selben Tag ne Torte auf dem Tisch steht.“ Lüge. „Natürlich. Eine letzte Frage, dann wären wir vorerst am Ende. Wie alt sind Sie?“ „15.“ Hab mich damals zwei Jahre jünger gemacht, konnte nicht schaden. Tja Elena, dann eben kein Geschenk zu meinem fiktiven Geburtstag. Kann ich mit leben. Kapitel 3: Selbes Prinzip ------------------------- Ich hab mich noch nicht wieder auf meinen Platz gesetzt, als das Telefon klingelt. Ich stelle meine zweite Tasse Kaffee auf den Tisch und hebe ab „Ja?“ „Reno, ich würde dich gern unverzüglich in meinem Büro sprechen.“ Tseng wartet meine Antwort gar nicht erst ab und legt auf. Wun-der-bar. Noch einen Schluck Kaffee, dann mach ich mich los. Was will er denn jetzt schon wieder? Wir haben uns doch eben erst gesehen. Warum hat er’s mir da nicht gleich gesagt? Warum immer so umständlich? Wie kann man nur so ein riesen Bürokratiefan sein? Ich warte noch auf den Tag, an dem ich jedes Mal ein Formular ausfüllen muss, wenn ich aufs Klo gehe. Raum 32L02. Tsengs Büro. Ich klopfe an, warte das „Ja?“ ab und gehe hinein. Ich laufe auf seinen Schreibtisch zu und bleibe neben dem „Besucherstuhl“ stehen. „Reno, wie ich heute Morgen erneut feststellen musste, kamst du mit einiger Verspätung zur Arbeit. Muss ich dich tatsächlich täglich darauf aufmerksam machen, dass…“ Oh, Gaia, bitte nicht. Der tägliche, siebenminütige Vortrag, in dem ich dazu verdammt bin, zuzuhören und bei jedem „Das verstehst du doch, Reno?“ und „Oder siehst du das anders, Reno?“ mit „Ja, Tseng.“ und „Nein, Tseng.“ zu antworten. Gedanklich schreie ich ihn an: „Papa, es ist gut! Ich hab‘s verstanden! Ich mag‘s halt unordentlich! Komm halt nicht rein!“ Äußerlich lasse ich mich resigniert auf den Stuhl fallen. Jeden Morgen dasselbe Theater. Meine Güte! Er müsste es doch nun so langsam geschnallt haben, dass ich mich in diesem Punkt nicht ändern werde. Gaia! Ich wünschte er würde mir einfach eine Knallen, anstatt, wie ein scheiß Prediger, immer wieder auf mich einzureden. „Ich würde es begrüßen, wenn ich dieses Gespräch nicht erneut mit dir führen müsste.“ „Ich auch, Tseng. Ich auch.“ Ich stehe auf und gehe. Gedanklich macht Tseng die Tür von außen zu. Wieder im Büro angekommen, klingelt das Telefon schon wieder. Ich werde wahnsinnig! „Ja?“ „Reno, ich bin es nochmal. Bei unserem Gespräch hatte ich noch vergessen, etwas zu erwähnen.“ Bitte, Gaia! Sag mir nicht, dass ich nochmal in sein Büro soll, nur um mir den Passierschein A38 abzuholen. „Dein Bericht über den Orlick-Fall steht noch aus. Ich würde es begrüßen, ihn spätestens morgen früh auf meinem Schreibtisch zu finden.“ Aufgelegt. „Ich würde es begrüßen“, äffe ich ihn in Gedanken nach. Ich würde es begrüßen, wenn er mal jemand anderen grüßen würde und nicht mir ständig, mit seiner scheiß Grüßerei, auf den Sack gehen würde. Es klopft an meiner Tür und Rude kommt rein. Muss Eins sein – Mittagspause. Die kann ich wirklich gebrauchen. Seit gut anderthalb Stunden starre ich auf meinen Monitor, um den begrüßenswerten Orlick-Bericht zu schreiben. Aber irgendwie will sich da nichts in meinem Kopf zusammen finden. Rude und ich gehen immer auswärts essen. Nicht weil das Essen in der Kantine schlecht wäre, nein, aber dort sind halt überall ShinRa Mitarbeiter. Wir Turks bleiben halt lieber unter uns. Maximal noch der Präsident, das war‘s. Wenn man nämlich zur Mittagszeit Pech hat, ist kein Tisch mehr frei und man muss sich zu Mary und Sue, aus der Buchhaltung, setzen. Und das Gequatsche kann kein normaler Mensch ertragen. Nicht mal ein Turk. Grundsätzlich ist es immer ein Vorteil, Turk zu sein. Die meisten verachten uns zwar, aber viel wichtiger ist: Sie haben Angst. Angst etwas Falsches zu tun oder zu sagen, womit sie den Zorn eines Turks auf sich ziehen könnten. Die meisten Leute suchen also schnell das Weite. Aber wie es immer so ist, gibt’s halt jede Menge Schleimer, die einem das Ohr abkauen. Um nun alldem aus dem Weg zu gehen, essen Rude und ich auswärts. Rude drückt auf den Fahrstuhlknopf. Nachdem wir eintreten, sehe ich die bekannten Knöpfe vor mir. Einer fürs Erdgeschoss, einer für den 100. Stock – das Büro des Präsidenten – und das Ziffernfeld, in dem man das gewünschte Stockwerk eingeben kann, zu dem man – nach Autorisierung der eigenen Person mittels ID-Karte – dann prompt befördert wird. Im Erdgeschoss angekommen, sehe ich dutzende Typen in Arbeitsanzügen. „Was ist denn hier schon wieder los?“ frage ich an Rude gewandt. Ich bekomme ein Schulterzucken als Antwort. Oh, Rude. Als wir an den Menschen vorbei laufen, sehe ich, dass sie irgendwelche komischen Teile in ihren Händen halten. Ich bleibe abrupt stehen und greife nach Rudes Arm, damit auch er stehen bleibt. „Rude! Sind das nicht die Teile des Midgarmodells aus dem alten Tower?“ Rude inspiziert die einzelnen Teile. „Ja. Aus dem 65. Stock.“ „Was machen die hier?“ Wieder ein Schulterzucken meines Partners, der sich nun wieder in Bewegung setzt. Ich folge ihm durch die gläserne Schiebetür und bin verwirrt. „Jetzt mal ehrlich, Rude, was machen die mit dem alten Midgarmodell?“ Ein genervtes Atmen von meinem Gegenüber. Keine Antwort. „Ru~hude?“ Noch ein genervtes Atmen. Bei Gaia, Rude, du kriegst kein Kind, mach deine Atemübungen zu Hause! „Ich weiß es nicht, Reno. Warum interessiert es dich so?“ Schöne Frage. „Weils keinen Sinn ergibt. Warum, bei Ifrits Höllenfeuer, lässt sich irgendjemand eine Modellstadt von Midgar, in den neuen ShinRa Tower in Edge liefern? Wieso? Und wenn‘s da ist, was macht man dann damit? Gaia, das ist, wie wenn einem der Name eines Schauspielers oder der Titel eines Films nicht einfällt. Es nervt dich einfach den ganzen, verfickten Tag. Selbes Prinzip!“ Ich sehe den Anflug eines Lächelns auf Rudes Gesicht. „Vielleicht will der Präsidenten den Weapon-Angriff nachspielen.“ Gaia, es muss Montag sein. Rude hat einen Witz gemacht. Ich habe nämlich die Theorie aufgestellt, dass Rude sich pro Woche nur einen davon erlaubt. Irgendwie gehen sie nur alle immer auf meine Kosten. „Schenkelklopfer für Beinlose. Ernsthaft, Rude. Hast du echt keine Ahnung? Nichts irgendwo darüber gehört?“ „Nein. Ernsthaft, Reno.“ Rude beginnt mit seiner Vorsuppe. Ich lehne mich zurück, atme noch zweimal frustriert aus – wie ich es bei Rudes Wochenendseminar gelernt habe – und fange dann auch an zu essen. Zurück im Tower verstecke ich mich im Kaffeeraum unserer Etage. Das Zimmer liegt nämlich in der Nähe von Tsengs Büro und sobald er raus kommt, ist das die Chance, ihm zufällig über den Weg zu laufen und meine Midgarmodell-Neugier zu befriedigen. Gaia! Ich liege schon seit ner dreiviertel Stunde auf der Lauer. Was macht der Mann da drin? Zehn Minuten später öffnet sich endlich seine Tür. Die Show kann beginnen. „Oh, hey Tseng.“ „Reno.“ „Sag mal, wo ich dich schon treffe. Ich hab unten in der Eingangshalle gesehen, dass wir irgendwelche seltsamen Menschen im Tower haben, die Teile des alten Midgarmodells mit sich rumschleppen. Weißt du da zufällig was drüber?“ Tseng schaut mich verwirrt an, fängt sich allerdings schnell wieder und antwortet: „Ja. Das Modell wird für die Jubiläumsfeier angeliefert.“ „Aha. Und was macht es da? Schön aussehen und nett winken?“ „Nun ja, es soll wieder zusammengesetzt und während der Feierlichkeiten ausgestellt werden. Als eine Art Mahnmal mit symbolischem Charakter.“ „Was denn für ein Mahnmal? Und was für ein symbolischer Charakter?“ „Reno, oberste Priorität dieser Feier ist es, alle davon zu überzeugen, dass sich ShinRa gewandelt hat. Das Midgarmodell steht auch für den alten Konzern, verstehst du? Es ist nicht nur notwendig den Leuten zu zeigen, dass sich der Konzern einem Wandel unterzogen hat, sondern auch, wie wichtig dem Konzern dieser Wandel ist. Aus diesem Grund hat der neue Tower auch einhundert Stockwerke, diese stehen symbolisch, für einen einhundert prozentigen Wandel. Das Midgarmodell erfüllt denselben Zweck.“ Ich schaue ihn verblüfft an. „Du verarscht mich!? Was sonst noch? Der ShinRa Tower ist nach Osten ausgerichtet, da ShinRa, der Sonne entgegen geht? Oder ist er so ausgerichtet, dass er niemals einen Schatten auf Edge wirft?“ „Eine ausgezeichnete Idee, Reno. Ich werde das prüfen lassen, vielleicht können wir es aufnehmen. Der Präsident hat außerdem einigen Historikern aufgetragen, die ursprünglichen Namen der einzelnen Sektoren herauszufinden.“ „Was?“ „Ja. Die einzelnen Sektoren hatten früher einmal Namen, die allerdings in Vergessenheit geraten sind. Daraufhin wurden sie – wie du dich erinnern wirst – einfach durchnummeriert.“ „Und welchen symbolischen Charakter soll das haben?“ „Es soll zeigen, dass wir uns diese Zeit wieder herbei wünschen, in der alle friedlich mit dem Planeten in Einklang lebten. Als es noch Normen und Werte gab und der alte ShinRa Konzern noch nicht den Planeten ausnutzte.“ „Wir wollen also rückwärts?“ „Und der Sonne entgegen.“ Der Anflug eines Lächelns. Heute muss Montag sein. „Mal ganz ehrlich, Tseng. Wer denkt sich das aus? Hat ShinRa Kontakt mit Valentine aufgenommen, oder was?“ Wieder ein verwirrter Blick. „Der Zusammenhang erschließt sich mir nicht.“ „Na du kennst ihn doch. Jeder Mensch sagt Geostigma, Valentine sagt „das Sephiroth-Chromosom“ oder „die Seele-Jenovas“. Jeder sagt Jenova und bei ihm wird’s „des Himmels Unheil“ oder „die Heimsuchung“. Ich wette, der sitzt fleißig zu Hause und tüftelt grad an neuen Bezeichnungen. „Die Feindin der Freundschaft“, „eine unentrinnbare Strafe“, „ein notwendiges Übel“, „ein wünschenswerter Verlust“, „ein ergötzlicher Schaden“. So was halt.“ Tseng zieht eine Augenbraue hoch und geht dann seiner Wege. Symbolischen Charakter. Alte Sektorennamen. Gut zu wissen. Kapitel 4: Schweigsam aber nicht unhöflich ------------------------------------------ Endlich Feierabend. Den ganzen Tag hab ich damit verbracht, diesen scheiß Orlick-Bericht fertig zu schreiben. Gaia, ich glaube, ich hab noch nie so lange für einen scheiß Bericht gebraucht. Gefühlte hundert Jahre hab ich an dem Ding gehangen. Aber jetzt ist er fertig. Ich hab ihn unter Tsengs Tür durchgeschoben. Der ist heute Nachmittag, Gaia weiß wohin, gegangen. Und da ich ja den Bericht, wie gewünscht – Entschuldigung, wie begrüßt – heute Abend fertig haben sollte, damit er am Morgen auf dem Schreibtisch liegt, hab ich also diese Variante gewählt. Liegt zwar nicht auf dem Schreibtisch, ist aber immerhin im Büro. Rude und ich haben heute zur gleichen Zeit Feierabend. Das ist nicht immer der Fall. Meistens arbeite ich länger, was daran liegt, dass ich auch später anfange. Aber heute will ich nicht länger als nötig, in diesem verfluchten Tower sein. Der Kater, wie der Kopfschmerz, ist zwar weg, aber es bleibt dieses energielose Gefühl. So dieses „unfähig-für-irgendwas-außer- gammeln“-Gefühl. Rude wohnt weiter weg als ich. Trotzdem gehen wir in dieselbe Richtung. Seine U-Bahn Station liegt in der Nähe meiner Wohnung. Als ich den Tag gedanklich Revue passieren lasse, kommt mir ein Gedanke. „Rude? Ich finde eigentlich gar nicht, dass du unhöflich bist.“ Ein kurzes, verwirrtes Nicken, als mein Partner antwortet: „Wie kommst du jetzt darauf?“ „Na „Rude“ bedeutet doch „unhöflich“ und so. Und ich finde dich gar nicht so unhöflich. Ich meine, klar, du bist echt schweigsam, was man oft als unhöflich interpretieren könnte. Aber eigentlich passt das irgendwie nicht zu dir.“ „Aha.“ „Die Frage ist also: Warum hast du dich so genannt?“ Keine Reaktion. „Ru~hude?“ „Ich weiß nicht, was du meinst.“ Ich rolle genervt die Augen. „Was ich meine ist, dass vor langer Zeit irgendeine ShinRa-Frau vor dir stand und gesagt hat: „Mr. So-und-so, Sie sind nun ein Mitarbeiter des ShinRa Konzerns. Genauer, Teil der Eliteeinheit der Turks. Als Solcher, müssen Sie Ihr vorheriges Leben vergessen. Es existiert nicht und hat auch nie existiert. Alle Daten über Sie, außerhalb des ShinRa Konzerns, werden gelöscht. So, als hätte es Sie nie gegeben. Sie dürfen sich einen neuen Namen auswählen. Ein Turk, ohne Vorgeschichte. Kein Nachname. Keine Vergangenheit.“ Und die Masterfrage die ich mir stelle ist, warum hast du dich für „Rude“ entschieden? Hast du ein Wörterbuch aufgeschlagen und blind mit dem Zeigefinger auf ein Wort getippt und das war‘s dann?“ Rude läuft weiter. Völlig unbeirrt von meinen Fragen. Gleichmäßige Atmung. Gleichmäßiger Gang. „Warum hast du dich für „Reno“ entschieden?“ Ich bin ein wenig überrascht, tatsächlich noch eine Antwort zu erhalten. „Weil‘s cool klingt.“ antworte ich. „Genauso wie Rude.“ antwortet er. „Du, Rude? Als du damals bei ShinRa eingestellt wurdest, hast du da hier und da gelogen oder etwas verschwiegen? Oder hast du auf alle Fragen ehrlich geantwortet?“ „Sowohl als auch.“ Wir laufen weiterhin nebeneinander her. Manchmal bin ich Rude für seine kurze Angebundenheit, auf dem sprachlichen Sektor, sehr dankbar. Aber manchmal wünsche ich mir, er wäre mehr wie ich. Er bemerkt, dass mich diese Antwort nicht zufrieden stellt und ergänzt: „An manchen Stellen wusste ich, dass ShinRa nur über meinen Namen, bestimmte Information nicht erhalten würde. Diese habe ich verschwiegen. Bei manchen Sachen habe ich gelogen. Habe allerdings versucht, soweit wie möglich, die Wahrheit zu sagen. Bei dir?“ „So ähnlich.“ lüge ich. Eigentlich gibt es keinen Grund ihn anzulügen. Er würde mich nirgendwo anscheißen. Außerdem bin ich mir ziemlich sicher, dass er weiß, dass ich ihn anlüge. Aber Rude ist halt einer der Menschen, die wissen wann es sich lohnt nochmal nachzufragen und wann eben nicht. Er würde eh keine ehrliche Antwort von mir bekommen. Und er weiß, wenn ich ihm jemals was erzählen will, werde ich den Zeitpunkt und das Ausmaß bestimmen und nicht er. „Glaubst du Tseng hat irgendwelche Lügenmärchen erzählt?“ „Kann ich mir nicht vorstellen.“ ist die knappe Antwort meines Partners. So sehe ich es auch. Nicht weil ich Tseng für einen schlechten Lügner halte oder für einen aufrichtigen, gläubigen Menschen. Es ist halt einfach, irgendwie nicht sein Stil. Manipulativ – Ja. Hinterhältig – wenn gewünscht. Aber er ist halt einfach kein Lügner. Zumindest nicht, wenn es nur um die Wahrnehmung seiner Person geht. Dafür ist es ihm einfach zu egal. Dafür ist er halt einfach zu viel Turk. „Und Elena?“ frage ich. „Ich denke, sie hat die Wahrheit gesagt. Ich glaube auch das „Elena“, ihr richtiger Name ist.“ „Hast du sie jemals danach gefragt?“ „Du?“ „Nah. Aber ich sehe es wie du. Wir müssen uns ja nur erinnern, wie oft sie sich Strife und seiner Gang gegenüber verplappert hat. Ich glaube, sie is gar nicht im Stande zu lügen. Nah. Das ist eben Elena.“ Ein Anflug eines Lächelns, auf den Lippen meines Partners. „Was?“ frage ich. „Es ist nur amüsant.“ „Was?“ frage ich genervt. Worauf will er hinaus? „Ich dachte nur im Zusammenhang mit deinem Namen, fallen solche Worte.“ „Was für Worte?“ „Das ist eben…“ Ach, Rude. Wir kommen an der Kreuzung an, an der wir uns immer trennen. „Bis morgen, Partner.“ Ein Nicken. Ich komme wieder in meiner Wohnung an. Gaia, ich liebe sie. Ich setze mich auf meine Couch und genieße die Ruhe. Nicht die Stille. Die Ruhe. Das Gefühl, angekommen zu sein. Ich schaue mich im Zimmer um. Vieles schreit einfach nur „Reno!“ und dann schaue ich zu meinem Bücherregal. Ich hab mir das Lesen und Schreiben selbst beigebracht. Wer hätte auch sonst ein Interesse daran gehabt? Ja, das ist eben der Autodidakt in mir. Als ich damals bei ShinRa angefangen habe, habe ich alles gelesen, was ich in die Hände bekommen habe. Hab mich damals ständig im 62. Stock rumgedrückt. ShinRa Inc. Wissenschaftliche Forschungsbibliothek, Stadtentwicklung Forschungsbibliothek, ShinRa Inc. Friedensbewahrungs-/Waffenentwicklungsbibliothek, ShinRa Inc. Raumentwicklungs-Forschungsbibliothek. Habe ich mir alles durchgelesen. „Problem mit Plattenkonstruktion in Midgar“, „Stadtkarte von Midgar“, „Daten über Versuchstiere in der Nähe von Midgar“, „Midgar-Kriminalitätsweißbuch“, „Plan für neue Landwaffen“, „Substanzproduktion und ihre militärischen Verwendungen“, „Aufschlüsselung der SOLDAT-Mitglieder nach Klassen“, „Heideggers ShinRa-Friedenserhaltungsgesetz“, „Wirtschaftsbericht: Aktivitäten gegen ShinRa Inc.“, „Moderne Geschichte des Midgar-Raumprogramms“, „Ergebnisse gescheiterter Raummissionen „YA-79““. Alles. Noch heute ist meine Bürotür – wenn ich nicht einen mordsmäßigen Kater habe – immer offen. Es kann nie schaden den Klatsch und Tratsch der Putzfrauen mitzuhören. Außerdem lernt man so, nicht nur Menschen an der Stimme, sondern auch am Gang zu erkennen. Elena höre ich aufgrund ihrer Absätze leicht heraus. Rude hat einen sehr… bestimmten Gang. Zielgerichtet, würd ich es beschreiben. Tseng ist wie eine Katze. Leichtfüßig, aber auch zielgerichtet. Ein Mensch der keinen Umweg geht. Die Putzfrauen sind ziemlich plump. Und das Sicherheitspersonal ist, im wahrsten Sinne des Wortes, ziemlich platt. Und ich schaue immer noch mein Bücherregal an. „Die Materialien dürfen nicht weitergegeben werden! Es ist verboten, Materialien von diesem Stock mitzunehmen.“ stand auf dem Monitor innerhalb der Stadtentwicklungs-Bibliothek. Hab ich mich nicht so ganz dran gehalten. Viele Bücher aus den Bibliotheken, stehen jetzt bei mir im Regal. Es gibt einfach bestimmte Sachen von denen es besser ist, wenn nicht jeder Zugriff darauf hat. Natürlich ist mir klar, dass das nicht die einzigen Bücher auf der Welt sind, aber so kann man zumindest nicht zufällig drüber stolpern, nur weil man sich in der Bibliothek rumdrückt. „Diebstahl an der Firma“ nennt man das wohl. Damit kann ich leben. Ich lasse meinen Blick schweifen. Blumen. Das sollte ich noch erledigen. Ich schnappe mir also den Blumenstrauß und mache mich auf den Weg zu Elenas Wohnung. Ich nehme dieselbe U-Bahn Station wie Rude. Ne junge Frau sitzt mir gegenüber und lächelt. Auf diese Art, wie es nur Frauen können. Diese „Er bringt seiner Freundin Blumen mit“-Art. Schon seltsam, dass es bestimmte Formen der Gestik und Mimik gibt, die nur speziellen Arten von Menschen vorbehalten sind. Was ich richtig hasse, ist das entschuldigende Grinsen von Müttern. Wenn ihre Bälger nicht gucken, wo sie hinlaufen und dann in dich rein rennen. In solchen Momenten denke ich mir immer „Wenn ich so klein wäre wie du, würde ich hinschauen, wo ich hinlaufe!“ Gaia, ich hasse Kinder. Und dann kommt immer dieses mütterliche Grinsen in meine Richtung. So ein „So sind Kinder eben.“ Erzieh dein Balg ordentlich! Furchtbar. Aber ich bin mittlerweile gut drauf und schenk dem Mädel ein Lächeln. „Die hab ich für meine Freundin gekauft. Sie hatte nen harten Tag und ich dachte, sie würde sich drüber freuen.“ lüge ich ihr ins Gesicht. „Ooh, das ist wirklich unglaublich lieb von ihnen. Sie wird sich bestimmt riesig freuen. Wie lange sind sie denn schon zusammen?“ fragt sie mich und schaut mich dabei an, wie einen Welpen. „Zweieinhalb Jahre. Aber ich bin immer noch vernarrt in sie, wie am ersten Tag.“ Wenn schon, denn schon. Dann wollen wir ihr doch wenigstens, die volle Dosis geben. „Sie ist meine absolute Traumfrau.“ „Ooh.“ Auftrag erfüllt. Ich komme bei Elena an. Ich klingle zweimal. Mein Markenzeichen. Ich lehne meine Arm und meinen Kopf gegen den Türrahmen. Sie öffnet die Tür und ich halte ihr den Blumenstrauß entgegen „Happy Birthday, Kleines.“ „Und du glaubst, damit ist alles wieder gut?“ sagt sie und meint „Dankeschön. Alles wieder gut.“ Kapitel 5: Raubtiere auf der Jagd --------------------------------- Das Telefon klingelt. Bitte nicht Tseng. Bitte nicht wegen dem scheiß Bericht. „Ja?“ „Reno, der Präsident möchte dich umgehend sprechen.“ Dave. Der Sekretär des Präsidenten. Was will der denn von mir? „Alles klar. Bin auf dem Weg.“ Ich drücke meine Kippe im Aschenbecher aus und mache mich auf den Weg. Der Fahrstuhl kommt. Ich drücke die Taste zum hundertsten Stockwerk und ziehe meine ID-Card durch den, dafür vorgesehenen, Schlitz. „ID-Nummer 1851415…Reno…Turk. Freischaltung für das einhundertste Stockwerk…erteilt.“ säuselt die Computerstimme der Fahrstuhldame. In der Zeit die der Fahrstuhl benötigt, um 68 Stockwerke hinter sich zu bringen, frage ich mich, was der Präsident wohl von mir will. Geht’s um den Bericht? Unwahrscheinlich. Wenn was damit wäre, würde Tseng mit mir sprechen und nicht der Präsident. Der hat besseres zu tun, als sich wegen nem scheiß Bericht aufzuregen. Die Jubiläumsfeier? Nah. Kann ich mir auch nicht vorstellen. Was sollte da sein? „Reno, achte bitte darauf, mich wirklich gut zu schützen.“ Warum sollte er so was sagen? Oder mich überhaupt darauf hinweisen. Macht alles keinen Sinn. Wegen der Verspätung? Nah. Auch mehr Tsengs Terrain, als seins. Gaia, mir fällt nichts mehr ein. Verdammte Stille! Fahrstuhlmusik muss her. „Willkommen im hundertsten Stockwerk. ShinRa wünscht Ihnen noch einen schönen Tag.“ „Danke. Ich dir auch.“ wünsch ich der Fahrstuhlstimme. Da ist sie. Die große, weiße Doppeltür. Ich trete hindurch und sehe Dave an seinem Schreibtisch sitzen. „Alles klar?“ frage ich ihn. „Ja. Danke, Reno. Ich sage dem Präsidenten, dass du da bist.“ Er tippt auf seinem Telefon irgendeine Taste. „Reno ist da.“ höre ich. Er legt auf. „Du kannst jetzt rein gehen.“ Irgendwie führen wir immer dasselbe Gespräch. Vielleicht sollte ich mir mal was Neues einfallen lassen. So was wie „Alles fit?“ oder „Dave, sieh mal ein Huhn!“ Würde unsere Beziehung vielleicht auf eine neue Ebene bringen. Ich frag mich, was dieser Dave wohl für ein Typ ist. Er scheint mir so aalglatt zu sein. Könnt mir gut vorstellen, dass wenn er nach Hause kommt, sich die Kleider vom Leib reißt. Oder sich nach der Arbeit in ein Kleid schmeißt und alle zwingt ihn „Misses Habendischer“ zu nennen. Dave, Dave, Dave. Ich gehe also auf die zweite, weiße Doppeltür zu und öffne sie. So muss es sein, wenn man stirbt. Wenn man auf das Licht am Ende des Tunnels zugeht. Ich erblinde fasst jedes Mal, wenn ich sein Büro betrete. Alles ist so weiß. So hell. So steril. Man könnte problemlos in diesem Raum operieren. „Reno.“ Er sitzt hinter seinem Schreibtisch und fixiert mich mit seinem Blick. Der Blick eines Raubtiers, welches seine Beute begutachtet. Ein schlechtes Zeichen. Jetzt ist äußerste Vorsicht angesagt. Mit Rufus Shinra zu sprechen, ist wie mit verbundenen Augen durch ein Minenfeld zu laufen. Man weiß, dass er etwas vorhat. Man weiß nur nicht was. Und wenn man‘s dann mal geschnallt hat, fliegt einem schon alles um die Ohren. „Bitte, nimm Platz.“ Gefahr, Gefahr, Gefahr. Er lächelt. Danger, Danger, Danger! „Wie geht es dir?“ „Ging mir nie besser.“ Gelogen. Ging mir nie schlechter. „Das freut mich.“ Gelogen. Deswegen freut er sich nicht. „Du erscheinst mir nervös.“ „Kein Stück. Alles cool.“ „Lüg mich nicht an.“ Jedes Wort spricht er schneidend aus. „Du machst immer diese Geste, wenn du nervös bist oder dich unbehaglich fühlst. Was von beidem ist es nun?“ Was für eine Geste? „Was für eine Geste?“ „Ich bin überrascht. Für einen solch kontrollierten Menschen, wie du es bist, erstaunt es mich, dass dir deine eigenen Gesten nicht geläufig sind.“ „Klär mich auf.“, versuche ich das Gespräch in eine neue Richtung zu drängen. Über meine Gesten zu reden, ist zwar nicht unbedingt mein liebstes Thema, aber es ist sicherlich besser, als das worüber er reden will. Seine Augen verengen sich für einen kurzen Moment. Fast nicht wahrnehmbar. „Sei’s drum, Reno. Weißt du, dass ich das Midgarmodell anlässlich der Jubiläumsfeier, habe liefern lassen?“ „Ja. Hab die Leute mit den einzelnen Teilen, in der Eingangshalle gesehen.“ „Weißt du auch warum?“ „Mahnmal. Symbolischer Charakter und so. Schöne Idee.“ füge ich hinzu. Is natürlich Quatsch. „Ist dir auch bekannt, dass ich Historiker mit Nachforschungen über die alten Sektorennamen beauftragt habe?“ Shiva! Jetzt heißt es cool bleiben. „Is mir bekannt. Tseng hat‘s mir erzählt. Zwecks des Zurückwünschen in die gute, alte Zeit. Sehr clever.“ Er dreht sich mit seinem Stuhl auf die Seite und schaut halb aus dem Fenster. „Sie waren erfolgreich.“ „Sehr gut.“ stammle ich. Ich muss hier raus. So schnell wie nur irgend möglich. „Tja, wenn das dann alles war, Rufus. Ich muss…“ „Wusstest du, dass Sektor sieben, denselben Namen trug, wie mein Vater?“ Shiva! Ich muss weg „Ist das nicht ironisch? Er zerstört ausgerechnet den Sektor, der seinen Namen trägt. Und kurz darauf wird auch er zerstört. Amüsant, findest du nicht?“ „Is n Brüller.“ „In der Tat. Aber der eigentliche „Brüller“, ist der Name des dritten Sektors.“ Der kleine Reno möchte aus der Hölle abgeholt werden, ich wiederhole, der kleine Reno bitte! „Soll ich dir verraten, welchen Namen er trug?“ Heute ist es kein blindes Stolpern durch ein Minenfeld. Heute ist es ein Erschießungskommando, mit nem fetten Spott auf mich gerichtet. Ohne Augenbinde. Ohne letzte Kippe. Er sieht mir wieder direkt in die Augen. Shiva, nein. Das Allerletzte was ich will, ist das ausgerechnet Rufus Shinra mir sagt, wie der verdammte dritte Sektor hieß. Gaia, hilf mir! „Du weißt, normalerweise bin ich für jeden Gag zu haben, aber ich denke in diesem speziellen Fall, reicht es, wenn du lachen kannst.“ Das war‘s. Ich bin erledigt. „Lachen konnte ich in der Tat. Und ich würde dieses Gefühl so gerne mit dir teilen.“ Aus der Sache komm ich nicht mehr raus. „Schieß los.“ sage ich schließlich resigniert. Ein Lächeln. Gaia, wie er diesen Moment genießt. „Reno.“ Er schweigt einen Augenblick, dann fährt er fort. „Ist das nicht ein Zufall?“ Game over. „Verrückt.“ „Weißt du Reno, mir war schon lange bekannt, dass keine oder sagen wir wenige der Angaben, die du zur Zeit deiner Einstellung gemacht hast, der Wahrheit entsprochen haben. Mir war auch bewusst, dass du freiwillig niemals etwas über dich erzählen würdest. Außerdem bezweifelte ich, dass es irgendeinen Weg gäbe, dich zum Reden zu bringen. Eigentlich hatte ich mich dann entschlossen, Nachforschungen über dich anstellen zu lassen. Doch auch das, gestaltete sich äußerst problematisch. Ohne Namen und ohne einen Ort, an dem man zu suchen beginnen soll, schien es unmöglich. Und nun stelle ich fest, dass der dritte Sektor ehemals den Namen trug, den du als Turk gewählt hast.“ Was soll ich sagen. Genauso war‘s. Als ich damals entscheiden musste, wie dieser neue Mensch, dieser Turk – ohne jegliche Vergangenheit – heißen sollte, entschied ich mich, einen kleinen Teil meines alten Lebens mitzunehmen. Ich hab immer viel gelesen. Ich dachte immer, egal wie unwichtig die Information ist, vielleicht nutzt sie mir eines Tages. Und so war es oft. Ein Grund warum ich so gut in meinem Job bin, ist die Ansammlung von all diesem scheinbar unnützen Wissen. Und genauso bin ich auch über ein Buch gestolpert, welches vom alten Midgar berichtete. Ich bin in den Slums von Sektor drei aufgewachsen und als ich damals gefragt wurde „Mr. Leonhart, haben Sie sich für einen Namen entschieden?“ fiel mir dieses Buch wieder ein. Ich hätte nie gedacht, dass mich das jemals wieder einholen würde. Ich hätte nie gedacht, dass ich es sein würde, der mich verrät. Jetzt, wo Rufus einen Anhaltspunkt hat, wird er nicht mehr zögern. Gaia, er wird alles erfahren. Meinen richtigen Namen. In welchen Verhältnissen ich aufgewachsen bin. Wer meine Eltern sind. Was ich alles für scheiße gebaut habe. Nichts ist mehr sicher. Mein Leben – ein offenes Buch. Könnte es noch schlimmer sein? Könnte irgendwas auf dieser Welt, noch furchtbarer sein? Nein. Nichts. „Und? Hast du schon Leute losgeschickt?“ „Noch nicht.“ „Oh. Aber du wirst noch welche losschicken?“ „Das kommt darauf an.“ „Auf was?“ „Darauf, ob ich mit meiner Zeit vielleicht etwas Besseres anzufangen weiß.“ „Hast du schon eine Idee, was das sein könnte?“ Seine Augen funkeln. Er hat seine Beute erlegt. „Ich bin sicher, dir und mir wird etwas einfallen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)