Armageddon von UrrSharrador (Auch die Hoffnung stirbt irgendwann ... [Trailer online]) ================================================================================ Kapitel 10: Ein Bett aus Gras ----------------------------- Yay, frisch aus dem Urlaub zurück mit einer neuen Rekordlänge^^ Bevor ich euch auf das Kapitel loslasse, ein kurzer Autorenkommentar: Ich muss gestehen, dass ich mit Sasukes Charakter immer schon meine lieben Probleme hatte - liegt vielleicht daran, dass er eben der typische Rächer ist, in dessen Kopf kaum etwas anderes Platz hat. Nichtsdestotrotz entwickelt sich sein Charakter über den Anime/Manga hinweg klar weiter. Der Sasuke in meiner FF ist (noch) ein anderer als der aktuelle im Anime/Manga, da sie vor seiner Konfrontation mit Itachi spielt, wo er noch kein solcher "Bösewicht" ist, der Konoha hasst und seine "Freunde" opfern würde. Ich kann mich erinnern, dass er zB Suigetsu zu der Zeit daran hindern wollte, unnötig zu töten. Zu diesem Zeitpunkt war er sogar mir sympathisch^^ Ich will damit natürlich nicht klare OoCs aus den vergangenen Kapiteln rechtfertigen, die plane ich noch zu überarbeiten, aber ich hielt es für wichtig, nochmal explizit darauf hinzuweisen, auch da ich den Manga nicht lese und nicht weiß, was für Schandtaten er noch alle begehen wird ;) Schwieriger verhält es sich mit Itachi. Als ich die FF geplant und begonnen habe, wusste ich natürlich schon, dass er nicht wirklich ein Bösewicht ist, aber erst letzte Woche mit der letzten Naruto-Folge habe ich erkannt, wie freundlich er tatsächlich ist (auch anderen als seinem Bruder gegenüber)^^ Das bringt mich ein bisschen in einen Zwiespalt, aber ich habe meine Request-Vorgaben so weit erfüllt und für den Rest fällt mir schon noch was ein ;) Genug palavert, viel Spaß :) ========================================== Der eine der Jashin-Anhänger hustete. „Nochmal mach ich das nicht mit!“, fluchte er. Der Ninja mit dem einzelnen Byakugan zuckte mit den Schultern. „Es ging nicht anders. Tragen hätte ich euch schwer können, und die zwei wären mir durch die Lappen gegangen.“ Sakura dachte fieberhaft nach. Kannte sie dieses Gesicht? Blondes, schulterlanges, fettiges Haar, unrasierte Backen, ein blaues Auge, ein weißes. Er war definitiv niemand aus dem Hyuuga-Clan. Die Jashinisten sahen furchtbar aus. Sie trugen nur Stiefel und die gleichen Bergarbeiterhosen wie Sakura, und ihre Oberkörper und Gesichter waren zu schattierten Skelettknochen geschminkt worden. Einer der beiden hatte eine lange Narbe über dem Bauchnabel. Sakura dachte an die grausigen Rituale, die sie in der Mine durchführten, und beschloss schaudernd, gar nicht wissen zu wollen, was ihre Ursache war. „Tatsächlich! Das ist sie!“, rief der Vernarbte aus und deutete mit ausgestrecktem, schwarz bemaltem Finger auf Sakura. Seine Nägel waren hellgrau lackiert. „Euer entflohenes Opfer?“, fragte der Ninja spöttisch. „Jashin will sie nicht“, murmelte der andere. „Aber Fukita hat einen Preis auf ihren Kopf ausgesetzt.“ Sakura schluckte. Und das ausgerechnet jetzt, zu dieser Zeit … ohne Chakra waren sie verwundbar und das Kristallgebräu hatte seine Wirkung verloren. Ein Schweißtropfen lief von ihrer Schläfe, dabei war ihr eigentlich kalt. Ihr Blick flackerte zu Sasuke. Er wirkte äußerlich ruhig, überlegte sich bereits einen Plan. Aber es war nicht nur die Überzahl ihrer Feinde und die Tatsache, dass sie einem anderen Shinobi gegenüberstanden, die ihr Sorgen machten. Hier standen zwei Männer, die Itachi kannten. Wenn auch nur einer von ihnen den Namen ihres Hohepriesters fallen ließ oder Sasukes Ähnlichkeit zu ihm feststellte … „Dann ist das der Kerl, der ihr geholfen hat“, sagte der zweite Jashinist. Er war schon ziemlich alt, das sah man, obwohl er seine Falten überschminkt hatte. Sein Haar war spärlich und ergraut. „Seinen Kopf will Fukita auch.“ „Erst, wenn ich mit ihm fertig bin.“ Der Shinobi verschränkte die Arme und warf seine ungepflegte Haarmähne zurück. „Was? Was soll das auf einmal?“ Narbenbauch sah ihn mit zornblitzenden Augen an. „Wir hatten eine Abmachung. Wir haben dir die Kristalle nicht gegeben, damit du uns dann in den Rücken fällst.“ „Davon ist gar keine Rede.“ Der Shinobi schob das Kinn vor. „Du bist Sasuke Uchiha, oder? Es gibt kaum einen Ninja in Konoha, der dein Gesicht nicht erkennen würde.“ Sakura sah ihn überrascht an. Also stammte er tatsächlich aus Konoha. Vielleicht hatte sie ihn wirklich schon einmal gesehen … bis auf sein Stirnband und die blauen Sandalen ließ nichts an seiner Kleidung darauf schließen, dass er ein Ninja war; er trug eine Art Robe, die aus dutzenden Kleiderfetzen zusammengenäht worden zu sein schien, und schlabbrige graue Hosen. Aber konnte es sein, dass er sie nicht erkannte? Sakura beantwortete sich die Frage selbst. Während Sasuke die Berühmtheit eines Verräters anhaftete, die ihn einfach in jeder Situation herausstechen ließ, war sie nicht gerade ein bunter Hund in Konoha gewesen. Sicherlich gab es wenige reguläre Ninjas, die sie nicht schon einmal gesehen hatten, aber wahrscheinlich war ihr Gesicht wieder einmal so schmutzig und ihre Haare so zerzaust, dass sie sich selbst nicht mehr ähnlich sah. Aber vielleicht konnte es sie ja retten, wenn sie es ihm erzählte. „Hör mal“, sagte sie, geflissentlich die Jashinisten ignorierend, „wir wollen keinen Streit. Ich bin auch aus Konoha. Mein Name ist Sakura Haruno.“ Gleichzeitig wurde ihr klar, wie heuchlerisch ihre Worte klingen mussten – immerhin war sie mit einem Nuke-nin unterwegs. Der Ninja kniff die Augen zusammen. „Haruno? Hm, kann sein, dass die dort tatsächlich so eine Göre hatten. Aber weißt du was? Konoha gibt es nicht mehr. Jetzt gilt es, jeder für sich. Es ist mir also herzlich egal, wer oder was du früher warst. Jetzt hast du mir ein wenig Chakra eingebracht, das ist alles, was zählt, und es wird noch mehr, wenn du erst tot bist. Nichts Persönliches.“ „Dann wirst du wenig Freude daran haben“, sagte Sasuke überheblich. Er hatte bereits seine Schwertkämpferpose eingenommen, seitlicher Stand, um wenig Angriffsfläche zu bieten. „Die Kristalle verlieren nach einiger Zeit ihre Wirkung. Andernfalls wärst du bereits tot.“ Demonstrativ deutete er zu den Fässern, deren Inhalt wirklich wieder verdächtig gelb war. „Ha!“, rief der Grauhaarige. „Ihr erdreistet euch, unser Eigentum zu stehlen, ohne zu wissen, dass der Kristallstaub sich nach einiger Zeit absetzt? Wenn man die Flüssigkeit mehr als drei Tage stehen lässt, muss man sie wieder zum Kochen bringen, damit der Staub sich wieder damit vermischt!“ Sasuke warf ihr einen Blick zu, der verärgert wirkte. Sakura biss sich auf die Lippen. „Das … wusste ich nicht“, gab sie kleinlaut zu. „Nachdem das geklärt ist, töte sie schnell, Hideyoshi“, sagte der Kerl mit der Narbe. „Sie sind gefährlich und allein ihre Existenz ist eine Beleidigung für Jashin!“ „Sachte“, sagte der Ninja, den er Hideyoshi genannt hatte. Auch der Name sagte Sakura nichts, aber das musste nichts heißen; wie die drei Ninjas bemerkt hatten, die sie auf ihrem Weg nach Norden gesehen hatten, konnte jedermann einen Namen annehmen, der ihm gefiel. „Von mir aus köpfe ich das Mädchen gleich. Aber den hier bringen wir zuerst nach Neuanfang zu einem Medic-nin, der mir sein Auge einpflanzen kann.“ Er grinste, als er Sakuras entsetzten Blick sah. „Was denn? Mit einem Sharingan und einem Byakugan wäre ich unschlagbar. Oder glaubst du, das da ist mir natürlich gewachsen?“ Er deutete auf sein rechtes Auge, das kalt und leer vor sich hin starrte. „Aber keine Sorge. Ich hab dem Hyuuga-Mädchen einen schnellen, angenehmen Tod bereitet. Nachdem ich ihr Auge hatte, natürlich.“ Sein Grinsen nahm eine teuflische Note an. „Leider hatten wir für die Operation kein Betäubungsmittel für sie.“ Sakura ballte die Fäuste. „Vergiss, was ich vorhin gesagt habe, Sasuke“, murmelte sie, vor Zorn bebend. „Den Kerl reiß ich auch ohne Chakra in Stücke.“ „Oho, so kämpferisch“, spottete Hideyoshi – und schnell wie ein Schatten sauste er zwischen ihnen hindurch hinter Sakura, setzte zu einem Faustschlag an. Sasuke reagierte als erster, wirbelte herum und stieß von schräg hinten mit seinem Schwert nach ihm, doch Hideyoshis Byakugan ließ ihn den Angriff kommen sehen. Ohne sich umzudrehen, drückte er Sasukes Klinge mit der flachen Hand zur Seite und schlug mit der anderen zu. Die Seite seines Unterarms knallte hart gegen Sakuras hochgerissene Arme, doch obwohl sie sich schützte, wurde sie von der mit Chakra verstärkten Wucht fortgeschleudert. Wie ein verästelter Blitz zuckte der Schmerz durch ihre Knochen, sie landete auf dem Rücken und rutschte über den Waldboden, dass ihre Zähne klapperten. Sie sah Sasuke zweimal mit Links auf den Ninja einprügeln, der ebenfalls mit Fäusten abwehrte, ehe das Schwert wieder auf ihn herabsauste. Mit einem kraftvollen Sprung beförderte sich Hideyoshi gute zehn Meter hoch auf einen dicken Ast. Sakura fluchte innerlich. Das ist Wahnsinn! Wie sollten sie das schaffen? Sie wünschte sich, auch so viel Chakra zu haben. Mit ihrem kläglichen Rest war sie nicht viel besser als ein gewöhnlicher Mensch. „Dann wollen wir mal“, verkündete Hideyoshi, zog eine Handvoll Shuriken aus seiner Gürteltasche und schleuderte sie auf Sasuke, der ohne Schwierigkeiten auswich. Da formte Hideyoshi Fingerzeichen und hielt das letzte Siegel. „Ninpou: Kamikaze Shuriken!“ „Sasuke!“, rief Sakura warnend, doch Sasuke hatte es auch bemerkt. Die fünf Shuriken kamen zurück, hatten eine Kurve beschrieben und rasten nun wieder von verschiedenen Seiten heran, wie kleine, tödliche Kreissägen. Sasuke suchte festen Stand und schlug sie mit konzentrierter Miene weg, einen nach dem anderen, Schwert gegen Wurfsterne, Stahl gegen Eisen, Funken sprühend. Kamen zwei gleichzeitig, wich er einem davon gekonnt aus. Doch die Shuriken weigerten sich tot zu sein, wie verletzte Raubtiere griffen sie wieder und wieder an, versuchten sich in seine Haut zu beißen, ihre Bestimmung zu erfüllen, und das Klirren erfüllte die Luft. Hideyoshi stieß einen abfälligen Laut aus, als er merkte, dass seine Bemühungen nicht fruchteten. In der Hocke drehte er sich herum, die Finger immer noch gefaltet, und Sakura beschlich eine grauenvolle Ahnung, als sie in seine Augen sah. Blutdurstig surrend sausten die Shuriken auf sie zu, fünf tödliche Scheiben, zu schnell um sie in ihrer Ganzheit zu erfassen. Sakura musste sich zwingen, nicht die Augen zusammenzukneifen. Ninjas verschlossen nicht die Augen vor der Gefahr, das hatte Tsunade sie gelehrt. Aber ohne Chakra – war sie da überhaupt noch ein Ninja? „Warte!“ Sasukes Stimme war kalt und schneidend, befehlend, keineswegs verzweifelt oder bittend, sondern – überheblich. Die Shuriken hielten fünf Zentimeter vor Sakuras Gesicht an, verloren ihr Drehmoment, schwebten wie an unsichtbaren Schnüren in einer Linie vor ihr. Zwischen den blitzenden Zacken sah sie, wie Hideyoshi sich auf seinem Ast abermals herumdrehte. Sasuke stand genau auf der gegenüberliegenden Seite des Baumes. „Wie viel sind dir meine Augen wert?“, fragte er. Sakura schnappte nach Luft. Er hatte die Klinge seines Schwertes genau vor sein rechtes Auge gesetzt, mit dem er Hideyoshi entschlossen anfunkelte. Der Ninja schien überrascht und ein wenig belustigt. „Du würdest dir selbst dein Auge ausstechen? Du bist wirklich Sasuke Uchiha, der kompromisslose Nuke-nin, was?“ „Wie die Dinge stehen, leben wir ohnehin nicht mehr lange“, erklärte Sasuke sachlich, doch Sakura sah ihm an, wie schwer ihm solche Worte fielen. „Wenn du meine Augen willst, lässt du Sakura gehen.“ Sie starrte ihn ungläubig an. Er tat das für sie? Sicherlich, die Dinge zwischen ihnen hatten sich verändert, aber trotzdem … Sasuke und Aufgeben? Er musste bluffen, auf ihren Einsatz warten. Sie schluckte und sah sich nach einer Waffe um. Sie musste ihm helfen! Hideyoshi wandte ihr den Rücken zu. Sakura stutzte. Warum war Sasuke überhaupt dorthin gelaufen? Er stand doch vorhin weiter rechts … Hideyoshi zögerte. „Hideyoshi-san!“, rief der Jashin-Jünger mit der Narbe. „Wir hatten eine Vereinbarung, vergiss das nicht!“ Sasuke lächelte abfällig. „Was ist dir wichtiger – dein Versprechen an eine Bande verrückter Fanatiker, oder die vielleicht letzten Sharingan, die es gibt?“ „Hm … du bist sehr überzeugend“, sagte Hideyoshi. „Also, dein Vorschlag?“ „Hideyoshi-san!“, schrie der Grauhaarige erbost. „Willst du uns verraten? Damit beleidigst du den großen Jashin!“ „Schnauze, alter Mann!“, blaffte Hideyoshi. Er hob stolz die Nasenspitze und sah Sasuke überheblich an. „Außerdem, jede Beleidigung für Jashin ist eine Wohltat für die Menschheit, oder nicht? Was willst du jetzt, Uchiha-Bastard?“ „Ich lege das Schwert weg und folge dir zu deinem Chirurgen. Mach danach, was du willst, aber Sakura lässt du hier und jetzt gehen.“ Nein, Sasuke konnte es nicht ernst meinen. In dem Moment sah Sakura einen halben Schritt hinter sich einen abgeknickten Ast. Sie war gegen den Strauch geprallt und hatte die Äste abgebrochen. „Na schön, machen wir es so“, willigte Hideyoshi soeben ein. „Hörst du, Mädchen? Ich werde dich verschonen.“ Er drehte sich gerade rechtzeitig um, um zu sehen, wie Sakura den drei Finger dicken Ast durch die Löcher der Shuriken stieß, die immer noch reglos vor ihr schwebten. Wie eine gefährliche Perlenkette waren sie nun aufgefädelt, und Sakura hielt mit einem triumphierenden Grinsen die Enden des Stockes fest. Hideyoshi öffnete den Mund zu einem ungläubigen Laut. „Aber wie … Ich habe das Byakugan! Warum hab ich nicht gesehen, was sie tut?“ „Seltene Fähigkeiten zu sammeln ist schön und gut“, sagte Sasuke lässig. „Aber man sollte auch wissen, wo ihre Schwächen liegen.“ Hideyoshi knurrte und hob die zusammengelegten Finger. Ein Ruck ging durch die Shuriken, die sich wieder zu drehen begannen und ruckelten, doch sie entkamen dem Stock nicht. Dann sausten sie allesamt nach oben. Sakura schrie erschrocken auf, als sie von den Füßen gerissen wurde, doch sie hielt den Stock fest umklammert, der sich unter ihrem Gewicht gefährlich durchbog und ächzte. Sie wurde durch die Luft gezerrt, durchgeschüttelt, Hideyoshi ließ sie gegen Baumstämme und tief hängende Äste prallen. Die Schläge trieben ihr die Luft aus den Lungen und hinterließen schmerzhafte Schrammen und Striemen auf ihrer Haut, zerrissen den Stoff ihrer Kleidung. Ihr Haar verfing sich an einem Astauswuchs, rosa Strähnen wurden ausgerissen. Sakura schrie, doch sie ließ nicht los. Sie würde nicht aufgeben! Die Shuriken sausten nach unten, schleiften sie über den Boden, sie versuchte mitzulaufen, doch ihre Schuhe wirbelten nur Erde auf. Dann sah sie, wie die wilde Fahrt direkt auf Sasuke zuging, der die Arme hob, wie um sie aufzufangen. „Weich aus!“, kreischte sie, doch er rührte sich nicht. Eine Sekunde, bevor sie zusammenprallten, wirbelte er plötzlich herum und schleuderte sein Schwert. Sakura hörte einen Schrei, ein Rascheln, ließ den Stock los, doch sie stieß trotzdem hart gegen Sasuke und riss ihn von den Füßen. Abgestorbene Kiefernnadeln wirbelten auf, als sie über den Waldboden schlitterten. Die Shuriken rasten in alle Richtungen davon. Sie spürte Sasukes Hände, die ihre Schultern festhielten und die Rutschpartie mehr oder weniger stabilisierten. Als sie zum Liegen kamen und Sakura keuchend die Augen aufriss, war sein Gesicht genau unter ihr. Er nickte anerkennend. Hatte er das alles geplant? Er hatte Hideyoshi erwischt, oder? Sakuras Hände krallten sich immer noch in den Stoff seines Hemdes, als sie aufblickte. Auf dem Ast war der feindliche Ninja nicht mehr, er musste heruntergefallen sein. Dafür sah sie, wie die beiden Jashin-Anhänger wutentbrannt auf sie zustürmten, schaurig-scheußlich in ihrer Toten-Bemalung. Hastig rollte sich Sakura von Sasukes Brust und federte in die Höhe. Der Alte war als erster bei ihr. Sie wich seiner Faust aus, packte seinen Arm und schleuderte ihn über ihre Schulter, rammte ihm den Fuß in die Brust, als er unter ihr lag, dass die Rippen böse knirschten. Der jüngere mit der Narbe stieß schauriges Kriegsgeheul aus, rief irgendetwas zu Jashin und schwang einen zackigen Dolch, der für Rituale vorgesehen schien. Aus irgendeinem Grund schien er Sasuke für den einfacheren Gegner zu halten, der sich, ohne Schwert, neben Sakura hochrappelte. Der Dolch schnappte nach ihm, doch Sasuke tauchte unter dem Stich hindurch, wartete, bis der Mann weitergestolpert war, und schnellte hoch. Seine Faust traf ihn gegen das Kinn, ein markdurchdringendes Knacken ertönte, und der Jashinist kippte hintenüber und regte sich nicht mehr. Der Dolch landete scheppernd auf dem Boden. Sasuke klaubte ihn auf und reichte ihn Sakura mit ernstem Blick. Sie verstand, was sie damit machen sollte, als sie Hideyoshis Stimme hörte. „Ich will jetzt wissen, wie zum Teufel ihr das gemacht habt“, knurrte der Ninja. Er schleppte sich zwischen den Büschen hervor und zog dabei eine Blutspur hinter sich her; Sasukes Schwert steckte in seiner linken Schulter, doch er störte sich nicht daran. Das Gesicht verzerrt, die Zähne gebleckt, starrte er Sasuke wütend an. „Das Byakugan hat einen blinden Fleck“, erklärte Sasuke. „Der Nutzer kann nicht sehen, was sich genau hinter seinem Nacken abspielt.“ Er schnaubte abfällig. „Und jemand wie du will das Sharingan meistern?“ Hideyoshi knirschte mit den Zähnen. „Euch mach ich fertig“, drohte er. Sasuke nickte Sakura zu und stürmte los. Sie folgte ihm auf dem Fuß. „Ha!“, rief der Ninja erfreut. „Stürzt ihr euch nicht ein wenig schnell in den Tod?“ Er formte wieder seine Fingerzeichen. Aus allen Winkeln des Waldes kamen seine Shuriken zurück, versammelten sich vor ihm zu einem rotierenden Schwarm und flogen den beiden entgegen. Sasuke legte einen Zahn zu. Sakura sah, wie in seinen Augen kurz die Sharingan aufflackerten. Der letzte Rest seines Chakras. Sie riss die Augen auf. Er wollte doch wohl nicht …? Das Geräusch, mit dem die scharfen Zähne der Wurfsterne in seine Haut bissen, würde sie nie vergessen, nass und fleischig. Erstickt schrie sie seinen Namen, zwang sich doch, weiterzurennen. Da sah sie, dass er die Arme erhoben hatte. Mit seinen Sharingan hatte er die Flugbahn der Shuriken genau analysiert und alle fünf mit seinen Armen allein aufgefangen. Er sprang zur Seite, rannte im rechten Winkel von seinem bisherigen Kurs davon. „Du bist dran!“, keuchte er. Sakura stieß einen lauten Schrei aus, rannte noch schneller und hob den Zeremoniendolch. Sie sah mit seltsamer Klarheit eine Ader an Hideyoshis Schläfe pochen, sah, wie seine Finger sich verkrampften. Leise hörte sie Sasuke ächzten, als sich die Shuriken selbst einen Weg aus seinem Fleisch bohrten, und sie wusste, dass sie nun hinter ihr her waren. Mit einem letzten, kraftvollen Sprung kam sie Hideyoshi so nahe, um ihn wirklich verletzen und nicht nur ankratzen zu können. „Shannaro!“ Sie holte aus und schleuderte das Messer mit aller Kraft und der Präzision einer Kunoichi. Das Surren hinter ihr schwoll an, als die Shuriken immer näher kamen … Hideyoshi riss die Augen auf – und das Zeremonienmesser bohrte sich mit der Klinge voraus genau dazwischen in seinen Schädel. Sakura spürte den Luftzug, als die Wurfsterne knapp neben ihrem Kopf vorbeisausten, ihre Haare flattern ließen, und tot, wie sie sein sollten, wie Marionetten, deren Schnüre man gekappt hatte, irgendwo im Unterholz einschlugen. Dann erst nahm das Wanken von Hideyoshis Körper überhand und er kippte nach hinten. Sakura atmete tief durch. Es war vorbei. Sie hatten einen Ninja ganz ohne Chakra besiegt … Jetzt erst merkte sie, dass sie zitterte. So musste sich wohl ein gewöhnlicher Mensch nach einem Kampf gegen einen Shinobi fühlen … Dann erst fiel es ihr wieder sein. „Sasuke!“ Als sie bei ihm ankam, sah sie entsetzt, wie wild die Shuriken in seiner Haut gewütet hatten. Klaffende, ausgefranste Wunden ließen wahre Blutbäche über seine Arme laufen. „Nichts Ernstes“, murmelte er. „Unsinn! Warte hier!“ Sie lief zu Hideyoshis Leiche. Nun war sie also schon so weit, Tote – von ihr Getötete – zu plündern. Ein Anflug von Trauer und Nichtverstehen streifte ihr Bewusstsein, als sie sich herumdrehte. Es waren nur noch so wenige Menschen am Leben. Und trotzdem töteten sie einander weiterhin. An seinem Gürtel fand Sakura neben einem schartig gewordenen, unansehnlichen Kunai auch eine Medi-Tasche. Sie zog die Verschlusslasche nach oben und musterte den Inhalt. Hideyoshi trug einige praktische Sachen mit sich herum. Sie fand ein paar Päckchen Verbandsmull, eines bereits angerissen, Soldatenpillen und Schmerzmittel; allerlei Medikamente, die im Feld für rasche Linderung sorgten, aber ziemlich gesundheitsschädlich waren. Aber in dieser kalten Welt, wo jeder, den sie trafen, augenscheinlich ihr Feind war und sie vielleicht den nächsten Tag nicht erleben würden, war das wohl ein geringes Opfer. Zumindest musste Hideyoshi das gedacht haben. Fachmännisch verband Sakura Sasukes Wunden. Die Tasche nahm sie mit, außerdem die drei kleinen Chakrakristalle, die die Jashinisten bei sich trugen, wahrscheinlich als Bezahlung für Hideyoshis Dienste. Sie schienen beide tot zu sein, zumindest konnte Sakura keinen Puls fühlen. Um den Leichen nicht beim Verwesen zusehen zu müssen, entfernten sie sich ein wenig von diesem blutigen Ort. An einer Stelle, die von besonders dichtem Blattwerk geschützt war, entfachten sie ein Feuer und kochten die Chakraflüssigkeit erneut, tranken so viel davon, wie ihre Körper speichern konnten. Dann löste Sakura Sasukes Verbände, und obwohl er einwarf, dass sie besser Chakra sparen sollte, wandte sie ihre Medic-Jutsus an um die Wunden zu heilen, bis sie sich erschöpft fühlte. Schließlich riss er ihr grob seine Arme aus den Händen und befahl ihr, es jetzt gut sein zu lassen. Die Verletzungen waren noch zu sehen, aber man musste sie nicht mehr nähen; es waren nun nur noch teils verschorfte, teils noch blutige Schrammen. Zu ihrer Freude fand Sakura Heilkräuter in diesem Teil des Waldes, die sie kannte. Sie legte sie auf seine Wunden und verband das Ganze erneut. „Es brennt ein wenig“, murmelte Sasuke. „Es muss ein wenig brennen“, sagte sie. „Die Blätter desinfizieren.“ „Verstehe.“ Doch als Sakura die Kräuter auf ihre eigenen, kleinen Schrammen legte, zuckte ein bestialischer, heißer Schmerz über ihre Haut und sie riss sie von sich. Rund um die Wunden hatte sich die Haut blitzschnell gerötet, als wäre sie allergisch. Resigniert seufzend öffnete sie Sasukes Verbände ein weiteres Mal und nahm schnell die Blätter fort. Auch seine Haut darunter war krebsrot. Der Chakrasturm hatte offensichtlich sogar die Wirkung der Heilpflanzen verändert. „Wenn es so dermaßen weh tut, sag das doch“, murmelte sie anklagend. „Spiel mir nicht vor, dass das nur ein wenig war.“ Sasuke zuckte nur mit den Schultern. Es wurde Abend, als sie die Wälder verließen. Ein Feld mit fast schulterhohem Gras erstreckte sich vor ihnen, saftig und grün. Neuanfang war nicht mehr weit – das sagte zumindest das Schild, das vor dem Feld aufgestellt worden war. Sakura erkannte es als eine Art Werbeschild einer Kneipe oder eines Bordells, über das jemand mit schwarzer Farbe in großen, unförmigen Schriftzeichen Arata na Hajimari – 4 Stunden geschrieben hatte. Ein Pfeil wies direkt auf das Feld, obwohl es keinen sichtbaren Weg gab. Den Siedlern in der neu gebauten Stadt schien daran gelegen zu sein, Reisende auf ihr neues Heim aufmerksam zu machen – oder vielleicht versuchten sie, die Verbindungen zwischen den Menschen in der zerstörten Welt wieder aufzubauen. „In vier Stunden ist es stockdunkel“, sagte Sasuke und sah in den Himmel. Schräg links von ihnen ging die Sonne als rot glühender Ball unter. Der Nebel über der Welt war scheinbar verschwunden; direkt in die Sonne zu sehen tat wieder in den Augen weh, so wie es sein sollte. Der Himmel war goldrot gefärbt, durchzogen von den purpurnen Linien der Wolken. „Wir sollten bei Tag in die Stadt gehen“, meinte Sakura. „Da sehen wir mehr. Wir wissen nicht, was uns erwartet, und vielleicht haben sie die Tore bei Nacht ja sogar geschlossen.“ Sasuke nickte apathisch. So schickten sie sich an, die letzte Nacht unter freiem Himmel zu verbringen, obwohl Sakura gehofft hatte, endlich wieder in einem richtigen Bett schlafen zu können. Sie gingen ein paar hunderte Meter in das Grasfeld hinein. Sasuke schnitt einige der Halme ab, um ihnen einerseits eine kreisrunde Fläche zum Schlafen, andererseits eine weiche Unterlage zu beschaffen. Sie schichteten die Halme auf, bis der Boden nicht mehr zu spüren war, eine Matte aus nach Sommer duftendem Gras. Die Fässer mit der Kristallflüssigkeit versteckten sie ein wenig abseits zwischen den stehenden Grashalmen, dann legten sie sich nebeneinander hin. Wie immer in den letzten Tagen legte Sasuke die Arme um sie, verschränkte seine Finger in ihre. Sie spürte seinen Atem im Nacken und es hatte etwas Beruhigendes. Ein wenig drehte sie sich, um die Sterne am Himmel zu beobachten, doch noch waren sie nicht zu sehen; ein leichter roter Schimmer kündete das Ende der Dämmerung an. Der nicht ganz volle Mond schwebte schon blass über ihnen, ein ewiger, stummer Zeuge, der den Aufstieg und das Ende der Zivilisation mitangesehen hatte und auch noch da sein würde, wenn sie vielleicht eines Tages nur noch Staub war. Sakura seufzte. Es war so still … kein Laut durchbrach die Ruhe; rund um sie herum ragte ein Wall aus grünem Gras auf, so hoch und dicht, dass sie sich wohl eingesperrt fühlen sollte, aber sie empfand es als beruhigend. Sie war allein mit Sasuke in diesem Teil der Welt, abgeschnitten von allem, was ihnen Leid zufügen konnte. Könnte sie sich doch nur ebenso von ihrer Vergangenheit lossagen … „Ich stelle dir jetzt eine Frage“, murmelte Sasuke in ihr Ohr. „Und ich will, dass du sie ehrlich beantwortest.“ Sie nickte. Wollte er sie nach Itachi fragen? Vielleicht sollte sie es ihm endlich sagen. Nein – sie entschied sich, es zu tun. Sie war es ihm mehr als schuldig. Aber würde das ihre neu gewonnene Beziehung beenden? „Wir wissen nicht, was uns in Neuanfang erwartet“, sagte er, seine Stimme nur ein tonloses Hauchen, mehr spürbar als wirklich hörbar. „Aber es wird dort sicher alles anders.“ „Ja.“ Sie fragte sich, ob es ihm vielleicht unangenehm wäre, an der Seite von anderen Menschen zu leben. Jahrelang hatte er in Abgeschiedenheit sein Dasein gefristet, nur an der Seite derjenigen, von denen er gehofft hatte, dass sie ihn stärker machten. Sein Griff wurde stärker, er klammerte sich regelrecht an sie, als fürchtete er, sie würde ihm entrissen werden. „Ich habe einen Entschluss gefasst. Und eine Idee. Aber ich will es nur mit deinem Einverständnis tun.“ Sie hatte eine vage Ahnung, was er meinte. Das Thema hatte sich auch für sie nicht erledigt. Erwartungsvoll schwieg sie, drückte seine Hände, wollte ihm Mut machen, weiterzusprechen. „Wir sind vielleicht nie wieder so ungestört wie jetzt. Es wird anders werden, und wir wissen nicht, inwieweit. Daher würde ich es gerne jetzt tun, ehe das endet, was noch gar nicht angefangen hat.“ Er stockte kurz. Sie spürte, dass ihm das Thema unangenehm war. Dennoch schwieg sie. Ohne ihre Gedanken ordnen zu können, konnte sie auch nichts erwidern. „Sakura … Ich habe mich für etwas entschieden. Ich habe mich dafür entschieden, dich zu … zu lieben. Ich weiß nicht, ob ich dazu fähig bin, aber ich will es versuchen.“ „Sasuke …“, murmelte sie. „Bevor uns jemand versucht, auseinanderzureißen – ob es jetzt diese Jashin-Sekte, ein Ninja oder die Typen in Neuanfang sind –, will ich unsere Bande festknüpfen.“ Er schnaubte, belustigt und doch irgendwie traurig. „Bande. Ich höre mich an wie Naruto. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob es sowas überhaupt gibt.“ „Es gibt sie“, sagte Sakura tonlos. „Du hättest Naruto im Tal des Endes töten können, aber du hast es nicht getan.“ „Es war nicht wegen ihm. Ich wollte nur nicht …“ „Warte“, unterbrach ihn Sakura rasch. Sie löste sich aus seiner Umarmung, drehte sich herum um ihm in die Augen zu sehen. Sie sah sich darin spiegeln, ihre eigenen, smaragdgrünen Augen, heller als das Grasmeer. Fragend zog er eine Augenbraue hoch. Sie lächelte. „Sag nicht, was du gerade sagen wolltest. Du hast ein Talent dafür, schöne Erwartungen mit deinen Worten zu zerstören. Sag mir stattdessen, was du auf dem Herzen hast. Bitte“, fügte sie kaum hörbar hinzu. Er wich ihrem Blick aus. Es musste tatsächlich wichtig sein, sonst war er ein Meister des ausdruckslosen Anstarrens. „Ob man es jetzt Bande nennen kann oder nicht, ich will sicherstellen, dass wir zueinander gehören. Dass du mir gehörst.“ Und ich dir. Das sagte er nicht, sprach es nicht aus. War er zu stolz dazu? Er bewegte seinen Mund kaum, so war er nur schwer zu verstehen, aber sie konnte sich einreden, er hätte es gesagt, und sie hätte ihn nur nicht gehört. So saugte sie jedes Wort in sich auf, ließ zu, dass diese seltenen Worte sich in ihr Herz gruben und es aufwärmten wie Kohlen im Kamin einen erkalteten Raum im Winter. „Ich will es dir beweisen, und es von dir bewiesen bekommen. Ich mag keine halben Sachen. Ich will, dass wir es festlegen, auf jede erdenkliche Art.“ „Mit Haut und Haaren und Herz und Seele “, murmelte Sakura. „Du willst, dass wir uns einander komplett … hingeben. Du willst, dass wir eins werden.“ Sie war nicht überrascht. Auch nicht enttäuscht oder erschrocken. Es war ein unbeholfener Versuch, ihre gegenseitige Liebe sicherzustellen, und er war zumindest von ihrer Seite her nicht notwendig, aber Sasuke war niemand, der Erfahrungen mit den Herzen anderer hatte – auch nicht mit seinem eigenen. Für ihn zählten Taten, nicht Worte. Was er gesagt hatte, allein die Tatsache, dass er es gesagt hatte, war mehr, als sie sich je von ihm erhofft hatte. Dennoch senkte sie traurig den Blick. „Es ist erst vier Tage her“, sagte sie. „Das ist noch keine Ewigkeit.“ „Ich weiß, du bist nicht dafür bereit“, sagte er ruhig. „Aber es liegt nicht an mir, oder?“ Allein die Frage tat ihr im Herzen weh. Stumm schüttelte sie den Kopf, ein Knoten bildete sich in ihrem Hals. „Es liegt an dem, was dir angetan wurde“, sagte er, sachlich, und doch verstärkte es den Schmerz nur noch, da ihr Unterbewusstsein die Erinnerung heraufbeschwören wollte, sie im kühlen See ihrer Seele wie Luftblasen aufsteigen ließ, näher und näher zur Oberfläche, um sie einmal mehr zu zerstören. „Darum will ich deine ehrliche Antwort. Ich will dein Einverständnis, dass ich dich von den Erinnerungen befreie.“ Ihre Augen wurden groß. „Das kannst du?“ Die gleiche Macht, die die Erinnerung hatte hochholen wollen, klammerte sich jetzt an eine Hoffnung, die niemals wahr werden würde. Diese Macht war ihr Feind, das wusste sie. Wie zur Antwort glühten seine Augen auf, Kohlen in der Finsternis. „Ich habe mir seitdem Gedanken darüber gemacht. Ich kann dich unter ein Genjutsu setzen, das sich nur auf deine Erinnerungen auswirkt, das dich kurze Zeit vergessen lässt, was damals passiert ist. Mein Sharingan sollte mächtig genug dafür sein.“ „Was ist mit deinem Chakra?“ Er lächelte nicht, sondern sah einfach nur … entschlossen aus. „Das Jutsu wird nicht wenig davon brauchen. Aber ich bin bereit, es herzugeben. Für … Für uns.“ Sakura schluckte. Es war nicht so, dass er sie nur dazu bringen wollte, mit ihm zu schlafen, das wusste sie mit ziemlicher Sicherheit. Sie kannte keinen anderen Mann, der seine Gefühle so perfekt unter Kontrolle hatte, und auch sein Verlangen; eine Zeitlang hatte sie ihm sogar zugetraut, er wäre komplett über solche irdischen Gelüste erhaben, auch wenn das nicht stimmen konnte. Und auch sie selbst hatte sich bitter damit abgefunden, ihn nie auf diese Weise zu spüren. Aber es war ihr trotzdem immer unangenehm gewesen; es war das letzte Stück des Puzzles, das sie verband, zumindest fand sie das. Da wurde es ihr klar. Er wollte keinen Beweis für ihre Liebe. Er wusste, wie sehr sie der Umstand belastete, dass sie ihm körperlich nicht näher kommen konnte, das war während ihrer wenig rühmlichen Eskapade mit dem Alkohol deutlich hervorgesickert. Er wollte es für sie tun. Er bot ihr eine Option. Konnte das nicht einfach die Wahrheit sein? Zittrig atmete sie ein. „Wie funktioniert es? Ich möchte dabei nicht benebelt sein …“, sagte sie zaghaft. Es war eine Ironie. Bei Itachi hatte sie sich gewünscht, alles wäre nur ein Genjutsu gewesen, und nun musste sie auf Genjutsus ausweichen, um es mit Sasuke zu tun. „Und ich will auch ich selbst bleiben.“ Er nickte. „Ich werde nichts an deinem Bewusstsein verändern. Ich werde es nur auf die Gegenwart richten, damit es die Vergangenheit nicht ankratzt. Was meinst du? Ich biete dir die Möglichkeit, aber du musst entscheiden.“ Sie wich seinem Blick aus, hin und her gerissen. „Danke“, murmelte sie. „Es muss hart für dich sein.“ „Ich habe die Sharingan besser unter Kontrolle als früher“, sagte er. „Das meine ich nicht. Es muss hart sein, wenn ich … wenn du mich mit einem Genjutsu belegen musst, damit wir … Es muss gegen deinen Stolz gehen, wenn das Mädchen, das behauptet, dich zu lieben, sich vor dir fürchtet.“ „Keineswegs“, sagte er ernst. „Ich kann mir nicht vorstellen, was du durchgemacht hast, aber ich weiß, dass das alles nur deswegen ist.“ Sakura ließ sich lange Zeit, sah die Sonne endgültig versinken, hörte, wie das Zirpen der Grillen begann, die, warum auch immer, von der Katastrophe verschont geblieben waren, spürte, wie sich Tau auf das Gras setzte und der Geruch nach Sommer frisch und sanft wurde, sah zu, wie die Halme sich im Wind bewegten, sachte und leise. Dann sah sie Sasuke fest in die Augen. „Wenn es nur mit einem Genjutsu geht, ist das auch okay. Und ich wünsche es mir.“ Keine Erleichterung, keine Freude in seinen Augen, sondern nur ein ernstes Nicken. Er tat es nur für sie. Und er hätte ewig gewartet, in diesem Augenblick war sie sich da ganz sicher. Die kühle Nachtluft verwandelte sich in flimmerndes Feuer. Seine roten Augen schienen größer zu werden, verschlangen ihr Sichtfeld – oder vielleicht ertrank sie nur gerade in ihnen. Sie saugten etwas aus ihr, stahlen von ihr, was sie nicht wollte, wirbelten den See ihrer Erinnerungen auf und ließen die Seele darin Wellen schlagen. Ein Blitz durchbrach die schillernde Oberfläche, bohrte sich verästelt immer tiefer und traf dort auf die Erinnerung, die Nacht mit Itachi, die tief unter der Wasseroberfläche brütete, wartend und darauf lauernd, sie anfallen zu können. Sakura hoffte in dem Moment nur, dass Sasuke nicht sah, was sein Sharingan bekämpfte, dass er Itachi nicht sah, doch sein Blick änderte sich nicht, es war alles in Ordnung. Doch die Erinnerung war zäh, wollte nicht weichen. Fest umklammerte sie ihre Seele, als erkannte sie, dass ihre Zeit gekommen war, dass sie wenigstens für ein paar Minuten würde schlafen müssen, krallte ihre kalten Finger in Sakuras Innerstes, ließ nicht los. Auf Sasukes Gesicht perlte Schweiß, doch er gab nicht auf, obwohl Sakura spürte, wie das Chakra aus seinem Körper floss, in ihr Bewusstsein eindrang, gegen den unsichtbaren Feind darin kämpfte, den Feind, der sie selbst war. Itachi schien sie nicht hergeben zu wollen. Ab heute gehört sie mir, hörte sie seine Stimme. Nein – sie würde Sasuke helfen, diese Stimme zu vertreiben! Auch wenn er ihr unwiderruflich ihr erstes Mal geraubt hatte, auch wenn er sich anmaßte, sie zu besitzen, und auch wenn ihr Unterbewusstsein sich gegen jeden weiteren Kontakt mit dem Menschen, den sie liebte, sträubte, sie würde ihm wenigstens ein paar Minuten abringen, nur ein paar Minuten … Dann schien etwas in ihrem Bewusstsein knackend zu platzen, eine der Blasen, die die Erinnerungen so gern und unermüdlich nach oben brachten, und noch eine und noch eine … und das Bild von Itachi, die Rabenflügel, das Stroh, die wilden Augen, das alles versank tief in ihrem Inneren, so weit, bis es nicht mehr zu erkennen war. Sakura schlug die Augen auf. Sasukes Iriden waren wieder normal. „Hast du noch Angst?“, fragte er. Sie lagen eng nebeneinander, sich gegenseitig umschlungen, ihre nackten Körper aneinander gepresst. Sie spürte seine Hand in ihrem Nacken, von ihrem Haar umflossen, spürte, wie ihre Brüste gegen seinen breiten Brustkorb drückten. Seine Augen finster, verschmolzen mit der Nacht, und er atmete schwer. Das Jutsu war anstrengender gewesen, als er zugeben hatte wollen. Schweißspuren glänzten wie silberne Linien im Mondlicht auf seiner Haut. Sie schüttelte lächelnd den Kopf. „Nein“, hauchte sie. „Jetzt nicht mehr.“ Sie küsste ihn zärtlich auf den Mund und umarmte ihn noch inniger, winkelte das Bein ab, ihr Oberschenkel glitt an seiner Hüfte entlang. Sie spürte, wie seine Männlichkeit ihre intimste Stelle berührte, doch diesmal zuckte sie nicht zurück. Während ihre Zungen einander stumm umtanzten, wartete sie auf die Macht der Erinnerungen, auf diesen brutalen, sadistischen Hammer ihres Unterbewusstseins, der jeden Funken Glück am liebsten in tausend Scherben gesprengt hätte. Doch da war nichts. Sie hatte es nicht etwa vergessen, aber die Erinnerung hatte keine Macht mehr über sie. Sie wusste nicht, wie lange diese Barriere anhielt, aber sie würde es genießen, solange es ging. Sie löste sich aus dem Kuss, lehnte ihre Stirn gegen seine und sah ihn mit tiefer Dankbarkeit in den Augen an. Minuten vergingen, in denen sie so verharrten, und Sakura konzentrierte sich voll und ganz auf das angenehm warme Gefühl, das durch ihren Körper pulsierte. In seinen Augen las sie eine stumme Frage und antwortete ebenso mit einem Blick, und er nickte. Langsam und sanft glitt er in sie, und die Wärme nahm zu und wurde zur Hitze, überrollte sie wie ein Sandsturm, prickelnd und glühend auf ihrer Haut, und sie musste die Augen schließen. Süße, kleine Seufzer aus ihrem Mund erfüllten die Nacht, begleiteten seinen Rhythmus. Er hatte die Hände an ihre Hüften gelegt, und ihre Finger umschlossen seine Unterarme, fühlten die rauen Verbände. Obwohl die Nacht kühl geworden war, glitzerten überall auf Sakuras heller Haut Schweißtröpfchen. Sasuke begann, die salzigen Perlen von ihrem Körper fortzuküssen, seine Lippen strichen über ihre Stirn, ihre Wangen, ihre Mundwinkel und Lippen, saugten sich an ihrem Hals fest und ließen sie aufseufzen. „Sasuke …“, hauchte sie kraftlos. Er drehte sich, zog sie mit sich, sodass sie auf ihm saß, spannte seine Bauchmuskeln an, um ihre Schultern mit seinen Küssen zu bedecken, ihre Schlüsselbeine, den Brustansatz, ihre Knospen. Seine Arme hinter ihrem Rücken geschlossen, vergrub er sein Gesicht zwischen ihren Brüsten. Sein strähnig gewordenes Haar kitzelte über ihre Haut und sie konnte nicht anders als aufgekratzt zu kichern. Ihr Atem wurde zittrig von ihrer beider schneller werdenden Bewegungen. Die Hitze in ihr schwoll bis zur Grenze des Erträglichen an, in ihrem Bauch schien etwas auseinanderzustieben, tausende kleine, glühende Sternchen, kitzelnd und prickelnd, die durch ihre Körper flatterten wie goldene Schmetterlinge. Sie fühlte sich, als würde sie schmelzen; das Gefühl seiner Wärme durchströmte sie wie Meereswellen, ruhig und regelmäßig und doch kraftvoll und reinigend, knisterte von ihrem Unterleib ausgehend in alle Ecken und Enden ihre angespannten Körpers, kitzelte bis in die Finger- und Zehenspitzen, setzte ihr Herz in Flammen und wischte ihre Gedanken endgültig weg, ließ eine leere, blanke Tafel zurück, auf der neue Erinnerungen geschrieben werden sollten. Sakura schloss die Augen, atmete tief das Gemisch der Gerüche von Schweiß und feuchtem Gras ein, den Duft einer lauen Sommernacht, mit einem Hauch von Winter, der von den Bergen kam, ein leiser, kühler Luftzug, der über ihre Haut strich und die feinen Härchen in ihrem Nacken aufrichtete. Im Rhythmus ihres Atems, immer wenn sich ihr Brustkorb nach Luft lechzend hob, berührte seine raue Zunge ihre Knospen, umkreiste sie, seine Zähne streiften sie. Ohne ihr Zutun bewegten sich ihre Hüften immer schneller. „Sasuke … Bitte hör nicht auf … Nicht aufhören …“, flehte sie, die Stimme hoch vor Anstrengung und Erregung, obwohl er keine Anstalten machte innezuhalten. Seine Hände umfassten sanft ihr Gesicht, rahmten es ein, und sie sah ihm in die Augen und der Ausdruck in ihnen, dieser warme Funken, den sie noch nie darin gesehen hatte, dieses Zugeständnis an sie, ließ die Flammen in ihr mehr als alles andere höher lodern, brachte etwas in ihr zum Schwingen, zum Vibrieren … Sakura riss den Mund zu einem stummen Schrei auf, ihr Atem stockte, sie bog den Rücken durch und spreizte ihre Zehen; ihre Fingernägel gruben sich hart und tief in die weiche Haut über seinen Schulterblättern, während sie von den feurigen Wellen in ihrem Inneren, die stürmisch und windgepeitscht nach draußen schwappten, geschüttelt wurde, und als ihre Muskeln zuckten, zerbrach auch Sasukes selbst auferlegter Widerstand und er ergoss sich in ihr. Schwer keuchend sank sie auf seiner Brust zusammen, lehnte ihren Kopf in seine Halsbeuge, wartete darauf, dass das Rasen ihres Herzens nachließ. Das war es also. So hätte es sein sollen, von Anfang an, er und sie, sie und er, und sie fand nun eine so tiefe Glückseligkeit in ihrer Seele, wie sie es nicht erwartet hatte, in dieser Seele, die ihr Feind hatte sein wollen. Auch wenn die Wunde darin noch lange nicht geschlossen war, sich vielleicht nie schließen würde – sie hatte es zumindest heute Nacht geschafft, nicht auf sie zu blicken. Als sie später in Sasukes Armen lag und die Sterne beobachtete, sagte sie: „Sasuke, jetzt hab ich eine Frage an dich. Und du musst sie auch ehrlich beantworten.“ „Hm?“ Sie schämte sich fast, es auszusprechen. „Das gerade … war real, oder? Es war nicht dein Genjutsu, das es mich hat glauben lassen.“ Er wirkte nicht gekränkt, eher amüsiert. „Würde es denn einen Unterschied machen?“ Würde es das? Reichte nicht allein das Gefühl? „Ja, allerdings“, sagte sie. Nun hatte sie eine Erinnerung, die sie der anderen entgegenhalten konnte. „Bitte, Sasuke, ich muss die Wahrheit wissen.“ „Hast du so wenig Vertrauen in mich?“, fragte er, doch als er bemerkte, wie entschlossen und ernst sie ihn ansah, zuckte sein Mundwinkel und er meinte: „Keine Sorge, es war real.“ Er strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Da spürte sie, dass nicht nur sie sich nach dieser Erfahrung verändert war. Unter der harten tönernen Ummantelung begann sich ein neuer Sasuke hervorzuarbeiten, offener und zur Liebe fähig. Sakura betrachtete noch eine Weile, wie sich Tautropfen auf den langen Grashalmen bildeten, ehe sie glücklich einschlief. Am nächsten Morgen zogen sie weiter querfeldein, und gegen Mittag kam schließlich Neuanfang in Sicht. Sakura hatte nicht viel erwartet und wurde mit noch weniger belohnt. Die Stadt, sofern man sie überhaupt so nennen konnte, wucherte in einer natürlichen Felsenlandschaft, von hinten durch schroffe Berghänge begrenzt. Dort oben entsprang ein klarer Bach, der spritzend und plätschernd in die Tiefe rauschte und durch die Stadt floss, was wohl der Grund war, dass man Arata na Hajimari hier gebaut hatte. Es schien so, als hätten die Einwohner alle nützlichen Trümmer aus den Dörfern, Städten und Gehöften in der Nähe hierhin zusammengerafft und sich daraus behelfsmäßige Unterkünfte gebaut. Aus der Ferne sah man Hütten mit unsauber zusammengesteckten Wellblechdächern, die auf der einen Seite direkt von einem mannshohen Felsbrocken gestützt wurden und auf den anderen zusammengenagelte Wände aus den verschiedensten Holzplanken besaßen. Viele der Bauten waren zu niedrig, um aufrecht darin zu stehen, aber über den meisten stieg verheißungsvoller Rauch auf und ein würziger Duft lag in der Luft. Die vielen verschiedenen Schrottteile müssten die Stadt eigentlich quietschbunt färben, aber die Farben waren verblasst. Es gab insgesamt vielleicht vier Dutzend Häuser, die meisten davon so klein, dass man wirklich nicht gerade von einem städtischen Flair reden konnte. Aber Neuanfang war bewacht, und das machte vielleicht den Unterschied in dieser kalt gewordenen Welt aus, den Grund, warum sie sich hier zusammengerottet hatten und nicht jeder für sich ein neues Leben begannen. In weitem Bogen erhob sich ein Wall aus zusammengenagelten, teils schiefen, teils wurmstichigen oder von Brandlöchern gezierten Holzplatten, auf deren Spitzen jemand behelfsmäßig einen langen Stacheldraht befestigt hatte. Auf der Rückseite der Mauer gab es ein schmales Trittbrett, sodass man sogar darauf stehen und Wache halten konnte. Ein zweiflügeliges Tor mit rostigen Scharnieren, das wie das Werk eines Hobbyhandwerkers aussah, markierte den Eingang in die Stadt. Davor flatterte eine zerfledderte rotschwarze Fahne im Wind, die wohl keinen anderen Zweck hatte als einfach nur auszudrücken, dass hier etwas war, und über dem Tor stand auf einem großen Schild: Arata na Hajimari. Sakura und Sasuke waren natürlich schon bemerkt worden, als sie näher kamen. Auf der Mauer standen Männer und Frauen, einheitlich in graue Kleidung gehüllt, um so etwas Ähnliches wie Uniformen nachzuahmen, auch wenn das Spektrum von Schmiedeschürzen bis hin zu Festkleidung reichte. Sie waren mit verbogenen Speeren, Bögen und Katanas bewaffnet, einer hatte sogar einen Fuuma-Shuriken auf den Rücken geschnallt, ein anderer schleppte eine riesige Ninja-Schriftrolle mit sich herum. „Stehen bleiben!“, gebot ihnen letzterer, also hielten sie etwa zwanzig Schritte vom Tor entfernt an. Dahinter ertönte Gemurmel, und die dünnen Spanplatten des Tores wurden geöffnet, um ein Empfangskomitee nach draußen zu lassen. „Gratuliere. Ihr habt Neuanfang gefunden“, sagte eine Stimme. Sakura erstarrte, Sasuke spannte sich an. Das war doch nicht möglich, oder? In ihrem Kopf begann sich etwas rasend schnell zu drehen, als ihnen ein Trupp grau gekleideter, schwer bewaffneter Wachen entgegenmarschierte. Angeführt wurden sie von niemand geringerem als Kakashi. Er blieb vor ihnen stehen und hob lässig die Hand. „Yo“, sagte er an Sakura gewandt. „Lange nicht gesehen.“ =============================================== So, ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen, auch die diesmal längere Kampfszene. Sakuras Sicht auf Sasuke ist übrigens mit Absicht so gehalten, dass sie viel interpretiert, aber nüchtern betrachtet nichts gewiss ist; später einmal mehr dazu ;) Übrigens, falls mir wer beim Benachrichtigen entschlüpft sein sollte, es gibt jetzt einen Trailer für diese FF: http://www.youtube.com/watch?v=8IEOYtgm4YQ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)