Armageddon von UrrSharrador (Auch die Hoffnung stirbt irgendwann ... [Trailer online]) ================================================================================ Kapitel 13: Unheilsbote ----------------------- Sakura sah, wie Kakashis Augenbraue kurz zuckte. Er atmete tief aus und ließ sich nach hinten sinken, lehnte sich schwer gegen die Wand. Er sagte nichts. Sie wich seinem Blick aus. „Ich wollte deinen Rat beherzigen, wirklich, das wollte ich, aber … es ist … es ist bereits zu spät.“ „Oioioi …“, machte er. „Na komm, setz dich.“ Zögerlich nahm Sakura auf dem Hocker Platz, überschlug unbehaglich die Beine. Immer deutlicher spürte sie, dass es ein Fehler gewesen war, herzukommen. Sie bedrängte Kakashi mit Problemen, die er versucht hatte ihr zu ersparen. Aber nun war sie hier. Und sie wusste, sie würde nicht einfach wieder gehen. Und er würde sie auch nicht einfach so gehen lassen. „Bist du dir ganz sicher?“, fragte er. „Nein“, gab sie zu. „Aber ich … Heute war mir so merkwürdig schwindlig und schlecht auch … Und … meine Tage sind schon lange überfällig.“ Auch wenn es ihr unangenehm war, sie würde alle Karten auf den Tisch legen. Es wäre einfacher gewesen, wenn sie mit einem der Heiler gesprochen hätte. Aber sie hätte bestenfalls ein kühles, fachmännisches Nicken geerntet. Es war nicht gerecht, Kakashi, nachdem sie ihn im Stich gelassen hatte, mit ihren Sorgen zu belasten, und doch tat sie es. Wollte, dass er ihr Mut machte. Wollte, dass er sie tröstend in den Arm nahm. Wollte irgendjemanden, der ihr Wärme entgegenbrachte in dieser kalten Welt, jemanden, von dem sie kristallklar wusste, dass er es voll und ganz uneigennützig tat. Jemanden, dem sie vertraute. Sie schluckte. „Das letzte Mal hatte ich sie, als wir zu unserer letzten Mission aufgebrochen sind. Das ist jetzt schon fast eineinhalb Monate her“, fuhr sie mit gesenktem Blick fort. Sein freies Auge wirkte nachdenklich. „Verstehe.“ „Kakashi, ich habe Angst“, murmelte sie. „Wenn ich ein Kind bekomme … werde ich verstoßen?“ Es war nicht das, was sie hatte fragen wollen. Nicht die Art von Sorge, die ihr durch den Kopf spukte, aber es war ihr soeben eingefallen. Er sah sie überrascht an. „Ich glaube eher, dass die Leute ein Fest feiern würden. Das erste Kind in Neuanfang. Was gibt es Besseres für einen Neuanfang in einer zerstören Welt als ein Neugeborenes?“ Sakura senkte wieder den Blick. „Sakura, sieh mich an“, verlangte Kakashi. „Es tut mir leid, wenn ich dich mit meinen Ratschlägen so sehr verunsichert habe. Du sagtest, du wärst glücklich, wenn du Sasuke ein Kind schenken könntest. In gewissem Sinn hat dir das Schicksal die Entscheidung abgenommen, ob du bei ihm bleibst.“ „Das ist es nicht!“, rief Sakura. Sie zitterte in ihren vom Regen klammen Klamotten, schlang sich die Arme um den Körper. „Das ist es nicht …“ Als sie nicht weitersprach, verengte sich Kakashis Auge zu einem Schlitz. „Was genau versuchst du mir zu sagen?“, fragte er eine Spur schärfer, misstrauischer. Sie wich seinem Blick aus. „Ich fürchte … Das heißt, ich bin mir fast sicher … dass es nicht Sasukes Kind ist, sondern das von Itachi.“ Jetzt war es heraus. Kakashi starrte sie eine geschlagene Minute an, in der sie sich immer unwohler fühlte. Das Schwindelgefühl war wieder da und dazu eine Übelkeit, als würde sich etwas Großes, Ekliges in ihrem Magen herumwälzen. „Du hast mit Itachi …“, sagte er leise, fast zischend, und sie wusste, dass er von ihr enttäuscht war. „Nein!“, sagte sie schnell. „Das heißt, ja … Ich …“ Seufzend ließ sie die Arme sinken, brach in Tränen aus. Sie konnte nicht. Konnte es ihm nicht erzählen. Sie wusste, er würde ihr für nichts die Schuld geben, aber trotzdem … Allein daran zu denken ließ sie sich schmutzig fühlen. Kakashi rutschte mit seinem Hocker zu ihr und drückte ihre Hand. „Was ist passiert?“, fragte er, die Stimme sanft wie Seide. Unter Tränen erzählte sie ihm alles, stockend und durcheinander. Ihre Entführung, Jashins Prophezeiung, die Sache mit Itachi. „Das war einen halben Monat nach meiner letzten Periode“, sagte sie leise, als sie fertig und ihre Tränen getrocknet waren. Sie hatte sie nur vergossen, weil sie ihm davon erzählt hatte, nicht wegen der Erinnerung selbst, die sie nur noch als bitter empfand. „Das … mit Sasuke ist erst ein paar Tage her. Ich hatte so viel um die Ohren, dass ich noch nicht mal darüber nachgedacht habe, aber … Kakashi, was ist, wenn es Itachis Kind ist? Dann trage ich das Kind eines Verräters und Mörders und … und Ungeheuers in mir, und Sasuke …“ Ihre Sicht verschwamm bei dem Gedanken. Draußen rollte der Donner über das Land wie ein grollendes Lachen. „Sasuke würde das Kind töten, ganz sicher …“ Kakashi legte ihr seine warme Hand auf die Schulter. „Langsam, langsam“, sagte er. „Ich glaube nicht, dass Sasuke einen Säugling töten würde. Auch, wenn er nicht der Vater ist.“ „Ich wünsche mir, dass er es ist“, murmelte Sakura. „Es ist unwahrscheinlich, aber kann es nicht immer noch sein?“ Ohne es zu wollen, glitt sie hinüber auf seinen Schoß, legte ihre Wange auf Kakashis Brust, lauschte dem Herzschlag, als wäre er die Hoffnung, an die sie sich klammern konnte. „Zunächst einmal wissen wir nicht einmal mit Sicherheit, ob du überhaupt schwanger bist“, sagte Kakashi sachlich und streichelte ihr durchs Haar. „Die Anzeichen, die du meinst zu erkennen, können viele Gründe haben. Ich habe gehört, die Tage einer Frau können ausbleiben, wenn sie großen Anstrengungen ausgesetzt ist und wenig zu essen hat. Ich vermute, der Weg hierher war kein Zuckerschlecken, und nicht einmal unsere Jäger finden genug, um alle wirklich satt zu bekommen.“ Sakura schluckte. Tatsächlich hatte sie etliches an Gewicht verloren, was kein Wunder war. Sie betete, dass er recht hatte. „Oder vielleicht liegt es auch an dem Chakrasturm“, fuhr Kakashi fort. „Wir wissen immer noch nicht, was er alles mit uns angestellt hat. Du hast sicher gesehen, wie viel in der Natur er verändert hat, obwohl es eigentlich unumstößliche Dinge sind; Farben, Geschmack, Formen. Genausogut könnte er etwas in deinem Körper durcheinandergebracht haben. Im schlimmsten Fall hat der Sturm alle Menschen, die er gestreift hat, unfruchtbar gemacht, und die Menschheit wird aussterben. Sogar das traue ich ihm zu.“ „Und … das Schwindelgefühl?“, fragte sie zaghaft. Kakashi lächelte, durch sein Tuch zwar, aber sie sah es ihm bleichen Licht ganz deutlich. „Hattest du es, bevor oder nachdem dir der Gedanke mit der Schwangerschaft gekommen ist?“ Sie überlegte. „Danach, glaube ich.“ „Du bist Heilerin, du solltest es wissen. Beizeiten redet sich ein Patient eine Krankheit selbst ein oder macht, wenn es um seine Symptome geht, aus einer Mücke einen Elefanten. Ich sage ja nicht, dass eine Schwangerschaft eine Krankheit ist, aber könnte dir nicht dasselbe passiert sein?“ Sakura antwortete nicht, sondern vergrub nur ihr Gesicht in Kakashis grauem Hemd. „Hoffentlich“, flüsterte sie. „Hoffentlich hast du recht. Ich will Sasuke kein fremdes Kind unterschieben. Und ganz sicher nicht das von Itachi. Er hat mir und uns allen so viel angetan … da will ich ihm nicht zur Belohnung einen Nachfolger schenken!“ Ihre Schultern begannen zu beben, doch sie weinte nicht mehr. Tränen wollten keine mehr kommen. Kakashi hielt sie fest in den Armen, schweigend und ruhig, während draußen der Regenschauer stärker prasselte. „Willst du heute Nacht hier bleiben?“, fragte er sie, als sie ruhig und schläfrig wurde. Selbst das Gewitter war jetzt ferner und der Regen hatte nachgelassen. Sie nickte. „Bitte“, sagte sie heiser. Sie könnte es nicht ertragen, allein in ihrer kalten, grauen Hütte zu schlafen. Vielleicht würde sie den Verstand verlieren, wenn das Schwindelgefühl sie wieder überraschte. Kakashi hob sie hoch, legte sie auf sein Bett und musterte stirnrunzelnd ihre immer noch feuchten Kleider. „Du wirst dich erkälten“, sagte er. „Ich hole dir ein paar Ersatzkleider von mir.“ Er wartete draußen unter dem Dach, während Sakura in einen mottenzerfressenen Mantel und Hosen schlüpfte, die ihr beide zu groß waren. Dann deckte er sie zu, gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Stirn und sagte: „Schlaf schön, kleine Blume.“ Er selbst legte sich auf den harten Boden neben dem Bett. Der nächste Morgen begann für Sakura mit einem Schock, als jemand heftig an Kakashis Tür pochte. „Kakashi-san!“ „Was ist denn jetzt los?“, murmelte Kakashi neben dem Bett und streckte seine verspannten Glieder. „Komm schnell! Die Jäger sind zurück!“ Dann entfernten sich Schritte in Regenpfützen. Schon? Sakura durchzuckte es wie ein Blitz. Sasuke war wieder da! Wenn er zu ihrem Haus kam und sie nicht vorfand, stattdessen hier bei Kakashi … Sie stolperte so schnell aus dem Bett, dass ihr prompt schlecht wurde. Sie presste die Hand vor den Mund, aber es gelang ihr, die Übelkeit niederzuringen. Sie war schon fast bei der Tür draußen, als ihr einfiel, dass sie immer noch Kakashis Sachen anhatte. Sie warf einen Blick nach hinten, wo er sich schwerfällig – wirklich schwerfällig – aufrappelte, schnappte sich ihre eigenen, nunmehr trockenen Kleider und zog sich in dem winzigen Badezimmer um. Trotzdem war sie vor Kakashi fertig. Sie wusste nicht, wie er das machte, aber er hatte noch nicht einmal sein Hemd angezogen. Ihr Blick streifte kurz und sträflich seinen nackten Oberkörper. Er war wirklich viel durchtrainierter als Sasuke … aber es waren viel mehr Narben auf seiner Haut zu sehen. Umständlich fädelte Kakashi seine Arme in das Hemd und gähnte herzhaft. Auch sein Mundtuch lag noch irgendwo neben dem Bett. Sakura schüttelte den Kopf, ein müdes Lächeln auf dem Gesicht. Er würde zu spät kommen. Wenigstens eine Sache hatte sich nicht verändert. Als sie das Haus verließ, schlug ihr frische Morgenluft entgegen. Die Sonne versteckte sich noch hinter dem Horizont, und die Stadt befand sich in einem Zustand seltener Ruhe. Auf dem Platz in der Mitte von Neuanfang hatte sich eine kleine Menschentraube gebildet, die Mitglieder des Gremiums bis auf Kakashi, die Jäger und einige andere. Sie versuchte Sasuke ausfindig zu machen, aber er war nirgends zu sehen. „Unser Haus liegt in der anderen Richtung“, sagte seine Stimme hinter ihr, als sie auf die Menge zutrat. Wie von der Tarantel gestochen fuhr sie herum. Er stand hinter ihr, einen fragenden Gesichtsausdruck aufgesetzt. Unbewusst glitt ihr Blick über ihre Kleidung. Sie hatte nichts an, was ihr nicht gehörte, oder? „Wo warst du?“, formulierte er die versteckte Frage offen. Sie beschloss es ihm zu sagen. „Bei Kakashi-sensei“, murmelte sie. „Aber es ist nicht, wie du vielleicht denkst. Ich war nur … wegen etwas verängstigt.“ Er hob eine Augenbraue. „Wie denke ich denn?“ Sakura biss sich auf die Lippen. Er ging weiter, legte ihr die Hand auf die Schulter. Sie merkte, dass er etwas abgerissen aussah, wie nach einem Kampf. „Keine Sorge“, sagte er, während er sie neben sich her bugsierte. „Ich weiß, dass du mich nicht betrügst. So etwas würdest du nicht tun.“ Sakura spürte einen harten Kloß in ihrem Hals. Wieder fühlte sie sich schuldig. Warum fühlte sie sich in Gesellschaft aller Menschen, die ihr etwas bedeuteten, kontinuierlich schlecht? Sie erreichten die Menschentraube, drängten sich an den Stadtbewohnern vorbei. Wie eine graue Wand standen die Mitglieder des Gremiums um einen Ninja herum, der mit Stricken gefesselt auf dem nackten Felsenboden kniete. Er hatte braunes, verfilztes Haar, das ihm bis auf den Rücken fiel, und um den Hals trug er ein Ninjastirnband mit dem Zeichen des Grasdorfes. Sakura glaubte, ihn schon irgendwo einmal gesehen zu haben, vielleicht damals auf ihrem Weg nach Norden? Erwartungsvoll wie ungeduldig sahen die Leute Kakashi entgegen, der auch endlich gemächlich auf den Platz kam. „Entschuldigt“, sagte er, die Hand grüßend erhoben. „Der Weg hierher war heute sehr verwirrend.“ „Seine Ausreden werden nicht besser“, stellte Sasuke trocken fest. Sakura schüttelte den Kopf. Als Kakashi endlich auch angekommen war, stieß Kureiji den Gefangenen grinsend mit der Stiefelspitze an. „Den Kerl hier haben wir erwischt, als er uns mit zwei Kameraden angreifen wollte. Die anderen sind entwischt, aber der hier hat uns sicher eine Menge zu verraten.“ Der Jäger stopfte sich Kautabak in den Mund. Nach allem, was Sakura von den Heilern gehört hatte, war er hochgradig süchtig danach und hatte nur deswegen das Recht, überhaupt so etwas zu besitzen, weil er sonst Entzugserscheinungen bekam. „Zum Beispiel, woher er kommt und woher er das Chakra hat. Na? Etwa aus dieser Kristallmine im Süden? Eichi – so war’s doch, oder?“ Der Mann nickte. „Dort unten bekommen Ninjas, was sie brauchen“, sagte er grimmig. „Demnach sind mehrere von euch dort unten?“, fragte Kakashi. Eichi schnaubte und verzog belustigt den Mund. „Ihr habt ja keine Ahnung. Ihr wisst ja nicht, was sich dort im Süden direkt vor euren Augen zusammenbraut, was für eine Kraft sich da zusammenballt! Die Minen sind das Zentrum der Welt geworden. Eine ganze Armee versammelt sich da, sage ich euch, und sie wird auch euch überrennen, euch und eure mickrige Stadt!“ Sakura spürte ein Ziehen in ihrer Magengegend. Das klang unheilvoll … „Armee, sagst du?“, gackerte Kureiji. „Es gibt nicht mehr genug Menschen für eine Armee, Schwachkopf.“ Eichi sah ihn überlegen an. „Wenn mehr als die Hälfte aller Überlebenden sich dort befinden, wie würdest du es dann sonst bezeichnen?“ Kureiji gab keine Antwort, sondern kaute nur nachdenklich. „Wir wissen, dass diese Jashin-Sekte Ninjas mit Kristallen kauft. Bisher haben uns diese Ninjas aber in Ruhe gelassen“, sagte Kakashi. „Warum seid ihr jetzt auf einmal hier?“ „Keine Ahnung“, behauptete Eichi. „Wir sollen nur einem von euch eine Nachricht überbringen, das ist alles.“ „Wem?“ „Ich kenn den Typen nicht, aber er soll angeblich hier bei euch leben. Sein Name ist Uchiha Sasuke. Und ich soll ihm von seinem Bruder ausrichten, dass er es leid ist, den Hohepriester dieser Jashin-Spinner zu spielen. Das ist alles.“ Sakuras Kopf ruckte herum. Sasukes Gesicht war wie in Stein gemeißelt, doch in seinen Augen blitzte es gefährlich auf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)