Gin x Whiskey von Shoot_the_puppy (written by crazypark & me) ================================================================================ Kapitel 10: Kiss Me ------------------- Kapitel 10 - Kiss Me Jin Kaum, dass ich Kamenashis Zustimmung vernahm, latschte ich das Gaspedal durch. Ich versuchte, meine Vorfreude zu zügeln und mich auf den Verkehr zu konzentrieren, was gar nicht so einfach war. Am liebsten hätte ich ihn an Ort und Stelle in die Sitze gedrückt und ihm das Hirn herausgevögelt. Stattdessen würde ich mich mit einer Knutscherei zufrieden geben müssen, die mehr Benzin ins Feuer goss als es löschte. Ich bezweifelte, dass er mehr als das erlauben würde. Ich glaubte noch nicht einmal daran, dass er sich befummeln lassen würde. Überhaupt wunderte ich mich, dass er meinem Vorschlag zugestimmt hatte. Seine Beweggründe waren mir momentan aber herzlich egal. Vorrang hatte meine zunehmende Libido. Als ich eine unbefahrene Seitenstraße erspähte, bog ich sofort ab. Kamenashi hatte mir nur zu verstehen gegeben, dass er unsere Abmachung nicht vor der Schule einlösen wollte und ich hielt es keine Sekunde länger aus. Zügig parkte ich in der nächstbesten Lücke und drehte mich mit einem atomaren Grinsen zu ihm. „Deine Schonfrist ist abgelaufen“, wisperte ich, während ich mich zu ihm rüber lehnte. Ich bemerkte seinen hüpfenden Adamsapfel und lächelte noch etwas breiter. Nervosität würde ihn auch nicht retten. „Warte!“, stoppte er plötzlich meine Annäherungsversuche und ich unterdrückte ein Augenrollen. Er hatte sich getäuscht, wenn er sich einbildete, dass ganze abblasen zu können. Die Ausnahme bildete hierbei mein Schwanz, aber diese Option hatte er ja bereits abgelehnt. „Es bleibt bei der…Knutscherei, richtig?“ Es war beinahe niedlich, welch starke Probleme es ihm bereite, über unser Vorhaben lediglich zu sprechen. „Wieso, hast du Angst, dich nicht beherrschen zu können?“ Für meinen Kommentar kassierte ich einen Hieb auf den Oberarm. „Etwas zärtlicher und es könnte mir gefallen“, strahlte ich ihn an. „Ich hasse dich“, zischte er finster. „Solange du deine Bezahlung einlöst, ist mir das egal.“ Als er darauf nichts mehr erwiderte, sondern nur noch versuchte, mich mit seinen Blicken zu erdolchen, überbrückte ich die letzte Distanz und küsste ihn. Ich legte meine Hand auf seine Hüfte und verfluchte gedanklich den dämlichen Schaltknüppel, welcher es verhinderte, dass ich ihn auf meinen Schoß ziehen konnte. Stattdessen begnügte ich mich damit, sein Hemd aus der Hose zu befreien und zeitgleich meine Zunge in seinen Mund wandern zu lassen. Es war das erste Mal, dass ich nah genug war, um seinen Geruch wahrzunehmen. Ich wusste nicht, was es war, aber es löste irgendetwas in mir aus, was mich dazu veranlasste, Kamenashi näher an mich zu ziehen und die harmlose Züngelei zu vertiefen. Mir war klar, dass ich nicht viel Zeit hatte, um ihn von mir und meinem Können zu überzeugen und so gab ich alles, was ich hatte, bevor er auch nur darüber nachdenken konnte, zu protestieren. Statt Protest schlug mir allerdings Verlangen entgegen. Ich hatte mit vielen Reaktionen gerechnet, aber nicht damit, dass mir der Kleinere seine Arme um den Hals legen würde, um – nicht wie erwartet mich zu erwürgen sondern - seine Hand in meine Haare zu krallen. Seine Geste sandte einen warmen Impuls direkt in meine Lenden und unsere Zungen umkreisten sich fordernder. Meine Finger hatten sich inzwischen ihren Weg unter den Stoff gebahnt und bewegten sich Kazuyas Wirbelsäule hinauf. Ich hörte ihn leise seufzen und verhinderte selbst nur mit Mühe ein Keuchen. Meine Körpermitte pochte mittlerweile unangenehm und ich ging jede Wette ein, dass es auch Mr. Hetero ähnlich ging. Verfluchte Kacke! Warum konnten wir gerade nicht in meinem Bett liegen? Dann würde ich… “Kiss me“ drang auf einmal eine Stimme an mein Ohr und ich verlangsamte irritiert die wilde Knutscherei, um genauer zu lauschen. Trotz meines benebelten Hirns merkte ich bald, dass die Aufforderung von einem Song aus dem Radio stammte und ich grinste gegen die leicht geröteten Lippen. Wie passend. Auch Kamenashi schien langsam zu Sinnen zu kommen und öffnete ebenfalls seine Augen. Dass ich meine eigenen geschlossen hatte, war mir vorher gar nicht bewusst gewesen. Als erneut die Textzeile erklang, musste ich mich leider lachend von diesen verführerischen Lippen lösen. Selbst mein Gegenüber zog seine Mundwinkel nach oben. „Du hörst, was die Dame singt“, versuchte ich ihn vom Weiterknutschen zu überzeugen, nachdem ich mich wieder beruhigt hatte. „Und du weißt, dass ich meinen Teil der Abmachung hiermit erfüllt habe.“ Bestimmend drückte er mich von sich fort. Verdammt, ein Versuch war es zumindest wert gewesen. Unglücklicherweise hatte er auch noch Recht und ich gehörte zu den Menschen, die zu ihrem Wort standen. „Ich werde dich sicher noch öfter retten“, gab ich nach und startete den Wagen. Fahren half, mich von der Beule in meiner Körpermitte abzulenken. Auch wenn es mir schwer fiel, kühlte ich mich mit dem Gedanken ab, dass ich heute einen verdammt großen Fortschritt in Bezug auf Mission Kamenashi gemacht hatte. Koki und Junno wären ja so stolz auf mich. Nachdem ich Kamenashi abgesetzt hatte, fuhr ich zu meinem Apartment und fischte die Post aus meinem Briefkasten. Unter den vielen Rechnungen befanden sich zwei Auftragsangebote. Bei dem einen handelte es sich um ein Katalogshooting und bei dem anderen um einen TV-Werbespot. Erstaunt blieb ich auf halbem Wege vom Flur in mein Wohnzimmer stehen und konnte kaum glauben, was ich da las. Mittlerweile hatte ich schon so ziemlich alles gemacht, was es an Fotoshoots gab, aber zu einem Videodreh hatte ich nie ein Angebot bekommen. Das war wahrhaftig eine Premiere. Amerika war definitiv eine gute Investition gewesen. Allerdings würde ich dadurch noch weniger Freizeit haben. Seufzend ließ ich mich auf mein Sofa fallen und klärte die nächsten Minuten telefonisch meine neuesten Optionen ab. Natürlich sagte ich zu. Es war auch nicht so, dass ich eine großartige Wahl hatte, wollte ich mir und meinen Eltern weiterhin den gewohnten Lebensstandard gewährleisten und zeitgleich die Kaisei Academy finanzieren. Es gab Momente wie diesen, in denen ich mir wünschte, dass alles anders wäre. Dass ich ein normales Leben führte, mit normalen Freunden, mit denen ich auf eine normale Schule gehen konnte. Und dass alles nicht so verdammt beschissen wäre. Aber Momente wie diese gingen vorbei. Meistens dann, wenn ich mich mit Pi getroffen hatte. Ich wartete noch kurz, bis ich mich soweit im Griff hatte, dass ich mich mit ihm verabreden konnte und düste im Anschluss wieder los. "Möchtest du einen Tee?", fragte mein Sandkastenfreund, als er mich in seine Wohnung gelassen hatte. "Ich hätte lieber einen im Tee", murmelte ich verdrießlich. "Autsch, was ist los bei dir?" "Das Übliche", winkte ich ab und folgte ihm in die Küche. "Schon wieder so viel los?", wollte Pi wissen, während er die Utensilien für den Tee heraus kramte. Ich setzte mich derweil auf einen der Barhocker und stützte meinen Kopf auf meine Hände. "War es je anders?", fragte ich mit einem schiefen Grinsen und erntete ein mitleidiges Lächeln. "Du solltest wirklich ab und an eine Pause einlegen." "Mach ich doch." "Partys und Ficken sind nicht gerade erholsam." "Also nach dem Sex fühle ich mich immer sehr entspannt", grinste ich dreckig. "Alles ins Lächerliche zu ziehen wird einen Zusammenbruch auch nicht vermeiden können.“ „Nun dramatisiere nicht gleich alles“, rollte ich mit den Augen. Mein Kumpel tat ja gerade so, als stünde ich kurz vor einem Herzinfarkt. „Und verdreh nicht immer deine Augen“, wurde ich belehrt. „Ja, Mama“, murmelte ich und ließ mir meine Tasse andrehen. Pi benahm sich heute aber auch wie eine überfürsorgliche Glucke. „Trink deinen Tee“, forderte er mich auf und setzte sich neben mich. „Ja-ha.“ Ich tat lieber wie geheißen, da er mich immer noch mit seinen Argusaugen observierte. Es war ihm durchaus zuzutrauen, dass er mit einem Trichter nachhalf, sollte ich nicht gehorchen. „Du wärst ein grausamer Vater“, murmelte ich nach einigem Stillschweigen. „Ich weiß“, grinste er dreist. Seine Kinder taten mir jetzt schon leid. Seine Methode, Informationen aus mir herauszubekommen, hatte er über die Jahre, die wir uns kannten, perfektioniert. Er brauchte im Grunde nicht mehr zu tun, als mir Gelegenheit zu geben, mir die passenden Formulierungen im Kopf zurechtzulegen und mich darauf einzustellen, über Probleme zu reden. Beides zählte nicht zu meinen Stärken. Ich seufzte tief, bevor ich zu sprechen begann: "In letzter Zeit wird mir alles zu viel. Und ich weiß nicht mal, woran es liegt, da sich ja nicht wirklich etwas geändert hat." "Vielleicht stößt du nur langsam an deine Grenzen." "Ich bin gerade mal 17 Jahre alt. Das wäre ein bisschen früh, findest du nicht auch?" "Jin, wann hattest du deinen letzten freien Tag? Nicht nur von der Arbeit, sondern auch von allen Menschen." "Du weißt genau, dass mir schnell langweilig wird, wenn ich allein bin", erwiderte ich ausweichend. Aber Tomo wusste auch so, dass ich in Wahrheit meinte, dass ich schlecht allein sein konnte. Allein zu sein, bedeutete, Zeit zum Nachdenken zu haben. "Aber jeder braucht mal Zeit für sich selbst", beharrte er. "Ich gehöre hiermit offiziell zur Ausnahme." "Du hast wirklich verlernt, wie man abschaltet", seufzte er. "Ich versteh nur nicht, warum du dich immer noch so aufopferst, wo das Unternehmen deiner Eltern doch wieder so gut läuft." Vielleicht war es doch keine allzu gute Idee gewesen, zu Tomo zu fahren. Ich bereute meinen Ausrutscher inzwischen. "Ich hab mich einfach zu sehr an diesen Lebensstil gewöhnt. Das ist wie mit Sport: Nach einiger Zeit wird man süchtig und kann nicht mehr damit aufhören", erklärte ich nicht sonderlich überzeugend. Tomo glaubte mir verständlicherweise kein Wort und betrachtete mich skeptisch mit hochgezogenen Augenbrauen. Das Problem war nur, dass ich ihm nicht die Wahrheit sagen konnte. Er war derjenige, der am allerwenigsten von dem Grund für meine Arbeitswut erfahren durfte. Kame Keine absurden Träume. Genau genommen gar kein Schlaf, welcher diese hätte hervorrufen können. Die ganze Nacht schon lag ich wach und zerbrach mir den Kopf. Darüber, wie ich es überhaupt geschafft hatte, mich in diese brenzlige Lage zu bringen und noch mehr, wie ich je wieder aus ihr herauskommen sollte. Gegen fünf Uhr morgens war eines deutlich: Mein Wecker klingelte in 30 Minuten und brachte mich wieder einen Tag näher an mein Verderben heran, ohne, dass ich etwas dagegen unternahm. Warum? Weil ich es wollte. Das hatte mir der gestrige Tag anschaulich verdeutlicht. Ich konnte mir noch so sehr vorbeten, den Fehler niemals zu wiederholen, wenn ein Teil von mir - nicht unbedingt der rationellste aber dafür umso überzeugendere Teil - eben nach genau dem verlangte. Ich rannte lachend in eine eigens von mir bereitgestellte Kreissäge und freute mich auch noch darüber. Es war nicht unbedingt fair, Akanishi für meine eigene Fehlbarkeit die Schuld zu geben, aber es war dennoch die einfachste Lösung. Er war schließlich der Auslöser für diese Misere. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Nachgeben? Sicher nicht. So verzweifelt war ich definitiv nicht Der einzige vernünftige Ausweg, welcher mir einfallen wollte, war eine gehörige Portion Distanz zwischen uns zu bringen, aber es war ja leider nicht so, als hätte ich das nicht schon versucht. Es war zum Verzweifeln. Mein Wecker rettete mich vor noch größeren Kopfschmerzen. Ich schleppte mich demotiviert in das Badezimmer. Die kalte Dusche brachte kaum einen erwünschten Effekt, ebenso wenig wie der Kaffee, der gerade vor meinen Augen erkaltete. In spätestens zehn Minuten würde Akanishi vor der Tür stehen und ich fühlte mich keineswegs in der Lage, ihm jetzt schon entgegen zu treten. Meine Großmutter wuselte durch die Küche und sorgte damit wenigstens für etwas Abwechslung. „Deine Eltern haben lange nicht mehr angerufen“, bemerkte sie fast beiläufig. Der lauernde Tonfall entging mir jedoch nicht. „Sie haben viel zu tun.“ Dieser ganze Scheiß in letzter Zeit hatte mich dermaßen abgelenkt, dass mir noch nicht einmal aufgefallen war, dass die beiden ihren wöchentlichen Anruf versäumt hatten. „Das ist keine Entschuldigung.“ Vielleicht nicht in ihrer Welt. Es war immer das gleiche, wenn meine Eltern im Stress waren. Sie vergaßen alles, sogar ihre Kinder, aber dafür gab es ja Angestellte. Man gewöhnte sich daran, so wie an alles „Ich muss los.“ Vom Regen in die Traufe. Akanishi wartete schon im Wagen, als ich wenig später das Haus verließ. Ich schluckte schwer, zwang mich aber, zu dem Wagen zu gehen. Plötzlich schien die Alternative U-Bahn doch verlockend und vor allem sicherer. Ich traute dem Älteren keine Sekunde und mir nach dem Vorfall gestern noch weniger. „Morgen“, grüßte ich ihn dennoch, auch wenn mein Tonfall meine Stimmung nicht gerade versteckte. Ich versuchte es auch gar nicht erst. „Kein Guten Morgen Kuss?“ Ich brauchte ihn noch nicht einmal anzusehen. Ich konnte mir sein selbstgefälliges Grinsen auch so sehr gut vorstellen. Ich hatte es mir selbst eingebrockt. „Wenn es ein 'guter' wäre“, erwiderte ich trocken und wartete sehnsüchtig, dass der Idiot endlich los fuhr, was er zum Glück auch wenig später tat. Ich konzentrierte mich auf die Umgebung und beobachtete, wie die eifrigen Arbeitsdrohnen emsig zu ihren Jobs eilten. Im Moment wäre ich lieber einer unter ihnen, als hier im Wagen zu sitzen. Akanishis Anwesenheit machte mich wahnsinnig. Meine Hände waren schwitzig, in meinem Magen rumorte es, während ich nervös auf meinem Sitz herum rutschte und versuchte jeden Gedanken an gestern zu verdrängen. Ich wusste nicht, wie ich die nächsten Tage ohne irgendeine weitere Dummheit überleben sollte. „Du brauchst mich heute Nachmittag nicht fahren. Ich will noch trainieren.“ Eine spontane Idee, aber die Bewegung würde mir gut tun. Es hatte mir schon immer geholfen, meinen Kopf frei zubekommen. „Okay“, kam die schlichte Antwort, ehe sich erneut Stille in dem Wagen ausbreitete. Ich blieb dem Speisesaal fern und entkam somit jeglicher weiterer Konfrontation, abgesehen einem von Yamapis berüchtigten Vorträgen zum Thema, wie wichtig doch eine ausgewogene und regelmäßige Ernährung wäre. „Gerade als Sportler solltest du das wissen“, endete er seinen Monolog und ich musste schmunzelnd eine gewisse Ähnlichkeit zu meiner Großmutter feststellen. „Es wird nicht zur Gewohnheit werden“, versprach ich hoffentlich überzeugend genug. Ein überfürsorglicher Pi, welcher sich an meine Fersen heftete, konnte ich nun wirklich nicht gebrauchen. „Kamenashi?“, rettete mich einer meiner Mitschüler, welcher plötzlich im Türrahmen erschien. „Kitagawa will dich sehen.“ Der Tag wurde einfach nicht besser. Aber wenn der Teufel rief, mussten seine Schergen springen. „Ich komme sofort.“ Ich blickte Yamapi entschuldigend an. Wenigstens hatte ich nun eine gute Ausrede, ihm zu entkommen. „Kannst du mir einen Gefallen tun?“, fragte ich mit samtweicher Stimme. „Klar“, antwortete mein Gegenüber leicht verwirrt. „Kannst du Akansihi sagen, er braucht morgen früh keinen Umweg machen. Ich fahr…ähm mit meiner Großmutter.“ Gott, was für eine peinliche Lüge, aber mir fiel auf die schnelle nichts Besseres ein. „Kein Problem.“ Wenigstens funktionierte mein Plan einmal, auch wenn ich eigentlich ungern Yamapi mit hineinziehen wollte. „Sie wollten mich sehen“, begrüßte ich den Alten, der wie immer hinter seinem riesigen Schreibtisch saß und auf äußerst beschäftigt machte. Diesmal musste ich auch nur eine halbe Stunde vor dem Büro hocken, um meine Audienz zu erhalten. So demonstrierte dieses Fossil seine Überlegenheit. „Ah, Kamenashi. Setz dich.“ Ich tat wie befohlen und wartete, was folgen würde. Nach dem letzten aufbauenden Gespräch konnte es nichts Gutes sein. „Am Wochenende ist eine Wohltätigkeitsveranstaltung im Hilton. Das gute an solchen Schosen ist, dass die Portemonnaies der Herrschaften sowieso locker sitzen. Ich werde ebenso wie Akanishi anwesend sein, um die Interessen der Schule zu vertreten und neue Gelder aufzutreiben. Dein Name wird ebenfalls auf der Liste stehen. Ich gehe davon aus, du weißt, was von dir erwartet wird?“ Allzu deutlich. Verständlicherweise hielt sich meine Begeisterung in Grenzen. Ich würde sogar lieber das Wochenende mit den Pilzen meiner Großmutter verbringen, als Akanishis Babysitter zu spielen. Dass dieser Abend kein gutes Ende nehmen würde, war mir schon jetzt klar. Kitagawa leider nicht, denn dieser schaute ziemlich zufrieden drein, als ich auf seine Frage nur zustimmend nickte. „Sehr gut. Ich werde dich beobachten. Vergiss nicht, eine Hand wäscht die andere.“ Wie könnte ich. Die restlichen Formalitäten übernahm die junge Sekretärin. Kitagawa verschwendete niemals Zeit mit solchen Banalitäten. Ich hatte mir meinen Samstagabend doch etwas anders vorgestellt. Vielleicht ein Besuch im GODZ, zwei oder drei gute Whiskeys und ein nettes Mädchen, welches mich für eine Nacht den ganzen Mist vergessen ließ. Stattdessen durfte ich nun auch ein weiteres Wochenende mit diesem verwöhnten Hammel verbringen. Soviel zum Thema Distanz. Nur noch wenige Schüler waren auf dem Gelände, als ich das Hauptgebäude verließ. Ein paar Nachsitzer und die Clubverantwortlichen waren um diese Zeit anwesend, während die anderen schon ihre Freizeit genossen. Ich überlegte dennoch, noch kurz einen Abstecher in die Turnhalle zu machen, aber eine bekannte Stimme hielt mich davon ab. „Hey, Schuljunge.“ „Ryo? Was machst du denn hier?“ Ich ging auf den älteren zu, welcher am Eingang gegen seinen Wagen lehnte. „Ich war zufällig in der Nähe und dachte, ich schau mal, welchen Musterschüler ich heute verderben darf“, erwiderte der Älter schelmisch, was mich ebenfalls zum Schmunzeln brachte. „Ich fürchte bei den meisten kommst du da zu spät.“ „Dich wohl eingeschlossen.“ Darauf ging ich lieber nicht näher ein. „Wenn du Jin suchst, wirst du wohl bei ihm zu Hause mehr Erfolg haben“, antwortete ich stattdessen. „Ich hab doch schon dich gefunden. Lust auf einen Drink? Ich will ja nichts sagen, aber du siehst aus, als ob du was Starkes vertragen könntest.“ Aber hallo. Am besten Apothekenalkohol, damit das Elend gleich ein Ende findet. Diese Gedanken sollte ich wohl lieber für mich behalten. Aber seine Idee klang dennoch verlockend. „Mindestens zwei und ich bin dabei“ Morgen würde sowieso das Mannschaftstraining anstehen. Es würde mich nicht umbringen, einen Tag zu warten. „Aller guten Dinge sind drei. Na komm, wir fahren zu mir. Ich fürchte, in der deiner Kluft schmeißen sie uns aus jeder Bar wieder heraus.“ Ryos Apartment war kleiner, als ich es mir vorgestellt hatte. Es bestand aus einem großen Wohnraum, welcher eine winzige Kochnische aufzuweisen hatte. Ich vermutete mal, dass diese sowieso nicht oft genutzt wurde. Zwei Türen waren an der linken Seite zu sehen. Ich ging schwer davon aus, dass eine davon zum Bad und die andere ins Schlafzimmer führten. Wenn man allerdings die Wohngegend mit in Betracht zog, musste die Bleibe dennoch eine ordentliche Stange Geld kosten. Mir fiel es wie Schuppen von den Augen, dass ich noch nicht einmal wusste, womit Takas Cousin überhaupt seine Brötchen verdiente. „Single Malt oder Bourbon?“, holte er mich jedoch aus meinen Gedanken und sah mich abwartend an. „Ist die Frage ernst gemeint?“ „Es gibt tatsächlich Menschen, die das Gepanschte mögen.“ Solche Leute würde ich niemals verstehen können. „Menschen ohne Geschmack“, gab ich meine Meinung zu diesem Thema kund und ließ mich auf dem kleinen Zweisitzer nieder. „Und Jin“, fügte Ryo grinsend hinzu und hielt mir ein beträchtlich gefülltes Glas hin. Genau das, was ich jetzt brauchte. „Sag ich ja, kein Geschmack.“ Ich hoffte, damit konnte ich jedes weitere Gespräch über diesen Idioten regelrecht vom Tisch fegen. Mein Saufkumpan zog fragend eine Augenbraue nach oben, schwieg aber weiter zu dem Thema, wofür ich ihm wirklich dankbar war. „Hast du was von Taka gehört? Er scheint wie vom Erdboden verschluckt“, startete ich eine Konversation in eine andere Richtung. Vielleicht würde ja sein Cousin dieses seltsame Verhalten erklären. „Nicht viel. Scheint wohl äußerst beschäftigt zu sein“, zerstörte er jedoch sogleich meine Hoffnung auf Erleuchtung. „Hmpf“, grummelte ich wenig begeistert, „scheinbar sogar zu beschäftigt, um auf eine der zahlreichen Nachrichten zu antworten.“ Ich spülte meinen Frust mit dem Whiskey hinunter, welcher wirklich gut war. Nicht zu rauchig, nicht zu stark. Genau, wie ich ihn mochte. „Schreib einfach mir. Ich werde immer antworten.“ „Gut zu wissen. Vielleicht werde ich das sogar.“ Ich nahm noch einen Schluck und lehnte mich entspannt zurück. Seltsam, dass ausgerechnet Ryo sich in den letzten Wochen zu einem wirklich guten Freund entwickelt hatte. Wir kannten uns schon eine Weile, aber mehr als oberflächliche Gespräche waren nie zustande gekommen. Vielleicht sollte ich mich darüber wundern, aber im Moment tat es einfach nur gut, jemanden zu haben, der irgendwie normal war. Ab dem dritten Glas breitete sich eine wohlige Wärme in mir aus. Der Schlafmangel machte sich bemerkbar, denn die Wirkung des Alkohols stellte sich schneller ein, als es sonst der Fall war. Ich hatte es zwischen dem Nachschenken tatsächlich geschafft, ihn nach seiner Arbeit zu fragen. Während Ryo erzählte, schweiften meine Gedanken schon wieder zu der Person, an welche ich gerade am wenigsten denken wollte. Scheinbar arbeiteten beide im gleichen Entertainment-Bereich. Anders als Akanishi jedoch hielt sich der Ältere mit kleineren Aufträgen und Spots über Wasser. „Also kennt ihr euch durch die Arbeit?“ Wo mein plötzliches Interesse herkam, konnte ich selbst nicht sagen, aber ich leerte erst einmal mein Glas, um damit klar zukommen. Egal, was ich tat, egal mit wem ich sprach, immer schlich sich dieses arrogante Arschloch in meinem Kopf ein. Er musste ja noch nicht einmal körperlich anwesend sein, um mir auf die Nerven zu gehen. „Ja. Ist eine ganze Weile her. Wir hatten früher öfter gemeinsame Projekte. Da freundet man sich schnell an, auch wenn es nicht immer einfach ist.“ „Wie meinst du das?“ Der Alkohol sprach aus mir. Definitiv! Anders konnte ich mir mein Interesse nicht erklären. „Du kennst ihn doch. Ihm fällt alles zu, wofür andere schwer arbeiten müssen. Das Leben ist halt nicht immer fair. Schon gar nicht, wenn man immerzu mit Akanishi verglichen wird “ Es erschreckte mich beinahe, wie verbittert Ryo klang, aber ich konnte dieses Gefühl nur allzu sehr nachvollziehen. „Darauf trink ich“, prostete ich dem Älteren zu, um die Stimmung etwas zu heben, welcher gleich mit einstimmte. Je weiter sich die Flasche leerte, umso mehr verlor ich sämtliches Zeitgefühl. Meine Knochen fühlten sich unglaublich schwer an und ich kuschelte mich selbst immer mehr in die kleine Couch. Nebenher liefen sinnlose Sendungen im Fernseher. Ich befürchtete zwischenzeitlich kurz eingeschlafen zu sein, denn irgendetwas rüttelte an mir und holte mich in die Realität zurück. „Hey, Kleiner. Aufwachen“, hörte ich die beruhigende Stimme des anderen und öffnete träge die Augen. Ich hätte schwören können, sie nur für einen Augenblick geschlossen zu haben. Die letzten Tage forderten doch ihren Tribut. „Du kannst hier schlafen. Ich fahr dich morgen zur Schule.“ Ich brachte nur ein Nicken zustande und ließ Ryo mir helfen aufzustehen. Wenige Augenblicke spürte ich den weichen Futon unter meinen Füßen und ließ mich begeistert drauf nieder, ehe mich erneut die wohlige Dunkelheit umfing. TBC Wir freuen uns (wie immer) über Feedback jeder Art :) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)