Fatal System Error von Soulhuntress ================================================================================ Kapitel 8: Zweifelhafte Freiheit -------------------------------- Albert Wesker war unglaublich schnell. Es fiel Duke schwer, ihm zu folgen und den umherwuselnden Larry, der zumindest etwas die Angst vor dem Captain der S.T.A.R.S. verloren hatte nachdem Strokman mit diesem gesprochen hatte, in der Nähe zu behalten machte es nicht leichter. Wieder und wieder dröhnte die Warnung der Selbstzerstörung durch die Flure. "The self destruct system has been activated. All personnel evacuate immediately." Der wenigen Zombies und B.O.W.s, die sie an ihrer Flucht hinder wollten, entledigte sich Wesker durch gezielte Schüsse, so dass bald Leichen ihren Weg pflasterten. "Wohin wollen Sie, Doktor Wesker?", brachte Strokman dann hervor, als sie durch einen Leiteraufstieg dazu gezwungen waren, in der rasanten Flucht das Tempo zu verlangsamen. Seine Lunge brannte und sein Herz hämmerte gegen seinen deformierten Brustkorb. "Der Helikopterlandeplatz wäre nicht weit gewesen und Ihr Team wollte dort ebenfalls hin." Bei der Bezeichnung als Doktor huschte ein kurzes, grimmiges Grinsen über Weskers Gesicht, als er die ersten Sprossen des Aufstiegs erklommen hatte und bei der Erwähnung seines Teams wuchs dieses Grinsen geradezu zu einem süffisanten Zähnefletschen, da er aber nicht herabblickte nicht sichtbar für Strokman. "Zu gefährlich, zu viele B.O.W.s", erklärte er dann, als er die Etage erreicht hatte, "der T-002 ist frei." Duke hielt entsetzt inne und starrte hinauf zu Wesker. "Der Tyrant wurde freigesetzt? Aber warum? Und durch wen?" "Das ist jetzt nicht unser Problem", entgegnete Wesker und eilte weiter, außer Sicht der Deckenluke, ohne auf Strokman und den Jung-Hunter zu warten. Für Larry war es ein leichtes, den Aufstieg mit zwei flinken Sätzen zu erklimmen, Duke tat sich dagegen schwer. Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte er es endlich geschafft. Larry schien ihn geradezu für seine langsamen Bewegungen necken zu wollen. Sie konnten Wesker zwar nicht einholen, doch gelang es, seinem von erschossenen Zombies übersäten Weg zu folgen und so fanden sich Duke und Larry schließlich in den prunkvollen Fluren des Spencer-Anwesens wieder. Von Albert Wesker fehlte nach wie vor jede Spur. Hätte Duke noch Nackenhaare, so würden sie sich ihm nun sträuben. Der Captain der S.T.A.R.S. wurde ihm immer unheimlicher. Erst dieser schon fast spielerisch leichte Umgang mit den Infizierten und den B.O.W.s und dann auch noch diese ungeheure Geschwindigkeit, die er an den Tag legte. Wie konnte er nur so schnell sein? Vielleicht war er - Duke Strokman - dagegen in seiner Unbeholfenheit auch einfach nur zu langsam. Strokman bekam vor Anstrengung und Panik kaum mehr Luft und seine ungleichen Gliedmaßen behinderten ihn mehr, als dass sie ihn wirklich gut voran bringen würden. Aber hinzu zu den Seltsamkeiten des Captains kam noch dieses mörderische, kalte in seinen Augen. Duke war sich nicht mehr ganz sicher, ob es sich bei Wesker wirklich um einen normalen Menschen handeln konnte. Doch was konnte er sich überhaupt anmaßen, Albert Wesker für ein nicht menschliches Wesen zu halten? Wer war hier schließlich die entstellte Bestie, halb Mensch, halb Echse? Auch wenn der Überlebensdrang ihn weiter voran treib, um der drohenden Zerstörung des Herrenhauses zu entkommen, musste sich der Doktor die Frage stellen, was er tun sollte, wenn er entkam. Wie sollte er das alles seiner Familie erklären? Albert Wesker hielt inne, als er den Flur zur Haupthalle erreicht hatte. Die Flucht verlief besser, als erwartet und seine Absicherung, seinen potentiellen Sündenbock für Umbrella, schien er nicht mehr zu benötigen. Nun stellte Doktor Strokman mehr eine mögliche Bedrohung als eine Hilfe dar. Schließlich wusste er, dass Albert Wesker noch am Leben war. Es gab also nur zwei Möglichkeiten, diese Unannehmlichkeit zu beheben: Strokman töten oder abermals den eigenen Tod vortäuschen. Und da sich für zweiteres keine so unkomplizierte Möglichkeit finden lassen würde und die Zeit langsam knapp wurde, musste er wohl das jämmerliche Leben Dukes beenden. Die durch die Lautsprecher hämmernden Durchsagen läuteten die letzten zehn Minuten der Spencer Mansion ein, als der ehemalige S.T.A.R.S.-Captain stehen blieb und seine Samurai Edge auf den Flur ausrichtete, durch den der ahnungslose Mutant ihm folgen würde. Erste Erschütterungen durchfuhren das Anwesen, als Strokman und Larry endlich den Flur erreicht hatten. Durch die teilweise zerbrochenen Fenster fiel erstes, dumpfes Morgenlicht und schimmerte auf den Scherben und Blutspuren am Boden. Cerberus-Hunde lagen hier erschossen und von Glassplittern besetzt. Sie mussten wohl durch die Fenster gesprungen sein, um hier mögliche Opfer zu attackieren. Duke vermeinte in einiger Entfernung das Surren von Rotorenblättern eines Helikopters zu vernehmen, während die Durchsage ankündigte, dass nur noch fünf Minuten verblieben, bis das Gebäude explodieren würde. Aber er hörte auch etwas anderes; etwas, was auch Larry die Zähne fletschen ließ: Schüsse und Schreie, die nicht von einem Menschen stammen konnten. Wesker musste Probleme haben. Duke hätte zwar nun die Möglichkeit, einfach durch eins der Fenster zu türmen, aber er wollte diesen Mann nicht seinem Schicksal überlassen. Auch wenn er noch so unheimlich war, er hatte ihm und Larry nichts angetan, obwohl der die Möglichkeit dazu gehabt hätte. Und er hatte sie aus dem Untergrundlaboratorium bis hierher geführt. Wenn es eine Möglichkeit gab, Wesker zu helfen, dann würde Duke dies auch tun. "Komm, Larry", knurrte Strokman entschlossen und humpelte in Richtung Haupthalle, aus der die Schüsse schallten. Dies war definitiv nicht mehr amüsant. Mit einem entnervten Zischen wich Albert Wesker dem wuchtigen Schlag bestehend aus mutierten Händen und Holzhandschellen aus. Die ersten Attacken des Versuchssubjektes hatten ihn belustigt, doch hatte er Lisa Trevor unterschätzt. Sie hielt bei weitem mehr Schaden aus, als erwartet, vielleicht sogar mehr als ein Tyrant und ihre regenerative Fähigkeit war beeindruckend. "Mutter!", schrie das verlorene Kind aus entstellter Kehle und holte zu einem weiteren Schlag aus, während Wesker ihr weitere Kugeln in den Leib jagte. Albert Wesker würde sich vielleicht einen Sekundenbruchteil Zeit nehmen, um die Leiden der jungen Frau zu bemitleiden, wenn sie ihm nicht gerade so sehr im Weg stehen würde. Lisa litt nicht nur körperlich an den Experimenten, sondern auch seelisch an dem Verlust ihrer Mutter. Sollten die Versuche sie nicht in den Wahnsinn getrieben haben, so war es ihre Einsamkeit, die sie sogar dazu veranlasste, Frauen auf der Suche nach dem Gesicht ihrer Mutter die Haut von den Antlitzen zu reißen und sie sich aufzusetzen. Auch jetzt hing die mittlerweile getrocknete Haut eines ihrer letzten Opfer wie eine Maske über ihrem Gesicht. Aus den herausgerissenen Augenlidern blitzten in Hass, Angst und Schmerz die Augen Lisas hervor. Sie war stark, ausdauernd und relativ schnell. Wenn er seine Menschlichkeit nicht aufgegeben hätte, hätte Wesker alleine wohl kaum eine Chance gegen das Versuchssubjekt. Als er mit einem Satz auf den Zwischenabsatz der Treppe in die erste Etage sprang, um Abstand zwischen sich und Lisa zu bringen, sah Albert aus dem Augenwinkel, wie Dr. Strokman in Begleitung des Jung-Hunters die Halle stürmte. Nur noch drei Minuten bis zur Selbstzerstörung. Mutig sprang Larry vor Duke durch die Tür in die Halle … nur um gleich darauf mit einem entsetzten Quietschen hinter dem Doktor Sicherheit zu suchen. Duke konnte die Angst seines geschuppten Begleiters verstehen, als er die Kreatur sah, die sich von dem auf den Stufen stehenden Albert Wesker abwandte, um nun ihn und Larry anzustarren. Trotz der gebückten Gestalt war das Wesen groß, die Arme waren unnatürlich lang und die klobigen Hände wurden von hölzernen Handschellen, die an eine mittelalterliche Schandgeige erinnerten, vor der bebenden Brust fixiert. Die bloßen Füße erinnerten noch annähernd an die eines Menschen und das weiße, von Blut und Schmutz besudelte Kleidchen, welches das Wesen trug, verlieh der Gesamterscheinen etwas mehr als Makaberes. Aber das schlimmste war die Maske, die es trug und die aus einem echten menschlichen Gesicht bestand. Hatte er in seinem Job noch so seltsame und unheimliche Dinge gesehen und gehört, wusste Duke nicht, mit wem oder besser was er es hier zu tun hatte. Ihm drängten sich Zweifel auf, ob er nicht doch besser durch das Fenster hätte fliehen sollen, anstatt sich dieser Bedrohung zu stellen. Und als wenn der Anblick nicht schon schlimm genug wäre, öffnete die Bestie auch noch ihren Mund und schrie nach ihrer Mutter in einer Mischung aus Angst und Zorn, die dem Gehör nicht erlaubte zu entscheiden, ob man Mitgefühl oder Angst und Abscheu empfinden sollte. Zielstrebig schritt Lisa Trevor auf Strokman zu und holte zu einem tödlichen Schlag aus. Noch zwei Minuten. Einige Sekunden beobachtete Wesker, wie Strokman sich gegen das Trevor-Mädchen schlug. Reflexartig hatte der Halb-Hunter seinen Klauenarm gehoben und den Schlag abgewehrt. Dennoch splitterten einige Schuppen durch den gewaltigen Aufprall und Duke schrie unter Schmerzen auf. Natürlich könnte er diese Ablenkung nun nutzen, um aus dem Anwesen zu entkommen. Lisa würde mit Doktor Strokman schnell kurzen Prozess machen, bevor auch ihr bedauerliches Dasein von den Flammen der Explosion aus dem Diesseits getilgt werden würde. Natürlich könnte er noch mit eins-zwei Schüssen nachhelfen, um sicherzugehen, dass Strokman wirklich das Zeitliche segnet. Das wäre zumindest das logischste, was er nun tun könnte. Trotzdem zögerte Albert Wesker, diesen Plan in die Tat umzusetzen. Es war keine Dankbarkeit, die er für den Doktor dafür empfand, dass er ihm zur Hilfe eilen wollte, auch war es kein Mitgefühl. Vielmehr war Strokman ein überaus interessantes Individuum. Und ein ebenso interessantes Forschungsobjekt, sobald sich die Wogen, die Umbrella geschlagen hatte, geglättet hätten. Vielleicht war es doch nicht zu spät, die zweite Option bezüglich Strokman zu wählen. Noch eine Minute. Duke wich vor der wütenden Lisa Trevor, die immer weiter mit ihren Fäusten auf ihn einwirkte, weiter in den Gang zurück. Larry hatte zwar mittlerweile einmal gewagt, mit seinen Klauen nach den Beinen der Angreiferin zu schlagen, doch zeigten diese Verwundungen kaum Wirkung. Sie machten Lisa nur noch wütender. Dem nächsten Schlag konnte der Halb-Hunter nicht ausweichen. Mit einer ungeheueren Wucht trafen ihn Lisas Fäuste in der Seite und schleuderten ihn gegen die Fensterseite. Zähnefletschend stellte sich Larry zwischen sein gestürztes Leittier und Lisa und gab ein drohendes Schnarren von sich. Duke, der nun sein eigenes Blut in seinem Mund schmeckte und sich benommen versuchte aufzurichten, war sich sicher, dass Larry diesen Kampf nicht überleben würde. Ebenso sicher war er sich, dass Larry selbst das auch wusste. Aber er konnte nicht zulassen, dass diesem Halbwüchsigen … diesem KIND etwas zustößt. Mit einem letzten Kraftaufwand drückte er sich vom Boden ab und rammte seinen Körper gegen den Larrys, um den Jung-Hunter aus dem Gefahrenbereich zu befördern. Nun sah der Doktor schon den nächsten Schlag auf sich zukommen. Er schloss die Augen und war sich sicher, gleich seinem Schöpfer gegenüber zu stehen. Doch Lisa hielt inne. Als der erwartete Schlag nicht kam, öffnete Strokman seine Augen und blickte zu seiner Angreiferin auf. Das Monster drehte sich gerade mit einem wütenden Schrei um. In seinem Rücken steckte ein Kampfmesser. Wesker hatte sich hinter es geschlichen, um diese Attacke auszuführen. "Fliehen Sie, Doktor, ich übernehme das!", rief der S.T.A.R.S.-Captain, bevor er wieder weitere Schritte vor der Mutantin zurück wich und auf sie schoss. Lisa Trevor schien Duke und Larry schon wieder ganz vergessen zu haben und marschierte brüllend auf Albert zu. "Ich kann Sie doch nicht im Stich lassen", brachte Duke über die bebenden Lippen. Albert Wesker grinste nur kühl, während er den Rest des Magazins in den Körper der Angreiferin jagte und erwiderte: "Doktor, machen Sie sich lieber Sorgen um sich selbst!" Noch dreißig Sekunden. Schwerfällig schleppte sich Duke Strokman durch den Wald, möglichst weit weg von dem Herrenhaus. Er konnte seinen Klauenarm kaum bewegen und vermutlich waren einige seiner Rippen gebrochen. Es hatte nichts mehr gegeben, was er für Albert Wesker hätte tun können. Weder er noch Larry waren diesem Monster gewachsen, also waren sie durch eins der gesprungenen Fenster des Erdgeschosses geflohen. Dennoch hatte er ein schlechtes Gewissen, den Mann einfach so zurück zu lassen. Aber er konnte nun nicht mehr zurück, um nach Wesker zu sehen, die Zeit war zu knapp. Selbst Larry schien die tödliche Anspannung zu fühlen und blieb Duke treu an der Seite, anstatt wie sonst seine Umgebung zu erforschen. Sie waren knapp vierzig Meter von dem Spencer-Anwesen entfernt, als die Selbstzerstörung ausgelöst wurde. Die Explosion kam ohne Vorwarnung und eine Meute aus glühenden Flammen hetzte durch den Wald, begleitet von einem Bombardement aus Trümmern des Gebäudes und der nahen Bäume. Die Schockwelle warf Duke und den kleinen Hunter zu Boden und die Hitze versengte die letzten Haare des Doktors. Strokman blieb einige Sekunden liegen, bis die Hitze vergangen und sich sein rasender Herzschlag etwas beruhigt hatte. Besorgt kauerte sich Larry neben ihn, schaute ihn aus großen gelben Augen an und leckte ihm Dreck und Ruß aus dem Gesicht. "Ich bin okay", japste Duke und tätschelte dem Hunter den geschuppten Kopf, "keine Angst, Larry." Erschöpft richtete sich Strokman auf und atmete die von Staub und Qualm geschwängerte Waldluft ein. Erst langsam erkannte sein Verstand, dass er frei war. Nicht mehr eingesperrt in dem Nährstofftank, nicht in dem Laboratorium. Er warf noch einen kurzen bedauernden Blick zurück zu den qualmenden Trümmern. Es tat ihm wirklich leid um Albert Wesker. So seltsam und unheimlich dieser Mann auch gewesen sein mag, er hatte sich für ihn und Larry geopfert. Aber daran konnte er nun nichts mehr ändern. Es war nur noch daran, Weskers Opfer nicht vergebens sein zu lassen und zu überleben. Bald schon würde die Feuerwehr hier sein. Bald schon würde das Gelände von Polizei und Umbrella-Mitarbeitern nur so wimmeln. Man durfte Larry und ihn nicht finden. Zielstrebig verschwand Duke, gefolgt von dem kleinen Hunter, tiefer in den Wald. Er würde erst einmal seine Wunden lecken und anschließend überlegen, wie er sich seiner Frau und seinem Sohn nähern könnte, ohne sie zu sehr zu erschrecken. Und wie er Umbrella heimzahlen könnte, was man ihm angetan hat. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)