Snow White and the Huntsman - Blacksmith's Legacy von Jadis (Die Tochter des Hufschmieds) ================================================================================ Kapitel 5: Kapitel 5 ~ Nacht ---------------------------- And althought I was losing my mind It was a chorus so sublime But the room was too quiet, Oh oh oh oh Mein Schlaf war traumlos. Alles verzehrende Finsternis umgab mich und als ich dachte, die Dunkelheit würde nie vergehen, sah ich ein Licht und öffnete die Augen. Ich lehnte an einem Fels. Erics Mantel lag über mir und schirmte die Kälte ab. Als ich nach oben sah, sah ich den Sternhimmel funkeln, wie Diamanten auf einem schwarzen Tuch aus Seide. Wir befanden uns nicht mehr im Dunklen Wald und ich fragte mich ernsthaft wie ich wohl hierher gekommen war. Feuerschein flackerte von den umstehenden Bäumen wider und ich senkte den Blick zu dem Lagerfeuer. Ich bewegte mich nicht und beobachtete Eric eine Weile dabei, wie er sich am Feuer zu schaffen machte. Der Geruch von gebratenem Fleisch wehte zu mir herüber und mir lief das Wasser im Mund zusammen. »Das riecht gut«, sagte ich und war überrascht wie rau meine Stimme dabei klang. Eric drehte sich langsam zu mir um und zeigte ein Lächeln. »Du wachst zum richtigen Zeitpunkt auf. Das Essen ist fertig.« Ich bewegte mich und stand auf, hielt den Mantel dabei mit meiner gesunden Hand fest um mich geschlungen und ging zum Feuer, wo ich mich auf einen Baumstumpf setzte. »Kaum zu glauben, dass es hier Flughörnchen gibt.« Ich beobachtete wie er mir einen Spieß reichte und griff danach. Ich bemerkte, dass die Finger meiner linken Hand verbunden waren und sah schnell wieder weg, als ich mich an den Schmerz erinnerte. »Danke«, sagte ich und meinte damit alles. Nicht nur das Essen oder das ständige Leben retten, sondern alles. Und ich hoffte, dass er es wusste. »Für alles, meine ich.« »Du solltest mir erst danken, wenn wir unser Ziel erreicht haben. Vorsicht, ist noch heiß.« Ich pustete auf das possierliche Tierchen und knaupelte vorsichtig ein Stück davon ab, um es mir in den Mund zu schieben. Es sah aus wie Ratte am Spieß, aber schmeckte ganz wunderbar. Ich konnte gar nicht so schnell essen wie ich Hunger hatte und mein Spieß war binnen Minuten leer gefuttert. Sehnsüchtig sah ich auf die knochigen Reste zu meinen Füßen. Eric beobachtete mich schweigend und hielt mir nach kurzer Überlegung schließlich auch seinen Spieß unter die Nase. »Hab keinen Hunger«, informierte er mich und leckte sich die Finger, nachdem ich dankend angenommen hatte. Ich hätte einen ganzen Hirsch verputzen können. »Wo sind wir?«, fragte ich mit vollem Mund und spuckte mich dabei mit magerem Flughörnchenfleisch voll, was Eric ein leises Lachen entlockte. »Unweit der Blauen Berge«, hörte ich ihn sagen, beobachtete wie sein Atem in hellen Wolken von seinem Mund aufstieg und fühlte mich plötzlich schlecht, als ich mir der Kälte bewusst wurde und ihn nur im Hemd dasitzen saß. »Ach du meine Güte, tut mir leid.« Hastig schälte ich mich aus seinem Mantel und hielt das wärmende Kleidungsstück in seine Richtung. »Danke für's leihen.« Eric legte Feuerholz nach und sah mich dabei beleidigt an. »Behalte ihn. Es ist kalt.« »Deswegen ja. Du wirst frieren.« »Ich bestehe darauf.« »Ich auch.« »Ich will ihn nicht.« »Ich auch nicht.« Demonstrativ ließ ich den Mantel zwischen uns fallen, wo er einige Sekunden liegen blieb, während wir uns mit Blicken maßen. Wer von uns beiden Dickköpfen würde wohl zuerst nachgeben? Ich rümpfte die Nase. Irgendwie roch es plötzlich verbrannt. Wir sahen gleichzeitig nach unten und sprangen auf, als das Feuer an einem Ärmel des Mantels leckte. Eric trampelte darauf herum, während ich versuchte trockene Walderde darüber zu schaufeln. Irgendwann war der Ärmel gelöscht und wies nun einen unschönen Brandfleck auf. Ich hüstelte verlegen, als ich mich auf meine Fersen zurücksetzte und widmete mich wieder meinem Essen. Stumm schüttelte Eric seinen Mantel aus, legte ihn mir um die Schulter und setzte sich neben mich. Ich zog, wie ich es so gern tat, eine Schnute und sah ihn aus dem Augenwinkel heraus an. Dann legte ich eine Hälfte des Mantels um seine Schulter, was gar nicht so einfach war, da er ein gutes Stück größer war als ich. Er seufzte nachdem ich mein Werk beendet hatte und zufrieden war, dass wir jetzt beide etwas davon hatten, dann kicherte ich, welches sich in einen bösen Lachanfall entwickelte. Ich hörte wie Eric einstimmte und wischte mir eine Träne aus dem Augenwinkel. Mir den Bauch haltend, legte ich immer noch lachend eine Hand auf sein Bein, wollte etwas sagen, kam jedoch nicht mehr dazu, als jemand vor uns in den Schein des Feuers trat. Das Lachen blieb uns im Hals stecken, als wir die Spähertruppe erkannten. Eric sprang auf, wobei der Mantel achtlos in den Dreck fiel, die Axt bereits kampfbereit in den Händen, während ich mich noch schwerfällig auf die Beine kämpfte. »Gefunden«, sagte der Anführer der Truppe bereits siegessicher, während sich drei andere um uns positionierten. Nummer fünf war wohl beim Kampf mit dem Troll draufgegangen. »Ich unterbreite dieses Angebot eigentlich kein zweites Mal, also seht es als großzügiges Geschenk der Königin.« Ich schluckte, aber mein Hals war plötzlich so trocken wie das Flussbett im Sommer. »Gebt uns das Weib und Ihr dürft ziehen.« Eric funkelte unsere Widersacher böse an und schob mich als Antwort hinter sich in Sicherheit. Ich drückte mich gegen seinen Rücken und sah nach unten. Zwei Dolche an seinem Gürtel erregten meine Aufmerksamkeit und ich nahm ohne zu zögern einen an mich, hielt den Griff fest umklammert und wartete. »Ja, das dachte ich mir fast«, meinte der Späher, zog blank und gab seinen verbliebenen Männern ein Zeichen. »Tötet ihn.« Mir gefror das Blut in den Adern, als die Späher sich in Bewegung setzten. Mit einer Rolle vorwärts bewegte sich der Jäger in Richtung Feind und schlug einem Späher die Beine weg, während er sich gleichzeitig in einer geschmeidigen Bewegung erhob und seine Axt auf den am Boden liegenden sausen ließ. Ich stolperte zurück, als ich einen der Männer in meine Richtung laufen sah. Ich hatte keine Ahnung, weswegen die Königin junge Frauen und Mädchen gefangen nehmen ließ. Viele waren der Meinung, dass sie die reinen Herzen der Frauen aß. Ich war immer anderer Ansicht gewesen. Dass sie lebend mehr Wert waren. Jetzt war ich mir nicht mehr so sicher. Schnell brachte ich das noch brennende Feuer zwischen meinen Angreifer und mich. Anscheinend hielt er mich für leichte Beute, er hatte nicht einmal eine Waffe gezogen, sondern nur ein ekelhaftes Grinsen aufgelegt. Ehe er den ersten Schritt tun konnte, stürmte ich vor und gab dem glühenden Holz im Feuer einen Tritt. Funken stoben in die Luft, während der Späher schreiend und mit erhobenen Armen Glut und Holzscheite abwehrte. Ich nahm mir Zeit nach Eric zu sehen, erblickte bereits einen weiteren sterbenden Späher und heftete den Blick wieder auf meinen Gegner. Er zeigte sein nun grimmiges Gesicht und hastete mit ausgestreckten Armen auf mich zu. Ich wollte ausweichen und ihm einen kräftigen Tritt in die Seite verpassen, doch ich war zu langsam und er bekam mich am Arm zu fassen. Ehe ich ihm den Dolch in die Seite rammen konnte, packte er meine Handgelenke und hielt den tödlichen Gegenstand auf Abstand. Sterne tanzten vor meinen Augen, als er seine Stirn hart gegen meine schmetterte. Ich verlor für kurze Zeit die Kontrolle über meinen Körper und fand mich am Boden wieder, während mir der Dolch aus der Hand gedreht und weggeschleudert wurde. Der Späher presste sich gegen mich und schob sein Knie zwischen meine Beine. »Die Königin braucht dich zwar unversehrt«, schwätzte er daher und fummelte dabei hastig an seiner Hose herum. »Aber nicht auf diese Weise.« Mein Verstand begann wieder zu arbeiten. Ich schrie, kratzte, trat und wehrte mich heftig. Ich schaffte es, kurze Zeit loszukommen, drehte mich zur Seite und griff nach dem Dolch. Ich schickte ein Stoßgebet los, als ich den Griff mit aller Anstrengung gerade so erreichen konnte und wirbelte herum. Ein Aufschrei folgte, als der Späher sich erneut über mich warf und sich somit die Klinge des Dolches selber bis zum Schaft in die Brust bohrte. Seine Augen weiteten sich, als es zu Ende ging und er schließlich leblos über mir zusammen sackte. Ich atmete schwer, hielt den Griff noch immer mit beiden Händen umklammert und fühlte mich sterbenselend. Mein Schädel brummte und ich brauchte ein paar Sekunden bis ich realisieren konnte was soeben passiert war. Erleichtert ausatmend schloss ich die Augen. Was für ein Tag... Mit einem Mal war das Gewicht des Spähers verschwunden. Ich öffnete alarmiert die Augen, entspannte mich jedoch sofort wieder, als ich Eric über mir erkannte. Fast hätte ich losgeheult und mich in seine Arme geworfen. Erics Gesicht war mit Blut besudelt. Eine Wunde an der Augenbraue und eine am Haaransatz bluteten stark, als er sich neben mich hockte und ich mich mit seiner Hilfe aufrichtete. Im sterbenden Feuerschein im Hintergrund lagen seine Gegner und ich fühlte mich wieder sicher. »Bist du verletzt?«, fragte er atemlos und untersuchte die Stelle wo meine Kleidung vom Blut des Spähers durchtränkt war. Ich schüttelte den Kopf. »Nein, alles in Ordnung. Das ist nicht mein Blut.« Grenzenlose Erleichterung spiegelte sich auf seinem Gesicht wider, bevor er mich packte und in eine Umarmung an sich zog. Wind und Wald, dachte ich, als ich nur reglos in seinen Armen hing und versuchte Tränen zu unterdrücken. Seine Hände umfassten mein Gesicht und er zwang mich somit ihn anzusehen. »Ich sollte dir etwas sagen«, begann er und verzog plötzlich schmerzverzerrt das Gesicht. Ich sah eine Wunde an seinem Oberarm und blickte alarmiert auf. »Du bist verletzt.« »Nur ein Kratzer«, versicherte er und legte seine Stirn gegen meine, was mich erstarren ließ. »Was ich sagen wollte war- Argh!« Ich schrie seinen Namen, als er zu Boden ging, sich im Dreck wälzte und schützend seinen Oberarm hielt, als könnte er somit die Schmerzen die er augenscheinlich hatte lindern. Ich wusste nicht, was ich anderes hätte tun sollen, also besah ich mir die tiefe Fleischwunde an seinem muskulösen Arm und sog scharf die Luft ein. Die Wunde war zwar tief, würde aber wieder verheilen, doch von den ausgefransten dunklen Rändern liefen schwarze Striemen durch seine Haut, die sich mit jedem Herzschlag weiter auszubreiten schienen. Kalte Angst machte sich in mir breit und ich schluckte schwer, bevor ich in seine Augen sah. »Die Klinge war vergiftet«, hörte ich mich tonlos sagen und griff nach seiner Hand. Er sah mich schon wieder mit einem Gesichtsausdruck an, als wäre er für immer verloren, doch vielleicht stimmte es diesmal. Ich half ihm sich aufzurichten und gegen den Fels zu lehnen, gegen den ich zuvor gelehnt hatte. Ich fühlte mich hilflos, als ich umherblickte und nach einer Lösung suchte. Ich wollte nicht wahrhaben, dass es jetzt zu Ende gehen sollte. Dann sah ich es. Iraboh-Kraut! Ohne ein Wort der Erklärung stürzte ich zu der mächtigen Eiche, an deren Stamm ich es entdeckt hatte und riss die zarten Pflänzchen gleich mitsamt Wurzel heraus. Eric beobachtete mein Unterfangen kommentarlos und ich stopfte mir die Blätter hastig in den Mund und zerkaute sie zu einer breiigen Masse. Der bittere Geschmack war unangenehm und ich musste husten, nachdem ich den Brei in meine Hand gespuckt und auf Erics Wunde aufgetragen hatte. Mit meinem Werk zufrieden, lehnte ich mich abwartend zurück und behielt die schwarzen Striemen im Auge. Nach wenigen Minuten war mir klar: es zeigte keinerlei Wirkung. »Es heilt die Wunde, aber hält das Gift nicht auf«, erklärte ich und war nun echt verzweifelt. »Sarah«, sagte Eric leise und ich wollte nicht, dass seine Stimme diesen verabschiedenden Tonfall annahm. Ich hörte einfach nicht hin, sondern tigerte auf und ab. In meinem Kopf ratterte es. Es musste einen Weg geben. Nur welchen? Eric machte Anstalten aufzustehen und ich hechtete zu ihm, drückte meine Handflächen gegen seine Brust um ihn daran zu hindern sich zu erheben. »Bleib sitzen! Das Gift verbreitet sich nur noch schneller, wenn du dich bewegst. Und wenn die Striemen dein Herz erreicht haben dann... dann...« Meine Stimme versagte. Ich sah nach unten, konnte durch den Tränenschleier hindurch eh nichts mehr erkennen. »Ich werde Hilfe holen«, sagte ich stockend. »Hier ist niemand im Umkreis von zwei Tagesmärschen«, meinte Eric. Er klang sehr müde. »Ich werde jemanden finden«, versicherte ich und legte meine Stirn gegen seine Brust. »Es ist meine Schuld. Ich werde es wieder in Ordnung bringen.« »Du solltest ohne mich weitergehen«, flüsterte Eric und streichelte mein Haar. Der Gedanke ihn sterbend zurückzulassen trieb mich fast in den Wahnsinn. »Die Zwerge!«, schoss es mir plötzlich und ich blickte hoffnungsvoll auf. »Sie sind heilkundig. Sie werden wissen was zu tun ist.« »Sie werden dich einen Kopf kürzer machen, wenn sie dich erwischen.« »Bitte, beschreibe mir den Weg«, flehte ich und ergriff seine Wange. »Du stirbst, wenn ich nicht zu ihnen gehe.« Er schluckte, sah mir in die Augen und schien einen inneren Kampf auszufechten. »Du musst nach Osten«, sagte er schließlich. »Behalte die Blauen Berge immer zu deiner Linken. Wenn du glaubst, du bist in den Isana-Wäldern zu weit gegangen, dann geh noch viel weiter und du wirst sie finden.« Ich fand die Wegbeschreibung äußerst merkwürdig, raffte jedoch sofort meine Kleider und wollte keine Zeit verlieren. Mir fiel ein, dass sich die Zwerge ja vielleicht über die Münzen der Späher freuen würden. Ich fühlte mich wie ein Grabräuber, als ich kurz darauf in den Taschen der toten Männer wühlte. Wenige Silbermünzen später war ich fast schon unterwegs. »Osten liegt da«, meinte Eric in die Richtung deutend, die ich nicht eingeschlagen hatte. »Weiß ich doch«, log ich und rannte los, hielt jedoch noch einmal inne, um mich nochmals an ihn zu wenden. »Bewege dich so wenig wie möglich und versuch zu schlafen, das verlangsamt den Herzschlag und somit die Verbreitung des Giftes.« Eric nickte langsam. »Zu Befehl«, meinte er leise und sah mir nach, wie ich im Wald verschwand. »Und lass dich bitte nicht umbringen.« Viele Dinge blieben in dieser Nacht ungesagt und als ich mir meinen Weg durch den Wald bahnte, wünschte ich, ich hätte sie ausgesprochen. Vielleicht würde ich schon bald keine Gelegenheit mehr dazu haben. ~ Ende des 5. Kapitels ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)