The Lost get found von Ashelia (Rise of the Brave Tangled Dragon | One-Shot Sammlung) ================================================================================ Kapitel 1: Once in a blue moon ------------------------------ Menschen waren einfallsreich, wenn es darum ging die Schuld ihres Unglückes auf andere zu schieben. Niemals hatte Jack mehr kreative Köpfe unbewusst ihre Ideen teilen sehen, wo das Ergebnis doch nur in Schwachsinn endete. Wirklich hatten die Leute nichts besseres zutun? Wohl kaum, denn es herrschte Frieden und das Königreich, in dem er sich aus Neugierde befand, lebte in Wohlstand wie kein anderes. Man hatte Langeweile und eigentlich wäre dieser Ort von keinstem Interesse für ihn, wäre da nicht dieses Gerücht, dass der Mond die Königin unheilbar krank gemacht hätte. Mittlerweile wusste Jack, dass die Wege des Mondes unergründlich waren, was nicht bedeutete, dass er sich damit abfand oder es ihm gefiel. Der Mond hatte ihn wieder ins Lebens zurück geholt, seine Lungen wieder mit Luft gefüllt. Auch wenn man sich darüber streiten konnte, ob man es wirklich Leben nennen konnte, wenn niemand einen sehen oder hören konnte. Anders war es bei der Königin, auf der die Augen des ganzen Volkes ruhten. Alle sorgten sich um sie, wollten helfen. Viele Menschen machten sich auf die Suche nach etwas, was „Träne der Sonne“ genannt wurde. Was für eine Ironie, dass sie dem Mond die Schuld gaben, aber sich die Hilfe von der Sonne erhofften. Wenn er ehrlich war, hatte er keine Hoffnung auf Besserung. Tragödien geschahen, Menschen starben jeden Tag - wie es ihm selbst geschehen war. Natürlich wünschte er es niemandem, aber irgendwann musste man es akzeptieren, oder nicht? Aber er irrte sich. Entgegen seiner Erwartungen fanden sie die Blume, die einen Funken Magie enthielt. Das Dorf war in heller Aufregung und feierte mehrere Tage lang über den Sieg der Krankheit, doch es war dieser eine Tag, der Jack für immer in Erinnerung bleiben würde. Der Tag an dem die Nacht zum Tag gemacht wurde. Der Geburtstag der Prinzessin mit dem goldenen Haar, die ein ganzes Volk mit ihrem Lächeln verzauberte. Es war ein Jahr später, dass der Wind ihn wieder zu diesem Ort trug. Eigentlich hatte er erwartet wieder in die fröhlichen Gesichter der Leute zu sehen, wo ihr erster Geburtstag nahte. War das kein Grund zum Feiern? Doch stattdessen entdeckte er nur hin und wieder einen traurigen Blick in Richtung Schloss. Ohne wirklich zu verstehen, was vor sich ging, blieb er nicht länger. Warum sollte er? Er war nicht da, um Menschen glücklich zu machen. Kinder ja, aber kein gesamtes Königreich. Im Licht der Abendsonne war das Weinen eines Kindes alles, was er wahrnahm während er sich einfach durch die Lüfte gleiten ließ. Neugierde lockte den Wintergeist zu einem der höchsten Türme, die er in seinen mittlerweile 120 Jahren gesehen hatte. Der Turm schien weder einen Eingang zu besitzen noch viele Fenster bis auf eines, was dem höchsten Zimmer zu gehören schien. Dreist wie er war - und mal ehrlich, wie hoch standen schon die Chancen, dass ihn jemand bemerkte? - landete er auf dem Fenstersims. Federleicht hüpfte er ins Zimmer. Der Raum war leer, erschien nahezu spartanisch mit einigen wenigen Regalen ohne Inhalt. Einzig eine Kinderwiege stand dort, die der Ursprung des Geplärres zu sein schien. Nachdem er sich umgesehen hatte, dass wirklich niemand nach dem Kind zu sehen versuchte, lugte er vorsichtig über den Rand der Krippe. Dort lag ein Mädchen mit langem blondem Haar ähnlich der Beschreibung wie die Dorfbewohner die Prinzessin angepriesen hatten. So beschäftigt der Welt ihre Trauer mitzuteilen bemerkte sie den Fremden erst gar nicht, bis sie zwischen den Tränen einen Blick auf ihn warf und ihre Schluchzer langsam erstickten. Stattdessen sahen zwei große grüne Augen direkt zu der Person über sich, bis sie quengelnd die Ärmchen nach ihm ausstreckte. Ungläubig weiteten sich seine Augen und umrundete einmal das Kind nur um zu prüfen, wie ihr Blick ihm weitestgehend folgte immer noch unerfreut, aber ruhiger mit dem Wissen nicht mehr allein zu sein. „Du kannst mich sehen?“, fragte er schließlich und hielt ihr vorsichtig die Hand hin. Immerhin schien sie nicht sonderlich gesprächig zu sein, doch streiften ihre Finger die seinen. Überrascht zog er erst die Hand zurück. So lange hatte er niemanden mehr berühren können, aber dieses Kind schien zu glauben. Es konnte ihn sehen, sogar berühren. Wie war das möglich? Ein weiteres Mal streckte er die Hand nach der kleineren aus, nur damit sich diese um einen Finger von ihm wickeln konnte. Alleine der sanfte Druck, den sie ausübte, brachte ihn zum lachen, so schwer war es immernoch für ihn zu glauben endlich jemand anderen spüren zu können. Es schien wie ein Wunder. Und in dieses Gelächter stimmte ihre kindliche Stimme mit ein. „Oh, du glaubst gar nicht, wie mir gerade ein Stein vom Herzen fällt! Ich dachte schon, niemand würde mich sehen können!“, erzählte er euphorisch und strich ihr über den Kopf. „Wie alt bist du genau? Wie ist dein Name? Ich würde dich gerne so vieles fragen!“ Wie war es möglich, dass sie an ihn glauben konnte? Sie kicherte nur. Es war ein bezaubernder Ton, der selbst den Geist der Kälte erwärmen ließ. Doch erregte etwas anderes seine Aufmerksamkeit. „Ich bin gleich wieder da“, flüsterte er, befreite sich aus dem Klammergriff des Kindes und schritt ans Fenster. Am Horizont stiegen tausende von Lichtern auf, die die Dunkelheit vertrieben. Fasziniert wie an jenem Tag vor einem Jahr beobachtete er das Schauspiel der Laternen und kletterte unbewusst auf den Fenstersims um sich zu ihnen tragen zu lassen. Noch bevor er sich von dem Stein abstoßen konnte, riss ihn ein erneutes Wimmern, das drohte lauter zu werden, wieder in die Realität. „Hey, shhht. Es ist doch alles gut!“, beruhigte er das Mädchen was versucht hatte sich an einer Seite ihres Bettchens hochzuziehen und ihn mit großen Augen ansah als würde er sie verlassen und nie wieder zurück kommen. „Ich bin doch noch hier. Kein Grund zu weinen“, tröstete er sie und klopfte ihr sanft auf das Haar. Dabei wusste er, hätte sie sich nicht bemerkbar gemacht, wäre er einfach fort geflogen. Ob er wiedergekommen wäre? Soweit hatte er in diesem Moment nicht gedacht. „Komm, ich zeig dir etwas“, grinste er schließlich und hob sie auf den Arm. Während sie ans Fenster gingen erzählte er vereinfacht die Geschehnisse, die sich vor einem Jahr ereignet hatten. „Die Königin bekam eine Tochter und zu Ehren ihres Geburtstages zündeten sie Laternen an, die den gesamten Himmel erleuchteten - zumindest sah es für die Dorfbewohner so aus, da der Himmel um einiges größer ist als sie glauben. Anscheinend wiederholen sie es dieses Jahr.“ Dabei hatte es nicht nach einer Feier ausgesehen, als er das Dorf besucht hatte. Doch das Mädchen auf seinem Arm lauschte ihm kaum noch. Viel zu gebannt war es von der Dunkelheit, die den Laternen wich, während Jack weiter sprach und mit ihr in den Nachthimmel sah. „Die Prinzessin müsste ungefähr in deinem Alter sein, genauso blond“, grinste er und wuschelte ihr dabei durch die Haare, was ihr protestierende Laute entlockte „und ganz sicherlich geliebt.“ An diesem Abend wusste Jack Frost nicht, dass er den ersten Geburtstag mit der genannten Prinzessin verbrachte. Dieses Wissen ereilte ihn erst ein Jahr später. Und jedes Jahr würden sie an diesem Tag gemeinsam in den Himmel sehen, der die tiefste Dunkelheit und die schlimmsten Ängste in ihren Herzen zurück zu drängen vermochte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)