Primeval: New World Season II von kentasaiba ================================================================================ Kapitel 8: [Folge 08] Katz und Maus ----------------------------------- USA, Roswell 1947 Rodrigo Bullough liebte es auf der Road 222 zu fahren. Sofern sie sich nicht gerade in der Innenstadt befanden, waren die weiten Straßen um New Mexiko meistens angenehm leer. Er betätigte ein paar mal die Hupe, auch wenn niemand sonst zugegen war. „Hier, reg dich erst einmal etwas ab.“, sagte eine Stimme hinter ihm und reichte ihm etwas. Rodrigos bester Freund lag auf dem Rücken und starrte zur Decke des VW T1. Der Volkswagen hatte Rodrigo ein Vermögen gekostet, war aber jeden Cent wert gewesen. Er griff nun nach der Zigarette die sein Kumpel Oscar hielt. Unverzüglich wanderte sie zwischen seine Lippen und Rodrigo nahm einen tiefen Zug. Kurz darauf fühlte er sich viel besser. Oscar war ein Nichtsnutz wie er im Buche stand, aber eines konnte man ihm nicht vorwerfen. Nämlich, dass er nie guten Stoff parat hatte. Rodrigo blies den Rauch nach zum Fenster hinaus und behielt die Straße weiterhin im Auge. Kleine, goldene Sternen zeigten sich am Horizont, obwohl es helllichter Tag war. Er rechnete nicht mit tanzenden, rosa Elefanten, das wäre vermutlich übertrieben gewesen. Bunte Spiralen bildeten sich nun vor seinen Augen und Rodrigo grinste glücklich. Wenige Meter vor ihm erstreckte sich nun eine Überfahrtsbrücke, darunter eine tiefe Schlucht. In seinem Kopf schwang diese auf und ab, als wäre sie ein Lebewesen. In der Mitte schien irgendwas zu funkeln, als ob ein Fenster zerbrochen wäre und die Scherben das Licht reflektierten. Ja, Rodrigo würde direkt auf die Sonne zusteuern. Dann bemerkte er wie zwei Hände ins Lenkrad griffen und es zur Seite zogen. Rodrigo erstarrte und der VW krachte gegen eine Leitblanke, wo er mit einem Knall zum Stehen gebracht wurde. Wäre der Fahrer nicht angeschnallt gewesen, hätte er sich die Rudischen nun von unten angesehen. „Scheisse, was ist los? Wie high bist du eigentlich?“, schrie er Oscar wütend an. Für ihn stand fest, dass sein Kumpel den Schaden zweifelsfrei bezahlen würde. Doch dieser schien sogar weniger geraucht zu haben als er selbst. Oscar stand nun auf und sprang aus dem VW. Rodrigo löste den Gurt und zwängte sich ebenfalls ins Freie. Oscar hielt sich die Hände an den Kopf und starrte auf das Licht vor sich. „Alter, du wärst fast in das Ding hinein gerast“, sprach er. Rodrigo war überrascht, dass sein Kumpel für Sinnestäuschung ebenfalls so wahrnahm wie er. Oder… existierte dieses Licht da wirklich? Rodrigo hatte keinen blassen Schimmer was sie da vor sich hatten, doch Oscar hatte ihm womöglich das Leben gerettet. Ohne zu zögern sprang er wieder in den VW und holte seinen Fotoapparat heraus, der zwar etwas mitgenommen wirkte, aber immer noch tauglich war. Oscar beobachtete ihn und stimmte ihm bei der Idee zu, dieses Naturphänomen festzuhalten. Vielleicht würden sie in irgendwelche Naturdokus oder Talkshows eingeladen werden. Rodrigo setzte den Apparat gerade an, als sich etwas innerhalb des Lichts regte. Die beiden Männer trauten ihren Augen nicht, als sich unerwartet ein Kopf herausstreckte. Er besaß die Größe eines Menschen, war aber grau, während die Augen eher zurückgebildet und die Stirn hoch war. Das Geschöpf trat nun ganz ins Freie und besaß sogar die Statur eines Menschen. Der ganze Körper war gräulich und das Wesen reckte seine Nase in die Höhe um die neuen Düfte einzusaugen. Rodrigo begann wie wild Bilder zu knipsen und die Kreatur wurde auf sie aufmerksam. Das Licht hinter dem Wesen verschwand, aber dafür näherte es sich Rodrigo und Oscar. Es wollte gerade zum Sprung ansetzen, da ertönte ein lautes Hupen. Kurz hinter dem VW kam ein Wagen zum stehen, laute Musik war aus dem Radio zu vernehmen. „Verdammt, was ist hier passiert? Ein Unfall?“, rief ein Mann und versuchte aus dem Auto zu steigen. Rodrigo starrte wieder zu der Kreatur, mit der eindeutig etwas nicht stimmte. Sie hielt sich mit den Händen seitlich den Kopf, als würden ihre Ohren nicht mit dem lauten Krach zurechtkommen. Sofort ergriff es die Flucht und zog sich zur Felswand zurück. Scheinbar war es ein guter Kletterei, den in Windeseile war das Wesen nach unten verschwunden. Rodrigo sah sich immer wieder die Fotos an. Er war dermaßen high gewesen, dass sämtliche Aufnahmen verwackelt waren, doch das graue Wesen war eindeutig zu sehen, wenn auch etwas verschwommen. „Alles in Ordnung?“, fragte der Autofahrer hinter den beiden und er und Oscar drehten sich um. „Man, ihr beide seht aus, als hättet ihr gerade einen Geist gesehen.“, stieß der Kerl eine Bemerkung aus. Rodrigo schüttelte eingeschüchtert den Kopf. „Nein, keinen Geist, Alter. Einen echten, lebendigen Außerirdischen.“ USA, Nevada – Area51, Heute Gemischte Gefühle beschlichen den Fahrer des dunkelgrauen Hondas, als er weniger Meter vor der Schranke hielt und den Motor abstellte. Ein Mann in Uniform verließ das Sicherheitshäuschen und schritt auf den Besucher zu. „Sir, bitte weisen Sie sich aus.“, bat er und der Fahrer brummte unzufrieden. Anstelle eines Ausweises herauszuziehen, steckte er seinen Kopf durch das Fenster der Fahrerseite. „Robert Kirkland. Colonel der United States Air Force.“, sprach er in monotoner, aber kräftiger Stimme. Der Wachmann schluckte und salutierte unverzüglich. „Bitte verzeihen Sie vielmals Sir, ich habe Sie erst gar nicht erkannt, weil Sie lange nicht mehr auf dem Gelände waren. Ich öffne sofort die Schranke.“, erwiderte er und bediente einige Knöpfe. Die Schranke schwenkte nach oben und der Honda konnte durch. Es waren noch ein paar hundert Meter zu fahren, manchmal kam Kirkland das Gelände unnötig groß vor. Truppenübungen und Flugzeugstests waren dafür verantwortlich. Außerdem war es unvermeidlich, dass große LKWs mit schwerem Inhalt stets ohne Verzögerungen das Areal befahren konnten. Die Ware der LKWs war meistens von dicken Lacken verdeckt, kein Fotograph oder UFO-Jäger sollte einen Blick darunter werfen. Kirkland fluchte als er bemerkte, dass sein Parkplatz inzwischen an jemand anderen vergeben worden war. „John Davis.“, las er und fragte sich welche Qualifikationen der Mann wohl besaß. Sicher irgendein Anzugträger oder nur Akten stemmte und Berichte weitergab. Es war nicht so, als hätte Kirkland damit gerechnet mit fliegenden Fanfahnen begrüßt zu werden, aber vergessen zu werden hatte er nicht erwartet. Ihm blieb nichts übrig als sich einen der leeren Parkslots zu suchen, die normalerweise von Besuchern genutzt wurde. Er stellte den Honda ab und legte den gewohnten Weg zurück. Den Weg, den er bereits 2 Monate nicht mehr gegangen war. Trotz seiner Abwesenheit hatte sich kaum etwas verändert. Die Vorgänge waren hektisch wie immer. Die Unteroffiziere salutierten vor Kirkland als sie ihn sahen, das war wohl das Höchstmass der Gefühle. Der Colonel fühlte sich immer noch unwohl in seiner Haut, seine Glieder wirkten steif und nicht gut verheilt. Womöglich hatte sein Arzt recht und zwei Monate Reha waren nicht ausreichend gewesen. Kirkland selbst war dies egal. Er hasste es ans Bett gefesselt zu sein, während seine Kameraden im Einsatz ihr Leben riskierten. So hatte er auch während des Irak und des Golfkrieges gedacht, auch wenn die Verhältnisse sich deutlich unterschieden. Seine Vorgesetzten hatten ihn zum Glück nicht fallen lassen, wie Kirkland feststellte, als seine Sicherheitskarte ihm alle Türen öffnete. Sein eigentliches Ziel war das Büro seines Vorgesetzten Offiziers, General Hammond, mit dem er in einer halben Stunde eine Besprechung hatte. Doch gerade die Tatsache, dass ihm noch Zeit blieb, ließ ihn inne halten und er beschloss etwas zu tun, was er schon lange nicht mehr tat. Er betrat den Fahrstuhl und gab einen speziellen Code ein. Der Lift fuhr ihn automatisch in das tiefste Untergeschoss des Militärkomplexes. Die Türen öffneten sich und Kirkland holte tief Luft. Er trat in den Gang dahinter und wurde sofort von einem Uniformierten gemustert. „Airman.“, nickte der Colonel ihm zu und der Soldat nahm Haltung an. Kirkland schritt voran und war bald vor einer dicken, weißen Tür abgekommen. Diese ließ sich lediglich mit einem Ausweis öffnen, welcher mindestens einer Sicherheitsstufe 5 oder höher unterliegt. Kirklands Rang und seine Position hatten ihm die 5 eingebracht, genau wie den Wissenschaftlern die in dieser Sektion ihre Forschung betrieben. Nur Hammond und die hohen Tiere der Reagierung besaßen eine höhere Stufe. Kirkland zog seine Karte durch und gelangte ins Innere des Zimmers. Es war stickig, es existierten keine Fenster und gesäubert wurde der Bereich auch schon lange nicht mehr. Kirkland schmunzelte bei dem Gedanken, dass eine Putzfrau hier herein kam und das größte Geheimnis des Stützpunktes erblickte. Sie hätte auf der stelle ihren Besen fallen lassen und den Wassereimer umgekippt. Danach wäre sie panisch weggerannt. Der Raum war dennoch steril und außer weißen Wänden und weißen Fließen gab es hier nicht viel. Was es hier jedoch gab war für manche atemberaubend, für andere wiederum verstörend. Vor Bob Kirkland tat sich eine Art Terrarium auf, das mit flüssigem Bernstein gefüllt wurde. Dies hatte nur einen Zweck, das tote Lebewesen darin so gut zu konservieren wie nur möglich. Begonnen hatte alles im Jahre 1947, als einige Passanten ein mysteriöses Wesen fotografiert hatten. Die meisten hielten die Bilder sofort für einen Streich, für andere wiederum stellten sie den eindeutigen Beweis für außerirdisches Leben dar. Bob Kirkland wusste es besser. Diese Kreatur vor ihm im Bernstein kam zwar von einer anderen Welt, jedoch eher aus der Hölle. Die Polizei und das Militär hatten nicht auf die Bilder reagiert, bis in einer Kleinstadt in der Nähe immer mehr Menschen grausam abgeschlachtet und teilweise verspeist wurden. Das FBI hatte erst einen kannibalistischen Serienmörder im Sinn, doch die Kreatur welche die Beamten wenig später erschossen, war kaum damit zu beschreiben. Sie war definitiv ein Fleischfresser, aber keinesfalls menschlich. Sie besaß zwar etwa die nötige Größe, doch die Haut war grau, spröde und faltig. Die Augen zurückgebildet und Nase und Gehör ausgeprägt. Scheinbar reagierte das Wesen auf Schall und ähnliches. Die Kreatur wurde umgehend in den gerade erst gegründeten Luftwaffenstützpunkt Area51 gebracht und von etlichen Experten untersucht. Die Sezierung des Gehirns wies dem Wesen einen hohen IQ nach, jedoch kein Bewusstsein. Es war absurd anzunehmen, dass er es mittels eines Raumschiffes auf die Erde geschafft hatte. Noch dazu existierten keine Wrackteile, egal wie oft das Militär danach suchte. Was war es dann? Eine unbekannte Tierart? Kein Zoologe auf der Welt hatte sich dieses Rätsel erklären können. Die DNA wies er aus einen Verwanden der Fledermäuse aus, doch Kirkland hatte diese Tiere immer für viel kleiner und mit Flügeln gehalten. Eine Mutation vielleicht? Diese hätte gewaltig ausfallen müssen. Ein Geheimprojekt einer anderen Regierung vielleicht? Zu Zeiten des zweiten Weltkriegs hatten viele Nationen an verschiedenen Projekten geforscht. Eine neue Nazi-Geheimwaffe? Hitlers Supersoldaten? Ein abartiger Gedanke, der sich aber zusammen mit all den anderen Theorien in eine dicke Akte einordnete. Lange wurde das Tier untersucht und 12 Jahre lange blieb das Mysterium offen. Dann erschien ein identisches Licht, wie es die Zeugen geschildert hatten, die beim Eintreffen der Monsterfledermaus dabei waren. Die Satelliten waren sich nicht einig, weshalb ein Team in die Wüste Texas’ geschickt wurde. Doch was dann geschehen sollte, darauf war niemand vorbereitet. Zwei riesige Echsen suchten sich ihren Weg in diese Welt und machten sich über die Soldaten her. Die Bestien, Yutyrannus, wie sie wenig später ein Paläontologe beschrieben hatte, stammten aus der frühen Kreidezeit. Das Licht, diese Anomalie war eindeutig ein Portal in eine andere Zeit. Es war die größte Entdeckung der Menschheit gewesen und auch die geheimste. Sofort wurde eine neue Behörde gegründet, Area51. Die Flugzeugtests wurden zu einer anderen Basis ausgelagert und der Stützpunkt beschäftigte sich von da an nur noch mit der Anomalienforschung. Über die nächsten Jahrzehnte hinweg sollte es sich als äußerst schwierig erweisen, das Projekt wirklich geheim zu halten. Aus diesem Grund begünstigte die Reagierung den Glauben des Volkes an Außerirdische. Tauchte irgendwo eine fremde Kreatur auf, die nicht einem der bekannten Tiere glich, musste es sich zwangsweise um ein Alien handeln. Alle Tiere die nicht durch die Anomalien zurückgeschickt werden konnten und getötet werden mussten lagerten in derselben Sektion in der sich der Colonel gerade befand. Auch der Saurier dem er seine zweimonatige Abstinenz zu verdanken hatte. Sein Team wurde zu einer Anomalie im Norden Nevadas gerufen, ein Ankylosaurus lief in den Wäldern Amok. Die Anomalie hatte sich bereits geschlossen und dem Team blieb nichts übrig, als das Feuer zu eröffnen. Bei diesem Versuch wurde Kirkland von dessen Schwanzkeule getroffen. Zwar nicht mit voller Wucht, doch es reichte aus eine Vielzahl seiner Rippen zu brechen und sein Rückrad anzuknacksen. Er wurde sofort ins Krankenhaus gebracht und die Missionen seines Teams ruhten, bis der Vorfall genau untersucht werden würde. General Hammond hatte ihn vermutlich zu sich bestellt, weil gerade dieser Prozess zu Ende gegangen war. Colonel Kirkland sah gleichzeitig seinem ersten Arbeitstag nach der Reha und der Quelle seiner Inspiration entgegen, wegen der er diesen Job erst machte. Er wollte versuchen so viele Menschen zu beschützen wie nur irgend möglich. Er blickte auf seine Armbanduhr und beschloss, dass es Zeit wurde den General aufzusuchen. USA, Nevada – Area51, Heute Kirkland schritt den langen Korridor entlang und war bald vor der Tür seines Vorgesetzten angekommen. Diese stand offen und Hammond reichte gerade einem Anzugträger die Hand. „Danke Agent Davis, die CIA kann unbesorgt sein, wir haben alles unter Kontrolle.“, versicherte er und der Anzugtyp verließ das Büro. Er nickte Kirkland noch einmal kurz zu, entschied aber, dass dieser wohl zu unwichtig war. Der Colonel klopfte sacht an die Tür und der General winkte ihn zu sich. Kirkland ging ein paar Schritte, bis er abrupt inne hielt. „Colonel! Es ist schön Sie zu sehen!“, sagte eine weibliche Stimme und Kirkland blickte zu dem Stuhl rechts vom Schreibtisch. Darauf saß eine Frau, etwa 40, mit langen, roten, gelockten Haaren und einem Klamotten, die man wohl nicht gerade als weiblich bezeichnen konnte. „Verzeihung, ich hatte noch keine Gelegenheit mich umzuziehen, ich war die letzten Wochen in verschiedenen Ländern unterwegs.“, gestand sie, als sie Kirkland ihren Aufzug musterte. Dieser räusperte sich sofort. „Nein, aber nicht doch. Sie sehen großartig aus.“, sagte er bestimmt. Die Frau rang sich ein Lächeln ab. Doktor Rebecca Blake war Physikerin. Kirkland selbst verstand rein gar nichts von der Beschaffenheit dieser Anomalien. Zu diesem Zweck fehlte sie bei jedem vierten oder fünften Einsatz, da sie zu Plätzen auf der Erde reiste wo angeblich diese Portale beobachtet wurden. Das diente dem Zweck mehr zum Verständnis der Anomalien beizutragen. Blake bombardierte ihn meist mit Fachbegriffen, die er sich jedoch kaum merkte. Dennoch respektierte er sie sehr. Besonders in Anbetracht ihres Charmes und der Hingabe zu ihrem Beruf, der Kirkland sogar noch eine größere Inspiration war als die tote Monsterfledermaus im Keller. Und noch etwas. Rebecca Blake war die Tage nach seiner Verletzung nicht von seiner Seite gewichen. Sie hatte sogar einmal im Krankenhaus übernachtet, was alles andere als nötig gewesen wäre. Als der Arzt Kirkland sagte, er könnte vielleicht eine Lähmung erleiden, war sie für ihn da. Ohne diese Frau hätte es Kirkland nicht durchgestanden. Rebecca war für ihn mehr als nur ein Mitglied seines Teams, auch wenn er ihr dies bisher nie hatte sagen können. „Sir, meine Glückwünsche zur Genesung.“, erklang eine weitere Stimme und der Colonel wand seinen Blick. Perplex musterte er die beiden weiteren Personen, die in der linken Seite des Büros auf einer Ledercouch platz genommen hatten. Zum einen ein Afroamerikaner in Uniform, die ihn als Lieutenant aufzeichnete. Daneben einer noch sehr junge Frau mit Brille und Pferdeschwanz. „Wieso ist mein ganzes Team hier?“, fragte der Colonel an den Leiter von Area51 gewand. Kirkland selbst hatte erwartet alleine mit dem General zu sprechen, eine Team-Besprechung stand nicht auf seiner Liste. Wussten seine Leute vielleicht mehr? Kirkland blickte noch einmal zu dem Lieutenant. Ray Drust war ihm bereits über ein Jahr unterstellt und Kirkland war froh ihn bei schwierigen Situationen dabei zu haben. Der Afroamerikaner konnte zwar nie seine Klappe halten, aber der Colonel akzeptierte diese Eigenart an ihm. Daneben saß Lexi Gray, die trotz ihres Alters bereits drei Doktortitel in Zoologie, Archäologie und Paläontologie besaß. Bob Kirkland hatte sie mehr als einmal als Genie bezeichnet, denn es gab nichts was sie nicht über eine Spezies wusste Ausgenommen derjenigen die in dieser Zeitperiode noch nicht existierten, was er ihr aber nachsah. Auf Leute die sie nicht kannten konnte die junge Frau im Bibliothekarinenlook vielleicht etwas geekig wirken, doch der erste Eindruck täuschte. Sie besaß mindestens so eine große Klappe wie Drust, weshalb sich die beiden wohl auch so gut verstanden. Zusammen mit diesen drei Personen bildete Colonel Bob Kirkland das AT1, das Anomaly Team 1, das zusammen mit 8 weiteren, welche aber in verschiedenen Staaten verteilt waren versuchten, die Anomalien zu erforschen und die Tiere unbeschadet in ihre Zeit zurückzubringen. General Hammond strich sich nun über die Uniform und reichte Kirkland die Hand. „Bob, es ist schön, Sie wieder gesund hier zu haben.“, sagte er freundlich. Kirkland nickte und nahm Haltung an. „Sir, ich bin froh wieder hier zu sein. Ich bin diensttauglich und versichere Ihnen meiner Aufgabe gewachsen zu sein. Hammond musterte ihn einen Moment und dachte nach. Dann lächelte er. „Das weiß ich doch Colonel. Ich habe ihr Team hergebeten um sie zu befragen, ob sie Sie ebenfalls wieder für tauglich erachten. Und wissen Sie das sie gesagt haben?“ Kirkland blickte beifällig zu Drust. „Der Lieutenant hat sicher verneint, er ist schon lange scharf auf meinen Posten.“, riss er einen Scherz. Er kannte den Lieutenant gut genug um zu wissen, dass dieser darauf ansprang. „Aber natürlich, dann habe ich die hübschen Frauen im Team für mich.“, erwiderte er. General Hammond grinste, scheinbar war es nicht nötig es extra noch auszusprechen. „Colonel, wir waren natürlich alle dafür, dass Sie uns wieder anführen.“, erhob sich Rebecca und ergriff Kirklands Hand. Dieser nickte und dankte ihr. „Also mir waren diese zwei Monate Urlaub zu schnell vorüber, ich hatte schon noch Pläne.“, murmelte Lexi beleidigt. „Comicon?“, hakte Drust nach, doch seine Kollegin schüttelte den Kopf. „Comiket.“, verbesserte sie. „Also gut. Sie alle haben ja noch Zeit sich wieder einzugewöhnen, ich schlage vor…“, begann Hammond, bis er jedoch von einem Alarmsignal unterbrochen wurde. Alle im Büro schreckten perplex auf und spitzten ihre Augen. „OK, ärgstes Timing ever.“, entfuhr es Lexi Gray. Hammond räusperte sich und zuckte die Schultern. „Schon gut, AT-5 kann die Mission übernehmen.“, wehrte er ab. Bob Kirkland trat vor und schüttelte den Kopf. „Sir, bitte lassen Sie uns das erledigen.“, sagte er ernst. Hammond beäugte ihn skeptisch, in Anbetracht, dass sich der Offizier gleich nach einer Reha wieder in Gefahr begeben wollte. Doch nein, er kannte den Mann. Kirkland war einfach nur loyal und pflichtbewusst. „Einverstanden. AT-1 bereit zum Ausrücken machen.“, befahl er und alle erhoben sich. Kirkland ging an sein Funkgerät um mit der Kommandozentrale zu sprechen. „Melde Anomalie in einer Kleinstadt in Austin. Ein Helikopter wird vorbereitet, begebene Sie sich zu Areal 3-1.“, berichtete der an den Rechnern sitzenden Offiziere. Colonel Bob Kirkland nickte seinem Team zu und gemeinsam brachen sie zu ihrer nächsten Mission auf. Vancouver, Douglas Park - Wohnwagensiedlung Vasily Fet war bereits seit 10 Jahren im Geschäft. Es war vor allem ein undankbares und müffelndes Geschäft. Früher hatte er in Gebäude gearbeitet, dort war es zumindest leichter gewesen dieser Biester einzukesseln. Die Wohnwagensiedlung umschloss 3 Hektar und es war geradezu unmöglich hier richtig für Ordnung zu sorgen. Das Gelände war lediglich von einem Zaun umgeben, der jedoch mehr zur Zierte als zum Schutz diente. Wenn diese Nager tatsächlich das Gelände erreichten wollten, stellte es kein Problem dar sich durchzunagen, oder durchzugraben. Und das taten sie gerne. Die Wohnwagen waren beheizt und stellten eine Wärmequelle dar, welche sich die Mäuse und Ratten nicht entgehen lassen wollten. Meistens nachts krabbelten sie ungesehen durch die Büsche und suchten sich Stellen wie Fenster oder kurz geöffnete Türen um hinein zu gelangen. Vasily hatte sogar schon einige in Auspuffrohren gefunden und herausziehen müssen. Das wirkliche Problem war es, dass der Kammerjäger hier keine Pestizide sprühen durfte, was die Schädlingsbekämpfung gerade zu unmöglich machte. Im Gegensatz zu einem Gebäude, würde sich das Gift im Freien ungleichmäßig verbreiten und an Stellen gelangen wo es nicht sollte. Beispielsweise in das Innere der Wohnwagen. Deshalb blieb dem Kammerjäger nichts anderes übrig, als das traditionelle Rattengift zu verwenden. Jedoch fielen gerade mal die Hälfte der lästigen Nager auf die kleinen, blauen Kügelchen herein. Noch dazu hagelte es meist Beschwerten der Anwohner, dass das Gift ihren Haustieren schaden konnte. Ja, es war ein undankbarer Job, doch Vasily war froh zumindest einen zu haben. Als er zu dem Wohnwagen ihm gegenüber blickte, erkannte Susanne Holmes, sie war erst vor wenigen Wochen in die Siedlung gezogen, das wusste Vasily. Immer wenn sich die Blicke dieser beiden Personen trafen, herrschte ein Moment Stille. Ungesagte Worte zwischen den beiden. Vasily erkannte in den Augen der Anwohnerin eindeutig Antipathie, obwohl er keinen Schimmer hatte woher diese kam. Seinem Erachten nach war er stets freundlich und auch seinen Job führte er bestens Gewissens aus. Hatte Susanne letztens etwa eine Maus oder Ratte in ihrem Bett entdeckt? Im Frühstücksbecher vielleicht? Vasily musste bei diesem Gedanken schmunzeln. Gerade verließ die Frau erneut den Wohnwagen und legte eine Hand auf die Schulter ihres Jungen. Hatte sie etwa Angst um ihn? Hatte sie generell etwas gegen Einwanderer und glaubte sie, ihr Kind wäre in Gefahr. Eigentlich Unsinn, denn Vasily liebte Kinder. Ja, er konnte sich sogar gut vorstellen selbst einmal welche zu haben. Der Junge, Vasily glaubte sich an den Namen Ben zu erinnern lief um den Wohnwagen herum. Dahinter begann ein kleines Wäldchen, der eigentliche Ort, wo sich die Nagetiere verschanzten. Susanne widmete sich gerade der Post, doch Vasily schenkte sie kaum viel Beachtung. Dann der Schrei. Er stammte eindeutig von Ben und seine Mutter fasste sich an die Brust. Ihr Junge kam zu ihr zurückgelaufen und fuchtelte wild mit den Armen. „Mama! Mama, da hinten ist ein ganz komisches Licht! Ich glaube ein Stern ist herabgestürzt.“, sprach er aufgeregt. Vasily grinste über die Fantasie des Jungen. Wenn tatsächlich eine Sternschnuppe ihren Weg in diese verwilderte Wohnwagensiedlung gefunden hatte, dann war alles was man noch finden konnte ein ausgekohlter Steinklumpen. „Hey Sie! Können Sie nicht etwas tun? Wahrscheinlich ein paar Funken weil diese lästigen Mäuse wieder alles angeknabbert haben!“, rief Susanne dem Kammerjäger zu. Vasilys Augen verengten sich. Sprühende Funken waren eine Erklärung für das, was der Junge gesehen hatte, doch es war unwahrscheinlich, dass dieser Effekt von Nagern ausgelöst wurde. Diese konnten zwar leicht die Isolierung abnagen, doch es war albern anzunehmen, die Elektrik würde dabei gleich verrückt spielen. Doch Susannes Blick sprach Bände. Sie bestand darauf, dass Vasily sich um dieses Problem kümmerte, ob es nun zu seinen Aufgaben gehörte oder nicht. Er seufzte und fragte sich wann er eigentlich zum Hausmeister degradiert wurde. Missmutig stapfte er los und begann damit den Wohnwagen zu umkreisen. Er versuchte die Stelle, die Ben gemeint hatte zu erblicken, doch nichts. Er wagte sich Stück für Stück in das Wäldchen vor, in dem Ben und andere Kinder der Siedlung meistens spielten. Etwas Nordöstlich von ihm erkannte er dann ein helles Funkeln. Was war das? Brannte es etwa? Wenn musste Vasily in der Tat schnell etwas unternehmen. Er kämpfte sich durch Büsche und Sträucher durch, bis er endlich auf der Licht angekommen war. Ungläubig starrte er auf das Gebilde aus schwebendem Licht, das zum einen wunderschön, zum anderen jedoch stark fremdartig wirkte. Das war kein Feuer. Auch keine sprühenden Funken, sondern irgendwas anderes. Vasily hob sein Handy um das Ereignis zu fotografieren, doch kaum hatte er es aus der Tasche gezogen, schon sprang es ihm aus der Hand und verschwand in dem Licht. „Ein Magnetfeld.“, kombinierte Vasily nun. Er war kein Physiker und konnte sich deshalb keinen Reim darauf machen. Dann ein Rascheln rechts neben ihm. Er wand seinen Blick und musterte den Felsen, der nur wenige Meter von ihm entfernt stand. Aber… nein, was zum Teufel war das bloß? Das Grau das er für Gestein gehalten hatte, war warm und haarig. Fell! Fell das sich noch dazu bewegte. Der etwa 1 Meter große Felsen bewegte sich ganz von allein und drehte sich zu Vasily um. Der Kammerjäger riss entsetzt die Augen auf, als er das Tier erkannte das vor ihm stand. Er hatte schon reichlich Nagetiere in seinem Leben gesehen, aber noch nie dermaßen große. Nein, es war unmöglich, dass in dieser Welt so etwas existierte. Das Tier wagte sich näher und reckte seine Nase hoch. Vasily wurde beschnüffelt und die Schnurhaare wackelten im Wind. Plötzlich sprang das Tier den Kammerjäger an, welcher zu Boden geworfen wurde. Das Gewicht des gigantischen Nagers zerquetschte ihn beinahe und das Tier roch über sein gesamtes Gesicht. Vasily brach in Schweiß aus. Dieses Monster konnte unmöglich real sein. Dann Geräusche direkt in seiner Nähe. Ein weiteres dieser Wesen tauchte auf, es torkelte geradewegs aus dem Licht heraus. Ihm folgten noch zwei, etwas kleiner als der Vorgänger, aber immer noch unfassbar groß. Die riesigen Nager liefen Richtung Wohnwagensiedlung und Vasily spürte etwas Feuchtes auf seiner Wange. Die Zunge der Bestie. Der Nager schleckte den Kammerjäger übers ganze Gesicht und öffnete nun sein Maul. Vasily Fet starrte in ein Maul mit spitzen Zähnen. Diesmal würde er derjenige sein, der ausgemerzt würde. Vancouver – Taplin-Street Was war dieses Geräusch nur? Es war irgendwie… unnatürlich schrill. Es schien Toby zu rufen, direkt in eine andere Welt zu locken. Im Traum schritt die junge Frau immer näher an eine Anomalie heran, als er hindurch sprang, öffnete sie die Augen und versuchte sich zu orientieren. Mit einem Mal war sie wieder in der Welt der Wachen und fand sich im ersten Moment nicht zurecht. War das ihr Wecker, der da so laut klingelte? Nein, der machte ein anderes Geräusch. Ihr Handy! Natürlich, Toby erinnerte sich erst gestern den Klingelton geändert zu haben. Das Lied war neuartig, weshalb sie es nicht gleich zuordnen konnte. Wild tastete sie auf ihrem Nachtkästchen umher und hielt das Mobiltelefon endlich in der Hand. Ihre Augen waren noch trübe, doch sofort erkannte sie den Namen auf dem Display. Es war ihr Boss. „Ja? Evan, bist du es?“, hakte sie nach, obwohl sonst kaum einer in Frage kam. Außer jemand hatte sich dessen Handy geborgt. „Wir haben eine Anomalie.“, erwiderte Evan am anderen Ende. Kurz darauf war sich Toby sicher immer noch zu träumen. „Ahm… du weißt schon, dass das eigentlich mein Satz ist, oder?“, erinnerte sie ihren Chef daran. Noch dazu war das nicht alles. Eigentlich war heute Toby Nances freier Tag, ein Kollege überwachte bei Cross-Photonics die Monitore, ob sich irgendwo im Land erneut eine Anomalie öffnete. War heute Gegenteiltag? Übernahm ausnahmsweise einmal Evan ihren Job und sie musste zur Saurierjagt antreten? „Ich weiß, dass heute dein freier Tag ist, aber ich brauche dich hier.“, erklärte ihr Evan prompt. Diesen Satz hatte er Toby schon des Öfteren gesagt und sich dabei immer auf ihre speziellen Fähigkeiten bezogen. „Ich soll zu einem Außeneinsatz kommen?“, fragte sie verdutzt. Evan verursachte auf der anderen Seite grummelnde Geräusche. „Es ist so…“, begann er. „Zum einen schreibt Luke heute eine Klausur, unser Team ist also ein Mann weniger. Noch dazu gibt es zu viele Funktionen des Openers, die mir schleierhaft sind. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass du besser durchblickst als ich.“, verriet er. Toby biss sich auf die Lippen. Sie wollte Evan so gut unterstützen wie nur möglich, doch sich mit den Anomalien einzulassen war etwas anderes. Diese Zeitportale auf dem Bildschirm, in sicherer Entfernung zu betrachten war eine Sache, vor einem dieser Dinger zu stehen eine völlig andere. Ganz zu schweigen von dem Fakt was durch sie in ihre Zeit gelangte. „OK…. Wie groß sind die Sauer denn?“, fragte Toby zaghaft. „Keine Ahnung, wir sind noch nicht da, ich maile dir jetzt die Adresse.“, gab Evan an und eine neue, eingegangene SMS meldete sich. „Wir sehen uns dann dort.“, legte Evan auf und wartete nicht einmal auf Tobys Zustimmung. Für ihn war es wieder einmal selbstverständlich, dass seine Angestellte und Freundin ihm half. Toby erinnerte sich an Evans Bericht der anderen Zeitlinie. Dort sollte sie gemeinsam mit ihm, Dylan und einem Mann namens Mac ein Team gebildet haben, das eher schlecht als recht gegen die Kreaturen aus den Anomalien vorging. War diese andere Toby als mutiger als die Jetzige? Dylan hatte ihr erzählt, dass diese beinahe an dem Gift eines Skorpions gestorben wäre. Doch Evan nahm alle Strapazen in Kauf und besorgte den Stachel des Insekts um ein Gegenmittel herstellen zu können. Gut, er hatte Toby in einer anderen Realität das Leben gerettet, aber durfte er sich deshalb jetzt alles erlauben? Klar, denn er war ja ihr Boss. Auch wenn andere Angestellten sich nicht in Lebensgefahr begeben und gegen wilde Dinosaurier kämpfen mussten. Tobys gute Krankenversicherung machte diesen Umstand leider nicht wett. Sie überprüfte die Adresse die Evan ihr gemailt hatte und gab sie in ihren Navi ein. Ihre Augen weiteten sich als sie feststellte, dass besagte Wohnwagensiedlung nur 7 Kilometer von ihr entfernt lag. Wenn sie sich beeilte würde sie sogar kurz vor Evan eintreffen, was aber alles andere als ihr Ziel war. Alleine wollte sie sich nicht mit diesen Kreaturen anlegen. Doch was wenn Menschen in Gefahr waren? Toby seufzte und kroch verdattert aus dem Bett. Zuerst musste sie ein paar Klamotten aufstöbern die sie anziehen konnten, dann nach dem Autoschlüssel suchen. Innerhalb von 5 Minuten waren beide Aufgaben gelöst und die Cross-Photonics Mitarbeiterin verließ ihre Wohnung. Sie stieg in ihren Wagen und gab den Zielort in ihr Navi ein. „In was ziehst du mich da wieder mit hinein, Evan?“, murmelte sie, bevor sie losfuhr. USA, Austin – Stillgelegte Brauerei Für Colonel Kirkland war die Tatsache, dass Ray Drust in dieser Situation einen Witz reißen würde sonnenklar gewesen. Der junge, afroamerikanische Soldat konnte sich selten zurückhalten, eine Eigenschaft die manchmal etwas nervig war. Außerdem war Lexi Gray die Einzige gewesen, die über Drusts Witz mit dem besoffenen Tyrannosaurus hatte lachen können. Kirkland stand nun vor der Anomalie und vergewisserte sich, dass sie zum Glück keinem ausgewachsenen Fleischfresser entgegensehen würden. Die Anomalie erstreckte sich in diesem Fall nur um die 2 Meter, sowohl in Höhe als auch in der Breite. Der Colonel musste zugeben nach der Angelegenheit mit dem Ankylosaurus etwas an Selbstvertrauen eingebüßt zu haben. Doch nichts von diesen Schwächegefühlen ließ er sein Team spüren. Ray Drust, Lexi Gray und vor allem Rebecca Blake verließen sich auf den Soldaten. Kirkland wusste vorher nie wie er mit den gefährlichen Tieren umgehen sollte. Er hatte Angst, doch niemand in seinem Team durfte das mitbekommen. Das schlimmste das es durch die Anomalie schaffen könnte, waren Tiere wie Raptoren und darauf war Kirkland vorbereitet. Im selben Augenblick, in dem ein Saurier durchkommen sollte, würde er schießen. Wenn er eines aus seinem Krankenhausaufenthalt gelernt hatte, dann nie wieder zu zögern oder unnötiges Mitleid mit den Kreaturen zu haben. Denn das konnte zu seinem oder dem Tod seines Teams führen. „Was haben wir hier?“, fragte er an Drust gewand und dieser legte nun einen Teil seiner Ausrüstung ab. Er öffnete seinen Rucksack und holte ein kleines Gerät zum Vorschein. Er betätigte einige Tasten und hielt es direkt in die Anomalie. „Hm…“, brummte er und studierte die Anzeige. Ungeduldig wartete Kirkland auf den Bericht des Lieutenants. „Diesmal keine Dinos, Sir. Laut dem Datierungsgerät führt das Tor etwa zurück ins späte Pliozän.“, berichtete er. Kirkland verzog die Lippen. Er hätte sich ohrfeigen können, zumindest im Krankenhaus hätte er sich mehr in die Materie der verschiedenen Zeitepochen hineinlesen können. „Wenn wir vom Pliozän sprechen, dann von einem Zeitraum zwischen 5 und 4 Millionen Jahre.“, mischte sich Lexi ein und richtete sich ihre Brille. Kirkland nickte verstehend. „Da dürften die Saurier längst ausgestorben sein.“, kombinierte er. Lexi nickte zustimmend. „Ja, in der Tat haben sich die Reptilien in dieser Zeit sehr wenig entwickelt. Wenn wir durchgehen, werden wir hauptsächlich Säugetieren begegnen, die denen aus der heutigen Zeit sehr ähneln werden.“, verriet sie. Eine Tür wurde geöffnet und Kirkland reagierte so erschrocken, dass er seine Waffe fester umklammerte. Erleichtert atmete er aus, als er feststelle, dass es sich nur um Rebecca Blake handelte. „Ich war im Wachschutzraum. Die Kamera direkt vor dieser Halle hier hat keine Tiere aufgezeichnet.“, erzählte sie. Das war geradezu ein Segen für das Team. Scheinbar war es nicht weiter nötig irgendwelche entlaufenen Tiere einzusammeln und in ihre Zeit zurückzubringen. Damit würde die Hälfte ihrer Arbeit diesmal wegfallen. „Lieutenant, wie lange haben wir?“, fragte Kirkland an Drust gerichtet und dieser beeilte sich damit das Datierungsgerät wieder zu verstauen. Dafür fischte er etwas aus dem Rucksack, das etwa dieselbe Größe besaß. Erneut trat er vor die Anomalie und Kirkland gab ihm Deckung. Drust betätigte erneut einige Tasten und las die Anzeige. „Laut dem Timer haben wir exakt 5 Stunden.“, erklärte er und steckte das Gerät wieder weg. Kirkland wand seinen Blick zu Rebecca und Lexi. „Sie haben es gehört. 5 Stunden sind mehr als ausreichend um alle nötigen Proben zu sammeln.“, sagte er und wies die beiden Frauen an sich bereit zu machen. Wenn es nach dem Colonel gegangen wäre, dann hätten sie auf dieses Szenario verzichtet. Es war gefährlich genug die Tiere aus den anderen Epochen wieder einzufangen, aber selbst hindurchzugehen konnte selbstmörderisch sein. Doch laut der Meinung der amerikanischen Regierung wäre es unsinnig sich die Anomalien nicht zu nutze zu machen. Es war möglich durch sie zu lernen, sie besser zu verstehen. In Area51 existierte eine eigene Sektion, die sich mit der Zusammensetzug der Portale beschäftigte. Doch auch innerhalb der Epochen war eine Menge zu erforschen. Sofern die Zeit ausreichte, sollten die Teams möglichst viele Wasser und Bodenproben einsammeln. Außerdem einige Exemplare der Flora und Videomaterial. Bei dem geringsten Anzeichen von Gefahr hatten die Teams Order die Epoche sofort wieder zu verlassen und sich in Sicherheit zu bringen. Kirkland hatte sich bezüglich dieses Vorgehen des Öfteren bei Hammond beschwert. Letztes Jahr wurde sein Team beinahe Opfer eines Mapusaurus, als Lexi Gray darum bat sich etwas weiter von der Anomalie entfernen zu dürfen. Kirkland hätte dem nie stattgeben dürfen. Es war unglaublich knapp gewesen. Drust hatte den Karnivoren abgelenkt und AT1 hatte es rechtzeitig zurück ins 21te Jahrhundert geschafft. Kirkland schwor sich daraufhin noch vorsichtiger zu werden, weswegen er Drust einen eindeutigen Blick zuwarf. „Ich gehe durch und gebe dann das Zeichen.“, verkündete der Colonel und die drei hinter ihm nickten. Kirkland holte tief Luft und durchschritt die Anomalie. Es war wärmer, eindeutig wärmer. Kirkland sah sich um, es war keine Wüste, doch Boden und Gras um ihn herum waren eindeutig verdorrt. Grüne Stellen existierten nur noch im Schatten der Felsen, von denen es hier jede Menge gab. Der Colonel tat einige Schritte und kundschaftete jede Richtung aus. Doch weder am Boden, noch in der Luft war Leben auszumachen. Keine wilden Tiere auf Beutezug, keinerlei Gefahr. Er steckte den Lauf seiner P90 in die Anomalie, was für den Lieutenant und die beiden Wissenschaftlerinnen ein Zeichen war sich zu ihm zu begeben. Kurze Zeit später, betraten auch Lexi Gray und Rebecca Blake, knapp gefolgt von Ray Drust die fremde Zeitperiode. „Es ist wie ich es mir vorgestellt habe.“, murmelte Lexi und Ray schmunzelte. „Etwas ist einmal wie wir es erwartet haben? Mal etwas anderes.“, kommentierte er. Rebecca Blake begann damit ihren Rucksack zu öffnen und mehrere Plastikbehälter auszubacken. Während Kirkland und Drust ihnen Schutz boten, würden sie Problem der direkten Umgebung einsammeln. Der Lieutenant zog eine Kamera aus seinem Rucksack und schaltete sie ein. „Guten Tag Ladies und Gentleman. Heute senden wir live aus dem Pliozän, 5 Millionen Jahre bevor Sie erst an Ihrem ersten Schnuller nuckeln werden.“, quasselte er ins Objektiv. Er führte sie sich ans Auge und begann die nähere Umgebung zu filmen. „Wie Sie sehen nur Steppe, fahles Gras und Geröll wohin das Auge reicht. Man kann sich so oft wie möglich im Kreis drehen und alles ist wie…“ Drust hatte sich tatsächlich einmal gedreht und was mit der Aufnahme direkt vor der Anomalie angekommen als es geschah. Seinen Augen nicht trauend, riss er die Kamera vom Gesicht weg und bemühte seine Augen direkt. „Sir!“ Weder Kirkland, noch die beiden Frauen hatten je so viel Panik in der Stimme des Lieutenants wahrgenommen. Sie drehten sich zu ihm um, doch… da war nichts. Ray Drust stand einsam in der Steppe, hinter ihm nur Geröll und Gras. Die beiden Frauen wankten zurück und strengten ihre Augen an. Kirkland hastete sofort zu der Stelle wo noch vor wenigen Sekunden die Anomalie gewesen war, doch es half nichts. Sie war weg. Seine Blicke wanderten zu Drust, der immer noch stumm und perplex vor der leeren Stelle verharrte. „Lieutenant! Lieutenant, was zum Teufel ist da passiert?“, schrie Kirkland, doch Drust reagierte nicht. Dieser musste erst gerüttelt werden um zu sich zu kommen. „Ich… ich…“, stotterte er nur, doch damit begnügte sich sein Vorgesetzter nicht. „Sie haben es gesagt uns bleiben 5 Stunden!“, erinnerte er den Lieutenant an seine Worte. Dieser nickte und streifte hektisch seinen Rucksack ab. Er angelte nach dem Timer und versuchte erneut die Zeitanzeige zu lesen. „Ja! Hier steht immer noch 5 Stunden! Nur…“ Drust wurde bleich im Gesicht. „Die… die Anzeige! Sie reagiert nicht mehr. Das… das Gerät muss während der Messung abgestürzt sein.“, berichtete er stockend. Lexi und Rebecca waren indessen bei den beiden Männern angekommen. „Abgestürzt? Willst du mich verarschen?“, schrie Lexi ungläubig. Blake entriss Drust das Gerät um es selbst zu untersuchen. Doch egal wie oft die die Tasten betätigte, nichts rührte sich. „Die… die Platine des Gerätes muss einen Aussetzer gehabt haben. Während der Timer versuchte die Zeit zu messen, fror das gesamte System ein.“, sagte sie stockend. Kirkland stieß einen Fluch aus und sah zu Drust. Dieser hätte sich ruhig noch einmal wegen der Funktionalität des Geräts versichern können. Doch woher sollte er das ahnen? Wenn eine Fernbedienung fehlerfrei funktionierte, nahm man ebenfalls nicht an, dass sie im nächsten Moment den Geist aufgab. Kirkland wusste, dass die Hauptschuld das technische Team von Area51 trug. Fehlerhafte Ausrüstung während einer militärischen Operation war ein absolutes No-Go. Der Colonel hatte im Irak selbst miterlebt, was fehlerhafte Westen anrichteten, doch das hier hatte eine weitaus größere Tragweite. „Was… was heißt das? Wie kommen wir ohne Anomalie wieder nach Hause?“, schüttelte Lexi immer wieder den Kopf. Kirkland biss sich auf die Zähne, es war eine riesige Katastrophe der sie sich entgegen sahen. „Es tut mir leid…“, entfuhr es Drust, doch das half im Moment niemanden. Kirkland schüttelte unwillig den Kopf. „Es hilft nichts.“, sagte er und ballte die Fäuste. „Wir stecken hier fest.“ Vancouver, Douglas Park - Wohnwagensiedlung Toby Nance parkte ihren Wagen in sicherer Entfernung. Sie schnallte sich ab und stieß die Fahrertür auf. Bezüglich der Adresse hatte sie ich nicht geirrt, sie stand vor dem Gelände der Wohnwagensiedlung, zu der Evan sie gelotst hatte. Doch was jetzt? Ihr blieb nichts anderes übrig als auf das Team zu warten. Sie war jeder bewaffnet, noch besaß sie irgendwelche Erfahrung in diesem Bereich. Hätte es sich hier um irgendein technisches Problem, wie einen abgestürzten Laptop, oder ein Netzwerkproblem gehandelt, wäre sie ohne zu zögern zur Tat geschritten und es gelöst. Doch mit wilden Dinosauriern fertig zu werden, das hatte nicht in ihrer Jobbeschreibung gestanden. Wieder erinnerte sich Toby an ihr alternatives Ich. Diese Toby Nance wäre ohne zu zögern losgerannt und hätte sich mit einem Raptor oder einem Urzeit-Skorpion angelegt. Aber sie war eben nicht diese andere Toby. Sie war sie, auch wenn Evan das zu vergessen schien. Oder traute er ihr am Ende mehr zu als sie es selbst tat? Immer wieder klopfte sie auf ihr Handy, doch die Leitung war besetzt. „Hilfe!“ Dieser Schrei schreckte Toby auf und sie warf einen Blick zum Eingang der Wohnwagensiedlung. Verdammt! Warum nur dieses Wort? Hätte die Person nicht einfach schreien können ‚Alles in Ordnung, mir geht es gut!’? Vermutlich nicht. Toby fluchte bevor sie ihren Kofferraum öffnete und einen Reifenstämmer herausholte. Sie stellte sich vor wie sie so einem riesigen Saurier entgegentrat und sie dieser nur mit verdutztem Blick ansah. Dann grinste er helmisch und biss erst die Metallstange in zwei und dann Toby. „Toby, was machst du bloß?“, redete sie mit sich selbst, als sie sich immer näher dem Eingang näherte. Sie pirschte sich an der Wand entlang und warf einen Blick hinein. Blitzschnell tauchte etwas neben ihr auf und die Frau erhob den Reifenstämmer. „Hey!“, keuchte ein Mann und wich dem Schlag aus. „Tut… tut mir leid!“, entschuldigte sich Toby. Der Mann musste sich erst neu orientieren. „Weg…! Sie müssen hier weg! Die Dinger sind einfach riesig!“, schrie er und lief weiter. Tobys Missmut stieg zusätzlich. Riesig, genau dieses Wort hatte sie nicht hören wollen. Wenn sie sich wirklich ins Geschehen begab, würde Evans Geschichte der anderen Realität sehr bald Gestalt annehmen und es gab tatsächlich zwei Versionen von ihr. Zwei halbe Versionen um genauer zu sein. Ein weiterer Schrei, Toby ordnete ihn einer Frau zu. Nein, es war einfach unmöglich untätig zu bleiben. Jemand brauchte Hilfe und außer Toby war niemand in der Nähe. Mutig stapfte sie voran und fand sich bald auf einem weiten Platz wieder. Links und rechts taten sich Wohnwagen auf, die sich allesamt glichen. Toby spürte wie etwas hinter ihr vorbeihuschte und drehte sich um. Nichts. War es Einbildung gewesen? Nein, die Äste hinter ihr auf dem Boden waren bis vor 5 Sekunden noch heil gewesen. Etwas Großes und sehr Schnelles trieb hier seine Spielchen. Die Hilferufe wurden fortgesetzt und Toby rannte Richtung Norden. Die Frau die in Gefahr war, musste sich hinter dem Wohnwagen direkt vor ihr befinden. Toby holte tief Luft und spurtete um das Gefährt herum. Sofort erblickte sie die Frau mittleren Alters, zusammen mit einem Jungen, 7 oder 8 Jahre alt. Sie hatten sich in ein Fahrradhäuschen zurückgezogen, während draußen etwas auf sie lauerte. Wäre der Schwanz und das glitzernde Fell nicht gewesen, hätte Toby es für einen riesigen Stein gehalten. Jetzt drehte sich das Tier um und Toby starrte in das Gesicht eines riesigen Nagetiers. Die junge Frau schluckte und hielt ihren Reifenstämmer fest umschlungen. „Ich… ich habe keinen Käse für dich.“, stammelte sie, als der Nager sie musterte. Etwas Besseres fiel ihr Angesichts der absurden Situation nicht ein. Toby hatte schon viele Mäuse in ihrem Leben gesehen, doch diese waren allesamt nur wenige Zentimeter groß. Diese da vor ihr, erstreckte sich jedoch auf etwa einen Meter und glich vom Körperbau mehr einem Stier. Ein schrilles Geräusch seitlich des Nagers, ließ es aufschrecken. Toby sah nach rechts und erkannte eine rote Katze, die wild miaute und dann die Flucht ergriff. Die Riesenmaus reagierte darauf und beschloss die Katze zu verfolgen. Der Anblick fühlte sich für Toby surreal an, doch sie musste bei klarem Verstand bleiben. Schnell eilte sie zum Fahrradhäuschen und reichte der Frau die Hand. Diese zögerte erst ins Freie zu kommen, doch Toby schwor ihr, dass die Maus fort war. „Das… das war bestimmt dieser Kammerjäger! Er hat diese Kreaturen mit seinem Gift gezüchtet!“, jaulte sie verängstigt. Toby hatte keinen Schimmer wovon die Frau sprach, doch das ohnehin unwichtig. „Ist das Ihr Wohnwagen dort vorne?“, hakte sie nach, obwohl es keine Rolle sprach wer ihn besaß. Wichtig war nur, dass die Mutter mit ihrem Sohn darin Schutz finden konnte. Die drei liefen los, doch kurz bevor sie beim Wohnwagen angekommen war, kehrte die Riesenmaus zurück. Die Katze war ihr wohl entkommen und hatte sich einen Schlupfwinkel gesucht. „Ben… ich möchte, dass du wegläufst! Ganz weit!“, raunte die Mutter ihrem Kind zu. Toby wollte einlenken, dass der Junge bei ihnen womöglich sicherer wäre als allein, doch es war zu spät. Obwohl er Angst hatte, begann der Junge zu laufen, direkt in das Waldstück hinter ihnen. Toby hob das Metallrohr und bereitete sich auf einen Angriff seitens des Nagers vor. Dieser begann damit die drei zu umkreisen, in einer Geschwindigkeit, die alles andere als normal war. Nun senkten sich seine Beine und sein Schwanz wedelte. Toby musste nicht Lukes oder Dylans Fähigkeiten besitzen um zu ahnen, dass die Maus sich für einen Angriff vorbereitete. Die junge Frau holte tief Luft und erhob den Reifenstämmer. Die Maus setzte zum Sprung an und…wurde von etwas in die Seite getroffen, was sie augenblicklich umkippen ließ. Das Tier zuckte noch etwas, dann schloss es die Augen. „Ist… ist es tot?“, fragte die Mutter, doch Toby schüttelte den Kopf. „Nur betäubt.“, erklärte sie, sah der Frau aber an, dass sie diese Antwort nicht befriedigte. „Dann… ist es immer noch gefährlich.“, stotterte sie. Toby rang sich nun ein Lächeln ab. „Keine Sorge, Hilfe ist gerade eingetroffen.“, beruhigte die Frau und wand ihren Kopf. Evan und Dylan rannten auf ihren Standort zu, links und rechts gaben ihnen Donovan und sein Team Deckung. Bald waren sie vor ihrer Freundin angelangt. „Toby, ist alles in Ordnung?“, fragte Dylan besorgt und umarmte ihre Kollegin. „Ja, alles ok. Diese riesige Maus hat mich nur sehr erschreckt.“, gestand diese. Donovan beugte sich nun über den Nager und kontrollierte, ob er wirklich schlief. „Schon das zweite dieser Biester. Seinen Freund haben wir am Eingangsbereich schlafen geschickt.“, verriet er. „Was… was ist sind das für Kreaturen?“, wollte Toby wissen. Evan zog sein Handy um etwas zu überprüfen. „Ich habe Luke ein Bild geschickt, seiner Meinung nach handelt es sich um Josephoartigasia.“, sagte er, als würde das alles erklären. „Zwingen Sie mich bitte nicht diesen Namen in meinen Bericht zu schreiben.“, bat Crowe, der sich gemeinsam mit seinem Kollegen Chambers um die Mutter kümmerte. Letztere untersuchte die geschockte Frau, konnte aber außer einem erhöhten Blutdruck keine Verletzungen feststellen. „Luke schreibt, sie werden auch als ‚Schreckensmäuse’ bezeichnet. Ausgewachsen können sie die Größe eines Stiers erreichen und sollen starke Schädelpanzerungen aufweisen. Im Gegensatz dazu, soll ihr Gebiss aber nicht sehr ausgeprägt sein.“, las Evan die SMS des Studenten vor. Der Teamleiter wollte noch etwas sagen, bis sich Donovan blitzschnell umdrehte und seine Waffe hob. Erschrocken wanden sich Mitglieder des Teams um. Eine… nein zwei weitere Schreckensmäuse waren hinter einem Wohnwagen zum Vorschein gekommen. „Ahh!“, begann die Mutter wieder zu schreien und Toby folgte ihrem Blick. Dieser richtete sich nun nach oben, auf das Dach des Wohnwagens. Einer der Mäuse war hinaufgeklettert und blickte nun auf die Menschen herab. „Sammeln!“, befahl Donovan und begann gemeinsam mit Crowe und Chambers einen Kreis zu bilden. In der Mitte Evan und die anderen. „Wie kommen wir gegen diese Biester an?“, fragte Toby unsicher. Es war Dylan, die glaubte, die rettende Idee zu haben. „Wir verscheuchen sie einfach! Es sind nach wie vor Mäuse, wenn wir ihnen Angst machen, werden sie fliehen.“, schlug sie vor. Alle bedachten sie eines zweifelnden Blickes. Besonders Evan fragte sich, vor was diese Josephoartigasia, diese Schreckensmäuse in ihrer Zeitperiode schon Angst haben würden. Donovan legte seinem Boss nun eine Hand auf die Schulter. „Sir, ich habe eine Idee, aber sie könnte gefährlich sein.“, gestand er. Als Evan jedoch mitbekam wie zwei weiterer Schreckensmäuse sich ihnen näherten, schüttelte er den Kopf. „Gefährlich hört sich im Moment ganz gut an.“, meinte er und Donovan bat die Gruppe sich flach auf den Boden zu legen und ihre Gesichter zu schützen. Alle taten wie es ihnen aufgetragen wurde und legten sich flach auf die Erde. „Und… Ohren zuhalten wäre ebenfalls keine schlechte Idee.“, fügte Donovan hinzu, auch wenn sein Rat etwas zu spät kam. Er zog seine Clock und feuerte. Besonders Evan riss entsetzt die Augen auf, als er das Ziel des Schusses erkannte. Es handelte sich um den Benzintank eines gegenüberliegenden Wohnwagens. Die Kugel drang in den Kanister ein und ein wuchtige Explosion folgte. Die Stichflammen schlugen um sich und verkokelten das Fell der Schreckensmäuse. Wilde, in den Ohren schmerzende Rufe der Tiere folgten und das Rudel begann sich zu sammeln. Selbst die Maus auf dem Dach und die Betäubte, welche gerade wieder zu sich fand krochen zur Gruppe. Angeschlagen begannen sie in einer Linie zu flüchten. „Bleiben Sie noch unten.“, befahl Donovan und niemand wagte es ihm zu widersprechen. Als die Mäuse außer Sicht waren, sprangen Crowe und Chambers auf um die Umgebung zu sichern. „Dylan, Toby, ihr müsst versuchen das Feuer zu löschen.“, bat Evan und die beiden Frauen taten sofort was ihnen aufgetragen wurde. Es war nicht schwer in der Nähe ein öffentliches WC zu finden und dort genug Wasser zu beschaffen. Evan, Donovan und die anderen verfolgten währenddessen die Spur der Josephoartigasia. Aufgrund ihrer Größe und ihres Gewichts waren ihre Abdrücke deutlich zu sehen. Das Team bog hinter dem Wohnwagen in ein kleines Waldstück ein. Es war Donovan dem das Licht als erstes auffiel. Bald waren die Männer an einer Lichtung angelangt und stellte fest, dass die Spuren zurück in die Anomalie führten. „Das hier war fremdes Gebiet für sie. Sobald sie es mit der Angst zu tun bekamen, sind sie in Richtung ihrer Behausung geflüchtet.“, schlussfolgerte Evan. „Und zum Glück ist die nicht hier.“, fügte Chambers hinzu. Ein Stöhnen aus einem der Büsche folgte und die Soldat richteten ihre Waffen darauf. „Nicht schießen!“, brüllte ein Mann und wagte sich mit erhobenen Händen hervor. Evan legte Donovan eine Hand auf den rechten Arm. Der Mann der nun aus seinem Versteck gekrochen kam, stellte definitiv keine Gefahr dar. Er trug weite Arbeitskleidung und besaß einen russischen Akzent. Seine Haare waren zerzaust und er keuchte erschöpft. Donovan nickte Chambers zu, der sich sofort um den Mann kümmerte. „Geht es Ihnen gut?“, fragte dieser und Vasily Fet nickte nur. „Ja, aber ich habe noch nie so riesige Mäuse gesehen.“, sagte er leise. „Die… sind einem speziellen Züchter in der Nähe entkommen.“, sagte Evan schnell. Nicht nur Vasily, auch der Rest des Teams blickte ihn skeptisch an. Der Leiter von Cross-Photonics musste selbst zugeben, dass diese Ausrede schwach klang. Da hätte er gleich behaupten können es wären Requisiten für den neuen Ninja-Turtles Film gewesen. „Und diese Tiere haben sie verschont?“, fragte Donovan überrascht. Evan griff wieder nach seinem Handy und las Lukes SMS. „Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass Josephoartigasia sich nur von Pflanzen und Früchten ernährt haben.“ Die Soldaten bedachten ihn eines ungläubigen Blickes. „Wieso haben uns die Dinger dann angegriffen?“, hakte Crowe nach. Vasily griff nun in seine Tasche und holte etwas hervor. Es handelte sich um die Reste einer Pfirsich. „Mein Frühstück.“, gestand er. Die Mitglieder des Teams begannen zu verstehen. Erst verfolgten die Schreckensmäuse nur, weil sie neugierig waren, dann aber wegen des Geruchs. Evan musste zugeben, vor dem Anomalienalarm selbst gefrühstückt zu haben und wie bei ihm, musste auch noch der Geruch an den anderen haften. Gut, die Josephoartigasia hatten also nicht vorgehabt ihn und sein Team umzubringen, das brachte ihnen ein paar kleine Bonuspunkte ein. „Mist, ich habe den Opener im Wagen gelassen.“, fluchte Evan als er sich entsandte, dass die Anomalie ja auch wieder geschlossen werden musste. „Crowe, Sie bewachen die Anomalie.“, trug ihm Donovan auf und der Ex-Soldat nickte. Gemeinsam mit Chambers stützte der ehemalige Major den noch immer perplexen Kammerjäger und brachte ihn unter Evans Führung zu den anderen zurück. Toby und Dylan war es inzwischen gelungen das Feuer zu löschen und beide Frauen waren froh ihre Freunde unverletzt wieder zu sehen. Die Männer setzten Vasily ab und Susanne kam zu ihm gestürzt. „Ganz ruhig, er ist nun wieder in Sicherheit.“, sagte Donovan, doch Susanne verengte nur die Augen. Scheinbar war sie wegen der Sicherheit des Kammerjägers weniger besorgt. „Ben! Wo ist mein Ben? Haben Sie ihn gesehen?“, fragte sie aufgebracht. Dem Team entging nicht, dass Vasily Fet nun erneut bleich wurde. Toby erinnerte sich, wie der Junge in Richtung Waldstück gelaufen war. Richtung… Anomalie? „Dieses… Licht! Der Junge ist einfach hineingerannt und… verschwunden!“, stammelte Vasily ungläubig. Susanne war einem Zusammenbruch nahe und Dylan musste sie stützen. Die Mitglieder des Teams sahen sich gegenseitig an. Das verhieß nichts Gutes. Vancouver, Douglas Park - Wohnwagensiedlung Während sich Dylan noch um Susanne kümmerte, wies Donovan seine Leute an das Waldstück noch einmal zu durchforsten. Vielleicht hatte sich Vasily geirrt und der Junge war nur an dem Licht vorbeigelaufen. Immer hatte der Kammerjäger in einem Busch gehockt und nicht richtig sehen können. Evan hatte inzwischen zusammen mit Toby dem schwarzen Van einen Besuch abgestattet um den Opener zu holen. Als sie zurückkehrten hatte Dylan sichtlich Schwierigkeiten Susanne an Ort und Stelle zu halten. „Mein Ben! Ich muss meinen Ben suchen!“, rief sie immer wieder und Dylan wies sie an sich zu setzen. Donovan bog um die Ecke und schüttelte den Kopf. „Negativ, Sir. Der Junge ist nirgends aufzufinden, er muss durch die Anomalie gelaufen sein.“, berichtete er. Evan biss sich auf die Lippen. Das hätte nicht passieren, der Junge fand sich sicher in diesem Moment in einer fernen Zeit wider, ohne zu wissen wohin er sollte. Zurück würde er bestimmt nicht kommen, davor hatte er zu viel Angst vor den Schreckensmäusen. „Mister Cross, wir haben diese Biester nur mit Müh und Not abgeschüttelt.“, erinnerte ihn Donovan. Evan stimmte ihm zu, in der Zeit in der diese Mäuse lebten würde es kaum irgendwelche Benzintanks geben, die sie notfalls in die Luft sprengen konnten. „Evan! Wir werden diesem Jungen doch retten, oder?“, fragte Toby erwartend. Sie hatte Ben selbst in die Augen gesehen, förmlich seine Angst gespürt. Evan ließ geschlagen den Kopf hängen. „Es geht um einen kleinen Jungen.“, sagte er an Donovan gewand. Dessen Mimik verriet bereits, dass er eine solche Reaktion erwartet hatte. „Sie sind der Boss.“, sagte er und überprüfte die Funktionalität seiner Waffe. „Keine Sorge, wir holen Ihren Jungen zurück.“, sagte Dylan fürsorglich an Susanne gewand. Dann stand sie auf und begab sich zu ihrem Freundin. „Ich bin natürlich dabei und werde der Fährte folgen, die der Junge hinterlassen hat.“, sprach sie. Evan nickte ihr dankbar zu. Ohne Dylan hätten sie es tatsächlich schwerer gehabt Bens Spur zu folgen. Der Teamleiter bewunderte außerdem Dylans Mut und ihren Willen. Vor kaum etwas mehr als drei Wochen waren sie noch gezwungen gewesen eine Anomalie ins Eozän zu durchschreiten. Dort hatten sowohl er als auch Dylan mehrere Menschen sterben sehen. Zerfetzt von wilden Tieren. Es war ein traumatisches Erlebnis gewesen, doch Dylan war bereit diese Erfahrung für das Leben dieses Jungen zu vergessen. „Also gut, wir drei begeben uns durch die Anomalie, finden den Jungen und kehren unbeschadet zurück. Alles mit dem Plan einverstanden.“, fragte Evan. Sowohl Dylan als auch Donovan schwiegen. Umso verwunderlicher war es, dass sich Toby nun einmischte. „Ja! Wir vier werden diese Mission zu Ende bringen.“, sagte sie mit fester Stimme. Die drei blickten sie verdutzt an, mit Tobys Reaktion schienen sie nicht gerechnet zu haben. „Das ist ein nettes Angebot, aber nicht nötig. Wir schaffen es auch so.“, wehrte Evan ab. Doch Toby schien sich nicht so einfach abspeisen zu lassen. „Du wolltest mich bei diesem Einsatz dabei haben, also jetzt lebe damit. Ich bin dem Jungen begegnet und konnte ihm nicht helfen. Ich möchte wirklich etwas für ihn tun.“, erklärte sie. Evan und Donovan warfen sich nun Blicke zu, die sehr leicht zu deuten waren. Evan war der Anführer, er kannte sich mit dem Opener aus. Dylan konnte Bens Fährte folgen und Donovan war er erfahrene Soldat. Und Toby? Mit welchen Fähigkeiten konnte sie auf der anderen Zeit glänzen? „Ich weiß was ihr denkt, aber ich kann auf mich selbst aufpassen. Gebt mir eine Waffe und ich werde sie auch benutzen wenn es dazu kommt.“, versicherte sie. Evan stieß einen Seufzer und nickte ihr schließlich zu. „Du bleibst immer in unserer Nähe, wir vier trennen uns für keinen Moment.“, befahl er und Toby musste es ihm versprechen. 5 Minuten später standen sie vor der Anomalie und starrten in das pulsierende Licht. Während Crowe und Chambers sie bewachen sollten, würde Vasily derweil auf Susanne aufpassen. Toby traute ihr sogar zu selbst durch die Anomalie zu rennen um ihr Kind zurückzuholen, sie selbst hätte wohl ähnlich reagiert. Evan benutzte nicht einmal den Timer um zu messen wie lange die Anomalie noch offen stand. Alle waren heilfroh, den Opener dabei zu haben. Sollte sich die Anomalie während ihrer Rettungsmission schließen, säßen sie somit nicht fest, sondern könnten jederzeit ein Tor in ihre Zeit öffnen. „Bereit?“, fragte Evan, obwohl er sich die Frage hätte sparen können. An den Gesichtern seines Teams erkannte er, dass sie fest entschlossen waren. Was jedoch nicht automatisch hieß, dass sie bereit dafür waren was sie erwarten würde. Pliozän, 5 Millionen Jahre vor unserer Zeitrechnung Es war ein vertrautes Gefühl dem Dylan gegenübersah. Rund um sie die Steppe, auch wenn diese hier weniger kahl und trist wirkte. „Keine Andrewsarchus.“, murmelte sie und besonders Evan erkannte die unendliche Erleichterung in der Stimme seiner Freundin. Diese Bestien waren zum Glück bereits seit etwa 30 Millionen Jahren ausgestorben, nur noch ihre Knochen würden sie hier finden. Die Gruppe hatte sich bereits mehrere Meter von der Anomalie wegbewegt, aber dennoch wirkte diese verlockend. Natürlich, sie führte zurück zu ihrem Zuhause, in die Zeit in der sie nun eigentlich sein mussten. „Was genau erwartet uns hier?“, fragte Donovan an seinen Biss gewand. Evan begutachtete erneut sein Handy. So etwas wie Empfang hatte er zwar nicht, doch er hatte sich alles Notwenige zuvor herunter geladen. „Die Heimat der Josephoartigasia ist das mittlere bis späte Pliozän, also 4 bis 5 Millionen Jahre bevor es überhaupt Menschen gegeben hat.“, erzählte er. „Also kein T-Rex?“, hakte Toby erleichtert nach. Evan schüttelte amüsiert den Kopf. „Schon sehr lange nicht mehr. Seit Beginn des Paläogen, welches das Oligozän, das Eozän und das Palöozän mit einschließt bis hin zum Pliozän und dem nachfolgenden Miozän ist das die Ära der Säugetiere. Wir werden also auf Tiere stoßen, die den unseren ähneln, wie die Mäuse die uns begegnet sind.“, verriet er. Donovan räusperte sich. „Mit wie unseren meinen Sie vermutlich nur in vierfach großer Ausgabe.“ Evans Miene wurde wieder ernster. Der Soldat hatte recht, die Tiere in der heutigen Zeit waren eher Spielkameraden im Vergleich zu vor mehreren Millionen Jahren. Dylan wand sich nun zu Toby, doch dessen Miene war plötzlich wie erstarrt. „Dort drüben!“, zeigte sie fuchtelnd Richtung Westen. „Donovan hob seine Waffen, doch Evan hob einen Arm. Etwa 30 Meter von ihnen entfernt schien sich ein dünner Fluss aufzutun. Davor standen zwei Tiere und tranken daraus. Das eine war etwa 2 Meter groß und ähnelte einem Pferd. Ein besonderes Merkmal war jedoch der Rüssel, der dem eines Elefanten glich, wenn auch etwas kürzer und gebogen. Braunes, zotteliges Fell bedeckte es, genauso wie die kleinere Ausgabe von ihm, scheinbar ein Junges. Evan begutachtete die Daten, die er gedownloadet hatte. „Scheinbar ein Macrauchenia, der Vorfahre des heutigen Kamels. Und natürlich alles andere als ein Karnivore.“, beruhigte er Toby und Donovan. Die Gruppe sah zu wie das größere Tier nun Wasser mit dem Rüssel aufsog und es über dem Jungtier ergoss. Das war sie also. Die andere Seite der Anomalien. Gleich was in der Vergangenheit für schreckliche Dinge passiert waren, Evan und den anderen wurde gleichzeitig ein Geschenk gemacht. Sie waren imstande Dinge zu beobachten, die kein normaler Mensch je zu Gesicht bekommen würde. Plötzlich machte Dylan einige hastige Schritte auf die Macrauchenia zu, welche nun die Flucht ergriffen. Doch das schien nicht ihre Absicht gewesen sein. Sie kniete sich vor dem Ufer hin und hob etwas auf. „Was ist das?“, fragte Toby, die gemeinsam mit den anderen nachgerückt war. Dylan hielt scheinbar ein blaues Taschentuch in der Hand. „Das muss dem Jungen gehören.“, kombinierte sie und musterte die Stelle genauer. Ein Blick auf die andere Seite verriet, dass der Junge durch den Fluss gelatscht sein musste, Vermutlich glaubte er so die Schreckensmäuse abhängen zu können. Dylan war es gleich ob sie nass wurde oder nicht, sie folgte der Fährte. Evans seufzte und tat es ihr gleich. Donovan versuchte es mit einem Sprung, auch wenn es nicht ganz gelang. Dafür war es so elegant und hielt Toby seine Hand hin, damit diese es leichter hatte. Mit feuchten Füßen waren sie auf der anderen Seite angekommen und Dylan wurde es die Nässe erleichtert, Bens Fußspuren zu folgen. „Wie weit er wohl gelaufen ist?“, fragte Toby murmelnd, doch niemand konnte ihr das beantworten. Wenn Ben Angst hatte, konnte er sehr weit gelaufen sein. Das Team ging erneut in Stellung als in einigem Abstand ein Tier an ihnen vorbeispazierte. „Ein Nilpferd.“, fiel Toby ein. Evan nickte nachdem er die Details nachschlug. „Toxodon, eindeutig mit unseren Nilpferden verwand.“, verriet er. Dem Tier war die Existenz der Menschen zwar aufgefallen, interessierte sich aber kaum für die Zeitreisenden, sondern mehr dafür die Fliegen aus seinen Ohren zu bekommen. Donovan blickte sich noch einmal nach allen Seiten um und war froh nicht einmal eine der Schreckensmäuse zu sehen. Erleichtert atmete er aus, das hier schien wirklich zu einem Spaziergang zu werden. Ganze 10 Sekunden später hasste er sich für diesen Gedanken. Ein lauter Knall ertönte und durchbohrte die Luft. Das Toxodon gab einen aufgeregten Laut von sich und lief los. Direkt auf Evan und sein Team zu. „In Deckung!“, schrie er Teamleiter und warf sich nach rechts auf den Boden. Dylan versuchte es mit der anderen Seite und Donovan zog Toby hinter ein Dickicht. Das Toxodon trampelte wie wild an der Gruppe vorbei und war bald hinter einem Hügel verschwunden. Dennoch warteten die Zeitreisenden noch einen Moment, bevor sie sich wieder aufkämpften. „War das… ein Schuss?“, hakte Dylan unsicher nach. Donovan nickte und schluckte dann. „Ich wünschte ich würde mich irren, aber ich erkenne einen Schuss sehr gut.“ Niemand zweifelte an Donovans Auffassungsgabe, immerhin war dieses Geräusch zu seinem ständigen Begleiter im Krieg geworden. Doch von wem kam es? Trug Ben eine Waffe bei sich mit der er sich gegen die Schreckensmäuse verteidigte? Kaum vorstellbar. Woher sollte er sie haben und woher wusste ein 8-jräiger Junge wie man sie einsetzte? „Wir müssen nachsehen.“, sprach Evan die Worte aus, die Donovan befürchtet hatte. Im Irak wäre er nie in dieselbe Richtung gelaufen, aus der ein Schuss unbekannten Ursprungs kam. Doch er war hier nicht im Irak, auch wenn die Umgebung hin und wieder so wirkte. Also blieb ihm keine Wahl. Der bat die Zivilisten dicht hinter ihm zu bleiben und führte die Gruppe an. Als ein zweiter Schuss folgte, konnten sie die Richtung umso einfacher bestimmen. Die Zeitreisenden waren nun auf einer Anhöhe angekommen als sie unten im Tal vier Gestalten wahrnahmen. „Er ist mir entwischt!“, rief einer davon. Ungläubig wagte sich Evan näher. „Menschen! Das sind Menschen!“, konnte er es gar nicht fassen. Donovan bat ihn sich nicht zu weit vorzuwagen. „Er ist nach oben gelaufen! Auf diese Anhöhe dort oben.“, schrie jemand und die vier Personen unten im Tal blickten zu Evan und den anderen hoch. Beide Parteien mussten vermutlich dasselbe denken. Dann preschte eine Person davon nach vorne, Donovan glaubte eine Militäruniform zu erkennen. Es war das Brüllen, dass Toby den Hals zusammenschnürte. Trotz besseren Wissens drehte sie sich um und erkannte das Tier, das nun seine Kreise um sie zog. Toby spürte wie ihr der Atem wegblieb und sie keine Luft mehr bekam. Die Angst hatte von einem Moment auf den anderen die Kontrolle über ihren Körper übernommen. Ein Tiger! Das waren ihre einzigen Gedanken. Hellbraunes Fell mit dunkelbraunen Strichen ließen das Tier majestätisch wirken. „Auf den Boden!“, brüllte Donovan und auch Evan und Dylan hoben ihre Waffen. Der Tiger brüllte weiter und Tobys Beine versagten ganz von allein. Sie fiel zu Boden, ohne dass sie darauf Einfluss hatte. Das rettete ihr vermutlich das Leben. Der Tiger sprang nun auf sie zu, aber dadurch direkt über ihren flachen Körper. Donovan, Evan und Dylan schossen alle drei gleichzeitig ihre Pfeile ab, die allesamt im Körper des Tieres stecken blieben. Ein weiteres, diesmal aber ersticktes Brüllen seitens des Tigers, bevor er seitlich umkippte. Tobys Finger gruben sich tief in die Erde und sie begann am ganzen Leid zu zittern. Evan war schnell bei ihr und versuchte ihr aufzuhelfen. Damit hatte er seine Mühe, Toby hatte eine kleine Panikattacke erlitten und brauchte jetzt dringend Ruhe. „Ich habe Wasser bei mir.“, sagte Dylan nun und griff nach einer Feldflasche. „Fallen lassen!“, schrie plötzlich jemand und die Gruppe sah sich nach allen Seiten um. Zwei bewaffnete Männer waren die Anhöhe heraufgekommen, ihnen folgten zwei Frauen. „Ich will meiner Freundin lediglich Wasser geben.“, verteidigte sich Dylan und die Männer gestatteten es ihr. Dylan rutschte zu Toby und hielt ihr die Flasche hin. „Hier trink, aber langsam.“, flüsterte sie ihr zu und Toby sammelte nach und nach neue Kräfte. Evan erhob sich, doch er und Donovan starrten in den Lauf zweier Pistolen. Es bestand kein Zweifel darin, dass es sich dabei keineswegs um Betäubungswaffen handelte. „Bitte! Ist das wirklich nötig?“, fragte Evan sanft. Der Teamleiter erkannte sofort, dass es Donovan war von dem die Bedrohung ausging. Seine Haltung, die Art wie er seine Waffe trug, ja sogar sein Blick, alles identifizierte ihn als Soldaten. „Senken Sie die Waffe, Donovan.“, raunte er dem ehemaligen Major zu. Dieser konnte sich nur schwer dazu durchringen. Sein Chef hob beschwichtigend die Hände. „Bitte! Wir sind keine Bedrohung. Mein Name ist Evan Cross und das sind meine Mitarbeiter. Darf ich fragen mit wem wir es zu tun haben?“, fragte er freundlich. Einer der Männer nickte seinem Freund zu, welche die Pistole sinken ließ. Der ältere von beiden, scheinbar der mit dem höheren Rang schritt nun auf Evan zu und musterte ihn. „Wir waren hier auf alles gefasst, nur nicht auf Menschen.“, verriet er. Evan zwang sich zu lächeln und begutachtete die Uniform des Mannes. „Und mit wem habe ich die Ehre?“, ließ er nicht locker. Der Mann nahm Haltung an und stellte sich vor. „Colonel Bob Kirkland. US Air Force.“ Pliozän, 5 Millionen Jahre vor unserer Zeitrechnung Dylan hatte dem Colonel erklärt, dass es keine gute Idee war in dem Tal zu bleiben. Dort wären sie für die Raubtiere nur leichte Beute gewesen. Nachdem Toby wieder einigermaßen stehen konnte, hatten sie sich gemeinsam zu einem Unterschlupf aus Felsgestein geschleppt. Dort hatte sich Toby erst einmal ausruhen können. Immer noch atmete die junge Frau flach und versuchte sich zusammenzureißen. Ihre Augen weiteten es sich etwas, als eine Frau, etwa in ihrem Alter sich neben sie setzte. „Wir… sind noch nicht dazu gekommen unseren Wasservorrat aufzufüllen, deshalb ist das hier alles was ich anbieten kann.“, gestand sie und zog etwas aus ihrer Hosentasche. Sie drückte es Toby in die Hand und diese musterte den Gegenstand. „Ein… Müsliriegel?“, fragte sie verblüfft. Die Frau neben ihr wurde etwas rot und strich sich die Haare zurück. „Meine… heimliche Leidenschaft.“, verriet sie. Toby packte den Riegel aus und verschlang ihn so unelegant, dass es ihr schon wieder peinlich war. Sie hätte sich verfluchen können, dass sie keine Zeit zum Frühstücken hatte. Mal abgesehen von der Sache mit ihrem Panikanfall. Was hatte sie Evan noch gleich gesagt? Sie könne auf sich selbst aufpassen und wäre kein Hindernis? Die Scharm durchdrang ihren Körper wie die Angst zuvor. Sie war wirklich nicht die Toby aus Evans Zeitlinie, diese hätte sich bestimmt mutiger benommen. Sie hätte gar nicht erst mit durch die Anomalie gehen sollen, ohne sie hätte es das Team bestimmt einfacher. Toby betrachtete die Frau neben sich, deren Namen sie nicht einmal kannte. Sie wirkte etwas erschöpft, aber keinesfalls ängstlich. Mit ihrer Brille und ihren zerzausten Haaren glich sie beinahe einem Nerd, auch wenn es Toby nie in den Sinn gekommen wäre dieses Wort auszusprechen. Die blauen Augen, die sich unter der viel zu großen Brille versteckten wirkten einsam, aber auch stark. „Lexi.“, sagte die Frau nun. Toby brauchte einen Moment um darauf zu kommen, dass damit ihr Name gemeint sein konnte. „To… Toby!“, entfuhr es ihr augenblicklich. Sie wusste nicht wieso, aber von einem Moment auf den anderen war ihre Angst verflogen. Neue Kraft stieg in ihr hoch. Lag das an dem Müsliriegel? Wenn ja, würde sie ab sofort neue Stammkundin beim Hersteller werden. Ihre Aufmerksamkeit wurde getrübt als Evan an ihr vorbei schritt und sich dem hünenhaften Mann, der sich als Colonel der amerikanischen Luftwaffe ausgewiesen hatte entgegenstellte. „Colonel, wir sind überrascht hier noch weitere Menschen zu sehen.“, gab er zu. Kirkland nickte schwach, scheinbar erging es ihm nicht anders. Er überlegte gerade wie viel er preisgeben konnte, doch im Prinzip spielte es keine Rolle. Sie saßen in einem Boot, auch wenn dieses Boot eher der Arche Noah glich. „Ich weiß nicht genau wer Sie sind, oder was Sie tun. Aber ich leite ein Team, das so genannte Anomalien erforscht. Zeitportale in die Vergangenheit und Zukunft. Das neben mir ist Lieutenant Ray Drust, bei den Frauen handelt es sich um Dr. Rebecca Blake und Dr. Lexi Gray.“, stellte er seine Leute vor. Evan tat es ihm nach und fing bei Dylan und Toby an, bis er bei Donovan angelangt war. Kirkland musterte ihn prüfend. „Sie sind Soldat?“, hakte er nach, doch Donovan nickte unverzüglich. „Leonard Donovan. Ehemals Major der kanadischen Streitkräfte. Aber ja… Soldat bin ich irgendwie immer noch.“, gestand er. Kirkland legte ein Grinsen auf. „Aber jetzt sind es keine Terroristen mehr sondern Saurier, richtig?“, hakte er nach. Donovan nickte nach einer Weile. „Sieh mal einer an, die Amerikaner betreiben also auch Anomalienforschung.“, entfuhr es Evan. Kirkland hob sein Kinn. „Das habe ich nicht gesagt. Ich bin nicht befugt ihnen irgendwelche Informationen zu liefern.“, blieb er stur. „Einigen wir uns einfach darauf, dass es überall Saurierärsche gibt, die zurück in ihre Zeit befördert werden müssen.“, meinte Drust, erhielt aber sofort einen strengen Blick seitens seines Vorgesetzten. „Mich überrascht eher, dass so ein kleines Land wie Kanada ein Anomalienprogramm besitzt.“, sagte nun die etwas ältere Frau, bei es sich wohl um Rebecca Blake handeln musste. Dylan räusperte sich nun. „Ich glaube… wir sind auch nicht ganz so offiziell wie Sie.“, glaubte sie sagen zu müssen. Da es sich bei Cross-Photonics um eine einzige, private Firma handelte, war das wohl mehr als richtig. Evans nächste Frage bezog sich darauf, wie es Kirklands Team hierher verschlagen hatte. Dem Colonel der Luftwaffe schien dies etwas unangenehm zu sein. „Unser Timer, also das Gerät mit dem wir messen wie lange eine Anomalie noch geöffnet ist hat den Geist aufgegeben. Unsere Anomalie hat sich schneller geschlossen als erwartet und nun stecken wir hier fest.“, grunzte er, als könne er es immer noch nicht glauben. „Alles die Schuld unserer japanischen Verbündeten.“, wand Drust ein. Als er Evans verdutzten Blick sah, fuhr er fort. „Nachdem wir dem japanischen Anomalienteam halfen das plötzliche Auftauchen eines Tarascosaurus während eines Kabuki-Theaters zu vertuschen, waren sie so freundlich die Technologie zu teilen die sie bislang gebaut haben.“, verriet er. Blake spielte nun mit dem defekten Timer und hätte ihn am liebsten zerquetscht, hätte sie die physische Kraft dazu besessen. „Vielleicht hätten wir unsere eigene Version bauen sollen.“, bemängelnde sie. Lexi nickte zustimmend. „Ich schaffe es ja nicht einmal Visual Novels auf meinem Notebook zu installieren, also hätte ich von Anfang an skeptisch sein müssen, was dieses Gerät anbelangt.“ Kirkland wand sich nun wieder an Evan. „Wie sieht es mit Ihrer Anomalie aus? Sind Sie auch gestrandet oder gibt es für uns einen Weg zurück?“, wollte er wissen. Evan spürte wie hoffnungsvoll der Colonel klang und wollte ihn nicht enttäuschen. Dennoch beschloss er ihm vorerst nichts von dem Opener zu erzählen. Es war schon schwierig genug gewesen Project Magnet auf Distanz zu halten, das amerikanische Militär musste ihm nicht auch noch auf die Pelle rücken. „Ja, die ist noch offen und wir können sie benutzen. Aber wir sind wegen einer Rettungsmission hier, ein kleiner Junge hat sich in die Anomalie verirrt.“, offenbarte er. Er kannte den Blick, den Kirkland nun zum Besten gab. Ein Mann in seiner Position wog alle Entscheidungen ab, ob er sie nun zugunsten seines Teams oder zugunsten von Unschuldigen treffen sollte. Nun war es Donovan der sich einmischte. „Die Anomalie ist lediglich eine halbe Meile östlich von hier. Sie und Ihr Team können sie problemlos passieren. Sie führt nach Vancouver und zwar zum 25ten Februar 2013.“, erklärte er. Kirkland ließ sich diese Aussage durch den Kopf gehen. „Colonel, das sind lediglich 2 Wochen nachdem wir Austin verlassen haben. Es ist ein wahrer Glücksfall, dass wir diese Anomalie gefunden haben.“, mischte sich Blake ein. Kirkland konnte nicht anders als ihr rechtzugeben. „Was ist mit dem Jungen?“, erhob sich Lexi nun und starrte den Soldaten an. Der Colonel brauchte etwas, bevor er eine Antwort formulierte. „OK, folgender Plan. Lieutenant, ich warte von Ihnen, dass Sie die beiden Doktoren heil durch die Anomalie schaffen. Ich werde zwischenzeitlich Mister Cross und seinen Leuten helfen den Jungen zu finden.“, entschied er. Sofort wehrten sich Rebecca und Blake gegen diesen Vorschlag. „Wir werden Sie hier doch nicht zurücklassen! Was wenn sich die Anomalie schließt, dann werden Sie für immer hier gefangen sein.“, redete die Physikerin auf ihn ein. Kirkland sah missmutig zwischen den Frauen hin und her und dann zu Drust. „Sir, im Gegensatz zu den beiden können Sie mir den Befehl dazu erteilen, aber selbst wenn Sie mich vor ein Militärgericht schleifen, ich werde weder Sie, noch die beiden bezaubernden Damen zurücklassen.“, entschied er. Kirkland biss sich sichtbar auf die Lippen. „Und ich dachte schon mein Team wäre anstrengend.“, raunte Evan Dylan zu und kassierte einen eisigen Blick. „Auf jedenfall sind diese Raubtiere gefährlich. Wir müssen den Jungen schnell befinden, bevor sie es tun.“, wand sie ein. Evan checkte sein Handy und las daraus vor. „Es handelt sich bei dem Tier das wir betäubt haben vermutlich um ein Megantereon, dem Nachfahren der Smilodons und Vorfahren der heutigen Tiger.“, verkündete er. Es war Lexi Gray die nun dagegenhielt. „Verzeihung, aber da dürften Sie sich irren. Megantereons lebten hauptsächlich in Nordamerika und ihr Fell war viel goldener als das des Tieres von vorhin. Da wir hier seit unserer Ankunft bereits Josephoartigasia sowie Macrauchenia begegnet sind, die nur in Südamerika heimisch waren, scheidet diese Möglichkeit aus. Nein, auch wenn seine Farben einem Tiger ähneln, war dieses Raubtier zweifelsfrei ein Thylacosmilus, ein Vorfahre der heutigen Panther. Es wird auch Säbelzahnkatze genannt, nicht zuletzt wegen der langen Reißzähne und dem Unterkiffer der groß genug ist, auch größere Beute schnell zu vertilgen.“, erzählte sie. Durch ihre Erzählung waren nun die gesamten Blicke von Evans Team auf sie gerichtet. Besonders Toby musste zugeben von Lexis Fachwissen beeindruckt zu sein. „Sie hat drei Doktortitel.“, glaubte Lieutenant Drust einwerfen zu müssen. Lexi rückte ihre Brille zurecht und sah zur Seite. Dann, plötzlich ohne Vorwarnung begann es über den beiden Teams finster zu werden. Schatten strich über die Ebene und über die Felsen. „Verdammt, wird es etwa schon dunkel?“, fluchte Kirkland. Rebecca verneinte rasch. „Nein, aber da hat sich gerade eine enorm große Wolke vor die Sonne geschoben, das kann dauern bis es vorbeigeht.“, informierte sie den Colonel. Dieser tauschte mit Evan Blicke aus, die Worte dazu mussten nicht ausgesprochen werden. Auf alle Fälle würde dies die Suche erschweren. Evan bat Dylan, sie solle versuchten die Fährte des Jungen erneut aufzunehmen und Kirkland schickte Drust zu ihrem Schutz mit. Währendessen ließen sich er, Rebecca und Lexi genau die Position der Anomalie beschreiben. „Kanada, hm? Gibt es bei euch etwas Brauchbares zu essen?“, fragte Kirkland nun. Evan rang sich ein Lächeln ab. „Wenn wir es heil zurück schaffen… lade ich Sie gerne zum Essen ein.“, versprach er. Pliozän, 5 Millionen Jahre vor unserer Zeitrechnung Evan hatte vorgeschlagen, Toby solle sich noch etwas ausruhen, doch davon wollte die junge Frau nichts wissen. Es reichte ihr ja schon, dass sie zur Last wurde, mehr wollte sie nicht. Besonders war es ihr ein Bedürfnis in der Nähe von Lexi Gray keine Schwäche zu zeigen. Beide waren etwa im selben Alter, jedoch besaß die Amerikanerin weitaus mehr Erfahrung mit Reisen durch Anomalien und dem Gegenübertreten gefährlicher Aasfresser. Und sie besaß zwei Doktortitel mehr als Toby, noch ein Grund die erst schüchterne Frau mit Brille zu bewundern. Lexi war bestimmt wesentlich tapferer als Toby selbst, das musste das Teammitglied einsehen. Sie hätte sich bestimmt nicht so leicht vor einem unbekannten Tier erschreckt. „Ahhh!“, kreischte Lexi Gray plötzlich und Toby folgte ihrem Blick. Evan und Kirkland kamen sofort angelaufen und fragten was los sei. Lexi zeigte mit zusammen gekniffenen Lippen auf eine Stelle direkt vor sich. „Der… der Stein bewegt sich von selbst!“, schien sie ihren Augen nicht trauen zu können. Auch den anderen fiel nun auf was sie meinte. Der aus einem gleichmäßigen Muster bestehenden Stein bewegte sich langsam, aber zielstrebig vorwärts. Evan glaubte kleine Beine darunter erkennen zu können und stieß das Gebilde mit dem Lauf seiner Waffe an. Ein hohles Klopfen erfolgte und er Stein hob sich. Ein schmaler Kopf tauchte darunter hervor und blinzelte Evan skeptisch an. Dann wechselte das Tier die Richtung und lief rückwärts, direkt in einen Fellsvorsprung hinein, wo es wohl vermutete sicher zu sein. „Eine Schildkröte.“, musste er schmunzeln. Lexi hatte wieder zu sich gefunden und räusperte sich. „Schildkröten sind Amphibien, damit könnte man das Tier gerade wenig beschreiben. Es war wie alles andere ein Säugetier, ein Glyptodon. Scheinbar ein Jungtier, sonst hätte es nicht so scheu reagiert. Ihr Panzer schützt sie vor Feinden und von allen Tieren im Pliozän und dem Pleistozän hat es am längsten überlebt. Es starb erst 12.000 Jahre vor den Menschen aus.“, berichtete sie. Kirkland schien es zu reichen, dass gepanzerte Igel keine Gefahr darstellte und sich lieber mit sich selbst befasste. Toby blickte nun zu Lexi, doch diese wich ihrem Blick aus. War ihr ihre Überreaktion peinlich gewesen? Nun trat Donovan unerwartet an Evan heran und gab ihm einen Klaps gegen die Schulter. „Mister Cross, Colonel, seien Sie bitte extrem leise.“, bat er und die beiden Männer folgten seinem Blick. Es war nicht die Gruppe aus Menschen gewesen, weshalb das Glyptodon die Flucht ergriffen hatte. Vor den beiden Teams war in etwa 10 Meter Entfernung die Erde eingebrochen. Evan erinnerte sich an seinen Ausflug ins Silur, wo der Brontoskorpio Löcher gegraben hatte, um dort seine Beute in die Falle zu locken. Zwar standen sie hier nicht auf leichtem Sand, doch das Tier das nun an die Oberfläche kroch besaß zweifelsfrei die Fähigkeit solche Löcher zu graben. Das Nagetier streckte seine Nase in die Höhe und zog die verschiedenen Gerüche aus der Luft an. Kirkland hob augenblicklich seine Waffe, doch Evan bat ihn noch etwas zu warten. Die Augen der Josephoartigasia richteten sich nun der Gruppe zu und blitzschnell war das Tier wieder in seinem Graben verschwunden. Kirkland seufzte erleichtert. „Allein scheint es sich wohl doch nicht an uns heranzutrauen.“, stellte er fest. Lexi sprang nun von einem Moment auf den anderen auf und eilte zu den Männern. „So ist es nicht! Es hat uns definitiv gerochen und wird nun seine Familie verständigen.“, erklärte sie. „Reden wir von einer kleinen oder einen großen Familie?“, fragte Rebecca Blake unsicher. Doch niemand in Evans oder Kirklands Team wollte das unbedingt herausfinden. Zwar waren diese Schreckensmäuse keine Karnivoren, doch dafür groß und schwer genug um Menschen zu verletzen. Es fiel ihnen schwer die sichere Position aufzugeben und den Standort zu wechseln. Aber sie mussten sich beeilen, bevor das Rudel Mäuse an die Oberfläche kroch. Kirkland und Donovan gaben den anderen Deckung, denn es war unmöglich vorauszusagen wo genau die Josephoartigasia unter ihnen waren. Evan war sich immer noch sicher, dass sie auf dem Weg zurück zur Anomalie waren, doch in dieser Umgebung wirkte einfach alles identisch. Zugegeben, zu verlangen ein Schild aufzustellen mit der Aufschrift ‚Anomalie hier entlang’ wäre zu viel des Guten gewesen. Bald war die Gruppe an dem Fluss angelangt, den Evan und die anderen bereits zuvor überquert haben. „Die Anomalie!“, rief Toby aufgeregt. Tatsächlich, in wenigen Metern Entfernung pulsierte immer noch das Lichtgebilde des Zeitportals. Doch was brachte es ihnen? Weder hatten sie Ben gefunden, noch waren Dylan und Drust bereits wieder zurück. Es war verlockend einfach zu fliehen und nach Hause zu rennen, doch niemand würde einen ihrer Kameraden aufgeben. Dann zuckten alle innerhalb der Gruppe zusammen. Laute Schüssel durchdrangen die Stille und sofort versuchten Kirkland und Donovan die Richtung zu bestimmen. „Sie kommen aus Westen.“, sprach es Donovan aus und der Colonel nickte. „Das können nur Lieutenant Drust und Ihre Freundin sein.“, sagte Kirkland an Evan gewand. Daran bestand vermutlich kein Zweifel, außer ein weiteres Anomalienteam hätte sich zufällig in diese Epoche verirrt. Da diese Möglichkeit jedoch äußerst unwahrscheinlich schien, hoben die beiden Soldaten erneut ihre Waffen und Evan bat die drei Frauen dicht beieinander zu bleiben. Die Gruppe folgte nun dem Fluss Richtung Westen und war bald vor einer dichten Wiese angekommen. „Dylan! Bist du hier irgendwo?“, rief Evan und erhielt bald darauf eine Antwort. Eine Gestalt preschte aus dem Gras und Kirklands P90 schwang in ihre Richtung. Evan konnte ihn gerade noch vor einer Dummheit bewahren und drückte ihn zur Seite. Bei der Gestalt handelte es sich um Dylan, in ihrer Hand eine Pistole. „Blut.“, entfuhr es Rebecca Blake und die Soldaten gaben ihr recht. Eine Blutspur zog sich in die Wiese und etwa 4 Meter entfernt lag der Kadaver eines Thylacosmilus. „Ich brauche Hilfe! Lieutenant Drust wurde verletzt!“, rief ihnen Dylan Weir zu und nun hielt Kirkland nichts mehr. Er verließ die Gruppe und rannte zu den Angegriffenen. Die anderen folgten ihm in einigem Abstand und sahen noch wie Kirkland auf die Knie rutschte und sich über Ray Drust beugte. Dieser zitterte am ganzen Körper und streckte eine Hand nach dem Colonel aus. „Tut… tut mir leid, Sir.“, keuchte er, doch Kirkland bat ihn sich zu beruhigen. „Halten Sie Klappe, Lieutenant! Ich sehe mir das hier an.“, befahl er schroff. Dylan hatte Drusts Kopf währenddessen in eine schräge Seitenlage gebracht. Evan und die anderen standen nun ebenfalls um den Soldaten umringt und besonders Lexi hielt sich eine Hand vor den Mund. Toby fiel auf wie tief der Schrecken ihr saß. Ray Drusts rechtes Bein war voller Blut, ein dicker Hautfetzen hing herab. Die Reißzähne des Thylacosmilus mussten ihn voll erwischt haben, denn der Lieutenant verlor immer mehr Blut. „Dr. Blake, die medizinische Ausrüstung!“, wies er Rebecca an und diese legte sofort ihren Rucksack ab. Kirkland rutschte zu ihr und zog einen Verband heraus. Diesen zog er nun straff um Drusts Bein abbinden zu können. Rebecca kramte ungeschickt nach einem Spray zum Desinfizieren, bis Toby ihr zu Hilfe kam. Sie schnappte sich das Spray und sprühte es ohne zu zögern auf Drusts Wunde. Dieser jaulte auf, die Schmerzen mussten unerträglich sein. „Halten Sie durch, Soldat!“, fuhr Kirkland den Lieutenant an, doch Drust stöhnte nur. „Es tut mir leid, Colonel! Es war meine Schuld, dass wir hier gestrandet sind. Fliehen Sie… solange die Anomalie noch offen ist.“, bat er, doch davon schien Kirkland nichts hören zu wollen. Er benutzte einen zweiten Verband um die Wunde notdürftig abzudichten, doch das würde Drust nur wenige Minuten einbringen. „Wir müssen ihn durch die Anomalie und in ein Krankenhaus schaffen.“, sagte der Leiter des AT1-Teams ernst. Evan und Dylan sahen einander an. Es war wirklich die einzige Option, doch das würde gleichzeitig bedeuten, dass sie den Jungen aufgaben. Ein scheußlicher Gedanke, doch niemand von ihnen wollte Ray Drust sterben lassen. Evan öffnete die Lippen um etwas zu sagen, bis Schreie die ohnehin schon angespannte Situation durchdrangen. „Hilfe! Bitte Hilfe!“, erklang es aus einer völlig anderen Richtung. Woher kamen die Schreie und vor allem von wem? Die beiden Teams waren wieder vollzählig, es blieb nur noch… „Der Junge!“, rief Evan aufgeregt und folgte der Richtung aus der die Stimme widergehallt war. Er trat das Gras unter sich nieder und war bald an einer Düne angekommen. Unter sich erstreckte sich ein schmales Tal und was der Teamleiter dort sah, ließ ihn bleich werden. Es waren sicher 4 oder 5 Thylacosmilus die gemeinsam umherschlichen, direkt vor einer Felsspalte die nur wenige Zentimeter breit war. Innerhalb dieser Spalte hockte ein etwa 8 jähriger Junge, der sich soweit ins Innere zurückzog sie nur möglich. Ben, derjenige den sie bereits so lange suchten. Kirkland und Dylan waren nun ebenfalls bei ihm angekommen. „Wir schaffen es unmöglich den Jungen noch zu retten! Es sind zu viele von diesen Raubtieren und die Munition geht uns aus.“, hasste Kirkland es auszusprechen. Dylan musste ihm rechtgeben, konnte Ben aber nicht seinem Schicksal überlassen. Sie blickte zu Evan und erkannte an seiner Miene, das dieser bereits einen Plan hatte. „Colonel, vertrauen Sie mir?“, fragte er Kirkland, doch bevor dieser antworten konnte, hatte sich Evan bereits wieder in Bewegung gesetzt. Wenige Sekunden später war er bei dem Verletzten angekommen und stellte fest, dass sich dessen Zustand zum Glück nicht verschlechtert hatte. „Hat irgendeiner von euch Früchte dabei? Irgendein Obst oder dergleichen?“, fragte er sowohl Donovan und Toby, als auch die Mitglieder von AT-1. Rebecca Blake kramte in ihrem Rucksack und holte einen Behälter mit Äpfeln heraus. „Mein Notproviant, aber warum fragen Sie?“, wollte sie wissen. Doch Evan schien keine Zeit für Erklärungen zu haben. Auch Lexi Gray griff nun in ihrem Rucksack und reichte Evan einige Müsliriegel. „Das ist alles was ich anbieten kann.“, gestand. Doch Evan war die Weise wie sie sich ernährte wohl völlig gleich, dankbar nahm er die Riegel entgegen. „Evan, rede mit uns!“, bat Toby und der Teamleiter sah zu Donovan. „Donovan, ich vertraue Ihnen die Frauen und den Verletzten an. Die Anomalie ist nur wenige hundert Meter entfernt, bringen Sie alle heil nach Hause.“, bat er den ehemaligen Major. Bevor dieser etwas erwidern konnte, waren auch schon wieder Dylan und Kirkland bei den anderen. „Mister Cross, ich kann Sie nicht einfach so zurücklassen.“, schien es für den Ex-Soldaten keineswegs in Frage zu kommen. „Er ist nicht allein, ich werde ihm Deckung geben. Egal was er plant.“, versicherte Kirkland. Auch Dylan nickte zu, sie vertraute Evan wenn es nötig war sogar mit ihrem Leben. „Das ist ein Befehl, Major! Wir sehen uns dann auf der anderen Seite.“, warf dieser Donovan zu und erwähnte sogar dessen militärischen Rang. Donovan fluchte, bat dann aber Toby ihm zu helfen Ray Drust aufzuhelfen und zu stützen. Mit ihm würde es schwierig werden die Anomalie schnell zu erreichen, doch ohne Trage blieb ihnen keine Wahl. Evan leerte seinen Rucksack und warf alles Unnötige hinaus. Einzig und allein die Äpfel und die Müsliriegel fanden darin platz. „Was haben Sie vor?“, fragte Kirkland verdutzt. Evan grinste ihn an. „Nur ein kleines Katz und Maus Spiel.“, verriet er. Pliozän, 5 Millionen Jahre vor unserer Zeitrechnung Ray Drust gab sich trotz der Verletzung Mühe voranzukommen. Immer wieder stützte er sich mit seinem gesunden Bein ab um Donovan und Toby das Tragen erleichtern zu können. Lexi und Rebecca bildeten die Vorhut. Sie waren bewaffnet und jederzeit bereit zu schießen sollte sich ein Raubtier nähern. Obwohl der schwere Ray Drust ihre Konzentration störte, viel Toby immer wieder auf wie Lexi zu dem Soldaten zurücksah. In ihrem Blick was etwas Verletzliches und Flehendes. Es erwies sich als besonders schwierig Drust über den Fluss zu befördern. Das Blut seiner Wunde vermischte sich mit dem Wasser und besonders Toby betete dafür, dass dieses keine Räuber anlockte. „Sie wird schwächer!“, rief Rebecca Blake zurück, als die Mitglieder der Gruppe die Anomalie erblickten. Toby fluchte, die Physikerin hatte recht. Das Licht schwächte ab und sie begann bereits sich zu verkleinern. „Wir können nicht weg, der Colonel und die anderen würden hier feststecken!“, erinnerte Lexi. Toby wollte etwas erwidern, brach dann aber ab. Im Notfall besaß Evan immer noch den Opener den er von dem Mann aus der Zukunft erhalten hatte. Doch ihr Boss besaß gute Gründe keine Fremden in dieses Geheimnis einzuweihen. „Sie werden… es schon irgendwie schaffen.“, sagte sie stattdessen, hätte sich aber ohrfeigen können. Rebecca und Lexi machten den Trägern Platz und ließen Toby und Donovan Drust durch die Anomalie schieben. Kurze Zeit später begaben sie sich ebenfalls aus dieser Zeitperiode. Die Szenerie änderte sich, aus der kahlen Steppe wurde ein blühendes Wäldchen. Mit Bäumen, Sträuchern, Blumen und… zwei bewaffneten Männern. Toby und Donovan legte Drust auf den Boden. „Chambers, dieser Mann muss versorgt werden! Crowe, ordern Sie sofort einen Krankenwagen.“, befahl der ehemalige Major seinen Leuten. Diese waren immer noch perplex, immerhin hatten sie nicht erwartet neben ihren Leuten eine Gruppe Fremder entgegenkommen zu sehen. Doch dann betätigte Crowe sein Handy und Chambers begann mit seiner ersten Hilfe. Donovan bewachte weiterhin die Anomalie und Dr. Blake ging dem Sanitäter zur Hand. Nur Lexi Gray stand abseits und hielt sich die Hand vor den Mund. Toby war es ein Bedürfnis zu ihr zu schreiten und besänftigend auf sie einzureden. „Alles ok, wir haben es noch rechtzeitig geschafft! Chambers ist verdammt gut in seinem Job und der Krankenwagen wird bald hier sein.“, versicherte sie. Nun brauch aus Lexi all der Schrecken und der Schock der letzten Stunden heraus und sie warf sich in Tobys Arme. Diese konnte nicht beurteilen ob die Amerikanerin auch weinte, aber ihr war es nur wichtig für diese da zu sein. „Er ist stabil!“, sagte Chambers nun und gab Drust etwas gegen die Schmerzen. Lexi löste sich von Toby und fiel auf die Knie. „Jag’ mir nie wieder so einen Schrecken ein!“, blaffte sie den Lieutenant an und dieser rang sich ein Lächeln ab. „Versprochen. Ich werde mir nie wieder das Bein annagen lassen.“, brachte er hervor und Lexi verdrehte die Augen. „Crowe, lotsen Sie die Rettungskräfte her.“, trug Donovan dem Soldaten auf, welcher auch unverzüglich folgte. Kaum zwei Minuten später eilten die Sanitäter in weiß zu dem Verletzten und packten ihn auf eine Trage. Das Team sah zu wie Drust wegtransportiert wurde und hoffentlich schnellstmöglich behandelt wurde. Lexi erhob sich und versuchte neue Kraft zu sammeln. „Gott sei Dank…“, murmelte und Toby nickte ihr aufmunternd zu. „Er bedeutet dir sehr viel, oder?“, hakte sie nach und Lexi nickte nach einer Weile. „Naja… ich stelle es mir schwierig vor mit jemanden eine Beziehung zu haben mit dem man gemeinsam auf so gefährliche Missionen geht.“, fügte Toby hinzu. Lexi weitete nun ihre Augen und bedachter Toby eines verwirrten Blickes. „Nein… er und ich sind nur… ich meine ich stehe jetzt nicht…“, brabbelte sie, bis sie von Donovan unterbrochen wurde. „Verdammt! Sie ist weg!“, fluchte er und die beiden Frauen und wanden ihren Blick… zu der Stelle wo noch einen Moment zuvor die Anomalie gewesen war. Was würde jetzt aus ihren Freunden werden? Pliozän, 5 Millionen Jahre vor unserer Zeitrechnung Kirkland und Dylan sahen Evan gleichermaßen ungläubig an, nachdem dieser den beiden von seinem Plan erzählte. „Haben Sie das aus irgendeinem Zeichentrickfilm, wenn ich fragen darf?“, fragte der Colonel skeptisch. Evan neigte den Kopf. Er gab selbst zu, dass es nicht der beste Plan war, aber vermutlich immer noch vernünftiger als sich ziellos durchzuschießen. Er verteilte die Äpfel und die Riegel an Kirkland und Dylan, die sich gleichmäßig auf der Düne verteilten. Für Ben wurde es langsam knapp, denn Thylacosmilus kratzten immer weiter am Gestein der Felsspalte. Sollte der Junge müde werden und einschlafen, wäre es für die Säbelzahnkatzen ein Leichtes, ihn herauszuziehen und zu fressen. „Hey, Miezekätzchen!“, schrie Evan hinunter ins Tal und sorgte so für genug Aufmerksamkeit. Gleichzeitig begannen er, Dylan und der Colonel den Proviant hinunterzuwerfen, direkt auf die Raubkatzen zu. Doch dieser neigte sich bald dem Ende zu. Evans Plan schien teilweise aufzugehen, denn die Thylacosmilus ließen von der Felsspalte ab und reckten ihre Köpfe den Neuankömmlingen zu. „Und jetzt?“, hakte Dylan zweifelnd nach. Kirkland hielt seine Waffe fest umschlossen, doch wenn diese Raubtiere gleichzeitig angriffen, war es um die drei geschehen. Die Thylacosmilus näherten sich nun, doch auch Evans Vorhaben schien endlich Früchte zu tragen. Oder besser gesagt, jemand anderer schien diese davonzutragen. Einer der Thylacosmilus stolperte nun, weil die Erde unter ihm einbrach. Auch weitere Löcher bildeten sich in dem Tal und mindestens ein Dutzend Schreckensmäuse gelangte an die Oberfläche. Der Duft war einfach zu beteuernd gewesen, Evan war sich sicher, dass sie sich dadurch anlocken ließen. Einer der Thylacosmilus stürzte sich auf eine Schreckensmaus und fuhr seine Krallen aus. Er riss ihr Fell blutig und schlug seine Reißzähne in sie hinein. Zu spät merkten die Josephoartigasia, dass sie in eine Falle geraten waren und ergriffen die Flucht nach vorne. Doch die Raubkatzen waren nun gänzlich angetan von ihren neuen Spielkameraden und nahmen die Fährte auf. Evan nickte Dylan und Kirkland zu und gemeinsam begaben sie sich auf einen schmalen Pfad, der direkt hinunter ins Tal führte. In weniger als einer Minute waren sie unten und rannten in Richtung der Felsspalte. „Achtung!“, schrie Evan, als einer der Thylacosmilus zurückkam, weil er scheinbar keine der Mäuse abbekommen hatte. Das Raubtier setzte zum Sprung an, doch Kirkland versenkte sein ganzes, restliches Magazin in den Körper des majestätischen, aber auch grausamen Tieres. Dylan war nun vor dem Spalt angelangt und warf einen Blick hinein. Ben saß zusammengekauert in der hintersten Ecke und hielt sich die Ohren zu. „Hey, es ist alles wieder in Ordnung. Glaub mir, du kannst herauskommen, es ist inzwischen sicher.“, redete sie beruhigend auf den Bub ein. Dennoch brauchte Ben einige Zeit um Vertrauen zu der fremden Frau zu fassen. Endlich ergriff er Dylans Hand und ließ sich ins Freie ziehen. „Sie kommen zurück!“, warnte Kirkland, der bereits zwei weitere Raubkatzen in einiger Entfernung erblickte. Überrascht sah er Evan Cross dabei zu, wie dieser ein Gerät zur Hand nahm und einige Befehle eintippte. Dann streckte er es aus und der Colonel der US Air Force fiel aus allen Wolken, als sich der ihnen urplötzlich eine Anomalie auftat. „Was zum… Wie können Anomalien so einfach öffnen?“, fragte Kirkland verwirrt, doch Evan besaß keine Intention ihm jetzt alles haarklein zu erklären. „Dafür fehlt uns die Zeit, kommen Sie!“, wies er den Soldaten an. Dieser nickte und gemeinsam halfen sie Dylan Ben zurück nach Hause zu bringen. Als sich die Thylacosmilus noch weiter näherten, hielt auch die beiden Männer nichts mehr in dieser Epoche und sie durchschritten das Zeitportal. Kaum waren sie auf der anderen Seite angekommen, gab Evan erneut Befehle in die Maschinen ein und kurz darauf schloss sich die Anomalie wieder. Kirkland schritt zu ihm und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „OK, ich werde nie wieder etwas gegen Kanadier sagen.“, meinte er schmunzelnd. Evan ging darauf ein. „Das nehme ich einmal als Kompliment.“, erwiderte er nur. „Ben!“, hörten sie nun plötzlich die Stimme einer Frau. Der Junge löste sich von Dylan und rannte los. Susanne hatte die Ankömmlinge bemerkt und war kurz darauf auf dem Platz angekommen. Stürmisch umarmte sie ihren Liebling und wollte ihn gar nicht mehr loslassen. Auch Donovan, Toby und die anderen tauchten nun auf. „Vielleicht hatte es doch einen Sinn, dass wir in dieser Epoche gestrandet sind.“, murmelte Kirkland, angesichts der erfolgreichen Mission. Evan dachte einen Moment über dessen Worte nach. „Ja, vielleicht hatte der Mann recht. Vielleicht existierte noch eine weitere Wahrheit hinter den Anomalien. Vancouver International Airport – 3 Tage später Ray Drust war in soweit genesen, dass er bereits wieder Witze reißen konnte. Kirkland hatte Evan gebeten sich den Van zu borgen um schnellstmöglich dem Krankenwagen zu folgen, der den Lieutenant transportierte. Drust war augenblicklich in die Notaufnahme gebracht und operiert. Er würde einige Zeit mit Krücken herumlaufen müssen und seine Reha würde etwas länger ausfallen als sie von Kirkland. Aber er lebte und das war die Hauptsache. Alle hatten überlebt, obwohl es kein Kinderspiel gewesen war. Noch dazu hatten sie Ben gerettet, was sich wesentlich besser anfühlte, als stets nur die Tiere zu betäuben und durch die Anomalie zurückzuschicken. Evan hatte Susanne und Vasily gebeten stillschweigen über das Ereignis zu bewahren. Ob sich die beiden daran halten würden, wusste er nicht. Auf der anderen Seite, wer würde jemanden schon abkaufen, dass riesige Mäuse durch ein Zeitportal spaziert waren? Kirklands Team hatte sofort Kontakt zu Area51 aufgenommen und seinen Status durchgegeben. General Hammond war mehr als froh, dass Team wohlauf zu wissen. Die Tage bis Drust das Krankenhaus wieder verlassen konnte, verbrachten sie im Hotel. Evan hatte sein Versprechen gehalten und Kirkland zum Essen eingeladen. Natürlich hatte ihm der Colonel Fragen über dessen eigenes kleines Projekt gestellt, doch Evan verstand es geschickt auszuweichen. „Ich werde mich mal erkundigen von welchem Terminal wir abfliegen.“, meinte Rebecca Blake und begab sich zum Schalter. Evan, Dylan und Toby hatten es sich nicht nehmen lassen das amerikanische Team zu verabschieden. Sie hatten gemeinsam viel durchgestanden und es zurück in ihre Zeit geschafft. „Also… vielleicht sehen wir uns ja mal wieder.“, meinte Toby und reichte Lexi die Hand. Diese wollte sie ergreifen, bis sich Ray Drust einmischte. Er schlang einen Arm um seine Teamkollegin und grinste. „Jetzt wo ich mein Leben für euch riskiert habe, siehst du mich bestimmt mit anderen Augen, stimmt’s? Es heißt ja, in Gefahrensituationen verliebt man sich schneller.“, flötete er. Lexis Miene wirkte genervt und ohne Rücksicht zu nehmen, stieß sie Drust weg. Dieser musste aufpassen dabei nicht seine Krücken zu verlieren und zu stürzen. „War doch nur ein Scherz! Hätte ja sein können, dass du das Team wechselst nachdem uns diese Mission so zusammengeschweißt hat.“, entschuldigte er sich. Er nickte Toby zu und begab sich an ebenfalls Richtung Terminal. Lexi musste unwillkürlich schmunzeln und wich Tobys Blick aus. „Tja, dazu hat man Freunde wohl. Tut mir leid, wir hätten ihn einfach hier lassen sollen. Auf alle Fälle hat es mich sehr gefreut dich kennen zu lernen.“, brachte die junge Frau nun heraus. Toby nickte und schenkte ihr weiterhin einen freundlichen Blick. „Ebenfalls. Und solltet ihr irgendwann wieder mal eine Mitfahrgelegenheit in unser Zeitalter brauchen, ruft einfach an!“, erwiderte sie etwas zu überschwänglich und hätte sich nach der Bemerkung gerne geohrfeigt. Lexi griff nun in ihre Tasche und zog einen kleinen, gefalteten Zettel heraus. Die junge Doktorin beugte sich nun nach vorne und drückte Toby den Zettel in die Hand, während sie ihr gleichzeitig etwas ins Ohr flüsterte. Evan stand nur wenige Meter neben ihr und erkannte wie die Röte ins Gesicht seiner Freundin stieg. „Also mach’s gut.“, warf ihr Lexi noch zu und begab sich dann zu ihren Kameraden. „Was hat sie denn gesagt?“, wollte Evan wissen, doch Toby schenkte ihm nur einen stechenden Blick und ignorierte ihn. Evan kam nicht mehr dazu nachzuhaken, Kirkland war überraschend vor ihm aufgetaucht und reichte ihm die Hand. Der Leiter von Cross-Photonics nahm sie entgegen und nickte dem Colonel zu. „Es war mir eine Ehre mit Ihnen diese Mission zu bestreiten, Mister Cross.“, sagte Kirkland und Evan spürte, dass er es ernst meinte. „Wenn es etwas gibt, das ich für Sie tun kann, zögern Sie keinen Moment mich zu kontaktieren.“, erwiderte Kirkland und nahm Haltung an. Evan bedachte ihn nun eines strengen Blickes. „Meinen Sie das ernst? Dass Sie etwas für mich tun wollen.“, ging er gleich darauf ein. Kirkland musterte ihn und bejahte sofort. „Um was geht es?“, fragte er nach. Evan sah sich nach allen Seiten um und senkte seine Stimme. „Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie den Opener in Ihrem Bericht nicht erwähnen könnten.“, flüsterte er. Kirkland ließ das Gesagte auf sich wirken. Evan Cross hatte ihm weder verraten wie das Gerät eigentlich funktionierte, noch woher es kam. Aber auch so war ihm der Wert dieser Technologie sofort klar gewesen. Der Colonel beschrieb sich selbst gerne als Patriot und normalerweise wäre es für ihn ein Unding gewesen seine Regierung über diesen Fakt anzulügen. Doch ihm war ebenfalls klar, wie heikel Eingriffe in die Zeit sein konnten. Er wusste nicht, ob diese Technologie bei Evan Cross in sicheren Händen war, doch in denen von anderen, gierigeren Leuten bestimmt nicht. „Einverstanden, ich werde kein Wort darüber verlieren. Wir haben es noch rechtzeitig geschafft zur Anomalie zu laufen aus der Sie gekommen sind. So wird es in meinem Bericht stehen.“, versprach er. Evan dankte ihm, bis schließlich der endgültige Moment des Abschieds gekommen war. Kirkland salutierte vor seinem Kollegen und begab sich dann zu seinem Team, mit dem er in wenigen Minuten zurück in die USA fliegen würde um auch dort dafür zu sorgen, dass die Urzeitmonster es nicht schafften sich ihren Weg durch die Anomalien zu bahnen. „Nanu? Wo ist eigentlich Dylan abgeblieben?“, fragte Toby auf einmal. Evan stutzte und gab ihr recht. Seine Freundin war nirgends zu sehen. „Sicher nur auf dem WC, wir warten am Eingang auf sie.“, schlug er vor und Toby stimmte zu. Vancouver International Airport Dylan wusch sich gerade die Hände und nutzte die Gelegenheit sich ihre Haare zu richten. Sie konnte es immer noch nicht glauben, dass es sie nach den schrecklichen Ereignissen im Eozän noch einmal in diese prärieartige Landschaft gezogen hatte. Gut, es ging darum ein Kind zu retten und diese Mission war ihnen gelungen. Noch dazu war es interessant zu erfahren, dass es außer ihnen noch weitere Leute auf der Welt gab die alles daran setzten diese vor den Anomalien zu bewahren. Es war ein zufrieden stellender Gedanke zu wissen, dass Kirkland und seine Leute sich ebenfalls darum kümmerten die Welt etwas sicherer zu gestalten. Dylan warf noch einmal einen Blick in den Spiegel und verließ dann die Toilette. Sie kramte in ihrer Tasche um nach ihrem Handy zu suchen. Eine SMS würde sicher ausreichen um Evan und Toby mitzuteilen, dass diese nicht auf sie zu warten brauchten. Dylan bog gerade um eine Ecke, als sie gegen etwas Großes prallte. Sofort wurde sie zurückgeschleudert und ihre Tasche fiel zu Boden. „Verzeihung!“, sprach die Person direkt vor ihr. Dylan wusste, dass sie diejenige mit der fehlenden Aufmerksamkeit war, aber trotzdem ärgerte sie sich über das Malheur. Etwas ungehalten wollte sie dem Mann etwas entgegenbringen, hielt dann aber inne. Der Mann, vielleicht Mitte 30 war überaus attraktiv, so dass Dylan für einen Moment eingeschüchtert wurde. „Ich mache das schon.“, meinte der Mann mit einem kleinen Akzent und begann sich zu bücken. Dylan ordnete ihn als britisch ein und sah dabei zu wie der Mann geschickt den Inhalt wieder der Tasche hinzufügte. Er reichte hin Dylan und entschuldige sich erneut. „Danke… aber ich war hier wohl die Unvorsichtige.“, gestand sie. Der Mann legte ein freundliches Lächeln auf und zuckte mit den Schultern. „Witziger Umstand, dabei bin derjenige der das erste Mal Ihr Land besucht.“, verriet er. Dylan musste unweigerlich zugeben, dass der Kerl vor ihr genau ihr Typ war. Trotzdem ließ sie sich nichts anmerken und blieb weiterhin souverän. „Sie sind das erste Mal in Kanada?“, hakte sie nach und strich sich etwas die Haare zurück. Der Mann nickte kurz. „Ja zusammen mit zwei Kollegen. Einer davon hat mich den ganzen Flug über genervt was für tolle Comicons Kanada doch zu bieten hat.“, erwiderte er charmant. Dylan zeigte sofort Anteilnahme, immerhin hatte sie mit Luke ebenfalls so jemanden in ihrem Bekanntenkreis. „Sie sind also beruflich hier? Sie genau machen Sie so?“, fragte die Cross-Photonics Mitarbeiterin interessiert. Der Mann zögerte nun etwas, antworte aber schließlich. „Nun… ich bin gewissermaßen beim Zoll. Ich sorge dafür es gewisse Dinge nicht zu uns schaffen und wenn das doch einmal der Fall ist, dann schicke ich sie gleich wieder zurück.“, erzählte er. Dylan merkte, dass die Beschreibung sehr ungenau war, doch das war ihr im Moment egal, solange der Typ weiterhin so charmant blieb. „Bitte halten Sie mich nicht für aufdringlich, aber darf ich Ihren Namen erfahren?“, wurde Dylan gebeten. Diese nickte sofort und nannte ihn ihm. „Dylan, ein wirklich schöner Name.“, flirtete der Mann weiter. „Und Ihr Vorname lautet?“, fragte die Frau interessiert. Ein weiteres Zögern seitens des Mannes. „Mein Vorname? Wieso müssen Sie mich ausgerechnet danach fragen, meine Verehrteste? Ehrlich gesagt ist mit mein Vorname etwas peinlich. Ich war lange Zeit echt sauer auf meine Eltern.“, versuchte er sich herauszureden. Doch das wollte Dylan nicht gelten lassen, immerhin hatte der attraktive Kerl nun ihre Aufmerksamkeit geweckt. Sie wollte etwas erwidern, kam aber nicht mehr dazu. „Oh, entschuldigen Sie vielmals. Gerade als wir uns so nett unterhalten haben. Aber ich sehe gerade, dass mein Kollege nach mir winkt. Ich muss dringend los, aber es freut mich Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben.“ Dylan erwartete nun schon beinahe einen Handkuss, doch dieser blieb aus. Es blieb bei einem entschuldigenden Lächeln seitens des Mannes, der sich schließlich verabschiedete und in den Gang vor ihr verschwand. Bald hatte ihn Dylan aus den Augen verloren. „Tja, dann eben nicht.“, murmelte sie etwas bedrückt und hoffte, dass sie nicht der Grund für seinen plötzlichen Rückzug war. Schnell verwarf sie den Gedanken diesen Kerl vielleicht wirklich zu daten. So jemand war sie gar nicht, jemanden den sie gerade erst kennen gelernt hatte näher an sich heranzulassen. Sie würde sicher wieder jemanden wie ihn treffen, der mehr Zeit für sie erübrigen konnte. Immerhin würde sie noch jede Menge Gelegenheiten dazu haben, oder? Zu diesem Zeitpunkt wussten weder Dylan, noch Evan oder die anderen, dass dies vermutlich nicht der Fall sein würde. Denn morgen würde genau der Tag beginnen, an dem die Welt, so wie sie sie kannten untergehen würde… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)