Visions von 4FIVE (Insert Close (Ren/Kyōko)) ================================================================================ Kapitel 1: Initial ------------------ © You were like a power of nature, Telepathic beautiful creature, Understanding all of my weakness, Patient love you'll know when you reach it. - ɣ - P R O L O G Es war einer dieser Tage. Dieser Tage, an denen man aufstand und alles beschissen war. Zu behaupten, Tsuruga Ren und Mogami Kyōko seien emotional komplett Zurückgebliebene, wäre eine schiere Untertreibung gewesen. Während er lockere Beziehungen zur Ablenkung pflegte, war sie dabei, die steile Karriereleiter empor zu klettern, um es ihren beiden größten Konkurrenten heimzuzahlen. Wieso sie sich an diesem Sänger, diesem Shō wer-auch-immer, rächen wollte, war offensichtlich. Wieso sie es allerdings—wenn auch auf andere Art—auf Ren abgesehen hatte, wusste er, Yashiro Yukihito, das eigentliche Opfer dieser Farce, beim besten Willen nicht. Diesen beiden emotional Gestörten dabei zuzusehen, wie sie heillos verloren umeinander herum tanzten, war für den Anfang eine köstliche Unterhaltung gewesen, inzwischen ärgerte ihn die melancholische Sturheit, mit der sein Schützling sich weigerte, Verantwortung zu übernehmen. Genau das war es nämlich: Tsuruga Ren, dieser lethargische Phlegmatiker, hatte nicht den Mut, Verantwortung für seine Gefühle zu tragen. Dass er damit zu einem kleinen Teil rechthatte, wollte Yukihito gar nicht abstreiten. Nichts läge ihm ferner als seinem Freund Wahrheiten abzusprechen, allerdings machte diese schlaue Erkenntnis nur einen verschwindend geringen Bruchteil der Realität aus. Ren hatte Angst zu versagen. Dass diese Angst berechtigt war, empfand Yukihito als unbegründet, ließ diese Zweifel aber ungesagt verhallen. Im Grunde handelte Ren laut logischer Überlegungen korrekt. Rein menschlich gesehen war er ein Idiot. Besagter Idiot schloss die eben gedrehte Szene mit einem wütenden Gesichtsausdruck seines Charakters ab und wanderte zu seinem Mobiltelefon, das aufgeregt auf einem der Stühle vibrierte. Yukihito unterdrückte wissendes Lachen, das ihm im Hals stecken blieb als Ren abhob. Er hatte gewusst, dass es nur Kyōko sein konnte. Wer sonst war so unverschämt, den vielbeschäftigten Schauspieler während der Dreharbeiten anzurufen? Bei wem sonst hätte er den Anruf entgegengenommen? Yukihito durchsetzte das Set und trat an Ren heran, um lauschen zu können. Da Ren wusste, dass sein Manager wusste, dass Ren um seine Gefühle zu seiner jungen Schauspielkollegin wusste, war es nicht nötig, heimlich zuzuhören, als der hochgewachsene Japaner nickte. "Das freut mich für dich", hörte er ihn sagen. Die Freude konnte nur ehrlich gemeint sein, allerdings klang sie nicht danach. Kyōkos sich überschlagende Stimme drang aufgeregt aus dem kleinen Mobilfunkgerät. Was sie sagte, konnte Yukihito nicht verstehen, aber es schien Neuigkeiten zu geben, die sie in Ekstase versetzt hatten. "Ja", sprach Ren weiter, nachdem ihre Erzählung geendet hatte. "Ich verstehe. Alles Gute dafür. Sollte es Probleme geben, kannst du mich jederzeit anrufen." Kyōko erwiderte etwas, das sich wie eine Ablehnung anhörte. "Ich werde immer Zeit für eine vielversprechende Kollegin finden. Die Rolle hört sich sehr vielschichtig an. Ich hoffe, du hast dort gute Koakteure, die mit dir üben können, falls du dir unsicher sein solltest." Sie wurde leiser, was es für Yukihito noch schwieriger machte, ihren Tonfall zu erkennen. Aus reiner Intuition heraus vermutete er, dass sie Ren dankte, ehe sie ihm abschließend eine Frage stellte. "Das werde ich. Sobald du das Ankunftsdatum weißt, sag mir Bescheid. Ich würde mich freuen, Haruko-sama." Yukihito runzelte die Stirn. Er wartete ungeduldig, bis Ren aufgelegt und sein Telefon in der Tasche seiner Leinenjacke verstaut hatte. Erst nach einer Minute, in der er seine Neugierde auf ein Minimum zurückgeschraubt hatte, wagte er nachzufragen. "Haruko-sama?" "Mogami-san", korrigierte Ren nonchalant. Seine Augen straften seinen lockeren Tonfall Lüge. "Sie wurde für eine wichtige Nebenrolle in einem Fernsehdrama namens Koigawa engagiert, nachdem die eigentliche Besetzung ein besseres Angebot für einen Kinofilm erhalten hat. Die Dreharbeiten beginnen in einer Woche." "Bis dahin sind wir niemals hier fertig, um ihr zuvor persönlich Glück zu wünschen", rechnete Yukihito fieberhaft. "Das wäre auch irrelevant. Das Set befindet sich nicht in Tōkyō." "Sondern?" Ren seufzte verhalten. "Okinawa. Die gesamte erste Staffel und Teile der zweiten werden dort gedreht." "Die gesamte—" Yukihito stutzte. Er war zu lange in diesem Geschäft, um nicht zu wissen, wie lange man für die Produktion eines guten Dramas brauchte, geschweige denn, wenn Teile weiterer Staffeln dort gedreht werden sollten. "Wie lange wird sie dort sein?", fragte er sicherheitshalber für den Fall, dass er fantasierte. Wie war das möglich? War dies kein Märchen, in dem am Ende alles gut würde? Wie sollten Ren und Kyōko sich finden, wenn sie zweitausend Kilometer voneinander entfernt waren? "Anderthalb, vielleicht zwei Jahre", besiegelte Ren diese aberwitzige Entwicklung. Yukihito schüttelte den Kopf. Es war eine viel zu lange Zeit, um Prognosen machen zu können. 'Aus dem Augen, aus dem Sinn' war keine allgemeingültige Regelung für tiefe Empfindungen, doch Ren und Kyōko führten keine Beziehung. Es war unvorstellbar, dass ein junges Mädchen vierundzwanzig Monate lang unter einer Kohorte schöner Schauspieler, die fernab der Heimat zu einer Familie werden würden, an einem vagen Gefühl für jemanden festhielt, der am anderen Ende Japans sein eigenes Leben führte. Ren wusste das und mit diesem Wissen würde auch er weitermachen. "Ist alles in Ordnung, Ren?" "Ja." Tsuruga Ren hatte noch nie überzeugend lügen können. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)