Merry Christmas von Raven1998 (Teil 1 meiner "White Clown & Black Princess" Trilogie.) ================================================================================ Kapitel 16: Ruheloses Rendevouz ------------------------------- Das Geschäft in dem Allen stand, war vollgestopft mit Kunden. Hier und da waren schreiende Kinder, die ihre genervten Eltern durch Spielzeugabteilungen zogen, panische Pärchen, die sich aus den Regalen einen Schwangerschaftstest, die Pille danach und sicherheitshalber auch eine Ausgabe des neusten Buches über Kindererziehung griffen und Menschen, die mit Kopfschmerztabletten und schmerzverzertem Gesicht an der Kasse standen, weil sie in der vergangenen Nacht zu tief ins Glas geschaut hatten. Allen zählte mehr oder weniger zu der letzten Gruppe. Er und Bookman waren die einzigen, die am Morgen ohne Kopfschmerzen aufgewacht waren und Komui hatte sie (wimmernd) darum gebeten, doch in die Stadt zu gehen und Medizin zu besorgen. Nun stand er mit einer Plastiktüte voller Medikamente neben Bookman, der zielstrebig von Regal zu Regal hüpfte und diese weiter befüllte. "Das hilft gegen Rabis Kopfschmerzen, diese Tabletten helfen gegen Frau Lottos Migräne, diese Kapseln sorgen dafür, dass der Abteilungsleiter nicht mehr so viel erbrechen muss und diese hier lindern die Schmerzen der Prellungen, die Fräulein Lee in der Dusche erlitten hat. Wie auch immer man sich in einer Duschkabine so viele blaue Flecken zuziehen kann," (wirklich niemand konnte es sich erklären. Nicht einmal Bookman). Mit diesen Worten warf er ein Dutzend kleiner Packungen in die Tüte, bei denen Allen sicher war, das alle gleich aussahen und ging weiter zum nächsten Medizinschrank. Aber Allen beachtete dies nicht. Seine Gedanken waren bei dem Momemt, als er heute Morgen in seinem Hotelzimmer aufgewacht war. Er hatte niemandem erzählt, wo er untergekommen war, nachdem sein ursprüngliches Zimmer Rabi zum Opfer fiel. Trotzdem lag an diesem Morgen ein Brief auf seinem Nachttisch. Er holte ihn aus seiner Hosentasche und las ihn sich erneut durch. Lieber Allen, Ich weis, dass ich und die anderen Noahs dir in den letzten paar Tagen ziemliche Probleme gemacht haben. Dafür wollte ich mich entschuldigen. Lulubell tut es auch leid. Ticki weint immernoch dem Geld nach und der Graf ist immernoch blau auch nicht nüchterner geworden! Deshalb dachte ich, dass es vielleicht schön wäre, wenn wir mal einen Tag alleine verbringen würden. Nur wir zwei. Natürlich nur wenn du möchtest. Falls ja, würde ich vorschlagen, wir treffen uns an der Brücke in der *****-Straße. Ich warte dort. Würde mich freuen wenn du kommst. Liebe Grüße, Rhode Allen hatte sich den Brief mehrmals durchgelesen. Er fand, dass es nicht wirklich Rhodes Art war, auf Abstand zu bleiben, aber er konnte sich gut vorstellen, dass sie Wisely um Hilfe gebeten hatte. Der Gedanke daran, dass Rhode an einem Schreibtisch saß und zusammen mit dem Turban-Noah, der ihr über die Schulter schaute, einen Brief schrieb, brachte ihn zum schmunzeln. Allen packte den Zettel wieder weg, als Bookman sich ihm erneut näherte und ein weiteren Stapel Verpackungen in die Tüte warf. "So, dass wars dann... ich sollte mich beeilen, die anderen warten bestimmt. Ich gehe alleine zurück, du solltest dir einen schönen Tag machen. Immerhin fahren wir Morgen schon wieder zurück." Der Exorzist wunderte sich kurz, warum Bookman ihn so einfach gehen lies, aber dann maschierte er in Richtung Ausgang. Eine Pause kam ihm eigentlich ganz gelegen. Er wäre auch frohen Mutes aus dem Laden gegangen, doch Bookman konnte sich einen weiteren Satz nicht verkneifen: "Grüß Fräulein Rhode von mir." Diese Worte fühlten sich an, als hätte ihm jemand einen Voschlaghammer über den Schädel geschlagen. Woher wusste er das? Hatte Miranda es ihm erzählt? Würde er es Komui erzählen? Doch Bookman lächelte nur, drehte sich um und ging davon. Allen hatte sich beim Frühstück extra beeilt, damit er den Weg, zu der im Brief genannten Straße, suchen konnte. Er hatte nämlich damit gerechnet, an diesem Morgen die Medizin für alle besorgen zu müssen. Das Bookman ihn begleitet hatte, war glück gewesen und hatte diese Aufgabe erleichtert. Nun stand er auf einer Straße, die dem Stadtrand sehr nahe war. Rechts von ihm waren eine reihe von Wohnhäusern und ein kleines Cafe, links von ihm ein Fluss. Etwas weiter vorne am Wasser, war eine kleine Sitzbank. Dort saß ein Mädchen mit dunklen, kurzen Haaren und einer dicken schwarzen Jacke. Allen erkannte Rhode sofort und die tatsache, dass sie plötzlich solche Kleidung trug, verwirrte ihn ein wenig. Die ganze Zeit hatte er gedacht, ihr würde die Kälte nichts ausmachen, aber nun trug sie eine Winterjacke die, wie Allen schon von weitem erkennen konnte, nicht dünn war. Plötzlich hatte er ein schlechtes Gewissen. Der Exorzist hatte zwar keine Ahnung von solchen Dingen, aber in den Büchern die er gelesen hatte, als sein Meister mal wieder dabei Nächte durchzusaufen, war es oft so, dass die Männer den Frauen ihre Jacke anboten. Hatte Rhode etwa auf dieses Angebot gewartet? Hatte sie sich in Wirklichkeit zu Tode gefroren? Allen dachte kurz nach. Wenn ihr wirklich kalt gewesen war und er nichts dagegen unternommen hatte, dann musste er wenigstens jetzt etwas dagegen tun. Das Cafe am Straßenrand sprang dem Exorzisten dabei direkt ins Auge. Nachdem er fünf Minuten auf das, total überteuerte, Getränk gewartet hatte, setzte er sich mit zwei Bechern heißer Schokolade neben Rhode auf die Bank. Einen hielt er ihr an die Wange. Sie schreckte herum und schaute ihn mit überraschtem Blick an. "Oh danke... äh... ich meine Hi... und danke..." "Gerne," sagte Allen und lächelte verlegen. "Ich dachte dir wäre kalt, dass hier soll dich ein bisien aufwärmen!" "Das ist nett, aber wir Noahs frieren nicht!" Sie lächelte ihn an und nahm einen Schluck aus dem Becher. "Ich wäre auch in meinem Kleid hierher gekommen, aber Wiesly hat gesagt, dass würde niedlicher aussehen und den Beschützerinstinkt von Jungs wecken." Sie nahm einen weiteren Schluck aus dem Becher. "Er hat mir auch geholfen den Brief zu schreiben, weist du." Als sie das sagt, lief Rhodes Gesicht rot an, doch ihr Exorzist bemerkte das nicht. `Danke Wiesly`, dachte er. `Deinetwegen habe ich gerade 10€ für ne heiße Schokolade ausgegeben!` "Aber es freut mich, dass du gekommen bist." Allen wärmte seine Hände an dem warmen Becher. Eine Zeit lang passierte auch nicht mehr. Es war eine ziemlich unangenehme Stille und keiner der beiden hatte den Mut (oder ein Gesprächsthema) um das Schweigen zu brechen. Der Exorzist hatte nicht darüber nachgedacht, was sie tun könnten, wenn sie nicht gerade vor jemandem auf der Flucht waren. Schließlich hatten sie die meisten Geschäfte und Stände schon gesehnen. Während sie da saßen, nahm Allen sich die Zeit Rhode zu mustern. Sie trug eine saphireblaue Jacke, die ihr offensichtlich viel zu groß war. Das weiße Kunstfell, dass die Kapuze zierte, umrahmte ihren Hals. Die Ärmel der Jacke verdeckten Rhodes Hände. Den Getränkebecher hatte sie zwischen diese geklemmt. Jeder der an ihr vorbeigelaufen währe, hätte diesen Anblick als "niedlich" bezeichnent. Was auch immer Wiesly sich dabei gedacht hatte, es hatte funktioniert. "Also," versuchte der Exorzist, dass Eis zu brechen. "Der Turban-Noah hat dir empfohlen die Jacke zu tragen?" "Ja. Er meinte, dass würde dein Interesse wecken, er ist sowas wie unser Psychologe." Antwortete ihm Rhode, sichtlich erleichtert, dass es jetzt doch ein Gesprächsthema gab. "Ein Psychologe?" "Ja. Er ist gut darin, jemanden zu Manipulieren. Er benutzt dafür auch keine Magie oder sowas, nur den Verstand von Menschen, weil er weis, wie er funktioniert." "Und wie funktioniert das?" "Nun das simpelste Beispiel wäre das einpflanzen von Gedanken." Das Noah-Mädchen schaute nachdenklich in die Luft und lies ihre Beine von der Bank baumeln. "Zum Beispiel sage ich dir jetzt, denk nicht an Fische. Woran denkst du jetzt?" "An Fische!" "Und so funktioniert das." "Achso." Der Exorzist war ein wenig enttäuscht darüber, dass es für sie kein besseres Gesprächsthema gab. "Er hat recht, dass sieht wirklich gut aus!" Als er das sagte, wurde Rhodes Gesicht ein wieder wenig rot und sie schaute verlegen auf ihre Füße. "Äh... Danke," stotterte sie. "Stimmt etwas nicht?" "Das ist das erste mal, dass du mir sowas sagst." "Stimmt. Ich hab so etwas wirklich noch nie zu dir gesagt." Eine weiter Minute wurde nichts gesagt und Allen und Rhode verbrachten ihre Zeit damit, verlegen in entgegengesetzte Richtungen zu schauen. "Also, was tun wir jetzt?" Fragte die Noah und drehte ihren Kopf ein wenig zu ihrem Lieblingsexorzisten hin. "Wir könnten reden. Dazu hatten wir in den letzten paar Tagen ja nicht viel gelegenheit." "Und worüber sollen wir reden?" Fragte der Exorzist ohne eine klare Antwort zu erwarten. "Allen, magst du mich?" "Was?" "Bin ich dir Wichtig? Was denkst du von mir?" Allen Walker war nicht auf diese Frage vorbereitet gewesen, hatte aber bereits eine Antwort parat. "Nun ja, ich bin hier her gekommen um dich zu sehen, also..." "Ich mag dich wirklich sehr, Allen." Unterbrach ihn die hübsche Noah und legte den Kopf auf seine Schulter. Ihre Stimme hatte einen klang, bei dem der Exorzist nicht unterscheiden konnte, ob es Müdigkeit oder Traurigkeit war. Vermutlich beides. Erst jetzt viel ihm auf, dass ihre Augen eine rote Färbung hatten. So als hätte sie lange Zeit geweint bevor er sich zu ihr gesetzt hatte. Der Exorzist glaubt auch zu wissen warum. Romeo und Julia hatten das selbe Problem, dachte Allen. Romeo und Julia, die Kinder von zwei verfeindeten Adelsfamilien, verlieben sich in einander und versuchen, den kampf zwischen ihren Familien zu verhindern. Allen verzog ein wenig das Gesicht als er weiter über diese Geschichte nachdachte. Am Ende waren viele der handelnden Personen tot. Das Namensgebende Liebespaar mit eingeschlossen. Es war einfach eine schwierige Situation, in der sich die beiden befanden. Das er gerade über eine mögliche Zukunft mit Rhode nachdachte war ihm nicht wirklich klar. Eine laustarke Diskussion riss Allen aus seinen Gedanken. Er schaute sich um und bemerkte zwei Gestalten die sich auf sie zu bewegten. Es waren Komui und Linali. "Mist" flüsterten Allen und Rhode gleichzeitig. Beide zogen sich die Kapuzen über den Kopf um nicht erkannt zu werden. Rhode legte ihren Kopf wieder auf Allens Schulter und Allen legte seinen Arm um ihre. Sie hofften, dass sie wie ein verliebtes Paar aussahen und die anderen es nicht wagen würden, sie zu stören. Dann lauschte sie dem Gespräch, dass die beiden hinter ihnen führten. "Geht mal spazieren, hat er gesagt. Das tut euch gut, hat er gesagt. Bookman hat echt tolle Ideen. Es ist scheiße kalt und der Lärm vor unserer Herberge war nicht wirklich hilfreich gegen die Kopfschmerzen." Beschwerte sich Komui. "Apropos Lärm," nuchelte Linali gequält. "Ich hab auch ziemlich Kopfschmerzen, also könntest du bitte etwas leiser reden?" Doch ihr Bruder nahm keine Rücksicht auf sie. "Mir ist SO schlecht ich sollte eigentlich im Bett liegen und schlafen." "...Bitte... ich hab Kopfschmerzen. Ich bin im Moment sehr reizbar also BITTE SEI LEISE!" "Stattdessen-" fuhr Komui fort, "laufe ich hier durch die Straßen und FRIERE MIR DEN ARSCH AB!" "Okay jetzt reichts." Es gab ein dumpfes Geräusch, gefolgt von einem Schrei und Komui flog über die beiden hinweg und landete im Fluss. Nach Luft schnappent und paddelnt, wurde der Leiter der Wissenschaftsabteilung von der Strömung fortgetragen und war schon bald außer sichtweite. Doch Allen und Rhode hatten größere Probleme, denn hinter ihnen befand sich immernoch, die inzwischen wütend knurende, Linali. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)