Basara Roulette von Atobe_Keigo (Eine One-Shot Sammlung diverser Pairings; Kapitel 7: Fuuma x Tsuruhime) ================================================================================ Kapitel 7: Die schwarzen Federn wirbeln im Schneegestöber --------------------------------------------------------- Eilig huschte sie durch die Flure des Oyamazumi Schreins, um nach draussen zu gelangen. "Hime-sama! So wartet doch!", wurde ihr nachgerufen, doch das ignorierte sie dieses Mal gekonnt und ging hinaus ins Freie, wo sie endlich zum Stehen kam. Begeistert betrachtete sie die riesige Schneemasse, die alles komplett bedeckte. Es war ganz so wie in der Vision, die sie neulich gehabt hatte. Eine Vision, die gezeigt hat, wie sich alles in ein weisses Kleid hüllen und die Welt bedecken würde. Tatsächlich konnte Omishima in diesem Winter die grösste Menge an Schnee seit Jahrzehnten in der Geschichte der Insel verzeichnen und für Tsuruhime war es der erste richtige Schnee überhaupt. Fröhlich durch den wunderschönen Anblick der weissen Pracht ging sie auf einen kleinen Spaziergang, um sich alles anzusehen. Dabei steuerte sie gezielt den Wald in der Nähe des Tempels an. Überall glitzerte es als würde sie in einem Meer aus kleinen Kristallen stehen und die Bäume, die ihr prächtiges Blätterkleid verloren hatten, erstrahlten in neuem Glanz durch den weissen Schleier, in den sie gehüllt waren. Hier und da hingen Eiszapfen von Bäumen und die kleinen Bäche sprudelten leise unter einer schillernden Schicht Eis. Manchmal sah sie Spuren von Rehen und Hasen. Als sie in der Lichtung ankam, in der sie sich öfters aufhielt, wenn sie Zeit für sich wollte, hielt sie an und sah hoch in die Baumkronen. Die Sonne strahlte mild auf sie herunter und Tsuruhime schloss einen Moment die Augen. Tief atmete sie die winterliche Waldluft ein und streckte ihre Arme in den Himmel, als würde sie sich strecken, bevor sie ihren Blick schweifen liess. Die Lichtung war in ihrem Winterkleid noch viel geheimnisvoller als sonst und sie fing leicht an vor sich hin zu träumen. Ob es da, wo ihr geliebter Ninja mit den schwarzen Dämmerschwingen war, auch so viel Schnee hatte? Das Bild des anmutigen Mannes im Glitzermeer liess sie verlegen erröten und gleichzeitig fragte sie sich, wann sie diesen mysteriösen Krieger wiedersehen würde. "Wo du wohl bist, mein geheimnisvoller Ninja mit den schwarzen Dämmerschwingen?" Viel zu lange war es her, dass sie ihn gesehen hatte. War das letzte Mal vor einem Monat? Oder sogar vor zwei? Sie wusste es nicht und gedankenverloren malte sie mit der Fingerspitze Herzchen in den Schnee. Da fiel dem jungen Orakel ein, dass in ihrer Vision inmitten des weissen Kleides ein dunkler Schatten gewesen war, der sich langsam über das Kleid ausgebreitet hatte. Ob das vielleicht bedeutete, dass sie den mysteriösen Kämpfer bald wiedersehen würde? Ganz aufgeregt von diesem Gedanken tänzelte sie in kleinen Kreisen auf der Lichtung. "Bitte komm schnell hierher~!", rief sie und machte dabei ihre typische Pose, wo sie auf einem Bein stand und das andere Bein mit gestrecktem Knie nach hinten anhob. Danach begann die Braunhaarige euphorisch damit, Schneefiguren zu bauen. Als sie mit ihrem Werk fertig war, betrachtete sie es leise kichernd. "Hehehe. Wenn es nur bald auch wirklich so sein könnte", murmelte das Mädchen und betrachtete die beiden Figuren, die sie und den geheimnisvollen Ninja darstellten, in der Hocke mit den Ellbogen auf ihren Oberschenkeln abgestützt und leichten Rotschimmer im Gesicht. "Aber da fehlt noch was..." Mit einem fröhlichen Grinsen pappte Tsuruhime ein Schneeherz in die Mitte vor die beiden kleinen Figuren und nickte zufrieden mit sich, auch wenn sie immer noch das Gefühl hatte, dass etwas fehlte. "Ah, ich weiss!" Daraufhin griff sie in ihren Kimono und zog ein kleines Stoffamulett hervor, auf dem feinsäuberlich die Zeichen für Schutz vor Gefahren und Bösem drauf gestickt waren. Jedes Mal, wenn sie es betrachtete, erfüllte es die Braunhaarige mit ein wenig Stolz, da sie es vor einer ganzen Weile extra gemacht hatte, um es dem Ninja mit den schwarzen Dämmerschwingen zu schenken. Gelegenheit dazu hatte sie natürlich nie bekommen, da dieser immer gleich verschwand oder die Umstände es nicht zugelassen haben. Da sie ohnehin nicht wusste, ob sie es ihm je geben konnte, legte sie es der kleinen Schneefigur um den Hals. Nun war es definitiv perfekt und sie betrachtete ihr Werk verträumt. "Hime-sama! Da seid ihr ja!" Das junge Orakel schreckte aus ihren Gedanken hoch und wandte sich um. "Kouno-san! Geniesst du auch den vielen Schnee?", fragte sie mit einem breiten Lächeln und erhob sich. Kouno war sowas wie ihr Berater, Aufpasser und engster Vertrauter gleichermassen, einer der Anführer des Kouno Clans und lebte mit ihr im Schrein. "Hime-sama! Dafür ist jetzt keine Zeit. Kommt bitte schnell zum Schrein zurück." Wenn der andere in diesem Tonfall sprach, dann war es meistens etwas wirklich Wichtiges. Ihr fröhliches Gesicht wich einem ernsten Ausdruck und sie nickte. "Ich habe verstanden." ~*~ Zurück im Oyamazumi Schrein erfuhr Tsuruhime, dass Besucher aus Matsuyama da waren und eine Audienz mit ihr wünschten. Ein wenig erstaunt war sie darüber schon, da Matsuyama ganz schön weit weg und die Reise bestimmt nicht einfach gewesen war; gerade durch den plötzlichen Schneefall. "Oh heiliges Orakel, wir danken Euch, dass Ihr uns in Empfang nehmt. Wir sind Gefolgsleute aus der Burg Matsuyama und unser Lord schickt uns mit einer grossen Bitte zu Euch." Kurz darauf hörte sie, dass in Matsuyama wertvolle Schätze aus der Burg gestohlen worden waren, die extrem wichtig waren, und bereits alles versucht worden war, um die Diebe zu erwischen und zur Strecke zu bringen, jedoch ohne Erfolg. "Ihr seid unsere letzte Hoffnung, heiliges Orakel. Bitte helft uns!" Die Braunhaarige lächelte freundlich und erhob sich anschliessend. "Keine Sorge, ihr könnt das ruhig mir überlassen!", sagte sie motiviert und verliess kurz darauf den Raum. Die Besucher schauten ihr verwirrt nach. "Wenn Sie sich bitte ein Weilchen gedulden würden, meine Herren", sprach Kouno und die Angesprochenen nickten. Tsuruhime ging nach draussen und begann im Herzen des Schreins einen eleganten Tanz, der an einen grazilen Kranich erinnerte. Ein bisschen des Schnees wirbelte er dabei auf und verlieh dem rituellen Tanz eine zauberhafte Note. Nachdem die junge Priesterin für einige Minuten still getanzt hatte, unterbrach sie ihr Tun, zog einen Pfeil aus ihrem Köcher und schoss ihn in den Himmel. "Zeig mir eine Antwort." Licht erstrahlte und vor ihren Augen tat sich eine neue Vision auf. Eine glänzende Sternschnuppe fiel in ein weisses Meer gefolgt von furchteinflössenden Schatten. Ein Schloss versank in den Flammen des Chaos'. Erschrocken schloss Tsuruhime kurz ihre Augen und atmete einmal tief durch. Es schien ganz so, als wäre die Lage ernster als sie sich gedacht hatte. "Die Schätze befinden sich ganz in der Nähe von Oyamazumi. Leider kann ich nicht sagen, wo die Diebe sich befinden, aber ich werde nicht zulassen, dass sie so einfach davonkommen. Schon gar nicht auf dem heiligen Boden von Iyo!" Mit diesen Worten setzte sie ihre Leute in Bewegung, die den Gefolgsmännern aus der Burg Matsuyama bei der Suche nach den Dieben behilflich sein sollten. Sie selbst blieb vorerst noch im Schrein und machte sich Gedanken zur Vision. Nun war sie nicht mehr sicher, ob der Schatten in ihrer letzten Vision wirklich ihren geliebten Ninja mit den schwarzen Dämmerschwingen symbolisieren sollte. Ob es ihm gut ging? Tsuruhime schüttelte den Kopf, um nicht wieder in ihre Schwärmerei zu geraten, da jetzt wirklich nicht der Zeitpunkt dafür war. So machte sich das junge Mädchen wenig später ebenfalls auf die Suche, da sie keine weiteren Eingebungen gehabt hatte. Die Diebe waren jedoch nicht auffindbar gewesen und der Himmel begann sich schon bald rot zu färben. Tsuruhime seufzte. Sie wollte den armen Leuten, die so weit gereist waren, unbedingt helfen. Ihr Blick fiel auf den Wald, in dem sie heute Morgen schon gewesen war. Zwar hatte ihr Kouno immer davon abgeraten den Wald zu betreten sobald es dunkel wurde – es schien wilde, gefährliche Tiere zu geben – aber vielleicht wurde sie dort fündig. Entschlossen setzte sie ihre Suche im Wald fort. Es herrschte eine seltsame Stille, die ihr heute Morgen gar nicht bewusst gewesen war. Lediglich ihre Schritte im Schnee und das Säuseln des Windes waren zu hören. Sie liess den Blick schweifen, aber es unterschied sich nicht viel von ihrem vorherigen Besuch, ausser, dass das glitzernde Weiss einen rötlichen Ton reflektierte und es somit aussah als würde sie in einem roten Meer gehen. Noch während sie in diesen Gedanken hing, liess sie ein Geräusch aufschrecken, aber alles, was sie in dem Moment sah, waren ein paar schwarze Federn, die aus der Luft auf den Schnee bedeckten Boden hinunter fielen. "Ist das...?" Innert eines Sekundenbruchteils begannen ihre Augen zu glänzen und sie eilte hastig in die Richtung, in die sie glaubte gehen zu müssen. Ihr Herz begann ganz aufgeregt zu klopfen. "Mein geliebter Ninja mit den schwarzen Dämmerschwingen...! Warte auf-" Abrupt brach sie ihren euphorischen Satz ab und ihre aufkeimende Freude erstarb augenblicklich. "...mich." Unmittelbar vor ihren Füssen war der Schnee dunkelrot gefärbt, aber nicht etwa von der untergehenden Sonne, sondern weil es sich um Blut handelte. Sich die Hände vor den aufgeklappten Mund haltend starrte sie einen Moment lang auf den leblosen Menschen vor sich, an dem Krähen bereits zu picken begonnen hatten. "Wie schrecklich...", murmelte sie bestürzt und scheuchte kurz darauf die Krähen weg. Wenn sie sich das Emblem auf der Kleidung ansah, konnte dieser Mann nur zu den Leuten aus der Burg Matsuyama gehören. Tun konnte sie nichts mehr für diese Person, ausser einem kleinen Gebet sprechen und hoffen, dass sie die andere Seite ohne Probleme erreichen konnte. Ein Schrei in der Stille des Waldes liess die Braunhaarige zusammenzucken. Alarmiert sah sie sich um. Ob die Diebe hier waren? Wenn dem so war, dann musste sie sich beeilen! Hastig rannte Tsuruhime in die Richtung, aus der sie glaubte den Schrei gehört zu haben. Es sollte auf keinen Fall noch eine Person sterben müssen. Das würde sie nicht zulassen! Auf einmal verhakte sich ihr Fuss an irgendetwas und sie knallte unelegant, bäuchlings in die Schneedecke. "Aua..." Während sich das junge Mädchen wieder aufrichtete, sah sie sich den Fuss reibend nach dem schuldigen Objekt für ihren Sturz um. Etwas Dunkles ragte aus dem Schnee heraus. Obwohl es in der Nähe eines Baumes war, war es keine Wurzel. Die Braunhaarige klopfte sich den kühlen Schnee von der Kleidung und fischte das Objekt aus dem glitzernden Weiss. Es war eine kleine dunkel bemalte Holzkiste. Neugierig wie sie war, schob sie den Deckel zur Seite und zum Vorschein kam eine wunderschöne Keramikschale. Seltsam... Wie kam diese hierher? Sie liess den Blick schweifen und sie sah neben ihren eigenen Fusspuren noch andere, die zu dem Ort zurückzuführen schienen, an dem sie den Toten gefunden hatte. War diese Schale etwa...?! In diesem Augenblick erinnerte sich Tsuruhime wieder an den Schrei. Sie hatte keine Zeit hier rumzustehen! Schnell schloss sie die kleine Kiste wieder und eilte – diesmal auf die Fusspuren achtend – weiter. Ihr Weg führte sie zur Waldlichtung, in der sie die kleinen Schneefiguren gebaut hatte. Allerdings... Ihr atemloser Gesichtsausdruck wich einem entsetzten. Die Lichtung sah aus als hätte hier ein Kampf getobt. Im Schnee waren deutlich Spuren kämpfender Menschen zu sehen, vereinzelt konnte sie Blutspritzer ausfindig machen, abgebrochene Äste lagen am Boden und... Tsuruhime biss sich traurig auf die Unterlippe, als ihr Blick an den völlig zertrampelten Schneefiguren hängen blieb. Sie lief auf die Schneeklumpen zu, die noch davon übrig waren, und liess den Kopf sinken. Die Braunhaarige ging in die Hocke und fuhr mit der Hand über ihr zertrampeltes Werk. Plötzlich erschrak sie. Es war weg! Schockiert darüber fing sie an im Schnee zu graben. Vielleicht war es einfach nur irgendwo unter den Schnee gerutscht, doch sie konnte das Schutzamulett, das sie für ihren geliebten Ninja mit den schwarzen Dämmerschwingen gemacht hatte, nicht wiederfinden. "Es muss doch hier irgendwo sein..." "Sieh mal einer an, was macht so ein kleines Mädchen hier?" Tsuruhime hielt in ihrer Bewegung inne, ehe sie ihren Kopf umdrehte und eine kleine Gruppe Männer hinter sich sah. Auf der Stelle erhob sie sich und stellte sich den Fremden gegenüber. "Ihr seid bestimmt die gemeinen Diebe, nicht wahr?", fragte sie ernst, da die Aufmachung dieser Leute kaum einen anderen Schluss zuliess. Ein dreckiges Lachen war die Antwort auf ihre Frage. "Die Bezeichnung 'Diebe' klingt so abwertend. Ich würde es eher als Raritätensammler bezeichnen und das, was du da in der Hand hältst, ist Teil unserer Sammlung." Ihr Blick fiel auf die kleine Kiste, die sie bei sich trug. "Ihr gemeinen Diebe! Wie könnt ihr es wagen das heilige Land von Iyo mit euren Gräueltaten zu verunreinigen! Das werde ich nicht zulassen! Böse Menschen müssen bestraft werden!", rief sie und machte sich bereit, gegen die Diebe zu kämpfen. "Ein kleines Mädchen kann uns nicht gefährlich werden. Schnappt euch die Kiste!" Rasch bemerkte Tsuruhime, dass sie ihren Bogen unmöglich nutzen konnte, wenn sie mit einer Hand die Kiste festhielt. In dem Moment blitzte etwas auf und nur knapp konnte sie das Messer, das auf sie zuflog, mit ihrem Bogen wegschlagen und abwehren. Doch im selben Blick schlug ihr einer der Männer, die sich ihr schnellen Schrittes genähert hatten, den Bogen aus der Hand und griff nach der Kiste. Mit einem überraschten Schrei torkelte die Braunhaarige mit der Kiste in der Hand zurück und verlor das Gleichgewicht. Noch bevor sie die Chance hatte davonzukommen, griff eine grosse, kräftige Hand nach ihrem Fussgelenk, um sie daran zu hindern. "Lass los, du fieser Dieb!" Flink griff sie nach ihrem Köcher und zog damit dem Mann eins über, der daraufhin auch tatsächlich fluchend losliess. Natürlich reichte das alleine nicht, da die Diebe eindeutig in der Überzahl waren, und so fand sie sich schon einen Augenblick später ruppig auf die Beine gezogen in einem Würgegriff. Die kleine Holzkiste landete ebenfalls wieder im Besitz dieser Kriminellen. "Schluss mit den Kinderspielchen. Wir haben die Kiste wieder." "Und was machen wir mit dem Gör?" "Uns vom Hals schaffen, was sonst?" Tsuruhime wurde ganz unwohl und sie versuchte sich so gut sie konnte zu wehren. "Au! Das freche Gör hat mich gebissen!" Sie torkelte leicht zu Boden, als sie losgelassen wurde, jedoch wurde sie noch im selben Augenblick unsanft an den Haaren gepackt und ihr Kopf in eine schmerzhafte Position gezogen. "Jetzt reicht's aber!" Das kalte Metall eines Kurzschwertes wurde gegen ihren Hals gedrückt und die Braunhaarige fror erschrocken ein. "Erst dachte ich, wir könnten uns noch ein wenig Spass mit dir gönnen, aber so ein lästiges Gör erledigen wir lieber gleich." Schon oft war sie in einer brenzligen Lage gewesen, aber noch nie in so einer wie gerade jetzt. Das war vermutlich auch das erste Mal, in der sie Angst verspürte; so richtige, nackte Angst und sie konnte nicht verhindern, dass ihr Körper zitterte. Kouno würde bestimmt wütend werden, wenn er davon wüsste, aber jetzt war sie sich nicht einmal mehr sicher, ob sie das wütende Gesicht nochmal sehen würde. "Uuh..." Tsuruhime öffnete ihre Augen, die sie aus Angst zugekniffen hatte, einen Spalt, aber noch bevor sie den Dieb hätte ansehen können, lehnte sich dieser auf einmal mit seinem ganzen Körpergewicht auf sie, sodass sie ein paar Schritte zurücktaumelte. Der Körper des Diebes glitt dabei an ihrem eigenen hinunter und landete mit einem dumpfen Geräusch im Schnee. "Huargh!", schrie ein anderer auf und sank kurz darauf ebenfalls zu Boden. Die restlichen Männer gerieten daraufhin in Panik, aber da es bereits dunkel geworden war, konnte man kaum etwas erkennen. Das junge Mädchen spürte lediglich einen Windzug und Schnee wurde an diversen Stellen aufgewirbelt. "Was ist hier los? Das- aargh!" Tsuruhime sah sich ebenfalls um, konnte aber genauso wenig erkennen wie die Diebe. Doch dann blieb ihr Blick an einem Wurfmesser im Körper des Mannes haften, der sie vorhin festgehalten hatte. Das war doch nicht... "Da!" Rasch wandte sie den Kopf und sah auf einem Ast eines Baumes einen Ninja stehen, der in der nächsten Sekunde bereits wieder verschwunden war, um hinter den verbliebenen Dieben wieder zu erscheinen, die sogleich ihr Leben lassen mussten. Mit einem leisen Klick-Geräusch liess der schweigsame Kämpfer seine Kurzschwerter in zurück in die Scheiden gleiten und hob die dunkle Kiste auf. "Du bist es wirklich... Ninja mit den schwarzen Dämmerschwingen! Du bist wirklich gekommen!" Die Braunhaarige lächelte froh, doch konnten sie ihre Beine nicht mehr halten und sie sank in den aufgewühlten Schneeboden. Tränen rannen ihr die Wangen herunter. Scheinbar sass der Schock von den eben erlebten Geschehnissen noch tief. Der Ninja bewegte sich stumm auf sie zu. "Das sind Tränen der Freude! Ich bin so glücklich, dass uns das Schicksal wieder zusammen geführt hat! Es-" Sie unterbrach sich selbst und hielt mit der Bewegung sich die Tränen aus den Augen wischen zu wollen inne, als sich eine Hand auf ihren Kopf legte und leicht über ihre Haare strich. Zu ihrem völligen Unverständnis bildete sich ein Kloss in ihrem Hals. Den Tränenfluss konnte sie nun wirklich nicht mehr stoppen und Tsuruhime begann leise zu weinen. Erst tat der Ninja mit den schwarzen Dämmerschwingen nichts weiter als stumm ihren Kopf zu streicheln, doch irgendwann ging er vor ihr auf die Knie und das junge Mädchen hob das Gesicht. Sie konnte nicht sehen, wie der andere sie gerade ansah, dafür war es zu dunkel und durch die Schlitze des Helmes war nichts zu erkennen. Plötzlich wurde sie völlig unerwartet von dem schweigsamen Mann wie eine Prinzessin hochgehoben, sodass sie auf der Stelle vergass, dass sie gerade noch geweint hatte. "Wa-Wa!" Mehr brachte sie nicht heraus und ihre Wangen nahmen einen dunklen Rotton an. Ohne auch nur ein Geräusch von sich zu geben setzte sich der Ninja in Bewegung und sprang mit ihr in einem grosszügigen Tempo durch die Bäume. Tsuruhime konnte kaum begreifen was gerade geschah und ihre Sorgen waren auf einmal alle wie weggeblasen. Das konnte eigentlich nur ein Traum sein, aber sie spürte deutlich die Wärme des dunklen Kämpfers, was irgendwie beruhigend war. Ein schwaches Lächeln schlich sich auf ihre Lippen und gerade als sie die Augen schliessen wollte, streifte irgendetwas ihr Gesicht. Etwas verwirrt wollte sie sehen was es war und ihre Augen wurden gross. Um den Hals ihres Retters und Traumprinzen flatterte das Schutzamulett, das sie gebastelt hatte. Wie war das möglich? Irgendwie fühlte es sich nun wirklich beinahe wie ein Traum an. Die Braunhaarige kam nicht umhin vor Freude zu lächeln und ohne etwas dazu zu sagen, schloss sie die Augen. Es wär schön, wenn dieser Moment niemals enden würde, und falls es tatsächlich nur ein Traum sein sollte, wollte sie noch etwas länger weiterträumen. Einige Minuten – ihr kamen es mehr wie Sekunden vor – später stoppte der Ninja mit den schwarzen Dämmerschwingen und landete wieder auf dem Boden. Tsuruhime öffnete die Augen und fand sich am Waldrand, nicht allzu weit vom Schrein entfernt, wieder. Er hat sie also extra bis hierher gebracht, weil es im Wald gefährlich war? Ihre Beine fühlten sich noch etwas wacklig an, als sie abgesetzt wurde, und sie schaute den Ninja an, der ihr stumm gegenüber stand, nicht recht wissend, ob er sie genauso anstarrte oder nicht. "Vielen Dank, mein wundervoller Ninja mit den schwarzen Dämmerschwingen! Ich weiss nicht, was ich ohne dich getan hätte", sprach sie und spielte ein wenig aufgeregt mit ihren Fingern. "Du hast mir schon so oft geholfen... Ich bin dafür wirklich dankbar und glücklich..." Als abermals eine Hand auf ihren Kopf gelegt wurde, hob sie ihr Gesicht an und starrte den anderen mit fast schon leuchtenden Augen an. "Mein Ninja mit den schwarzen Dämmerschwingen! Uah...!" Beim Versuch den dunklen Kämpfer mit einer Umarmung anzuspringen, verschwand dieser im Nichts, sodass Tsuruhime in den Schnee fiel und es über ihr einige schwarze Federn hinunter rieseln liess. "Weg ist er... Dabei wollt ich ihm doch richtig danken..." Ein wenig enttäuscht fing sie eine der Federn auf und starrte sie schweigend an. "Hime-sama! Hime-sama, wo seid Ihr?! Hime-sama!!" Die Braunhaarige schreckte hoch und richtete sich schnell wieder auf. "Kouno-san? Kouno-san!" Der junge Mann tauchte kurze Zeit später mit einer Fackel in der Hand in ihrem Sichtfeld auf und sie bewegte sich auf ihn zu. "Hime-sama! Da seid Ihr ja! Ich war krank vor Sorge!" Sie konnte den besorgten Gesichtsausdruck trotz der dunklen Schatten im Gesicht des anderen gut erkennen und sie fühlte sich ein bisschen schuldig. "Tut mir leid, ich wollte schon längst zurück sein." Anschliessend ging sie mit Kouno zurück zum Schrein, nicht aber ohne einen letzten Blick auf die Stelle, wo sie von ihrem geheimnisvollen Ninja abgesetzt worden war, zu werfen. Unterwegs erzählte sie ihrem Begleiter, was alles geschehen war, und dass dieser alles andere als begeistert davon war, war absehbar gewesen, aber er äusserte sich erstaunlicherweise nicht weiter dazu. ~*~ Am darauffolgenden Tag wurden die Diebe und einige der Gefolgsleute aus der Burg Matsuyama aus dem Wald geborgen. Die Schätze waren soweit auch wieder aufgetaucht, bis auf eine kleine Holzkiste. "Das lässt sich nicht ändern, aber wenigstens können wir die anderen Objekte wieder zurückbringen", meinte einer der übrigen Männer mit einem Seufzen. "Ah!" Die kleine Holzkiste hatte doch der dunkle Ninja zuletzt gehabt... Sie hatte es durch die Erlebnisse gestern Nacht fast vergessen. "Ist irgendetwas, wertes Orakel?" "Wie? Nein, nein!", winkte sie schnell ab und entschied sich aus der Situation heraus, dazu lieber nichts zu sagen. "Jedenfalls stehen wir tief in Eurer Schuld. Bitte nehmt das im Namen unseres Lords als Zeichen unserer Dankbarkeit an." Tsuruhime schüttelte den Kopf. "Eure Worte sind bereits Dank genug. Nutzt das Geld für eure Reise zurück nach Matsuyama." Sie lächelte und sah daraufhin Erleichterung und Dankbarkeit im Gesicht des Mannes. Später verliessen die Leute aus Matsuyama den Schrein und das Land von Iyo. Die Braunhaarige begab sich danach in einen Raum, um ihre tägliche Meditation durchzuführen, doch konnte sie sich nach all den Geschehnissen nicht wirklich darauf konzentrieren. Sie erwischte sich selbst dabei, wie ihre Hände immer wieder auf ihren Kopf wanderten, an die Stelle, wo ihr schweigsamer Retter sie berührt hatte. Wie gern hätte sie mehr Zeit mit ihm verbracht... Tsuruhime blieb unkonzentriert und grösstenteils untätig bis in den Abend hinein, sodass Kouno es für besser hielt, wenn sie sich etwas Ruhe gönnte. Schlafen konnte sie jedoch kaum. Zwar war sie die Nacht davor durch den Stress und den Schock sofort eingeschlafen, nicht aber heute. Nachdem sie eine Weile lang unruhig auf ihrem Futon rumgerollt war und an die Decke des Raumes gestarrt hatte, erhob sie sich und schob die Türen zur Seite, um nach draussen auf die Veranda zu gehen. Die kühle Nachtluft liess sie leicht frösteln und sie zog den Haori fester um sich. Nichtsdestotrotz war der nächtliche Anblick des Schreingartens wunderschön. Der Schnee reflektierte glitzernd das silberne Mondlicht und im blauschwarzen Nachtkleid funkelten tausende Sterne. Sie betrachtete eine ganze Weile dieses nächtliche Bild, bis irgendwann plötzlich ein starker Windhauch den Schnee aufwirbelte und inmitten des kleinen Schneegestöbers eine dunkle Gestalt erschien. "Ninja mit den schwarzen Dämmerschwingen!", rief sie überrascht, als sie ihn sofort erkannte. Der dunkle Kämpfer bewegte sich lautlos und blitzschnell auf sie zu, bis dieser bei ihr auf der Veranda stand. Ihr Herz begann erneut wie wild zu klopfen und instinktiv zog sie den Haori etwas beschämt durch ihr Aussehen noch fester um ihren Körper. Einen solchen Besuch hätte sie wirklich niemals erwartet. Gerade, als sie fragen wollte, weshalb der andere hier war, hielt dieser ihr etwas entgegen. Ein wenig verwirrt blickte sie auf den in ein Tuch gehüllten, kleinen Gegenstand und dann wieder in das Gesicht des Ninja. "Ist das für mich?" Ein Nicken kam als Antwort darauf und Tsuruhime griff nach dem Objekt. Nach einem kurzen Zögern entwickelte sie das dünne Tuch und zum Vorschein kam ein bezauberndes Haar Ornament in Form eines fliegenden Kranichs. Ihre Augen wurden grösser und ihr Mund klappte ein Stück weit auf. Fast schon schüchtern strich sie über das elegant verarbeite Accessoire, das mit kleinen Steinchen und Verzierungen versehen war. "Es ist wunderschön..." Glücklich strahlte sie den schweigsamen Mann an, der ihr kurz darauf das Ornament aus der Hand nahm und es ihr ins Haar steckte. Ihr rasendes Herz machte dabei gleich noch einen aufgeregten Sprung mehr und sie war sich sicher, dass ihre Wangen glühten. "Vie-vielen Dank", murmelte sie verlegen und als der andere fertig war, strich er ihr kurz übers Haar bis zur Wange, wo seine Hand zum Stillstand kam. Bestimmt spürte der Ninja, wie sie gerade glühte, und peinlich berührt davon, blickte zu Boden. Am liebsten hätte sie den geheimnisvollen Kämpfer in die Arme geschlossen, aber sie wusste nur zu gut, dass dieser dann wieder verschwinden würde, weshalb sie sich zurückhielt. Schweigend legte sie ihre Hand dann über die des Ninja und entfernte sie von ihrer Wange, um diese in ihre beiden Hände schliessen zu können. Nur für einen kurzen Augenblick drückte sie die erstaunlich warme Hand und schaute den stillen Mann mit einem sanften Lächeln an. "Vielen Dank für alles, was du bisher getan hast. Bitte wach auch weiterhin über mich..." Nur Sekunden später verpuffte der Ninja mit den schwarzen Dämmerschwingen und hinterliess einmal mehr nur eine Handvoll schwarzer Federn, die von der leichten Nachtbrise davon getragen wurden. "...und ich werde auch weiterhin über dich wachen", murmelte sie leise und strich mit den Fingerspitzen leicht über das Ornament in ihrem Haar. Hosted by Animexx e.V. 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