Family Bonds von cu123 (~ Sequel zu Close Distance ~) ================================================================================ Kapitel 38: "Hast du keine Angst, dass er dich tatsächlich mal grillt, wenn du ihn so aufziehst?" ------------------------------------------------------------------------------------------------- "Das ist nicht fair…" Er hatte nicht unbedingt erwartet, eine Beschwerde zu hören, nachdem er zurückgetreten war, doch es ließ ihn lediglich lächeln. Stephan sah es und zog prompt einen Flunsch. "Ich finde das nicht besonders lustig." Dieses Verhalten war so ungewohnt, dass er nicht anders konnte, als wieder aufzulachen. "Dann benimm dich nicht wie ein kleines Kind, das die gewünschten Bonbons nicht erhalten hat." Der Tracer stutzte, grinste dann plötzlich. Was irgendwie auch keine Verbesserung war. Sein misstrauischer Blick wurde problemlos ignoriert. "Wenn du Lutscher gesagt hättest, wäre der Vergleich treffender gewesen", wurde ihm dann mitgeteilt. Er musterte den Anderen ein wenig ungläubig, aber er hatte sich nicht verhört. Mit Mühe hielt er sich davon ab, die Augen zu verdrehen. "Ich wünschte, Alexander wäre hier. Dann würdest du dir solche dummen Sprüche vielleicht sparen." Stephans Hand legte sich flach gegen seine Weste. "Ganz genau, dann wäre ich nämlich ausgelastet. Aber da wir euretwegen hier festsitzen, habe ich kaum die Chance, ihn zu treffen." Unbeeindruckt zog er eine Augenbraue hoch. "Du kannst mich nicht davon überzeugen, dass du sonst mehr Chancen hast. Soweit ich weiß ist Zwielicht immer noch in Deutschland stationiert und du bist als Ex viel zu gut, als dass sie dir Aufträge dort zuteilen würden." Bester Beweis Stephans Anwesenheit hier. Was diesem auch auffiel, weshalb er nur ein weiteres Grinsen statt eines Widerspruchs erhielt. Dann aber schien Stephan wieder einzufallen, warum sie überhaupt hier standen und die hellblauen Augen sahen sich beinahe mit so etwas wie Vorsicht um. "Er hat sich nicht zufällig um der nächsten Ecke versteckt und wartet darauf, mir jetzt den Hals umzudrehen?", wurde er gefragt und es schien nicht einmal als Scherz gemeint zu sein. Sein Ausatmen schaffte es knapp, kein Seufzen zu sein. "Herr Schneider macht das, wozu er hergekommen ist. Und ich will dich ja nicht beleidigen, aber ich bezweifle, dass er dich auch nur als die geringste Bedrohung ansehen würde." Stephan schien über seine Worte amüsiert statt sie ihm übelzunehmen und verlor gleichzeitig die Nervosität, die den Ex zuvor überfallen hatte. "Was für eine Art, einem Mann sein Selbstvertrauen zu nehmen." "Genau so siehst du aus", erwiderte er trocken. Und bevor Stephan noch mehr Albernheiten einfallen konnten, kehrte er zu seinem Stuhl zurück. Es dauerte nicht lange, bis der Tracer zu ihm aufschloss und er wurde mit einem seltsamen Blick gemustert. "Macht es dir Spaß, hier herumzusitzen?" "Mein Talent arbeitet bei physischer Nähe besser", gab er sachlich zurück, nicht willens, sich aufziehen zu lassen. Woraufhin Stephan ebenfalls umschaltete. "Ich verstehe. Aber meinst du wirklich, dass du unbedingt genau neben der Tür bleiben musst? Komm doch mit ins Wohnzimmer, dort ist es viel bequemer." Er zögerte, aber nur für einen Moment. Denn es wäre wirklich ausreichend und Stephan hatte genug Verstand besessen, ihn nicht in dessen Zimmer einzuladen. Der Raum war verlasssen, wie er feststellte, kaum dass er eingetreten war. Was nicht Grund genug war, seine Entscheidung zu überdenken. Nichtsdestotrotz ließ er sich in einen der Sessel sinken, statt die Couch zu wählen. Ein Statement, das mühelos verstanden wurde. Doch Stephan verzog nur flüchtig das Gesicht, bevor dieser beschloss, es mit Humor zu nehmen. "Du tust so, als würde ich über dich herfallen, wenn du mir zu nahe kommst." "Ich will dich nur nicht in Versuchung führen", gab er ungerührt zurück. Und seit wann hatte Stephan begonnen, sich wie Schuldig in dessen schlimmsten Jahren zu benehmen? Der Andere sah ihn etwas argwöhnisch an, als hätte der diesen Gedanken irgendwie aufgefangen, schaltete aber auf ein völlig anderes Thema um. "Ich wette, du hast Hunger. Wie wäre es, wenn ich Pizza bestelle? Die haben hier wirklich Wahnsinnsdinger und laut Alex kommst du ja nicht selbst auf die Idee, so etwas zu essen." Und schon wieder eine Erinnerung an den Telepathen. Nun trat Belustigung in braune Augen. "Glaubst du tatsächlich, das ist immer noch der Fall mit Schuldig im Hause?" "Hm, wohl eher nicht", wurde ihm zugestanden. "Aber meine Frage ist damit immer noch beantwortet." Er schüttelte leicht den Kopf. "Wenn du dir was bestellst, werde ich gerne mitessen. Aber richtig zu Abend essen werde ich nachher mit Herrn Schneider." Der Telepath würde auf jeden Fall seinen Energiehaushalt auffüllen müssen. Stephan entkam ein seltsamer Laut, der nicht ganz ein Wort war, dann aber fasste sich der Braunhaarige wieder. "Natürlich, ich hätte es mir denken können. Dann bekommst du eben von mir ein Stück ab. Ich frage mal die anderen, ob sie auch etwas haben wollen." Damit verschwand der Franzose aus dem Zimmer und verschaffte ihm damit die Gelegenheit, sich etwas genauer umzusehen. Das Haus war bei weitem nicht so groß wie das, das Schwarz zur Verfügung stand, doch das war auch verständlich, schließlich würden sich die Ex viel kürzer hier aufhalten. Genug Zimmer schien es aber zu geben und was er davon bisher gesehen hatte, war geschmackvoll eingerichtet. Besser als er erwartet hatte, wenn er ehrlich war. Nicht steril, sondern eingelebt. Und da sein Interesse geweckt war, sprach er Stephan darauf an, als dieser ins Wohnzimmer zurückkehrte. Der ließ sich auf die Couch fallen und schenkte ihm ein schmales Lächeln. "Oh, das liegt daran, dass hier normalerweise auch eine Familie wohnt. Allerdings musste der Vater aus beruflichen Gründen für ein Jahr weg und hat den ganzen Anhang mitgenommen." "Und sie waren so freundlich, euch das Haus zwischenzeitlich zu überlassen?" "Mit Svens Unterstützung ging das ganz einfach. Und wir werden natürlich dafür sorgen, dass es später wieder genauso aussieht wie sie es verlassen haben." "Aber ist das alles nicht etwas umständlich?", runzelte er die Stirn. Stephan zuckte mit den Schultern. "Es war eine Notlösung. Wir hatten sonst auf die Schnelle nichts Passendes gefunden. Ein Apartment wäre leichter gewesen, doch da gibt es viel mehr neugierige Nachbarn. Vor allem, da ja ein paar Umbauarbeiten erforderlich waren." Seine Mundwinkel zuckten unwillkürlich nach oben. "Also ich verstehe es schon, aber ziemlich frech finde ich es trotzdem." Und Stephan lachte auf. "Da kann ich dir kaum widersprechen. Aber ganz abgesehen davon, dass wir sowieso kein schlechtes Gewissen entwickeln würden, schädigen wir ja auch niemanden. Und während wir hier sind, schauen zumindest keine Einbrecher vorbei." Das Augenzwinkern lag ganz in der Stimme des Ex. "Jetzt machst du also auch noch auf guter Samariter", gab er belustigt zurück. "Vielleicht, aber das macht das Argument nicht ungültig." Dann griff Stephan nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher ein, der von der Größe her eher mit einer Kinoleinwand verwandt zu sein schien. Anschließend klopfte Stephan neben sich auf die Couch. "Nun komm schon her. Ich sehe dich auch so schon selten genug." Er hätte erwidern können, dass Stephan ihn auch im Sessel gut sehen konnte, aber das wäre nur ein Ausweichmanöver gewesen. "Du hast die Überraschung wirklich schnell überwunden", stellte er fest, während er der Einladung folgte. Das Lächeln, mit dem Stephan ihm entgegen gesehen hatte, verrutschte sichtlich, bevor der Andere einmal tief durchatmete. "Bitte erinnere mich nicht daran. Ich habe mich gerade aufs Verdrängen verlegt." "Hm", brummte er amüsiert. "Und wie erfolgreich ist diese Methode so?" Ein säuerlicher Blick war die Antwort darauf, bevor der Tracer ihn bei der Krawatte packte und näher zog. "Ich bin jetzt wirklich froh, dass du für mein Talent keine lesbaren Spuren hinterlässt…", wurde ihm mit gesenkter Stimme mitgeteilt. Er dachte für einen Moment darüber nach, dann zuckten seine Mundwinkel. "Ich auch", gab er schließlich zurück. Stephan stutzte, grinste dann. "Ich hätte wissen sollen, dass du tatsächlich schüchtern bist." "Ich weiß lediglich, was Privatsphäre bedeutet", stellte er klar, unbeeindruckt. "Etwas, was dir irgendwie entfallen zu sein scheint." Die Hand löste sich von seiner Krawatte und strich über seine Weste. "Das ist es nicht. Nur leider hatten wir alle in letzter Zeit nicht freinehmen können und ich muss zugeben, dass es allmählich frustrierend wird." Er fing die Hand ab, bevor sie sich noch weitere Freiheiten herausnehmen konnte. Vielleicht sollte er Stephan noch mal an Schneider erinnern… Aber vielleicht reichte es, ihn auf andere Gedanken zu bringen. "Und von den anderen drei hat keiner das gleiche Problem und hilft dir aus?", erkundigte er sich daher, mit einem leicht ironischen Unterton. "Julia meinte, ich wäre ihr zu jung und Sven bin ich zu männlich." Ein Schnauben entkam ihm, bevor er es zurückhalten konnte, doch dann bemühte er sich wieder um eine ernstere Miene. "Das lässt immer noch Herrn Jung übrig." Stephan konnte dessen Belustigung nicht ganz verbergen, als der einen belehrenden Zeigefinger hob. "Grundsätzlich vielleicht. Aber er ist ein Pyro. So heiß will ich es nun auch wieder nicht haben." "Du bist unmöglich", meinte er dazu nur. "Den Grund würde ich dir vielleicht abnehmen, wenn Herr Jung nicht ausgerechnet ein Ex wäre." "Vielen Dank für Ihr Vertrauen, Herr Crawford." Der Pyro lehnte am Türrahmen und bedachte von dort aus Stephan mit einem nachsichtigen Lächeln. Der grinste ohne Schuldbewusstsein zurück, bevor er wieder etwas sagte. "Okay, okay. Ich gebe es ja schon zu. Markus ist ganz einfach nicht mein Typ." Und dann lachte Stephan, als der Andere eine kleine Flamme in seine Richtung schnippste, sie erst erlöschen ließ, als sie nur noch Zentimeter von dem Tracer entfernt war. "Du kleiner Stinkstiefel", wurde der zunächst wortlosen Erwiderung dann noch hinzugefügt. "Der Fall liegt genau andersherum, wie du sehr wohl weißt." Trotz dieser Worte schien der Ältere amüsiert, hob dann kurz die Hand. "Bis später, ich hole mir kurz was zum Essen." Und damit verschwand Herr Jung. Langsam wandte er seinen Kopf wieder Stephan zu. "Sag mal, hast du keine Angst, dass er dich tatsächlich mal grillt, wenn du ihn so aufziehst?" Von dem Ex kam nur eine wegwerfende Handbewegung. "Ach was. Dazu ist er viel zu diszipliniert. Aber du siehst doch jetzt sicherlich ein, wie dringend ich etwas Gesellschaft benötige, nicht wahr?" Er zog eine Augenbraue hoch. "Vorhin bist du noch halb in Panik geraten beim Gedanken an Herrn Schneider. Und jetzt ist dir das plötzlich egal?" Stephan erschauerte nur ein wenig und dessen unbeeindruckte Miene war beinahe überzeugend. "Ich habe nur darüber nachgedacht, was du gesagt hast. Und ich möchte _wirklich_ mal mit dir schlafen." Nun, offener ging es wirklich nicht. Unwillkürlich lächelte er, schüttelte aber gleichzeitig den Kopf. "Danke, aber _ich_ bin ausgelastet", erwiderte er schließlich. Stephan seufzte. "Ich wusste irgendwie, dass du so etwas sagen würdest." Dann schien alle Kraft aus dem Tracer zu weichen und er sank zurück gegen die Lehne der Couch. Für ein paar lange Minuten schwiegen sie beide, während auf dem Fernseher irgendein Actionfilm flimmerte, dann wandte er sich ein weiteres Mal Stephan zu. "Versuchst du eigentlich mich aufzuziehen?" Und damit meinte er nicht nur ihren letzten Wortwechsel. In den hellen blauen Augen schimmerte Belustigung, als sie auf ihn gerichtet wurden. Und trotzdem verging eine ganze Weile, bevor Stephan antwortete, das Lächeln etwas schief sitzend. "Da bin ich mir selbst nicht so sicher." "Hm…" Er beließ es dabei. Und bei einem Lächeln. Der Film lief schon eine Weile und die Pizzaschachtel war leer, als die Tür zu dem Raum geöffnet wurde, in den Schneider verschwunden war. Nicht, dass er es gehört hätte, doch er spürte es, als ihn keine künstliche Barriere mehr von dem Telepathen trennte. Er war auf den Beinen, noch ehe er eine bewusste Entscheidung darüber fällen konnte und sein Blick streifte nur flüchtig Stephan dabei. Der reagierte genau entgegengesetzt, war für einen Moment regelrecht erstarrt. Doch als sich ihre Blicke trafen, schien das Stephan wieder aufzutauen und er erhielt etwas zugeworfen, das mehr Grimasse als Lächeln war. Es sorgte dafür, dass ihn flüchtig Belustigung streifte, so dass sein erwiderndes Lächeln ausgesprochen echt ausfiel, doch für mehr nahm er sich keine Zeit. Seine Füße strebten von ganz allein aus dem Wohnzimmer heraus und so traf er auf Schneider, bevor dieser die Tür wieder hinter sich schließen konnte. Der Deutsche verharrte für einen Moment, öffnete die Tür dann wieder weiter, statt sie zuzuziehen. "Du wirst im Moment nicht mit ihm reden können, aber einen Blick kannst du trotzdem gerne auf ihn werfen." Ungeduld wand sich prompt um ihn, obwohl er keinen Grund hatte anzunehmen, dass der andere Mann ihm etwas verraten hätte, selbst wenn dieser angesprechbar gewesen wäre. Sein Blick suchte nach dem eisblauer Augen und er glaubte einen Anklang von Amüsement zu erkennen. Er wusste nur nicht so ganz, worauf es sich bezog. Und er hatte keine Lust, darüber nachzudenken. "Konnten Sie etwas von ihm erfahren?", erkundigte er sich daher, während er sich an dem Älteren vorbei den Raum betrat. Mit weniger Abstand, als ihm eigentlich möglich gewesen wäre, so dass Körperwärme sich mit Körperwärme mischte. "Nein, noch nicht", gab Schneider bereitwillig zurück und folgte ihm. "Aber das war heute Abend auch nicht unbedingt mein Ziel, auch wenn es einiges erleichtert hätte." Und jetzt wurde die Tür geschlossen, bloß von innen. Als Schneider als nächstes weitersprach, war es zu einem völlig anderem Thema und das Amüsement war jetzt deutlich in dessen Stimme. "Du hast dich also entschieden…" Wieder suchte er Schneiders Blick und es brauchte nicht lange, um den Kommentar zu verstehen. Er stieß ein leises Schnauben aus. "Mir ist klar geworden, dass auch das nur eine unnötige Tradition war", sagte er, was ihm als erstes durch den Kopf schoss. Und während er das tat, wurde ihm klar, dass es wirklich so war. Schneider stutzte kurz, lachte dann auf. "Ausgezeichnet, Crawford." ~TBC~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)