Family Bonds von cu123 (~ Sequel zu Close Distance ~) ================================================================================ Kapitel 3: "Interessanter war da zu erfahren, dass einige Dinge aus amerikanischen Serien tatsächlich im wirklichen Leben geschahen" ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------ Er ließ Schuldigs Zimmer hinter sich, kam dann an Nagis vorbei. Jedenfalls betitelte er es bereits entsprechend, denn der Jüngere hatte sich ohne weitere Umstände an den dortigen Schreibtisch gesetzt und war bereits dabei, den Computer auf Herz und Nieren zu testen. Ein Lachen stand in violetten Augen, als er sich kurz Crawford zuwandte und der Amerikaner schien ebenfalls amüsiert. "Ich denke, für dich bleibt nicht mehr viel Auswahl", meinte er. Eine Augenbraue wanderte in die Höhe. "Und ich denke, dass ich die auch nicht benötige", wurde ihm erwidert. Und dann übernahm Crawford die Führung, öffnete die Tür zu einem Zimmer, das… ganz offensichtlich für Crawford gedacht war. Es war noch größer als das in Japan, aber der Einrichtungsstil war absolut vertraut. Dunkles Holz, Glas, cremefarbene Polster. Er tat einen vorsichtigen Schritt hinein und tatsächlich fand sein Blick sogar das Gestell, auf dem Crawfords Katana ruhte. Als nächstes wurde seine Aufmerksamkeit vom Bett eingefangen, das im Vergleich in die Breite gewachsen zu sein schien, ohne dass es den Raum seiner Freizügigkeit beraubte. Da war auf einmal Wärme in seinem Rücken, als Crawford hinter ihn trat und er lehnte sich bereitwillig zurück, während ein Arm um ihn geschlungen wurde. "Wir können es heute Nacht gerne ausprobieren." Warmer Atem spielte über sein Ohr und ihn störte nicht die Belustigung, die in den Worten lag. Mit Mühe hielt er die Röte aus seinen Wangen, als er wortlos nickte, und in seinem Bauch begannen Schmetterlinge zu flattern bei der Vorstellung, Crawford hier für sich zu haben. Ein leises Lachen vibrierte durch den Körper hinter ihm, bevor der Ältere weitersprach. "Nachdem wir das geklärt haben: bist du gar nicht auf dein eigenes Zimmer neugierig?" Er brauchte ein paar unerwartet lange Atemzüge, ehe er die Frage verarbeitet hatte. Und er war tatsächlich überrascht, dass das auch ein Punkt war, an den er noch nicht gedacht hatte. Selbst nachdem er endlich begriffen zu haben glaubte, dass er ab jetzt mit Schwarz zusammenwohnen würde. Als er nicht gleich reagierte, verstärkte sich die halbe Umarmung für einen Moment. "Du kannst natürlich trotz eines eigenen Zimmers bei mir schlafen." Die Auskunft rief ein rasches Lächeln auf seine Lippen und unwillkürlich drehte er sich um. Darauf musste er nicht antworten, es reichte völlig aus, sich leicht auf die Zehenspitzen zu erheben und Crawford übernahm den Rest, lehnte sich ihm entgegen und küsste ihn. Er nutzte die Gelegenheit, seine Finger wieder um das Handgelenk des Älteren zu schließen und nachdem er wieder klar genug denken konnte, machte er sich endlich auf den Weg zum letzten Raum. Von der Größe her gab es keine Unterschiede zu dem von Schuldig oder Nagi und auch hier erwartete ihn bereits eine vollständige Einrichtung. Mit leichter Überraschung stellte er fest, dass auch er einen eigenen Computer erhalten hatte und der Anblick des gefüllten Bücherregals war für einen Moment regelrecht überwältigend. Vor allem, da sich darin nicht nur Freizeitlektüre verbarg, ganz im Gegenteil. Sein Griff verstärkte sich ohne sein bewusstes Zutun, während seine freie Hand über die breiten Buchrücken hinwegtastete, als könnte er die englische Schrift dadurch besser entziffern. "Ich denke, damit bist du für die Schule gut ausgestattet. Aber wenn etwas fehlt, können wir es schnell besorgen." Allein bei der Vorstellung, in eine völlig fremde Schule zu wechseln, meldete sich Nervosität in ihm und ließ sein Herz schneller schlagen, doch er drängte den Anflug von Unsicherheit rasch zurück. Immerhin würde er auf dieselbe Schulung wie Nagi gehen, selbst wenn es nicht dieselbe Klasse war. Außerhalb des Unterrichts würde es immer jemanden geben, mit dem er sprechen konnte. Crawford drückte kurz seine Schulter, der Ältere schien mal wieder genau zu wissen, was in ihm vorging, dann wurde er von dem Regal weggezogen. "Du musst dir jetzt noch keine Gedanken darüber machen, es sind noch zwei Wochen, bis die Ferien vorüber sind." Sein Nicken daraufhin geriet vielleicht etwas halbherzig, doch das fiel nicht weiter auf, da in diesem Augenblick Schuldig auftauchte."Hey Ran, willst du mitkommen? Wir wollen die Nachbarschaft ein bisschen erkunden." Obwohl er angesprochen wurde, fokussierten sich die grünen Augen kurz auf Crawford und die beiden kommunizierten zweifellos, auch wenn sich ihm der Inhalt nicht erschloss. Ihm reichte die Tatsache, dass Crawford auf seinen fragenden Blick hin mit einem zustimmenden Lächeln antwortete. "Ich komme gerne mit." Schuldig grinste und schob sich die Sonnenbrille, die bis eben über der Stirn in den Haaren geruht hatte, auf die Nase. "Ausgezeichnet. Farf ist auch neugierig und sogar Nagi will sich das nicht entgehen lassen." Gezwungenermaßen ließ er Crawfords Handgelenk los, als Schuldig ihm einen Arm über die Schultern schlang und sich in Bewegung setzte. "Nicht so langsam. Du hast schließlich auf dem Flug genug geschlafen." Dem konnte er nicht widersprechen und er fühlte sich auch nicht direkt müde, sondern eher leicht gerädert. Schuldig grinste schon wieder. "Umso besser, wenn du ein bisschen Bewegung bekommst." Inzwischen hatte er sich fast daran gewöhnt, dass der Telepath so einfach auf seine unausgesprochenen Gedanken antwortete. "Und du willst wohl dein Talent ein bisschen ausstrecken", antwortete er daher schlagfertig. Nagi, der im Flur gegen die Wand gelehnt gewartet hatte, lächelte. "Ich denke, da hast du den Nagel auf den Kopf getroffen. Schließlich hatte Schuldig auf dem Flug kaum Gelegenheit, die armen Leute zu ärgern. Das hätte viel zu schnell zu Stress für uns alle führen können." Daran hatte er noch gar nicht gedacht, aber Schuldigs flüchtig verzogener Miene nach zu urteilen hatte Nagi völlig Recht. Der andere Japaner grinste jetzt beinahe und deutete eine Verbeugung in seine Richtung an, während Schuldig die Augen verdrehte und es nicht lassen konnte, sich zu revanchieren. "Du hast deine eigenen Laster, also bist du auch nicht besser. Es ist direkt ein Wunder, dass du so schnell bereit bist, dich von dem neuen Computer zu trennen." Nagi verschränkte die Arme vor der Brust und zog eine Augenbraue hoch, blieb aber stumm. Jedenfalls auf der offensichtlichen Ebene. Neugierig musterte er Schuldig, doch der tat so, als sei alles Wichtige gesagt worden. Und da jetzt auch Farfarello mit der Erkundung seines Zimmers fertig war, konnten sie aufbrechen. Die Fremdartigkeit der Nachbarschaft überfiel ihn mit unerwarteter Wucht, vor allem, da er die so ungewohnt aussehenden Häuser bereits vom Auto aus gesehen hatte. Doch während sie die verlassen wirkenden Weg entlangstreiften, summierten sich die Eindrücke. Die Häuser waren viel zu groß, wirkten eher wie Villen und der Platz zwischen den einzelnen Gebäuden ließ ihn sich fragen, ob da nicht das eine oder andere Haus abhanden gekommen war. Schuldig, der Farf mit einem Strom von Kommentaren über die Bewohner unterhalten hatte – und wahrscheinlich auch Nagi, selbst wenn der Jüngere das nicht zugeben würde –, wandte sich auf einmal ihm zu und grinste, die Sonnenbrille für den Augenblick hochschiebend. "Die haben in den USA eben viel Platz, Ran-chan. In den Großstädten wirst du das gewohnte Gedränge finden. Aber du willst mir doch nicht ernsthaft erzählen, dass du es vermisst? Ich jedenfalls tue es nicht." Was höchstwahrscheinlich mit Schuldigs Begabung zusammenhing. Die grünen Augen gerieten für einen Moment kühl, aber der Ausdruck verschwand schnell hinter der wieder auf die Nase gerutschten Sonnenbrille und als der Ältere noch etwas sagte, schwang in dessen Stimme keine Spur von dieser Reaktion mit. "Vielleicht solltest du darüber nachdenken, den Führerschein zu machen. Bis zur Schule ist es von hier ein Stück, aber das ist auch der einzige Nachteil, der mir gerade einfällt." Das Grinsen war auch wieder zurück. Er ging gerne darauf ein. "Und womit willst du dich beschäftigt halten?" Die Belustigung fühlte sich bei der Antwort wesentlich echter an. "Zum einen habe ich einen fahrbaren Untersatz und bin nicht auf die unmittelbare Umgebung beschränkt. Und zum anderen wird Crawford sicher dafür sorgen, dass ich nicht in Trägheit verfalle." Nagi stieß daraufhin ein Schnauben aus, wandte sich dann hastig zum Gehen, bevor sie seinen Gesichtsausdruck deuten konnten. Farfarello schlang unerwartet beide Arme um ihn und schien über seine Schulter hinweg Schuldig zu mustern. "Es ist viel Grün hier. Erinnert mich an früher…" Der Orangehaarige vergaß Nagi völlig und schien plötzlich sehr, sehr still zu stehen. "Und ist das etwas Gutes oder etwas Schlechtes?" Er spürte das Schulterzucken mehr als es zu sehen. "Vielleicht etwas Gutes", wurde schließlich entschieden. "Und das da stört dich auch nicht?" Schuldig deutete blind mit dem Daumen hinter sich, doch er traf genau die Kirche, deren spitzes Dach sich in einiger Enfernung dem Himmel entgegen streckte. Was darauf hinwies, dass der Telepath sie schon seit einer Weile gesehen hatte, aber das Thema bis eben nicht hatte ansprechen wollen. Und in seiner Erinnerung war er zurück in einer ganz anderen Kirche. In einer, in der Farfarello ein Messer bei sich gehabt hatte. Mit Mühe schob er die Bilder von sich, spürte mit jeder Faser seines Körpers der Reaktion des Iren nach. Und mit einem Anklang von Erleichterung registrierte er, dass Farfarello entspannt blieb. "Es ist nicht mehr wie früher", lautete dessen Antwort auf Schuldigs Frage, woraufhin sich auch der Orangehaarige kaum merklich entspannte. Der Rest ihres Ausflugs verlief ohne weitere angespannte Momente und da Schuldig sich plötzlich dazu entschloss, zu Übungszwecken nur noch auf Englisch zu kommunizieren, war er auch hinreichend abgelenkt, um sich keine Sorgen um den Iren zu machen. Er lernte einige neue Ausdrücke, von denen er sich nicht sicher war, ob er die wirklich kennen sollte, interessanter war da zu erfahren, dass einige Dinge aus amerikanischen Serien tatsächlich im wirklichen Leben geschahen. Seine Stirn legte sich bei diesem Gedanken für einen Moment in Falten. Natürlich könnte es auch sein, dass Schuldig sich die Sachen nur ausdachte und dabei aus ebendiesen Quellen schöpfte. Die Überlegung brachte ihm eine sanfte Kopfnuss von dem Telepathen ein. "Warum sollte ich mir die Mühe machen, mir etwas auszudenken? Außerdem war Ziel dieser Sache, dass ihr die Nachbarn etwas besser kennenlernt. Irgendwelche Geschichten zu erzählen wäre da kontraproduktiv." Das klang alles zwar ganz logisch, aber man durfte nicht vergessen, dass Schuldig sich gerne Scherze mit den Leuten erlaubte. An dieser Stelle nickte Nagi allerdings. "Er scheint die Wahrheit zu sagen." Und der Aussage des Jüngeren konnte er viel eher vertrauen. Also lächelte er dankend und als Schuldig daraufhin eine gespielt beleidigte Miene zeigte, wandelte sich sein Lächeln in ein Grinsen. "Du hast keinen Grund, dich zu beschweren, ich habe einfach dazugelernt", machte er ihn ohne jegliches Schuldbewusstsein aufmerksam. Schuldigs Blick ruhte eine sehr lange Sekunde auf ihm, dann grinste der Orangehaarige überraschend selbst. "In dem Fall sollte ich wohl mehr tun, um meinen guten Ruf zu pflegen." Er zwinkerte, öffnete den Mund, bloß um dann doch nichts zu sagen und nur den Kopf zu schütteln. Schuldig würde schließlich immer tun, was dieser wollte. Crawford war nicht unten, als sie zurückkehrten. Nicht im Wohnzimmer, wo Schuldig und Farfarello zurückblieben, um den riesigen Fernseher auszuprobieren, noch größer als der in Schuldigs Zimmer. Und auch nicht in dessen Arbeitszimmer, das er nach kurzer Suche entdeckte. Also zog er sich nach einem kurzen Blick hinein zurück und machte sich auf den Weg nach oben. Die Türen dort waren bis auf Nagis alle offen und so fiel es ihm nicht schwer, den Eindruck von Worten aufzufangen, die aus Crawfords Zimmer drangen, auch wenn er sie nicht verstehen konnte. Er blieb im Türrahmen stehen, sah von dort aus den Schwarzhaarigen auf der Couch sitzen, einen Arm lang über die Lehne ausgestreckt, in der anderen Hand das Handy. Crawford schien völlig auf das Telefonat konzentriert, die Stimme leise und tief. Der Klang ließ eine Gänsehaut seinen Rücken herunter rieseln. Nicht unangenehm, im Gegenteil, es war Verlangen, das sich da in ihm meldete. Und obwohl es so einfach gewesen wäre, die wenigen Schritte zurückzulegen und sich neben dem Älteren auf die Couch sinken zu lassen, rührte er sich nicht vom Fleck. Denn er wusste bereits, mit wem Crawford da redete, ob es am Tonfall lag oder an der Frage, die er jetzt problemlos verstehen konnte. "Sind Sie eigentlich noch in Japan?" Was auch immer Herr Schneider darauf antwortete, es ließ Crawford auflachen. "Vielleicht", meinte der Ältere dann. "Aber es würde sowieso niemandem in den Sinn kommen, sich zu beschweren, auch wenn Sie nur da gewesen wären, um uns zu verabschieden." Als nächstes lächelte Crawford und schloss für einen Moment die Augen, als könnte er auf der Rückseite seiner Lider eine Erinnerung sehen. Und dessen einzige Antwort blieb ein leises Brummen. Danach schien Herr Schneider länger zu reden, da Crawford nur ab und zu eine knappe Bestätigung von sich gab, bis das Gespräch langsam zum Ende kam. "Mm, vielen Dank. Aufgrund Ihrer Vorarbeit sollte mich das nicht vor größere Probleme stellen." Mit einem Anklang von Belustigung. Dann ein kurzes Schweigen, während dessen die Miene des Schwarzhaarigen einen unlesbaren Ausdruck annahm. Es ging mit einem Ziehen in seinem Magen einher und der inzwischen altbekannten innerlichen Frage, warum Crawford eigentlich hier saß und nicht bei Herrn Schneider. "Die Antwort darauf wird sich wohl niemals ändern", meinte Crawford schließlich und er zuckte ein bisschen zusammen, da es beinahe so war, als hätte der Ältere auf seinen Gedanken geantwortet. Diese Bewegung war es, die schließlich Crawfords Aufmerksamkeit auf ihn zog, ruhige braune Augen nahmen ihn gefangen, während sich der Amerikaner von Herrn Schneider verabschiedete. Anschließend herrschte für ein paar lange Sekunden Schweigen zwischen ihnen oder vielleicht einfach nur Ruhe, dann wurde er hereingewunken. Er folgte der Einladung mit einem Lächeln. ~TBC~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)