Alive! von Fhin (Kurosaki x Teru) ================================================================================ Prolog: First encounter ----------------------- „Sou, du bist betrunken!“, stöhnte Kurosaki, der von einem gut gelaunten, aber stark schwankenden Souichirou in die Wange gepiekt wurde. „Quatsch!“, lachte dieser und bekam Schluckauf. „Ich binnur guddrauf!“ Er legte den Arm über Kurosakis Schulter und stützte sich so auf ihn, wodurch sein Wanken leicht zurückging. Das war das erste Mal, dass sie zusammen einen trinken waren, seit Souichirou aus dem Krankenhaus entlassen worden ist. Er sollte es zwar ruhig angehen, aber er wollte auch mal eine Ausnahme machen. Er hatte lange gebraucht, um Kurosaki dazu zu überreden. Immerhin wäre er beinahe gestorben. Sein Krebs war noch nicht geheilt, er befand sich noch immer in Therapie. Aber er hatte die kritischste Phase überwinden können, auch wenn er es beinahe nicht geschafft hätte. Kurosaki hätte es sich nie vergeben, wenn Sou gestorben wäre. Er hatte ihn gerettet. Souichirou wurde immer schwerer auf seinen Schultern und seine Schritte immer schlurfender. Kurosaki schielte auf seinen Kumpel, der mittlerweile sehr ruhig geworden war. „Sag mal… schläfst du??“, fragte er skeptisch, als er Sous geschlossene Augen sah und ein leichtes Schnarchen wahrnahm. Das konnte doch wohl nicht wahr sein! Wie konnte er nur im Gehen einschlafen? Dieser… Er knurrte leicht, bevor er Souichirou packte und ihn sich über die Schulter warf. Jetzt lag es wohl an ihm, ihn nach Hause zu verfrachten. „Mal sehen…“, murmelte er und sah sich um. Irgendwo hier wohnte er doch. Ein einziges Mal war er bisher bei Sou zu Hause gewesen. An diesem Tag hatte er seine Sünde begangen, hatte Jack Frost wieder ins Leben gerufen. Eigentlich hatte er an diesem Tag seinem Leben ein Ende setzen wollen, doch Souichirou hatte ihn gefunden und davon abgehalten. Er hatte ihn mehr als nur in einer Weise gerettet. Und dafür würde er ewig in seiner Schuld stehen. Mit seinem betrunkenen Freund über der Schulter schlurfte Kurosaki durch die Straßen und hoffte, dass er das richtige Haus finden würde. Er war selbst nicht mehr nüchtern, aber ihm machte der Alkohol nicht so viel aus. Endlich stand er vor einem Haus, das ihm bekannt vorkam. Er suchte die Klingelschilder ab. „Kurebayashi“ stand auf einem. Er war also richtig. Zum Glück gab es einen Fahrstuhl. Sie fuhren in den vierten Stock hinauf und befand sich kurze Zeit später vor der Wohnungstür der Kurebayashis. Er sah auf das Schloss und schielte dann erneut auf den selig schlafenden Sou. Entnervt und mit leicht zuckender Augenbraue griff er in Souichirous Hosentasche, in der er seinen Wohnungsschlüssel vermutete, da er gegen seine Schulter drückte. Volltreffer. Er holte den Schlüsselbund hervor und probierte zwei Schlüssel aus, bevor er den passenden fand und die Wohnung betrat. Leise schloss er die Tür und sah sich dann unsicher im Flur um. Wohin jetzt? Er hörte das Geräusch nackter Füße auf dem Fußboden. „Sou?“, hörte er ein Mädchen mit verschlafener Stimme fragen. Er drehte sich zur ihr um und sah mit leicht geweiteten Augen auf Sous Schwester, die dort in einem hellblauen Pyjama stand und ihn mit großen Augen anstarrte. „Ähm hallo.“, begrüßte Kurosaki sie. „Wer bist du?“, fragte sie unsicher und sah zwischen ihm und der Gestalt, die dort über seine Schulter hing, hin und her. „Ich äh… ich bin Kurosaki Tasuku.“, stellte er sich vor. „Ein Freund deines Bruders.“ „Ich bin Teru.“, antwortete sie. Kurosaki lächelte. Irgendwie hatte Sou Recht. Seine Schwester war wirklich irgendwie süß, wie sie hier in ihrem Schlafanzug stand und ihn mit müden Augen ansah. „Schläft Sou?“, fragte sie. „Er äh… ja, er war sehr müde.“, antwortete Kurosaki. Plötzlich veränderte ihr Blick. Sie musterte ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen und aufgeplusterten Wangen. „Ist er betrunken?“ Verdammt. Erwischt. Er hob leicht die Hand um ihre Vermutung abzuändern, aber Teru sprang darauf nicht an. „Er stinkt nach Alkohol.“, stellte sie fest. Nachgebend seufzte Kurosaki auf. Es hatte wohl keinen Zweck, das zu leugnen. „Er hat wohl etwas zu viel getrunken.“, gab er zu. „Wo kann ich ihn hinbringen?“ Souichirou wurde langsam schwer. Teru zeigte auf eine Tür hinter ihm. „Danke.“, sagte er und drehte sich um, sodass Souichirou nun Teru zugewandt war. Er hatte ein Auge leicht geöffnet und grinste bedröppelt. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihren Bruder streng an. Sie wusste, dass sie ihn nicht hätte gehen lassen sollen. Er war noch nicht gesund! Wenige Augenblicke später war er aus ihrem Blickfeld verschwunden. Ächzend hievte Kurosaki den Betrunkenen von seiner Schulter und legte ihn aufs Bett. Er zögerte kurz bevor er ihm seine Schuhe auszog. Alles andere ging ihn nichts mehr an. „Danke.“, hörte er Souichirou sagen, der ihn mit halb geöffneten Augen ansah. „Bitte.“, antwortete er kurz angebunden und verkniff sich einen bösen Blick. Er wollte sich gerade umdrehen, da packte ihn Sou am Hemdärmel. Fragend sah Kurosaki ihn an. „Ist sie nicht süß?“, fragte er verträumt. „Hä?“, hakte Kurosaki unelegant nach. „Meine Schwester.“, war die offensichtliche Antwort. Er schwärmte immer von ihr. Kurosaki wusste nicht recht, wie er antworten sollte. Er zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht. Bestimmt.“, antwortete er schließlich und Souichirou grinste. „Wenn du nett bist, lass ich dich vielleicht irgendwann mit ihr ausgehen.“ „Hmpf!“, machte Kurosaki und sah ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen an. „Ich habe dir schon mal gesagt, dass ich das gar nicht will!“ „Aber nur weil du sie nicht kennst.“, sagte Souichirou überlegen. „Du weißt gar nicht, wie süß sie ist.“ „Sie ist in der Mittelschule!“, antwortete Kurosaki mit leicht unterdrückter Stimme. Er wollte nicht, dass Teru etwas davon mitbekam. Sou antwortete nicht mehr und grinste nur noch selig vor sich. Er schien schon wieder weggedämmert zu sein. „Hmpf!“, machte Kurosaki erneut und verließ das Zimmer. „Danke, dass du Sou nach Hause gebracht hast.“, sagte Teru, die noch immer im Flur stand. „Bitte.“, antwortete er und gähnte herzhaft. Es war spät und auch er hatte viel getrunken. Jetzt musste er schauen, wie er nach Hause kam. Er linste auf seine Armbanduhr. 3 Uhr morgens. „Wenn du willst, kannst du hier schlafen.“, bot Teru an, die den Freund ihres Bruders aufmerksam musterte. Er sah müde aus. „Muss nicht sein.“, erwiderte dieser, dem die Anwesenheit des Mädchens etwas unangenehm war. Er wusste nicht, wie er mit 14-jährigend Mädchen umgehen sollte. Ganz besonders um diese Zeit und wenn sie einen Pyjama trug. „Du kannst auf dem Sofa schlafen.“, sagte sie dennoch und zeigte auf das Wohnzimmer. „Du siehst müde aus.“ Sie hatte Recht. Jetzt, wo er Sou sicher nach Hause gebracht hatte, überfiel ihn die Müdigkeit gnadenlos. Er konnte ein weiteres Gähnen nicht unterdrücken. „Na schön.“, seufzte er. Teru lächelte erfreut. Sie mochte es, wenn sie Besuch hatten. Das kam nicht so oft vor. „Ich hol dir eine Decke.“, rief sie munter aus und lief in ihr Zimmer. Im Schrank hatte sie eine kuschelige Wolldecke. Die sollte ihr Gast heute Nacht bekommen. Kurosaki zog derweil seine Schuhe aus und ging dann rüber ins Wohnzimmer. Er zog seine Jacke aus und hängte sie über einen Stuhl. Er setzte sich auf die Couch. Er hörte Teru, die das Wohnzimmer betrat und ihm eine weiche Decke reichte. „Hier bitte.“, sagte sie vergnügt. „Danke.“ Er nahm die Decke entgegen und wartete, dass das Mädchen gehen würde. Sie sah ihn erwartungsvoll an. Unsicher erwiderte er den Blick. Wollte sie noch etwas? Sollte er irgendwas sagen? „Möchtest du was trinken?“, fragte sie, bevor er sich etwas hätte überlegen können. „Ähm… Ein Glas Wasser wär vielleicht nicht schlecht.“, antwortete er. Er würde später vielleicht noch einen schrecklichen Nachdurst haben. „Kommt sofort!“, rief sie enthusiastisch aus und lief in die Küche, um dort ein Glas Wasser für ihren Gast zu holen. Sie sollten wirklich öfter Gäste haben. Kurze Zeit später kam sie zurück und reichte ihm das Glas, welches er ihr entgegennahm. „Danke sehr.“, sagte er und nahm einen Schluck. „Bitte.“ Sie strahlte geradezu. Kurz beobachtete sie ihn, was ihn etwas verunsicherte. Waren alle 14-Jährigen so? „Das Bad ist übrigens da vorne.“, erklärte sie und zeigte auf eine weitere Tür. „Okay.“, antwortete er. „Ähm… ich geh dann auch wieder ins Bett.“, sagte sie lächelnd. „Gute Nacht, Kurosaki-san.“ Er sah sie an und konnte nicht anders, als ihr Lächeln zu erwidern. „Gute Nacht, Teru-chan.“, wünschte auch er ihr. Sie verließ das Zimmer und löschte beim Hinausgehen das Licht. Seufzend legte er sich hin und zog die weiche Decke über sich. Er musste Lächeln. Ja, Sou hatte Recht. Sie war wirklich ein süßes Mädchen. Wäre sie seine Schwester, würde er vermutlich auch alles für sie tun. Es dauerte nicht lange, bis er eingeschlafen war. Vermutlich war es die richtige Entscheidung, diese Nacht hier zu verbringen. Außerdem konnte er dann auch direkt sichergehen, dass es Sou auch wirklich gut ging. Kapitel 1: Protect her ---------------------- Als sie aufwachte, war in der Wohnung noch alles ruhig. Es war 9 Uhr morgens. Sie streckte sich etwas und stand schließlich auf. Barfuß schlich sie sich leise über den Flur hinüber zu Souichirous Zimmer. Sie hockte sich kurz neben sein Bett und betrachtete ihn. Er schlief seelenruhig. Teru war beruhigt. Sie machte sich immer Sorgen um ihn und nachdem er in der letzten Nacht betrunken nach Hause getragen werden musste, war ihre Sorge umso größer. Sie strich ihrem geliebten Bruder eine seiner Haarsträhnen aus dem Gesicht und lächelte leicht. Sein Haar war gut nachgewachsen. Während der Chemotherapie hatte er alle Haare verloren. Sie war froh, dass sie nachgewachsen waren, auch wenn sie noch nicht wieder ganz so lang waren wie damals. Er wirkte dadurch viel gesünder. Beruhigt stand sie wieder auf und schlich sich in die Küche, um sich eine Schüssel Cornflakes zu holen. Sie war etwas unschlüssig, bevor sie das Wohnzimmer betrat, wo sie einen ebenso seelenruhig schlafenden Kurosaki vorfand. „Kurosaki-san?“, fragte sie leise. Keine Reaktion. Ob es ihn wohl stören würde, wenn sie den Fernseher einschaltete? Sie liebte es, am Sonntagmorgen vor dem Fernseher ihre Cornflakes zu essen. Sie griff nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher ein. Schnell drehte sie die Lautstärke weit herunter und sah zu Kurosaki, der jedoch immer noch schlief. Sie setzte sich vor dem Sofa in den Schneidersitz und fing an ihre Cornflakes zu essen. Immer wieder warf sie einen Blick auf den schlafenden Mann hinter ihr. Irgendwie sah er niedlich aus wie er so ruhig schlief. Sie wurde rot bei dem Gedanken. Sie war eigentlich nicht so der Typ, der sich für Männer interessierte. Kurosaki hörte ein Geräusch, als er aufwachte. Er öffnete leicht ein Auge. Der Fernseher. Einen kurzen Augenblick fragte er sich, ob er auf dem Sofa eingeschlafen war, bis ihm wieder einfiel, wo er war. Sein Blick fiel auf Teru, die auf Höhe seiner Mitte vor dem Sofa saß. Eine leere Schüssel stand auf dem Tisch. Vermutlich frühstückte sie immer so – zumindest am Wochenende. Mit einem Seufzen setzte er sich auf und hielt sich die Augen. Er hatte einen Kater. Er hatte wirklich zu viel getrunken. Wie es wohl Sou ging? Teru wandte den Kopf, als sie die Bewegung hinter ihr wahrnahm. „Guten Morgen.“, sagte sie schüchtern. „Morgen.“, antwortete er mit rauer Stimme und nahm die Hände von seinen Augen, um Teru anzusehen. Sie saß noch immer am Boden und sah ihn mit großen Augen von unten an. Ihm fiel auf, dass ihre Wangen gerötet waren. „H-hast du gut geschlafen?“, fragte sie, um kein unangenehmes Schweigen aufkommen zu lassen. „Ja.“ Er wusste nicht, was er sonst sagen sollte. Er war nicht unbedingt der gesprächige Typ, nicht mal bei seinen Freunden. Wie sollte er mit einer 14-Jährigen reden? Er bemerkte ihr enttäuschtes Gesicht. „Ähm… wie geht’s Sou?“, fragte er. „Er schläft noch.“, antwortete Teru. „Aber er sieht ganz gut aus.“ „Gut.“, erwiderte Kurosaki. Wieder Schweigen. „Möchtest du auch ein paar Cornflakes?“, fragte Teru, während sie aufstand, um sich selbst noch einen Nachschlag zu holen. Kurosaki musterte sie kurz, während er darüber nachdachte. Etwas zu essen würde seinem flauen Magen sicher gut tun. „Ja, danke.“, antwortete er schließlich und Teru verschwand aus dem Wohnzimmer. Er selbst stand auch auf und streckte sich einmal ausgiebig, bevor er die Toilette aufsuchte. Er wusch sich die Hände und nach einem kurzen Grübeln hielt er einfach seinen schmerzenden Kopf unter das kalte Wasser. Als er wieder zurückkam saß Teru auf dem Sofa und aß eine weitere Schüssel ihrer Cornflakes. Für ihn stand auch eine Schüssel auf dem Tisch. Er griff sie sich und setzte sich neben sie. Er bemerkte ihren Blick und schielte kurz zu ihr herüber. Sofort drehte sie ihren Kopf weg und starrte auf den Fernseher. Er musste sich ein Grinsen verkneifen. Die Kleine war wirklich süß. Nachdem er seine Cornflakes aufgegessen hatte, saß er noch eine Weile neben Teru auf dem Sofa und starrte auf den Fernseher. Die Sendung interessierte ihn nicht sonderlich, aber er konnte von ihr nicht verlangen umzuschalten. „Kann ich hier irgendwo eine rauchen?“, fragte er sie schließlich. Er verspürte den dringenden Wunsch nach einer Zigarette. Er hatte seit gestern Abend keine mehr geraucht. „Ähm, ja, auf dem Balkon.“ Sie zeigte auf die große Glastür. „Danke.“ Kurosaki stand auf, zog eine Schachtel Zigaretten und sein Feuerzeug aus der Tasche seiner Jacke, die noch immer über einem Stuhl im Wohnzimmer hing, und trat dann schließlich auf den Balkon. Er zündete sich seine Zigarette an und tat genüsslich seinen ersten Zug. Es war kühl draußen und er trug nur ein dünnes Sweatshirt. Aber als Raucher war er das gewohnt. Nachdenklich blickte er über die Stadt, während seine Zigarette immer kürzer wurde. Er wusste nicht, wie sein Leben weitergehen sollte. Die Anklage wegen Mordes war dank Souichirou fallengelassen worden. Die Sache mit Jack Frost hingegen war nicht so leicht vom Tisch zu bringen. Mithilfe seines Anwalts war die Strafe nicht allzu schlimm ausgefallen. Er musste an einer Schule als Hausmeister arbeiten und dort seine Sozialstunden ableisten. Sein Handy piepte. Er hatte eine neue Mail bekommen. Er klappte es auf und sah auf das Display. Eine Mail von Teru an DAISY. Er schielte zu dem Mädchen, das noch immer auf dem Sofa saß und auf den Fernseher starrte. Er konnte ihr Handy neben ihr legen sehen. Er öffnete die Mail und las. Hallo DAISY, Ich bin‘s, Teru. Mir geht’s gut, aber ich mache mir Sorgen um Sou. Er hat gestern zu viel getrunken und wurde von einem Freund nach Hause getragen. Er schläft noch und sieht auch nicht krank aus. Aber ich mache mir Sorgen, dass es wieder schlimmer wird, wenn er so weiter macht. Kannst Du mit ihm reden? Sein Freund hat heute Nacht bei uns geschlafen. Ich glaube, er war auch betrunken. Sein Name ist Kurosaki, vielleicht kennst Du ihn ja auch. Ich glaube, er mag mich nicht besonders, aber er hat sich um Sou gekümmert, also scheint er ein guter Mensch zu sein. Teru Kurosaki sah mit geweiteten Augen auf das Display. Wieso glaubte sie, dass er sie nicht mochte? Hatte er sich ihr gegenüber so unfreundlich verhalten? Das war sicher nicht seine Absicht gewesen. Er wusste einfach nicht, wie er mit ihr umgehen sollte. Es war einfach komisch. Seit Sou ihm gesagt hatte, dass er wollte, dass er sich etwas um sie kümmerte, während er im Krankenhaus war, und sie deshalb seit ein paar Monaten via E-Mail kommunizierten, hatte er schon das Gefühl, sie etwas zu kennen. Und dennoch war das hier das erste Mal, dass er sie sah. Und sie wusste nicht, dass er DAISY war. Er wollte sich auch nichts anmerken lassen. Er schielte nochmal zu dem Mädchen, um sicherzugehen, dass sie nicht zu ihm rüber sah, bevor er eine Antwort tippte. Guten Morgen Teru, Ich werde mit Sou darüber reden. Das verspreche ich Dir. Wir machen uns alle Sorgen um ihn, glaub mir, aber zerbrich Dir nicht zu sehr den Kopf darüber. Ich werde alles dafür tun, um ihn und dich zu schützen. Ich kenne diesen Kurosaki nicht. Aber ich bin mir sicher, dass er nichts gegen Dich hat. Du bist ein wundervolles Mädchen, mach dir keine Gedanken. Alles Liebe, DAISY Er drückte auf „absenden“ und schielte dann wieder zu Teru, die wenige Augenblicke später hastig nach ihrem Handy griff und seine Nachricht las. Sie schien sich darüber zu freuen und er musste unwillkürlich darüber lächeln. Das war das erste Mal, dass er so direkt mitbekam, wie sie sich über seine Mail freute. Er wusste nicht wieso, aber irgendwie machte auch ihn das glücklich. Nachdem er seine Zigarette fertig geraucht hatte, ging er zurück ins Wohnzimmer. Teru sah auf und lächelte ihn an. Vielleicht sollte er ihr zeigen, dass er wirklich nichts gegen sie hatte. Er erwiderte ihr Lächeln leicht und setzte sich wieder neben sie auf das Sofa. Nervös rutschte Teru auf dem Sofa hin und her. DAISY hatte ihr zwar gesagt, dass sie sich keine Gedanken machen sollte, aber sie wusste immer noch nicht, was Kurosaki wohl von ihr hielt. Er war sehr ruhig und teilweise abweisend. Aber vielleicht war das einfach seine Art? Noch während sie darüber nachdachte, hörte sie Schritten von hinten. „Was ist denn hier los?“, hörte sie die verschlafene Stimme ihres Bruders. Sie drehte sich zu ihm um und strahlte ihn an. Endlich war er aufgewacht. Er rieb sich müde ein Auge, während er mit dem anderen die Szene betrachtete. Seine geliebte kleine Schwester saß auf dem Sofa und neben ihr… Kurosaki? „Sou!“, rief sie erfreut aus. „Guten Morgen.“ „Morgen.“, sagte auch Kurosaki, der sich ebenfalls zu ihm umdrehte und ihn musterte. „Morgen.“, wiederholte Souichirou, während er Kurosaki anstarrte. „Was machst du hier?“ Er konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern, Kurosaki mit nach Hause genommen zu haben. Eigentlich konnte er sich an den Heimweg überhaupt kaum erinnern. „Ich habe dich nach Hause getragen.“, antwortete Kurosaki mit leicht zuckender Augenbraue. Das war Sou neu. Verlegen lachte er auf und schlug seinem Kumpel freundschaftlich auf die Schulter. „Danke.“, sagte er lachend. Als Antwort brummte Kurosaki und stand schließlich vom Sofa auf. Er hatte, was er wollte. Die Sicherheit, dass Sou wohl auf war. „Ich gehe nach Hause.“, verkündete er. „Danke, Teru, dass ich hier schlafen durfte. Und für das Frühstück.“ Sie lächelte ihn mit rosigen Wangen an. „Gern geschehen. Komm uns mal wieder besuchen.“, antwortete sie fröhlich. Er musste schmunzeln. „Mach ich.“, erwiderte er noch, griff nach seine Jacke und betrat schließlich den Flur, wo er in seine Schuhe schlüpfte. Souichirou folgte ihm. „Und was sagst du?“, fragte er verträumt lächelnd. Kurosaki zog eine Augenbraue in die Höhe. „Was meinst du?“, hakte er nach. „Na, Teru. Ist sie nicht einfach süß?“ Er verfiel schon wieder ins Schwärmen. Kurosaki grinste. „Ja, ist sie.“, gab er zu. Sou plusterte die Wangen auf. „Vergiss es. Ich lass dich nicht mit ihr ausgehen.“, verkündete er. Kurosakis Grinsen verging und seine Stirn pochte gefährlich. „Ich will doch auch gar nicht mit ihr ausgehen.“, antwortete er zum gefühlt hundertstem Mal. „Sie ist in der Mittelschule!“ Souichirou lachte. Irgendwie schaffte er es immer wieder, Kurosaki damit aufzuziehen. Wie ein kleiner Junge. Irgendwie hatte er es nicht so mit Frauen. Lag wahrscheinlich an seiner schwierigen Vergangenheit. Er hatte sich vor allem komplett verschlossen. Vermutlich musste erst die Richtige kommen, bevor er sich einer Frau öffnen konnte. Die beiden Freunde verabschiedeten sich voneinander, bevor Souichirou zurück zu Teru ins Wohnzimmer ging, sich neben sie setzte und sie an sich zog und knuddelte. „Hey, Sou!“, wehrte Teru sich. „Was soll denn das?“ „Ich hab dich nur so lieb.“, antwortete er lachend. Kurosaki schlenderte indes durch die Straßen, während er an seiner Zigarette zog und über Souichirou und seine Schwester nachdachte. Er fühlte sich ihnen gegenüber verpflichtet. Souichirou hatte ihm in so vielen Hinsichten das Leben gerettet. Nur durch ihn war er aus dem tiefen Loch entkommen, in welches er nach dem Tod seines Vaters und den Anschuldigungen ihm gegenüber gefallen war. Er war wie ein Bruder für ihn, sein bester Freund. Und es war seine Schuld, dass er beinahe gestorben wäre. Wenn er gewusst hätte, dass er bei dem Versuch ihn zu retten, sein Leben riskierte, hätte er es niemals zugelassen. Die Schuldgefühle fraßen ihn so schon beinahe auf. Was wäre aus Teru geworden? Teru… Als Sou den Wunsch geäußert hatte, dass er sich unter seinem Hackerpseudonym DAISY um seine Schwester kümmern sollte, war er noch davon ausgegangen, dass er sterben würde. Alle waren davon ausgegangen. Kurosaki war beinahe zusammengebrochen, als er davon erfahren hatte. Die Schuld lastete schwer auf seinen Schultern. Er versprach, immer für Teru da zu sein und sie zu beschützen. Mit seinem Leben, wenn es nötig wäre. Aber Souichirou hatte trotz seiner schweren Krankheit überlebt. Lange Zeit hatte es nicht so ausgesehen, doch die schließlich hatte die Chemotherapie doch noch angeschlagen. Nach und nach verbesserte sich sein Zustand, bis er schließlich das Krankenhaus wieder verlassen durfte und nach Hause zurückkehren durfte. In der Zeit, in der Teru alleine gewesen war, hatte sie ihm irgendwann eine E-Mail geschrieben, so wie Souichirou es ihr gesagt hatte. Wenn sie Sorgen hatte oder sich alleine fühlte, konnte sie DAISY schreiben. Und das tat sie. Mittlerweile schrieben sie sich schon seit einigen Monaten E-Mails und Kurosaki hatte angefangen, Das Mädchen ins Herz zu schließen. Sie wirkte so unschuldig und ehrlich. Sie hätte es nicht verdient, ihren Bruder, ihren letzten lebenden Familienangehörigen, zu verlieren. Er hätte sich um sie gekümmert, wie er es Sou versprochen hatte. Aber er war froh, dass es dazu nicht gekommen war. Und jetzt hatte er sie das erste Mal gesehen. Er hatte beinahe eine kleine Herzattacke gehabt, als sie auf einmal im Flur stand und ihn ansprach. Eigentlich hatte er sich leise reinschleichen, Sou auf sein Bett legen, und dann gleich wieder verschwinden wollen. Daraus war nichts geworden. Er hatte sie kennengelernt und sie durch ihre Art gleich noch mehr in sein Herz geschlossen. Er hatte das Bedürfnis, sie vor allem Übel dieser Welt zu beschützen, denn er hatte weiß Gott genug gesehen, um zu wissen, dass diese Welt schlecht war. Gedankenverloren zog er an seiner Zigarette. Trotzdem würde er sie wenn möglich nicht wiedersehen. Es war besser so. Er wollte nicht, dass sie herausfand, dass er DAISY war. Sie wäre sicherlich enttäuscht, dass er nicht so nett und freundlich war wie sie sich DAISY vorstellte. Nein, er würde sie nicht wiedersehen. Aber er würde über sie wachen und sie beschützen, so wie er es einst seinem besten Freund versprochen hatte. Kapitel 2: Finally a Highschool student! ---------------------------------------- „Mein lieber DAISY, Morgen ist mein erster Tag an der Oberschule. Ich bin schon sehr aufgeregt, aber ich habe auch ein bisschen Angst. Was, wenn die anderen mich nicht mögen? Ich wünschte, Sou wäre hier, um mich aufzumuntern. Aber er liegt immer noch im Krankenhaus. Ich mache mir Sorgen um ihn. DAISY… Glaubst du, ich kann das auch alleine durchstehen? Deine Teru.“ Kurosaki saß auf der Couch in seiner Wohnung und starrte gedankenverloren auf den Fernseher, ohne wirklich wahrzunehmen, was sich dort abspielte. Er hatte heute Sou im Krankenhaus besucht. Als er angekommen war, hatte er Stimmen in seinem Zimmer gehört. Er hatte sofort gewusst, dass es Teru war, die dort bei ihm war und mit ihm redete. Schnell hatte er sich wieder zurückgezogen und gewartet, bis sie gegangen war. Ohne dass sie ihn gesehen hatte und ohne dass er sie gesehen hatte. Er hatte von seinem Plan, sie nicht wiederzusehen, nicht abweichen wollen. Doch würde es von nun an unmöglich sein, sie nicht zu sehen. Er wusste nicht, ob das gut war oder nicht. Einerseits hatte er immer noch Angst davor, ihr als Kurosaki Tasuku nahe zu kommen, war die Gefahr doch viel zu groß, dass sie herausfand, dass er DAISY war. Andererseits lag Sou nun wieder seit einigen Wochen im Krankenhaus, da sich der Tumor in seinem Magen wieder ausgebreitet hatte. Umso mehr lag es nun bei ihm, sich um Teru zu kümmern und sie zu beschützen. Sein Handy ertönte und er zog zog aus der Tasche und warf einen Blick drauf. Eine neue Nachricht von Teru. Wie immer las er die Nachricht sorgfältig und antwortete zügig. Er musste schließlich für sie da sein. Obwohl es einst nur ein Versprechen an seinen besten Freund gewesen war, so war es ihm trotzdem längst ein eigenes Bedürfnis geworden, für sie da zu sein und sie zu beschützen. „Teru, Ich kann es kaum glauben, dass du morgen schon in die Oberschule gehen wirst. Mach dir keine Sorgen deshalb. Du bist ein wunderbarer Mensch und es gibt keinen Grund, warum dich deine neuen Mitschüler nicht mögen sollten. Außerdem werden ja auch einige deiner alten Freunde dort sein, nicht wahr? Glaub nicht, dass du alleine bist. Auch wenn Sou im Krankenhaus ist, ist er in Gedanken immer bei dir. Er liebt dich mehr als alles andere auf der Welt. Und Teru… Auch ich werde immer für dich da sein. Auch wenn du mich nicht sehen kannst, werde ich immer über dich wachen. Schlaf jetzt und mach dir keine Sorgen. Ich wünsche dir für morgen einen wundervollen ersten Schultag. In Liebe, DAISY“ Er drückte auf ‚senden‘. Einen kurzen Augenblick noch blickte er auf sein Display, bevor er das Handy wieder einsteckte und sich zurücklehnte. Er lächelte, während er an seiner Zigarette zog. Ja… morgen würde sie auf die Oberschule gehen. Ab morgen würde sie jeden Tag in seiner Nähe sein. Teru lag in ihrem Bett und obwohl sie versuchen wollte zu schlafen, lag sie mit geöffneten Augen auf der Seite und starrte auf ihr Handy. Endlich ertönte das Signal, dass sie eine neue Mail bekommen hatte. Hastig klappte sie ihr Handy auf und las die Nachricht von DAISY. Unwillkürlich musste sie lächeln. DAISY fand immer die richtigen Worte, um sie aufzumuntern. Ihr geliebter DAISY. Er hatte Recht. Sie war gar nicht alleine. Wenn sie irgendein Problem hatte, konnte sie immer zu Sou gehen oder DAISY schreiben. Sie hatte gleich zwei Personen, die ihr unendlich wichtig waren, und denen sie hundertprozentig vertraute. Für Sou versuchte sie, stark zu sein. Sie wollte ihn nicht noch mehr belasten. Und DAISY war ihr dabei eine große Hilfe. Nur dank ihm konnte sie stark sein. Für Sou! Mit einem Lächeln auf den Lippen und einem deutlich besseren Gefühl im Magen konnte sie schließlich doch noch einschlafen. „Teru!“ Sie hörte ihren Namen, als sie gerade durch das große Schultor getreten war, und drehte sich um. „Guten Morgen, Kiyoshi!“, rief sie und winkte ihrem alten Freund zu, der eiligen Schrittes auf sie zulief. Atemlos kam er schließlich bei ihr an. „Und? Bist du schon nervös?“, fragte er. „Ein bisschen.“, lachte Teru. „Und du?“ „Ja… ich auch.“, erwiderte Kiyoshi und stimmte in ihr Lachen ein. „Aus dem Weg!“ Teru merkte, wie sie angerempelt wurde und sie das Gleichgewicht verlor. Sie schwankte ein wenig und ruderte unbeholfen mit den Armen, bevor sie ein Paar Hände auf ihrer Schulter spürte, die ihr Gleichgewicht zurückbrachten. Verwundert drehte sie sich um und erblickte ein Mädchen mit hellem Haar und einem hübschen Gesicht. Sie war etwas größer als sie und lächelte sie freundlich an. „D-danke.“, sagte Teru. „Gern geschehen.“, sagte das Mädchen gut gelaunt. „Mein Name ist Sawaguchi Haruka. Schön dich kennenzulernen.“ „Ich bin Kurebayashi Teru.“, stellte sich auch Teru vor. „Oh und das ist Hasegawa Kiyoshi.“ Sie zeigte auf Kiyoshi, der immer noch neben ihr stand und perplex dem Mädchen hinterher sah, welches soeben Teru angerempelt hat. „Äh hallo.“, begrüßte nun auch Kiyoshi das Mädchen. Haruka lächelte. „Seid ihr auch im ersten Jahr?“, fragte sie nun. „Ja, du auch?“, fragte Teru zurück und hoffte unbewusst auf eine positive Antwort. „Ja, ich auch“, antwortete Haruka noch immer lächelnd. Sie warf einen Blick auf die Uhr. „Oh, Mist. Die Einführungszeremonie beginnt gleich. Wir sollten uns ein bisschen beeilen.“ Auch Teru und Kiyoshi stellten nun erschrocken fest, wie spät es schon war. Gemeinsam mit Haruka machten sie sich auf den Weg in das Gebäude, um nicht gleich am ersten Tag zu spät zu sein. Kurosaki lehnte an der Wand um die Ecke und zog an seiner Zigarette, während er das Mädchen nicht einen Moment aus den Augen gelassen hatte. Er grinste. Zwei Jahre lang hatte er sie nicht mehr gesehen. Seit dem Tag, an dem er Souichirou betrunken nach Hause gebracht hatte. Und nun war sie hier und würde jeden Tag in seiner Nähe sein. Erleichtert ließ Teru sich auf ihrem neuen Platz sinken. Sie hatte Glück gehabt. Sie war in eine Klasse mit Kiyoshi gekommen und auch diese Haruka war hier. Sie hatte feststellen müssen, dass das Mädchen, welches sie angerempelt hatte, ebenfalls im ersten Jahr war. Ihr Name war Ichinose Rena. Glücklicherweise ging sie aber in eine andere Klasse. Ja, eigentlich konnte sie ganz zufrieden sein. Sie hatte gleich am ersten Tag eine neue Freundin finden können, und das bevor die Schule richtig begonnen hatte. Sie blickte sich in ihrem neuen Klassenzimmer um und betrachtete die Gesichter ihrer Mitschüler, während sie dem Lehrer zuhörte, der zu Beginn einige einführende Worte an sie richtete. Ihr Blick schweifte umher und schließlich sah sie aus dem Fenster. Sie konnte den Hinterhof der Schule erkennen. Bäume standen dort und es gab auch mehrere Beete. Ein Mann in Hausmeisteruniform war gerade dabei einige kaputte Pflastersteine auszutauschen. Sie sah, wie er seine Mütze kurz abnahm, um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen. Ein hellblonder Haarschopf kam zum Vorschein. An irgendwen erinnerte sie das, aber sie wusste nicht genau, an wen. Das Gesicht des Mannes konnte sie nicht erkennen. Sie konnte den Blick kaum noch von ihm abwenden, zu sehr dachte sie darüber nach, wo sie einen solch blonden Haarschopf schon einmal gesehen hatte. Viele Menschen mit blonden Haaren gab es in Japan nicht. Meistens waren sie Ausländer oder sie gehörten irgendwelchen ihr zwielichtig erscheinenden Gruppierungen an oder folgten irgendwelchen Trends, die sie nicht verstand. Sie konnte sowieso nicht verstehen, wieso man sich die Haare blond färben sollte. Es zog so viel Aufmerksamkeit auf sich und nicht von der guten Art! Der Mann richtete sich nun auf und streckte sich einmal. Er kramte etwas in seiner Tasche und zog dann etwas daraus hervor, was Teru kurze Zeit später als Zigarettenschachtel erkannte. Er nahm sich eine Zigarette aus der Schachtel und zündete sie sich an. Gemächlich setzte er sich auf den gepflasterten Rand eines Beetes und zog an seiner Zigarette. Sein Gesicht blieb ihr wegen der Schirmmütze jedoch weiterhin verborgen. Aufgrund seiner Statur, seiner Bewegungen und seines blonden Haares schätzte Teru, dass es sich um einen noch recht jungen Mann handeln musste. Komisch. Sie dachte immer, dass Hausmeister immer alt waren. Während sie so darüber nachdachte und den Mann in Hausmeisteruniform weiter beobachtete, blickte der auf einmal auf. Ertappt riss sie die Augen auf und wurde rot. Schnell sah sie nach vorne. Zwar hatte sie das Gesicht auf die Entfernung immer noch nicht so recht erkennen können, doch war sie sich sicher gewesen, dass seine Augen sie angefunkelt hatten und ein breites Grinsen sein Gesicht geziert hatte. Irgendwie unheimlich. Für den Rest des Vormittages wagte sie es nicht mehr, ihren Blick nach draußen zu wenden. Wer auch immer dieser Hausmeister war, er war ihr unheimlich! Sie beschloss, dass es besser war, ihm nicht in die Quere zu kommen. Kapitel 3: Sadistic school janitor ---------------------------------- Oh nein, oh nein, oh nein! Das war eine Katastrophe! Obwohl sie immer wieder schikaniert worden war, hatte sie es in dem Jahr, in dem sie schon auf der Oberschule war, geschafft, keinerlei negative Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Sie war jeglichen Problemen immer aus dem Weg gegangen und hatte noch nie Ärger bekommen, weder von einem Lehrer noch von einer anderen erwachsenen Autoritätsperson. Bis jetzt. Da würde sie sicherlich nicht mehr rauskommen. Wie so oft war sie mal wieder von Rena Ichinose und dem Schülerrat gehänselt worden. Und das nur weil ihr Freund Kiyoshi ohne deren Erlaubnis die Bibliothek benutzt hatte. Sie konnte diesen Schülerrat einfach nicht leiden. Aus einer Kurzschlussreaktion heraus, hatte sie sich den Gartenschlauch geschnappt und die Schülerratspräsidentin nassgespritzt. Einer ihrer Lakaien hatte sie daraufhin attackieren wollen, doch ein paar Tennisbälle hatten sie davor gerettet. Kaum zu glauben, dass ausgerechnet einer von ihnen nun für ihr Unglück verantwortlich war. Wie hatte sie nur ausversehen eine Fensterscheibe damit einschlagen können? Er würde kommen. Er würde kommen und sie holen. Dieser unheimliche Hausmeistertyp. Seit sie ihn vor einem Jahr an ihrem ersten Tag beobachtet hatte, war sie ihm immer aus dem Weg gegangen. Sie hatte ihn noch ein paar Mal gesehen, aber sie hatte sich immer schnell aus dem Staub gemacht, wenn er in der Nähe war. Er war ihr immer noch unheimlich. Kiyoshi hatte sie dazu gedrängt, schnell vom Tatort zu flüchten und keiner Menschenseele davon zu erzählen, nicht einmal ihren Freunden. Dass irgendetwas passiert war, war ihnen keineswegs entgangen, aber sie schoben es darauf, dass Teru und Kiyoshi mal wieder vom Schülerrat schikaniert worden waren.   Das Ganze war schon einen Tag her. Jetzt würde doch wahrscheinlich nichts mehr kommen, oder? Teru versuchte so, sich selbst zu beruhigen. Sie öffnete die Tür zu ihrem Klassenzimmer, welches sie gemeinsam mit Haruka betreten wollte. Ihr Herz setzte beinahe aus, als sie die Person sah, die dort saß. Auf dem Tisch sitzend, mit einem Fuß auf der Stuhllehne des dazugehörigen Stuhls und dem anderen auf der Tischplatte, sich mit beiden Händen auf seinen Besen stützend und der Mütze tief ins Gesicht gezogen, starrte der miesgelaunte Hausmeister in die Runde. Kiyoshi sah aus, als würde er gleich in Ohnmacht fallen und genau so fühlte sich auch Teru. „Gestern hat jemand im Hinterhof ein Fenster kaputt gemacht. Wer war das?“, fragte er mit tiefer Stimme, die allen einen Schauer über den Rücken jagte. Teru musste ein ängstliches Quieken unterdrücken. Die Klasse schwieg. „Ich weiß, es war jemand von euch! Also, raus mit der Sprache! Wenn sich derjenige nicht meldet, muss ich den Mist nämlich bezahlen, verdammt noch mal!!“ Um diese Worte zu unterstreichen trat der zornige Hausmeister den Stuhl, auf dessen Lehne sein Fuß noch soeben geruht hatte, von sich. „Teru, Kiyoshi hat mir alles erzählt. Ist schon okay. Stell dich einfach dumm.“ Ihr Freund Yoshi legte eine Hand auf ihre Schulter, um sie so zu unterstützen. Nein… Wenn sie nichts sagte, würde dieser verrückte Hausmeister wohlmöglich noch Amok laufen und alle in dieser Klasse umbringen. Oh Gott, jetzt packte er sogar Kiyoshi beim Kragen und stellte Vermutungen an, dass er es war. So blass und so stark zitternd hatte sie ihn noch nie gesehen. Langsam hob sie ihre Hand. „T…tut mir leid… Ich war das.“, sagte sie leise aber bestimmt. Ihre Freunde schauten sie fassungslos an. Wie konnte sie ihr Leben nur so aufs Spiel setzen? Auch der Blick des Hausmeisters richtete sich auf sie, auch wenn sein Gesicht wie immer größtenteils durch seine Mütze verborgen wurde. Unruhig versuchten die anderen immer noch, sie aufzuhalten. Schnell versicherte sie ihnen, dass es okay war. Immerhin war es ihre Schuld. Sie trat vor den grimmigen Hausmeister und warf sich plötzlich vor ihm auf den Boden. „Mein Name ist Kurebayashi Teru und ich entschuldige mich hiermit förmlich dafür, das Fenster kaputt gemacht zu haben! Leider bin ich zu arm, um für den Schaden aufkommen zu können! Es tut mir wirklich leid!“ Der Mann musterte sie ruhig, bevor er sprach. „… Wow, du bist vielleicht ehrlich. Und Geld hast du auch keins? Du armes Ding. Dann kann man da wohl nichts machen...“ Erleichterung machte sich in Teru breit. Vielleicht war er ja doch nicht so schlimm. Doch plötzlich schob er seine Mütze ein wenig nach oben und grinste sie breit und mit einem irren Blick an. „… Ha! Von wegen! Das hättest du wohl gerne von mir gehört, was? Aber das Leben ist nun mal kein Ponyhof! So einfach kommst du mir nicht davon, du DUMMBATZ!“ Ihr Herz blieb stehen, doch im gleichen Augenblick realisierte sie noch etwas ganz anderes. „Kurosaki-san?“, fragte sie, ihren Blick fest auf die funkelnden Augen des Mannes gerichtet. Der jedoch zeigte keine Regung. „Da kann man nichts machen.“, sagte er, packte Teru und warf sie sich über die Schulter. „Dann musst du eben mit deinem Körper bezahlen.“ Teru japste nach Luft und streckte die Hände nach ihren Freunden aus. „Meine Freunde! Meine Zeit mag gekommen sein, aber ich bedaure nichts! Auch wenn ich jetzt abtreten muss, mein Herz blieb pur und rein bis zuletzt! Erzählt euren Kindern von mir… und euren Kindeskindern! Mein Vermächtnis soll weiterleben!“ Fassungslos und ohne eine Regung sahen die anderen dabei zu, wie der Hausmeister ihre Mitschülerin mit sich nahm.   Nach einem kurzen Marsch durch die Schule, setzte er sie ab. Sie befanden sich beim Hausmeisterschuppen, wie sie feststellte. OH GOTT!! HIER sollte sie nun also mit ihrem Körper bezahlen? Er schloss die Tür auf und verschwand darin. Musste sie ihm jetzt folgen? Oder vielleicht sollte sie schnell weglaufen? Das war DIE Chance! Wenn sie einem Lehrer davon erzählte, dann MUSSTE er doch etwas dagegen tun. ODER? Doch bevor sie den Gedanken zu Ende gedacht hatte, spürte sie, wie ihr etwas auf den Kopf gesetzt wurde. „Hä?“, fragte sie, während sie mit einer Hand die Hausmeistermütze ertastete. In die andere Hand wurde ihr währenddessen ein Reisigbesen gedrückt. Sie begriff gar nicht mehr, was los war. „Feg den Hof.“, verlangte der Mann. Teru sah auf und bekam schon wieder einen Schreck. Durch die Angst, die sie eben erfasst hatte, hatte sie schon wieder ganz vergessen, dass sie ja eben schon Kurosaki erkannt hatte. „Kurosaki-san??“, wiederholte sie erneut. Er sah sie mit einer hochgezogenen Augenbraue an. „Was?“, knurrte er. „Erinnerst du dich nicht an mich?“, fragte sie misstrauisch. Er musterte sie, bevor er mit den Schultern zuckte. Sie plusterte die Wangen auf! Das konnte doch nicht sein, dass er sie einfach so vergaß. „Ich bin Kurebayashi Teru!“, sagte sie, obwohl sie genau wusste, dass sie ihren Namen bereits genannt hatte. „Nie gehört.“, entgegnete er kurz angebunden. „Die Schwester von Souichirou!“, schrie sie nun fast. Erneut musterte er sie abschätzig, bevor er sich zu ihr herunterbeugte und sein Gesicht nur noch wenige Zentimeter von ihrem entfernt war. Ihr Herz setzte beinahe aus und nicht ein Funken des Mutes, den sie eben noch besessen hatte, war übrig geblieben. „Es ist mir egal, wer du bist.“, sagte er schließlich. „Du hast das Fenster kaputt gemacht und dafür musst du nun bezahlen. Also… Feg. Den. Hof.“ Teru bekam eine Gänsehaut bei seinen Worten, gehorchte nun aber lieber sofort. Schnell entfernte sie sich von ihm und begann, wie er gesagt hatte, den Hof zu fegen.   Mit einem Grinsen setzte Kurosaki sich auf den Boden und zündete sich eine Zigarette an, an welcher er genüsslich zog, während er Teru dabei beobachtete, wie sie den Boden fegte. Vielleicht hätte er nicht so gemein zu ihr sein sollen. Aber es galt, um jeden Preis zu verhindern, dass sie herausfand, dass er DAISY war. Und was noch wichtiger war: Er musste sie beschützen, komme was wolle.   Rückblick   Wie verabredet, hatte er sich zusammen mit Souichirou, Riko und Andou bei Master im Lokal getroffen. Die Sache war ernst, das hatte Sou ihnen schon am Telefon klar gemacht. Er fragte sich, was wohl passiert sein könnte. Sou war seit einigen Monaten wieder aus dem Krankenhaus raus und arbeitete hin und wieder für ihre alte Firma. Jedoch nicht fest, das machte seine Gesundheit nicht mit. „Danke, dass ihr alle gekommen seid.“, sagte Sou ernst, als er das Gespräch eröffnete. Alle nickten. „Was ist passiert, Sou?“, fragte Riko ruhig und legte ihn eine Hand auf den Arm. Der junge Mann sah erschöpft aus. Er war blass und hatte dunkle Ringe unter den Augen. Kurosaki war dankbar dafür, dass wenigstens Sous Haar wieder einmal nachwuchs. Er sah so zerbrechlich aus, wenn er durch die Chemo kahl war. „Es geht um das Vermächtnis von M.“ Alle hielten die Luft an. In der Tat, alles, was mit dem Vermächtnis von M zusammenhing, konnte nur etwas Ernstes sein. „Wie ihr wisst, habe ich damals all meine Zeit und Energie darein gesteckt, um Professor Midorikawas Daten wiederherzustellen, die von dem Code Virus Jack o’Frost in reines Codematerial umgewandelt worden waren.“ Allgemeines Nicken. Kurosaki hatte einen Kloß im Magen. Es war seine Schuld. Wie immer war alles nur seine Schuld. „Es scheint, als seien Teile des ursprünglichen Datensatzes abhandengekommen.“, erläuterte Souichirou weiter, während er ein Stück Papier aus seiner Tasche zog, welches er auf dem Tisch ausbreitete. Ohne aufgefordert zu werden, lasen alle die Nachricht, die dort geschrieben stand. Kurosakis Augen weiteten sich, sein Herz setzte einen Schlag aus. Es war wie ein Schlag in den Magen. Warum? Warum konnte das alles nicht endlich vorbei sein? „Wieso glauben sie, dass DU etwas damit zu tun hast?“, fragte Riko erschrocken. Sou sah sie ruhig an. „Ich kann nur vermuten, dass es damit zusammenhängt, dass ich damals die Decodierung vorgenommen habe.“ „Aber das ist doch Wahnsinn!“, rief Riko verzweifelt aus. Souichirou legte seine Hand auf ihre. „Ich hoffe, dass ihr mir glaubt, wenn ich sage, dass ich damit nichts zu tun habe.“, fuhr er fort, noch immer mit demselben ruhigen Ton. „Natürlich!“, bestätigte Master sofort und auch die anderen stimmten ihm sofort zu. Es war einfach unmöglich, dass Sou so etwas tun würde. Er nickte. „Danke.“, sagte er schlicht. „Hast du eine Ahnung, von wem dieser Brief kommt?“, fragte Andou nun. „Oder wer tatsächlich etwas mit dem Verlust der Daten zu tun haben könnte?“ Sou schüttelte den Kopf. „Leider nein. Bis jetzt.“, antwortete er. „Ich glaube nicht, dass es die Firma war, ehrlich gesagt. Vielleicht war er der gleiche, der auch den Professor umgebracht hat und Jack o’Frost in Midorikawas Computer eingespeist hat. Aber da wir bis heute nicht wissen, wer das war, hilft es uns nicht viel weiter.“ Betroffenes Schweigen breitete sich aus. „Ich habe eine Bitte an euch.“, fuhr Sou schließlich fort. Die Aufmerksamkeit aller war erneut auf ihn gerichtet. „In diesem Brief wird klargemacht, dass sie, wer auch immer sie sind, ALLES dafür tun werden, um die fehlenden Daten zu finden. Und sie gehen davon aus, dass ICH etwas damit zu tun habe. Ich werde daran arbeiten, mehr darüber herauszufinden, so viel steht fest. Ich bitte euch nicht um eure Unterstützung dabei. Aber ich habe Angst, dass sie meiner Schwester etwas tun.“ Es durchfuhr Kurosaki eiskalt. Daran hatte er noch gar nicht gedacht. Nicht nur Sou, auch Teru war in Gefahr! Sous Blick richtete sich nun auf Andou. „Andou, ich bitte dich, als Vorstand an Terus Schule aufmerksam zu sein.“  Der Angesprochene nickte. Sous Blick wanderte zu Riko. „Riko,…“ Er drückte ihre Hand. „Ich möchte dich darum bitten, als Vertrauenslehrerin an Terus Schule anzufangen. Ich weiß, das ist vielleicht viel verlangt. Aber ich bin mir sicher, dass sie früher oder später da mit hineingezogen wird.“ „Natürlich mache ich das.“, willigte sie ein und drückte auch seine Hand. Teru war wie eine Schwester für sie geworden, nachdem Sou sie ihr endlich vorgestellt hatte. Als letztes sah Sou auf Kurosaki. „Kurosaki… Ich weiß, dass du schon seit längerem ein Auge auf Teru hast, wenn sie in der Schule ist, und dafür bin ich dir dankbar. Besonders in der Zeit, in der ich im Krankenhaus war… Bitte… mach irgendwas, damit sie öfter in deiner Nähe ist. Du musst ihr nahe sein, um sie wirklich beschützen zu können. Bitte.“ Kurosaki nickte. „Ich werde alles tun, um sie zu beschützen.“ Entschlossen sah er seinen besten Freund an. Er war es ihm schuldig. Er würde sein Leben geben, um Teru zu beschützen, so viel stand fest. Nie würde er es zulassen, dass diesem Mädchen etwas passieren würde. Sou senkte den Blick und seufzte erleichtert. Als er ihn wieder hob, lachte er. „Danke. Wirklich. Teru ist viel zu süß, als dass ihr etwas passieren dürfte!“ Auch auf den Gesichtern der anderen erschien nun ein Lächeln. Es kam selten vor, dass Sou so ernst war. Und es tat gut, ihn nun wieder so zu sehen, wie er immer war.   Rückblick Ende   Er hatte die letzte Zeit damit verbracht, einige Zigaretten zu rauchen und an seinem Laptop Poker zu spielen, während Teru seine Arbeit erledigte. Er tätigte einen letzten Zug an seiner mittlerweile sehr kurzen Zigarette und drückte sie dann aus. „Hey Sklave!“, rief er und Teru drehte sich tatsächlich um. Er musste grinsen. „Genug für heute.“ Sie kam zu ihm rüber und nahm die Mütze ab. Sie hatte leicht geschwitzt. „Ich kann gehen?“, fragte sie. „Ja.“, bestätigte er. Sie sah erleichtert aus. „Aber nicht, dass wir uns falsch verstehen: Die Arbeit geht morgen weiter. Und am Tag darauf und am Tag darauf, immer weiter, bis ich sage, dass es genug ist.“ Er grinste. Während sie ihn entsetzt anstarrte, richtete er sich auf, nahm ihr die Mütze und den Besen ab und brachte sie in den Hausmeisterschuppen. „Wie lange willst du noch da herumstehen?“, fragte er, als sie sich immer noch keinen Zentimeter bewegt hatte, nachdem er die Sachen weggebracht hatte. „Dann bis morgen.“, sagte sie nur und drehte sich um. Er konnte es kaum mit ansehen, wie sie mit hängenden Schultern davon schritt. Er biss sich kurz auf die Lippe. „Teru.“, rief er dann. Sie drehte sich um. „Schön dich wiederzusehen.“, sagte er und schenkte ihr ein Lächeln. Sie brauchte kurz, um auf das Gesagte zu reagieren, doch dann erwiderte sie das Lächeln und ging ohne noch etwas zu sagen weiter. Kapitel 4: First day after school --------------------------------- „Sooouuu!“ Teru schloss die Wohnungstür hinter sich, ließ ihre Schultasche auf den Boden fallen und zog sich die Schuhe aus. „Sou!“, rief sie erneut und erhielt ein zweites Mal keine Antwort. Wo war er nur? Sie schob die Unterlippe nach vorne und ging zu seiner Schlafzimmertür, die sie ohne zu Klopfen öffnete. Das Zimmer war leer. Sie schloss die Tür wieder und schaute im Wohnzimmer und in der Küche nach ihm. Nichts.  Auch das Badezimmer war offensichtlich leer. War er etwa nicht zu Hause? Sie konnte sich nicht daran erinnern, dass er noch hatte weggehen wollen, und normalerweise sagte er ihr immer Bescheid. Seufzend ging sie zurück in den Flur und schnappte sich ihre Tasche. Dabei fiel ihr Blick auf Sous Schuhe. Merkwürdig. Seine Schuhe waren da, aber er war nirgends aufzufinden. Besorgt ging sie in ihr Zimmer, in welchem sie ihre Tasche abstellen wollte, bevor sie anfangen wollte, das Essen vorzubereiten. In ihrem Zimmer angekommen, stellte sie die Tasche neben ihren Schreibtisch. Sie zögerte kurz. Sollte sie jetzt direkt Essen machen? Wer weiß, wann Sou wieder auftauchen würde. Und außerdem war sie hundemüde. Die Arbeit des Hausmeisters hatte sie ganz schön fertig gemacht. Ihre Arme taten weh und sie bemerkte die leicht geröteten Stellen zwischen Daumen und Zeigefingern, die sich beim Fegen gebildet hatten. Seufzend ließ sie sich auf ihrem Bett nieder und ließ sich erschöpft nach hinten fallen. Ein spitzer Schrei entfuhr ihr, als sie den Widerstand unter ihrer Bettdecke bemerkte und sich irgendetwas – oder vielmehr irgendjemand – darunter bewegte. Sie sprang auf und riss die Decke weg. „Sou!“, rief sie aus und starrte ihren verschlafenen Bruder fassungslos an. Dieser rieb sich die Augen und sah sie verwirrt an. „Morgen.“, murmelte er. „Morgen???“, fragte Teru aufgebracht nach. „Was glaubst du eigentlich, wie spät es gerade ist??“ Das gab es ja wohl nicht! Da schlief ihr Bruder einfach seelenruhig in ihrem Bett. Sou grinste schief. „Keine Ahnung… 8 Uhr morgens?“, vermutete er. Teru klappte der Mund auf. „Es ist 5 Uhr nachmittags!!“, erklärte sie ihm etwas lauter als nötig. „Oh!“, war Souichirous vergnügte Antwort. „Knapp daneben.“ Er streckte sich einmal ausgiebig und gähnte herzhaft, bevor er die Beine aus Terus Bett schwang und schließlich aufstand. „Man, hab ich gut geschlafen.“, stellte er fest. Teru blieb die Sprache weg. Sie wusste nicht, was sie dazu sagen sollte. „Warum hast du in meinem Bett geschlafen?“, brachte sie schließlich skeptisch über die Lippen, während sie Sou folgte, der die Küche ansteuerte. Er drehte sich breit grinsend zu ihr um. „Weiß nicht. Es roch so gut.“, erklärte er. „Es roch so gut?“, fragte Teru verwirrt. „Ja!“, bestätigte Souichirou und nickte bekräftigend. „Nach dir. Weißt du… mein Bett riecht… naja nach mir. Und deinen Geruch mag ich viel lieber.“ Teru betrachtete ihn skeptisch. Ihr Bruder hatte manchmal echt eine Schraube locker. Aber sie liebte ihn. Schließlich grinste sie. „Du solltest halt öfter duschen gehen.“, sagte sie frech. Souichirou lachte. „Da hast du wahrscheinlich sogar Recht.“, stimmte er zu und wuschelte seiner geliebten kleinen Schwester durch die Haare.   Er setzte seinen Weg in die Küche fort und Teru folgte ihm. Er öffnete den Kühlschrank und verschwand beinahe darin. „Gab’s was Besonderes in der Schule?“, fragte er, nicht ohne Hintergedanken. „Ja.“, bestätigte Teru auch sofort seine Vermutung. Sie räusperte sich kurz. „Ähm… ich habe ausversehen eine Fensterscheibe kaputt gemacht.“, gab sie zu. „Und jetzt muss ich für den Hausmeister arbeiten, weil ich mir die Reparatur nicht leisten kann.“ Souichirou lachte. Für Teru war es ein Lachen über ihre Situation. Für Sou war es jedoch eher ein Lachen über Kurosakis Art sich um Teru zu kümmern, worum er ihn ja schließlich gebeten hatte. Es war ja klar gewesen, dass er nicht einfach zu ihr hingehen würde, um sich mit ihr anzufreunden. Das war absolut nicht Kurosaki Tasukus Art. Nein, er würde niemandem einfach so seine weiche, liebe Seite zeigen. Naja, sollte er es machen, wie er es wollte. Solang Teru in Sicherheit war – und das war sie bei Kurosaki, da war er sich sicher – war es ihm Recht. „Das ist nicht lustig!“, schimpfte Teru. „Entschuldigung.“, sagte Sou und unterdrückte sein Lachen, während er weiter den Kühlschrank durchforstete. Teru schwieg. „Und?“, fragte Sou schließlich. „Was ist der Hausmeister so für ein Typ?“ „Ich denke, das weißt du.“, antwortete Teru trotzig und verschränkte die Arme vor der Brust. Sou beugte sich kurz nach hinten, sodass er nicht mehr von der Kühlschranktür verdeckt wurde, und sah seine Schwester mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Was meinst du?“, fragte er und musste sich anstrengen, nicht gleich laut loszulachen, ganz besonders bei Terus genervtem Gesichtsausdruck. „Ich denke, du weißt genau, ‘was der Hausmeister so für ein Typ ist‘.“, erwiderte sie. Sou beugte sich wieder  nach vorne, weil er das Zucken seiner Mundwinkel nicht länger unterdrücken konnte. „Nein, keine Ahnung.“, log er. Teru seufzte genervt. „Kurosaki-san ist der Hausmeister.“, erklärte sie schließlich, obwohl sie ziemlich sicher war, dass Sou das längst wusste. „Ach was. Tasuku?“, fragte er gespielt überrascht nach. „Ja.“, bestätigte Teru. „Wie geht’s ihm denn so?“ Sou kramte noch immer Kühlschrank. „Gut.“, antwortete sie knapp. „Hab lange nichts von ihm gehört.“, behauptete er nun. Teru fragte sich, ob das vielleicht sogar stimmte. Immerhin hatte sie ihn tatsächlich seit diesem einen Tag nicht wieder gesehen und Sou hatte auch nie über ihn geredet. Vielleicht hatten sie sich aus den Augen verloren? Während sie darüber nachdachte, kramte er weiterhin im Kühlschrank, bevor er die Tür schließlich schloss, die Arme vor der Brust verschränkte und die Augen kurz schloss. „Was ist los?“, fragte Teru. Es dauerte einige Sekunden, bevor Sou darauf reagierte. Plötzlich schob er die Unterlippe nach vorne und sah sie mit großen Augen an. „Machst du mir was zu essen?“, fragte er in einem beinahe schon mitleiderregendem Ton. Überrascht sah Teru ihn an und blinzelte ein paarmal, bevor sie zu lachen anfing.     Mein lieber DAISY, Heute ist etwas Merkwürdiges passiert. Ich habe den Hausmeister unserer Schule kennengelernt und arbeite jetzt in meiner Freizeit mit ihm zusammen. Es gibt viele schöne Blumen in den Beeten hinter der Schule und ich liebe Blumen. Sogar meine Lieblingsblumen wachsen dort: Blue Daisys. Und weißt du was? Es hat sich herausgestellt, dass der Hausmeister Sous alter Bekannter Kurosaki ist. Erinnerst du dich an ihn? Ich habe dir vor einiger Zeit mal von ihm erzählt. Ich bin mir nicht sicher, ob er sich an mich erinnert, aber ich glaube, er mag mich immer noch nicht sonderlich. DAISY, was kann ich machen, dass er mich mag? In Liebe, Teru   Sie las die Mail noch einmal durch, bevor sie schließlich auf Senden klickte und sie dem virtuellen Briefumschlag dabei zusah, wie er den Bildschirm verließ. Sie hatte zusammen mit Sou gegessen, ihre Hausaufgaben gemacht und dann noch etwas ferngesehen. Jetzt lag sie in ihrem Pyjama auf ihrem Bett und zerbrach sich den Kopf über diesen merkwürdigen Tag. Und diesen merkwürdigen Hausmeister. Erinnerte er sich an sie? Tat er es nicht? Oder tat er nur so, als würde er sich nicht erinnern? Sie fand keine Antwort auf ihre Fragen. Von nun an würde sie jeden Tag mit ihm arbeiten müssen – oder eher für ihn. Sie seufzte. Sie war sich nicht sicher, was die Zukunft für sie bringen würde, wenn sie von nun an als Hausmeistergehilfin – oder eher –sklavin – arbeiten müsste. Sie hatte ein flaues Gefühl im Magen.     Kurosaki saß auf dem Sofa, hatte die Füße hochgelegt und zog an seiner Zigarette. Der Fernseher lief, doch er schenkte ihm gar keine Aufmerksamkeit. Seine Gedanken drehten sich einzig und allein um das Mädchen, dem er sein Leben widmen wollte. Sie war so süß gewesen, wie sie ihm ängstlich gestanden hatte, dass sie die Fensterscheibe zerbrochen hatte, wie sie geschmollt hatte, als sie den Hof hatte fegen müssen, wie sie versucht hatte, von ihm bestätigt zu bekommen, dass er Kurosaki war, und ganz besonders, wie sie gelächelt hatte, als er gesagt hatte, es sei schön, sie wiederzusehen. Unwillkürlich breitete sich auch auf seinem Gesicht ein Lächeln aus. Von nun an würde er sie jeden Tag sehen. Von nun an konnte er auf mehr als nur eine Weise für sie da sein. Emotional als DAISY und physisch als Kurosaki. Und wer weiß… irgendwann konnte er ihr vielleicht die Wahrheit über seine Identität erzählen. Und bis es so weit war, würde er alles dafür tun, damit es ihr gut ging. Das Piepen seines Handys kündigte eine neue Mail an. Er griff behände nach dem Telefon, welches auf dem Couchtisch lag, und warf einen Blick auf das Display, welches ihm verriet, dass die neue Mail von Teru stammte. Schnell klappte er es auf und las die Mail. Sein Herz klopfte etwas schneller, als er seinen eigenen Namen darin las. Die ganze Mail handelte von den heutigen Ereignissen. Irgendwie freute er sich darüber, dass sie über ihn nachdachte und dennoch… Sie vertraute DAISY nicht an, dass er sie zum Arbeiten zwang, sondern verpackte es so, als hätte sie Spaß daran, sich um die Blumen zu kümmern. Und dann diese Zweifel, ob er sie mochte, und die Frage, was sie tun könnte, damit er sie mochte. „Teru…“, dachte er. „Du musst gar nichts tun, damit ich dich mag. Absolut gar nichts…“ Er seufzte, bevor er eine Antwortmail verfasste.   Teru, Geht es dir gut? Lass dich nicht von diesem Hausmeistertypen ausnutzen, okay? Und lass dich niemals zu etwas zwingen, was du nicht möchtest. Ich erinnere mich, dass du mir von ihm erzählt hast. Er scheint kein netter Kerl zu sein. Sei vorsichtig, ja? Du solltest dich für so jemanden nicht anstrengen. Wenn er dich tatsächlich nicht mag, dann ist er blind und erkennt einfach den wundervollen Menschen nicht, der du bist. Schlaf schön, Teru, und zerbrich dir nicht deinen schönen Kopf. DAISY   Er wünschte sich in diesem Moment, er könnte auch in Wirklichkeit so mit ihr reden, doch das würde niemals passieren. Selbst wenn er ihr eines Tages sagen konnte, dass er DAISY war, würde er niemals so mit ihr reden können. Aus seinem Mund würde niemand solche Worte ernst nehmen. Sie passten nicht zu ihm und seiner rauen Schale. Nein, es war besser, wenn sie nicht von seiner Identität wusste. So konnte er immer für sie da sein, als ihr DAISY. Seufzend drückte er seine Zigarette aus, deren Asche schon beinahe von alleine hinunterfiel. Er erhob sich und ging, nachdem er sich eine Dose Bier aus dem Kühlschrank gegriffen hatte, in sein Computerzimmer. Bis auf den hell leuchtenden Bildschirm in der Mitte des Schreibtischs war der Raum stockdunkel. Er ließ sich auf seinem Drehstuhl nieder und tippte mit der linken Hand geschickt ein paar Befehle ein, während er sich einen Schluck Bier gönnte. Er griff nach seinem Headset und nach wenigen Sekunden und ein paar Weiteren Befehlen, fing er an zu sprechen. „Sou.“, sagte er. Es dauerte nicht lange, da drang die Stimme seines Freundes durch die Kopfhörer in seine Ohren. „Oi!“, sagte dieser. „Wie geht’s Teru?“, fragte er. Ein paar Sekunden vergingen. „Hackst du dich in meinen Computer, um mich DAS zu fragen?“, fragte Sou nun und Kurosaki konnte das amüsierte Grinsen auf seinem Gesicht beinahe vor Augen sehen. „Wie du siehst…“, antwortete er und auch er zeigte ein breites Grinsen. Sou lachte. „Sie schläft. Ich glaube, sie war ziemlich müde. Es scheint, als habe JEMAND sie ganz schön rumgescheucht heute.“, antwortete Sou auf Kurosakis ursprüngliche Frage. „Mir ist kein besserer Weg eingefallen, um sie in meiner Nähe zu behalten.“, erklärte Kurosaki schließlich und gönnte sich einen weiteren Schluck Bier. „Das ist schon okay. Aber wehe du nimmst sie zu hart ran.“, ermahnte Sou ihn. Man merkte, wie vernarrt er in seine kleine Schwester war. „Was dann?“, hakte Kurosaki herausfordernd nach. „Dann verpasse ich dir eine ordentliche Tracht Prügel!“, antwortete Sou mit todernster Stimme. Kurosaki konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Sou war zwar ein paar Jahr älter als er, aber deutlich schmächtiger. Er hätte nicht den Hauch einer Chance. „Alles klar.“, grinste Kurosaki. „Hey Tasuku…“, sagte Sou nun und war dieses Mal wirklich ernst. „Hm?“ „Bitte, pass gut auf sie auf, ja?“ Besorgnis lag in Sous Stimme, die Kurosaki sehr nahe ging. Er wünschte, er hätte auch jemanden, um den er sich so sehr sorgte. Nein… das hatte er schon. Nur war die Motivation eine andere…. „Versprochen.“, antwortete Kurosaki.   Nachdem er das Gespräch beendet hatte, lehnte er sich zurück und starrte an die Wand, während er sein Bier in der Hand hielt und hin und wieder einen Schluck daraus trank. Ja, auch er sorgte sich sehr um Teru. Aber der Hauptgrund dafür waren seine Schuldgefühle. Es war seine Schuld, dass Sou in die ganze Sache mit Jack o’Frost hineingezogen worden war. Nur seinetwegen hatte sein Krebs so weit fortschreiten können. Nur seinetwegen hatte Sou immer und immer wieder ins Krankenhaus gemusst. Nur seinetwegen hatte er sich seinen Traum zu studieren nicht erfüllen können, hatte nicht einmal seine Arbeit behalten können. Nur seinetwegen hatte er an der Decodierung von dem Vermächtnis von M gesessen. Und letztendlich hatte Teru unter alldem leiden müssen und war eventuell in Gefahr – nur seinetwegen… Kapitel 5: Clumsy me! --------------------- „Kurebayashi Teru meldet sich zum Dienst!“, rief Teru und salutierte vor Kurosaki. Der Unterricht war vorbei und es war Zeit, ihren Pflichten als Hausmeistersklavin nachzukommen. Mit hochgezogener Augenbraue starrte Kurosaki sie an, bevor sich ein Grinsen auf seinen Lippen ausbreitete. Was für ein Auftreten. „Gut.“, sagte er und drückte ihr eine große Heckenschere in die Hand. „Stutz die Zweige von dem Baum da.“ Mit einem Nicken deutete er auf den entsprechenden Baum. „Aye aye!“, antwortete sie und drehte sich auf den Hacken um, um sich auf den Weg zu machen. Vor dem Baum blieb sie stehen und sah auf. Sie schien kurz zu überlegen, bevor sie die schwere Heckenschere über ihren Kopf hob und versuchte, an die untersten Zweige zu kommen. Kurosaki beobachtete das Ganze eine Weile, bis er es sich nicht mehr mit ansehen konnte. „Was machst du da?“, brüllte er, sodass Teru zusammenzuckte und sich dann beinahe schon ängstlich zu ihm umdrehte. „Ich komm da nicht dran.“, jammerte sie. „Wie wär’s mit ‘ner Leiter, du Genie?“, schlug er mit grimmigem Unterton vor. Terus Miene hellte sich auf. „Gute Idee!“, rief sie und marschierte Richtung Hausmeisterschuppen. Kurosaki zögerte. Konnte er sie darin wirklich alleine lassen? Es schepperte. Er seufzte. Anscheinend konnte er das nicht! „Alles ok?“, fragte er, als er den Kopf durch die Schuppentür steckte. Bei dem Anblick, der sich ihm bot, musste er sich stark zusammenreißen, nicht laut loszulachen. Aber er musste ja besorgt sein! Und trotzdem… Teru hatte versucht, die Leiter, die an einem breiten Nagel hing, herunterzunehmen, hatte dabei allerdings einen Eimer angestoßen, der ebenfalls dort oben hing und in welchem verschiedene Seile und Schnüre waren. Diese hatten sich nun über Teru ausgebreitet und hingen an ihren Armen und um ihren Hals. „Alles ok!“, antwortete sie und streckte zum Beweis den Daumen nach oben. Sie hatte die Leiter abgestellt und sich bei dem Versuch, sich zu befreien, nur noch mehr verheddert. Nun wollte sie einen Schritt gehen, um den Seilen zu entkommen. „Nicht bewegen!“, rief Kurosaki schnell, der gesehen hatte, dass eines der Seile, das auch um ihren Hals lag, an einem Nagel festhing. Rasch ging er auf sie zu und begann, die Seile zu entwirren und ihr nach und nach abzunehmen. Stumm und mit leicht geröteten Wangen verfolgte Teru jede von Kurosakis Bewegungen. Ihr wurde bewusst, dass er ihr ganz schön nah war und außerdem ganz schön groß. Jedenfalls viel größer als sie. Er sah konzentriert auf sie Seile und sein blondes Haar fiel ihm dabei in die Stirn. Ihr Blick fiel auf seine Hände, dir ihr ebenfalls ganz schön groß vorkamen. Groß aber dennoch feingliedrig. Plötzlich schlang er seine Arme um sie und sie hatte nur noch seine breite Brust vor Augen. Das Blut schoss ihr in den Kopf. Was war denn jetzt los? Sie wurde nervös und bewegte sich etwas. „Nicht bewegen.“, forderte Kurosaki erneut, dieses Mal aber ruhiger. Sofort verharrte sie in ihrer Bewegung und wagte es nicht mehr, sich auch nur ein wenig zu rühren. Erst nach einigen Sekunden wurde ihr klar, dass er gerade versuchte, einen Knoten hinter ihrem Kopf zu lösen. Er seufzte. Anscheinend war er nicht sehr erfolgreich dabei. „Wie hast du dich nur so verheddern können?“, fragte er bedrohlich nah an ihrem Ohr. „I-ich weiß nicht.“, antwortete sie ehrlich. Er lehnte sich ein Stückchen nach hinten, um ihr ins Gesicht sehen zu können, ohne den Knoten hinter ihr loszulassen. Er grinste. „Gleich bist du frei.“, sagte er. Verlegen sah Teru beiseite. Sie hielt es grad irgendwie nicht aus, ihm in die Augen zu sehen. Warum war es hier nur so heiß? Nach ein paar letzten Handgriffen, hatte Kurosaki sie endlich befreit. Er stopfte die Seile zurück in den Eimer und stellte ihn dieses Mal vorsichtshalber lieber auf dem Boden ab. „Danke…“, sagte Teru verlegen. „Schon gut.“, antwortete Kurosaki. Irgendwie hatte es ihm fast schon Spaß gemacht, Teru zu befreien. Sie griff nach der Leiter, für die ursprünglich hergekommen war, um sich nun endlich an die Arbeit zu machen. Sofort wurde sie ihm jedoch wieder aus der Hand genommen. „Die nehm ich.“, sagte Kurosaki, der es lieber nicht riskieren wollte, Teru noch einmal an die Leiter heranzulassen. Der Schuppen war zwar nur etwa 2m² groß, aber für einen Tollpatsch konnte der Weg zur Tür mit einer Leiter in der Hand trotzdem ganz schön weit sein. „D-danke…“, sagte Teru erneut und folgte Kurosaki aus dem Schuppen. Er stellte ihr die Leiter an den Baum und trat dann einen Schritt zurück. Teru sah ihn an. Warum sah sie ihn so an? Und warum bewegte sie sich nicht? Einige Sekunden vergingen und immer noch zeigte sie keine Regung. „Teru?“, sprach er sie an und holte sie damit offensichtlich zurück in die Wirklichkeit. „Ja?“, antwortete sie. „AN DIE ARBEIT!“, brüllte er und setzte einen fiesen Blick auf. Sofort stand Teru stramm und salutierte. „Jawohl!“, rief sie und schnappte sich die Heckenschere, die neben der Leiter lag. Kurosaki entfernte sich ein paar Meter von Teru, die mittlerweile oben auf der Leiter stand und die Zweige des Baumes stutzte. Er selbst zündete sich erst mal eine Zigarette an, die er genüsslich rauchte, während er Teru keinen Augenblick aus den Augen ließ. Wie so oft, seitdem Souichirou ihn darum gebeten hatte, Teru in seiner Nähe zu behalten und auf sie aufzupassen, machte er sich Gedanken darüber, ob er ihr wohl irgendwann würde sagen können, dass er DAISY war. Er hatte Angst davor, wie sie reagieren würde. DAISY war ihr Freund und ihre seelische Unterstützung. Er war lieb und freundlich. Aber Kurosaki Tasuku… Er war ihr Sklaventreiber, der unheimliche Hausmeister, der sie herumscheuchte. Sie würde mit Sicherheit enttäuscht sein, wenn sie herausfinden würde, dass er DAISY war. Er log in seinen Mails nicht. Alles, was er schrieb, empfand er wirklich so. Ja, selbst dass er Kurosaki für einen nicht so netten Kerl hielt und Teru sich vor ihm in Acht nehmen sollte, war nicht gelogen. Immerhin hatte allein er es zu verschulden, dass Sou so viel leiden musste. Was wäre, wenn sie es herausfinden würde? Nie wieder könnte er sie als DAISY unterstützen. DAISY würde nicht mehr existieren. Nur noch er: Kurosaki. Und Kurosaki würde all diese netten Dinge nicht sagen können, die DAISY schrieb. Wie sollte er? Das würde einfach nicht zu ihm passen. Gedankenverloren zog er an seiner Zigarette. Teru streckte sich gerade, um einen weiter außen liegenden Zweig zurückzustutzen. Er spannte sich an. Sie stand gefährlich schief da und es fehlte nicht viel, dann würde auch die Leiter sich zu weit zu einer Seite neigen. Gerade wollte er sie ermahnen, sich nicht zu weit nach außen zu lehnen, da passierte es. Er konnte sehen, wie die Leiter langsam nachgab. Auch wenn Teru es versuchte, sie würde es nicht mehr schaffen, das Gleichgewicht zu halten. Mit einigen großen Sätzen war er bei ihr, gerade noch rechtzeitig, denn die Leiter hatte tatsächlich nachgegeben und war weggerutscht. Teru gab einen Schreckenslaut von sich, als sie spürte, dass sie fiel. Schon im nächsten Moment landete sie auf Kurosaki, der sie noch halbwegs auffangen konnte, jedoch von der Wucht des Aufpralls zu Boden befördert wurde. Die Leiter traf ihm dabei am Kopf. Ein scharfer Schmerz zog sich durch seine Schläfe und ein dumpfer durch seinen Rücken. Er spürte, etwas Heißes seine Schläfe hinunterlaufen. „Kurosaki?“, rief Teru panisch, nachdem sie sich von dem ersten Schreck erholt hatte. Sie war von der Leiter gefallen und er hatte sie aufgefangen. Und nun lag er auf dem Boden und sie auf ihm drauf. Er blutete. Er stöhnte leicht, als er sich aufsetzte. Er tastete nach der Stelle, an der die Leiter ihn getroffen hatte. Als er seine Finger ansah, waren sie rot. „Scheiße.“, fluchte er. Sein Blick wanderte von seinen Fingern in Terus Gesicht. Ihre Augen waren vor Schreck geweitet. „Bist du ok?“, fragte er. Sie sah unverletzt aus, aber er wollte sichergehen. Er machte sich Sorgen um sie. Was mit ihm war, war egal. Außerdem würde Sou ihn umbringen, wenn ihr was passierte. „I-ich bin ok.“, antwortete sie mit leicht zitternder Stimme. „Aber du… du blutest!“ „Halb so wild.“, versicherte er. Erneut tastete er nach der Wunde. Mangels Verbände löste Teru entschlossen ihre Schleife, die Teil ihrer Schuluniform war, und presste sie auf die Wunde. Überrascht sah Kurosaki auf. „Teru…“, sagte er leise. Hatte sie Tränen in den Augen? „Es tut mir leid!!“, rief sie. Völlig überrumpelt wusste er im Moment gar nicht, was er darauf sagen sollte. „Schon gut…“, brachte er schließlich hervor. Eine Träne rann über Terus Wange, die sie sich schnell trotzig wegwischte. „Meinetwegen bist du verletzt…“ Sie fühlte sich wirklich schuldig. Warum war sie heute auch nur so ein Tollpatsch? Erst die Sache mit den Seilen und nun das. „Teru, hör auf.“, sagte Kurosaki beruhigend. „Aber…“, wollte sie protestieren, doch er unterbrach sie sofort. „Hör zu!“, verlangte er. „Es war meine Entscheidung, dich aufzufangen, ok? Es ist meine eigene Schuld, dass ich verletzt bin. Und dir wäre vermutlich noch etwas viel Schlimmeres passiert, wenn ich dich nicht aufgefangen hätte.“ Teru schwieg. Was sollte sie darauf auch sagen? Ja, er hatte sich selbst dazu entschieden, sie aufzufangen. Aber sie fühlte sich trotzdem schuldig. Wäre sie nicht so leichtsinnig gewesen, wäre das gar nicht erst passiert. Plötzlich tauchte noch ein anderer Gedanke in ihrem Kopf auf. Warum hatte er sie aufgefangen? Er war doch immer fies und ein Sklaventreiber, oder? Außerdem war er irgendwie unheimlich. Wieso also riskierte er es, verletzt zu werden, nur um sie vor einer Verletzung zu bewahren? Vielleicht war er doch nicht so schlecht, wie er sich immer gab… „Teru?“ Kurosakis Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Sie sah ihn an, als Zeichen, dass sie hörte. „Ähm…“, räusperte er sich. „Würdest du mal von mir runtergehen?“ Schlagartig wurde ihr bewusst, dass sie sich immer noch auf ihm befand. Nicht nur das, sie saß rittlings auf seinem Schoß. Oh Gott! Innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde wurde sie knallrot und sprang auf. „Entschuldigung!!“, rief sie und verneigte sich vor ihm, während sie sich an ihrem Rock festklammerte, der, wie sie noch so eben hatte feststellen können, in der etwas unpassenden Position vorhin ein wenig hochgerutscht war. Leicht benommen rappelte Kurosaki sich auf. Er presste nun selbst die zum Verband umgewandelte Schleife auf seine Wunde. Es war nichts Schlimmes, das wusste er. Ein wenig desinfizieren und ein Pflaster und das war’s. „Komm mit.“, forderte er Teru auf, die noch immer in gebeugter Haltung da stand und sich nicht traute, aufzusehen. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, so lange auf ihm sitzen zu bleiben? Beinahe schon erschrocken von seiner Stimme richtete sie sich ruckartig wieder auf und folgte ihm. Einige Minuten später befanden sie sich im Krankenzimmer der Schule. „Hallo?“, fragte Kurosaki in den Raum hinein. Niemand da. Er fing an, nach dem Desinfektionsmittel und Pflastern zu suchen. Wenn die Schwester nicht da war, mussten sie seine kleine Platzwunde eben selbst versorgen. Es dauerte nicht lange, da hatte er alles zusammengesucht, was er brauchte. Er drückte es Teru in die Hand. „Hier.“, sagte er. Sie sah ihn fragend an, woraufhin er ihre Schleife von seiner Stirn nahm. „Ich kann die Wunde nicht sehen. Du musst sie versorgen.“, verlangte er und setzte sich hin. Etwas überrascht zögerte sie kurz, griff dann aber nach einem sauberen Tuch, machte es etwas nass und wische um die Wunde herum. Sie war wirklich nicht sonderlich groß. Zum Glück! Sie nahm sich einen Tupfer und tränkte ihn mit Desinfektionsmittel. Vorsichtig tupfte sie die Wunde entlang, während sie mit der anderen Hand Kurosakis Haare aus der Stirn hielt. Kurosaki spürte, wie das Mittel brannte, gab jedoch keinen Laut von sich. Vielmehr war er gebannt von Terus konzentriertem Blick, der fest auf die kleine Stelle, an seiner Stirn gerichtet war. Sie hatte sich leicht zu ihm heruntergebeugt und war ganz vorsichtig, ganz sanft… Kurosaki spürte sein Herz in seiner Brust klopfen. NEIN! Was war das? Schnell verschloss er die Augen, um sie nicht mehr anzusehen. „Tut’s weh?“, fragte Teru, die das Verschließen seiner Augen als Reaktion auf das Desinfektionsmittel missinterpretierte. „Nein.“, antwortete er schnell und öffnete die Augen wieder, richtete den Blick jedoch lieber woanders hin. Teru hörte auf, die Stelle mit dem Tupfer zu bearbeiten. Es blutete nur noch leicht und jetzt, wo die Wunde sauber war, sah sie umso ungefährlicher aus. Sie griff nach einem Pflaster und klebte es vorsichtig auf die Stelle. Sie strich mit dem Daumen über beide Enden, damit es auch wirklich klebte. Zufrieden wich sie dann ein wenig zurück und nahm auch ihre Hand aus seinem Haar, sodass es wieder nach vorn fiel und das Pflaster beinahe vollkommen verdeckte. „Fertig.“, sagte sie. „Danke.“, antwortete er knapp, stand auf und ging ohne ein weiteres Wort an ihr vorbei aus dem Raum. In seinen Gedanken sah er immer noch Teru, die sich über ihn beugte und ihm die Haare aus der Stirn hielt, so sanft und vorsichtig. Vergeblich versuchte er, dieses Bild wieder zu vertreiben. Nein, das durfte einfach nicht sein… Schnellen Schrittes lief er zurück zum Hausmeisterschuppen und packte wortlos die Geräte zurück. Teru war ihm gefolgt. Was war auf einmal in ihn gefahren? „Kurosaki?“, fragte sie. Er schien sie gar nicht wahrzunehmen. Sie griff nach seiner Hand, um ihn aufzuhalten. Sie bemerkte, dass er ihre blutbefleckte Schleife noch immer in der Hand hielt. Seine Fingerknöchel waren schon weiß angelaufen, so fest klammerte er sich an sie. Als er ihre Hand spürte, zuckte er kurz zusammen und sah sie mit großen Augen an. Seine Reaktion erstaunte sie und auch sie bekam große Augen. Ein paar Sekunden vergingen, bevor sie sich wieder rührte, ihre Hand immer noch an seiner. „Die Schleife…?“, brachte sie heraus. Ruckartig zog er seine Hand aus ihrer, die Schleife fest umklammernd. „Ich wasch sie und bring sie dir morgen wieder.“, sagte er leicht errötend. Fragend sah sie ihn an. War das sein Ernst? Er wandte sich von ihr ab. „Geh nach Hause.“, sagte er, verschwand im Schuppen und ließ eine vollkommen verwirrte Teru zurück. Kapitel 6: Unfaithful teacher ----------------------------- Langsam hatte Teru sich schon an die Arbeit als Hausmeistersklavin nach der Schule gewöhnt. Anfangs hatten die Arbeiten sie ziemlich angestrengt und Kurosaki hatte sie auch nicht gerade verschont. Er war ihr unheimlich gewesen, doch nach und nach lernte sie ihn besser kennen und mittlerweile wusste sie, mit seiner rauen Art umzugehen. Sie wusste, dass er kein schlechter Mensch war, wovon sie anfangs nicht unbedingt überzeugt gewesen war. Nur eines machte sie etwas unsicher: Sie fühlte sich in seiner Gegenwart irgendwie komisch. Einerseits verstand sie sich überraschend gut mit ihm, obwohl sie sich auch oft stritten, und trotz der teils sehr harten Arbeit lachten sie viel zusammen, aber anderseits… andererseits hielt sie es manchmal nicht aus, ihm zu nahe zu sein. Sonst beschleunigte sich ihr Herzschlag und sie hatte das Gefühl, es würde ihr jeden Moment aus der Brust springen. Und auch mit ihrem Magen stimmte etwas nicht… Was war dieses Gefühl? Lächelnd kniete Teru vor einem der länglichen Beete hinter der Schule und zupfte Unkraut. Sie liebte die Blue Daisys, die in diesen Beeten wuchsen, auch wenn sie jetzt noch nicht blühten. Sie waren ihre Lieblingsblumen und das nicht ohne Grund – immer erinnerten sie sie an DAISY. Schon oft hatte sie sich gefragt, warum er sich DAISY nannte, und die ihr am logischsten erscheinende Antwort darauf war, dass auch er die Blue Daisys liebte. „Was grinst du so?“, hörte sie plötzlich die tiefe Stimme ihres Sklaventreibers, die sie hochschrecken ließ. Trotzig schob sie die Unterlippe nach vorne. „Ich grinse nicht, ich lächle!“, versuchte sie zu erklären. Kurosaki verschränkte die Arme. Wo war da der Unterschied? „Und warum lächelst du?“, fragte er schließlich, da es sicherlich keinen Zweck hatte, mit Teru darüber zu streiten, ob sie nun grinste oder lächelte. „Weil die Blue Daisys mich an jemanden erinnern…“, antwortete sie mit einem Lächeln nicht nur auf den Lippen sondern auch in der Stimme. Kurosakis Herz machte einen leichten Hüpfer, was er sich jedoch nicht anmerken ließ. „Und an wen?“, hakte er nach. Das wollte er nun genauer wissen. „Hmpf!“, machte Teru nur und blickte ihn mit gerümpfter Nase an. „Das geht dich gar nichts an!“ „Sag schon!“, verlangte Kurosaki, doch sie schwieg. „An deinen Geliebten?“, fragte er schließlich, um sie zu provozieren. Und tatsächlich schien es zu klappen. Teru lief rot an. „NEIN!“, protestierte sie sofort und blickte in Kurosakis grinsendes – nicht lächelndes! – Gesicht. Verdammt! Er hatte sie reingelegt. „Also? An wen erinnern dich die Blue Daisys?“, verlange er erneut zu erfahren. Sie gab auf. Automatisch trat wieder das Lächeln auf ihre Lippen. „An jemand ganz besonderen…“, antwortete sie. „Die Blumen tragen denselben Namen wie jemand, der mir sehr wichtig ist. „DAISY“. Er wacht immer aus dem Hintergrund über mich und immer muntert er mich mit seinen lieben Worten auf. Er kommt zu meiner Rettung, wenn ich in Schwierigkeiten stecke, komme, was wolle.“ Kurosaki hatte einen skeptischen Blick aufgesetzt. „Was ist das denn? … Er entspringt nur deiner Fantasie, oder? …“ „NEIN.“, widersprach Teru sofort, ernsthaft angefressen von Kurosakis Worten. „Er muss ein Freund meines Bruders sein… Aber ich habe ihn nie getroffen und weiß auch nicht, was er macht…“ Langsam erhob sie sich und zog sich die Arbeitsjacke, die sie immer trug, aus. „Aber wenigstens bin ich mir sicher, dass er kein sklaventreibender Schulhausmeister ist!!“, brüllte sie, schmiss ihre Mütze auf den Boden und setzte schon zum Sprint an, um der Rache Kurosakis zu entkommen. „Ciao, Kurosaki. Ich bin für heute weg!!“ Mit verschränkten Armen sah Kurosaki Teru hinterher, die in einem Wahnsinnstempo um die Ecke verschwunden war. Er seufzte und ging in die Hocke, wobei er seinen Kopf auf einer Hand abstütze. Er wünschte, Teru hätte Recht. Er wünschte, DAISY wäre kein „sklaventreibender Schulhausmeister“. Er wünschte, DAISY könnte ihren Erwartungen entsprechen. Doch das würde er nicht können. ER war DAISY und er WAR ein „sklaventreibender Schulhausmeister“. Er hatte gewusst, dass Teru enttäuscht sein würde, wenn sie jemals herausfinden würde, dass er DAISY war, und nun hatte es sich nur bestätigt. Natürlich hatte er sich gefreut, dass sie lächelte, wenn sie an DAISY dachte, und so positiv von ihm sprach. Aber das Wissen, dass sie über seine wahre Identität sicherlich enttäuscht sein würde, versetzte ihm einen Stich. Es sollte ihm nichts ausmachen, das wusste er. Es ging hier nicht darum, Freundschaften zu schließen oder für dieses Mädchen ein perfekter Mann zu sein… Es war einzig und allein nur wichtig, dass Teru in Sicherheit war. Als DAISY konnte er ihr zwar nette Worte schenken, doch nur als Kurosaki würde er sie wirklich beschützen können. Und genau das würde er tun. Er erhob sich und sammelte Terus Arbeitsjacke und –mütze auf, brachte sie in den Hausmeisterschuppen und hängte dort auch seine eigenen Sachen an den Nagel. Schluss für heute. Morgen würde sie sicher wieder herkommen und sie wären so wie immer. Nicht wirklich Freunde, aber wenigstens zusammen. Mit einem etwas mulmigen Gefühl dachte Teru an den bevorstehenden Arbeitsnachmittag mit Kurosaki. Sie war gestern wirklich nicht besonders nett gewesen mit ihrem Abgang. Aber es durfte nun mal niemand etwas gegen ihren DAISY sagen. Zudem passierten merkwürdige Dinge um sie herum. Angeblich hatte ein Hacker das Computernetzwerk der Schule lahmgelegt, die Schülerratspräsidentin Ichinose Rena und der Informatik-Lehrer Arai stritten sich heimlich hinter der Schule und zu allem Übel hätten einige der Mitglieder des Schülerrats ihr beinahe ihr Handy geklaut – ihre einzige Verbindung zu DAISY. Glücklicherweise war Kurosaki ihr dabei zu Hilfe gekommen. Ob er das heute immer noch tun würde? Das schlechte Gewissen plagte sie immer noch. „Teru?“ Sie hörte ihren Namen und sah eine ihrer Mitschülerinnen zusammen mit der Schülerratspräsidentin. Was war denn jetzt kaputt? „Die Schülerratspräsidentin sagt, dass sie mit dir reden möchte.“ Mit einer Mischung aus Neugier und Skepsis folgte sie Ichinose Rena in den Raum, der dem Schülerrat zur Verfügung gestellt wurde. „Egal, was ich auch versuche, ich komme einfach nicht an die Daten in diesem Computer.“, sagte Rena. „Arai-sensei hat das System mit so einem guten Passwortschutz versehen, dass ein Laie wie ich da absolut keine Chance hat.“ Teru fragte sich, was sie damit zu tun hatte. „… Warum bittest du Arai-sensei dann nicht einfach um Hilfe?“, fragte sie verwirrt. „Ich hab von Computern auch keinen Plan.“ „Aber da drin versteckt Arai-sensei doch die Daten!“, protestierte Rena lautstark. „Die ganze geheime Buchführung über das Schulbudget! Ich habe dazu die ganze Zeit geschwiegen, weil ich doch mit ihm zusammen war. Ich habe ihm auch dabei geholfen, das geheim zu halten…“ Teru war schockiert. Was war los? Ichinose Rena und Arai-sensei gehen miteinander aus? Betrug? Geheime Rechnungsbücher? Und zu allem Überfluss stand die sonst so gehässige Schülerratspräsidentin weinend vor ihr? „Es tut mir so leid…“, schluchzte Rena. Noch immer wusste Teru nicht, was sie sagen sollte. „Die Spenden! Und auch die Stipendien! All die Gelder wurden veruntreut!“, schrie Rena nun schon beinahe. „Wenn man mal ein bisschen nachforscht, stellt man schnell fest, dass nichts davon für schulische Einrichtungen verwendet wurde.“ „… Hä? J… jetzt warte mal…“, wehrte Teru die Flut an Informationen ab. „Aber warum erzählst du das ausgerechnet mir…?“ „Na, weil du doch diesen Hacker kennst, oder?!“, unterbrach Rena sie. „Der Hacker, der unser Kontrollsystem lahmgelegt hat... ist unter dem Alias DAISY bekannt.“ Teru konnte nicht glauben, was sie da hörte. DAISY? Ein Hacker? IHR DAISY? Ja, sie hatte von den Gerüchten gehört, dass ein Hacker das ganze Schulnetzwerk lahmgelegt hatte. Was hatte ihre Freundin Haruka gesagt? „Dieser Hacker ist definitiv ein Kämpfer der Gerechtigkeit.“ Könnte es wahr sein? Hatte DAISY etwas damit zu tun? „Bitte, du musst schnell etwas tun! Arai-sensei wird sonst…“, rief Rena, doch Teru unterbrach sie. „Wie oft denn noch? Ich kann da nichts machen. Ich bin kein Hacker oder so was! Kapiert?“ Terus Gedanken rasten. Was, wenn es wirklich wahr war? Was, wenn Arai-sensei etwas plante…? Konnte DAISY ihnen wirklich helfen? „Warte mal! Ich hab da vielleicht eine Idee…“, sagte Teru grübelnd, während sie einen Beschluss gefasst hatte. Sie kramte ihr Handy hervor. Wenn es wahr war, was Rena ihr erzählte, dann musste sie handeln. Und zwar schnell. „Ich weiß nicht, was dabei rumkommen wird, aber…“ Eilig tippte sie eine Nachricht an DAISY, während Rena neben ihr immer nervöser wurde und sie drängte, schneller zu machen. Mit einem lauten Krachen öffnete sich die Tür und Arai-sensei stand plötzlich vor ihnen. Schützend stellte Teru sich vor die zitternde Rena und drückte auf „Senden.“ „Hilf uns, DAISY.“, flehte sie stumm. Kurosaki saß in einem der verlassenen Räume außerhalb des eigentlichen Schulgebäudes und zog an seiner Zigarette. Auf dem Laptop, der vor ihm stand, waren die Pokerkarten zu sehen. Doch seine ganze Aufmerksamkeit war gerade auf sein Handy gerichtet, welches kurz zuvor geklingelt hatte. Eine Mail von Teru. „Du bist mir echt eine. Bis jetzt warst du immer so stur…“, murmelte er vor sich hin. „… und jetzt, da du zum ersten Mal mit einer Bitte daherkommst, ist es für jemand anderen?!“ Er wünschte sich manchmal, sie würde sich mehr auf ihn verlassen, ihn mal um etwas bitten. Er würde so gerne etwas für sie tun. Für sie und nur für sie. Nichtsdestotrotz hatte sie ihn in dieser Mail um einen Gefallen gebeten und diesen würde er ihn auch tun. Er wollte immer für sie da sein, das hatte er sich geschworen. „Also schön…“, sagte er leise, bevor er behände nach seinem Laptop griff und schon bald nicht mehr die Pokerkarten zu sehen waren. Währenddessen war ein hitziges Gespräch zwischen Teru und Arai-sensei ausgebrochen. Auch wenn sie eigentlich Angst hatte, stellte sie sich ihm entgegen. Und dennoch… Er wirkte einfach zu ruhig, zu selbstbewusst. „Also gut, wenn du dich unbedingt selbst davon überzeugen willst, bitte sehr.“, sagte er gelassen. „Das heißt, wenn du dazu in der Lage bist! In letzter Zeit treibt ja dieser Hacker sein Unwesen, aber dieser Computer hier ist nicht davon betroffen. Ich bedaure, aber meine Schutzmaßnahmen gegen solche Zugriffe sind absolut perfekt.“ Plötzlich ertönte ein Summen, bevor eine Stimme über die Lautsprecher ertönte, die alle kurz zusammenzucken ließ. „Hey! Nur zur Info, das Mikro von deinem PC ist an!“, sagte die männliche, leicht verzerrte Stimme. „Ich würde an deiner Stelle also lieber nicht so peinliche Sprüche vom Stapel lassen.“ Mehrere Dateien öffneten sich wie von Geisterhand und erschienen auf dem Bildschirm des Computers. „Sind das die brisanten Daten? Sieht mir ganz danach aus. Ah, das hier auch noch. Ich habe alles zusammen und drucke es mal aus. Ich schicke es an alle Drucker der Schule.“ Panisch drückte Arai-sensei auf die Tasten, um das Ganze zu stoppen, während Teru und Rena sich außer Stande fühlten, irgendetwas zu tun. „A… aufhören!“, rief Arai-sensei. „Wer bist du??“ „Hm? Versuchst du, das Drucken abzubrechen?“, fragte die Stimme. „Vergiss es, ich habe von hier aus die Kontrolle darüber.“ „D…Du!“ Arai-senser klang immer verzweifelter „Wer zum Geier bist du?!!“ „Immer noch planlos, was? Dabei habe ich dich schon zigmal begrüßt. Merk dir meinen Namen gut…“ Einige Sekunden vergingen, in denen sich Teru deutlich anspannte. Als schließlich wieder die Stimme ertönte, wurden Terus Arme von einer Gänsehaut überzogen und ihr stockte für einen Moment der Atem. „DAISY.“, sagte die Stimme. „Das ist der Name einer wunderschönen Blume. Hat was, oder?“ Er war es wirklich… DAISY… Teru konnte es kaum fassen. „Teru, bist du auch da?“, fragte er. „Ich hoffe, ich habe dir damit richtig helfen können. Ich… Mach dir keine Sorgen… Ich werde immer über dich wachen.“ Ein Knacken war zu hören und damit endeten DAISYs Worte. Er war weg. Teru war wie gelähmt. Er war es wirklich. Und er war wirklich für sie da. Sie versuchte ihre Gedanken zu sortieren. Also war es wahr? DAISY war ein Hacker? Aber er gehörte zu den Guten… oder? Immerhin hatte er ihr geholfen und Arais-senseis Machenschaften auffliegen lassen. All diese Gedanken beschäftigten sie noch eine ganze Weile. Sie wusste kaum, was um sie herum geschah, obwohl es einen riesigen Tumult gab. Immerhin wurden die Daten über die veruntreuten Gelder an alle Drucker der Schule geschickt. Irgendwann durfte sie gehen. Ihre Füße trugen sie automatisch hinter die Schule. Warum? Bei all den Gedanken über DAISY ging ihr einer nicht mehr aus dem Kopf. Die Stimme, die sie gehört hatte, kam ihr nicht unbekannt vor. Konnte es sein…? Sie sah Kurosaki, der die Blumenbeete wässerte. Seit ihrem kleinen Streit am vorigen Tag hatten sie sich nicht mehr gesehen, aber das war es nicht, was Teru gerade beschäftigte. „Du bist spät dran.“, hörte sie diese ihr mittlerweile so vertraute, leicht brummige Stimme des Hausmeisters, der sich nicht einmal zur ihr umdrehte. „Ich weiß… tut mir leid.“, entgegnete sie. „Es gab einen kleinen Vorfall. Aber DAISY ist mir zu Hilfe gekommen.“ „Aha, verstehe.“, war Kurosakis knappe Antwort. „Gut für dich.“ Teru konnte ihre Augen in diesem Moment nicht von ihm abwenden. „Ach, übrigens...“, sagte er beiläufig. „Deine Blumen blühen. Du weißt schon, diese blauen… wie hießen die noch?“ „Tatsächlich.“, antwortte Teru. „Die Blue Daisys sind erblüht“ Doch ihre Gedanken drehten sich um etwas anderes. „Aber verrate mir lieber mal eines…“, forderte sie, bevor sie es selbst wusste. „Bist du DAISY?“ Endlich drehte er sich zu ihr um und sah sie an. Was war das in seinen Augen? Sie waren leicht geweitet… oder? Er kam ihr näher. „Damit liegst du falsch!“, sagte er. „Du Dummbatz. Mal ehrlich, geht’s noch abwegiger?! Du spinnst doch. Kühl mal deinen Kopf ab!“ Und mit diesen Worten hielt er ihr den Gartenschlauch über den Kopf. „Ist ja schon gut! War doch nur ‘ne Frage!“, rief Teru und versuchte der unfreiwilligen Dusche zu entgehen. „Puh, bin ich froh, dass du nicht DAISY bist! DAISY ist nämlich eine ganz wundervolle Person.“ Da waren sie wieder. Teru und Kurosaki. Der Sklave und der Sklaventreiber. Und trotz ihrer Worte hatte sie das unbestimmte Gefühl, dass sie es gar nicht so schlimm gefunden hätte, wenn Kurosaki tatsächlich DAISY gewesen wäre… Kapitel 7: Burglary ------------------- Kurosaki saß gedankenverloren in Masters Lokal. Hin und wieder zog er an seiner Zigarette oder nippte an seinem Bier. Viel mehr bekam er von seiner Umgebung allerdings nicht mit. Seine Gedanken kreisten um Teru und all das, was um sie herum geschah. Er machte sich Sorgen. Sorgen, dass sie in eine Sache hineingezogen werden würde, mit der sie eigentlich gar nichts zu tun haben sollte und die viel zu gefährlich für sie war. Aber er kannte die Art Menschen, die hinter Souichirou und dem Vermächtnis von M her waren. Solche Menschen machten auch nicht davor Halt, den kleinen süßen Schwestern ihres Ziels etwas anzutun. Zudem wäre sie ihm beinahe auf die Spur gekommen. Sie hatte tatsächlich die Vermutung gehabt, dass er DAISY war. Und wenn er ihr im entscheidenden Moment die Wahrheit gesagt hätte, dann wüsste sie es jetzt. Doch das war unmöglich. Er konnte es ihr nicht sagen. Einerseits hatte er es Sou versprochen und außerdem hatte er selbst viel zu große Angst davor, was passieren würde, wenn sie es herausfand.   Aus den Augenwinkeln heraus bemerkte er, dass sich jemand neben ihn setzte. „Hey.“, sagte er, ohne die Person anzusehen, und zog erneut an seiner Zigarette. „Was ist dir denn für eine Laus über die Leber gelaufen?“, fragte Sou und grinste ihn breit an, während er sich auf seinen Ellbogen gestützt halb über den Tisch lehnte, um Kurosaki besser ansehen zu können. „Warum hast du mich hierherbestellt?“, fragte Kurosaki, ohne auf Sous absolut unnötige Frage einzugehen. „Also gut. Gleich zum Geschäftlichen!“, verkündete dieser und schaffte es nun doch noch, Kurosakis Blick auf sich zu richten. „Es geht um Teru.“ Kurosaki nickte. Zum einen, um zu zeigen, dass er zuhörte. Zum anderen, weil er sich das schon beinahe gedacht hatte. „Ich muss für ein paar Tage weg.“, erklärte Souchiriou nun. „Vielleicht auch ein paar Wochen. Ich mache mir Sorgen um Teru. Ich habe Angst, dass ihr jemand auflauert, wenn sie alleine in unserer Wohnung bleibt.“ Kurosaki schwante Böses. „Und jetzt?“, fragte er misstrauisch. „Najaaaaa…“, sagte Souichirou etwas langgezogen. „Ich dachte, du könntest da vielleicht irgendwas machen, dass sie in der Zeit nicht alleine ist?“ Kurosaki zog die Augenbrauen zusammen. „Was soll ICH denn da machen?“, fragte er. „Lass dir was einfallen!“, erwiderte Sou grinsend. Kurosaki schwieg kurz und sah seinen Freund nur entgeistert an. „Lass doch Riko auf sie aufpassen.“, schlug er dann vor und wendete sich wieder seinem Bier zu. „Gute Idee!“, rief Sou aus und nahm von Master ebenfalls ein Glas Bier entgegen, was er sich hier nicht einmal mehr bestellen musste. „Ist aber leider unmöglich.“, fügte er nach einem Schluck des Biers hinzu. Kurosaki rutschte beinahe sein Glas aus der Hand. War das sein Ernst? „Warum?“, fragte er. „Riko kommt mit mir.“, antwortete Sou. „Ich brauche sie.“ Kurosaki seufzte. Das hätte er sich ja denken können, dass es nicht so einfach werden würde. Nicht wenn es eine Bitte von Kurebayashi Souichirou war. „Also?“, fragte er resignierend. „Was soll ich machen? Ich kann ja schlecht Teru bitten, in der Zeit bei mir zu wohnen.“ Sou sah ihn mit großen, funkelnden Augen an. „Ginge das?“, fragte er begeistert. „Hast du mir nicht zugehört???“, brüllte Kurosaki. „Das geht NICHT!“ „Aber wieso denn nicht?“, fragte Sou schmollend. „Hast du ‘nen Knall?“ Manchmal konnte Kurosaki sich absolut nicht vorstellen, was im Kopf seines Freundes vorgehen musste. „Sie ist 16, ich bin 24. Sie ist eine Highschool-Schülerin und ich bin Hausmeister an ihrer Schule.“ Irgendwie musste er Sou klarmachen, dass das so nicht ging. „Außerdem haben wir nicht gerade ein enges Verhältnis.“, fügte er leicht  bedauernd hinzu. „Habt ihr wohl!“, widersprach Sou sofort. „Immerhin bist du DAISY.“ „Aber das weiß sie nicht!!“ Kurosakis Augenbrauen zuckten gefährlich. Wie konnte dieser Kerl seine Nerven strapazieren. „Stimmt ja!“, sagte Sou lachend, als sei es ihm gerade erst wieder eingefallen. Kurosaki knurrte leicht. „Ich kann sie unmöglich bei mir wohnen lassen.“, stellte Kurosaki nochmals klar. Sou seufzte. „Alles klar.“, gab er schließlich nach. „Aber bitte… bitte pass auf sie auf. Ich könnte es nicht ertragen, wenn Teru etwas passiert.“ Kurosaki lächelte leicht schief. „Ich weiß.“, erwiderte er. „Ich auch nicht.“     „Was ist los, Teru?“ Teru drehte sich zu Kurosaki um, der sie bisher die ganze Zeit beim Fegen beobachtet hatte. „Was soll denn sein?“, fragte sie mit einem Ton, der keine Zweifel ließ, dass tatsächlich etwas war. „Du guckst schon die ganze Zeit wie sieben Tage Regenwetter.“, antwortete Kurosaki. Es vergingen einige Sekunden, bevor Teru antwortete. „Mein Bruder ist doof.“, sagte sie schließlich vage und wendete sich wieder von ihm ab. Kurosaki lachte. „Warum das?“, fragte er nach. „Er hat plötzlich gesagt, dass er ein paar Tage weg sein wird. Aber er hat nicht gesagt, wohin er geht oder wie lange genau er wegbleiben wird.“ Es wurmte Teru wirklich, dass ihr Bruder sie so plötzlich alleine ließ und dann noch nicht einmal den Grund dafür nannte. „Oooh…“, machte Kurosaki in einem gespielt mitleidigen Ton. „Hast du etwa Angst alleine zu Hause?“ Sie fuhr wieder zu ihm herum. „Krieg ‘ne Glatze, Kurosaki!“, giftete sie ihn an. Das war ja klar gewesen, dass er sich nur wieder über sie lustig machen würde. Sie hätte ihm gar nicht erst verraten sollen, was sie beschäftigte. Kurosaki lachte nur. Und das machte sie noch wütender. „Das habe ich ernst gemeint!“, protestierte Kurosaki, ohne jedoch das Lachen einzustellen. „Wenn du Angst hast, kannst du dich jederzeit bei mir melden.“ Er wusste von Sou, dass er ihr gesagt hatte, dass sie sich sofort an DAISY wenden sollte, wenn irgendetwas war, aber er wollte, dass sie wusste, dass sie sich auch an Kurosaki wenden konnte. Teru sah ihn entgeistert an. War das sein Ernst? Nachdem die ersten Schocksekunden vorüber waren, drehte sie sich wieder von ihm weg. „Nein, danke!“, sagte sie schnippisch, war insgeheim jedoch froh über dieses Angebot.   „Achso…“, warf Kurosaki nach kurzem Schweigen ein. „Du musst mir übrigens nachher helfen.“ „Dir helfen?“, fragte Teru skeptisch. Das konnte ja nichts Gutes bedeuten. „Ein paar Erledigungen machen…“, erklärte er. „Kannst du das nicht alleine machen?“, hakte sie verzweifelt nach. Kurosakis Lippen breiteten sich zu einem fiesen Grinsen aus. „Nein.“, antwortete er und Teru konnte schwören, das pure Böse in seiner Stimme zu hören. „Wenn’s sein muss…“, murmelte sie. „Ich lad dich dafür auch auf ‘ne Cola ein.“, versuchte Kurosaki dann doch noch zu beschwichtigen. Teru lächelte leicht, hatte das Gesicht jedoch von Kurosaki abgewandt und so konnte er es nicht sehen. „Wie auch immer…“, murmelte sie erneut und verbarg, dass sie sich darüber freuen würde, mit ihm eine Cola trinken zu gehen.   Nur wenig später war jegliche Freude jedoch vergessen. Sie zog einen riesigen Wagen wie eine Rikscha hinter sich her und ihre Laune verschlechterte sich von Schritt zu Schritt. Und was dem Ganzen die Krone aufsetzte, war, dass Kurosaki nichts, aber auch rein gar nichts trug. Das einzige, das er in der Hand hielt, war seine Zigarette. „Das Teil ist sauschwer, Kurosaki!“, beschwerte sie sich nicht zum ersten Mal an diesem Abend. „Sklaven haben sich nicht zu beschweren.“, antwortete er, ohne sich zu ihr umzudrehen. „Der Baumarkt ist total weit weg!“ Teru ließ sich von seinen Worten nicht davon abhalten, zu meckern. „Und es ist schon stockduster.“ „Schön.“, gab er schließlich nach. „Dann spendiere ich dir eben ein Abendessen.“ Terus Gesicht hellte sich auf. Jetzt, da Sou weg war, müsste sie jeden Tag alleine essen und für sich alleine kochen. Da war eine Einladung auf ein Abendessen doch genau das Richtige. „Ich hab nichts gesagt!“, rief sie und legte einen Zahn zu. Etwas später saßen sie in Masters Lokal und während Teru das ihr spendierte Abendessen verschlang, nippte Tasuku an einem nach Terus Meinung absolut nicht verdienten Feierabendbier. „Schmeckt’s dir?“, fragte Master mit seinem charmantesten Lächeln. Dass er auch endlich mal Souichirous hochgepriesene Schwester kennenlernen durfte. „Dein Essen ist viel zu gut für eine Sklavin wie sie.“, antwortete Kurosaki, bevor Teru überhaupt den Mund aufmachen konnte. Wütend stierte sie zu ihm herüber. „Krieg ‘ne Glatze, Kurosaki!“, rief sie ihr Besteck fest umklammernd, bereit, es notfalls als Waffe zu benutzen. Kurosaki grinste sie nur an. „Er ist immer so gemein.“, sagte Master nun. „Aber in Wahrheit hat er doch nichts außer diesem einen Mädchen im Sinn.“ Kurosaki schrak hoch. „Hey, Master, du kannst doch hier nicht solche Sachen ausplaudern!!!“, brüllte er, bevor er sich dann an Teru wendete. „Er lügt! Das ist eine Riesenlüge!!! Ich hab kein Interesse an so kleinen Gartenzwergen mit Körbchengröße A. Und mehr sag ich dazu nicht.“ Teru war sprachlos und kochte vor Wut. Ja, sie hatte Körbchengröße A und ja, es machte ihr zu schaffen. Was bildete sich dieser Kerl überhaupt ein? „Ich hab auch kein Interesse an dir, du Penner!“, brüllte sie zurück und stand auf. „Bild dir bloß nichts ein!“ „Wohin gehst du?“, fragte Kurosaki. „Ich geh Blumen pflücken!“, antwortete Teru und stapfte Richtung Toilette. „Hoffentlich fallen dir endlich mal die Haare aus!“ Master lachte vor sich hin. Diese Szene war einfach zu herrlich. „Hör auf, zu lachen!“, verlangte Kurosaki. „Das ist ja wohl alles deine Schuld!“ „Ja, tut mir leid…“, erwiderte Master immer noch lachend. „Aber ich kann einfach nicht anders…“     „Sou?“, rief Teru hoffnungsvoll, als sie die Wohnung betrat. Keine Antwort. Sie seufzte. War ja klar, dass er noch nicht wieder da war. Es war nun schon drei Tage her, dass er einfach so verschwunden war. Gemeldet hatte er sich auch nicht bei ihr. Im Dunkeln streifte sie die Schuhe ab und betrat dann das Wohnzimmer, wo sie nun auch das Licht anmachte. Sie traute ihren Augen kaum, als sie das Zimmer sah. Alles war verwüstet. Schubladen standen offen und waren offensichtlich durchwühlt worden. Einige Dinge waren umgekippt oder im ganzen Raum verstreut. Irgendjemand war hier eingebrochen! Panisch rannte sie in ihr Zimmer und verschloss die Tür. Sie bekam es mit der Angst zu tun. Auch hier war alles durchwühlt worden. Ihre Klamotten und ihre Bücher lagen im ganzen Zimmer verteilt und alles war von dem Federn ihres aufgeschlitzten Kopfkissens bedeckt. Nachdem sie ein paar Mal tief durchgeatmet hatte, kramte sie ihr Handy hervor.   DAISY, Bei mir hat jemand eingebrochen. Alles ist verwüstet, selbst in meinem Zimmer. Sogar mein Bett wurde aufgeschlitzt. Ich habe Angst, DAISY. Bitte hilf mir. Teru     Kurosaki, der mal wieder bei Master an der Theke saß, kramte sein Handy hervor, als er die Vibration in seiner Hosentasche spürte. Eine Nachricht von Teru. Während er an seiner Zigarette zog, klappte er das Handy auf und las die Nachricht. Ihm blieb der Mund offen stehen und die Zigarette fiel ihm beinahe heraus. „Verdammt!“, brüllte er und ballte die Hände zu Fäusten. „Was ist los?“, fragte Master erschrocken. Kurosaki hielt ihm sein Handy hin, sodass auch er Terus Nachricht lesen konnte. „Waaaaaas?“, rief er schon beinahe hysterisch. „Bei ihr ist eingebrochen worden?“ „Diese Mistkerle…“, murmelte Kurosaki mit weit aufgerissen Augen und geballten Fäusten. „Ganz ruhig.“, versuchte es Master. „Am wichtigsten ist jetzt ja wohl Teru. Du musst sofort zu ihr…!“ „Das geht nicht.“, widersprach Kurosaki wütend und verzweifelt zugleich. „Sie schickt die SMS ja an DAISY und nicht an mich. Wenn ich zu ihr gehe, dann…“ „Idiot!“, unterbrach Master ihn. „Jetzt ist keine Zeit, sich um so was Gedanken zu machen!“ Kurosaki antwortete nicht. Er machte sich Vorwürfe. Sou hatte ihn extra darum gebeten, auf Teru aufzupassen und nun war so etwas passiert.   Teru saß in ihrem Zimmer auf dem Boden und an ihre Tür gelehnt, während sie sich an ihrem Handy festklammerte. Noch immer keine Antwort von DAISY. Plötzlich hörte sie ein Geräusch, das irgendwo aus der Wohnung kommen musste. Der Horror! Vorsichtig spähte sie aus ihrem Zimmer. Niemand war zu sehen. Sie zögerte kurz, bevor sie all ihren Mut fasste und aus ihrem Zimmer sprintete, schnell in ihre Schuhe schlüpfte und die Wohnung verließ.   In Masters Lokal stritten sie sich immer noch. „Mann, das gibt’s doch nicht!“, brüllte Master. „Dann geh hin und benutz als Ausrede: ‚Ich war zufällig in der Gegend…‘!!“ „Fällt dir da keine natürlichere Ausrede ein?!!“, brüllte Kurosaki genauso laut zurück, bevor er sich zurück auf den Stuhl fallen ließ und die Hände in seinen Haaren vergrub. „Argh… Verdammte Ausreden… Ich sollte einfach losgehen und nicht länger…“ In dem Moment öffnete sich die Tür. Kurosaki und Master blickten erschrocken zur Tür. „Ah…“, machte Teru, die mit geröteten Wangen, zerzaustem Haar und glasigen Augen gerade eingetreten war. „Hier bist du ja… Kurosaki…“ Kurosaki konnte sie nur entgeistert anstarren. „B… bei mir wurde eingebrochen.“, begann sie, zu erklären. „Alles ist verwüstet… mein Bett aufgeschlitzt… Ich habe furchtbare Angst… Ich habe DAISY gesimst… aber er ist nicht gekommen… und dann… Ich weiß auch nicht warum… Dann bin ich hierhergekommen.“ Während sie redete, bildeten sich Tränen in ihren Augen, die schon bald über ihre Wangen kullerten. Endlich fand Kurosaki seine Fassung wieder. Er schlang die Arme um Teru und drückte sie fest an sich. „Alles wird gut.“, sagte er beruhigend. „Mach dir keine Sorgen. Jetzt ist alles in Ordnung.“   Kapitel 8: Seeking refuge ------------------------- Nervös hielt Teru sich an ihrem eigenen Rock fest, während Kurosaki seine Wohnungstür aufschloss. „Komm rein.“, forderte Kurosaki sie auf, nachdem er die Tür geöffnet hatte und eingetreten war. Es war dunkel und Teru konnte nicht viel erkennen. Ein leichter Geruch von kaltem Rauch lag in der Luft, doch der störte sie kaum. Der Rauchgeruch vermischte sich mit einem sauberen  Duft, den auch Kurosaki selbst immer umgab und der ihr mittlerweile schon so vertraut war. „Ojama shimasu.“, murmelte sie, während sie eintrat. Kurosaki machte das Licht an und Teru sah sich unsicher um. Hinter dem kleinen Eingangsbereich lag direkt das Wohnzimmer, welches mit einem Sofa, einem niedrigen Couchtisch und einem Fernsehtisch mitsamt Fernseher, Receiver, DVD-Player und einer Playstation ausgestattet war. Vom Wohnzimmer gingen 4 Türen ab. Es handelte sich wohl um eine Küche, ein Bad sowie zwei weitere Zimmer. „Warte kurz.“, sagte Kurosaki und verschwand dann durch eine Tür in ein Zimmer, das Teru durch die geöffnete Tür als Schlafzimmer identifizierte. Hier wohnte er also. Sie konnte nicht verhindern, dass sie nervös war. Das war das erste Mal, dass sie mit einem Mann alleine in seiner Wohnung war. Und dann war es ausgerechnet Kurosakis… Sie versuchte, sich selbst zu beruhigen. Egal wie fies und doof er manchmal war, er war niemand, der so eine Situation ausnutzen würde. Sie wusste nicht genau, wieso, aber sie wusste, dass sie ihm vertrauen konnte. Vermutlich war sie auch deshalb gleich zu ihm gekommen, als sie in Panik geraten war. „Hier.“ Kurosaki drückte ihr ein paar Klamotten und ein großes Handtuch in die Hand. Teru guckte kurz auf die Sachen in ihrer Hand und sah dann fragend zu ihm auf. „Geh duschen oder nimm ein Bad.“, sagte er schließlich erklärend. „Das wird dir gut tun. Du zitterst immer noch.“ Er hatte recht. Der Schreck steckte ihr tief in den Knochen und obwohl sie sich, seit sie in seiner Nähe war, sicher fühlte, hatte sie sich immer noch nicht beruhigt. „Okay.“, stimmte Teru leise zu. Kurosaki lächelte sie kurz an, bevor er auf eine der Türen zuging und sie öffnete. Es war das Badezimmer. Teru folgte ihm mit leichtem Herzklopfen. „Hier.“, sagte Kurosaki. „Du kannst alles benutzen, was du brauchst. Duschgel. Shampoo… Sorry, ich hab leider nur Sachen für Männer.“ „Ah, schon gut!“, wehrte Teru mit roten Wangen ab. Allein die Vorstellung, nicht nur seine Dusche sondern auch noch sein Shampoo und sein Duschgel zu benutzen, machte sie nur noch nervöser. „Dann lass ich dich mal alleine.“, verkündete Kurosaki und wandte sich zum Gehen.  „Wenn du noch irgendetwas brauchst, sag einfach Bescheid.“ „Ja, danke.“, sagte Teru schnell, bevor Kurosaki die Tür hinter sich schloss. Sie starrte kurz auf die Tür, durch die er gerade verschwunden war, und klammerte sich an die Klamotten, die er ihr gegeben hatte. Sie holte einmal tief Luft und legte dann die Kleider auf die Ablage, bevor sie die Tür abschloss und dann begann, sich zu entkleiden. Die Dusche tat ihr wirklich gut. Langsam entspannte sie sich etwas, wobei der Geruch seines Duschgels gleichzeitig ihr Herz zum Klopfen brachte. Aber auf eine irgendwie aufregende, angenehme Weise.   „Verdammt!“, fluchte Kurosaki und klappte wütend sein Handy zu. Wieso war Sou gerade jetzt nicht zu erreichen? Ja, er hatte gesagt, dass er eine Zeit lang weg sein würde und dass es wegen dem Vermächtnis von M war. Es war klar, dass man ihn nicht so einfach erreichen würde und gerade deshalb hatte er ihn, Kurosaki, ja auch gebeten, für ihn auf Teru aufzupassen. Aber dass man ihn so gar nicht erreichen konnte. Die Situation war immerhin mehr als ernst. Was sollte er denn jetzt machen? Natürlich konnte Teru so lange sie wollte bei ihm bleiben, aber es wäre ihm lieber, wenn Sou bald zurück wäre. Nicht weil er Teru nicht gerne bei sich hätte… Aber die Gefahr, dass sie wohlmöglich herausfinden könnte, dass er DAISY war, war einfach zu groß. Außerdem war ihm allgemein wohler, wenn Sou dar war. So durchgeknallt er manchmal war, er war nicht nur sein bester Freund, sondern auch sein Mentor. Der Mensch, der ihn damals wieder auf die Beine gezogen hat, der immer für ihn da gewesen war. Was trieb er nur?   Kurosaki hörte den Schlüssel im Türschloss des Badezimmers und kurz darauf öffnete sich die Tür. Er drehte sich um und sah Teru, die mit nassen Haaren, leicht geröteten Wangen und einem Handtuch um den Nacken das Zimmer betrat. Sie trug seine Sachen, die ihr natürlich viel zu groß waren. „Geht’s dir besser?“, fragte er und war erleichtert, dass sie immerhin wieder etwas Farbe im Gesicht hatte. Teru nickte. „Komm her.“, forderte er dann und wies auf einen Platz auf der Couch neben sich. „Ich hab Tee gemacht.“ „Danke.“, antwortete Teru leise und folgte seiner Aufforderung. Sie setzte sich neben ihn, griff nach der Tasse und zog die Beine an, während sie den ersten Schluck trank. Kurosaki beobachtete sie. Sie sah wirklich deutlich besser aus als vorher, aber er wusste, dass ihr die ganze Sache immer noch tief in den Knochen steckte. „Danke, dass ich herkommen durfte.“, sagte Teru plötzlich, ohne ihn anzusehen. „Selbstverständlich.“, erwiderte Kurosaki und schenkte ihr ein Lächeln. Sie hatte ja keine Ahnung, wie selbstverständlich es für ihn war, dass er für sie da sein wollte. Teru nahm noch einen Schluck Tee. „Du bleibst morgen jedenfalls erst mal hier.“, beschloss Kurosaki. „Hä?“, machte Teru und sah ihn endlich an. „Du gehst morgen nicht zur Schule!“, erklärte er bestimmte. „Aber ich kann doch nicht einfach die Schule schwänzen!“, protestierte Teru, wodurch sie einen strengen Blick von Kurosaki erntete. „In so einer Situation kann man ja wohl kaum von schwänzen reden!“, erwiderte er. „Hör mir mal gut zu, Teru. Wir wissen nicht, wer dahinter steckt und wieso er das gemacht hat. Du bleibst mir morgen jedenfalls erst mal schön zu Hause!“ „Zu Hause?“, fragte Teru schwach nach. „Ich meine hier.“, erklärte Kurosaki. „Bis dein Bruder wieder da ist, bleibst du erst mal hier.“   Teru konnte nicht verhindern, dass ihr Herz einen kleinen Hüpfer machte. Kurosaki war definitiv kein schlechter Kerl, auch wenn er manchmal ganz schön fies sein konnte. „Kann ich wirklich hierbleiben?“, fragte sie mit leicht geröteten Wangen. Sie sah Kurosaki an und sah ihn lächeln. „Ich hab dir doch gesagt, dass du hierbleiben kannst.“, antwortete er und streckte seine Hand nach ihr aus. Sie dachte, ihr Herz würde stehen bleiben. Er grinste, als er ihr durch die noch feuchten Haare wuschelte.   „Zeit fürs Bett.“, verkündete Kurosaki schließlich, nachdem sie zusammen noch etwas ferngesehen hatten, wobei sie Tee  und er Bier getrunken hatte. „Okay.“, stimmte Teru zu. Kurosaki erhob sich, nahm die leere Bierdose und die Teetasse und brachte sie in die Küche. Teru blieb unsicher auf dem Sofa sitzen und wartete ab, was er nun machte. Nachdem er in der Küche gewesen war, ging er ins Badezimmer. Teru hörte, wie er nach irgendetwas kramte. Schließlich kam er wieder zu ihr. „Hier.“, sagte er und hielt ihr eine Zahnbürste hin. „Die ist unbenutzt, keine Sorge.“ Teru nahm die Zahnbürste entgegen. „Geh schon mal ins Bad und mach dich fertig.“, forderte er auf und Teru gehorchte. Nachdem sie sich die Zähne geputzt und das Gesicht gewaschen hatte, kam sie zurück ins Wohnzimmer, wo Kurosaki eine Decke und ein Kissen auf das Sofa gelegt hatte. Teru setzte sich auf das Sofa, legte das Kissen richtig hin und wollte sich gerade zudecken, als Kurosaki die Decke festhielt. „Was machst du da?“, fragte er. Verwirrt sah Teru ihn für einen Moment einfach an. „Ähm…“, machte sie. „Mich schlafen legen?“ „Dummbatz.“, erwiderte Kurosaki. „Du schläfst im Bett!“ Teru wurde auf einen Schlag knallrot. SIE sollte in Kurosakis Bett schlafen? „W-was?“, fragte sie. „Ich kann sehr gut auf dem Sofa schlafen!“ „Nichts da!“, widersprach Kurosaki. „Du schläfst im Bett. Keine Diskussion.“ „A-aber…“, versuchte es Teru erneut. „Kein Aber!“, unterbrach er sie. „Du schläfst im Bett! Wenn nötig, trage ich dich dahin.“ Mit einem Satz stand Teru auf. „Nicht nötig!“, rief sie. „Ich kann selbst gehen!“ Kurosaki grinste triumphierend. „Braves Mädchen.“, lobte er sie und fuhr ihr erneut über das Haar, bevor er ins Schlafzimmer voranging. Teru folgte ihm. Er holte sich ein paar Sachen aus dem Kleiderschrank und ging dann wieder zur Tür. „Wenn du irgendwas brauchst, sag Bescheid.“, sagte Kurosaki. „Kannst mich auch wecken.“ „Okay.“, stimmte Teru zu, obwohl sie genau wusste, dass sie ihn niemals wecken würde. „Gute Nacht, Teru.“, sagte Kurosaki. „Gute Nacht.“, erwiderte Teru und sah ihm hinterher, wie er das Zimmer verließ. Sie atmete einmal tief durch. An diese Situation würde sie sich erst mal gewöhnen müssen.   Kurz nachdem sie sich mit klopfendem Herzen in Kurosakis Bett gelegt hatte, vibrierte ihr Handy. Sie sah aufs Display. Eine SMS von DAISY.   Es tut mir leid, Teru. Es tut mir so unendlich leid. Ich habe Dich enttäuscht. Du brauchtest meine Hilfe, doch ich habe dich enttäuscht. Ich hoffe, Du kannst mir verzeihen. Ich weiß, dass Du jetzt in Sicherheit bist. Glaub mir, Teru, auch wenn ich nicht bei dir sein kann, ich werde immer auf Dich aufpassen. DAISY   Teru lächelte leicht. Ja, sie wusste es. Sie wusste, dass er immer für sie da sein würde und sie immer beschützen würde. Sie war sich ganz sicher, dass er es niemals zugelassen hätte, dass ihr etwas passiert, selbst wenn er sich ihr nicht zeigen konnte. Immerhin war er ihr DAISY.       „Sicher, dass es in Ordnung ist?“, fragte Kurosaki besorgt. Teru nickte. Sie standen zusammen mit zwei Polizisten vor ihrer Wohnungstür. Teru zog den Schlüssel aus ihrer Tasche und schloss die Tür auf. Teru zeigte den Polizisten die Verwüstung und beantwortete brav ihre Fragen. Zwar hatten sie und Kurosaki sich einiges anhören müssen, dass sie die Polizei erst am nächsten Morgen benachrichtigt hatten, doch zeigten sie sich zumindest Teru gegenüber einigermaßen verständnisvoll. Es wurden Fotos gemacht und nach Spuren gesucht. „Fehlt irgendetwas?“, lautete eine der Fragen. Teru hatte sich zusammen mit den Polizisten bereits genauer umgeschaut. Sie schüttelte den Kopf. „Nein.“, antwortete sie. „Ich glaube, es fehlt nichts.“ „Hm…“, machte der Polizist. „Wenn nichts gestohlen worden ist, können wir wohl davon ausgehen, dass es sich nicht um einen simplen Einbruch handelt.“ Der Gedanke war Teru auch schon gekommen, obwohl sie wirklich keine Ahnung hatte, was jemand von ihr oder Sou wollen könnte. „Fällt Ihnen irgendjemand ein, der ein Motiv haben könnte, Ihre Wohnung so zu durchsuchen? Oder ein Hinweis auf das, was er gesucht haben könnte?“ Teru schüttelte den Kopf. Der Polizist seufzte. „Können Sie uns sagen, wo sich ihr Bruder zurzeit aufhält?“, fragte er weiter. Erneut schüttelte Teru den Kopf. „Nein.“, antwortete sie niedergeschlagen. Sie wünschte, sie wüsste, wo Sou war. Sie wünschte, Sou wäre hier bei ihr. Wie konnte er sie nur alleine lassen? „Können Sie uns sagen, wie wir ihn erreichen können?“, fragte der Polizist weiterhin in sachlichem Tonfall. Teru spürte einen Kloß im Hals, als sie schluckte, und bemühte sich, die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken. „Ich weiß es nicht.“, antwortete sie mit belegter Stimme. „Na schön…“, schloss der Polizist und klappte sein Notizbuch zu. „So kommen wir im Moment wohl nicht weiter. Es wird eine Anzeige gegen Unbekannt erstattet und wir schauen, was wir tun können. Wenn Ihnen noch irgendetwas einfällt, wenden Sie sich bitte an uns.“ „In Ordnung.“, sagte Teru niedergeschlagen.   Die Polizisten verabschiedeten sich und Kurosaki ging noch kurz mit ihnen vor die Tür. Als er wiederkam, stand Teru immer noch genauso da wie vorher. Ihr Blick war gesenkt und sie hatte die Arme verschränkt, wie um sich selbst Halt zu geben. „Teru?“, sprach Kurosaki sie an. Ruckartig sah sie auf. „Alles in Ordnung?“, fragte er besorgt. Schnell setzte sie ein lachendes Gesicht auf. „Na klar!“, antwortete sie ein wenig zu enthusiastisch. „Das ist zwar eine echt doofe Situation hier, aber es ist ja niemandem etwas passiert. Also alles kein Problem. Man muss nur wieder ein bisschen Ordnung schaffen hier. Ich fang gleich damit an und dann kann ich auch wieder hier wohnen. Das ist schon okay. Und wenn Sou dann zurück ist, ist alles wieder in Ordnung!“ Kurosaki sah sie musternd an. „Teru…“, sagte er sanft. „Es ist okay. Du musst nicht hier bleiben, bis Souichirou wieder da ist. Ich habe dir doch gesagt, dass du so lange bei mir bleiben kannst.“ Terus aufgesetzte Fröhlichkeit bröckelte, als sie ihn ansah. „Ich weiß, dass du Angst hast.“, fuhr Kurosaki fort. „Aber du musst dir keine Sorgen machen. Ich bin für dich da. Dir wird nichts passieren. Das verspreche ich dir.“ Teru konnte ihre Tränen nicht länger zurückhalten. Kurosaki überwand die letzte Distanz zwischen ihnen und zog sie in seine Arme. „Ich verspreche es dir…“, wiederholte er. Kapitel 9: The new counsellor ----------------------------- Teru schlug die Augen auf. Für einen Moment wusste sie nicht, wo sie war, bevor ihr alles wieder einfiel. Das war schon die zweite Nacht, die sie bei Kurosaki verbracht hatte. Sie griff nach ihrem Handy und sah auf die Uhr. 6:23 Uhr. Eigentlich konnte sie noch ein bisschen schlafen, aber sie fühlte sich überraschend fit. Sie schlug die Decke beiseite und schwang ihre Beine aus dem Bett. Sie streckte sich einmal, bevor sie schließlich aufstand. Auf Zehenspitzen schlich sie zur Zimmertür und öffnete sie zunächst nur einen Spalt. Schlief Kurosaki noch? Sie wollte ihn auf keinen Fall wecken. Viel zu gefährlich. Sie spähte in das im Dunkeln liegende Wohnzimmer, doch sie konnte nicht erkennen, ob Kurosaki auf dem Sofa lag oder nicht. Vorsichtig schlich sie näher heran, bis sie ihn sah. Er lag auf dem Rücken, einen Arm über seinen Kopf gehoben, den anderen auf seiner Brust ruhend. Ein Bein lukte unter der Decke hervor. Er atmete ruhig. Wenn er schlief, sah er wirklich friedlich aus. Teru konnte ihren Blick nicht von Kurosakis schlafendem Gesicht abwenden. Beinahe wie in Trance streckte sie eine Hand aus, um eine Strähne aus seiner Stirn zu streichen. Sie schrak richtig zusammen, als Kurosakis Hand plötzlich ihren Arm packte. Er sah sie aus seinen blauen Augen heraus und mit zusammengezogenen Augenbrauen an. „D-d-das… i-ich…“, stotterte Teru und wurde rot. Kurosaki setzte sich schlaftrunken auf, ohne jedoch Terus Arm loszulassen. Er gähnte und fuhr sich mit seiner freien Hand durch die Haare. Teru bemerkte, dass er alles andere als fit und ausgeschlafen aussah. „Sklave“, brummte er und Teru salutierte reflexartig mit ihrer freien Hand. „Kaffee.“ Damit ließ er sie los. „Jawohl!“, rief sie aus und lief sofort in die Küche. Dort angekommen musste sie sich erst einmal kurz an der Arbeitsfläche abstützen. Ihr Herz raste. Hatte sie einen Schreck bekommen! „Teru!“ Sie hörte ihren Namen und nur wenige Augenblicke später hatte ihre Freundin Haruka sich ihr um den Hals geworfen. „Haruka!“, stieß Teru überrascht und ein wenig atemlos hervor, da das große blonde Mädchen sie so fest an sich drückte. „Ich bin so froh, dass es dir gut geht“, schluchzte Haruka schon beinahe. „Was?“, fragte Teru etwas verwirrt. „Na, ich hab gehört, bei dir wurde eingebrochen“, erklärte Haruka und sah Teru eindringlich an. „Achso, ja“, bestätigte Teru. Noch am vorigen Tag war Teru selbst total am Boden zerstört gewesen, doch jemand war für sie da gewesen und hatte sie vor allem Übel beschützt. „Was machst du denn jetzt?“, fragte Haruka weiter, „Dein Bruder ist doch gar nicht da, oder?!“ „Nein, er ist immer noch weg und… ich habe echt keine Ahnung, wie ich ihn erreichen kann“, erzählte Teru mit besorgter Stimme, „Er geht einfach nicht an sein Handy.“ „Ihm geht’s bestimmt gut“, versuchte Haruka sie zu beruhigen. „Ich hoffe…“, murmelte Teru. Irgendwie konnte sie sich so gar nicht auf den Unterricht konzentrieren. Ständig schweiften ihre Gedanken ab. Zu dem Einbruch, zu ihrem Bruder und nicht zuletzt zu dem jungen, blonden Hausmeister, den sie von ihrem Fensterplatz aus nur zu gut beobachten konnte. Er hatte gerade einige kaputte Steine an der Begrenzung der Beete ausgetauscht und saß nun auf eben diesen Steinen, um eine zu rauchen. Er hob den Blick und seine Augen trafen direkt auf Terus. Sie fühlte sich ertappt, hatte sie ihn doch schon die ganze Zeit beobachtet. Er grinste. Plötzlich wandte er den Blick von ihr ab und richtete ihn auf etwas anderes, links von ihm. Teru folgte seinem Blick und konnte eine junge Frau in einem knielangen, enganliegenden Rock und einer Bluse erkennen. Kurosaki stand auf und kurz darauf blieb die junge Frau direkt vor ihm stehen. Teru versuchte, die Frau besser zu erkennen, doch sie stand mit dem Rücken zu ihr. Wer war das? Kurosaki und die Frau unterhielten sich. Kurosaki verzog das Gesicht, sie schien sich aufzuregen. Kurosaki lachte, die Frau scheinbar auch. Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter. Er grinste. Aus irgendeinem Grund bekam Teru Bauchschmerzen. Es gefiel ihr nicht, ihn mit dieser Frau zu sehen. Plötzlich wurde seine Miene ernst. Er nickte, sagte etwas. Plötzlich sah er wieder zu ihr auf, zeigte sogar auf sie. Die Frau, die bei ihm stand, drehte sich um und sah in die Richtig, in die Kurosaki zeigte. Ihre Miene hellte sich auf und im gleichen Moment machte Terus Herz einen kleinen Hüpfer. Riko! „Oh Teru!“, rief Riko und nahm die kleine Schwester ihres Verlobten fest in die Arme. Teru erwiderte die Umarmung. Sie freute sich so sehr, sie zu sehen. „Riko! Wo warst du so lange? Und wo ist Sou?“, fragte Teru aufgeregt. Riko sah sie mit einem schiefen Lächeln an. „Tut mir leid, meine Kleine“, sagte sie, „Wo Sou ist, kann ich dir leider auch nicht sagen. Ich hatte selbst ziemlich viel um die Ohren in letzter Zeit und ich hab schon ewig nichts von ihm gehört.“ Das entsprach der Wahrheit. Seit ihrer kleinen Konferenz beim Meister hatte sie ihn nicht mehr gesehen. Nachdem alle gegangen waren, hatte er sie in den Arm genommen und sie geküsst. Dann hatte er sie eindringlich angesehen. „Bitte pass gut auf Teru auf“, hatte er gesagt, „Ich weiß, ich kann Tasuku vertrauen, aber… manchmal braucht ein sechzehnjähriges Mädchen einfach auch eine weibliche Person, die für sie da ist. Und du bist die einzige, auf die ich zählen kann.“ Riko hatte es ihm versprochen. Nicht nur um seinetwillen. Auch sie selbst hatte Teru längst ins Herz geschlossen und betrachtete sie als ihre eigene kleine Schwester. „Und was machst du hier?“, fragte Teru weiter. Riko lächelte. „Ich arbeite jetzt hier“, erklärte sie. „Was, DU?“, hakte Teru skeptisch nach. Riko schob schmollend die Unterlippe nach vorne. „Hast du was dagegen?“, fragte sie scheinbar zutiefst beleidigt. „Ganz und gar nicht“, antwortete Teru grinsend. Auch Riko lächelte nun wieder und strich ihr durchs Haar. „Gut“, sagte sie fröhlich, bevor sie sich ein wenig zu Teru herüberbeugte. „Wenn du mich brauchst, Teru, kannst du jederzeit zu mir kommen. Wenn du einen Rat brauchst… oder so…“ „Warum?“, fragte Teru etwas verwirrt von der Art, wie Riko es gesagt hatte. „Na, ich bin die neue Schulpsychologin!“, erklärte Riko mit einem breiten Grinsen und zu einem Victory-Zeichen erhobenen Fingern. Riko als Schulpsychologin? Na, das konnte ja heiter werden. Kapitel 10: Are you kididng me? ------------------------------- „Was denkst du dir eigentlich dabei?“ Kurosaki zog an seiner Zigarette. Jetzt zeigte sie ihr wahres Gesicht, diese Riko. „Was meinst du?“, fragte er, als wenn er nicht genau wüsste, wovon sie redete. „Teru einfach bei dir wohnen zu lassen“, erklärte Riko, „Sie ist 16!! Und du bist 24!!“ „Und was hätte ich deiner Meinung nach tun sollen?“, fragte er knurrend, „Hätte ich sie da wohnen lassen sollen, nachdem bei ihr eingebrochen wurde und sie total verängstigt war?“ „Du hättest mich anrufen können!“, erwiderte Riko aufgebracht, „Du hättest gar nicht so mit ihr in Kontakt treten sollen! Was, wenn sie herausfindet, dass du DAISY bist? Sie wäre zutiefst verletzt und enttäuscht!“ Rikos Worte trafen ihn und zwar, weil er genau wusste, dass es stimmte. Natürlich wäre sie verletzt und enttäuscht, wenn sie herausfände, dass er DAISY war. Aber hatte nicht vor, sie das herausfinden zu lassen. „Hör mir mal zu“, forderte Kurosaki wütend, „Ich wollte das alles auch nicht. Sou hat mich darum gebeten, auf seine kleine Schwester aufzupassen und genau das mache ich. Ob du’s glaubst oder nicht, Sou hat mich sogar darum gebeten, sie bei mir wohnen zu lassen, während er weg ist, aber ich habe abgelehnt. Weil ich genau wie du und ganz im Gegensatz zu Sou ein bisschen gesunden Menschenverstand habe und einfach keine 16-jährige Schülerin bei mir wohnen lassen konnte und wollte. Aber weißt du was? Als bei Teru eingebrochen wurde, hat sie DAISY geschrieben. Und was konnte ich als DAISY tun? NICHTS! Ich konnte nicht zu ihr und ihr helfen. DAISY ist gut für ein paar nette Worte, aber er kann nicht wirklich auf sie aufpassen. Und weißt du auch, zu wem sie gekommen ist, als DAISY ihr nicht geholfen hat? Zu MIR, Kurosaki, dem Hausmeister, dem Sklaventreiber! Weil sie einfach nicht wusste, wohin. Sou ist abgehauen, du bist abgehauen. Sie hatte niemanden mehr und deshalb ist sie zu mir gekommen. Was hätte ich tun sollen?“ Riko starrte ihn mit gerunzelter Stirn an. Was er sagte, gefiel ihr nicht, aber er hatte vermutlich recht. „In Ordnung“, gab sie schließlich nach, „Du hast recht. Du hattest keine andere Wahl. Aber Teru muss bei dir ausziehen. Ich bin jetzt hier. Ich passe auf sie auf. Am besten hältst du dich von nun an von ihr fern. Sie soll nicht herausfinden, dass du DAISY bist.“ „Nein“, widersprach er, „Teru zieht bei mir aus, in Ordnung. Aber ich habe Sou versprochen, auf sie aufzupassen und das werde ich auch tun.“ „Hmpf“, machte Riko, „Na schön, dann passen wir eben beide auf sie auf.“ „Kurosaki?“, rief Teru in die leere Wohnung. Es kam ihr immer noch komisch vor, seine Wohnung zu betreten, ganz besonders wenn er nicht da war. Für einen Moment stand sie etwas unentschlossen im Flur, bevor sie sich die Ärmel hochkrempelte. „Na schön, dann wollen wir uns mal nützlich machen.“ Damit schnappte sie sich einen Eimer und einen Putzlappen und begann damit, die Wohnung auf Vordermann zu bringen. Als sie damit fertig war, machte sie zunächst ihre Hausaufgaben, bevor sie anfing, zu kochen. Sie hörte, wie sich die Wohnungstür öffnete und Kurosaki hereinkam. Sie eilte zu ihm, um ihn zu begrüßen. „Willkommen zurück“, sagte sie strahlend. Er sah sie skeptisch an, erwiderte aber nichts. Stattdessen rümpfte er die Nase. „Was riecht denn hier so?“, fragte er sie skeptisch. „Das, mein lieber Kurosaki“, antwortete sie, „ist der Geruch einer sauberen Wohnung und eines leckeren Omlettes à la Teru.“ „Ach du Scheiße…“, erwiderte er und tat so, als graute ihm vor Terus Essen. Teru verzog das Gesicht. „Krieg ‘ne Glatze, Kurosaki!!“, rief sie und stapfte zurück in die Küche. Kurosaki grinste. Er würde sie schrecklich vermissen, wenn sie ausgezogen war. Eigentlich war es doch ganz nett, mit einem hübschen, jungen Mädchen zusammenzuleben. Wenig später saßen sie zusammen im Wohnzimmer und aßen. Kurosaki hatte sich ein paarmal entschuldigen müssen, bevor Teru sich bereit erklärt hatte, ihm auch etwas zu essen zu geben. „Du Teru…“, sagte er irgendwann. „Hm?“, machte sie mit vollem Mund und sah ihn erwartungsvoll an. „Du weißt, dass du nicht ewig hier wohnen bleiben kannst, oder?!“ Terus Magen wurde flau. „Ich weiß“, bestätigte sie und blickte auf ihren Teller. „Versteh mich nicht falsch“, beeilte Kurosaki sich zu sagen, „Ich will dich nicht loswerden oder so.“ Oh Gott, das klang so, als hätte er sie gerne hier. „Ist schon ganz praktisch… so ein eigener Haussklave“, fügte er schnell hinzu, um ja keine Schwäche zu zeigen. Er räusperte sich. „Jedenfalls… Riko sucht eine Wohnung, in der ihr dann zusammen wohnen könnt.“ Teru sah auf. „Riko?“, fragte sie. Dass sie darauf nicht früher schon gekommen war. Sie hatte gedacht, dass sie wieder zurück in ihre alte Wohnung musste oder sich bestenfalls eine neue Wohnung suchen musste, in der sie dann bis zu Sous Rückkehr alleine leben musste. „Das ist doch okay für dich?“, hakte Kurosaki nach. „Klar“, bestätigte Teru sofort und zeigte tatsächlich ein wenig Vorfreude auf ihrem Gesicht. Kurosaki war ein wenig gekränkt. Dass sie sich so darauf freute, von ihm wegzukommen… Er schwieg. „Ähm… Kurosaki?“, fragte Teru nach einer Weile. „Hm“, brummte er zum Zeichen, dass er hörte. „Woher kennst du Riko eigentlich?“ Dass er tatsächlich ein Freund ihres Bruders war, hatte er ja abgestritten. Woher also kannte er Riko, wenn nicht über Sou? „Wir haben mal zusammen gearbeitet“, erklärte Kurosaki, „Haben uns seitdem ein paarmal getroffen, um einen zu trinken.“ „Sie ist die Freundin von meinem Bruder“, sagte Teru. „Hab ich gehört“, bestätigte Kurosaki, der tatsächlich immer noch versuchte, dieses Spielchen aufrecht zu erhalten. „Bist du eifersüchtig?“, wollte Teru ihn reizen. Er sah sie fragend an. „Sie ist so hübsch und elegant und reif“, fuhr Teru fort, „Du bist bestimmt in sie verliebt.“ Kurosaki prustete in das Bier, das er gerade getrunken hatte. „WAS?“, brüllte er, „WER HAT DIR DENN DEN SCHEISS ERZÄHLT??? ALS OB ICH IN DIESES BRUTALE MANNSWEIB VERLIEBT WÄRE!!!“ Teru machte ein Victory-Zeichen und streckte ihm die Zunge raus. Hatte sie ihn dran gekriegt! „Du kleine…“, knurrte Kurosaki, als er merkte, dass sie ihn nur veräppelt hatte. Teru lachte. Doch gleichzeitig wusste sie nicht genau, was sie von seiner Reaktion halten sollte. Hatte er sich so aufgeregt, weil es für ihn wirklich so absurd war, sich Riko als Ziel seine Begierde vorzustellen? Oder hatte er sich so aufgeregt und es so vehement abgestritten, gerade weil da doch etwas dran war… Erneut machte sich ein flaues Gefühl in ihrem Magen breit. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)