Die Adlige [vorläufiger Titel] von FireLightning (FanFortsetzung der Triologie "Die Gilde der schwarzen Magier"!) ================================================================================ Prolog: Zweisamkeit ------------------- Ein Schrei unterbrach die Stille Rothens nächtlicher Überlegungen. Hastig sprang er auf und wäre beinahe über das niedrige Tischchen gestolpert, auf dem eine halbvolle Tasse Sumi erkaltete. Stattdessen räumte er das Geschirr mit seinen weiten Roben ab, ließ es jedoch achtlos liegen. Mit wenigen Schritten war er bei der Tür zu Dorriens altem Schlafraum, in dem Sonea bis vor wenigen Sekunden noch friedlich geschlafen hatte. Die junge Magierin hatte sich wohler bei dem Gedanken gefühlt, in den Sommerferien eine vertraue Person und nicht die leeren Räume des Novizenquartiers um sich zu haben und war, auf Rothens Vorschlag hin, mit ihren wenigen Habseligkeiten in seine Räume umgezogen. Es hatte ihn beruhigt, sie in Sicherheit zu wissen und darauf achten zu können, dass sie sich bis zur nächsten Versammlung von den Geschehnissen der letzten Tage ablenkte. Allerdings konnte er es offensichtlich nicht verhindern, dass Sonea Albträume plagten. Dies war die zweite Nacht, in der ein gellender Schrei die nächtliche Stille durchzuckte. Rothen berührte den Türknauf und brachte so die Tür dazu, nach innen aufzuschwingen. Er formte eine Lichtkugel und schickte sie in die Mitte des Zimmers, worauf hin ihm das Blut in den Adern gefror. Es herrschte ein furchtbares Chaos. Überall lagen Bücher und Schriftrollen zerstreut auf dem Boden. Eine Rakaflasche war angebrochen und ein wenig der rötlichen Flüssigkeit sickerte aus der Bruchstelle. Sonea saß aufrecht in ihrem Bett. Tränen rannen ihr über die blassen Wangen und das sonst so freundliche Gesicht war zu einer Grimasse verzerrt. Das Ganze nimmt sie so sehr mit... Verständnisvoll, dachte er mitfühlend. Rothen verspürte einen heftigen Stich in er Brust als die junge Magiern sich ihm plötzlich mit einer verzweifelten Miene zuwandte. „Rothen.“ Es war nicht mehr als ein heiseres Flüstern. „Sonea! Was ist passiert?“ Der Magier trat an ihr Bett, kniete sich hin und nahm ihre Hand. Er schickte ein wenig heilende Magie in ihren Körper, worauf hin sie sich sichtlich entspannte, doch ihr verzweifelter und trauernder Ausdruck blieb. „Ich weiß es nicht.“, gab sie zu und rieb sich die Stirn. Dann blickte sie ihm tief in die Augen. „Ich habe geträumt, ich wäre auf dem Dach der Universität. Drei Ichani standen mir gegenüber und sandten Feuer- und Kraftzauber. Mein Schild geriet ins Wanken. Als ich letztendlich gegen das Geländer gedrückt wurde, kam der entscheidende Schlag von dem mittigen Ichani. Ich fiel rückwärts in die Tiefe, doch da war kein Boden mehr. Ich fiel ins Nichts. Und dann.. dann bin ich aufgewacht. Ich weiß selbst nicht, wieso ich geschrien habe.“ Für einen kurzen Moment zuckten Soneas Mundwinkel, dann war es auch schon wieder vorüber und sie senkte eifrig den Blick. Wenigsten waren ihre Tränen versiegt. „Es ist ja ok. Es befinden sich sowieso nur wenige Magier auf dem Gelände. Die meisten sind in den nächsten Wochen bei ihren Familien.“ Und jetzt ein anderes Thema bitte, fügte er in seinen Gedanken hinzu. Die junge Magierin nickte. Mit einem Mal fiel ihr Blick auf den Fußboden und blieb an der Flasche hängen, die mittlerweile in einer Lache aus Raka lag. Rothen bemerkte ihre überraschte Reaktion. „Du weißt nicht zufällig, wie dieses Chaos zustande kam?“ Ein Hauch von Vergnügen schwang in seiner Stimme mit. „Nein.“, erwiderte Sonea. Eine Erinnerung zuckte jedoch durch ihre Gedanken. 20 Novizen, die ihre Flaschen öffnen. 20 Novizen, die sie in Soneas Richtung vorschnellen lassen. Ein letztes Stück Energie, welches ergriffen wird. 20 Novizen, die sich im nächsten Moment angeekelt hustend zurück zum Novizenquartier begeben. Und ein Mädchen, das überrascht und vergnügt lächelt. „Wisst ihr noch, als ich gegen 20 Novizen gleichzeitig meinen Schild aufrecht er halten musste?“, fragte sie und bemerkte, wie sich der Griff von Rothen um ihre Hand verstärkte. „Ja, aber du hast mir nie erzählt, was es damit auf sich hatte.“ „Nun, ich habe mit letzter Kraft aus Notwehr einen Schild erschaffen, der sich ausdehnt und habe so diese ekelhaft riechende Flüssigkeit abgelenkt, die mich ansonsten getroffen hätte. Heute Nacht habe ich das selbe getan, wieder einmal aus Notwehr, aber unbewusst. Jetzt ist es jedoch wieder so, als ob meine Magie in ihrem Raum in meinem Geist eingeschlossen wäre und ich nicht ran komme, weil ich den Schlüssel verloren habe. Es ist zum verrückt werden.“ Sie seufzte, schlug ihre Decke zurück und schwang vorsichtig ihre Beine über die Bettkante. Rothen betrachtete sie kurz, dann brachen seine Gefühle über ihn herein und überwältigten ihn. Er fühlte ein seltsames Schuldbewusstsein, Sorge und Angst vor der Zukunft – wenn er auch ein wenig Stolz verspürte. Wie würden sich Soneas Klassenkameraden ihr gegenüber verhalten? Was wollte Lorlen auf der anstehenden Versammlung mit ihnen besprechen? Wer würde der nächste Hohe Lord werden? So viele Fragen taten sich ihm auf, während er seine Schülerin betrachtete, die seinen Blick mit einem Mal auffing und lächelte. Es war ein aufrichtiges, herzliches Lächeln. Sie hat das alles nicht verdient. Die Novizen werden sie niemals verstehen können. Und, wenn sie ihre Kräfte nicht unter Kontrolle bekommt, wird sie nicht am Unterricht teilnehmen dürfen. Das wäre zu gefährlich. „Würde es euch etwas ausmachen, wenn ich euch ins Wohnzimmer begleite? Ich denke nicht, dass ich noch einmal einschlafen kann.“ Rothen erhob sich und trat ans Fenster heran. Er schob die Papierblende zur Seite, spähte hinaus und ließ sie im nächsten Moment wieder auf ihren Platz rutschen. „Es ist noch alles dunkel und wahrscheinlich kurz nach Mitternacht. Es wäre besser, wenn du versuchen würdest wenigstens noch für ein paar Stunden zu schlafen.“, sagte Rothen ruhig, doch Sonea erwiderte seinen Blick trotzig. Der Magier seufzte gespielt genervt. „Nagut, aber wehe es wird mir später nachgesagt, ich würde einer vielversprechenden Novizin ihren Schlaf rauben. “ Sonea kicherte und blickte ihm hinterher als er den Raum verließ, damit seine Schülerin sich in aller Seelenruhe umziehen konnte. Nun wurde sie wieder unruhiger. Es war der Zeitpunkt gekommen, ihre neuen Gewänder anzuprobieren, die extra für sie geschneidert worden waren. Eine schwarze Robe, für eine Schwarze Magierin. Dass sie das nur noch mehr abkapseln würde, war den höheren Magiern – ausgenommen Rothen – entweder nicht klar oder egal. Aufgeregt schlüpfte sie in die Kleider und schauderte, als sie den kühlen Stoff auf ihrer Haut spürte. Sie betrachtete voller Erstaunen das Incal an ihrem Arm, das eine Klinge darstellen sollte. Dieser Einfall war zwar nur ein kleiner Witz von Dannyl gewesen, der in seinem Brief an Sonea recht locker mit der Sache umgegangen war, dass sie nun eine schwarze Magierin war, aber Rothen hatte diese Idee wohl zugesagt als er die Schneider beauftragte. Sonea öffnete seufzend die Tür und trat in das geräumige Wohnzimmer, das nur durch zwei Lichtkugeln beleuchtet wurde. Die wenigen Möbelstücke – darunter Sessel, ein Schreibtisch und ein Tisch mit vier einfachen Stühlen – warfen Schatten auf den Fußboden. Rothen, der sich in einen der Sessel niedergelassen und eine neue Tasse Sumi angerührt hatte, blickte auf. Sein überraschter Gesichtsausdruck wich einem Lächeln und er bedeutete ihr, neben ihm Platz zu nehmen. „Die neue Robe kleidet dir wirklich.“, sagte der Alchemist und hielt ihr eine Tasse Raka hin, die sie dankbar annahm. Sie stießen an und tranken einen Schluck. Sofort breitete sich ein warmes Gefühl in Soneas Körper aus und sie machte es sich in ihrem Sessel bequem. „Danke, aber es ist merkwürdig mit schwarzen Gewändern. Ich fühle mich wie eine Hohe Lady, obwohl ich genau das Gegenteil bin. Und erst das Incal!“ Sie verdrehte die Augen und verfluchte im Stillen Dannyl für seinen Scherz. Rothen kicherte. „Glaub mir. Balkan kommt noch weniger mit der neuen Kleiderordnung klar. Eine weiße Robe, das gefällt ihm ganz und gar nicht und ich glaube, ich kenne den Grund. Ich kann mich vage an einen Novizen erinnern, der sich nur zu gerne davon schlich und in der Küche des Magierquartiers den guten Rotwein stahl. Er hatte wahrlich einen guten Geschmack, das muss man ihm lassen. Aber pssst -“ Er hielt bedeutungsvoll einen Finger vor seine Lippen. „Wenn die Klatschblasen darüber reden, weiß ich von wem sie es haben.“ „Ich doch nicht! Was denkt ihr nur von mir!“, erwiderte Sonea mit ihrer unschuldigsten Miene. Sie lachten und nahmen erneut einen Schluck. Eine angenehme Stille breitete sich aus, in der sie nur ihrem eigenen Atem und dem rascheln der Papierblenden lauschten, die durch den Wind, der durch die offenen Fenster drang, hin und her wankten. „Wo ist eigentlich eure neue Schärpe?“, fragte Sonea mit einem Blick auf Rothens purpurfarbene Robe. Der Magier antwortete nur mit einem Kopfnicken in Richtung des Tisches. Der Blick der jungen Magierin fiel auf die schwarze Schärpe, die den Magier, der sie trug, zu dem Oberhaupt seiner Disziplin machte. Vor kurzem war Rothen zum Oberhaupt der Alchemisten ernannt worden und seine Schülerin konnte ihren Stolz nicht verbergen. „Legt sie an, bitte! Für mich.“, fügte sie hinzu, als sein zweifelnder Blick zu ihr durchdrang. Er schüttelte den Kopf, erhob sich jedoch und legte die Schärpe an, die durch das Licht der großen Kugeln, die im Raum schwebten, elegant glänzte. Er wird ihr gerecht werden, dachte Sonea, während sie den Magier betrachtete und liebevolle Gefühle in ihr aufkeimten. „Sie steht euch.“, bemerkte sie. Rothen verneigte sich spielerisch, kicherte und legte das Band wieder ab. Dann ließ er sich abermals in seinem Sessel nieder. Der Alchemist griff nach dem Glas mit dem Sumi und hielt sie seiner Schülerin entgegen. „Auf die Zukunft.“ „Auf die Zukunft!“ Sonea lachte und stieß mit ihrem Lehrer an. Der Klang ihrer aufeinander treffenden Gläser erschallte wie Musik in ihren Ohren und sie spürte, dass die beiden sich näher waren als je zuvor. Es würden schöne Wochen werden, da war sie sich sicher. Tock. Tock. Tock. Dannyl ignorierte das Geräusch, das durch den Vorhang nur gedämpft bis zu ihm vordrang, und drehte sich auf seinem Bett um. Im Halbschlaf vernahm er Schritte auf dem Holzfußboden – Tayend. Der Gelehrte war offenbar schon wach und öffnete ihrem Besuch die Tür. Durch den schwarzen Stoff vernahm der Magier eine ihm bekannte Stimme. „Dürfte ich Dannyl sprechen?“ Irands Stimme ließ Dannyl vollständig erwachen. „Es tut mir Leid, Irand. Er schläft noch, aber wenn ihr möchtet, kann ich ihm -“ Tayend verstummte, als sein Geliebter den Vorhang zur Seite schob, seinen Kopf hinausstreckte und herzhaft gähnte. „Was ist los, Irand?“ „Es ist ein Brief für euch gekommen.“ Irand kramte in der Innenseite seiner modernen Stoffweste und übergab Tayend einen Kuvert. Der Bibliothekar neigte höflich den Kopf und verabschiedete sich, woraufhin der Gelehrte die Tür schloss und sich zu Dannyl umdrehte. Verwundert betrachtete er den Brief in seiner Hand. „Er ist von der Gilde.. von Administrator Lorlen.“ Dannyl stieg widerwillig aus seinem Bett und nahm den Umschlag entgegen. Was würde die Gilde von ihm wollen? Laut Lorlen durfte er in Elyne verweilen bis ihn seine Verpflichtungen als Botschafter in andere Länder verschlugen, doch diese Aufgaben erhielt er normalerweise nicht vom Administrator sondern vom ersten Botschafter. Er ließ sich auf einem der Sessel nieder, brach das Siegel und begann langsam die hastig geschriebenen Buchstaben zu entziffern. Sehr geehrter Botschafter Dannyl, ich bitte euch darum, bei der Versammlung am Ersttag des nächsten Monats anwesend zu sein. Die Gilde hat einige wichtige Entscheidungen zu treffen, bei denen die Meinungen des Ersten und Zweiten Botschafters von großer Wichtigkeit sein werden. Falls ihr verhindert seid, bitte ich um eine Antwort. Eure Schweigsamkeit fasse ich als eure Zusage auf. Zusätzlich würde ich mich freuen, euren derzeitigen Assistenten Tayend von Tremmelin kennenzulernen. Er wird, falls er bereit ist mit euch anzureisen, bei seiner Ankunft seine eigenen Räume im Magierquartier erhalten. Mit freundlichen Grüßen Administrator Lorlen Dannyl ließ den Brief sinken und sah zu dem erwartungsvoll dreinblickenden Tayend hinüber, der sich inzwischen neben ihm in einen Sessel gesetzt hatte. Warum wollte Lorlen seinen Assistenten kennenlernen? Misstrauen regte sich in ihm. „Und, was schreibt er?“, unterbrach der Gelehrte die anhaltende Stille. „Lorlen möchte, dass ich am Ersttag des nächsten Monats in der Gilde erscheine. Es findet eine Versammlung statt, bei der der erste und zweite Botschafter wohl eine größere Rolle spielen sollen beziehungsweise ihre Meinungen. Und er erwartet..“ Er verstummte, atmete tief durch und setzte neu an. „Er möchte meinen Assistenten kennenlernen.“ Tayends Augen weiteten sich und seine Stimme zitterte. „Er möchte mich.. kennenlernen?“ „Jedenfalls habe ich es so verstanden.“, erwiderte der Magier und reichte ihm den Brief. Seine Augen suchten die kurze Nachricht nach den Zeilen ab. Er las atemlos. „Aber.. Aber.. Wieso? Ich meine.. Hat er irgendwas von unserer Beziehung erfahren?“ Dannyl schüttelte den Kopf. „Nein. Wie auch? Ich habe nicht einmal Rothen eingeweiht, obwohl ich das wohl bei unserem Besuch in drei Wochen durchziehen werde, aber vielleicht ahnt er etwas. Schließlich müsste ich jetzt auch zu mir durchgedrungen sein, dass du ein >Knabe< bist. Ein gewöhnlicher Kyralier hätte dich fortgeschickt.“ Tayend stützte sich auf seine Ellbogen und senkte den Blick. Er atmete zu schnell. Sein Geliebter fühlte Mitgefühl in ihm aufkeimen, beugte sie zu ihm hinüber und nahm ihn in seine Arme. „Tayend, alles wird gut. Selbst wenn Lorlen irgendetwas bemerkt hat und wir es ihm bestätigen, wird er es niemandem erzählen. Er ist ein ehrenwerter Mann, das kann ich dir versichern.“ Der Gelehrte legte ebenfalls die Arme um seinen Körper und Dannyl konnte spüren wie sich sein Atem verlangsamte. Sie lösten sich voneinander und lehnten sich in ihren Sesseln zurück. „Du bist wahrlich kein gewöhnlicher Kyralier.“, bemerkte Tayend mit einem Mal und kicherte. „Du schmeichelst mir.“, erwiderte Dannyl trocken. „Nein, wirklich. Ich habe noch keinen Kyralier kennengelernt, dem ein Hemd so schlecht kleidet.“ „Glücklicherweise brauche ich nicht oft Hemden zu tragen.“ „Stimmt, du kommst auch ganz gut ohne Oberteil zu Recht.“ „Ungezogener Strolch.“ „Entschuldigen sie, Mylord.“ „MyLord?“ Dannyl runzelte die Stirn. „Es ist schon eine Weile her, dass du mich das letzte Mal so genannt hast.“ „Du meinst zwei Tage?“, erwiderte Tayend mit einem schelmischen Lächeln. „Ist dir das zu lange? Sollen wir das ändern?“ Dannyl errötete und wandte den Blick ab. Solche Gespräche waren ihm immer noch unangenehm und er wich ihnen nur zu gerne aus. Tayend hatte durch seine Erfahrung kein Problem mehr damit. „Schon gut, ich sag ja nichts mehr. Das wäre jetzt auch völlig unangebracht.“ Tayend beugte sich zu ihm hinüber. Dannyl streckte ein letztes Mal seinen Willen aus um die Tür abzuschließen. Sicher ist Sicher. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)