Follow the silver moonlight von YvaineLacroix ================================================================================ Kapitel 1: Deep in the Forest ----------------------------- Leise schlich Arthur Pendragon, Kronprinz von Camelot, durch das dichte Unterholz des Waldes, stets darauf bedacht so wenig Lärm wie möglich zu machen. Seine Armbrust hielt er im Anschlag, bereit jedem Wildtier, das seinen Weg kreuzen mochte, einen Bolzen in den Körper zu jagen, um es so zur Strecke zu bringen. Bis jetzt hatte er lediglich zwei Kaninchen erlegt, die sein Diener Merlin, der müde hinter ihm her trottete, nun für ihn trug. Es war noch früh am Morgen. Die Sonne begann gerade erst ihre wärmenden Strahlen über die Wipfel der Bäume zu schicken. Vielleicht begegneten sie auf ihrem weiteren Weg einem stattlichen Hirsch, der im Schutze der Morgendämmerung auf einer Lichtung äste. Wer konnte das schon vorher sagen? Arthur sog die frische Luft des Waldes in tiefen Zügen ein. Er ging gerne auf die Jagd. Doch er musste sich eingestehen, dass er es vorrangig nicht tat, um seine exzellenten Fähigkeiten als Jäger unter Beweis zu stellen, sondern weil ihm diese Streifzüge im Wald ein Gefühl der Freiheit gaben wie er es in Camelot aufgrund seiner unzähligen Verpflichtungen und der hohen Erwartungen, die an ihn gestellt wurden, niemals verspürte. Hier in der Natur war der Druck perfekt zu sein und es jedem, allen voran seinem Vater, recht zu machen nicht existent. Hier konnte er ganz er selbst sein ohne sich davor fürchten zu müssen etwas falsch zu machen. Er brauchte diese Jagdausflüge, da sie ihm hin und wieder die Möglichkeit boten eine kurze Auszeit von seinem pflichterfüllten Leben zu nehmen. Das war die einzige Freiheit, die er sich in unregelmäßigen Abständen immer wieder herausnahm und er fand, dass es nicht zu viel verlangt war, da er ansonsten ein vorbildlicher Ritter Camelots war und seinem Rang alle Ehre machte. Als er aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahrnahm blieb er abrupt stehen und hob die Hand, um Merlin zu bedeuten das gleiche zu tun. Dieser verstand in seinem halbwachen Zustand zu spät, was Arthur ihm mit seiner Geste mitteilen wollte und rempelte seinen Herrn ungeschickt an. „Verzeiht, Sire. Offenbar bin ich noch nicht ganz wach.“ versuchte Merlin sich leise mit einem verlegenen Grinsen zu entschuldigen. Arthur verkniff sich die spöttische Bemerkung, die ihm auf der Zunge lag, und verlieh seinem Unmut über seinen tollpatschigen Diener stattdessen mit einem unfeinen Schnauben Ausdruck. Sein Blick war fest auf den jungen Rehbock gerichtet, der wenige Fuß vor ihnen auf einer kleinen Lichtung stand und an den zarten Schösslingen junger Bäume knabberte. Sie standen gegen den Wind, so dass das scheue Tier sie nicht witterte. Das war die Chance. Arthur legte die Armbrust an und kniff das linke Auge zusammen um besser zielen zu können. Doch gerade als er abdrücken wollte, hob der Rehbock den Kopf und sprang wenige Augenblicke später anmutig auf und davon. Er ließ die Waffe wieder sinken und fluchte unterdrückt. Was mochte das Tier wohl verschreckt haben? Es dauerte nicht lange, da erhielt er eine Antwort auf seine unausgesprochene Frage. Das Geräusch eines sich schnell nähernden Reiters war in der Ferne zu vernehmen und wurde von Sekunde zu Sekunde deutlicher. Arthur runzelte verärgert die Stirn. Wer wagte es so früh am Morgen die Ruhe im königlichen Forst zu stören? Wenig später preschte eine braune Stute auf die Lichtung und hielt genau auf sie zu. Hastig brachten sich der Prinz und sein Diener mit einem Satz in Sicherheit. Als das Pferd mit fliegenden Hufen an ihnen vorbei galoppierte, erhaschte Arthur einen kurzen Blick auf dessen Reiter. Ein schwarzer Umhang flatterte hinter einer schmalen Gestalt mit wilder Lockenmähne und riesig wirkenden Augen her. Aber das war eine Frau! Verwirrt starrte er ihr nach. Hatte er sich das nur eingebildet oder hatte in ihren Augen wirklich ein Ausdruck von Verzweiflung und grenzenloser Furcht gestanden? Noch ehe er sich fragen konnte, was die Unbekannte zu so einer halsbrecherischen Jagd durch den Wald veranlasst hatte, erschien wie aus dem Nichts ein weiterer Reiter nur wenige Meter vor ihrem dahin rasenden Pferd entfernt. Das erschrockene Tier scheute, kam schlitternd zum Stehen, um sich dann laut wiehernd aufzubäumen. Seine Reiterin war nicht darauf gefasst gewesen. Als die Stute stieg, stieß sie einen überraschten Schrei aus, bevor sie rücklings aus dem Sattel geschleudert wurde. Dumpf kam sie auf dem Boden auf und blieb regungslos im Moos liegen. Der Reiter, der die Schuld an ihrem Sturz trug, lächelte kalt, ehe er sich von seinem Pferd schwang und sein Schwert zog. In der Art wie er sich der bewusstlosen Frau am Boden näherte, erkannte Artuhr welch finstere Absicht er hegte. Er würde sie heimtückisch ermorden, wenn er nichts unternahm. Doch um den feigen Meuchelmörder mit seinem Schwert anzugreifen war der Abstand zu groß. Also tat Arthur das einzig mögliche. Er legte die Armbrust an, zielte und drückte ab. Der Bolzen löste sich und sirrte pfeifend durch die Luft, ehe er sich in den gedrungenen Körper des Schurken bohrte. Dieser vermochte noch ein überraschtes „Uff!“ von sich zu geben, bevor er tot zu Boden sank. Arthur hatte ihn mitten in sein schwarzes Herz getroffen. Doch der Prinz hielt sich nicht damit auf sich ob seines meisterhaften Schusses zu freuen, sondern eilte zu der ohnmächtigen Fremden. Noch ehe er sich jedoch neben ihr niederknien konnte, um zu sehen welch Verletzungen sie davon getragen hatte, preschten drei weitere finstere Gestalten auf ihren Pferden durch das Dickicht. Arthur zog sein Schwert und stellte sich schützend vor den Körper der Bewusstlosen. „Merlin!“ rief er seinem Diener zu, der immer noch wie versteinert am selben Fleck stand. „Wirst du wohl herkommen und auf sie Acht geben, während ich kämpfe?“ Der junge Mann löste sich augenblicklich aus seiner Starre und hastete zu seinem Herrn, um zu tun was dieser befohlen hatte. Arthur hatte die drei Männer währenddessen nicht aus den Augen gelassen. Als sie bemerkt hatten, dass ihr Kamerad durch seine Hand gestorben war, verfinsterten sich ihre Mienen. Sie stiegen von ihren Pferden und zogen ihre Waffen. Der kleinste von ihnen, ein Mann von schlankem Wuchs mit zotteligen Haaren und verfilztem Bart, trat vor und richtete die Spitze seines Schwertes auf Arthurs Brust. „Dafür, dass Ihr Euch eingemischt habt, verdient Ihr den Tod, Bursche.“ „Bursche?!“ wiederholte Arthur fassungslos und schnaubte empört. Hatte dieser Niemand ihn wirklich gerade als Burschen bezeichnet? Ihn, den zukünftigen König von Camelot? Hinter sich vernahm er ein unterdrücktes Kichern, ignorierte es jedoch würdevoll. Er setzte seine arroganteste Miene auf und straffte die Schultern. „Mein Name ist Arthur Pendragon und ich bin der zukünftige Erbe der Krone Camelots. Hütet also Eure Zunge und kämpft lieber!“ Er nahm die Angriffsstellung ein und bedachte einen nach dem anderen mit einem herausfordernden Blick. Es war als wäre das das Signal gewesen um den Kampf einzuläuten. Der Wortführer der drei Schurken, schwang jäh sein Schwert gegen Arthur und seine Kumpane taten es ihm gleich. Der Prinz duckte sich unter dem ersten Hieb geschickt hinweg und verpasste dem zweiten Angreifer einen gezielten Stoß mit dem Ellbogen in die Magengrube. Dieser taumelte benommen zurück, direkt in den Dritten hinein. Die beiden Männer gingen mit einem wütenden Aufschrei zu Boden und es war ein leichtes für Arthur sie aus zu schalten. Er wirbelte herum. Blieb nur noch der Wortführer übrig. Der schmächtige Mann starrte ihn mit unverhohlenem Hass in den Augen an. Arthurs Sinne waren aufs Äußerste angespannt, während sie sich lauernd wie zwei große Wildkatzen zu umkreisen begannen. Er spürte instinktiv, dass dieser Schurke ein weitaus gefährlicher Gegner als seine Kameraden war. Minuten schienen zu verstreichen ehe einer der beiden Kontrahenten zum Angriff überging. Tödlicher Stahl blitzte im Sonnenlicht auf, als die beiden Schwerter voller Wucht aufeinander prallten. Arthur parierte die wuchtigen Schläge seines Gegners geschickt und mit einer fast schon mühelosen Leichtigkeit, um die man ihn beneiden konnte. Jeder, der den Prinz schon einmal hatte kämpfen sehen, wusste, dass er das Schwert wie kein Zweiter zu führen vermochte. Zu dieser Erkenntnis gelangte wohl auch sein Gegner, als er allmählich bemerkte, dass er mit seinen Angriffen nichts ausrichtete. In seinen Augen zeigte sich erstmals ein Ausdruck von wachsender Panik. Er wurde unsicherer in seinem Kampf, so dass es Arthur gelang ihn immer weiter zurück zu drängen. Schließlich geriet der Bösewicht ins Stolpern, verlor nicht nur sein Gleichgewicht, sondern auch sein Schwert, und landete unsanft auf seinem Hosenboden. Doch ehe Arthur auf die Zwangslage des Mannes reagieren konnte, hatte dieser eine Handvoll Laub und Dreck gegriffen und sie dem Prinzen ins Gesicht geschleudert. Fluchend hob Arthur reflexartig einen Arm, um seine Augen zu schützen, und wich ein Stück zurück, kurzzeitig geblendet durch diese hinterhältige Attacke. Nachdem er ein paar Mal geblinzelt hatte und wieder richtig sehen konnte, stellte er zu seinem Unmut fest, dass der Schurke unterdessen feige davon gelaufen war. Missmutig steckte er sein Schwert zurück an seinen Platz, wischte sich den Dreck aus dem Gesicht und wandte sich dann Merlin zu, der immer noch neben der Fremden kniete. Eilig trat er näher und hockte sich auf die andere Seite der Bewusstlosen. „Wie geht es ihr?“ wollte er besorgt wissen. Ihm gefiel die blasse Farbe ihrer Haut nicht und auch die Tatsache, dass sie bisher noch nicht wieder zu sich gekommen war, verhieß nichts Gutes. Merlin presste sein Halstuch an die Schläfe der Frau und Arthur registrierte voller Sorge, dass sich der hellrote Stoff bereits dunkelrot zu verfärben begann. „Sie hat sich beim Sturz vom Pferd den Kopf verletzt, Sire. Ich habe versucht die Blutung zu stillen so gut ich es vermochte,“ erwiderte sein Diener. Arthur hob überrascht eine Augenbraue. „Sehr gut, Merlin! Du bist ja doch zu etwas zu gebrauchen.“ Er musste jäh ein Grinsen unterdrücken, als er Merlins verdrossenen Gesichtsausdruck bemerkte, der seinem spöttischen Einwurf augenblicklich folgte. Hastig räusperte er sich. „Das Beste wird sein, wenn wir sie so schnell wie möglich nach Camelot bringen, damit Gaius ihre Verletzung behandeln kann. Lauf und hol die Pferde. Sie müssten hier ganz in der Nähe sein.“ Er deutete vage in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Merlin nickte und erhob sich rasch. Nun war es an Arthur das Halstuch weiterhin auf die Wunde zu pressen, was er auch ohne zu zögern mit sanften Druck tat. „Ach und, Merlin?“ rief er dem davon eilenden jungen Mann nach, der sich daraufhin fragend zu seinem Herren um wandte. „Sieh zu, dass du dich beeilst. Und verlauf dich um Himmels Willen nicht!“ Merlin ließ ein verdrießlich gemurmeltes „Natürlich“ hören, bevor er endgültig im Unterholz verschwand. Arthur wandte sich nun vollends der bewusstlosen Unbekannten zu und betrachtete sie genauer. Sie schien noch sehr jung zu sein, vielleicht neunzehn oder zwanzig. Offenbar war sie von edler Abstammung. Das Material ihres Umhangs war schwer und von guter Qualität und ihr Kleid war aus teurem Stoff gefertigt und mit aufwendigen Stickereien verziert. Sie musste eine Adelige aus einem benachbarten Königreich sein, doch Arthur konnte sich nicht entsinnen sie jemals zuvor gesehen zu haben. Gewiss hätte er sich an eine so hübsche Erscheinung wie sie es war erinnert. Ihm stand noch lebhaft vor Augen was für ein Bild sie geboten hatte, als sie mit fliegender Lockenmähne an ihm vorbei galoppiert war. Er runzelte die Stirn, als er daran dachte, dass diese Halunken entschlossen gewesen waren sie zu töten. Was hatte sie nur getan, dass jemand ihren Tod wünschte? Denn dass die vier Männer angeheuert worden waren, um sie für immer zum Schweigen zu bringen stand außer Frage. Nur warum? Plötzlich begann sich die Unbekannte zu regen. Ihre Augenlider flatterten und sie stöhnte leise ehe sie die Augen vollends aufschlug. Der Ausdruck in den silbernen Tiefen, als sie ihn wahrnahm, erinnerte Arthur an ein verschrecktes Reh, welches bei einer einzigen falschen Bewegung zu fliehen drohte. „Habt keine Angst. Ich werde euch kein Leid zu fügen,“ sprach er sie mit ruhiger Stimme an. Sie musterte ihn argwöhnisch, nickte dann aber schwach. „Wer seid Ihr?“ fragte sie mit so leiser Stimme, dass Arthur sie beinahe nicht verstanden hätte. „Mein Name ist Arthur Pendragon und ich...“ Weiter kam er nicht, da Merlin just diesen Moment wählte, um mit den Pferden zurück zu kehren. Die Unbekannte zuckte verschreckt zusammen und wollte sich hastig aufrichten, doch der Blutverlust und der Zustand purer Erschöpfung taten ihr Übriges und bewirkten, dass sie die Augen verdrehte und wieder das Bewusstsein verlor. Arthur konnte ihren Oberkörper gerade noch auffangen, bevor sie erneut auf dem Boden aufschlug. Dann wandte er sich seinem Diener zu, der wie versteinert mit den Zügeln der Pferde am Rande der Lichtung stand. „Merlin! Du Idiot! Sieh was du angerichtet hast! Du hättest sie beinahe zu Tode erschreckt!“ fuhr er den jungen Mann wütend an. „Aber wie hätte ich denn ahnen können, dass sie wieder zu sich gekommen ist?“ versuchte Merlin sich empört zu verteidigen. „Ich war schließlich fort um Euren Befehl auszuführen!“ „Dennoch hättest du nicht wie ein angeschossenes Wildschwein auf die Lichtung poltern müssen! Und jetzt hör auf mir zu widersprechen. Komm lieber her und hilf mir sie in den Sattel zu heben.“ Arthur schob seine Arme unter den Körper der Fremden und hob sie vorsichtig hoch. Sie war leicht wie eine Feder und verwirrt bemerkte er wie richtig es sich anfühlte sie so zu halten. Er verscheuchte diesen törichten Gedanken schnell wieder und konzentrierte sich darauf sie gemeinsam mit Merlin auf sein Pferd zu heben. Schließlich war es geschafft. Arthur hielt mit einer Hand die Zügel und stützte mit der anderen die Verletzte, die sie bequem an seine Brust gelehnt hatten. „Und nun auf nach Camelot. Lass uns keine Zeit mehr vergeuden,“ sagte er zu Merlin, der sich gerade in den Sattel seines Pferdes schwang. Er schnalzte mir der Zunge und gab seinem Pferd die Sporen. Merlin tat es ihm nach. Arthur war froh, dass sie nun endlich Richtung Schloss unterwegs waren. Seine innere Unruhe würde sich erst wieder legen, wenn Gaius die Unbekannte behandelt hatte. Warum er sich um eine Fremde sorgte, deren Namen er nicht einmal kannte, war ihm völlig schleierhaft. Und im Moment interessierte es ihn auch nicht. Das Wichtigste war nun, dass ihr schnellstmöglich geholfen wurde. Mit diesem Gedanken im Kopf spornte er sein Pferd zu einer schnelleren Gangart an. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)