Broken Bonds von Shinosuke ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Daniel Candle war sauer. Gut, das war jetzt grundsätzlich erstmal nichts neues, aber normalerweise hielt er sich damit sehr gut zurück. Er wusste sehr gut, wann es besser war, den Mund zu halten und dass er sich Mike oder Andy nicht in den Weg stellen sollte. In den meisten Fällen reichte es auch aus, Mike in die richtige Richtung zu lenken, doch seit Andy immer weiter aufgestiegen war, wurde das immer schwieriger und wenn diese stechenden pinken Augen ihn ansahen, ergriff in Daniel einfach alles die Flucht. Jetzt hatte er jedoch das Gefühl, eingreifen zu müssen. Mike war blind vor Wut und an dieser Stelle fühlte Daniel sich einfach verpflichtet, das geradezubiegen. Er musste Marianne helfen, das war er ihr- Nein, eigentlich war er es ihr nicht schuldig. Sie lag ihm nur zu sehr am Herzen, als dass er sie jetzt so hängen lassen konnte. Mike hatte sie eingesperrt und nachdem er nun wusste, dass sie mit Nicolas Z zusammen war, war er schier unberechenbar. Wenn er seine Wut nicht bald heraus ließ, würde der eh schon unausgeglichene Gangleader früher oder später explodieren und Daniel wollte einfach verhindern, dass Marianne hierbei die Leidtragende war. Klar war auch er nicht von ihrer Beziehung begeistert, aber davon abgesehen, dass sie sich den Erzfeind ihres Bruders ausgesucht hatte, hätte sie es wirklich schlimmer treffen können. Dass der Northsider es mit ihr ernst meinte, hatte Daniel ja aus erster Hand erleben dürfen und solange Marianne glücklich war, sollte Mike ihr das gönnen, aber das musste der natürlich erst einmal verstehen. Mike saß in der Haupthalle des Westside-Hauptquartiers und natürlich stand Andy an seiner Seite. Die Halle war zudem außerdem nicht ganz leer und Daniel wollte am liebsten wieder umdrehen oder sich einfach an seinen Platz setzen, den Gameboy zücken und einfach wie immer den Mund halten. Er musste Mike alleine erwischen und je näher er ihm kam, desto deutlicher sah er, dass er Mike auf jeden Fall außerdem nüchtern erwischen musste! Halleluhja, seine Pupillen hatten die Iris beinahe völlig verdrängt und plötzlich wurde jeder Schritt immer schwerer. „Mike?“ Bisher hatte ihn niemand beachtet –kein Wunder, immerhin gehörte Daniel Candle in dieser Halle praktisch zum spärlichen Mobiliar-, doch jetzt drehten sich die ersten Köpfe. Natürlich konnte jeder sehen, wie Mike drauf war, da sprach man ihn einfach nicht an! Wäre es nicht so dringend, würde Daniel sicherlich auch einen weiten Bogen um ihn machen, aber er musste einfach mit ihm reden. Es ging immerhin um Marianne und wenn es ein einziges Thema gab, das Mike wirklich ernst nahm und das ihm wirklich am Herzen lag, egal ob er bekifft, betrunken oder nüchtern war, dann war das seine Schwester. Mike Garden hob den Kopf und wandte Daniel seinen verklärten Blick zu. „Wat wills‘ du?“, fragte er genervt und Andy verengte die Augen. Diesen Blick kannte Daniel. Der Spanier machte sich kampfbereit, würde alles genau analysieren und einschreiten, wenn er es für nötig hielt. Diese ätzende Schlange! Irgendwann würde Mike erkennen, was er sich da für einen Widerling ins Haus geholt hatte, bis dahin musste er einfach versuchen, Andys Schaden auf ein Minimum zu begrenzen. „Ich muss mit dir reden.“, sagte Daniel mit fester Stimme. Er war erstaunt, dass Andy schon so früh eingriff. „Dann rede, Amigo.“, forderte er seelenruhig an Mikes Stelle. Daniel wandte sich von Mike ab und Andy zu. „Allein.“, verlangte er mit Nachdruck, doch es war zu spät. Mike hörte wie so oft auf den ersten Input, den er von Andy bekam. „Sach, wat du sagen wills‘ un‘ dann verpiss dich wieder.“, blökte Mike ihm entgegen und Daniel schluckte. Mike war dicht, er war schlecht gelaunt und er hing fest an Andys Fäden. Er sollte wirklich gehen! Ein kurzer Blick nach links und rechts bestätigte ihm die leise Vermutung, dass mittlerweile alle Augen auf ihn gerichtet waren und er zog aus Gewohnheit seine Cappie tiefer ins Gesicht. Nicht, dass er sich jetzt noch verstecken könnte, aber irgendwie fühlte er sich dadurch sicherer. „Es geht um Marianne.“, kündigte Daniel vorsichtig an und Mike reagierte sofort. Seine Hände ballten sich zu Fäusten und er sprang auf, sein leeres Gesicht verzog sich zu einer wütenden Grimasse. „Marianne geht dich gar nix an, kapiert?!“, rief er von seinem Thron aus Holzkisten aus entgegen. „Doch, Mike! Du kannst sie doch nicht einfach einsperren! Das ist Freiheitsberaubung und sie ist immerhin-“ Weiter kam er nicht, ehe Mike ihn unterbrach. „Ick hab‘ gesacht, dat geht dich nix an!“, donnerte er ihm entgegen. „Sie is‘ ‘ne Verräterin und ich kann hier machen, wat ich will! Verstanden?!“ Daniel sah Andys Grinsen und musste sich gehörig zusammenreißen. Es ging hier nicht um Andy, sondern um Marianne! „Mike, sie ist keine Verräterin! Das ist doch verrückt!“ Bevor Mike etwas erwidern konnte, hatte Andy bereits das Wort ergriffen. „Sag mal, du findest das scheinbar nicht so schlimm, dass unsere kleine Miss Westside hinterrücks die Seiten gewechselt hat, hm?“, fragte er mit einer oscarreifen Neugier in der Stimme. Ein kalter Schauer jagte Daniel über den Körper, wenn Andy so sprach und jetzt, wo er plötzlich auf der Anklagebank saß, noch mehr. „Du warst, wenn ich mich recht erinnere, außerdem ziemlich erleichtert, als Z entkommen ist, no? Danny, Danny… Da könnte man ja fast auf den Gedanken kommen, du hättest was mit seiner Flucht zu tun!“ Es war Mike ziemlich deutlich anzusehen, dass er ohne Andys zweifellos geplant spontaner Sorge um Daniels Loyalität nicht auf diesen Gedanken gekommen wäre, aber jetzt fielen die Groschen und Daniel ahnte bereits, dass auch sein Abstreiten sie nicht würde aufhalten können. „Das ist doch Quatsch! Nur, weil ich keinen Mord hier haben wollte, heißt das noch nicht-“ Wieder ließ Mike ihn nicht zu Wort kommen. „Du wars‘ dat?!“, knurrte er und sowohl seine Stimme als auch sein Blick waren eiskalt vor Hass. „Mike! Hör mir doch erstmal zu!“ Noch während Daniel das sagte, zog Mike seine Pistole aus der Tasche und richtete sie auf ihn. „Ich glaub dir kein Wort!“, ließ er ihn wissen und Daniel konnte sehen, was dieser feste Glauben mit ihm anstellte. Mike war verletzt und Daniel konnte das sogar verstehen. Er fühlte sich hintergangen und nun sicherlich auch von ihm verraten und das brachte die Verhandlungsbasis nun vollkommen zum Einsturz. Langsam hob Daniel die Hände und trat einen Schritt zurück. Das war nicht das erste Mal, dass er in den Lauf von Mikes Waffe sah und er wusste, dass Mike ihn nicht erschießen würde. Er drohte ihm einfach gerne, zeigte sich als skrupelloser Gangleader, der er in der Westside schlicht auch sein musste. Das einfachste war es, genau das zu tun, was Mike erwartete, denn im Gegensatz zu Andy plante Mike nicht voraus. Er wollte Daniel drohen und er wollte, dass Daniel sich vor allen Anwesenden hier ihm unterordnete. Zumindest hoffte Daniel, dass es so war. „Ich hab‘ damit nichts zu tun. Wirklich.“, beteuerte Daniel und sah seinem Freund fest in die Augen. Mike jedoch schien das nicht zu beeindrucken, denn mit den Worten „Halt einmal die Fresse, Candle! EIN Mal!“ entsicherte er die Waffe.  Jetzt durfte er keinen Fehler mehr machen, das war Daniel absolut klar. Sein Blick huschte zu Andy, der sich näher zu Mike lehnte und ihm etwas zuflüsterte und Daniel hatte das Gefühl, dass etwas zähes, dunkles aus diesem Kerl heraussickerte, direkt in Mikes Verstand und ihn zusätzlich zu den Drogen noch benebelte. So sehr er sich auch anstrengte, er verstand kein Wort von Andys Geflüster und das machte ihn nervös. Was hatte Andy gesagt? Mike sah sich im Raum um und für einen kurzen Moment meinte Daniel seine Hand zittern zu sehen. Wieder schluckte Daniel, seine Hände immer noch angehoben, um Mike zu demonstrieren, dass er sich nicht wehrte. „Mike? Bitte. Hör mir zu.“, versuchte er es noch einmal und wie in Zeitlupe sah er, was er nicht für möglich gehalten hatte. Andys Mund formte ein Wort, das er nicht verstehen musste und Mike drückte ab. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)