Smallville-Expanded - 05 von ulimann644 (Bloodbrothers) ================================================================================ Kapitel 6: Bei Neil in Kansas-City ---------------------------------- Gleich am nächsten Nachmittag, nach der Schule, stieg Christian in seinen Pickup und machte sich auf den Weg nach Kansas-City. Am Vorabend hatte er Neil Fender angerufen, und ihm sein Kommen angekündigt. Am Handy hatte Neil etwas verwundert geklungen, dass er ihn angerufen hatte, doch Christian hatte alle Fragen Neils damit abgeschmettert, ihm alles zu erklären, sobald er in Kansas-City bei ihm war. Vom Navigationsgerät seines Pickups geleitet fand er schließlich die Gegend, in der sich Neil eine Bude genommen hatte. Als er endlich vor der Tür der Studentenbude stand, atmete er tief durch und klopfte an die Tür. Das was nun kam, so viel ahnte Christian, würde nicht besonders lustig werden. Er hatte Neil ein Buch von Terry Pratchett mitgebracht, da er nicht mit leeren Händen zu ihm kommen wollte und wusste, dass Neil auf dessen Geschichten stand. Notfalls würde sich der Wälzer auch ganz gut dazu eignen, ihm einen Schlag auf den Hinterkopf zu verpassen, ganz abhängig davon, wie Neil die Neuigkeit aufnehmen würde. Die Tür wurde geöffnet und Neil blickte ihn, mit einer Mischung aus Freude und Neugier an. „Hi Chris, schön dich zu sehen. Komm doch rein, aber achte nicht auf die Unordnung, okay.“ „Mach dir deswegen mal keine Gedanken“, erwiderte Chris unbedacht. Erst dann wurde ihm bewusst, dass er seine Gedanken laut ausgesprochen hatte, und er räusperte sich. Neil, der nicht auf seine Anspielung reagierte, das in Geschenkpapier eingeschlagene Buch reichend, meinte Christian dann: „Ich hoffe, dieses kleine Präsent gefällt dir.“ Neil entfernte das Papier und sagte dann begeistert: „Hey, cool. Das wollte ich mir seit einiger Zeit schon zulegen. Christian beobachtete den Jungen dabei, wie er das Buch in sein Regal legte, bevor er sich wieder umwandte und meinte: „Ich habe Kaffee gekocht und Kuchen besorgt – möchtest du welchen?“ „Respekt“, spöttelte Christian gutmütig und war für die kleine Galgenfrist dankbar. Er wollte auch nicht unbedingt mit der Tür ins Haus fallen, und besonders nicht mit dieser Tür... Schnell räumte Neil ein paar Pizzaschachteln mit darin befindlichen Resten vom Couchtisch des Wohnraum und verschwand kurz in der kleinen Küche der Bude, um wenig später mit einer Platte mit Kuchen und einer Kanne Kaffee wieder aufzutauchen. Nochmal in der Küche verschwindend, um auch Tassen, Milch und Zucker zu besorgen, war er gleich darauf wieder bei Christian und sie saßen sich schließlich am Tisch gegenüber. Während sie beide zugriffen und sich ein Stück des Kuchens einverleibten, fragte Neil schließlich: „Also, dann schieß´ mal los. Was treibt dich so drängend her?“ Das war´s mit der Galgenfrist, dachte Christian düster und nahm einen Schluck Kaffee, bevor er Neil ernst ansah und vorsichtig begann: „Ich bin wegen Samantha hier. Seit einiger Zeit ist sie ziemlich bedrückt und...“ Wie von der Tarantel gestochen fuhr Neil aus dem Sessel und platzte heraus: „Hey, das liegt ganz bestimmt nicht an mir! Aber sie weicht mir seit zwei Wochen aus und seit einer Woche nimmt sie nicht mal mehr Anrufe von mir an! Ist vielleicht auch besser, den zuletzt haben wir am Handy nur noch gestritten. Ich weiß einfach nicht, was mit dieser verrückten Zicke eigentlich los ist!“ Christian erhob sich ebenfalls und sagte beruhigend: „Genau das ist der Punkt, an dem es hakt, fürchte ich.“ Er hoffte, dass Neil bereits an diesem Punkt verstehen würde, doch missmutig stellte er fest, dass das nicht der Fall war. Er versuchte es mit einem etwas weniger zarten Wink und meinte: „Vielleicht hat es sie ja gekränkt, wie du über das Kinderkriegen denkst. So etwas kann bei Mädchen schwer auf´s Gemüt schlagen.“ „So ein Blödsinn! Das ich nicht vor dem ersten Herzinfarkt Vater werden will, das habe ich bloß im Scherz gesagt. Das kann sie doch unmöglich ernst genommen haben.“ Christian erkannte, dass es bei Neil immer noch nicht klingelte, deshalb fragte er sehr direkt: „Was würdest du denn tatsächlich dazu sagen, wenn du erfahren würdest, dass deine Freundin ein Kind von dir bekommen würde?“ Neil, der immer noch nicht ahnte, worauf Christian hinaus wollte antwortete prompt: „Nun, ich würde mich vielleicht darüber freuen.“ „Na, dann freu dich mal“, entgegnete Christian in komische Verzweiflung. „Und zwar jetzt gleich, denn Samantha ist tatsächlich schwanger von dir. Ihr zwei habt, gleich beim ersten Mal, den goldenen Schuss gelandet. Herzlichen Glückwunsch.“ Ungläubig und erschrocken zugleich kam Neil etwas näher und wusste zunächst nicht, was er sagen oder denken sollte. Er spürte nur, dass er gerade völlig den Boden unter den Füßen verlor und in einen bodenlosen Schlund zu stürzen schien. Dann fragte er mit einem Anflug von Panik, instinktiv nach einem Ausweg suchend: „Ist es denn sicher, dass Samantha von mir schwanger ist?“ Christian funkelte Neil wütend an und einen Augenblick klatschte es scharf, als er Neil eine Ohrfeige gab. Noch während dieser völlig verdattert aus der Wäsche sah, fuhr ihn Christian wütend an: „Die hast du, an Samanthas Stelle, von mir bekommen, weil du deine Freundin eben als Schlampe hingestellt hast. Und machst du das nochmal, dann werde ich ganz sauer, denn eins habe selbst ich mittlerweile über Samantha herausgefunden: Sie ist ganz bestimmt kein Früchtchen.“ Sich die brennende Wange haltend murmelte Neil: „Entschuldige bitte, aber ich bin gerade völlig von der Rolle.“ Christian beschloss, den momentanen Schockzustand etwas für Samantha zu nutzen, indem er zurück gab: „Sei froh, dass dir das bei mir, und nicht bei ihr, herausgerutscht ist. Hör mir zu: Für dich mag das ein Schock gewesen sein, aber sie ist es, die schwanger ist und es ihren Eltern beibringen muss, klar? Und für Samantha war es ganz bestimmt kein geringerer Schock, als für dich eben.“ Beschämt nickte Neil wortlos und stand da, wie ein armer Sünder. Christian hatte endlich ein Einsehen und legte dem Freund versöhnlich die Hand auf die Schulter. „Hey, Samantha hat dich doch nur auf Distanz gehalten, weil sie total unsicher war, wie du auf diese Nachricht reagieren würdest. Dabei hätte sie so gerne mit dir gesprochen und sich an dich gelehnt, in ihrem Zustand. Und bevor du noch so eine blöde Frage stellst: Sie zieht eine Abtreibung nicht in Betracht.“ Neil nickte in Gedanken. „Das hatte ich auch nicht angenommen. Das würde gegen das gehen, woran Samantha glaubt.“ „Setz´ dich erst einmal hin“, meinte Christian und führte Neil zu seinem Sessel. Auch er selbst nahm wieder Platz und übernahm es, ihnen beiden noch Kaffee nachzugießen. Schließlich durchbrach er das Schweigen und meinte: „Es wäre gut, wenn du Samantha, gleich dieses Wochenende, besuchen würdest. Sie vermisst dich bestimmt sehr und sie will ihren Eltern nicht ganz allein beichten müssen, was los ist. Es ist deine Aufgabe an ihrer Seite zu stehen, auch wenn es schwer fällt.“ Neil blickte Christian an und antwortete schließlich: „Du hast Recht. Ich finde es toll, wie du dich für sie einsetzt, wo ihr doch auf Alicias Geburtstagsfeier ziemlich an einander geraten seid.“ Christian grinste schief: „Das ist vielleicht mehr so ein europäisches Ding. Weißt du: Während der Ritterzeit gab es für einen Mann, der einer Frau zur Seite stand, ohne sie zu begehren, einen Begriff. Man nannte ihn, einen Kämpen. Das Wort bezeichnet einen Kämpfer für die Gerechtigkeit; heutzutage würde man wohl Held sagen. Heute habe ich die Rolle des Kämpen für Samantha übernommen, ohne Rücksicht auf das was gewesen ist. So, und nicht anders, sollte Ritterlichkeit funktionieren.“ Neil nickte. „Verstehe. Als Adeliger fühlst du dich da verpflichtet. Ich meine, die alten Ritter waren doch durchwegs adeliger Abstammung, richtig?“ Christian blickte nachdenklich zum Fenster hinaus und meinte überlegend: „Seltsam, du bist in dieser Woche bereits der Zweite, der das sagt.“ Dann sammelte er sich wieder und meinte zu Neil gewandt: „Auch wenn du nun vielleicht darauf brennst Samantha sofort anzurufen, ich an deiner Stelle würde bis morgen warten, und dann persönlich mit ihr reden. Wenn du nach den Vorlesungen zeitig losfährst, dann bist du am Nachmittag da. Ich wette, dass sie sich riesig darüber freuen wird, dich das Wochenende über zu sehen. Und falls du kneifen solltest, dann...“ „Schon klar. Dann kommst du im Galopp her geritten und schleifst mich persönlich nach Smallville.“ Christian grinste. „Genau so sieht es aus, mein Freund.“ Noch immer etwas verwirrt, wegen dessen, was er durch Christian erfahren hatte, blickte er den Deutschen an und fragte nachdenklich: „Chris, was soll werden, wenn sich herausstellen sollte, dass ich der Aufgabe als Vater nicht gewachsen bin? Dieser Gedanke macht mir gerade am meisten zu schaffen.“ „Hey, das wird schon werden“, beruhigte Christian ihn. „Du musst das ja nicht allein durchstehen. Und notfalls werden deine Freunde da sein, um dir den Kopf zurecht zu rücken, wenn du verstehst, was ich meine.“ Er amüsierte sich über Neils Gesichtsausdruck und fügte schnell hinzu: „Von meiner älteren Cousine weiß ich, dass Babys anfangs vor allen Dingen eins machen: Schlafen. Vergiss, was du vielleicht in Filmen darüber gesehen hast, am Anfang wirst du für jede Minute dankbar sein, die das Baby mal wach ist. Und das gefürchtete Nachts aus dem Bett springen ist eine Sache der Erziehung. Bei meiner Cousine hat es ganze zehn Tage gedauert, bis ihre Tochter nachts mindestens sechs Stunden durchgeschlafen hat. Ich sage dir was: Was einige Halbwilde im Amazonasgebiet bereits mit Dreizehn auf die Reihe kriegen, das werden du und Samantha auch noch schaffen, und sobald Samanthas Eltern, und auch deine, den ersten Schock hinter sich haben, werden sie sich darum kloppen, auf das Kind aufpassen zu dürfen, sobald es da ist, jede Wette. Ihr werdet am Ende noch froh sein, wenn ihr das Kind auch gelegentlich mal sehen und in den Armen halten dürft.“ Schon etwas erleichterter drein blickend erwiderte Neil: „Das hört sich alles so easy an, wenn du das so erzählst. Aber meinst du wirklich?“ Christian nickte überzeugt. „Neil, eure Eltern lieben euch nicht weniger, weil ihr ein Kind erwartet, das glaube ich nicht. Sie werden euch dabei unterstützen, eure Ausbildung abzuschließen, und als Familie zu funktionieren, da bin ich mir sicher. Aber natürlich wird es sie zunächst umhauen, wenn ihr mit ihnen redet, das ist doch klar. Und natürlich werden sie euch ins Gebet nehmen – da müsst ihr eben durch. Also rechnet damit, dass für eine Weile der Hut brennt und steht das durch. Aber das wird sich dann auch wieder legen, Neil. Und falls es unerwartet Geldprobleme geben sollte, dann werde ich, natürlich völlig anonym, einen Fond für verarmte Jungeltern einrichten. Alles klar?“ Befreit aufatmend nickte Neil erleichtert und erwiderte: „Du solltest es mal als Mentaltrainer versuchen, falls deine regulären beruflichen Pläne nicht funktionieren sollten.“ Christian lachte, ohne dass Neil den tieferen Sinn dafür kannte. Dann meinte er schmunzelnd: „Vielleicht mach ich das wirklich irgendwann.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)