Star Trek - Timeline - 50-01 von ulimann644 (Retter des Imperiums: Gefallene Helden - Part-1) ================================================================================ Kapitel 5: Vilarai Selas ------------------------ Am 30.12.2160 um 09:00 Uhr sollte an Bord der I.S.S. DAEDALUS die Abschlussbesprechung der Kriegsschiff-Kommandanten stattfinden. Captain Jeffrey Gardner hatte am Vortag verlauten lassen, zwei Stunden vor diesem Termin eine letzte Inspektion der DEFIANT vornehmen zu wollen. Aus diesem Grund war Lieutenant-Commander Vilarai Selas heute bereits um 05:45 Uhr auf dem Hauptwaffendeck der Primärhülle unterwegs. Sie hatte die Marotten des Ersten Offiziers, Commander Farid Bin Al-Saud exakt studiert, und so wusste sie, dass der Araber jeden Morgen einen Lauf durch das gesamte Schiff absolvierte um sich fit zu halten. Zudem verzichtete er dabei auf das Benutzen der Turbolifts, sondern stieg über das Nottreppensystem zwischen den verschiedenen Decks auf und ab. Außerdem wählte er stets dieselbe Strecke – was sich, zumindest nach dem Willen der Andorianerin, bald als fataler Fehler herausstellen sollte. Sie wusste, dass vor dem Schott zum Torpedoraum permanent zwei Wachen standen. Sie selbst hatte dies vor Wochen angeregt. Und genau darum würde sie dort zuschlagen. Sie musste lediglich ungesehen an den beiden Wachen vorbeikommen, darum schlich sie nun, so leise sie konnte, zu einer nahegelegenen Jeffries-Röhre. Über diese, so hoffte sie, würde sie ungesehen den Torpedoraum erreichen. Zu dieser frühen Stunde war auf diesem Deck nicht das geringste los. Ungesehen erreichte sie die Röhre und verschwand darin. Geschmeidig bewegte sich die schlanke Andorianerin in der Röhre und erreichte den Verteiler, an dem sie abbiegen musste. Während sie durch die enge Röhre kroch, die auf der umlaufenden Galerie des Torpedoraums herauskommen sollte, dachte sie daran, dass sie dort der schwierigste Teil ihres Vorhabens erwartete. Die Röhre wurde dort von einem Gitter verschlossen, welches von der anderen Seite mit Magneten gehalten wurde. Sie würde das Gitter mit beiden Füßen wegtreten müssen, und es würde vermutlich mit einigem Lärm verbunden sein. Es war nicht sicher, ob die Wachen dies hören würden, doch ihr Plan ließ an keiner Stelle Alternativen zu, darum verdrängte sie die Gedanken an diese Schwierigkeiten. Sie hatte sich fest vorgenommen die erste Nicht-Terranerin zu werden, die in den Rang eines Commanders aufstieg. Unter normalen Umständen war dies eine Sache der Unmöglichkeit, genau deshalb hatte sie diesen Moment gewählt. Der Verlust des Commanders würde zu kurzfristig kommen, als dass man noch rechtzeitig einen adäquaten Ersatz fand, der sich mit diesem Schiff würde vertraut machen können. Der neue Captain dieses Kriegsschiffes würde keine andere Möglichkeit haben, als sie zum Commander dieses Schiffes zu machen. Ein dünnes Grinsen überflog ihre Lippen. Es dauerte nicht lange, bis sie das Ende der Röhre erreichte. Hier begann der schwierigste Teil ihres Unternehmens. Ohne zu zögern wechselte sie ihre Lage in der Röhre und schob sich dichter an das Abschlussgitter heran. Dann zog sie die Knie an und trat mit beiden Füßen fest zu. Wie erhofft gaben die Magnetverriegelungen nach und das Gitter fiel in die Tiefe. Im nächsten Moment erfolgte ein krachendes Geräusch aus dem Torpedoraum. Geschmeidig drehte sich Vilarai Selas in der Röhre herum und visierte über den Rand der Röhrenkante in den Raum. Als sie bereits glaubte, niemand wäre auf das Geräusch aufmerksam geworden, öffnete sich das Schott, welches links von ihr lag. Die beiden Wachen kamen herein und blickten sich um. Mit einem unterdrückten Fluch zog sich die Andorianerin ein Stück in die Röhre zurück lauschte atemlos, und versuchte sich vorzustellen, was die Wachen nun taten. Aus dem was sie zu hören bekam folgerte sie, dass die beiden Soldaten sich nicht sicher waren, ob sie wirklich ein Geräusch aus dem Torpedoraum vernommen hatten, oder ob sie einer Täuschung aufgesessen waren. Zudem erweckten ihre Worte bei Vilarai den Verdacht, als würden sie es mit der Gründlichkeit während ihres Dienstes nicht so genau nehmen. In Gedanken vermerkte sie dies und nahm sich vor, diese beiden Wachen für ihre Nachlässigkeit zu bestrafen, sobald sie erst einmal Commander, und XO dieses Schiffes war. Kurz darauf erklang ein leises, doppeltes Zischen des Schotts, welches der Andorianerin anzeigte, dass die Wachen den Raum anscheinend wieder verlassen hatten. Dennoch wahrte sie Vorsicht und kroch lautlos zum Rand der Röhre um vorsichtig in die Tiefe zu spähen. Niemand war hier. Erst jetzt erkannte sie, dass das Gitter genau zwischen zwei Torpedohalterungen gefallen war, wo es nicht ohne weiteres zu entdecken war. Das Glück schien, bei diesem Unternehmen, an ihrer Seite zu stehen. Geschmeidig, wie eine Raubkatze, hangelte sie sich nach unten und kletterte über die Torpedohalterungen auf den Boden des Raumes, wo sie einen Moment lang geduckt blieb, bevor sie sich aufrichtete. Es gab hier genug geeignete Verstecke, doch Vilarai Selas gedachte, ihr Vorhaben gleich beim Erscheinen des Arabers in die Tat umzusetzen. Darum kauerte sie sich unmittelbar neben das Bodenschott und zog ihren Dolch. Sie wollte schnell und lautlos zuschlagen. Dabei sagte Vilarai ihr Zeitgefühl, dass Farid Bin Al-Saud nicht nur jeden Moment hier auftauchen musste, sondern dass er bereits überfällig war. Eine leichte Unruhe beschlich die Andorianerin und fieberhaft überlegte sie, ob ihr Plan möglicherweise einen Fehler enthielt. Eine leise, schneidende Stimme hinter ihr, beantwortete diese gedachte Frage. „Lass den Dolch fallen, und nimm die Hände hinter den Kopf, du verdammtes, blauhäutiges Flittchen. Ich habe dir nie über den Weg getraut.“ Vilarai Selas Kopf ruckte zur Seite und sie blickte direkt in den Lauf eines Phasers, den Commander Bin Al-Saud auf sie richtete. Er gehörte zu jenen neuartigen Handwaffen, die ein Lebewesen komplett auflösen konnten. Ihr Puls raste während sie in Gedanken ihre Optionen überschlug. Mit zornfunkelnden Augen ließ sie schließlich ihren Dolch fallen und starrte den athletischen Araber an, der sich ihr nun langsam, bis auf einen Schritt näherte. „So, du kleines Miststück, jetzt werden wir sehen, wer heute noch zur Hölle fährt. Schon seit einiger Zeit habe ich bemerkt, dass du mich genau beobachtest. Ich habe mir ausgerechnet, was du vorhast, du Schlange, und ich konnte mir denken, wann und wo du zuschlägst.“ Mit einer so schnellen Bewegung, dass die Andorianerin keine Chance zu einer Abwehr besaß, schlug der Araber ihr die Waffe über den Kopf. Vilarai Selas glaubte, etwas würde in ihrem Schädel explodieren, während sie zu Boden stürzte, wo sie benommen versuchte, wieder auf die Beine zu kommen. Doch Farid Bin Al-Saud war schneller und versetzte ihr einen heftigen Tritt in die Magengrube. Einen unterdrückten Schmerzlaut von sich gebend rollte die Andorianerin über den Boden und schlug mit dem Kopf gegen eine der Torpedoschienen. Halb besinnungslos nahm sie unterbewusst wahr, dass etwas warmes über ihre Schläfe rann. Nur verschwommen, durch einen blauen Nebel sah sie, wie der Araber sie am Kragen packte. Im nächsten Moment riss er sie ein Stück nach oben, und ihr Kopf flog schmerzhaft von einer Seite zur anderen, als der Mann sie mehrmals kräftig ins Gesicht schlug. Ein nachfolgender Magenschwinger presste die Luft aus ihrem Körper, und blaues Blut spuckend krümmte sich die Andorianerin wimmernd auf dem Boden zusammen. Wie durch Watte und aus weiter Entfernung kommend drang die gehässige Stimme des Terraners an ihre Ohren, als er zischend sagte: „Jetzt werde ich dein erbärmliches Leben auslöschen – Miststück.“ Im nächsten Moment pressten sich seine Hände gegen ihren Hals und verzweifelt, nicht in der Lage sich zu verteidigen, wurde ihr bewusst, dass sie nun sterben würde. Ein seltsam heißes Gefühl jagte durch ihren Schädel, während sie langsam zu ersticken drohte. Sie hatte den Araber unterschätzt, und nun würde sie für diese Überheblichkeit bitter bezahlen. Sie glaubte, mit ihren immer mehr schwindenden Sinnen ein Zischen zu hören. War es wirklich da, oder war es in ihr? War sie bereits auf dem Weg in die Unterwelt, und dieses Zischen gehörte dazu? Stimmen waren plötzlich um sie herum und ein weiteres Zischen erklang, diesmal deutlicher zu vernehmen, gefolgt von einem schrillen abgehackten Schrei. Instinktiv versuchte sie Luft zu hohlen. Mit unterschwelligem Erstaunen stellte Vilarai Selas fest, dass sie tatsächlich atmen konnte. Oder war sie bereits im Jenseits und meinte nur, zu atmen. Dann überfiel sie mit Urgewalt ein stechender Schmerz, und an der Grenze zur Bewusstlosigkeit bemerkte sie eine Gestalt, die sich neben sie kniete. Für einen Moment klärte sich ihr Blick, und sie glaubte das gutaussehende Gesicht von Captain Jeffrey Gardner zu sehen. Dann zerfloss es zu einem konturlosen Grau und endlich endlich umfing sie bodenlose Schwärze und löschte ihr Denken aus.   * * *   In der Krankenstation der I.S.S. DEFIANT blickte Jeffrey Gardner fragend zur Leitenden Medizinerin, Lieutenant-Commander Riana Langdon. Die dunkelhäutige, auf Barbados geborene Ärztin, fing seinen Blick auf und erklärte, während sie einen schnellen Seitenblick auf den Medizinischen Anzeigeschirm warf: „Miss Selas hat Glück, dass sie noch lebt, Captain. Sie hatte eine mittelschwere Quetschung ihres Kehlkopfes, drei gebrochene Rippenknochenplatten, einen Riss in der Magenwand, innere Blutungen, einen Haarriss im Kortikalbereich und eine mittelschwere Gehirnerschütterung, als Sie sie zu mir brachten. Außerdem zahlreiche Hämatome am gesamten Körper. Außerdem war kurzzeitig die Blutzufuhr zu ihrem Gehirn unterbrochen. Zum Glück zu kurz, um bleibende Schäden zu hinterlassen.“ „Gott sei Dank haben die Wachen vor dem Torpedoraum Alarm gegeben, nachdem sie dort eine ungewöhnliche Aktivität feststellten. Offensichtlich hatte der Commander sich dort widerrechtlich Zugang verschafft. Ich weiß zwar noch nicht genau wie, aber Miss Selas scheint dort auf ihn gewartet zu haben, um ihm das Handwerk zu legen, bei dem, was Commander Bin Al-Saud dort vorhatte.“ „Dass der Commander sich Ihnen zu wandte, als sie ihn betäuben wollten war leider Pech, Sir“, antwortete die Ärztin. „Da der Schuss ihn genau in die Stirn traf wirkte er tödlich. Ich konnte nichts mehr für ihn tun.“ „Und Miss Selas, die Einzige die seinen Posten kurzfristig übernehmen könnte, ist bewusstlos“, knurrte Gardner missmutig. „Verdammt, unsere Mission beginnt in zweieinhalb Stunden, Doktor. Sie müssen diese Andorianerin vorher wieder auf die Beine bringen. Werden Sie das schaffen?“ Ein Blick der Ärztin sagte Gardner, was sie von seinem Ansinnen hielt. Dennoch antwortete sie nach einem Moment: „Warten Sie hier, ich werde Miss Selas mit einem starken Aufputschmittel aus ihrer Bewusstlosigkeit holen. Aber es ist riskant.“ „Ich muss dringend mit ihr reden“, erwiderte der Brite. „Allein schon um ihre Aussage zu diesem Ereignis zu bekommen. Und ich brauche sie als XO bei dieser Mission.“ „Miss Selas wird frühestens in ein bis zwei Tagen wieder dienstfähig sein, Sir.“ Gardner nickte unwillig. „Das genügt. Wichtig ist vorerst ihre Aussage. Ich muss wissen, was Commander Bin Al-Saud vorgehabt hat. Möglicherweise hat er wichtige Schiffssysteme sabotiert, und Miss Selas kam ihm auf die Spur.“ Die Ärztin bereitete die Injektion vor. Dabei blickte sie zweifelnd zu Gardner und erklärte: „Das wissen wir nicht. Vielleicht war es umgekehrt.“ „Überlassen Sie die Aufklärung der Ereignisse mir“, meinte Gardner zurechtweisend und beobachtete Riana Langdon dabei, wie sie der Andorianerin das Hypospray in die Halsschlagader injizierte. Als sie damit fertig war, wies Gardner die Ärztin an: „Lassen Sie uns nun allein.“ Die dunkelhäutige Frau schien etwas darauf erwidern zu wollen, doch dann schwieg sie und entfernte sich. Als Jeffrey Gardner mit der Andorianerin allein war, näherte er sich ihrer Liege und betrachtete die Andorianerin genauer. Mit all ihren Verletzungen, die Commander Bin Al-Saud ihr beigebracht hatte, ähnelte sie nur noch entfernt der Frau, die er in Erinnerung hatte, und eine namenlose Wut auf den Toten wallte in ihm auf. Auch die Gewissheit, dass sie in wenigen Tagen wieder völlig in Ordnung sein würde, konnte seinen Zorn kaum dämpfen. Er wurde abgelenkt, als Vilarai Selas die ersten Lebenszeichen von sich gab. Ein leises Stöhnen entrang sich ihrem geschundenen Körper und unter ihren geschlossenen Augenlidern war deutlich eine Bewegungszunahme zu erkennen. Trotzdem dauerte es noch eine Weile, bis sie schließlich ihre Augen öffnete. In einem ersten Reflex wollte sie sich aufrichten, als sie Gardner neben der Liege stehen sah, doch sie sank aufstöhnend zurück. Jeffrey Gardner trat schnell näher und stützte die Andorianerin, die ihn verwundert ansah, und in einem ersten Reflex zurück zuckte. „Beruhigen Sie sich, Lieutenant-Commander“, sagte Gardner mit beruhigendem Tonfall. „Sie befinden sich auf der Krankenstation, der DEFIANT. Ihr Angreifer ist tot.“ Die Andorianerin schluckte. Dann klammerte sie sich an Gardners Arm und schmiegte sich, wie ein verschrecktes Kind, an seine Brust. Das Vibrieren ihres Körpers war für den Captain ganz deutlich zu spüren, als sie mit erstickter Stimme sagte: „Ich überraschte den Commander, als er sich an den Torpedos zu schaffen machen wollte. Ich hatte ihn schon länger in Verdacht, dass er möglicherweise gegen das Imperium arbeitet. Darum ließ ich vor einigen Wochen bereits Wachen vor dem Torpedoraum postieren. Doch er fand einen Weg hinein, auf dem ich ihm folgte. Als ich ihn zur Rede stellen wollte hat er versucht...“ Sie brach ab und drängte sich hilfesuchend enger an Gardner. Instinktiv schloss der Captain die Andorianerin in seine Arme. Was er nicht sehen konnte war das zufriedene Lächeln der andorianischen Frau, die fest mit diesem Beschützerinstinkt terranischer Männer gerechnet hatte. Ja, sie würde viel Einfluss auf Jeffrey Gardner haben – eines Tages. Und das war die Schmerzen, die sie hatte ertragen müssen und momentan noch ertrug, durchaus wert... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)