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Star Trek - Timeline - 50-01

Retter des Imperiums: Gefallene Helden - Part-1
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Dieser erste Teil von "RETTER DES IMPERIUMS: Gefallene Helden" wird, zusammen mit dem zweiten Part den Auftakt zu einer losen Folge von Episoden bilden, die sich mit dem Aufstieg und Fall des imperialen Admirals John Jefferson Pickett (einem Nachfahren des Südstaaten-Generalmajors: George Edward Pickett) beschäftigt, und damit, was sich aus dem ersten Zusammentreffen von Jeffrey Gardner und Hoshi Sato entwickeln wird.

Diese Episoden sind quasi ein Prequel zu STAR TREK - BREAKABLE, wo ich zu spät gemerkt habe, dass ich diesen Twist nicht so ausrollen konnte, wie er es verdient hat, also habe ich daraus halt ein Spin-Off gemacht. Der zweite Part dieser Eröffnungs-Doppelepisode ist für Anfang 2016 in Planung. Komplett anzeigen

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Morgen-Grauen

Splitter der Vergangenheit

 

ORT: San Francisco - Hauptquartier der Terranischen Sternenflotte

DATUM: 06. November 2160

ZEIT: 14:29 Ortszeit

 

Der Mann in der Uniform eines Vizeadmirals des Terranischen Imperiums, schritt durch die weiten Gänge des Sternenflottenhauptquartiers in San Francisco. Dabei lag ein verschlagenes Lächeln auf seinem Gesicht, das er nur aufsetzte, wenn niemand in der Nähe war. Seine durchscheinend blauen Augen wirkten kalt, beinahe brutal, selbst dann, wenn er lächelte, was nicht besonders oft vorkam. Diese Augen beherrschten das markante Gesicht des Mannes, von dem man behaupten konnte, dass er sich im besten Alter befand. Kaum Jemand im Imperium wusste, wie alt er wirklich war, und der Admiral sagte es nicht. Seine Haare trug er lang, obwohl man munkelte, dass es in seiner Jugend eine Phase gegeben haben soll, während der er sie wesentlich kürzer getragen hatte. Seine Gesten wirkten zumeist beherrscht, so auch in diesem Moment, als er sich mit der Hand über den gepflegten Kinnbart fuhr. Zumeist tat er dies, wenn er einen finsteren Plan in die Tat umsetzte.

Seit er durch den mysteriösen Tod seines Vorgängers zum Chef des Imperialen Geheimdienstes aufgestiegen war, hatte er spürbar an Macht und Einfluss im Imperium gewonnen. Dies lag nicht zuletzt daran, dass es der Admiral ausgezeichnet verstand Lebewesen in seinem Sinne zu manipulieren. Hinter vorgehaltener Hand galt der Vizeadmiral als potenzieller Anwärter auf den Posten des Oberkommandierenden der Imperialen Sternenflotte. Noch hatte diesen Posten Flottenadmiral Gardner inne, doch er, John Jefferson Pickett, war auf dem Weg, den zweiten Zug in einem verzwickten Ränkespiel auszuführen, welches zum Ziel hatte, ihn an die Spitze der Flottenhierarchie zu katapultieren.

Der erste Zug hatte darin bestanden, das DAEDALUS-PROJEKT, nur zwei Jahre nach dem Stapellauf des Prototypen der ANDROMEDA-KLASSE zu initiieren. Von Anfang an hatte er dabei die Fäden in der Hand gehalten, um zu gewährleisten, dass all das, was er sich für sein neues Flaggschiff vorstellte, auch umgesetzt werden würde. Sie sollte mit Phasern ausgestattet werden, die es mit denen, des von den Tholians erbeuteten Raumschiffs, welches aus einer zukünftigen Epoche eines Paralleluniversums stammte, aufnehmen konnten. Auch der Warpantrieb sollte völlig neu konzipiert werden, so dass der Prototyp Warp 6,8 erreichen würde. Die Schilde des Schiffes würden ebenfalls die stärksten sein, die das Terranische Imperium jemals entwickelt hatte.

Pickett war, trotz seiner ehrgeizigen Ambitionen, stets Realist geblieben. So wusste er, dass es über Kurz oder Lang – aber wohl eher über Kurz – Krieg mit den Romulanern geben würde. Ein sardonisches Lächeln verzerrte sein Gesicht. Nicht zuletzt war er es gewesen, der die Angst vor den Romulanern bei Imperatrice Hoshi Sato geschürt hatte. Und spätestens dann würde er ein Schiff, wie die I.S.S. DAEDALUS dringend benötigen. Zusammen mit den ersten Schiffen der ANDROMEDA-KLASSE würde man die Romulaner in die Knie zwingen. Nicht umsonst hatte Pickett, der bereits zu Akademie-Zeiten den Ruf eines genialen Strategen genossen hatte, seit längerer Zeit Pläne entwickelt, um schon bald einen vernichtenden Erstschlag gegen die verdammten Spitzohren führen zu können. Doch dazu mussten zunächst einmal jene zögerlichen Elemente aus der Flottenführung entfernt werden, denen der Mut fehlte, etwas zu riskieren – zum Wohle des Imperiums.

Und heute würde er den Grundstein dazu legen, seinen Zielen ein ordentliches Stück näher zu kommen.

Heute Morgen hatte er sich bei Flottenadmiral Gardner angemeldet. Der weißhaarige, skrupellose Flottenchef hatte dabei nur schlecht verhehlen können, dass er Pickett nicht sonderlich ausstehen konnte. Doch das würde sich schon bald erledigt haben. Picketts Lächeln bekam etwas beinahe satanisches, als er in den Gang zu Gardners Büro einbog. Der Sohn des Flottenadmirals, Commander Jeffrey Gardner, war gleichzeitig der erste Offizier seines Schiffes, und der Vizeadmiral gedachte, den jungen und absolut loyalen Mann für seine finsteren Pläne einzuspannen. Schade nur, dass dem Flottenadmiral letztlich die Ironie der Situation entgehen würde, aber man konnte nun einmal nicht alles haben.

Der diabolische Ausdruck in Picketts Gesicht verschwand, als er das bewachte Schott des Flottenchefs erreichte. Die beiden MACO´s, in ihren grau-gefleckten Tarnuniformen, die speziell für den Infanterie-Kampf entwickelt worden waren, grüßten vorbildlich. John Jefferson Pickett erwiderte den Gruß und trat zwischen den beiden Wachen hindurch, nachdem einer von ihnen das Schott für ihn geöffnet hatte.

Der Vizeadmiral trat mit verbindlichem Gesichtsausdruck an den Schreibtisch von Gardners Adjutantin, einer gertenschlanken Rigelianerin, mit schulterlangen, dunkelbraunen Haaren, und einer beeindruckender Figur, heran. Der Chef der Flotte schien sich offensichtlich nichts zu versagen. Pickett lächelte in Gedanken daran, dass diese hübsche, junge Frau schon sehr bald SEINE Adjutantin sein würde. Und dann... Nun, man würde schon sehen.

„Ich bin beim Chef angemeldet, Lieutenant-Commander“, sagte Pickett mit sonorer Stimme und blickte direkt in die sphinxartigen, grünen Augen der Rigelianerin.

Natürlich war die Rigelianerin bereits von Gardner darüber unterrichtet worden, dass der Vizeadmiral ihn aufsuchen würde. Verhaltenen lächelnd entgegnete sie, mit klarer Stimme: „Der Flottenadmiral erwartet Sie bereits, Sir. Einen Moment bitte.“ Sie meldete Gardner per Interkom Picketts Hiersein und entriegelte gleich darauf das Schott zu Gardners Büro. „Bitte treten Sie ein, Sir.“

Pickett dankte knapp und marschierte zielstrebig in den angrenzenden Raum.

Das großzügig dimensionierte Büro des Flottenadmirals wurde von einem wuchtigen Schreibtisch beherrscht, der mehr einer Schaltkonsole glich, denn einem Möbelstück, was nicht verwunderte, liefen hier doch die Fäden der Imperialen Flottenführung zusammen. Gardner saß entspannt vor einer der drei gewaltigen Panoramascheiben, so dass gegen das herein scheinende Licht beinahe nur seine Silhouette erkennbar war. Erst nach einem Moment hatten sich Picketts Augen an die Lichtverhältnisse im Raum gewöhnt, und er konnte die harten Augen des Grauhaarigen erkennen. Pflichtgemäß entbot Pickett den Imperialen Gruß, und wartete darauf, dass Gardner ihm einen Platz anbot.

Der Flottenadmiral ließ seinen Untergebenen einen Moment lang stehen, bevor er schließlich herablassend sagte: „Nehmen Sie doch Platz, Mister Pickett. Sie sagten heute Morgen, dass die Angelegenheit, in der Sie mich sprechen wollen, dringend sei. Also, was haben Sie also auf dem Herzen?“

John Jefferson Pickett musste sich Gewalt antun, seinem Gegenüber nicht jene Verachtung zu zeigen, die er insgeheim für ihn empfand. Er tröstete sich jedoch schnell mit dem Gedanken daran, dass Rache ein Gericht war, das man am Besten kalt servierte. Schon sehr bald würde dieser Stinkstiefel Geschichte sein, und diese Überlegung sorgte dafür, dass sich schließlich ein falsches Lächeln auf sein Gesicht stahl, bevor er überlegt antwortete: „Ich glaube, dass ich einen Weg gefunden habe, wie wir unsere geliebte Imperatrice auf einen längeren Urlaub schicken können, von dem es keine Wiederkehr gibt, und den dann vakanten Posten mit einem umsichtigen und fähigen Flottenführer besetzen können.“

Das war nicht einmal gelogen, überlegte Pickett. Immerhin konnte Gardner, dessen Machtambitionen ihm nur zu gut bekannt waren, nicht ahnen, dass er damit NICHT den Flottenadmiral gemeint hatte, sondern sich selbst. Neben seinen fraglos vorhandenen Fähigkeiten, besaß der weißhaarige Mann eine große Schwäche, und das war seine Ungeduld. Dieser Umstand, so überlegte Pickett, würde ihn letztlich zu Fall bringen.

Conrad Abel Gardner gab seine bisherige, scheinbar entspannte Haltung auf, und Pickett registrierte befriedigt die leichte Unruhe, die den Flottenadmiral überkommen hatte. Es war ein offenes Geheimnis, dass der Weißhaarige Hoshi Sato hasste, wie die Pest.

„Wollen Sie damit andeuten, Sie hätten einen gangbaren Weg gefunden, diese Giftschlange vom Thron zu entfernen, ohne dass man uns später dafür zur Verantwortung ziehen wird?“

Vizeadmiral Picketts Gesicht war nun vollständig zur Maske erstarrt und nur seinen Augen konnte man jetzt noch seine wahren Gefühle entnehmen. Doch dazu kannte Gardner ihn nicht gut genug, und der Chef des Imperialen Geheimdienstes war sich dessen bewusst. Natürlich wusste Pickett, dass es in Gardners Büro keine Überwachungsgeräte gab, und so würde es später keine Beweismittel gegen ihn geben. Gelassen antwortete er: „Ja, das habe ich. Doch ich werde Ihre Unterstützung im Imperialen Palast benötigen. Ihre, und die ihrer Verbündeten, Admiral. Ich habe in den letzten Wochen und Monaten, unter schwierigsten Umständen, an den Gardesoldaten vorbei, Waffen in einen der selten benutzten Salons eines Seitentrakts des Palastes geschmuggelt. Wir sind damit in der Lage, vom Inneren des Palastes heraus, eine Revolte zu initiieren, ohne uns auf längere Gefechte einlassen zu müssen. Wir werden die Wachen zu Hoshi Satos Privatgemächer ausschalten, und uns ihrer bemächtigen. Dann zwingen wir sie abzudanken. Tut sie es nicht freiwillig, dann...“ Er führte den Satz nicht zu Ende, sondern lächelte lediglich verschlagen.

Gardner tat es ihm nach. Seine Antipathie gegenüber Pickett schwand für einen Moment lang, und es sagte anerkennend: „Gute Arbeit Pickett. Ich bin mit Ihrem Plan einverstanden. Wenn ich die Regierungsgewalt übernommen habe, dann werde ich mich für Ihre Hilfe erkenntlich zeigen.“

Pickett wahrte sein Pokerface, während er erwiderte: „Der beste Moment um zu zuschlagen wäre vor der Konferenz mit den führenden Admiralen der Flotte, die Sato in genau einer Woche im Palast abhalten wird. Ich werde zu diesem Zeitpunkt offiziell im Palast zu tun haben, so dass ich Ihnen den Rücken frei halten kann.“ Er zog ein Daten-Padd aus der Innentasche seiner Uniformjacke und reichte es Gardner. „Darauf finden Sie den betreffenden Salon, und die Positionen, an denen ich die Waffen versteckt habe.“

Gardner nickte huldvoll, und nahm das Padd an sich. „Gibt es sonst noch etwas?“

Pickett schüttelte den Kopf und erhob sich. „Nein, Admiral. Sie entschuldigen mich bitte nun. Ich habe, nun, da sie sich für meinen Plan entschieden haben, noch einige Vorbereitungen zu treffen. Ich kontaktiere Sie in sieben Tagen, sobald Sie in Paris sind.“

Gardner nickte zustimmend. „Ja, lassen Sie sich nicht aufhalten, Pickett.“

Der Vizeadmiral lächelte verbindlich, bevor er sich abwandte, und schnell das Büro des Flottenadmirals verließ. Innerlich frohlockend eilte er durch die Gänge des Flottenhauptquartiers. Alles würde zu seiner Zufriedenheit verlaufen.

Nachdem er das weitläufige Gebäude durch den Haupteingang verlassen hatte, eilte er zu seinem Gleiter. Er startete ihn, und steuerte ihn in östliche Richtung. Dann erst aktivierte er eine sichere Leitung und nahm Kontakt zum Ersten Offizier seines Schiffes auf: Commander Jeffrey Gardner...

 
 

Spiegel der Gegenwart

 

ORT: Paris - Imperialer Palast

DATUM: 14. November 2160

ZEIT: 04:45 Ortszeit

 

Die zierliche, schwarzhaarige Frau, die barfuß an einem der Fenster des Schlafzimmers stand, fröstelte leicht, und zog den seidenen Kimono, den sie sich nur über die schmalen Schultern geworfen hatte, und unter dem sie ansonsten völlig nackt war, mit der linken Hand, vor ihren straffen Brüsten zusammen. Sie warf einen kurzen Blick über die Schulter, dorthin, wo das breite Doppelbett, auf der anderen Seite des Zimmers stand, von der aus man auf einen breiten Balkon hinaus treten konnte. Ebenso, wie auf dieser Seite des geräumigen Zimmers gab es auch dort eine breite Fensterreihe. Das fahle Mondlicht welches dort herein schien tauchte den Raum in düsteres, silbriges Licht.

Langsam drehte sie den Kopf wieder und blickte durch die Scheibe des Fensters, an dem sie stand, hinunter in den Innenhof des Imperialen Palastes. Einige Shuttles waren dort in Stellung gebracht worden und deuteten mit der Front auf eine Seitenmauer. Ein paar bewaffnete Soldaten der Imperialen Garde bewegten sich zwischen den Shuttles, darauf wartend, dass ihr Offizier, der noch nicht anwesend war, ihnen Befehle erteilte.

Die Finger von Hoshi Satos rechter Hand schlossen sich fester um den Griff des Gegenstandes den sie darin hielt, und ihre Gedanken eilten zurück in die Vergangenheit.

 

Splitter der Vergangenheit

 

ORT: Paris - Imperialer Palast

DATUM: 17. Januar 2155

ZEIT: 10:13 Ortszeit

 

Als sie am frühen Morgen, mit der DEFIANT, über der Erde erschienen war, hatte die Admiralität noch gedacht, spielend mit dieser zierlichen, jungen Frau und ihren machtbesessenen Ambitionen fertig zu werden. Doch damit hatten sie sich in einem Irrtum befunden. Mit der Macht der U.S.S. DEFIANT im Rücken, die von den Tholians aus einem Paralleluniversum in dieses gelockt worden war und dazu mindestens einhundert Jahre aus der Zukunft stammte, hatte sie bereits auf dem Weg hierher, die meisten Flottenoffiziere schnell auf ihre Seite gebracht. Jetzt noch keine sieben Stunden nach ihrer Ankunft über der Erde, war der Kommandotrupp der an Bord befindlichen MACO´s unter der Führung ihres Favoriten, Travis Mayweather, bereit den Imperialen Palast zu stürmen. Nachdem die Luftabwehr durch einen präzisen Militärschlag der DEFIANT vernichtet worden war, brachen sie mit den drei Shuttles der DEFIANT auf. Sie selbst führte dabei das Kommando. Ihr war bewusst, dass der Plan riskant war, aber wenn es ihr und ihrem Trupp gelang, den Imperialen Palast in einem schnellen Handstreich zu nehmen, dann hatte sie so gut wie gewonnen. Die Kommandanten der Sternenflottenschiffe würden ihr folgen, sobald sie ihre Macht demonstriert hatte.

Unangefochten jagten die drei Shuttles durch die untere Atmosphäre des Planeten auf die Oberfläche hinunter. Zusammen mit den Piloten der Shuttles hatte Hoshi Sato den Plan entworfen, direkt vor dem Portal der Eingangshalle niederzugehen. Sie würden die Palastgarde damit überraschen. Sobald der Kommandotrupp abgesetzt war, sollten die Shuttles wieder starten und mit ihren Phasern ihr Eindringen in den Palast ermöglichen. Danach würden sie hoch über dem Palast kreisen und auf weitere Befehle warten.

Die Überraschung gelang. Ohne Feindbeschuss erreichten die drei Shuttles den Palast, feuerten ihre Phaser auf das Portal der Eingangshalle ab und legten es in Trümmer.

Kaum dass sie zu Boden gegangen waren sprangen die MACO´s aus den Seitenschleusen. Die ersten gingen am Rande des zerstörten Eingangs in Stellung und sicherten das weitere Vorwärtsstürmen ihrer Kameraden.

Aus der Eingangshalle drangen die Geräusche von Phasenpistolenfeuer, als Hoshi Sato neben Travis Mayweather, den sie zum Lieutenant der MACO-Truppen befördert hatte, geduckt in Stellung ging. Offensichtlich hatten die Gardisten innerhalb des Palastes endlich realisiert was geschah und begannen, organisierten Widerstand zu leisten.

Mayweather gab seinen Untergebenen das Zeichen nachzurücken, wobei er selbst den Anfang machte. Hoshi Sato blieb ihm dabei dicht auf den Fersen.

„Sei vorsichtig!“, sagte Mayweather warnend in ihre Richtung gewandt. Gleich darauf schoss er auf einen Gardisten, der sich aus der Deckung gewagt hatte, und nun getroffen zusammenbrach. Die Japanerin, die den Beutephaser von der DEFIANT in der Hand hielt, der kurzzeitig in Archers Besitz gewesen war, visierte und erschoss einen weiteren Gardisten, der sich vor ihren Augen auflöste. „Ich kann auf mich selbst achten!“, lachte sie kalt und stürmte weiter nach vorn.

Fluchend folgte ihr der Afroamerikaner. Erst am Fuß der großen Freitreppe holte er sie wieder ein. Da er wusste, dass es nicht nur sinnlos, sondern obendrein gefährlich war, der jungen Frau zu widersprechen, sparte er sich jeden weiteren Kommentar. Um das Marmorgeländer herum spähend meinte er: „Gruppen 1 und 2 - mir nach!“ Damit sprangen er und Hoshi auf. Zusammen mit rund einem Dutzend weiteren Bewaffneten stürmten sie die breite Freitreppe hinauf und verteilten sich gleichmäßig auf die drei vom Treppenabsatz fortführenden Gänge. Während die beiden Gänge rechts und links wie ausgestorben lagen, schlug ihnen aus dem Gang vor ihnen wütendes Abwehrfeuer entgegen. Zwei MACO´s brachen, tödlich getroffen zusammen, der Rest suchte Deckung hinter den runden Marmorsäulen, entlang der Wände. Offensichtlich hatten die Verteidiger vor, nur das Hauptgebäude mit dem Thronsaal zu verteidigen, und die beiden Seitenflügel evakuiert. Damit besaßen sie den Vorteil ihre Kräfte konzentrieren zu können.

Doch die verbliebenen MACO´s waren allesamt durch eine harte Schule gegangen. Travis Mayweather ließ die übrigen beiden Gruppen nachrücken. Säule für Säule arbeiteten sich die Angreifer nach vorne und Gardist um Gardist fiel ihren Waffen zum Opfer. Mit nur drei weiteren Opfern auf Seiten der MACO´s erreichten sie den Gang, der zum Thronsaal führte. Zur Überraschung der Angreifer war dort niemand zu sehen.

Eine Weile blieben sie in Deckung, und Hoshi Sato rief über Funk die DEFIANT, um Anweisung zu geben, weitere Besatzungsmitglieder in den Palast zu beamen, damit diese die restlichen Bereiche sichern konnten und nach möglichen, verbliebenen Gardisten zu suchen. Danach sah sie ihren Favoriten auffordernd an, und gab das Zeichen zum Sturm des Thronsaals des Palastes.

An den Seitenwänden entlang arbeiteten sie sich vor, bereit jederzeit in Deckung zu gehen. Doch als dann doch etwas unerwartetes geschah, kam es so schnell, dass kaum jemand die Zeit fand zu reagieren.

Ein einzelner Gardist sprang plötzlich hinter einer Zierstatue hervor und richtete seine Waffe auf Hoshi Sato. Er drückte ab und ein grell gelber Energiestrahl verließ die Waffe.

Für einen Moment wie paralysiert, bemerkte die Japanerin einen Schatten an sich vorbei huschen. Erst einen Moment später realisierte sie, dass es Travis Mayweather war. Noch im Fallen feuerte er seine Waffe ab und schoss dem Gardisten, der Hoshi Sato hatte umbringen wollen, die Waffe aus der Hand.

Die junge Frau dachte erst, der Schuss hätte sie verfehlt und wollte Travis zu seiner schnellen Reaktion gratulieren. Doch dann bemerkte sie die seltsam starre Haltung ihres Favoriten, der reglos am Boden lag. Voller dunkler Vorahnungen drehte sie ihn auf den Rücken und blickte erschrocken in die starren, leblosen Augen. Ein hässliches Brandloch in seiner Brustpanzerung wies darauf hin, dass Mayweather den tödlichen Schuss statt ihrer empfangen hatte. Als sie wieder aufblickte lag zügellose Mordlust in ihren Augen.

Der Schütze war mittlerweile von Ihren MACO´s überwältigt worden. Drei Mann drückten ihn an den Armen und Beinen nach unten. Auch sie waren wütend, dass er einen aus ihren Reihen getötet hatte.

„Haltet ihn nur fest!“, schrie Hoshi Sato unbeherrscht. Dabei steckte sie den Phaser weg und zog ihren Dolch.

Trotzig blickte der wehrlose Gardist sie an, als sie sich rittlings auf seinen Bauch setzte und ihren Dolch immer näher zu seinem Gesicht führte. Erst als die Klinge unaufhaltsam immer näher kam, und er die furchtbare Entschlossenheit im Blick der Japanerin bemerkte, wich er so weit es ging zurück, bis der kalte Marmorboden ihm Einhalt gebot. Seine Augen weiteten sich entsetzt, als er erkannte, was sie vorhatte.

Als die Klinge langsam durch sein linkes Auge fuhr schrie er gellend auf.

Selbst einigen der MACO´s fuhr der Schrei des Gardisten durch Mark und Bein. Ungerührt davon wiederholte die junge Frau dieselbe Prozedur mit dem rechten Auge des Mannes, und wieder folgte ein Mark erschütternder Schrei des Gardisten, bis die Japanerin seinen Kopf an den Haaren zurückzog, und ihm die Halsschlagader aufschnitt. Ein Zucken erfolgte, das Blut spritzte an der Schlagader des Gardisten heraus, und es dauerte eine geraume Weile, bis der Mann endlich leblos liegenblieb.

Hoshi Sato wischte sich über das Gesicht, in das einige Tropfen Blut des Mannes gespritzt war, wodurch sie noch gemeingefährlicher aussah, und befahl, das verrammelte Doppeltor des Thronsaales aufzusprengen.

In den Augen der MACO´s glomm so etwas wie Respekt auf, während die beiden Sprengspezialisten der Einheit die geballte Ladung so verlegten, dass sich die Sprengkraft hauptsächlich auf die Tormitte konzentrierte.

Während sich die MACO´s zusammen mit Hoshi Sato ein Stück in den Gang zurückzogen, befahl die Japanerin herrisch: „Sobald die Detonation erfolgt ist, stürmen wir den Thronsaal. Und wir werden keine Gefangenen machen!“

Mehrere der Soldaten wollten etwas erwidern – darauf hinweisen, dass vermutlich auch die Frauen und Kinder des Hofstaates hinter der schweren Flügeltür verschanzt sein würden, doch der gefährliche Blick aus den dunklen Augen der zukünftigen Imperatorin hielt sie davon ab. Diese Frau würde im Moment keinen Unterschied machen, zwischen Freund oder Feind, wenn sich ihr jemand in den Weg stellte.

Hoshi Sato nickte den beiden Sprengspezialisten zu und einer von ihnen nahm die Fernzündung vor.

Trotz der guten Arbeit der beiden Spezialisten pfiffen einige kleinere Trümmerteile der gewaltigen Doppelpforte über sie hinweg. Das Donnergrollen ebbte ab und die Hitzewelle der Explosion verlief sich in den Gängen des Palastes.

„Vorwärts!“, schrie die Japanerin mit heller Stimme. „Lasst niemanden am Leben!“

Damit stürmte sie, an der Spitze ihrer knapp 20 Leute nach vorne, durch die gezackte Öffnung, welche die Explosion in das Doppeltor gerissen hatte.

Der Thronsaal bot ein Bild der Verwüstung. Einige der Anwesenden, die sich hier verbarrikadiert hatten, waren von Trümmern erschlagen worden, andere lagen verletzt auf dem Marmorboden und schrien um Hilfe. Der Imperator selbst kauerte hinter dem Thron, der sich erhöht auf einem Stufenpodest befand. Einige Frauen und Kinder drückten sich im Hinteren Bereich des Saales gegen die Wände, oder versteckten sich hinter Säulen.

„Steckt die Partikelwaffen weg!“, befahl Hoshi Sato mit fast heiserer Stimme, zog ihren Dolch und hielt ihn gut sichtbar für ihre Leute hoch über den Kopf. Dann marschierte sie, mit festen Schritten auf den zitternden, etwas beleibten Imperator zu.

Die Soldaten wussten, was sie damit sagen wollte. Auch sie zogen ihre Dolche, einige mit unverhohlenem Grauen , bei dem was nun folgen würde, in den Augen.

Nach nur wenigen Minuten war alles vorbei. Doch Diejenigen die dabei gewesen waren, sollten niemals die Bilder vergessen, oder die Schreie der Opfer, bevor sie, teilweise auf grausamste Weise, durch die Klingen starben. Auch Hoshi Sato nicht...

Nicht gerade wenige dieser Leute kamen dabei, an diesem Tag, auf grausamste Weise durch ihre eigene Hand um. Erst nachdem sie über und über mit dem Blut der Opfer besudelt war, und sie sich mit triumphierender Miene auf dem Thron setzte, hatte sich ihr Tötungsrausch endlich beruhigt.

Bis auf gelegentliche, spätere Aussetzer...

 
 

Spiegel der Gegenwart

 

ORT: Paris - Imperialer Palast

DATUM: 14. November 2160

ZEIT: 04:55 Ortszeit

 

Sie blickte erneut über die Schulter.

Undeutlich konnten ihre Augen, die an die herrschende Dunkelheit gewöhnt waren, eine Silhouette unter der leichten, atmungsaktiven Decke ausmachen. Unten schauten zwei Füße hervor, an deren Stellung und Form man erkennen konnte, das es sich um einen Menschen handelte, und dass dieser Mensch auf dem Rücken lag. Ebenfalls unschwer an der Größe und der Form zu erkennen war, dass es sich um einen Mann handelte. Er war jung und er war leidenschaftlich gewesen. Nun ruhte er.

Hoshi Sato richtete ihren Blick erneut auf den Hof des Palastes hinunter. Nur unterbewusst nahm sie dabei den nur noch schwachen Duft der längst abgebrannten Räucherstäbchen war, der sowohl eine halluzinogene, als auch aphrodisierende Wirkung besaß. Das noch immer leichte Zittern ihrer Knie, welches nichts mit ihrer leichten Bekleidung zu tun hatte, zeugte davon, dass diese Wirkung von durchschlagendem Erfolg gewesen war. Die zierliche junge Frau hatte dem jungen Mann alles abverlangt, in der letzten Nacht, und ein flüchtiges Lächeln huschte dabei über ihr Gesicht. Wie jedes Mal, wenn sie mit einem Mann, oder einer Frau schlief, wobei sie allerdings Männern den Vorzug gab, hatte sie sich vollkommen verausgabt, bis sie beide atemlos auf dem Lager zusammengesunken waren.

Unten auf dem Hof erschien ein hochgewachsener athletischer Mann in der Uniform eines Commanders der Imperialen Sternenflotte und ließ die Landescheinwerfer der Shuttles einschalten. Im aufbrandenden Licht erkannte die Imperatrice kurzzeitig ein markantes, gut aussehendes Gesicht, und ein verlangendes Kribbeln strömte bereits wieder durch ihren Unterleib. Ohne sich dessen bewusst zu werden fuhren die Finger ihrer linken Hand über ihre festen Brüste und über ihren flachen Bauch. Mit einem leisen Seufzen beobachtete die Frau, wie der Commander zwischen den Shuttles, in der Dunkelheit verschwand. Gleichzeitig umklammerte sie mit der rechten Hand immer noch den Griff des Gegenstandes. Etwas kühles berührte dabei ihren glatten Oberschenkel und hinterließ etwas klebriges, als sie ihre Rechte etwas zur Seite nahm. Das Gefühl des Griffes in ihrer Hand war ihr vertraut, denn sie hatte ihn zu nicht gerade wenigen Gelegenheiten in der Hand. Es handelte sich um den schwarzen Griff ihres Doppelschneiden-Dolches, wie er zur Standardausrüstung für Angehörige der Imperialen Flotte gehörte.

Langsam ließ Hoshi Sato die scharfe Doppelspitze des Dolches an ihrem Innenschenkel hinauf wandern, und gab schließlich einen wollüstigen Laut von sich, als diese sich sacht durch den dichten, schwarzen Flaum ihrer Scham bewegte und schließlich ihre empfindlichste Stelle berührte. Vorsichtig fuhr sie mit dem kühlen Stahl darüber hinweg und eine spontane Erregung ergriff sie. Nur zögerlich nahm sie den Dolch, mit einem erregten Seufzen, dass in dem großen Schlafraum wieder hallte, schließlich weg und konzentrierte sich darauf, was sich unten auf dem Hof des Palastes abspielte.

Erneut erschien der gut aussehende Commander im Lichtkegel der Landescheinwerfer, und die Japanerin befeuchtete mit der Zunge ihre Lippen. Dabei trat sie etwas dichter an das Fenster, um ihn besser erkennen zu können. Irgendwie hatte sie das unbestimmte Gefühl, diesen Commander schon einmal gesehen zu haben.

Diesmal bemerkte sie, dass der Mann schwarzes, leicht gewelltes Haar besaß. Seine Augenfarbe konnte sie nicht genau erkennen, aber es schien so, als wären sie dunkel. Auch der genaue Ton seiner hellen Haut, ließ sich bei dem künstlichen Licht nicht mit Sicherheit bestimmen, aber Hoshi Sato vermutete anhand seiner Gesichtszüge, dass der Mann europäischer oder nordamerikanischer Abstammung war. Seine Bewegungen wirkten kraftvoll und dynamisch, was zu seiner gesamten Erscheinung passte.

Grübelnd fragte sich die Frau, wer er wohl sein mochte. Da das, was sich dort unten im Hof gleich abspielen würde, unter dem Kommando von Admiral John Jefferson Pickett geschah, vermutete die Frau, dass er seinem Kommando unterstand, möglicherweise sogar zu seinem Stab gehörte. Nur einen Moment später durchzuckte es sie wie ein Blitzschlag, und beinahe hätte sie ihren Dolch fallen gelassen.

Dieser Commander war ihr erst gestern begegnet, und sie fragte sich, warum ihr nicht eher aufgefallen war, um wen es sich handelte. Es war niemand anderes, als Picketts Adjutant. Seines Vaters Mitverschwörer waren gestern abgeurteilt, und zum Tode verurteilt worden. In wenigen Minuten würde das Urteil vollstreckt werden, und der Commander, der eigenhändig seinen Vater erschossen hatte, bevor dieser mit seiner Dienstwaffe auf Admiral Pickett anlegen konnte, bei der Verhaftung der Verschwörer, war offensichtlich dazu vorgesehen, das Erschießungskommando zu befehligen.

Ein leicht süffisantes Grinsen überflog die Lippen der Japanerin. Sie musste zugeben, dass der Admiral Humor besaß; und einen feinen Sinn für Ironie. Sie würde Pickett wohl ebenfalls etwas genauer kennenlernen müssen. Zumindest vermutete sie, dass dieser Admiral, der bis Gestern den Oberbefehl über den Imperialen Geheimdienst inne gehabt hatte, für eine Weile ganz amüsant sein könnte.

Sie blickte kurz zum Bett hinüber. Durch das nun zusätzlich hereinfallende Licht waren die starren, weit aufgerissenen Augen des reglos da liegenden Mannes gut zu erkennen. Ihr nächtlicher Zeitvertreib hatte vor etwa einer halben Stunde seinen letzten Atemzug getan, es wurde also ohnehin Zeit, sich nach einem neuen Bettgefährten umzusehen. Und Picketts Temperament galt als ziemlich leidenschaftlich, den Gerüchten nach. So etwas schätzte sie. Außerdem würde sie ihm wohl den Oberbefehl über die Imperiale Sternenflotte antragen, denn er hatte sich als loyal erwiesen. Zudem war er nach dem gestern so plötzlich verstorbenen Flottenadmiral der Fähigste in dieser Hinsicht. Das war gleichzeitig eine gute Gelegenheit, seinen Ersten Offizier gleich mit zu dieser Unterredung her zu zitieren. Schon seit längerer Zeit trug sie sich mit dem Gedanken, einen Erstschlag gegen das Romulanische Sternenimperium zu führen, und sie hatte beschlossen Pickett in die Pläne zu dem Unternehmen „THOR´S HAMMER“ einzuweihen.

Ihre Augen richteten sich zu der Stelle neben ihrem rechten Fuß, an dem das von der Klinge tropfende Blut des Toten, der in ihrem Bett lag, einen glänzenden, roten Fleck gebildet hatte, und mit morbider Neugier fragte sie sich, ob grünes Blut eine spürbar andere Viskosität haben würde, als rotes Blut.

Draußen war mittlerweile ein Mann erschienen, den Hoshi Sato augenblicklich identifizierte. John Jefferson Pickett. Selbst von hier oben waren die Züge des Mannes unverkennbar. Er fuhr sich mit einer beherrschten Geste über seinen gepflegten Kinnbart, bevor er etwas zu Commander Gardner sagte. Gleich darauf erklang ein lauter Befehl des Commanders und sechs an den Händen gefesselte Gestalten, noch immer in den Uniformen der Imperialen Sternenflotte gekleidet, und alle im Rang zwischen Konteradmiral und Admiral, wurden von doppelt so vielen bewaffneten Gardesoldaten zur angeleuchteten Hofmauer geführt, wo ihnen die Fesseln abgenommen wurden. Danach nahmen die Gardisten recht und links der Gefangenen Aufstellung.

Vor jedem der sechs Gefangenen blieb Admiral Pickett kurz stehen und blickte ihn angewidert an, bevor er ihm die Rangabzeichen und Orden von der Uniform riss und auf den Boden warf.

Hoshi Sato öffnete das große Fenster einen Spalt, wobei ein kaum sichtbarer Prallschirm ein Entweichen der warmen Luft nach draußen und ein Eindringen kalter Luft verhinderte. Sie wollte die Stimmen der Männer im Hof hören.

Nachdem Admiral John Jefferson Pickett seine ehemaligen Kameraden erniedrigt hatte baute er sich vor ihnen auf und blickte sie der Reihe nach an, wobei seine Gedanken zum gestrigen Tag abschweiften...

 
 

Splitter der Vergangenheit

 

ORT: Paris - Imperialer Palast - Westflügel

DATUM: 13. November 2160

ZEIT: 09:47 Ortszeit

 

Vizeadmiral John Jefferson Pickett hatte Wort gehalten. Als Flottenadmiral Conrad Abel Gardner mit seinem Stab im Palast eingetroffen war, hatte er die Admirale auf der großen Freitreppe der HALLE DER IMPERATOREN erwartet. Diese monumentale Eingangshalle des Imperialen Palastes, in der die überlebensgroßen Statuen sämtlicher bisherigen Imperatoren an den Wänden aufgereiht standen, beginnend mit Imperator Zefram Cochrane, verfehlte seine Wirkung nicht, auf all jene, die zum ersten Mal hierher kamen.

Natürlich lagen die Wurzeln des Imperiums weit vor der Zeit von Cochrane, jedoch war unter seiner Führung zum ersten Mal die gesamte Menschheit in diesem Imperium vereint gewesen, und nicht nur Teile davon, weshalb man diese Statuensammlung mit ihm begonnen hatte, und nicht mit einem Despoten der Prä-Warp-Ära.

Riesige Gemälde an den Wänden zeigten die Szenen ruhmreicher Schlachten des Imperiums, von den Anfängen, Mitte des 20. Jahrhunderts, bis zu den Raumschlachten der Terranischen Sternenflotte in der jüngeren Vergangenheit.

Durch die hohen schmalen Fenster der Halle fielen schräge Lichtstrahlen der tiefstehenden Novembersonne in die Halle, auf deren Marmorboden mit handtellergroßen, ebenfalls marmornen Mosaiksteinen das Logo des Imperiums abgebildet war.

Als Gardner mit seinen sechs Begleitern den ersten Absatz erreicht hatte, auf dem Pickett breitbeinig, mit vor der Brust verschränkten Armen, auf ihn wartete, löste sich der Chef des Geheimdienstes aus seiner starren Haltung und machte einen Schritt auf ihn zu. Er entbot den Imperialen Gruß, und führte die Admirale des Flottenstabes in den, von der Halle kommend, nach links abzweigenden Gang, der in den Westflügel des Palastes führte. An der hinteren Abzweigung trennte er sich von ihnen, nicht ohne Gardner dabei verschwörerisch zu zuzwinkern.

Dank des Planes, den Pickett dem Flottenadmiral überlassen hatte, würde Gardner den Raum finden, an denen der Geheimdienstchef die Waffen versteckt hatte. Dieses geheime Deponieren der Waffen war in der Tat ein beinahe genialer Schachzug gewesen, und ohne zwei, in die Garde eingeschleuste Agenten seiner Abteilung unmöglich gewesen. Denn natürlich wurde jeder Besucher, auch wenn es ein Admiral der Flotte war, mit modernsten Mitteln nach Waffen durchsucht, bevor er auch nur den Vorplatz des Palastes betreten konnte. Da die Wachen nicht immer am selben Ort Dienst taten, sondern nach einem ausgeklügelten Plan des Kommandanten der Palastwache rotierten, war es eine logistische Meisterleistung des Vizeadmirals gewesen, die sieben Waffen in vier Schüben in den Palast zu schmuggeln. Natürlich würde er, John Jefferson Pickett, nach der Verhaftung der sieben Verschwörer dafür sorgen, dass die sicherlich sofort anlaufenden Ermittlungen nach eventuellen Mittätern, genau zu den beiden Agenten führen würden. Erste Regel bei Verschwörungen: Töte die unliebsamen Mitwisser.

Mit einem geradezu mörderischen Blick schritt Pickett durch die weiten Gänge des Palastes. Er hatte Jeffrey Gardner, seinem Ersten Offizier, und Sohn von Conrad Abel Gardner, gegenüber bereits vor einer Woche Andeutungen gemacht, dass er einem üblen Komplott gegen die Imperatrice auf der Spur sei.

Ein Blick auf den Chronograph an seinem Mehrzweckarmband mahnte ihn zur Eile. Der junge Gardner konnte jeden Moment den Palast erreichen, und er wollte unbedingt, dass der Sohn des alten Gardner an seiner Seite war, wenn er seine unliebsamen Konkurrenten, des Verrats beschuldigte. Er wusste um die bedingungslose Treue des Commanders zum Imperium. Was er ebenfalls wusste war, dass dieser Commander, ganz im Gegensatz zu seinem Vater, keinerlei politische Ambitionen besaß. In dieser Hinsicht geriet er mehr nach seiner vor Jahren verstorbenen Mutter.

Als er Commander Gardner gegenüber, letzte Woche, angedeutet hatte, dass sein Vater möglicherweise mit in dieses Komplott gegen Hoshi Sato verstrickt sei, war der Commander natürlich aus allen Wolken gefallen und konnte nicht glauben, was Pickett ihm da eröffnet hatte. Pickett hatte ihn deshalb gebeten dabei zu sein, wenn er, zusammen mit einem Trupp Gardisten, die Verschwörer überführte.

Er war gerade rechtzeitig wieder auf dem Treppenabsatz, um zu sehen, wie Commander Jeffrey Gardner die HALLE DER IMPERATOREN betrat. Eine seiner hervorstechendsten Eigenschaften war seine Pünktlichkeit, auf die man sich auch heute verlassen konnte. Seine ansonsten meist zufriedene Miene drückte an diesem Morgen einen ungewohnten Ernst aus, kein Wunder, wenn man bedachte, was Pickett ihm gegenüber angedeutet hatte. Man merkte ihm deutlich an, dass er noch immer bezweifelte, was man seinem Vater vorwarf.

Mit federnden Schritten durchquerte der Commander die Halle, und eilte, immer zwei Stufen auf einmal nehmend zu Pickett hinauf. Auf dem Treppenabsatz angekommen entbot er den Imperialen Gruß, wobei sein Blick in den rechten Gang schweifte, aus dem sich ihnen ein Trupp von einem dutzend Gardesoldaten näherte.

Pickett nahm den Gruß des Truppführers im Rang eines Majors zur Kenntnis und wandte sich dann zu Gardner. „Ich fürchte, dass sich mein schlimmster Verdacht bewahrheitet, Commander. Ich habe Ihren Vater und seinen Stab überwachen lassen. Die Admirale haben sich heimlich in den Westflügel begeben, und ich fürchte, dass sie von dort aus versuchen werden, ein Attentat auf unsere geliebte Imperatrice durchzuführen.“

Jeffrey Gardners Blick verfinsterte sich und seine Hand bewegte sich zu der Stelle, an der sich normalerweise sein Phaser befand. Dabei sagte er: „Wenn das alles wirklich wahr ist, Admiral, dann gehören diese Verräter hingerichtet.“

„Sie werden ihrer gerechten Strafe nicht entgehen“, versicherte Pickett. Dann blickte er den Offizier der Gardisten auffordernd an, ließ sich zwei Waffen geben, von denen er eine an Gardner weiterreichte und gab den Anwesenden das Zeichen ihm zu folgen.

Mit schnellen Schritten eilten sie durch den Hauptgang des Westflügels. Am Ende bogen sie schließlich nach Links ab und blieben for der letzten Tür auf der rechten Seite stehen. Pickett selbst machte sich daran, die Klinke der Tür zu ergreifen, während sich Gardner und die Gardisten zu beiden Seiten der Tür verteilten. Sie zogen ihre Waffen und Pickett nickte Jeffrey Gardner zu, bevor er entschlossen die Klinke hinunter drückte, und als Erster in den Raum stürmte, dicht gefolgt von seinen Begleitern, die sich schnell an den Wänden entlang verteilten.

Die Admirale im Raum wurden vollkommen überrascht. Unübersehbar waren die verbotenen Waffen in den Händen der Flaggoffiziere. Conrad Abel Gardner blickte zu Pickett und sein Blick drückte für einen Moment Unverständnis aus. Dann überflog Erkenntnis seine Gesichtszüge, als er das grausame Ränkespiel Picketts durchschaute und mit einer schnellen Bewegung, die nicht einmal Pickett dem Flottenadmiral zugetraut hatte, hob dieser seine Waffe und legte auf den Schuft, der ihn in diese Falle gelockt hatte an.

Für einen Moment durchzuckte Pickett der fürchterliche Gedanke, seinen Gegner unterschätzt zu haben, und nun dafür mit seinem Leben bezahlen zu müssen. Doch bevor der Flottenadmiral abdrücken konnte, hatte ein Mann noch schneller gehandelt:

Commander Jeffrey Gardner.

Der Sohn des Flottenadmirals hatte seine Waffe noch schneller im Anschlag, als sein Vater, und bevor der Grauhaarige abdrücken konnte, hatte sein Sohn bereits gefeuert. Ein grell gelber Energiestrahl zuckte durch den Raum und traf den Flottenadmiral genau in der Brust. Tödlich getroffen entfiel Conrad Abel Gardner seine Waffe und er brach zusammen.

Die übrigen Verschwörer hatten die Sinnlosigkeit Widerstand leisten zu wollen eingesehen. In der Hoffnung vielleicht doch noch lebend aus dieser Sache heraus zu kommen, ließen sie ihre Waffen fallen und ergaben sich den Gardisten.

„Nehmt diese Verräter fest“, wies Pickett die Gardisten an. „Sie werden noch heute abgeurteilt werden, und im Morgengrauen ihrer gerechten Strafe zugeführt. Zur Warnung, und zur Abschreckung an alle, die vielleicht Ähnliches planen mögen. Dieses deutliche Zeichen soll ein Fanal für all jene sein, die glauben, gegen die Imperatrice opponieren und intrigieren zu können.“

Während die Admirale aus Gardner Seniors Stab gefesselt und abgeführt wurden, wandte sich Pickett an Jeffrey Gardner, der noch immer wütend auf die Leiche seines Vaters blickte – ungläubig, dass dieser wirklich Verrat geplant hatte. „Sie haben mir heute das Leben gerettet und sich als loyaler Soldat des Imperiums erwiesen, Commander. Ich werde das nicht vergessen, dessen können Sie sicher sein. Und nun lassen Sie uns gehen. Wir wollen der Imperatrice Bericht erstatten ob dieser Ungeheuerlichkeit.“

Gardner nickte, bevor er Pickett folgte, der sich bemühen musste, sich nicht zufrieden die Hände zu reiben. Alles entwickelte sich so, wie er es vorausgesehen hatte...

 
 

Spiegel der Gegenwart

 

ORT: Paris - Imperialer Palast

DATUM: 14. November 2160

ZEIT: 05:00 Ortszeit

 

John Jefferson Picketts Gedanken kehrten in die Wirklichkeit zurück. Natürlich hatte er im Anschluss an die Berichterstattung sofort die fingierten Beweise aus seiner Schreibtischschublade gefischt, und einigen Agenten seiner Abteilung unmissverständlich befohlen, dass die beiden involvierten Agenten, welche ihm beim Einschmuggeln der Waffen in den Palast geholfen hatten, die Verhaftung nicht zu überleben hatten. Noch im Laufe des frühen Nachmittags wurde ihm der Vollzug dieses Befehls gemeldet. Auf der Flucht erschossen, hatte es im Abschlussbericht Picketts an die Imperatrice geheißen.

Nach einer flammenden kleinen Predigt über Soldatenehre und Loyalität gegenüber des Imperiums, hatte Pickett den Delinquenten auf dem Palasthof jeweils eine schwarze Augenbinde angeboten. Alle hatten abgelehnt, und blickten dem Erschießungskommando, dass nun dabei war Aufstellung zu nehmen trotzig entgegen, wobei sie gegen das grelle Licht der Scheinwerfer nur Schemen erkennen konnten.

Pickett war mittlerweile aus dem Schussbereich getreten, und Jeffrey Gardner gab laut das Kommando anzulegen.

In einer letzten Trotzreaktion, in dem festen Glauben daran, dass ihr Handeln richtig, und zum Wohl des Imperiums gewesen war, entboten sie, wie auf ein geheimes Kommando, beinahe gleichzeitig, den Imperialen Gruß, indem sie sich mit der rechten Faust auf das Herz schlugen und den Arm dann, mit flacher Hand nach vorne ausstreckten.

„Gebt – Feuer!“

Noch während dieses Kommando von Commander Jeffrey Gardner über den Platz hallte, zuckten ein Dutzend grelle Energiestrahlen auf und tödlich getroffen sackten die sechs zum Tode verurteilten, ehemaligen Admirale der Imperialen Sternenflotte zu Boden.

Nur unterbewusst bekam Pickett mit, wie Gardner befahl, die Toten in die Gleiter zu schaffen, während er zu einem der Fenster hinauf blickte hinter dem er, aus den Augenwinkeln, eine undeutliche Bewegung wahrgenommen hatte. Schemenhaft erkannte er dort die zierliche Gestalt der Imperatorin und lächelnd grüßte er hinauf.

Dann wandte er sich ab und begab sich zu Gardner, mit dem zusammen er heute Nachmittag noch eine Audienz bei Hoshi Sato haben würde. Diesmal nicht ohne sich dabei die Hände zu reiben, was nur zu einem geringen Teil an den herbstlichen Temperaturen lag.

Eine Audienz bei der Imperatrice

Nach der Exekution der sechs Verräter am frühen Morgen, hatte Hoshi Sato den Wachen vor ihrem Schlafzimmer befohlen, die Leiche des jungen Mannes zu entfernen und das Bett neu beziehen zu lassen. Sie selbst hatte geduscht, und danach versucht noch etwas Ruhe zu finden. Doch die Ereignisse der letzten vierundzwanzig Stunden hielten sie wach.

Admiral Pickett und der Erste Offizier seines Schiffes hatten, wie es schien, in letzter Minute einen Attentatsversuch auf sie verhindert. Es war merkwürdig für sie gewesen dabei dem Mann gegenüber zu stehen, dessen Vater der Drahtzieher dieser Verschwörung gegen sie gewesen war. Jeffrey Gardners unbedingte Loyalität zum Imperium, die ihm wichtiger zu sein schien, als die familiäre Loyalität zu seinem Vater, hatte ihr dabei besonders imponiert. So wie die Erscheinung des schneidigen Commanders.

Sie lag nackt unter der Decke des frisch bezogenen Bettes und drehte sich zum wiederholten Mal auf die andere Seite und schloss ihre Augen. Doch das Bild des Commanders, der den Befehl zur Exekution der Verräter gegeben hatte, blieb bestehen. Nach und nach wurde es abgelöst von dem markanten Gesicht Picketts, und ihr Herz schlug schneller, bei dem Gedanken an die Audienz, mit diesen beiden Männern am heutigen Nachmittag. Eine ganze Weile malte sie sich aus, wie diese beiden Männer im Bett sein würden, und erneut packte sie eine lustvolle Erregung, die nur allmählich wieder abklang. Schließlich, als die ersten Sonnenstrahlen durch die Fenster herein drangen, fiel sie doch in einen unruhigen Schlaf, aus dem sie gegen Mittag schweißgebadet erwachte.

Ihr erster Blick, nachdem sie ihre Augen geöffnet hatte, fiel zum hölzernen Kopfende des breiten Bettes, an dem sie eine neue Kerbe eingeritzt hatte. Insgesamt waren es nun neun, und jede von ihnen bedeutete den Tod eines Mannes, oder einer Frau, den oder die sie für eine Weile als Objekt ihrer sexuellen Begierde benutzt hatte. Ein feines, beinahe diabolisches Lächeln lag dabei auf ihren geschwungenen Lippen. Ja – es war gefährlich mit ihr ins Bett zu gehen, doch es fanden sich immer wieder willige Wesen, die ihrer Ausstrahlung verfielen. Der Preis, den sie dafür bezahlten, mit der Imperatrice des Terranischen Imperiums zu schlafen, war hoch und Hoshi Sato forderte ihn unbarmherzig ein.

Sie schlug die Bettdecke zurück, schwang sich geschmeidig aus dem Bett und schritt, nackt wie Gott sie geschaffen hatte nach nebenan in das luxuriöse Badezimmer. Sie aktivierte die Dusche und genoss mit geschlossenen Augen eine Weile nur das heiße Wasser auf ihrer Haut, bevor sie damit begann sich einzuseifen, wobei sie ihre Hände besonders lang und intensiv über ihre festen Brüste, und zwischen ihren schlanken Beinen entlang gleiten ließ. Endlich spülte sie sich, mit einem schwachen Seufzen, den nach Rosen duftenden, Schaum vom Körper und aktivierte den Trockenmodus. Erfrischt aber nicht befriedigt kleidete sich an, und begab sich in den Speiseraum, wo sie sich etwas zu essen bringen ließ. Danach suchte sie den Thronsaal auf, der gleichzeitig ihr Arbeitsraum war, setzte sich hinter ihren ausladenden Schreibtisch auf den Thron, aktivierte das moderne Computerterminal und studierte die aktuellen Meldungen und Berichte, was sie ablenkte.

Als sie nach einer geraumen Weile zur Uhr blickte, stellte sie erstaunt fest, dass es nur noch knapp zehn Minuten waren, bis zur Audienz mit Pickett und Commander Gardner. Sie erhob sich, verschwand nach Nebenan und überprüfte ihr Make-Up. Danach legte sie noch etwas Parfum auf und begab sich wieder in den Thronsaal.

Pünktlich meldete der wachhabende Gardekommandant, die beiden Offiziere an, und mit dem Schlagen der altertümlichen Standuhr, die sie hier hatte aufstellen lassen, wurden die schweren Portale der Doppeltür geöffnet.

Neben einander marschierten die beiden so unterschiedlichen Offiziere, im Gleichschritt herein und grüßten zackig, während die Wachen hinter ihnen das Doppeltor schlossen.

Es war nicht gerade risikolos, sich direkt nach einem misslungenen Attentatsversuch, allein mit diesen beiden Männern zu treffen. Andererseits waren es genau diese beiden Männer gewesen, die dafür gesorgt hatten, dass sie momentan noch lebte und auf dem Thron des Terranischen Imperiums saß. Also vertraute sie ihrem Instinkt, der ihr sagte, dass ihr von diesen beiden Männern keine unmittelbare Gefahr drohte. Und es würde sich eventuell als sehr nützlich erweisen, diese beiden Männer, mehr durch Überzeugung als Gewalt, auf ihre Seite zu ziehen. Möglicherweise auch nur in ihr Bett – man würde sehen.

Hoshi Sato erwiderte den Gruß, mit einer fließenden Bewegung ihres rechten Arms, bevor sie hinüber zu einer gemütlichen Sitzecke deutete. Auf dem quadratischen Glastisch stand wie immer eine Auswahl verschiedener Spirituosen, und eine Reihe von Gläsern. Nehmen Sie bitte Platz, meine Herren. Darf ich Ihnen zunächst etwas zu trinken anbieten?“

Der Vizeadmiral entschied sich für einen Kentucky-Straight-Bourbon auf Eis. Erfreut stellte er fest, dass es sich um seine Lieblingsmarke: JIM BEAM handelte. Erst danach wählte Gardner, der wusste was sich gehörte, ebenfalls einen erlesenen Bourbon der Marke: REBEL YELL.

Während Hoshi Sato die Drinks selbst zubereitete, blickte sie den Commander, der zu ihrer Linken saß, fragend an. „Kein Eis, Mister Gardner?“

„Nein, ich bin Brite und trinke meine Drinks nicht verwässert, wie es eine Unsitte dieser Kolonisten in Übersee ist. Erst als Pickett sich dezent räuspert und die Stirn in Falten legte, fügte er schnell hinzu: „Anwesende selbstverständlich ausgenommen, wie immer.“

Die Japanerin schmunzelte unterdrückt. Die Art dieses jungen Offiziers, der sich nicht scheute in ihrem Beisein offen seine Meinung zu sagen, gefiel ihr. Anders als dem Admiral, der Gardner einen verweisenden Blick zuwarf, als die Japanerin kurz nicht zu ihnen schaute.

Von John Jefferson Pickett wurde behauptet, dass er in direkter Linie von dem legendären Generalmajor George Edward Pickett abstammte, der im Sezessionskrieg unter General Longstreet die Schlacht bei Gettysburg zu Gunsten der Konföderierten entschied. John Jefferson Pickett war sich dessen nicht bewusst, aber genau jener Generalmajor George Edward Pickett war es gewesen, der durch seine Entscheidung in diesem Universum für den Point of Divergence verantwortlich zeichnete. Er hatte entschieden, nachdem General Robert Edward Lee nicht bereit war, die Nordstaatenarmee auf offenes Gelände zu locken, und die Reserven mit in die Schlacht zu werfen, sich mit Longstreet zu beraten, und Lee ablösen zu lassen. Lange hatte George Pickett am Lagerfeuer mit sich gerungen, und als er sich endlich zu diesem Schritt entschlossen hatte, und von dem umgestürzten Baumstamm aufgestanden war, auf dem er gesessen hatte, da war ihm, als er sich um wandte gewesen, als habe er sich für einen Moment selbst gesehen, wie er in die andere Richtung zu seinem Zelt schritt. George Pickett hatte sich über die Augen gerieben, was geholfen hatte, dieses Trugbild zu verscheuchen, und war dann, fest entschlossen zu seinem Freund Longstreet gegangen. Nachdem er ihn endlich überzeugen konnte, hatte Longstreet sich noch einmal eingehend mit Lee beraten, und ihn schließlich, wenn auch schweren Herzens seines Posten enthoben. Am Folgetag hatte Longstreet das Oberkommando über die Armee von Nord-Virginia übernommen und die Unionstruppen gezwungen, sich seiner Armee auf offenem Gelände zu stellen. Die sieben Korps der Union wurde vernichtend geschlagen, und Longstreet marschierte ohne nennenswerten Widerstand in Washington ein. Die Sklaverei wurde nie abgeschafft, und so war es kaum verwunderlich, dass diese alt hergebrachten Strukturen noch immer das Gesellschaftsbild der imperialen Erde prägten. Unter Präsident Longstreet wurde Pickett, dessen hervorragend vorgetragene Angriffe wesentlich zum Erfolg der Südstaatenarmee beigetragen hatten, zum obersten militärischen Anführer der Konföderierten Staaten von Amerika. Pickett intervenierte später in Mexiko und sorgte dafür, dass Kaiser Maximilian auf dem Thron blieb. Dies sollte später wesentliche Auswirkungen auf den Einfluss der Amerikaner auf Europa haben, da Truppen des Mexikanischen Kaisers, der wirtschaftlich von den Konföderierten Staaten abhängig war, später massiv die Franzosen in den folgenden Kriegen unterstützten.

Der Admiral, dessen Kinnbart dem seines berühmten Vorfahren nicht unähnlich war, räusperte sich, nachdem die Imperatorin Platz genommen hatte.

Die Japanerin blickte den Admiral an und erkannte dessen Anspannung. Offensichtlich erwartete er von ihr, dass sie endlich das Gespräch eröffnete, und ihm mitteilte, weswegen sie ihn und Gardner herbestellt hatte. Sie spannte ihn noch etwas auf die Folter, indem sie die beiden Männer verbindlich fragte: „Sind die Drinks nach ihrem Geschmack?“

Die beiden Männer nickten, und sie lehnte sich in das Polster zurück, bevor sie endlich begann: „Ich habe Sie beide aus mehreren Gründen zu mir kommen lassen, meine Herren. Nachdem die Flotte einen neuen Oberbefehlshaber braucht werde ich Sie, Mister Pickett, zum Admiral befördern, und ihnen den Posten des Flottenadmirals übertragen.“

Auf Picketts Gesicht zeichnete sich verhaltene Zufriedenheit ab, bei ihren Worten. Dann wandte sich Hoshi Sato zu Jeffrey Gardner: „Commander, Ihr Verhalten in dieser Angelegenheit, und die von Ihnen gezeigte Loyalität zum Imperium haben mich zutiefst beeindruckt. Ich werde sie zum Captain befördern und gedenke Ihnen das Kommando über die DEFIANT zu übertragen.“

Die Japanerin nahm den Dank Gardners entgegen, bevor sie fortfuhr: „Damit komme ich gleich zum Kern meines Anliegens. Wie Sie vielleicht wissen leben wir schon seit längerer Zeit mit der Bedrohung, dass sich die Romulaner mit den Rebellen gegen das Imperium zusammenschließen. Das müssen wir unter allen Umständen verhindern. Es wäre fatal, wenn die Romulaner den Rebellen Unterschlupf und technische Unterstützung zukommen lassen würden. Und eine Unterstützung durch romulanische Kriegsschiffe würde diesen leidigen Konflikt weiter in die Länge ziehen. Das können wir uns nicht leisten, Gentleman. Und darum werden wir einen Präventivschlag führen.“

An dieser Stelle spannten sich die Mienen der beiden Männer gleichermaßen an. Es war Pickett, der schließlich fragte: „Wo gedenken Sie anzusetzen, Hoheit?“

Die Japanerin lächelte hintergründig. „In den letzten Wochen habe ich einen Plan entwickelt, der die vorläufige Bezeichnung: THOR´S HAMMER trägt. Dank ihrer hervorragenden Geheimdienstarbeit wissen wir, dass sich die größte Werftkapazität der Romulaner im Tu´Rakh-System befindet, und genau dort werden wir den ersten, überraschenden Schlag führen. Besser gesagt – SIE beide werden diesen Schlag führen.“

Wieder war es Pickett, der nachdenklich fragte: „Wann genau gedenken Sie, diesen Schlag ausführen zu lassen, Majestät? Die DAEDALUS wird zwar nächste Woche bereits ihren ersten Werkstattflug absolvieren, aber danach werden erfahrungsgemäß noch einige Optimierungen und Nachbesserungen erfolgen müssen.“

Hoshi Sato erlaubte sich ein Lächeln. „Das habe ich bedacht, Admiral Pickett. Ich plane, den Schlag zum Jahreswechsel zu starten, Sie haben also noch sieben Wochen Zeit, um den Ingenieuren, die am DAEDALUS-Projekt arbeiten etwas Dampf zu machen. Wird diese Zeit reichen, Mister Pickett?“

Der Admiral nickte knapp. „Das werde ich schaffen, Majestät.“

Die Japanerin blickte ernst, als sie erwiderte: „Das hoffe ich. Es wäre bedauerlich, wenn ich feststellen müsste, den falschen Mann an die Spitze der Flotte gestellt zu haben.“ Am Funkeln in den blauen Augen des Admirals erkannte sie, dass der Mann die Warnung ernst nahm. Dann wechselte sie abrupt das Thema und kam wieder auf den Kern der Angelegenheit zu sprechen. „Tu´Rakh IV liegt tief in Romulanischem Gebiet, doch das System hat einen entscheiden Nachteil für die Romulaner. Das System liegt am Rand eines langgestreckten interstellaren Nebels, der dicht hinter der Grenze zu ihrem Gebiet beginnt. Innerhalb dieses Nebels arbeiten die Scanner beinahe gar nicht, und Sie werden sich mit der Flotte relativ geschützt dem Tu´Rakh-System nähern können.“

Jeffrey Gardner beugte sich bei den letzten Worten der Imperatrice erstaunt vor. Unwillig wandte er ein: „Die Romulaner wissen um diese Achillesferse, darum haben sie den Nebel ganz sicher vermint. Ein einzelnes Schiff könnte den Weg hindurch vielleicht schaffen, aber ein heterogener Flottenverband wird unweigerlich in eine Katastrophe steuern. Wie Sie wissen, tarnen die Romulaner ihre Minen.“

„Das ist mir bekannt“, versetzte die Japanerin liebenswürdig lächelnd. „Aber dagegen haben sich die Imperialen Wissenschaftler etwas einfallen lassen. Ihre Schiffe werden mit Quantenscannern ausgerüstet werden, die es ihnen erlauben, diese Minen rechtzeitig zu lokalisieren. Aufgrund unserer bisherigen Kontakte mit den Romulanern ist es uns ebenfalls gelungen, einen Störsender zu entwickeln, der die Annäherungssensoren der Minen beeinflusst, so dass sie nicht selbsttätig auf unsere Schiffe reagieren werden. Sollten die Schiffe also nicht direkt in Kontakt mit den Minen kommen wird gar nichts passieren.“

Jeffrey Gardner blickte die Imperatorin verblüfft an, und selbst der Admiral ließ erkennen, dass diese Information neu für ihn war. Offensichtlich gab es selbst für ihn Dinge, von denen er keine Kenntnis besaß, was Gardner sehr erstaunlich fand.

Mit einem amüsierten Lächeln fügte Hoshi Sato hinzu: „Im Laufe der nächsten Wochen werden alle Schiffe, die an dem Unternehmen beteiligt sind, in unseren Werften umgerüstet, so dass wir in der Lage sein werden, diese Spitzohren zu überraschen.“ Sie wandte sich direkt an Gardner. „Captain, ich möchte Sie nun bitten auf ihr Schiff zurückzukehren und alles für ihren Wechsel auf die DEFIANT vorzubereiten. Halten Sie sich morgen ab 08:00 Uhr auf der DEFIANT bereit, zur offiziellen Beförderung vor dem Offizierskorps ihres neuen Schiffes.“

Jeffrey Gardner verstand den Wink und erhob sich. „Wie Sie wünschen, Imperatorin.“

Hoshi Sato blickte ihm sinnend hinterher, bevor sie sich dem Admiral zu wandte. „Ein tüchtiger junger Offizier. Ich möchte, dass Sie ihn unter ihre Fittiche nehmen, Admiral, denn solche fähigen und entschlossenen jungen Offiziere sind rar gesät.“ Damit holte sie ein Daten-Padd hervor und reichte es dem blonden Mann. „Hier, Admiral, ist die Liste der Schiffe, die wir für dieses Unternehmen abstellen werden.“

Der Admiral überflog kurz die Aufstellung und sagte dann ernst: „Ich werde mit dieser Flotte dem Feind eine empfindliche Niederlage beibringen.“

„Sie sind sich Ihrer Sache sehr sicher, Admiral.“

Pickett grinste offen. „Ein Sprichwort besagt: Glaube an den Erfolg, und der Erfolg wird dir folgen.

Hoshi erhob sich geschmeidig von ihrem Platz und schritt zum Fenster, bevor sie sich um wandte und zu Pickett sagte: „Es ist ein japanisches Sprichwort, Admiral. Wussten Sie das?“

Pickett antwortete ehrlich, denn er wusste, dass die Japanerin Lügen hasste. „Nein, Majestät, das wusste ich nicht.“

Hoshi Sato schien mit dieser Antwort zufrieden zu sein. Freundlich sagte sie: „Nennen Sie mich nicht ständig Majestät, Mister Pickett. Nennen Sie mich lieber bei meinem Vornamen. Immerhin sind Sie nun die zweitmächtigste Person im Imperium.“

Der Admiral wirkte für einen Moment überrumpelt. Dann hatte er sich wieder im Griff und antwortete: „Wie Sie wünschen, Ma... Hoshi.“

Die junge Japanerin schmunzelte. „Kommen Sie hierher zu mir, John Jefferson.“ Sie betonte seine beiden Namen mit einer gewissen Koketterie.

Der Mann legte das Padd auf den Tisch und leistete ihrer Aufforderung umgehend Folge. Mit festen Schritten näherte er sich der Frau, und hielt zwei Schritt vor ihr an.

„Ich sagte hierher zu mir“, lächelte Hoshi beinahe flüsternd und befeuchtete ihre Lippen mit der Zungenspitze.

Der Admiral schluckte, denn er wusste, dass die Favoriten der Imperatorin für gewöhnlich äußerst kurzlebig zu sein beliebten. Andererseits sagte er sich, dass wohl kaum einer von Ihnen seine Fähigkeiten besessen hatte. Und vielleicht war dieser Weg ja der Schnellere, um letztendlich sein finales Ziel zu erreichen. Er beschloss das Risiko einzugehen und näherte sich der zierlichen Frau immer näher, bis sich ihre Gesichter fast berührten.

Als die Frau ihre Arme um Picketts Hals legten wunderte er sich kaum darüber. Nun, wenn sie Spiele spielen wollte – darauf verstand er sich. Seine Hemmungen ablegend zog er die Imperatorin fest in seine Arme.

„Aber Admiral, wer hätte gedacht, dass Sie so stürmisch sind.“ Damit näherte sie sich seinem Gesicht und legte ihre Lippen auf seinen Mund.

Pickett erwiderte den fordernden Kuss der Japanerin, und gleichzeitig eilten seine Gedanken dabei der Zeit voraus. Irgendwann würde es ihm gelingen, dass sie ihm vollkommen vertraute, und wenn dies geschah, dann würde die Ära Sato ein abruptes Ende finden...

Besprechung auf der DEFIANT

Jeffrey Gardner hatte die Offiziere der DEFIANT, pünktlich in der Offiziersmesse antreten lassen. Um genau 08:00 Uhr Bordzeit betrat die Imperatrice des Terranischen Imperiums, begleitet von vier Gardisten die Messe. Mit einer herrischen Handbewegung die Gardner ein unmerkliches Stirnrunzeln abnötigte, winkte die Japanerin Gardner zu sich und bedeutete ihm, sich in Richtung der angetretenen Offiziere der DEFIANT zu wenden.

Während Hoshi Sato damit begann, die Verdienste des Engländers zu würdigen, ließ Jeffrey Gardner seine Blicke über die anwesenden Offiziere schweifen. Dabei fiel ihm neben dem arabisch wirkenden Ersten Offizier eine ausgesprochen hübsche, andorianische Frau mit silbrig schimmernden, langen Haaren und feingeschnittenen Gesichtszügen auf. Ihre hochgewachsene, athletische Erscheinung mit den beinahe makellosen Proportionen fiel dabei weit weniger ins Gewicht, als der taxierende, leicht fragende Blick ihrer dunklen, tief-violetten Augen. Sie stand im Rang eines Lieutenant-Commanders und Gardner, der die Dienstakten seiner neuen Kommandocrew gestern Abend flüchtig überflogen hatte erinnerte sich nun, daran, dass ihr Name Vilarai Selas war, Taktischer und Zweiter Offizier der DEFIANT. Ein gewisses undeutbares Interesse schien sich in ihren dunklen Augen widerzuspiegeln.

In diesem Moment wandte sich die Imperatorin des Terranischen Imperiums an ihn und Gardner konzentrierte sich wieder ganz auf sie. Für einen Moment glaubte er denselben Blick bei der Japanerin zu entdecken, den er auch bei der Andorianerin gesehen hatte. Im nächsten Moment sagte er sich, dass dies sicherlich ein Irrtum war.

Hoshi Sato blickte ihm in die Augen und erklärte: „Für ihre Loyalität gegenüber dem Imperium und ihre geschickte Handlungsweise in einer unübersichtlichen, wie auch gefährlichen Situation, befördere ich Sie, mit sofortiger Wirkung, zum Captain der Imperialen Sternenflotte, Commander Jeffrey Gardner. Im Zuge dieser Beförderung übernehmen sie ab sofort das Kommando über die I.S.S. DEFIANT. Darüber hinaus verleihe ich Ihnen, in Anerkennung für besondere Tapferkeit und Treue, den höchsten Tapferkeitsorden des Terranischen Imperiums – Die Purpurne Supernova.“

Während Gardner, ob ihrer letzten Worte, die Imperatrice verwundert ansah, nahm sie dem Commander die alten Rangabzeichen ab und legte ihm die eines Captains an. Danach ließ sie sich von einem der Leibwächter das Kästchen mit dem Orden geben und legte ihn Gardner um den Hals, wobei er sich zu ihr hinab bücken musste, und ihr rechte Wange, wie zufällig die seine berührte. Sie lächelte ihn undefinierbar an, bevor sie einen Schritt zurücktrat und den angetretenen Offizieren ein Zeichen gab, den Imperialen Gruß zu entbieten. Danach ließ sie abtreten und wandte sich an den neuen Captain der DEFIANT.

„Auf ein privates Wort, Captain Gardner.“

Während sich die Menge verlief um wieder ihrer routinemäßigen Beschäftigung nachzugehen, verließen Sato und Gardner die Messe und schritten, gefolgt von den vier Gardisten, die auf Anweisung der Imperatrice einen Abstand von mehreren Schritten hielten, durch die weißen Gänge des Schiffes. Dieses Schiff war die kampfkräftigste Einheit der Imperialen Flotte und die Mannschaft galt als die Elite der Sternenflotte.

Gardner empfand Stolz, weil ihm Hoshi Sato das Kommando über dieses prachtvolle Schiff anvertraut hatte. Insgeheim fragte er sich jedoch, ob er den Anforderungen und den Erwartungen der Imperatrice genügen würde.

Gerade so, als habe die zierliche Japanerin seine Gedanken erraten meinte sie: „Möglicherweise fragen Sie sich, warum ich einem gerade erst zum Captain ernannten Offizier die DEFIANT anvertraue.“

Gardner blickte die Frau an seiner Seite an und erwiderte ruhig: „Dieser Gedanke drängte sich auf, Majestät.“

Die Japanerin schenkte Jeffrey Gardner ein warmes Lächeln, wie es nur selten vorkam. „Für dieses Schiff ist mir ein erwiesenermaßen loyaler Offizier wichtiger, als ein erfahrener Captain, bei dem ich mir nicht sicher sein kann, wo er politisch steht. Die DEFIANT ist ein gefährliches Machtinstrument, welches sich durchaus gegen mich selbst richten könnte. Ich bin mir sicher, dass dies nicht der Fall sein wird, solange es in Ihren Händen ist.“

Gardner stellte fest, dass sie den Weg zum Quartier des Captains einschlugen. Fragend blickte er die Japanerin an. Er wartete jedoch damit weitere Fragen zu stellen, bis sie sein neues Quartier erreicht hatten. Vor dem Schott erklärte Gardner schnell: „Ich habe mich noch nicht eingerichtet, Mylady, also sieht das Quartier noch etwas unaufgeräumt aus.“

„Ich werde darüber hinweg sehen.“ Damit legte sie, wie selbstverständlich, ihre Hand auf den Öffnungskontakt, wobei ihre Individualimpulse anerkannt wurden und sich das Schott öffnete. Sie gab den Gardisten Anweisung vor dem Schott zu warten und begab sich, gefolgt von dem Briten, ins Innere des Quartiers. Ein Deja Vu überkam sie, als sie sich umsah. Hier hatte sie zum ersten Mal von der Föderation erfahren, welche dieses Raumschiff, in einem Paralleluniversum, erbaut hatte – und von ihrem anderen Ich. Später hatte sie, diese für das Imperium brisanten Informationen aus den Datenbanken des Schiffes löschen lassen – und nur sie selbst besaß eine Kopie dieser Daten. In Stillen Stunden warf sie gelegentlich einen Blick hinein und sie verdammte dabei die Schwäche ihrer Kopie. Sie würde niemals erfahren, was wirkliche Macht bedeutete. Macht über Leben und Tod.

Hier war es auch gewesen, wo sie Jonathan Archer ermordet hatte. Ein leises Frösteln überkam sie, und schnell wandte sie sich an Gardner: „Wie gut kennen Sie Admiral Pickett?“

„Nun, ich diene seit fast zwei Jahren unter Pickett und...“

„Nein, Captain, ich will ihre persönliche Meinung erfahren.“ Die Japanerin blickte Gardner forschend an und der Brite fragte mit verschlossener Miene: „Majestät?“

Hoshi Sato ahnte, dass Gardner nicht halb so unverständig war, wie er nun vorgab. Sie konnte sich natürlich denken, warum der Brite dies vorgab und sie nahm es ihm nicht übel, bewies es doch seine Loyalität zu seinem vorgesetzten Offizier. Trotzdem antwortete sie scharf: „Sie wissen, was ich meine: Ich will wissen, ob Sie Admiral Pickett vertrauen? Nicht dienstlich, sondern als Mensch.“

Gardner realisierte, dass sein eigener Vater sich als Verräter entpuppt hatte. Er zögerte kurz mit der Antwort. Dann sagte er entschieden: „Nein.“

Ein wenig überrascht, aber auch mit leiser Bewunderung öffneten sich die Mandelaugen der hübschen Asiatin etwas weiter, bevor sie mit einem feinen Lächeln auf den Lippen sagte: „Ich bedanke mich für dieses offene Wort, Captain. Ich denke, dass Sie es in Zukunft noch sehr weit bringen werden.“ Bei dieser Andeutung beließ sie es und machte einen halben Schritt auf Gardner zu. Seine unbewusste Defensivhaltung hielt sie davon ab, ihn offen zu umgarnen, wie sie es vorgehabt hatte, bevor sie an Bord gekommen war. Sie spürte in diesem Moment, dass ihr Gardner niemals so bereitwillig nachgeben würde, wie Pickett, und in seinem Fall war ihr seine ehrliche Zuneigung wichtig. So fasste sie sich in Geduld und hielt sich zurück. Statt dessen meinte sie freundlich: „Captain ich würde dieses Gespräch gerne zu einem späteren Zeitpunkt fortsetzen. Momentan zwingen mich dringende Staatsgeschäfte, dazu, diese Besprechung wieder in dienstliche Bahnen zu lenken um anschließend rasch zur Erde zurückzukehren. Ich erwarte Sie heute Abend um 19:30 Uhr, Pariser Zeit, im Imperialen Palast zum Dinner, Mister Gardner.“

Der Blick des Mannes ging ihr durch und durch, als er nickte und dabei antwortete: „Ich werde pünktlich sein, Mylady.“

Hoshi Sato lächelte zufrieden, wobei sie bereits wieder dieses wohlbekannte Kribbeln durchrieselte. Zuletzt hatte sie es in dieser Intensität für Travis Mayweather empfunden. Sie fragte sich ernsthaft, ob sie möglicherweise drauf und dran war, sich in diesen gutaussehenden Mann zu verlieben. Aufrichtig zu verlieben. Bis heute hatte sie, nach Mayweathers Tod, noch nicht wieder ernsthaft das Verlangen nach einer dauerhaften Beziehung gehabt, doch sie stellte in diesem Moment zu ihrem eigenen Erstaunen fest, dass sie die Vorstellung faszinierte mit Gardner eine solche Beziehung zu beginnen – eine die auf wesentlich mehr basierte, als rein auf Sex und Leidenschaft. Sie konzentrierte sich wieder auf die naheliegenden Dinge und erklärte: „Captain, was Pickett betrifft erwarte ich, dass sie ein wachsames Auge auf ihn und seine Handlungen haben werden, ohne dass er aufmerksam wird. Ich halte Pickett für sehr gefährlich, darum geben Sie gut auf sich Acht.“

Für einen Moment schien sich auf Gardners Gesicht so etwas wie Verwunderung abzuzeichnen, doch dass konnte auch eine Täuschung gewesen sein. Bereits im nächsten Augenblick wies nichts mehr darauf hin und der Schwarzhaarige meinte lediglich: „Ich werde auf der Hut bleiben, Imperatorin.“

Es passte Hoshi Sato überhaupt nicht, dass Jeffrey Gardner so dienstlich kühl mit ihr sprach, doch sie sagte sich schnell, dass alles Andere, zumindest aus seiner Warte, gar nicht angemessen gewesen wäre – und sie selbst wollte nun einmal nicht mit der Tür ins Haus fallen. Also musste sie sich in diesem Falle in Geduld fassen, was ihr sichtlich schwer fiel. Dann lächelte sie fein. Vielleicht würde sie ja beim Dinner bereits einige Fortschritte machen. Sie wies auf eine Sitzgruppe und meinte: „Nehmen Sie Platz, Mister Gardner.“

Der Captain folgte ihrer Aufforderung. Dabei fragte er offen: „Wenn Sie Pickett wirklich für so gefährlich halten, warum entledigen Sie sich seiner nicht einfach?“

Diese Frage überraschte die Japanerin für einen Moment. Dann antwortete sie: „Noch scheint er mir sehr nützlich, Captain Gardner. Irgendwann jedoch wird wohl der Punkt kommen, an dem sich dies ändern wird, und dann werde ich darauf bauen, dass Sie bedingungslos an meiner Seite stehen werden.“

„Meine Loyalität gehört dem Imperium, Mylady.“ Ein eigenartiger Glanz trat in die Augen des Captains, als er hinzufügte: „Und Ihnen, Majestät.“

Ein nachdenklicher Zug erschien auf dem Gesicht der Japanerin, und offen sagte sie: „Ich wundere mich etwas, dass es Sie nicht stört, dass ich so offen über die wahrscheinliche Zukunft ihres höchsten Vorgesetzten spreche, Captain Gardner. Ich war, gestern im Palast, der Ansicht, dass Sie Pickett treu ergeben sind. Dieser Sinneswandel scheint mir etwas seltsam, gelinde gesagt.“

Gardner bemerkte, dass sich die Hand der Japanerin unauffällig ihrem Dolch genähert hatte. Der Brite hatte bereits davon gehört, dass die Imperatrice nicht nur meisterhaft verstand, mit dieser Klinge umzugehen, sondern es gelegentlich auch rücksichtslos tat. Betont entspannt lehnte er sich im Sessel zurück und legte gut sichtbar die Hände auf die Lehnen. Dann meinte er ernst: „Sehen Sie, Mylady, ich bin nicht dumm. Fraglos haben mein Vater und seine Spießgesellen vorgehabt, Sie zu beseitigen. Aber ich kannte meinen Vater. Er hätte einen solchen Plan anders in die Tat umgesetzt. Seine Vorgehensweise passt eher zu einem Mann wie Pickett. Ich frage mich bereits seit seit gestern, ob er nicht möglicherweise selbst irgendwie dahinter steckt.“

Die Hand der Japanerin entfernte sich wieder vom Griff ihres Dolches und mit nun wieder entspannter Haltung erwiderte sie: „Ihre Fähigkeit, folgerichtige Schlüsse ziehen zu können, gefällt mir, Mister Gardner. Ja, der Admiral scheint mir ziemlich ambitioniert zu sein, und möglicherweise gibt er sich mit seiner momentanen Stellung noch nicht zufrieden. Aber seinen Feind zu kennen, nimmt ihm einen wesentlichen Vorteil.“

„Sie wollen also nach dem Motto: Stehe nah bei deinen Freunden und noch näher bei deinen Feinden handeln?“

Hoshi Sato nickte. „So ist es, Captain. Dabei brauche ich einen verlässlichen Verbündeten, der mir den Rücken frei hält. Kann ich in dieser Hinsicht auf Sie zählen?“

Ohne zu zögern antwortete der Brite: „Jederzeit, Majestät.“

Hoshi Sato lächelte offen. Dann erhob sie sich mit einer geschmeidigen Bewegung. Sie wartete, bis Gardner ebenfalls aufgestanden war und reichte ihm ihre Hand. „Dann sehen wir uns heute Abend, Captain.“

Gardner drückte die schmale Hand der Imperatrice, nicht zu fest, aber doch so stark, dass Hoshi Sato seine Kraft erahnen konnte. „Aye, Mylady.“ Er blickte der Japanerin sinnend nach, auch nachdem sich das Schott bereits wieder hinter ihr geschlossen hatte. Dann wandte er sich um und begann damit, sein Quartier einzurichten. Dabei ging ihm die Andorianerin im Rang eines Lieutenant-Commanders wieder durch den Sinn und ein flüchtiges Lächeln überflog dabei sein Gesicht.

Vorbereitungen und Geduldsspiele

In den folgenden Wochen entwickelte sich bei den vorgesehenen Beteiligten der Operation: THOR´S HAMMER eine hektische Betriebsamkeit. Admiral Pickett entwickelte sich dabei zum Schrecken der Besatzungen – besonders aber für die Besatzung der brandneuen ISS DAEDALUS, mit der Pickett beinahe permanent unterwegs war, um in einer Reihe von Testflügen bis an die Belastungsgrenzen des Schiffes zu gehen um mögliche Schwachpunkte herauszufinden. Auch stellte sich dabei heraus, wo es Nachbesserungsbedarf gab. Zwischendurch besuchte er Hoshi Sato regelmäßig im Imperialen Palast, und nicht allein nur deswegen, um ihr Bericht über die Fortschritte zu geben. Für gewöhnlich endeten seine Besuche bei der Imperatrice in ihrem Bett, und phasenweise litt Pickett unter chronischem Schlafmangel.

Auch Jeffrey Gardner, der sich inzwischen mit der Besatzung der DEFIANT vertraut gemacht hatte, ging im Palast des Öfteren ein und aus, allerdings schaffte es Hoshi Sato, es so einzurichten, dass Pickett dies nicht mitbekam.

Bereits sechzehn Mal hatte Hoshi Sato den Briten nun zum Dinner eingeladen, ohne dabei nennenswerte Fortschritte erzielt zu haben, was sie zunehmend an Pickett ausließ, wenn sie mit ihm zusammen war. Jedes mal, wenn sie mit Gardner speiste, unterhielten sie sich dabei prächtig aber die beinahe typisch britische Zurückhaltung Gardners machten es der Japanerin schwer Fortschritte zu erzielen. Das war für Hoshi Sato etwas vollkommen Ungewohntes, und dementsprechend verunsicherte es sie.

Für den heutigen Heiligen Abend hatte Hoshi Sato Captain Jeffrey Gardner erneut eingeladen, was nicht weiter auffiel, da John Jefferson Pickett die Feiertage bei seiner Familie in Virginia verbrachte. Dabei hatte sie sich etwas Besonderes für ihn einfallen lassen.

Als die Japanerin am frühen Abend auf den weitläufigen Balkon des Palastes hinaus trat, stellte sie fest, dass es zu schneien begonnen hatte, wobei die tiefhängenden grauen Wolken, in der beginnenden Abenddämmerung für einen tristen Anblick sorgten. Sie trug heute Abend ausnahmsweise einmal nicht die schlichte Uniform der Imperialen Sternenflotte, mit den einmaligen Imperator-Rangabzeichen, sondern über einem schwarzen Bustier eine bordeauxrote, ärmellose Bolero-Jacke mit goldenen Verschlüssen und hoch geschlossenem Kragen, welche den Bauch frei ließ. Dazu passend trug sie einen ebenfalls bordeauxroten Rock, der bis zum Boden reichte und an beiden Seiten bis zur Hüfte geschlitzt war. Gehalten wurde der Rock von einem schweren Gürtel, aus breiten goldenen Sechseck-Segmenten, an denen es zwei Futterale für den unvermeidlichen Dolch und den Phaser gab, den Archer seinerzeit an Bord der DEFIANT fand. Unter dem Rock sah man, bei jedem ihrer Schritte, schwarze Stiefel die bis über ihre Knie reichten und eine ebenfalls schwarze Netzstrumpfhose. Was nicht zu erkennen war, das war die ovale Aussparung an der Strumpfhose, im Bereich des Schritts. Ihre Hände und Unterarme wurden von eng anliegenden Samthandschuhen verdeckt, die farblich zu Bolero und Rock passten.

Die langen Haare hatte Hoshi Sato am Mittag geraume Weile gebürstet, bis es schließlich seidig schimmerte. Offen fiel es nun über ihre Schultern und in ihren Nacken. Danach hatte sie sich dezent geschminkt, und einige Male kritisch im Spiegel betrachtet. Ein flüchtiges Lächeln überflog die Lippen der Japanerin, als sie das Shuttle von Captain Gardner landen sah, und sie beobachtete, wie er mit federnden Schritten auf das Portal des Imperialen Palastes zu hielt. Als er im Innern des Palastes verschwand, verließ sie den Balkon und begab sich in den Speisesaal des Westflügels, zu dem der Kommandeur der Garde ihn nun, auf ihr persönliches Geheiß hin, bringen würde.

Hoshi Sato schenkte Gardner ein strahlendes Lächeln, als er in den Raum eintrat, der mit erlesenen Speisen und Getränken von verschiedenen Welten des Imperiums gedeckt war. Sie winkte die beiden Gardisten schnell hinaus und schritt dann auf den schwarzhaarigen Mann zu, der ihre Phantasie so sehr angeregt hatte, in letzter Zeit.

Gardner entbot den Imperialen Gruß, während Hoshi Sato auf ihn zu schritt.

Die Japanerin erwiderte den Gruß, beinahe in komischer Verzweiflung, und hob dann ihre behandschuhte Linke. „Sie haben das Vorrecht, mich zu Tisch geleiten zu dürfen, Captain Gardner.“

Ihr keckes Augenzwinkern konnte Zufall gewesen sein, doch Gardner glaubte nicht recht daran. Während er der Imperatrice seinen Arm anbot und sie graziös ihre schmale Hand auf seinen Unterarm legte blickte er sie prüfend von der Seite an. In ihrer heutigen Aufmachung wirkte sie wie die personifizierte Versuchung. Die Tochter des Teufels würde kaum weniger verführerisch wirken können.

Als sie die Tafel erreichten, ließ die Japanerin den Arm des Mannes los und Gardner zog galant den barocken Stuhl zurück, damit sie Platz nehmen konnte. Danach begab er sich zu dem ihr gegenüber liegenden Platz und setzte sich ebenfalls an den Tisch. Kaum, dass Gardner saß, erklärte Hoshi Sato lächelnd: „Ich habe für heute keine Ordonanzen bestellt, da ich diesen Abend ungestört mit Ihnen verbringen möchte, Captain. Wir werden uns also selbst vorlegen müssen. Alles, was wir benötigen, haben wir hier.“

Gardner blickte auf die Ansammlung von verschiedenen Schüsseln und Karaffen mit den verschiedensten Getränken und zog diese Aussage nicht in Frage. Sie würden nur einen Bruchteil der Speisen essen können, ohne zu platzen, und Jeffrey Gardner ahnte, dass sich das Küchenpersonal später an den Resten schadlos halten würde. Während er sich von dem Gurkensalat nahm, fragte er mit einem fragenden Blick: „Ich habe gesehen, dass Sie heute auf ihre übliche Bewaffnung verzichtet haben, Majestät. Ist das nicht etwas leichtsinnig? Immerhin kennen Sie mich nur sehr vage.“

Hoshi Sato, die sich einen Weißwein aus dem Loire-Tal einschenkte, erwiderte seinen Blick und entgegnete: „Kann ich Ihnen etwa nicht vertrauen, Captain Gardner?“

Der Brite schmunzelte bei dieser Gegenfrage. „Doch, aber das können Sie bestenfalls vermuten, Mylady.“

Ein leises, beinahe wissendes, Lächeln umspielte die sinnlichen, roten Lippen der Japanerin, doch sie erwiderte nichts auf seine Worte. Stattdessen wechselte sie abrupt das Thema, und ihre dunklen Augen hielten seinen Blick dabei fest. „Können Sie schwimmen, Captain Gardner?“

Wenn ihr Gegenüber überrascht war, so zeigte er es nicht. Ohne zu zögern meinte er, mit einem ironischen Grinsen: „Wenn es sein muss schwimme ich durch den englischen Kanal, Majestät – mit einem Amboss auf dem Rücken.“

Die Japanerin lachte hell und wagte einen ersten Vorstoß, indem sie meinte: „Das traue ich Ihnen sogar zu, Captain. Oder darf ich Sie Jeffrey nennen?“

Nun zeigte sich auf dem markanten, gutaussehenden Gesicht des Mannes doch eine leichte Spur von Überraschung. Dann entgegnete er: „Natürlich, wie sie wünschen, Mylady.“

„Es wäre mir im Gegenzug recht, wenn Sie mich ebenfalls bei meinem Vornamen, Hoshi, nennen würden, Jeffrey. Es redet sich dann sehr viel angenehmer, finden Sie nicht?“

Während die Imperatrice einen Schluck von ihrem Wein nahm, beobachtete sie die Reaktion des Briten über den Rand ihres Glases hinweg.

Jeffrey Gardner schien zu überlegen, was er von ihrem Vorschlag halten sollte. Erst als sie bereits wieder ihr Glas absetzte, antwortete er: „Ihr Wunsch ist mir Befehl... Hoshi.“

Zufrieden lächelnd nickte die Imperatorin des Terranischen Imperiums ihrem Gegenüber zu und erklärte: „Sehr gut, Jeffrey. Sie können sich sicherlich vorstellen, dass es in meinem Umfeld nur sehr wenige Personen gibt, mit denen ich vertrauliche Gespräche führen kann. Ich hoffe aufrichtig, dass ich dies mit Ihnen tun kann, Captain.“

Der Blick der Japanerin verschleierte sich, und für einen kurzen Moment glaubte Gardner so etwas, wie Melancholie und Traurigkeit im ihrem Wesen zu spüren. Der Moment verging schnell doch er reichte aus, eine Saite in dem Briten zum Klingen zu bringen. Sie hatte für ganz kurze Zeit so schutzbedürftig und hilflos gewirkt, dass er am liebsten aufgesprungen wäre, um sie in seine Arme zu nehmen, doch das wäre ein Affront gewesen. Dann war nichts mehr davon zu spüren, und Gardner fragte sich, ob er nicht vielleicht für einen Moment geträumt hatte. Als er sie wieder voll ansah, wirkte sie so zielstrebig und selbstsicher, wie immer.

Gardner hatte bereits die vorangegangene Frage der Japanerin ad acta gelegt, als sie sich bei ihm erkundigte: „Wie steht es mit Fechten, Jeffrey? Kennen Sie sich da aus?“

„Sie scheinen sich sehr für meine sportlichen Unternehmungen zu interessieren?“, spöttelte Gardner und lächelte amüsiert. Nach einem kurzen Augenblick erklärte er: „Ich fechte leidenschaftlich gerne. Ein Onkel, der mir sehr nahe stand brachte es mir in frühester Jugend bei.“

„Ich selbst übe diese Sportart seit etwa einem Jahr aus, allerdings bin ich darin nicht besonders gut. Vielleicht können wir gelegentlich mit einander trainieren, Jeffrey.“

Sie setzten ihre Mahlzeit fort, wobei sie einander gelegentlich verstohlen musterten. Als sie den Nachtisch verspeist hatten, lehnte sich Hoshi Sato etwas im Stuhl zurück und meinte schließlich: „Da heute der Heilige Abend ist, habe ich eine Überraschung für Sie, die ich Ihnen gerne zeigen möchte, Jeffrey.“ Geschmeidig erhob sie sich von ihrem Stuhl, wobei sie Gardner Gelegenheit gab, ihr zuvor zu kommen, wie es sich für einen Untergebenen, und auch für einen Gentleman, gehörte. Nachdem sie den Briten erreicht hatte, hob sie ihre linke Hand an, und der Mann bot ihr erneut seinen Arm an.

Stärker als vor dem Dinner machte Gardner die sanfte Berührung der zierlichen Frau kribbelig und erneut bewunderte er ihre Schönheit, während sie ihn auf einen der drei Ausgänge zu dirigierte.

Der Gang, der sie beide aufnahm lag wie ausgestorben. Schweigend schritten die beiden Menschen neben einander her und wechselten gelegentlich verstohlene Blicke. Schließlich war es Hoshi Sato, die das Wort ergriff, als sie das Ende des Ganges erreichten und vor einem hohen Portal anhielten. „Wissen Sie, Jeffrey, nachdem ich Sie kennenlernte habe ich die Abstammung Ihrer Familie erforscht. Dabei bin ich auf Daten gestoßen, die sich bis ins 14. Jahrhundert zurückverfolgen lassen, was ich ganz erstaunlich finde.“ Mit diesen Worten öffnete sie das Portal und sie betraten den angrenzenden Raum, dessen Wände mit zahlreichen Bildern geschmückt waren.

Jeffrey Gardner blickte sich um, und es dauerte eine geraume Weile bis er verblüfft feststellte, dass die Bilder samt und sonders Personen seiner Familie, oder Szenen aus ihrem und nicht zuletzt auch aus seinem eigenen Leben abbildeten.

Während sich der Brite sprachlos langsam um seine Achse drehte und fasziniert all die Bilder betrachtete, erklärte die Imperatrice: „Einige der Bilder sind alte Originale, andere wurden von mir in Auftrag gegeben. Diese Galerie möchte ich ihnen schenken, Jeffrey. Natürlich bleiben die Bilder hier im Palast, damit Sie einen Grund haben immer wieder zu kommen.“

Gardner, der kaum zugehört hatte, nickte nur überwältigt. Erst als sich die Japanerin vernehmlich räusperte kehrte er langsam in die Gegenwart zurück und blickte sie mit leuchtenden Augen an. Bevor er etwas sagen konnte, erklärte Hoshi: „Dafür dürfen Sie etwas anderes mitnehmen.“ Damit führte sie den Schwarzhaarigen zu einer Glasvitrine und blieb mit ihm davor stehen.

In der Vitrine erkannte Gardner einen Rapier mit kunstvoll gearbeitetem Korb und Parierstange. Daumen- und Zeigefingerschutz waren kunstvoll gearbeitet. Die gerade, silbern glänzende Klinge war, soweit der Mann dies erkennen konnte, von rautenförmigem Profil und mochte gut und gerne einen Meter lang sein.

„Ein spanischer Espada Ropera“, erklärte Hoshi Sato lächelnd. „Schwierig zu handhaben, aber es ist eine Herausforderung damit zu kämpfen. Eine Riposte aus einer Parade heraus ist damit nahezu unmöglich. Er stammt aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Gefällt er Ihnen, Jeffrey?“

„Ich weiß nicht, was ich sagen soll, Hoshi. Sie beschämen mich, denn ich habe gar nichts für Sie.“

Als sich Jeffrey Gardner wieder zu der Japanerin umwandte, stand sie ganz dicht vor ihm. Für einen Moment blickten sie sich nur an. Dann lagen die Hände der Frau auf den Schultern des Captains und im nächsten Augenblick küsste sie ihn auf die Lippen. Verlangend hauchte sie: „Da wäre etwas, das du mir schenken könntest.“

Beinahe von selbst legten sich die Arme des Mannes um die schmalen Hüften der Imperatrice, als er ihren sanften Kuss erwiderte.

Noch bevor er sich der Tatsache bewusst wurde, löste sich die Japanerin lächelnd von ihm, wand sich geschickt aus seiner Umarmung und nahm dafür seine Hand. „Komm mit“, flüsterte sie nur, und Jeffrey Gardner folgte ihr willig.

Durch einen kurzen Zwischengang erreichten sie eine Halle, die sich über zwei Etagen erstreckte, und die von einer Galerie umlaufen wurde, die von der oberen Etage erreicht werden konnte. Unten erstreckte sich, unter dieser Galerie ein Säulengang. An einigen Stellen innerhalb des Säulenganges gab es Halterungen mit Badetüchern.

Gardner wurde von Hoshi zu dem rechteckigen Marmorschwimmbecken im Zentrum der Halle geführt, welches mindestens dreißig Meter lang, und etwa halb so breit war. Rings herum erkannte der Brite, ebenfalls marmorne, Ruhebänke. Als der Captain sie ansah, meinte die Frau schmunzelnd: „Da du vorhin so sehr mit deinen Schwimmkünsten geprahlt hast, darfst du nun beweisen wie es damit aussieht.“

„Jetzt?“, fragte Gardner ein wenig erstaunt. „Ich habe keine Badesachen dabei.“

„Ich auch nicht“, versetzte Hoshi Sato trocken. „Stört das jemanden? Wir befinden uns allein in diesem Teil des Palastes.“ Dann trat sie wieder ganz dicht an den Briten heran und hauchte ihm ins Ohr: „Zieh mich aus – und dann schwimmen wir...“

 
 

* * *

 

Splitternackt waren Hoshi Sato und Jeffrey Gardner ins Wasser gesprungen und für einige Zeit war nur ihr Lachen und ihre Bewegungen im Wasser zu hören gewesen. Jetzt, nach einer halben Stunde, wurde es sehr still in der Schwimmhalle und nur sehr selten klangen die gedämpften Stimmen der beiden Menschen auf.

Sich im lauwarmen Wasser eng an Jeffrey schmiegend küsste Hoshi den Mann leidenschaftlich, wobei ihr Verlangen nach ihm immer stärker wurde. Sie wollte ihn ganz und gar spüren – ihn lieben, und von ihm geliebt werden. Dabei hatte sie niemals zuvor eine derartige innere Unruhe erfahren, wie in diesem Moment. Sie horchte in sich hinein, und jede Faser ihres Körpers sagte ihr, dass sie sich rettungslos in diesen Mann verliebt hatte.

Ihre Hände glitten forschend über jeden Zentimeter seines Körpers, den sie erreichen konnte – über und unter Wasser, und als sie seine Erregung ertastete zögerte sie nicht.

Als Jeffrey sie nahm, biss die Japanerin ihm in die Schulter vor Lust. Gleich darauf warf sie ihren Kopf in den Nacken und ein überkippender Schrei echote durch die Halle. Das Planschen im Wasser nahm beständig zu, während sich ihre Lippen immer wieder zu heftigen, beinahe schmerzhaften Küssen fanden.

Auf dem Gipfel ihrer Lust, zog Hoshi ihren Partner einfach mit sich unter Wasser, wo sie sich mehrmals um ihre Achse wanden, bevor sie, immer noch vereinigt, prustend wieder an die Oberfläche kamen.

Der Schwarzhaarige angelte nach dem Beckenrand, wo seine rechte Hand schließlich einen Halt fand, während sich der gertenschlanke, straffe Körper der Japanerin eng an den seinen schmiegte.

Hoshi Sato packte das Gesicht des Mannes und sie küsste ihn fordernd, fast brutal. Als sie sich endlich atemlos von ihm löste, blickte sie ihn an und raunte ernst: „Ich habe mich in dich verliebt, Jeffrey, aber ich werde dennoch nicht zulassen, dass du mich deswegen einengst. Noch werde ich ich dich deswegen einengen.“

Jeffrey Gardner spürte, dass dies kein Spielchen der Frau in seinen Armen war. Er erwiderte ihren Blick und antwortete feststellend: „Du möchtest dich also nicht auf einen Sexualpartner festlegen.“

„Hast du ein Problem damit?“

Der Brite näherte sich dem Gesicht der Frau so sehr, dass sich beinahe ihre Nasenspitzen berührten, bevor er leise sagte: „Nein, Hoshi. Auch meine Gefühle für dich sind sehr stark, aber mir scheint, dass du Recht hast. Früher oder später würden wir vermutlich einander überdrüssig werden, wenn wir einander zu sehr einschränken.“

Sie lächelten einander an, bevor sie sich erneut küssten – wild und ungezügelt. Schließlich löste sich die Japanerin entschlossen von ihm und gurrte verführerisch: „Frohe Weihnachten, Jeffrey. Ich würde dir gerne auch mein Schlafzimmer zeigen.“

„Klingt verlockend“, grinste der Brite.

Sie verließen das Becken, trockneten sich ab und kleideten sich an. Hand in Hand schritten sie durch die Gänge des Palastes, welche zum Schlafgemach der Imperatrice führten. Es dauerte nicht sehr lange, bis sie, kaum, dass sie das Schlafgemach betreten hatten, wieder nackt Arm in Arm auf dem breiten Bett lagen. Während sie sich liebten fiel der Blick des Briten auf die Kerben am hölzernen Kopfende des Bettes.

Hoshi, deren Blick seinem gefolgt war, erklärte, bevor er eine entsprechende Frage stellen konnte: „Jede Kerbe steht für einen Mann oder eine Frau, der oder die nicht bereit war, mir meine Freiheit zu lassen, oder aber zu starke persönliche Ambitionen hatte, um ihn oder sie am Leben zu lassen.“

Der Schwarzhaarige blickte wieder zu Hoshi. „Es scheint gefährlich zu sein, mit dir zu schlafen, Honey.“

„Es ist gefährlich, mit mir zu schlafen, oder sich auf eine Beziehung mit mir einzulassen“, stöhnte die Japanerin keuchend, unter seinen sanften Bewegungen, die sie schier wahnsinnig machten. „Außer, wenn man es richtig macht.“

„Ich mache es richtig“, raunte der Mann mit leisem, aber dennoch überzeugtem Tonfall. Sein Blick unterstrich seine Aussage.

Erst nachdem sie beide Entspannung gefunden hatten, nahm Hoshi Sato das Gespräch wieder auf und raunte atemlos. „Wir sind beide gefährlich, auf eine jeweils eigene Art und Weise. Darum passen wir auch hervorragend zu einander.“

Die linke Hand des Mannes glitt sanft über die festen Brüste und den flachen Bauch der Japanerin, als er erwiderte: „Es heißt, dass es für jeden Menschen ein passendes Pendant gibt, durch das man erst vollkommen wird. Ich denke, dass wir beide in dieser Hinsicht für einander bestimmt sind, Hoshi. Wir komplettieren einander.“

Hoshi nickte nur und spürte, wie die Hand des Mannes weiter nach unten wanderte um ganz sanft mit ihrem dichten schwarzen Flaum zu spielen. Seufzend bäumte sie sich auf und blickte Jeffrey schließlich mit unbestimmbarem Gesichtsausdruck an. „Dann sind wir also ein Paar. Aber außer uns beiden wird dies momentan niemand sonst erfahren.“

Gardner beugte sich zu ihr hinab und küsste sie zärtlich. „Ich verstehe. Pickett hätte wohl einiges dazu zu sagen, wenn er uns so sehen würde.“

Die Japanerin grinste. Dieser Mann besaß ein instinktives Verständnis dafür, aus welchen Motiven sie handelte. Erneut durchrieselte sie ein warmes Gefühl für den Briten, in dessen Armen sie sich, zum ersten Mal seit langer Zeit, wieder geborgen und sicher fühlte. Eng drängte sie sich gegen ihn und flüsterte fast unhörbar: „Ich bin sehr glücklich, Jeff.“

 
 

* * *

 

Als sie am Morgen erwacht waren, lagen sie Arm in Arm unter der Bettdecke und sprachen, eng an einander gekuschelt, leise über zukünftige Pläne. Nach einer Weile meinte Jeffrey Gardner nachdenklich: „Weißt du, je länger ich darüber nachdenke, desto sicherer bin ich mir, dass ein ganz Anderer, als mein Vater, hinter der Planung des Verrats gegen dich steckt, den Pickett so brilliant aufgedeckt hat. Das ist, wie ich es auf der DEFIANT andeutete, eher die Arbeit eines Geheimdienstlers, denn die Arbeit eines Flottenchefs.“

Ein hintergründiges Lächeln überflog die Lippen der Japanerin. „Ich stehe also nicht allein mit dieser Vermutung da.“

Das Gesicht des Briten drückte echte Überraschung aus. „Du denkst also wirklich, dass er es war? Aber warum...?“ Er unterbrach sich, und entsann sich wieder des Sprichwortes, dass auf der DEFIANT gefallen war:

Stehe nahe bei deinen Freunden, und noch näher bei deinen Feinden.

Im Nächsten Moment bestätigte die Japanerin die Gedankengänge des Captains, indem sie sagte: „Pickett ist fraglos nicht nur äußerst durchtrieben, sondern auch äußerst fähig. Aber solange er mir so nahe steht, wie im Augenblick, ist er blind für das was ich wirklich denke oder zu tun beabsichtige. Und sobald ihr beide gegen die Romulaner losschlagt, behältst du ihn permanent für mich im Auge. Sollte er dir gegenüber auch nur eine verräterische Bemerkung machen, dann löst du ihn ab und sorgst dafür, dass er nie wieder gefährlich werden kann. Sei darauf vorbereitet.“

Der Mann nickte ernst. „Ich werde ihn scharf kontrollieren, ohne dass er es bemerkt. Sollte sich unser Verdacht bewahrheiten, dann ist Pickett bald Geschichte.“

Hoshi küsste Jeffrey sanft. „Nutze sein Können bei dem Einsatz gegen die Romulaner, solange du kannst. Es genügt, wenn er nach dem Schlag gegen die Romulaner verschwindet, sollte er schuldig sein, hörst du?“

Ein Kuss war seine Antwort. Dann erklärte Jeffrey: „Du könntest wirklich die Tochter des Teufels sein, und ich begehre dich dafür nochmal so sehr.“ Dann wechselte er das Thema und meinte: „Wie man hört legt sich Admiral Pickett auch militärisch sehr ins Zeug.“

Ein Nasenstüber der Japanerin überraschte Gardner. „Auch...?“

Jeffrey zwinkerte ihr zu und fuhr fort: „Die DAEDALUS ist bis auf Kleinigkeiten nun soweit, dass sie eine ganze Menge bewirken kann. Vor allem in den Händen eines skrupellosen und ambitionierten Mannes, wie es Pickett ist. Mit diesem Schiff wird er den Romulanern die Hölle heiß machen.“

„Du mit der DEFIANT hoffentlich auch“, konterte Hoshi Sato trocken. „Also noch einmal: Deine sekundäre Aufgabe wird es sein, Pickett für mich im Auge zu behalten.“

„Ich werde ihn für uns im Auge behalten“, erwiderte Gardner.

Hoshi Sato packte den Mann fest beim Schopf und zog ihn etwas zu sich hinunter. „Du solltest mir nur nicht zu oft widersprechen“, flüsterte sie lächelnd, doch der drohende Unterton entging dem Briten nicht.

Für einen Moment maßen sie sich mit ernsten Gesichtern und Jeffrey Gardners Augenbrauen hoben sich leicht, ohne dass er ihren Satz kommentierte.

Im nächsten Moment ließ die Japanerin von ihm ab und sagte mit feinem Lächeln: „Es freut mich, dass wir uns so hervorragend verstehen.“ Ihre Gesichtszüge entspannten sich und unvermittelt fragte sie: „Hast du eigentlich nie in Erwägung gezogen, irgendwann einmal ein politisches Amt zu bekleiden? Ich finde, dass du alle Voraussetzungen dazu hast irgendwann einmal einer meiner Minister zu werden.“

„Lieber würde ich, auf dem schäbigsten Kriegsschiff des Imperiums, wieder als Kadett Dienst tun, als mir von den windigen Speichelleckern des Imperialen Senats das Fell über die Ohren ziehen zu lassen“, antwortete der Brite verstimmt. „Meine Berufung ist der Dienst in der Flotte, an deren Spitze ich einmal stehen möchte. Darüber hinaus habe ich keinerlei weitergehenden Ambitionen.“

Hoshi Sato gab ihm einen flüchtigen Kuss. „Ein Mann mit klar definierten Zielen – das liebe ich, Jeff. Ich glaube, du wirst dieses Ziel erreichen.“ Bei dem letzten Satz schmunzelte sie vergnügt, denn nur mit ihrem Wohlwollen würde er Flottenchef werden, dass wussten sie beide. Und dieser Weg würde zwangsläufig über Picketts Untergang führen...

Vilarai Selas

Am 30.12.2160 um 09:00 Uhr sollte an Bord der I.S.S. DAEDALUS die Abschlussbesprechung der Kriegsschiff-Kommandanten stattfinden. Captain Jeffrey Gardner hatte am Vortag verlauten lassen, zwei Stunden vor diesem Termin eine letzte Inspektion der DEFIANT vornehmen zu wollen. Aus diesem Grund war Lieutenant-Commander Vilarai Selas heute bereits um 05:45 Uhr auf dem Hauptwaffendeck der Primärhülle unterwegs. Sie hatte die Marotten des Ersten Offiziers, Commander Farid Bin Al-Saud exakt studiert, und so wusste sie, dass der Araber jeden Morgen einen Lauf durch das gesamte Schiff absolvierte um sich fit zu halten. Zudem verzichtete er dabei auf das Benutzen der Turbolifts, sondern stieg über das Nottreppensystem zwischen den verschiedenen Decks auf und ab. Außerdem wählte er stets dieselbe Strecke – was sich, zumindest nach dem Willen der Andorianerin, bald als fataler Fehler herausstellen sollte. Sie wusste, dass vor dem Schott zum Torpedoraum permanent zwei Wachen standen. Sie selbst hatte dies vor Wochen angeregt. Und genau darum würde sie dort zuschlagen. Sie musste lediglich ungesehen an den beiden Wachen vorbeikommen, darum schlich sie nun, so leise sie konnte, zu einer nahegelegenen Jeffries-Röhre. Über diese, so hoffte sie, würde sie ungesehen den Torpedoraum erreichen.

Zu dieser frühen Stunde war auf diesem Deck nicht das geringste los. Ungesehen erreichte sie die Röhre und verschwand darin. Geschmeidig bewegte sich die schlanke Andorianerin in der Röhre und erreichte den Verteiler, an dem sie abbiegen musste. Während sie durch die enge Röhre kroch, die auf der umlaufenden Galerie des Torpedoraums herauskommen sollte, dachte sie daran, dass sie dort der schwierigste Teil ihres Vorhabens erwartete. Die Röhre wurde dort von einem Gitter verschlossen, welches von der anderen Seite mit Magneten gehalten wurde. Sie würde das Gitter mit beiden Füßen wegtreten müssen, und es würde vermutlich mit einigem Lärm verbunden sein. Es war nicht sicher, ob die Wachen dies hören würden, doch ihr Plan ließ an keiner Stelle Alternativen zu, darum verdrängte sie die Gedanken an diese Schwierigkeiten.

Sie hatte sich fest vorgenommen die erste Nicht-Terranerin zu werden, die in den Rang eines Commanders aufstieg. Unter normalen Umständen war dies eine Sache der Unmöglichkeit, genau deshalb hatte sie diesen Moment gewählt. Der Verlust des Commanders würde zu kurzfristig kommen, als dass man noch rechtzeitig einen adäquaten Ersatz fand, der sich mit diesem Schiff würde vertraut machen können. Der neue Captain dieses Kriegsschiffes würde keine andere Möglichkeit haben, als sie zum Commander dieses Schiffes zu machen.

Ein dünnes Grinsen überflog ihre Lippen. Es dauerte nicht lange, bis sie das Ende der Röhre erreichte. Hier begann der schwierigste Teil ihres Unternehmens. Ohne zu zögern wechselte sie ihre Lage in der Röhre und schob sich dichter an das Abschlussgitter heran. Dann zog sie die Knie an und trat mit beiden Füßen fest zu.

Wie erhofft gaben die Magnetverriegelungen nach und das Gitter fiel in die Tiefe. Im nächsten Moment erfolgte ein krachendes Geräusch aus dem Torpedoraum. Geschmeidig drehte sich Vilarai Selas in der Röhre herum und visierte über den Rand der Röhrenkante in den Raum. Als sie bereits glaubte, niemand wäre auf das Geräusch aufmerksam geworden, öffnete sich das Schott, welches links von ihr lag. Die beiden Wachen kamen herein und blickten sich um.

Mit einem unterdrückten Fluch zog sich die Andorianerin ein Stück in die Röhre zurück lauschte atemlos, und versuchte sich vorzustellen, was die Wachen nun taten. Aus dem was sie zu hören bekam folgerte sie, dass die beiden Soldaten sich nicht sicher waren, ob sie wirklich ein Geräusch aus dem Torpedoraum vernommen hatten, oder ob sie einer Täuschung aufgesessen waren. Zudem erweckten ihre Worte bei Vilarai den Verdacht, als würden sie es mit der Gründlichkeit während ihres Dienstes nicht so genau nehmen. In Gedanken vermerkte sie dies und nahm sich vor, diese beiden Wachen für ihre Nachlässigkeit zu bestrafen, sobald sie erst einmal Commander, und XO dieses Schiffes war.

Kurz darauf erklang ein leises, doppeltes Zischen des Schotts, welches der Andorianerin anzeigte, dass die Wachen den Raum anscheinend wieder verlassen hatten. Dennoch wahrte sie Vorsicht und kroch lautlos zum Rand der Röhre um vorsichtig in die Tiefe zu spähen. Niemand war hier. Erst jetzt erkannte sie, dass das Gitter genau zwischen zwei Torpedohalterungen gefallen war, wo es nicht ohne weiteres zu entdecken war. Das Glück schien, bei diesem Unternehmen, an ihrer Seite zu stehen. Geschmeidig, wie eine Raubkatze, hangelte sie sich nach unten und kletterte über die Torpedohalterungen auf den Boden des Raumes, wo sie einen Moment lang geduckt blieb, bevor sie sich aufrichtete. Es gab hier genug geeignete Verstecke, doch Vilarai Selas gedachte, ihr Vorhaben gleich beim Erscheinen des Arabers in die Tat umzusetzen. Darum kauerte sie sich unmittelbar neben das Bodenschott und zog ihren Dolch. Sie wollte schnell und lautlos zuschlagen. Dabei sagte Vilarai ihr Zeitgefühl, dass Farid Bin Al-Saud nicht nur jeden Moment hier auftauchen musste, sondern dass er bereits überfällig war. Eine leichte Unruhe beschlich die Andorianerin und fieberhaft überlegte sie, ob ihr Plan möglicherweise einen Fehler enthielt.

Eine leise, schneidende Stimme hinter ihr, beantwortete diese gedachte Frage.

„Lass den Dolch fallen, und nimm die Hände hinter den Kopf, du verdammtes, blauhäutiges Flittchen. Ich habe dir nie über den Weg getraut.“

Vilarai Selas Kopf ruckte zur Seite und sie blickte direkt in den Lauf eines Phasers, den Commander Bin Al-Saud auf sie richtete. Er gehörte zu jenen neuartigen Handwaffen, die ein Lebewesen komplett auflösen konnten. Ihr Puls raste während sie in Gedanken ihre Optionen überschlug. Mit zornfunkelnden Augen ließ sie schließlich ihren Dolch fallen und starrte den athletischen Araber an, der sich ihr nun langsam, bis auf einen Schritt näherte. „So, du kleines Miststück, jetzt werden wir sehen, wer heute noch zur Hölle fährt. Schon seit einiger Zeit habe ich bemerkt, dass du mich genau beobachtest. Ich habe mir ausgerechnet, was du vorhast, du Schlange, und ich konnte mir denken, wann und wo du zuschlägst.“

Mit einer so schnellen Bewegung, dass die Andorianerin keine Chance zu einer Abwehr besaß, schlug der Araber ihr die Waffe über den Kopf. Vilarai Selas glaubte, etwas würde in ihrem Schädel explodieren, während sie zu Boden stürzte, wo sie benommen versuchte, wieder auf die Beine zu kommen. Doch Farid Bin Al-Saud war schneller und versetzte ihr einen heftigen Tritt in die Magengrube.

Einen unterdrückten Schmerzlaut von sich gebend rollte die Andorianerin über den Boden und schlug mit dem Kopf gegen eine der Torpedoschienen. Halb besinnungslos nahm sie unterbewusst wahr, dass etwas warmes über ihre Schläfe rann. Nur verschwommen, durch einen blauen Nebel sah sie, wie der Araber sie am Kragen packte. Im nächsten Moment riss er sie ein Stück nach oben, und ihr Kopf flog schmerzhaft von einer Seite zur anderen, als der Mann sie mehrmals kräftig ins Gesicht schlug. Ein nachfolgender Magenschwinger presste die Luft aus ihrem Körper, und blaues Blut spuckend krümmte sich die Andorianerin wimmernd auf dem Boden zusammen.

Wie durch Watte und aus weiter Entfernung kommend drang die gehässige Stimme des Terraners an ihre Ohren, als er zischend sagte: „Jetzt werde ich dein erbärmliches Leben auslöschen – Miststück.“ Im nächsten Moment pressten sich seine Hände gegen ihren Hals und verzweifelt, nicht in der Lage sich zu verteidigen, wurde ihr bewusst, dass sie nun sterben würde. Ein seltsam heißes Gefühl jagte durch ihren Schädel, während sie langsam zu ersticken drohte. Sie hatte den Araber unterschätzt, und nun würde sie für diese Überheblichkeit bitter bezahlen. Sie glaubte, mit ihren immer mehr schwindenden Sinnen ein Zischen zu hören. War es wirklich da, oder war es in ihr? War sie bereits auf dem Weg in die Unterwelt, und dieses Zischen gehörte dazu?

Stimmen waren plötzlich um sie herum und ein weiteres Zischen erklang, diesmal deutlicher zu vernehmen, gefolgt von einem schrillen abgehackten Schrei. Instinktiv versuchte sie Luft zu hohlen. Mit unterschwelligem Erstaunen stellte Vilarai Selas fest, dass sie tatsächlich atmen konnte. Oder war sie bereits im Jenseits und meinte nur, zu atmen.

Dann überfiel sie mit Urgewalt ein stechender Schmerz, und an der Grenze zur Bewusstlosigkeit bemerkte sie eine Gestalt, die sich neben sie kniete. Für einen Moment klärte sich ihr Blick, und sie glaubte das gutaussehende Gesicht von Captain Jeffrey Gardner zu sehen. Dann zerfloss es zu einem konturlosen Grau und endlich endlich umfing sie bodenlose Schwärze und löschte ihr Denken aus.

 
 

* * *

 

In der Krankenstation der I.S.S. DEFIANT blickte Jeffrey Gardner fragend zur Leitenden Medizinerin, Lieutenant-Commander Riana Langdon. Die dunkelhäutige, auf Barbados geborene Ärztin, fing seinen Blick auf und erklärte, während sie einen schnellen Seitenblick auf den Medizinischen Anzeigeschirm warf: „Miss Selas hat Glück, dass sie noch lebt, Captain. Sie hatte eine mittelschwere Quetschung ihres Kehlkopfes, drei gebrochene Rippenknochenplatten, einen Riss in der Magenwand, innere Blutungen, einen Haarriss im Kortikalbereich und eine mittelschwere Gehirnerschütterung, als Sie sie zu mir brachten. Außerdem zahlreiche Hämatome am gesamten Körper. Außerdem war kurzzeitig die Blutzufuhr zu ihrem Gehirn unterbrochen. Zum Glück zu kurz, um bleibende Schäden zu hinterlassen.“

„Gott sei Dank haben die Wachen vor dem Torpedoraum Alarm gegeben, nachdem sie dort eine ungewöhnliche Aktivität feststellten. Offensichtlich hatte der Commander sich dort widerrechtlich Zugang verschafft. Ich weiß zwar noch nicht genau wie, aber Miss Selas scheint dort auf ihn gewartet zu haben, um ihm das Handwerk zu legen, bei dem, was Commander Bin Al-Saud dort vorhatte.“

„Dass der Commander sich Ihnen zu wandte, als sie ihn betäuben wollten war leider Pech, Sir“, antwortete die Ärztin. „Da der Schuss ihn genau in die Stirn traf wirkte er tödlich. Ich konnte nichts mehr für ihn tun.“

„Und Miss Selas, die Einzige die seinen Posten kurzfristig übernehmen könnte, ist bewusstlos“, knurrte Gardner missmutig. „Verdammt, unsere Mission beginnt in zweieinhalb Stunden, Doktor. Sie müssen diese Andorianerin vorher wieder auf die Beine bringen. Werden Sie das schaffen?“

Ein Blick der Ärztin sagte Gardner, was sie von seinem Ansinnen hielt. Dennoch antwortete sie nach einem Moment: „Warten Sie hier, ich werde Miss Selas mit einem starken Aufputschmittel aus ihrer Bewusstlosigkeit holen. Aber es ist riskant.“

„Ich muss dringend mit ihr reden“, erwiderte der Brite. „Allein schon um ihre Aussage zu diesem Ereignis zu bekommen. Und ich brauche sie als XO bei dieser Mission.“

„Miss Selas wird frühestens in ein bis zwei Tagen wieder dienstfähig sein, Sir.“

Gardner nickte unwillig. „Das genügt. Wichtig ist vorerst ihre Aussage. Ich muss wissen, was Commander Bin Al-Saud vorgehabt hat. Möglicherweise hat er wichtige Schiffssysteme sabotiert, und Miss Selas kam ihm auf die Spur.“

Die Ärztin bereitete die Injektion vor. Dabei blickte sie zweifelnd zu Gardner und erklärte: „Das wissen wir nicht. Vielleicht war es umgekehrt.“

„Überlassen Sie die Aufklärung der Ereignisse mir“, meinte Gardner zurechtweisend und beobachtete Riana Langdon dabei, wie sie der Andorianerin das Hypospray in die Halsschlagader injizierte. Als sie damit fertig war, wies Gardner die Ärztin an: „Lassen Sie uns nun allein.“

Die dunkelhäutige Frau schien etwas darauf erwidern zu wollen, doch dann schwieg sie und entfernte sich.

Als Jeffrey Gardner mit der Andorianerin allein war, näherte er sich ihrer Liege und betrachtete die Andorianerin genauer. Mit all ihren Verletzungen, die Commander Bin Al-Saud ihr beigebracht hatte, ähnelte sie nur noch entfernt der Frau, die er in Erinnerung hatte, und eine namenlose Wut auf den Toten wallte in ihm auf. Auch die Gewissheit, dass sie in wenigen Tagen wieder völlig in Ordnung sein würde, konnte seinen Zorn kaum dämpfen. Er wurde abgelenkt, als Vilarai Selas die ersten Lebenszeichen von sich gab. Ein leises Stöhnen entrang sich ihrem geschundenen Körper und unter ihren geschlossenen Augenlidern war deutlich eine Bewegungszunahme zu erkennen. Trotzdem dauerte es noch eine Weile, bis sie schließlich ihre Augen öffnete. In einem ersten Reflex wollte sie sich aufrichten, als sie Gardner neben der Liege stehen sah, doch sie sank aufstöhnend zurück.

Jeffrey Gardner trat schnell näher und stützte die Andorianerin, die ihn verwundert ansah, und in einem ersten Reflex zurück zuckte. „Beruhigen Sie sich, Lieutenant-Commander“, sagte Gardner mit beruhigendem Tonfall. „Sie befinden sich auf der Krankenstation, der DEFIANT. Ihr Angreifer ist tot.“

Die Andorianerin schluckte. Dann klammerte sie sich an Gardners Arm und schmiegte sich, wie ein verschrecktes Kind, an seine Brust. Das Vibrieren ihres Körpers war für den Captain ganz deutlich zu spüren, als sie mit erstickter Stimme sagte: „Ich überraschte den Commander, als er sich an den Torpedos zu schaffen machen wollte. Ich hatte ihn schon länger in Verdacht, dass er möglicherweise gegen das Imperium arbeitet. Darum ließ ich vor einigen Wochen bereits Wachen vor dem Torpedoraum postieren. Doch er fand einen Weg hinein, auf dem ich ihm folgte. Als ich ihn zur Rede stellen wollte hat er versucht...“ Sie brach ab und drängte sich hilfesuchend enger an Gardner.

Instinktiv schloss der Captain die Andorianerin in seine Arme. Was er nicht sehen konnte war das zufriedene Lächeln der andorianischen Frau, die fest mit diesem Beschützerinstinkt terranischer Männer gerechnet hatte. Ja, sie würde viel Einfluss auf Jeffrey Gardner haben – eines Tages. Und das war die Schmerzen, die sie hatte ertragen müssen und momentan noch ertrug, durchaus wert...

Nachwirkungen

Admiral John Jefferson Pickett hob lediglich die Augenbrauen und nickte Jeffrey Gardner zu, als er ihm bei der Abschlussbesprechung die Änderung in der Kommandokette der DEFIANT mitteilte, und seinen Entschluss, Vilarai Selas als neue XO des Schiffes einzusetzen und zum Commander zu befördern.

Außer diesen beiden Männern nahmen zehn weitere Menschen an der Besprechung teil, sieben Männer und drei Frauen im Rang eines Captains, der Imperialen Sternenflotte. Alle Raumschiffskommandanten, die an THOR´S HAMMER teilnehmen sollten waren im Besprechungsraum der brandneuen I.S.S. DAEDALUS anwesend um in die Einzelheiten des Unternehmens eingeweiht zu werden.

Der Raum befand sich hinter der Brücke, an der hinteren Wandung der Kugelhülle des Kriegsschiffes. Momentan konnte man durch die großen Panoramascheiben aus Panzer-Duralum die hinteren Bereiche der beiden Warpgondeln des Schiffes und einen Teil des gewaltigen Raumdocks sehen, welches die DAEDALUS noch umgab. Zur Zeit wurden die letzten Arbeiten an verschiedenen Sektoren der Außenhülle abgeschlossen. Eine Handvoll kleiner Workbees umschwirrte das beeindruckende Raumschiff und die Operater dieser kleinen Arbeitsshuttles beeilten sich die Arbeiten abzuschließen. Keiner von ihnen wollte sich den Unmut des Flottenadmirals zuziehen.

Der gebogene Besprechungsraum wirkte durch die Krümmung schmaler, als er war. Er beinhaltete, neben einem passenden, länglichen Tisch, welcher der Krümmung des Raumes folgte, schwarze Ledersessel für bis zu zwanzig Personen. Die ebenfalls schwarze Tischplatte spiegelte die Umgebung wieder. An beiden Stirnseiten gab es ein Zugangsschott, auf dem jeweils das Logo des Imperiums prangte. An der Innenwandung gab es ein großes Display, welches genutzt werden konnte, um während einer Besprechung Bild- und Filmmaterial vorzuführen, oder taktische Karten einzublenden. Noch war der Konvexe Bildschirm nicht aktiviert, doch das sollte sich bald schon ändern.

Jeffrey Gardner blickte in die Runde, wobei er die teils fragenden, teils misstrauischen Blicke der anderen Captains sehr wohl bemerkte. Sie alle waren bereits seit Jahren Captain eines Kriegsschiffes – erfahrene Veteranen der Flotte – und sie fragten sich, nicht zu Unrecht, wie Gardner zugeben musste, warum ein relativ junger, und in ihren Augen grüner Captain, nicht nur das Kommando über die DEFIANT erhalten hatte, sondern von Pickett zudem als sein Stellvertreter vorgestellt worden war. Doch keiner von ihnen hätte offen dagegen widersprochen – immerhin war man nicht lebensmüde.

Admiral Pickett, mittlerweile offiziell in seiner Funktion als Flottenadmiral bestätigt, stand am Kopfende des langen Besprechungstisches und sagte: „Meine Damen und Herren, ich will Ihnen nicht einreden, dass dies die lustigste Party werden wird, an der wir alle teilnehmen, aber ich möchte wetten, dass keiner von Ihnen sie versäumen möchte. Von diesem Unternehmen werden sie bestimmt später noch Ihren Enkeln erzählen – und die werden sie todsicher damit langweilen...“

Verhaltenes Gelächter brandete auf.

Pickett wusste, wie man das Eis brach. Schmunzelnd ballte er die rechte Faust und fuhr fort: „Wir werden mit dem schlagkräftigsten Flottenverband aufbrechen, der jemals in der Geschichte des Imperiums für ein einzelnes Unternehmen zusammengestellt wurde. Die Imperatrice selbst hat an dem Plan für THOR´S HAMMER mitgewirkt.“ Er gab Jeffrey Gardner, der ganz bewusst am anderen Ende des Tisches Platz genommen hatte, ein Zeichen, wobei er erklärte: „Captain Gardner wird Sie nun mit den Einzelheiten Vertraut machen.“

Jeffrey Gardner, der sich natürlich in den vorangegangenen Tagen mit allen Aspekten des geplanten Unternehmens, THOR´S HAMMER vertraut gemacht hatte, nickte dem Flottenadmiral zu und erhob sich aus seinem Sessel. Während er zum Bildschirm schritt und ihn aktivierte, streifte sein Blick die anwesenden Männer und Frauen erneut. An der Kommandantin der METEOR, einem der vier teilnehmenden schweren Schlachtschiffe der NX-KLASSE, blieb sein Blick hängen. In den dunklen Augen der hochgewachsenen blonden Frau loderte ein fanatisches Feuer, dass ihm unangenehm war. Es erinnerte ihn an Picketts Blick, der gelegentlich ähnlich wirkte. Gardner fragte sich, welche Ereignisse dazu beigetragen hatten, derart wilde Emotionen in der Frau zu entfachen. In diesem Moment fiel es dem Briten schwer zu glauben, dass sie als einer der besten Raumschiffscaptains galt. Flüchtig erinnerte er sich daran, dass ihr Name Jeannie Cornell war.

Nachdem Gardner den Bildschirm aktiviert hatte, konzentrierte er sich wieder auf seine Aufgabe und erklärte den versammelten Offizieren: „Verehrte Kollegen. Wir wurden von der Imperatrice mit der ehrenvollen Aufgabe betraut einen vernichtenden Schlag gegen die Werftanlagen des Tu´Rakh-Systems zu führen. Wie sie wissen machen die Werften dieses Systems etwa 30% der gesamten Werftkapazität des Romulanischen Reiches aus. Haben wir diesen Schlag erst einmal erfolgreich geführt, so werden die Romulaner massive Probleme damit bekommen ihre Verluste an Kriegsschiffen zu ersetzen, wenn wir erst einmal im Krieg mit ihnen sind.“

Der Brite blendete das Bild einer Aufklärungssonde ein, die vor ihrer Entdeckung und anschließenden Vernichtung, Bilder des Systems in den imperialen Raum, zu einer Relais-Station, gesendet hatte.

Gardner deutete auf die Aufnahme und erklärte: „Allein im Orbit des vierten Planeten, von insgesamt dreizehn, befinden sich siebzig Prozent der Raumdocks des Systems. Hier werden wir zuerst zuschlagen. Unser Verband wird dabei aus zwei Richtungen, relativ zur Ekliptik des Planeten, von Unten und von Oben in das System eindringen und sofort hart zuschlagen. Danach wenden wir uns dem fünften und achten Planeten zu, um welche die restlichen Raumdocks kreisen.“

„Sie sind sehr optimistisch, dass wir überhaupt unangefochten in das Tu´Rakh-System einfliegen werden, Captain Gardner“, unterbrach die Kommandantin der METEOR seine Ausführungen. „Aber das System befindet sich weit hinter der Grenze zum Raum der Romulaner. Wie also gedenken Sie, dass wir dort hin kommen?“

Gardner erlaubte sich ein feines Lächeln. „Das war auch meine erste Frage, als ich selbst zum ersten Mal von diesem Plan erfuhr. Nun, Captain Cornell, wir werden im Schutz eines Stellaren Nebels dorthin gelangen.“

Der Brite blendete eine taktische Karte ein, auf dem der besagte Nebel abgebildet war. „Mir ist durchaus bewusst, dass die Romulaner diesen Nebel vermint haben werden, doch die neuen Systeme, die in den letzten Wochen an Bord ihrer Schiffe eingebaut wurden, werden uns ermöglichen, diese Minen rechtzeitig zu erkennen und zu umfliegen.“

Die blonde Frau bewies nun, dass ihren Ruf zurecht bestand, indem sie fragte: „Mit welcher Geschwindigkeit können wir in dem Nebel operieren?“

„Bestenfalls mit Warp-3, eher aber mit Warp-2,5, und das auch nur in Bereichen, die weniger stark vermint sind“, fiel John Jefferson Pickett ein. „Der Anflug wird also etwas mehr als drei Monate dauern, aber dafür werden wir diese grünblütigen Spitzohren auf dem linken Fuß erwischen.“

Der hagere Mann neben Cornell wandte ein: „Und was ist, wenn die Romulaner nur darauf warten, dass wir genau auf dieser Route, die scheinbar sicher ist, einfliegen?“

„Dann erwischen die Romulaner uns auf dem linken Fuß“, erwiderte Gardner trocken. „Dieser Fall ist jedoch eher unwahrscheinlich. Wir haben hier ein Hauptziel das von dieser Seite aus nicht mit einem Angriff rechnet. Das werden wir ausnutzen. Kommen wir nun zu den Einzelheiten: Die DAEDALUS und die DEFIANT werden jeweils einen Halbverband, bestehend aus sechs Kriegsschiffen, führen. Die Kriegsschiffe PROTON, PATHFINDER, FORNAX, MAGELLAN und HERCULES werden von der DAEDALUS geleitet – die Kriegsschiffe METEOR, STARLIGHT, STORMBRINGER, PHOENIX und DRACO von der DEFIANT. Dass Admiral Pickett und damit der DAEDALUS als sein Flaggschiff die Leitung des gesamten Verbandes zufällt versteht sich von selbst. Instruieren Sie Ihre Taktischen Offiziere von dieser Unterteilung, des Flottenverbandes. Ach, und noch etwas: Während des gesamten Unternehmens werden wir nach dem Prinzip des kalkulierten Risikos handeln. Das heißt, wir werden unseren Verband, abseits der Hauptmission, nur dann der Gefahr eines Angriffs überlegener Feindkräfte aussetzen, wenn wir mit Sicherheit davon ausgehen können, dem Feind den größeren Schaden zuzufügen. Unser Hauptansinnen muss es sein, diese Flotte, nach der Vernichtung der feindlichen Werftanlagen, möglichst unversehrt wieder in den Raum des Imperiums zurück zu bringen. Wir stehen erst am Anfang einer gewaltigen Auseinandersetzung mit einem unberechenbaren Feind.“

Gardner verstummte und blickte zu Pickett, der ihm zu nickte und sich an die Versammelten wandte: „Captain Gardners Worten möchte ich noch hinzufügen, dass ich selbst Sie alle persönlich für diese Mission ausgewählt habe. Ihnen gehört mein Vertrauen dahingehend, dass Sie diese Mission zu einem überwältigenden Erfolg machen werden. Sollten Sie keine Fragen mehr haben, dann kehren Sie nun zu ihren Schiffen zurück. Es bleibt für unseren Aufbruch bei genau Zwölf Uhr Mittags.

Die zehn Captains erhoben sich gleichzeitig, wie auf ein geheimes Kommando, und entboten den imperialen Gruß, bevor sie langsam den beiden Schotts zu strebten. Jeffrey Gardner schloss sich ihnen an, um die DEFIANT aufzusuchen.

Jeannie Cornell schob sich unauffällig an die Seite des Briten, während sie den Besprechungsraum verließen. Als sie den radialen Gang betraten, der zu Transporterraum-2 führte, hielt die blonde Frau Gardner am Arm zurück.

Jeffrey Gardner wandte sich ihr, mit gelindem Erstaunen, zu und fragte dann: „Was kann ich für Sie tun, Miss Cornell?“

Die nur einen halben Kopf kleinere Frau musterte ihn so eindringlich, dass sich in dem Briten ein unbehagliches Gefühl breit machte. Sie waren allein im Gang als die Frau schließlich fast heiser fragte: „Wie weit sind Sie bereit für den Erfolg dieser Mission zu gehen, Captain Gardner?“

Zunächst blickte Gardner die schlanke Frau, deren Alter er auf Anfang Vierzig schätzte, taxierend an, bevor er entgegnete: „Wie meinen Sie das?“

Jeannie Cornell blickte sich beinahe gehetzt um und versicherte sich, dass sie auch weiterhin allein im Gang waren, bevor sie flüsternd erklärte: „Sie haben ihren eigenen Vater getötet – jeder in der Flotte hat davon gehört. Sie gehen skrupellos über Leichen, wenn es Ihrer Sache dienlich ist. Deshalb würde ich gerne wissen, wie weit sie gehen, um den Erfolg dieser Mission sicherzustellen, denn immerhin bin ich ein Teil davon. Und ich habe noch lange nicht vor, das Zeitliche zu segnen. Wie hoch wäre also für Sie ein akzeptabler Verlust an Schiffen bei dieser Mission, Captain Gardner?“

„Genau elf Schiffe“, antwortete der Brite kühl, obwohl es in ihm brodelte. Die Worte der Frau hatten ihn getroffen, vielleicht deswegen, weil sie eine gewisse Wahrheit beinhalteten, die ihm nicht sonderlich gefiel.

Ein seltsamer Glanz erschien in den Augen der Frau, der ihm bereits bei der Besprechung aufgefallen war. Gardner beschlich das ungute Gefühl, dass in der Vergangenheit irgendetwas vorgefallen sein musste, das mit dieser fanatisch wirkenden Frau zu tun hatte, und von dem er nichts wusste. Ihre nächsten Worte bestätigten seine Überlegungen: „Wissen Sie, Captain, ich stand Ihrem Vater eine Zeitlang sehr nahe. Vermutlich hat er Ihnen davon zu Lebzeiten nichts erzählt, immerhin war Conrad kein Mann, der so etwas nach Außen getragen hätte. Meine Karriere stand unter seiner Führung unter einem guten Stern. Doch das ist nun vorbei, und Sie haben Ihren Anteil daran. Das werde ich sicherlich nicht vergessen.“

Gardners Gedanken jagten sich. Wenn diese Frau nicht log, dann hatte sie wohl einige Gründe ihn zu hassen. Ihn und Pickett. Unbewusst näherte sich seine Hand dabei dem Holster seiner Dienstwaffe.

Die Augen der Frau schweiften kurz zu seiner Hand, bevor sie Jeffrey Gardner mit leicht spöttischem Lächeln ansah und meinte: „Es wäre töricht von mir, Ihnen nach dem Leben zu trachten. Ich kannte Conrad gut genug um zu wissen, dass er niemals ohne einen fundamentalen Anschub eines anderen Drahtziehers gegen die Imperatrice vorgegangen wäre. Glauben Sie mir, Captain Gardner, Ihr Vater war vielleicht an einer Verschwörung beteiligt, aber die Fäden gezogen hat ganz sicher ein Anderer.“

Da war es wieder.

Gardners eigene Überlegungen, die er erst vor wenigen Tagen angestellt hatte, wurden hier untermauert. Gardner hütete sich jedoch etwas dazu zu sagen denn im Moment konnten er und Hoshi keine Querelen innerhalb der Flotte gebrauchen. Darum presste er seine Lippen auf einander und erwiderte nur stumm den Blick der Frau.

Schließlich meinte Jeannie Cornell knapp: „Nun gut, Captain Gardner, ich kenne nun Ihre Einstellung zu dieser Mission, und weiß, was ich wissen wollte. Ich gebe Ihnen den guten Rat, sich den Rücken frei zu halten. Ansonsten könnte Ihnen dasselbe passieren, wie Conrad, und das wäre sehr bedauerlich. Entschuldigen Sie mich bitte, man erwartet mich auf der METEOR.“ Damit wandte sie sich abrupt ab und eilte den Gang hinunter.

Erst jetzt entspannte sich Jeffrey Gardners Haltung. Er sah der Frau nach und fragte sich, wie nah sie und sein Vater sich wirklich gestanden hatten. Er hatte ihm tatsächlich nichts von dieser Frau erzählt, doch das verwunderte den Briten nicht sonderlich. Sie hatten in den letzten fünf Jahren kaum noch mit einander gesprochen – seit jenem Tag, an dem seine Mutter gestorben war. Er ballte seine Hände zu Fäusten und machte sich gleichfalls auf den Weg zu einem der beiden Transporterräume des Schiffes, um die DEFIANT aufzusuchen.

 
 

* * *

 

Nachdem Jeffrey Gardner an Bord der DEFIANT zurückgekehrt war, beschloss er, noch einmal die Krankenstation aufzusuchen. Nach dem Gespräch mit Jeannie Cornell war er ins Grübeln geraten. Momentan stellte sich ein ums andere Mal heraus, dass die Dinge oftmals anders waren, als es den Anschein hatte. Das hatte ihn dazu veranlasst, auch den Vorfall des frühen Morgens, an Bord der DEFIANT nochmals neu zu bewerten. Wie er es letztlich auch drehte und wendete, der Zeitpunkt des Todes von Commander Bin Al-Saud hätte für die Andorianerin, hinsichtlich ihrer Flottenkarriere, zu keinem besseren Zeitpunkt kommen können. Denn zu jedem anderen Zeitpunkt wäre ein anderer Commander an Bord gekommen, um seinen Platz zu ersetzen. Diesmal war dies nicht machbar, und diesem Umstand war es geschuldet, dass Vilarai Selas der erste nicht-menschliche Commander der Imperialen Sternenflotte werden würde. Je länger Gardner darüber nachdachte, desto unwahrscheinlicher hielt er es, dass dies Zufall sein sollte. Ebenfalls schien es dem Briten, nun, da er etwas Zeit hatte darüber nachzudenken, unwahrscheinlich, dass Farid Bin Al-Saud, sollte er tatsächlich ein Verräter gewesen sein, so dumm gewesen sein soll, nicht zu warten, bis man auf dem Flug in romulanisches Gebiet gewesen wäre, um sein Vorhaben auszuführen. Fraglos hätten sich auf dem Flug, der in einer knappen halben Stunde begann, bessere Gelegenheiten geboten.

Ein finsteres Grinsen lag auf seinem Gesicht, als er die Krankenstation erreichte. Er war entschlossen zu tun was nötig war, damit die Machenschaften der Andorianerin ihm mehr zum Vorteil gereichten, als ihr.

Kaum dass Gardner die Krankenstation betrat, hörte er aus dem hinteren Bereich zwei weibliche Stimmen, die erregt mit einander diskutierten. Schnell bog er um die Ecke und erkannte Riana Langdon, die vergeblich versuchte, Vilarai Selas, die aufrecht auf der Kante ihrer Krankenliege saß, wieder in eine liegende Position zu bewegen.

„Meine Damen, was für ein Tohuwabohu veranstalten Sie hier?“, schnitt Gardners Stimme laut durch die Diskussion der beiden Frauen, die den Captain erst jetzt bemerkten. Die beiden Frauen wandten sich ihm zu und begannen gleichzeitig auf ihn einzureden, bis der Brite seine Hände hob und laut sagte: „Stopp!“ Während die beiden Frauen inne hielten, fragte Gardner, zu der Ärztin gewandt: „Also, was zur Hölle ist hier los?“

„Miss Selas besteht darauf, das Krankenrevier zu verlassen“, erklärte die dunkelhäutige Frau, wobei sie der Andorianerin einen finsteren Blick zu warf. „Aber ich bin der Meinung, dass dies noch viel zu früh ist.“

„Ich fühle mich in der Lage, mein Quartier aufzusuchen“, warf Vilarai Selas ein, und ihre violetten Augen fixierten bittend den Captain.

Gardner blickte zu Riana Langdon und fragte: „Besteht ein übergroßes Risiko, wenn Miss Selas die Krankenstation verlässt, Miss Langdon?“

Die Ärztin presste ihre Lippen zusammen, bevor sie sagte: „Nein, Sir. Aber ich kann das nicht empfehlen, Captain.“

Gardner seufzte schwach. „Vermerkt, Doktor.“ Dann wandte er sich an die Andorianerin und erklärte ernst: „Sie dürfen die Krankenstation verlassen, aber Sie werden sich, wie es die Ärztin angeordnet hat, in den nächsten Tagen noch schonen, und nur eingeschränkt Dienst tun. Kleiden Sie sich an, ich warte im Vorraum auf Sie.“

Noch keine fünf Minuten später erschien die Andorianerin bei Gardner. Der Verband um ihre Rippengegend sah unübersehbar unter ihrer Uniformjacke hervor. Gardner nickte ihr zu und verließ mit ihr die Krankenstation. „Wenn Sie schon nicht zu bändigen sind, werden Sie mich auf die Brücke begleiten, um wenigstens bei unserem Aufbruch anwesend zu sein. Danach werden sie Ihr Quartier aufsuchen und sich ausruhen. Ich brauche Sie nämlich schnellstmöglich wieder fit, Commander.“

Die Augen der Andorianerin blitzten auf, als Gardner sie mit ihrem neuen Rang anredete. Ja, nun war sie endlich Commander der Imperialen Sternenflotte. Was in Zukunft möglich war, das würde man schon sehen. „Aye, Sir.“

Sie betraten den Turbolift. Nachdem Gardner das Ziel genannt hatte, betätigte er den Handkontakt und sie fuhren nach oben, bis der Brite plötzlich sagte: „Halt!“

Vilarai Selas blickte den Captain fragend an, als er sich ihr näherte. Bevor sie ein Wort sagen konnte, fuhr Gardner sie an: „Ich weiß, dass Sie Commander Bin Al-Saud ermordet haben, Miss Selas!“

Die Andorianerin versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, doch Gardner, der geblufft hatte, genügte der kurze Moment des Erschreckens, der sich in ihren exotisch wirkenden Augen spiegelte. Sie schluckte, als ihr bewusst wurde, dass sie Jeffrey Gardner nicht länger hinter das Licht würde führen können, darum gab sie zu: „Ja, er war mir im Weg. Was werden Sie nun machen, Sir? Stellen Sie mich vor ein Kriegsgericht?“

Es klatschte scharf, und Vilarai, immer noch geschwächt, ging in die Knie, als Gardner ihr eine schallende Ohrfeige gab. Im nächsten Moment packte er die Andorianerin mit der rechten am Kragen und zog sie wieder nach oben, während er mit der linken Hand in ihr Haar griff, und ihren Kopf leicht nach hinten zog. Er drängte Vilarai Selas gegen die Wand der Liftkabine und blickte ihr entschlossen in die Augen, wobei er fast flüsternd erklärte: „Nein, ich werde einen dicken Strich unter diese Geschichte machen, Commander. Sie werden mein Erster Offizier werden, und zwar der beste, den es je gegeben hat. Und sollten Sie sich nicht anstrengen, diese Vorgabe zu erfüllen, oder mir auch nur ein einziges Mal einen Grund geben, an Ihrer Loyalität zu zweifeln, dann werde ich sie so langsam und qualvoll hinrichten, dass Ihnen der Tod wie eine Belohnung erscheinen wird. Haben Sie mich verstanden, Miss Selas?“

Die Andorianerin erkannte den tödlichen Ernst in den Augen des Terraners, und ihr wurde in diesem Moment klar, dass er genau das meinte, was er sagte. „Aye, Sir“, antwortete sie wobei sich ihre Antennen langsam nach vorne richteten. Sie legte ihre Hand sanft auf die des Captains, als er ihren Kragen losließ und schob sie auf ihre linke Brust, um sie leicht gegen sie zu pressen. „Sie werden Ihre Entscheidung niemals bedauern, Captain. Und ich werde Ihnen niemals einen Grund geben, an meiner Loyalität, Ihnen gegenüber, zu zweifeln.“

Für einen langen Moment lang maßen sie einander mit Blicken. Dann lagen ihre Lippen auf einander und Gardner zog die Andorianerin mit der Linken sanft zu sich heran. Während die Andorianerin in seinen Armen lag und sich an ihn drängte, wurde Gardner klar, dass Hoshi, am Heiligen Abend, vollkommen Recht gehabt hatte. Sie waren beide nicht für die Monogamie geschaffen.

Als sie sich nach einem heftigen, leidenschaftlichen Kuss von einander lösten, blickte Jeffrey Gardner die Andorianerin an und meinte schmunzelnd: „Ich wusste nicht, dass die Küsse einer Andorianerin süßlich schmecken.“ Dann ließ er sie los und förderte aus der Hosentasche seiner Uniform zwei Schulterklappen zutage, welche die Insignien eines Commanders enthielten. Schnell löste er ihre alten Rangabzeichen von den Schulterklappen, um die neuen daran zu befestigen. „Ich denke, wir werden uns gut verstehen, Commander“, schmunzelte Gardner und trat etwas zurück. Dann ließ er Vilarai endgültig los, legte er seine Hand wieder auf den Liftkontakt und befahl erneut: „Brücke!“

Aufbruch ins Unbekannte

Gleich nach der Besprechung hatte John Jefferson Pickett seine Adjutantin aufgesucht, eben jene Rigelianerin, die bis zu Conrad Abel Gardners Tod dessen Adjutantin gewesen war. Sie hieß Cimaree Scirrem, und Gardners Tod war ihr nicht gerade nahe gegangen, wie Pickett schnell hatte feststellen können. Offensichtlich hatte der alte Gardner sie gelegentlich misshandelt, wenn er schlechter Laune gewesen war. Nachdem sie festgestellt hatte, dass Pickett diese unangenehme Eigenschaft nicht besaß, hatte er, nicht zuletzt durch seine beeindruckende Ausstrahlung, schnell ihre Sympathie errungen. So war es kaum verwunderlich, dass sie sich bereits nach drei Wochen willig mit ihm eingelassen hatte, als sich die Gelegenheit dazu bot. Natürlich wusste sie von Picketts Verhältnis mit der Imperatrice – der Admiral hatte daraus, ihr gegenüber, keinen Hehl gemacht sie jedoch, unter Androhung drakonischer Strafen, zu Stillschweigen vergattert. Cimaree Scirrem war dieses Verhältnis Picketts mit der Imperatorin relativ egal, war ihre Position doch so lange ungefährdet, wie Pickett die Gunst von Hoshi Sato genoss, und sie wiederum die seine. Zudem genoss sie einige Privilegien durch ihre momentane Position, die sie nicht auf´s Spiel zu setzen gedachte. Und nun machte sie diese Mission mit.

Pickett, der ein sehr feines Gespür dafür besaß, wie man andere Menschen, und gegebenenfalls auch Nicht-Menschen, manipulierte, hatte es seinerseits verstanden, die Rigelianerin auf seine Linie einzuschwören. Er spürte, dass Lieutenant-Commander Scirrem bedingungslos an seiner Seite stand, und das nicht allein deswegen, weil sie mit einander ins Bett gingen. Nein, er hatte schon immer ein besonderes Händchen dafür gehabt, andere Wesen für seine eigenen Ziele einzuspannen. So auch die Rigelianerin, die ihm mittlerweile sehr vertraut geworden war. Für Pickett war es eine Bestätigung seiner Ansicht, dass diese Unterrassen der terranischen Führung bedurften. Ein Terraner hätte sich niemals so ergeben in artenfremde Hände begeben, und mit ihnen kollaboriert.

Admiral Pickett hatte die Rigelianerin natürlich bereits den Führungsoffizieren der DEADALUS vorgestellt – einem Schiff, welches in mancherlei Hinsicht ungewöhnlich war.

Da war zunächst einmal das offensichtliche, nämlich das Grunddesign des Kreuzers, dass sich grundsätzlich von bisherigen Entwürfen unterschied. Beispielsweise die primäre Kugelzelle, mit einem Durchmesser von 68,5 Meter, die allein schon 16 Decks aufnahm. Durch die Kugelform wurde sowohl eine hohe Stabilität gegen Angriffe gewährleistet, als auch ein Raumvolumen geschaffen, dass man bei Schiffen ähnlicher Dimensionen vergeblich suchte. Auf Höhe der Decks 11 bis 13 war diese Kugelzelle hinten, über ein 33 Meter langes und 13,5 Meter durchmessendes Röhrensegment, mit der bauchigen, zylindrischen Sekundärhülle, von 110 Metern Länge und einem lichten Durchmesser von 36,2 Metern, verbunden, welche hauptsächlich als Maschinen- und Hangarsektion diente. Diese Sektion beherbergte den Warpkern und die Impulsaggregate Außerdem lagerten hier die Materie- und Antimaterie-Tanks, sowie die Ersatzteile, Nachschub- und Versorgungsgüter. Für die maximale Fahrtstufe von Warp 6,8 sorgten zwei Warpgondeln mit einer beeindruckenden Länge von 156,2 Metern und einem Durchmesser von 16 Metern, die über zwei fragil wirkende, leicht negativ gepfeilte Pylone mit dem vorderen Bereich der Sekundärhülle verbunden waren.

So einzigartig, wie das Design, war auch die Bewaffnung des Schiffes. So gab es zwar mit insgesamt vier Torpedorampen zwei weniger, als auf der DEFIANT, dafür verfügte das Schiff über nicht weniger, als 15 schwere Phaserkanonen, von denen sechs in der Sekundärhülle, und neun in der Primärhülle installiert waren. Damit konnte die DAEDALUS selbst Schlachtschiffen, wie der DEFIANT gefährlich werden. Das Einzige, was der DEFIANT momentan noch einen Vorteil verschaffte, waren ihre stärkeren Schilde und die wesentlich wirkungsvollere Torpedobestückung. Doch daran arbeiteten die imperialen Ingenieure bereits.

Gemeinsam verließen Admiral Pickett und Lieutenant-Commander Scirrem den Turbolift auf Deck-12 der primären Kugelzelle der DAEDALUS und schritten durch den zentralen Gang, der durch das Röhrensegment, zur hinteren Sekundärhülle führte. Auf dem Weg nach hinten fragte die Rigelianerin: „Was wollen wir hier eigentlich, Admiral?“

John Jefferson Pickett erwiderte wohlwollend den Blick der Rigelianerin. Er hatte ihr verboten, ihn im Dienst zu duzen, auch dann, wenn sie unter sich waren, und er stellte zu seiner Zufriedenheit fest, dass sie keine Probleme damit hatte, sich daran zu halten. Pickett schätzte es sehr, wenn man seine Befehle exakt befolgte. Er besann sich auf die Frage seiner Begleiterin und erklärte: „Dazu werde ich kommen, wenn wir den Hangar erreicht haben.“

Cimaree Scirrem merkte, dass Pickett vorerst nicht mehr zu verraten gedachte, und so übte sie sich in Geduld. Eine weitere ihrer Eigenschaften, die der Admiral schätzte.

Unterwegs trafen sie nur wenige Mitglieder der 229 Personen starken Besatzung. Kein Wunder – immerhin brach dieses Raumschiff in einer knappen halben Stunde zu einem gefährlichen Unternehmen auf. Zusammen mit vier Raumschiffen der NX-KLASSE würden sechs der momentan acht neuen Kreuzer der ANDROMEDA-KLASSE an dem Unternehmen teilnehmen.

Die ANDROMEDA-KLASSE war mit knapp 190 Metern Länge zwar kleiner, als die NX-KLASSE, aber ihre neuartige Bewaffnung und ihre Wendigkeit machte sie zu gefährlichen Gegnern, in einem Raumgefecht. In ihrer Grundform ähnelten die Schiffe dieser Klasse stark den NX-Schiffen, nur dass ihr Sekundärrumpf aus einem einzigen großen Segment bestand, dass mit der diskusförmigen Primärhülle verbunden war. Zudem waren die Schiffe der ANDROMEDA-KLASSE im Seiten- und Frontprofil flacher. Wie die DEFIANT besaßen diese neuen Kreuzer sechs Torpedorampen und vier Phaserkanonen. Ihr großer Vorteil war, dass sie deutlich weniger Personal benötigten, als die Schlachtschiffe der NX-KLASSE, aber dennoch annähernd dieselbe Feuerkraft mitbrachten.

Nachdem sie den Hangar, der vier Kampfshuttles und zwei Landungsboote beherbergte, erreicht hatten, deutete der Admiral auf eines der Shuttles. Erst nachdem sie sich im Innern des Shuttles aufhielten und der Admiral das Schott hinter sich geschlossen hatte, brach Pickett das Schweigen. „Der Grund, warum wir hier sind, Cimaree, ist der, dass ich ein ungutes Gefühl habe, was Captain Gardner betrifft. Mir gefällt nicht, dass er offensichtlich der Imperatrice gefällt, und ich will sicherstellen, dass Niemand außer dir diese Worte hört.“

Die Rigelianerin blickte Pickett ob dieser Eröffnung erstaunt an. „Aber sind denn Sie nicht der Mann an ihrer Seite, Admiral?“

„So zumindest hat es den Anschein. Doch da ist so ein Gefühl, ganz tief in mir. Ein Gefühl, auf das ich mich bisher stets verlassen konnte. Und es sagt mir, dass Captain Jeffrey Gardner sich in den letzten Wochen verändert hat. Und diese Veränderung scheint mir recht rätselhaft. Ich kennen Gardner nun schon einige Zeit. Irgendetwas an ihm erinnert mich seit einiger Zeit an die Art von Hoshi Sato. Er ist definitiv anders geworden.“

„Aber warum muss die Imperatrice etwas damit zu tun haben?“

Der Admiral verschränkte seine Arme vor der Brust und musterte die Rigelianerin. Dann erklärte er: „Ich kann es nicht erklären, aber es muss so sein. Von selbst wird man nicht einer ganz bestimmten Person ähnlicher.“

Noch immer etwas verwirrt fragte die rigelianische Frau: „Und was haben Sie nun vor, Admiral?“

Pickett grinste verschlagen und seine blauen Augen funkelten in einem kalten Feuer, als er antwortete: „Gardner fehlt ein zweiter Offizier. Ich weiß, dass du, bevor Flottenadmiral Gardner dich in den Stab holte, auf Raumschiffen der Flotte gedient hast. Ich werde dich also zu seinem zweiten Offizier ernennen. Du behältst Captain Jeffrey Gardner für mich im Auge und verfolgst jeden seiner Schritte. Ich werde dich von Zeit zu Zeit kontaktieren und du erstattest mir Bericht über alle seine Schritte.“

„Wird Gardner nicht misstrauisch werden?“

„Es wird deine Aufgabe sein, sein sicherlich vorhandenes anfängliches Misstrauen zu zerstreuen, Cimaree. Sei ein guter Zweiter Offizier und gib Gardner keinen Anlass zur Kritik an deiner Arbeit. Erwecke dabei den Anschein, das Kommando zu genießen, dann wird er denken, du wärst froh, einige Zeit von mir weg zu kommen.“ Freudig bemerkte der Admiral das beinahe unmerkliche Zusammenzucken der Rigelianerin, bei seinen letzten Worten. Schnell begab er sich zu ihr, legte seine Hand auf die gezackte, dunkle Vertiefung an ihrem Bauch, die sich von ihrem Hals, bis hinunter zu ihrem Unterleib zog. Er wusste, dass die Rigelianerin dort sehr empfindsam, und zugleich sehr leicht sexuell zu stimulieren war. Dabei flüsterte er: „Du sollst nur so tun, hörst du?“ Auch seine andere Hand legte sich auf ihre nackte Haut zwischen Gürtellinie und Brust. Gelegentlich wunderte sich Pickett noch immer darüber, dass Hoshi Sato, nach ihrer Machtübernahme keine Änderung der Uniformordnung, zugunsten ihrer Geschlechtsgenossinen angeordnet hatte. Er war schließlich zu der Auffassung gelangt, dass die Japanerin diese bauchfreien Uniformen schlich mochte weil sie sich selbst gerne bauchfrei zeigte, und sie deswegen beibehalten hatte.

Cimaree Scirrem umschlang Pickett mit den Armen und gurrte heiser: „Ich werde es tun, auch wenn es mir sehr schwerfallen wird.“

Sie küssten sich, bevor der Admiral Cimaree sanft von sich schob und erklärte: „Leider haben wir jetzt keine Zeit für mehr. Du wirst nun deine Sachen packen, und dich zu Transporterraum-1 begeben. Ich selbst werde dich bei Gardner ankündigen, und ihm erklären, dass er einen neuen, Zweiten Offizier bekommt. Vielleicht freut er sich ja auch darüber, er gilt immerhin als Frauentyp.“

Trotz seines Zwinkerns, bei seinem letzten Satz, schmollte die Rigelianerin bevor sie erwiderte: „Ich werde Sie nicht enttäuschen, Admiral.“

„Das wäre auch nicht empfehlenswert“, meinte Pickett mit leicht drohendem Unterton, bevor er das Schott des Shuttles öffnete. „Komm, die Zeit drängt.“

Gemeinsam schritten sie eilig den Weg zurück, den sie gekommen waren.

 
 

* * *

 

Nachdem Admiral Pickett die runde Brücke der DAEDALUS erreicht hatte, die an die Brücke der DEFIANT erinnerte, schritt er zum Sitz des Captains, der sich exakt im Zentrum der Brücke befand. Seine beiden Leibwächter, die vor der Brücke auf ihn gewartet hatten, standen nun zu beiden Seiten des Turboliftschotts – einem von drei Zugängen. Rechts und links, neben dem Hauptbildschirm, gab es zwei weitere Schotts, die auf das Deck hinaus führten. Denn anders, als bei allen anderen Flottenschiffen, lag die Brücke dieses Schiffes nicht auf Deck-1, sondern geschützt im Zentrum der Kugelhülle, auf Deck-8. Die übrigen sechs diensthabenden Offiziere hatten bereits ihre Plätze eingenommen.

„Eine Verbindung zum Captain der DEFIANT“, verlangte Pickett in Richtung des Kommunikationsoffiziers. Als dessen Bestätigung erfolgte, dass die Verbindung hergestellt, wies er den Lieutenant an: „Auf den Bildschirm.“

Auf dem konkaven Bildschirm zeichnete sich das Konterfei Gardners ab, der ein wenig erstaunt auf den Bildschirm blickte und fragte: „Admiral, was kann ich für Sie tun?“

John Jefferson Pickett verschränkte seine Arme vor der Brust, eine unbewusste Geste, die ihm sehr oft widerfuhr, und Distanz vermittelte. Fast gleichzeitig antwortete er: „Ganz im Gegenteil, ich bin gerade im Begriff etwas für Sie zu tun, Captain. Da ich weiß, dass ihnen bei unserer Mission ein zweiter Offizier schmerzlich fehlen wird, trete ich Ihnen, für die Dauer dieses Einsatzes, meine Adjutantin, Lieutenant-Commander Cimaree Scirrem, ab. Sie verfügt über umfassende Erfahrung auf diversen Schiffen der Flotte. Unter anderem diente sie als Zweiter Offizier auf dem Leichten Kreuzer I.S.S. SWORD. Bitte achten Sie gut auf Lieutenant-Commander Scirrem, sie leistet hervorragende Arbeit für mich.“

Wenn Gardner Vorbehalte gegen diese kurzfristige Planänderung hatte, so verbarg er sie geschickt. Mit unbewegter Miene antwortete der Brite: „Ich danke Ihnen, Admiral. Das wird meine Aufgabe sicherlich erleichtern. Haben Sie außerdem noch etwas für mich?“

„Nein, das wäre alles, Captain Gardner. Pickett, Ende.“

Gardner entbot den imperialen Gruß, bevor die Verbindung unterbrochen wurde, und wieder dem Abbild des umgebenden Raumdocks platz machte, um welches herum sich bereits die anderen elf Schiffe des Angriffsverbandes formierten. Pickett wechselte einen schnellen Blick mit seinem schwedischen Ersten Offizier, und gleichzeitig Leitendem Ingenieur, Thore Andersson. Sie kannten sich erst, seit der Admiral dieses Schiff befehligte, doch der Commander hatte in den vergangenen Wochen einen kompetenten Eindruck auf ihn gemacht. Auch die übrige Crew schien in Höchstform zu sein, soweit Pickett das in der relativ kurzen Zeit hatte beobachten können.

Langsam nahm Pickett im Sessel des Kommandanten Platz. Links vor ihm saß die Erste Steuerfrau, Lieutenant Eva Kövari, eine sportliche hoch aufgeschossene Frau mit grünen Augen und kurzen, rabenschwarzen Haaren. Neben ihr wirkte der chinesische Ensign, der als Navigator Dienst tat, und auf den Namen Lin Yang hörte, fast ein wenig schmächtig.

Zur Linken des Admirals saßen der Taktische Offizier, Lieutenant-Commander Lukas Lorrimer in Flugrichtung, mit Blick auf den Hauptbildschirm. Er fungierte gleichzeitig als Zweiter Offizier der DAEDALUS. Neben ihm, an der technischen Wandkonsole, verrichtete Andersson seinen Dienst.

Rechts von Pickett befanden sich die Wandkonsolen für die Kommunikation, an der Lieutenant Klaas Hogdalen die letzten Checks vornahm. Ebenso wie die kanadische Wissenschaftlerin, Meredith McKay die rechts von Hogdalen saß.

John Jefferson Pickett beobachtete den Wandchronographen links neben dem Hauptbildschirm. Die Anzeige sprang gerade auf 11:59 um. Mit steigender Erregung befahl er: „Fertigmachen zum Start.“

Währenddessen hatte der schwedische Commander über die Funkverbindung seiner Konsole seinen Stellvertreter auf dem Maschinendeck angerufen und ihm mitgeteilt, dass nun der Start des Schiffes unmittelbar bevorstand.

Admiral Pickett sagte fast gleichzeitig zu Lieutenant Hogdalen: „Eine Verbindung zum Dockoffizier, Lieutenant.“

„Aye, Sir – Verbindung hergestellt.“

Pickett aktivierte den Schiffskom: „Raumdockkontrolle, hier Flottenadmiral Pickett. Bereit die Andockklammern zu lösen.“

Über den Schiffskom kam umgehend die Antwort. Eine sanfte, weibliche Stimme antwortete: „Hier Raumockkontrolle: Verstanden. Wir sind Bereit die Andockklammern zu lösen, Admiral.“

„Vielen Dank, Raumdockkontrolle“, bestätigte Pickett. Dann befahl er: „Andockklammern lösen.“ Nur eine halbe Sekunde später lief die Bestätigung der Raumdockkontrolle bei ihm ein, dass die Verankerung gelöst war, und von Seiten des Docks eingefahren wurden.

Dann wies Admiral Pickett die Pilotin an: „Von jetzt an dreißig Sekunden bis zum Start der DAEDALUS. Manövrierdüsen auf mein Kommando.“

„Aye, Captain.“ Die Ungarin fuhr die Aggregate hoch.

Draußen bot sich ein beeindruckendes Bild: Längst waren die kleinen Arbeitsshuttles in die Hangars der Dockstation zurückgekehrt. An den beiden Warpgondeln des neuen Schlachtschiffes glühten die beiden Reihen bläulicher Warpfeldemitter auf. Gleichzeitig erstrahlten die Bussardkollektoren der Gondeln, an dessen Fronten in einem orangeroten Licht, das den Eindruck eines wallenden, orange-roten Nebels erweckte. Scheinwerfer leuchteten auf und bestrahlten die Schiffskennung auf dem abgeflachten, oberen Kugelbereich der Primärhülle. Auch die beiden Impulsaggregate im oberen Heck der Sekundärhülle erstrahlten in einem düsteren Rot und zeigten somit Bereitschaft an.

Die DAEDALUS erwachte zu mechanischem Leben von höchster Vollendung.

Als die Zeitanzeige auf 12:00 umsprang erklärte Admiral Pickett, mit fester Stimme, in der Begeisterung für dieses neuartige Raumschiff mitschwang: „Bringen Sie uns heraus in den freien Raum, Lieutenant Kövari.“

Das hörbare Arbeitsgeräusch auf der Brücke steigerte sich nun merklich um eine halbe Oktave, während das Raumschiff der Imperialen Sternenflotte sich fast umgehend in Bewegung setzte und majestätisch langsam nach vorne, aus dem Raumdock heraus driftete. Dabei handelte es sich bei den momentan verwendeten Manöverdüsen, um keine Düsen im eigentlichen Sinn, sondern mehr um eine Art von Druckprojektoren, die ein sehr sensibles Manövrieren des Raumschiffes erlaubten.

Den Admiral hielt es nicht länger auf seinem Platz. Langsam erhob er sich. Auf dem Hauptbildschirm konnte er beobachten, wie das Raumschiff vom Raumschott frei kam.

Eva Kövari hielt das Schiff exakt auf Kurs, wobei sie die Leistung der achteren Manöverdüsen längst auf Maximum ausgefahren hatte. Schneller, als gedacht schob sich die DAEDALUS in den Raum hinaus.

Breitbeinig vor seinem Sessel stehend gab Pickett dem Kommunikationsoffizier die Weisung: „Befehl an den Flottenverband, Lieutenant Hogdalen: Voller Impuls voraus. Kurs nehmen auf festgelegte Koordinaten.“

Der Lieutenant bestätigte und gab die Befehle an den Verband weiter, während sich Pickett der Pilotin zu wandte und sagte: „Sie haben es gehört, Lieutenant Kövari. Beschleunigen Sie die DAEDALUS nun gleichmäßig auf vollen Impuls, und zeigen Sie mir, was in diesem Schiff steckt.“

„Aye, Admiral.“

Pickett setzte eine zufriedene Miene auf. „Blick Achtern!“

Die Anzeige wurde umgeschaltet. Längst war das Raumdock nicht mehr zu sehen, und die Erde wurde zusehends kleiner. Dafür zeichneten sich auf dem Bildschirm deutlich die übrigen elf Kriegsschiffe des Verbandes ab. Die DEFIANT flog dabei nur wenige hundert Meter hinter der DAEDALUS an deren rechter Flanke. Für einige Augenblicke genoss Pickett den Anblick, bevor er befahl: „Blick geradeaus.“ Dann wandte er sich zu Hogdalen und wies ihn an: „Mister Hogdalen, schalten sie die Flottenfrequenz auf den Schiffskom um.“

Pickett wartete, bis der Lieutenant den Befehl ausgeführt hatte. Dann sagte er, wobei er wusste, dass er nun auf allen Schiffen des Verbandes gehört wurde: „Flottenadmiral Pickett an alle Schiffe des Verbandes. In einer Minute werden wir auf Warp gehen. Wir werden unseren Gegnern sehr bald eine vernichtende Niederlage beibringen. Ich verlange und erwarte, dass jeder Einzelne von Ihnen sein Bestes geben wird. Wer das nicht kann, der sollte besser zum Feind überlaufen, denn ich werde ein Versagen nicht tolerieren. Lang lebe das Terranische Imperium.“

Der Admiral ließ die Verbindung unterbrechen und nahm, beinahe andächtig, wieder in seinem Sessel Platz. Ein besonderes Feuer spiegelte sich in seinen Augen, als er, nach Ablauf der Minute den Befehl gab: „Langsam auf Warpfaktor-5 beschleunigen.“

Auf dem Bildschirm verwandelten sich die Sterne zu länglichen Lichtstreifen, die an der DAEDALUS vorbeirasten und John Jefferson Picketts Hände umklammerten fest die Sessellehnen.

Nun begann die Mission, die er so lange vorbereitet hatte, und nach deren Ende er gleichfalls das Ende der Ära Sato einzuläuten gedachte. Wer nicht auf seine Seite stand, der würde überrannt werden. Und danach würde er ein Imperium aufbauen, welches tausend Jahre Bestand haben würde.

Ein beinahe satanisches Lächeln lag bei diesen Gedanken auf dem Gesicht des Flottenadmirals. Ja – der Aufbruch in dieses glorreiche Zeitalter des Imperiums würde hier mit dem ersten Schritt beginnen. Und noch in tausend Jahren würde man im Terranischen Imperium seiner gedenken – John Jefferson Pickett: der Retter des Imperiums...

 

 
 

Fortsetzung folgt...
 



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Kommentare zu dieser Fanfic (3)

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Von:  Sanguisdeci
2015-09-16T16:04:21+00:00 16.09.2015 18:04
Ein spannender Auftakt in einem Universum, das weitaus brutaler ist als das unsere, wie es scheint. Hoshi ist eine beängstigende Person :D Mag ich.
Antwort von:  ulimann644
16.09.2015 19:45
Ich habe versucht, das Feeling der Enterprise Doppel-Episode "In a mirror, darkly" einzufangen, in der ja munter intrigiert, gefoltert und gemordet wird (ohne dass die Beteiligten mit der Stirn runzeln).

Ähnliches gilt für BREAKABLE, die Geschichte ist in demselben MU angesiedelt.

Diese Halb-Episode (auf Teil Zwei freue ich mich schon - die will ich nächstes Jahr in Angriff nehmen) ist ein paar Jahre vor der Story BREAKABLE angesiedelt, bei der ich so viele Ideen nicht verwirklichen konnte, darum schreibe ich die besten davon als TIMELINE-Episoden - wäre zu schade drum sie nicht zu verwerten.

Was in meinen Augen manchmal genauso beängstigend ist, wie die MU-Hoshi, das ist die Tatsache, was für einen Heidenspass diese diabolischen Ränkespiele mitunter machen können, wenn man sie ausknobelt und schreibt. ;) :D
Antwort von:  Sanguisdeci
17.09.2015 10:51
Ja, das glaube ich gern. Ich selbst habe diese Doppelepisode nicht gesegen bisher, muss ich gestehen. Aber es gibt andere MU-Folgen. Die Skrupellosigkeit der MU-Charaktere ist sicherlich verlockend, gerade wenn man sie im Vergleich zum "eigentlichen" Charakter unseres Universums betrachtet. :D
Antwort von:  ulimann644
17.09.2015 16:38
Genau das ist der Punkt.
Dieses - wie Kirk es nannte - "Gleich, und doch nicht gleich" ist es, das mich fasziniert. Jedoch versuche ich bei meinen MU-Geschichten (so wie in der TOS-MU-Folge) auch den ein oder anderen Charakter einzuflechten, der nicht durch und durch verdorben ist, dabei aber trotzdem ins MU passt.
Antwort von:  Sanguisdeci
18.09.2015 16:46
Nach dem, was ich bisher las, gelingt dir dies ausgezeichnet :)


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