Through the Seasons von Flordelis (Angela x Jin ~ Deine Tierparade One-Shot-Sammlung) ================================================================================ Sommer ~ Wir müssen die Stacheln entfernen. ------------------------------------------- Der Sommer in Kastagnette begann angenehm genug. Dadurch, dass dieser Landstrich direkt am Meer lag, gab es stets eine wohltuende Brise – und wenn es doch zu heiß wurde, ging Angela einfach schwimmen. Warum auch nicht? Das Meer hier war sicher, es gab keine Raubfische. Aber davor stand natürlich die Arbeit an. Früh morgens, bevor es zu heiß wurde, kümmerte sie sich um die Pflanzen auf ihrem Hof, danach um die Tiere im Stall. Besonders frisches Wasser war in diesen Tagen wichtig für sie, außerdem wollten sie auch gebürstet werden. Aber nachdem sie das an diesem Tag erledigt hatte und alle Tiere zufrieden waren, konnte sie endlich an den Strand gehen. Zu ihrem Glück erstreckte sich dieser direkt südlich von ihrer Farm. Manchmal stellte sie sich einfach nur an die Klippe, sah auf den Horizont und lauschte den Wellen, denen es immer wieder gelang, sie zu beruhigen, egal wie aufgeregt sie zuvor gewesen war. Als Angela an den Strand kam, stellte sie fest, dass sie nicht als einzige auf die Idee gekommen war, heute schwimmen zu gehen. Auch Kathy und Selena standen bis zu den Knöcheln bereits im Wasser und unterhielten sich lachend miteinander. Angela konnte sich ein neidisches Seufzen nicht verkneifen. Keine der beiden anderen arbeitete auf einem Hof, das war deutlich zu sehen. Ihre Körper waren derart anmutig und elegant und sie stellten das in ihren Bikinis derart passend zur Schau, dass sie einfach ein wenig eifersüchtig sein musste, wenn sie das mit ihrem eher durchtrainierten verglich. Aber sie arbeitete eben hart, es gab keinen Grund, sich zu schämen. Deswegen zögerte sie nicht, sich ihrer Kleidung zu entledigen und diese dann neben die der anderen zu legen. Im Gegensatz zu den beiden anderen trug Angela einen grünen Badeanzug. Kathy war auch endlich auf sie aufmerksam geworden und winkte sie zu sich. Beide begrüßten Angela lächelnd, als sie bei ihnen ankam. „Hast du dich auch entschieden, dich abzukühlen?“ „Ja~. Ich hab erst versucht, nur die Füße in den Teich auf meiner Farm zu stecken. Aber richtig zu schwimmen ist sicher besser.“ Selena nickte. „Auf jeden Fall. Aber das werden wir nie erfahren, wenn wir nur hier stehenbleiben.“ Nach dieser indirekten Aufforderung stürzten sie sich gemeinsam ins tiefere Wasser. Es war überaus erleichternd, den Schweiß der Arbeit abzuwaschen, dabei gleichzeitig die Hitze zu vergessen und auch alles andere. In diesem Moment waren sie wieder Kinder, die einfach nur Spaß hatten, ohne die Pflichten, die das Leben als Erwachsene mit sich brachte. Aber das alles endete abrupt, als plötzlich ein stechender Schmerz durch Angelas Fuß fuhr. Zuerst glaubte sie, sich nur an einem scharfkantigen Felsen geschnitten zu haben, aber als sie den Fuß erneut bewegte, flammte der Schmerz noch einmal heftiger auf und fraß sich bis in ihren Unterschenkel hinauf. „Alles okay?“, fragte Kathy besorgt. Erst als Angela sich ihr zuwandte, bemerkte sie, dass ihre eigenen Augen zu tränen begonnen hatten. „Mein Fuß …“ Kathy sah ins Wasser hinunter, ihr Gesicht verlor sofort jegliche Farbe. „Ich glaube, du bist auf einen Seeigel getreten.“ Panik wollte sich Angela bemächtigen. Sie musste sich selbst beruhigen und sich ins Gedächtnis rufen, dass Seeigel nicht giftig waren, nur schmerzhaft. Es half ein wenig, damit sie keine panischen Bewegungen durchführte, die ihre Situation vielleicht verschlimmert hätten. Kathy und Selena halfen ihr an den Strand zurück. Dort hüpfte sie wenige Meter auf einem Bein, um sich vom Wasser zu entfernen, ehe sie sich in den Sand fallen ließ. Dann erst warf sie selbst einen Blick auf ihren Fuß, bereute es aber sofort. Lange schwarze Stacheln ragten daraus hervor. Instinktiv wollte sie diese herausziehen, aber sie hielt sich selbst zurück, indem sie sich weiter sagte, dass die Stacheln zerbrechlich waren, und sie wollte keine Infektion riskieren. Ihre Freundinnen knieten sich neben sie, strichen ihr über das Haar und versicherten ihr, dass alles gut werden würde. Angela fand es fast schon … putzig, schließlich fühlte sie sich nicht im Mindesten in Gefahr. Solange sie einfach so dasaß, spürte sie nicht einmal Schmerzen. „Was sollen wir jetzt tun?“, fragte Kathy überfordert. Selena betrachtete den Fuß ebenfalls genauer. „Wir müssen die Stacheln entfernen. Aber dafür brauchen wir eine Pinzette.“ Kurzentschlossen sprang Kathy auf. „Ich hole eine!“ Doch noch bevor sie sich in Bewegung setzen konnte, erklang eine ruhige Stimme: „Das musst du nicht. Tritt zurück.“ Sie gehorchte diesem ruhigen Befehl. Jin kniete sich nun neben Angela. Er trug seinen Arztkittel, aus dessen Tasche er eine Pinzette fischte. „Du hast Glück, dass ich gerade hier unterwegs war.“ Es klang wie ein Tadel, erschuf in Angela das Bedürfnis, sich zu entschuldigen, aber sie presste die Lippen aufeinander. Es war nicht ihre Schuld, dass sie auf einen Seeigel getreten war, so etwas geschah hin und wieder. Da war sie nicht die einzige. Sie musste sich nicht entschuldigen. Jin bat Selena und Kathy, Angelas Bein festzuhalten, nachdem er den Fuß selbst gemustert hatte. Die beiden taten genau das, dann begann er damit, die Stacheln zu entfernen. Dabei ging er so behutsam und langsam vor, dass Angela ihn nur erstaunt ansehen konnte. Seine Stirn lag in Falten, seine Augen konzentrierten sich nur auf ihre Sohle, aber dennoch waren seine Hände vollkommen ruhig. Er schien genau den richtigen Druck auszuüben, um die Stacheln nicht zu zerbrechen, wenn er nach einer griff und sie dann vorsichtig herauszog. Sein Anblick hielt sie derart gefangen, dass sie kaum den Schmerz spüren konnte. Schon als er im Frühling den Vogel für sie gepflegt hatte, war sie in dem Glauben gewesen, dass er doch nicht derart schlimm war, wie sie zuerst angenommen hatte, aber in diesem Moment konnte sie es regelrecht fühlen. Er war ein guter Mann, dessen Ernst nur seine Sorge um andere verbarg. Nachdem er die großen Stacheln herausgezogen hatte, wischte er mit einem Tuch über ihre Fußsohle. Der weiße Stoff färbte sich rasch rot. „Ich kann keine weiteren Stacheln spüren, aber vielleicht sind noch kleine Bruchstücke im Fuß.“ „Und was jetzt?“ In Gedanken sah Angela sich bereits auf einem Operationstisch, was bedeutete, ihre Farm für Tage vernachlässigen zu müssen. Sie wollte schon schwer seufzen. Jin griff in eine weitere Kitteltasche und zog eine Salbentube heraus. „Ich werde dir das auftragen und den Fuß verbinden.“ Kaum hatte er das gesagt, brachte er die Salbe bereits auf ihrem Fuß auf. Sie war überraschend kalt, so dass sie zusammenzuckte. Der Griff von Kathy und Selena um ihr Bein festigte sich sofort. Angela entschuldigte sich verlegen lachend und rührte sich nicht mehr. Jin fischte auch noch einen Verband aus seiner Tasche und verwendete diesen für ihren Fuß. Was trug er nur alles mit sich herum? War er gerade auf dem Weg zu einem anderen Krankheitsfall gewesen? Sie fragte nicht nach, sondern ließ ihn seine Arbeit beenden. Nachdem der Verband saß, ließen Kathy und Selena ihr Bein wieder los. Jin steckte die Salbentube in seine Kitteltasche zurück. „Ich bringe dich jetzt am besten nach Hause. Du solltest den Fuß für heute nicht mehr zu sehr belasten.“ Kathy klatschte in die Hände. „Dann bringe ich dir nachher etwas zu essen vorbei, da sparst du dir das Kochen, Angela.“ Selena neigte den Kopf ein wenig. „Hoffentlich kochst du nicht selbst.“ „Ich koche sehr gut.“ Kathy runzelte die Stirn. Mit einer einzigen Handbewegung brachte Jin die beiden zum Schweigen, bevor es zum Streit kommen konnte. „Für dein Essen ist jedenfalls gesorgt, Angela. Denkst du, du schaffst es, dann einfach mal eine Weile nichts zu tun?“ Für ihre Farm hatte sie bereits gesorgt. Es sah auch nicht so aus, als stünde ein Unwetter bevor, auf das sie ihr Grundstück vorbereiten müsste. Also sprach nichts dagegen. Sie könnte sogar mal wieder ein Buch lesen. „Ja, kein Problem.“ „Ich bringe deine Sachen zurück“, bot Selena sich sofort an. Angela bedankte sich lächelnd bei ihr. „Leg sie einfach auf die Bank neben der Tür. Ich hole sie dann morgen rein.“ Normalerweise stahl hier in der Gegend niemand etwas, also dürften die Sachen dort sicher sein – falls überhaupt irgendjemand Interesse daran hätte, ihre Kleidung an sich zu nehmen. Selena hastete davon. Jin half Angela wieder auf die Füße – gut, auf einen Fuß –, und bedeutete ihr, sich an ihm festzuhalten, damit sie nicht aus Versehen stürzte. Im Sand war es nicht sonderlich einfach, hüpfend voranzukommen, weswegen sie sich sehr an Jin festhalten musste. Er störte sich nicht daran, sein Gesicht blieb vollkommen unbewegt. Bei dieser erzwungenen Nähe stellte sie fest, dass er nach einer Mischung von Desinfektionsmitteln und Kräutertee roch. Das war äußerst ungewohnt, gleichzeitig aber auch angenehm. Deswegen atmete sie unbewusst tiefer durch als zuvor. Als sie den Strand verließen, verabschiedete Kathy sich von ihnen und ging in Richtung der Stadt zurück. Angela war bereits gespannt, was es zu essen geben sollte. Jin und sie bewegten sich weiter auf ihre Farm zu. Wieder einmal war sie froh darum, dass sie so nah am Meer lebte. Die anderen Farmen lagen noch ein ganzes Stück weiter entfernt. „Wenn du zukünftig an den Strand gehst, solltest du vorsichtiger sein“, mahnte Jin. „Um diese Jahreszeit gibt es viele Seeigel in Strandnähe.“ „Ganz schön gemein. Sie sollten sich irgendwo hinlegen, wo sie weniger Schaden anrichten können.“ Sie glaubte, dass Jins Mundwinkel sich ein wenig hoben, aber sie sanken sofort wieder in ihre übliche Haltung zurück. „Morgen früh kannst du den Verband dann entfernen.“ Er ging nicht einmal auf ihren Satz ein. „Sofern du keine Schmerzen hast, kannst du dann auch deiner Arbeit nachgehen. Aber wenn es schmerzt-“ „Komme ich sofort zu dir“, beendete sie seinen Satz. „Bis ich dann zu dir gehüpft bin, hat die Klinik auch schon offen.“ Er stieß ein humorloses Lachen aus. „Ruf mich einfach an. Ich komme dann zu dir.“ Das klang tatsächlich besser. Sie müsste sich das dann nur trauen, wenn es soweit war. „Wenn du keine Schmerzen hast, möchte ich dich in der Klinik sehen, sobald du deine Farm versorgt hast. Nur zur Sicherheit.“ „In Ordnung, das mache ich.“ Angela war schon lange nicht mehr so froh gewesen, zu Hause zu sein, wie an diesem Tag. Vor der Tür hielten sie beide wieder inne, und sie ließ Jin los. Erst in jenem Moment wurde ihr bewusst, dass ihr sein Geruch fehlte. Nicht einmal der vertraute Duft ihrer Farm konnte etwas daran ändern. Sie sollte Irene in der Klinik einmal vorschlagen, ein Parfum in der Klinik zu verkaufen. Vielleicht mochten auch noch andere diese ungewöhnliche Mischung. Sie neigte den Oberkörper vor Jin. „Danke, dass du dich so gut um mich kümmerst~.“ Er runzelte seine Stirn. „Ich kümmere mich um jeden, der Hilfe benötigt. Und außerdem war ich nur zufällig in der Gegend, wie gesagt.“ „Aber du warst es immerhin, genau rechtzeitig. Ob Zufall oder nicht, ist mir da egal. „Wenn du dich das nächste Mal aus fehlender Umsichtigkeit verletzt, werde ich dir die Behandlung in Rechnung stellen.“ Angela lachte. „Hoffentlich bleibst du Kastagnette noch sehr lange erhalten.“ Seine Mundwinkel hoben sich tatsächlich wieder ein wenig. „Wenigstens kann ich mir sicher sein, dass es dir gut geht. Das ist doch schon mal was. Ich muss jetzt aber weiter. Wir sehen uns auf jeden Fall morgen.“ Er nickte ihr noch einmal zu, ehe er sich umdrehte und dann den Weg hinunterging, der von ihrer Farm wegführte. Sie sah ihm lächelnd hinterher. Mit jemandem wie ihm hatte Kastagnette wirklich das große Los gezogen – hoffentlich blieb er wirklich noch sehr lange bei ihnen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)