Zum Inhalt der Seite

Der Ring des Nibelungen - Thors Tattúr

Kamiaso- Vorgeschichte
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Dieses Kapitel widme ich einem guten Freund unserer Familie, der viel zu früh von uns gegangen ist...

RIP Kaldy... :'(

[das mit den Kelten habe ich zugesetzt, weil Deutschland ist sowohl germanisch als auch keltisch :)] Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
WARUNG:
Triggerwarung Tod!!!! Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
WARNUNG:
Zusätzlich zur Triggerwarnung für Suizid will ich noch hinzufügen, Ich bin allgemein GEGEN Selbstmord!!!

Ich will niemanden auf dumme Gedanken bringen, abgesehen davon dass gefleckter Schierling und Mistel hier in Deutschland unter Naturschutz stehen...

Leute, das Leben geht weiter!!! Auch wenn es für manche momentan scheiße ist...

[PS: Es war auch keine leichte Aufgabe gewesen für mich, das hier zu schreiben... :'( ] Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Yey!!! Als ob ich es geplant hätte!!!

Heute feiere ich nicht nur einen Geburtstag von nem Freund und das Ende des Werks, sondern auch mein persönliches KamiAso-Jubiläum...

Viel Spaß euch allen... ;) :D Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Verbotene Früchte

“AUA!!!"

„Gib es zu!!"

„Ich habe sie nicht!!!"

Das kleine Mädchen saß auf dem Bauch ihres großen Bruders, während sie mit ihren Fäusten auf ihn einschlug.

„Wie oft muss ich dir das sagen, Brynhild?! Ich habe deine Äpfel nicht!!!"

„Du hast aber den Beutel mit den Äpfeln zuletzt gehabt!!!"

„Ich habe nur einen Augenblick weggeguckt und dann war er weg!!"

„Du wirst mir sagen, wo du die Äpfel versteckt hast! Und zwar sofort!!"

Brynhild schnappte sich das Seil mit dem ihr Bruder eigentlich eine Hasenfalle bauen wollte und begann seine Fußgelenke zusammen zu binden.

„Was soll das jetzt?!"

Sie warf das andere Ende des Seils über den Ast eines in der Nähe stehenden Baumes und sprang vom Bauch ihres Bruders auf.

„Sag es jetzt, Thor!!!"

„Ich hab sie nicht!!!"

Sie zog mit ihrem ganzen Körpergewicht an dem Seil, der kleine Thor schrie spitz auf und er hing kopfüber am Baum.

„Lass mich runter Brynhild!!"

„Erst wenn du mir sagst, wo meine Äpfel sind!!"

„Ich habe sie nicht!!!", rief der kleine Götterjunge zornig, wobei sich sein Gesicht rot färbte vor Wut und durch seine verkehrtherum hängende Körperhaltung.

„Thor, was machst du denn da am Baum?", lachte eine schelmische Stimme, als zwei weitere Jungen auf der Lichtung auftauchten. Verwirrt und etwas belustigt standen die beiden vor Brynhild und Thor, während der rothaarige Junge einen leinenen Beutel mit verführerisch rot gefärbten Äpfel über die Schulter trug. Er und sein Freund knabberten grade an zwei davon.

„Du hast meine Äpfel gestohlen, Loki?!!!", schrie Brynhild.

„Das hätte ich mir denken können, dass du das warst!", warf auch Thor ein.

„Was?! Das waren deine Äpfel, Brynhild?!"

Erschrocken ließ der blonde Junge seinen halb aufgegessenen Apfel fallen.

„Ups…das wusste ich nicht…"

Loki grinste. Brynhild geriet endgültig außer sich.

„Das waren meine Äpfel!!!!! Ich habe sie ganz allein gepflückt!!!!"

„Tja, Balder hatte Hunger und wie heißt es so schön: Wer's findet, darf's behalten!"

Er lachte, Brynhild ließ das Seil los und Thor fiel hart auf seinen Kopf. Sie stürzte sich kreischend auf Loki, die beiden Kinder ringen am Boden hin und her, beide waren gleich stark, schlugen einander, zogen sich an den Haaren, wobei Loki Funken sprühen ließ, die Brynhilds Kleidung ansengte.

Während Loki fluchte und quietschte vor Schmerz, knurrte Brynhild nur vor Zorn. Thor, der sich von seinen Fesseln befreit hatte, eilte herbei und zog seine Schwester von Loki weg, Balder, der blonde Junge ging zu Loki und half ihm auf die Beine.

„Du wirst mir die Äpfel ersetzten, jeden einzelnen!!"

„Ja, sicher! Wenn Idun mich im Garten erwischt, kriege ich nur wieder von ihrem Vater Ivaldi Prügel!"

„Diese Äpfel sind nicht aus Asgards Garten!!" Brynhild lächelte dabei triumphierend.

„Wie bitte?"

„Die habe ich aus Manheim!"

Thor fielen fast, wie auch den anderen, die Augen aus, vor Ungläubigkeit.

„Manheim? Die Heimat der Menschen??!!"

„Ja!" Brynhild schwoll vor Stolz die Brust, machte sich so größer.

„Aber da darfst du nicht hin!! Vater hat es dir doch verboten!!!"

„Warum darf Balder nach Manheim und ich nicht!? Ich bin immerhin älter und stärker als er!!"

Thor schüttelte den Kopf und antwortete: „Ich darf auch nicht nach Manheim. Aber Balder darf auch nicht alles dort."

„Ja…", antwortete der kleine Balder, mit etwas schlechtem Gewissen. „Ich darf nicht in Bäumen klettern, besonders nicht in Obstbäumen oder Linden. Mutter meinte seit kurzem, in den Ästen lauert mein Tod."

Der Kleine blickte dabei verwirrt drein. Keiner der Kinder verstand was damit Frigg, die Königin der nordischen Götter und Balders Mutter, gemeint hatte, aber sie war auf jeden Fall besorgt um das Leben ihres Sohnes. Sie hatte nach seiner Geburt von jedem Lebewesen, von jedem Material, jeder Substanz, jedem Element, jeder Krankheit und jeder Witterung den Eid abgenommen, dass sie ihm nicht schaden würden, trotzdem war sie besorgt, besonders wenn Balder mit seinen Freunden im Wald oder in der Nähe von Bäumen spielte.

„Wenn Odin von deinem Ausflug hört, kriegst du Ärger, Brynhild!", warnte Loki mit hinterhältig funkelnden Augen.

„Das halte ich aus. Papa ist mir nie lange böse, ebenso wie bei Balder."

„Sicher, nur weil du seine Lieblingstochter bist!"

„Loki, sei nicht so gemein zu ihr!!", mahnte Balder.

„Loki hat aber Recht, Brynhild.", mahnte jetzt Thor. „Du bist zwar, wie Balder, Vaters Liebling, aber das solltest du nicht ausnutzten!"

Sie zog grimmig eine Schnute.

„Aber ich werde dir diese Äpfel aus Manheim holen! Das ist leicht!"

„Du traust dich doch eh net!! Jötunn-Gezücht!!"

„Selber! Du wirst schon sehen, Prinzessin! Ich werde es schaffen!"

„Traust dich nicht!"

„Trau ich doch!!"

„Traust dich nicht!"

„Trau ich doch!!"

„Traust dich nicht!"

„Trau ich doch!!"

„Jetzt hört beide auf!!", donnerte Thor, wobei es schien als ob auch der Himmel unheilvoll grollen würde. Er zog dabei seiner Schwester und seinen besten Freund an den Haaren, beide schwiegen sofort. Dann griff er nach dem Leinensack und teilte die Äpfel in zwei Haufen. Den einen Haufen steckte er wieder in den Beutel.

„So, und jetzt ist Ruhe!! Keiner wird nochmal nach Manheim gehen und Äpfel holen, klar!?"

„Klar…", tönten Loki und Brynhild schmollend wie aus einem Mund. Thor schulterte den Beutel.

„Wir gehen jetzt nach Hause, Brynhild." Thor fasste sie an der Hand und zog sie hinter sich her.

Loki streckte Brynhild im Nachhinein die Zunge raus. Da riss sie sich los, packte einen Stein und warf ihn nach Loki. Balder stellte sich schützend vor ihm, der Stein prallte an seiner Stirn ab, dieser verzog keine Miene, es hatte ihn nicht mal wehgetan und es würde nicht mal einen blauen Fleck geben.

„Du und deine Unverwundbarkeit!“, schimpfte sie, Balder schwieg.

„Eines Tages wird dich Loki umbringen, pass also auf Brüderchen!!"

Die Jungs waren über diese Aussage geschockt. Brynhild blickte nur todernst drein.

„Was sagst du da?!"

„Mich…umbringen?!!"

„Ich?! NIEMALS!!!! Ich könnte Balder kein Haar krümmen!!" Loki war auf einmal blass wie Kalk.

„Wie kommst du auf so eine Idee?!", fragte Thor, der nicht glauben wollte was seine kleine Schwester über seinen besten Freund gesagt hatte.

„Ich hab davon geträumt."

„Geträumt? Jetzt fang nicht schon wieder damit an!"

„Wenn es stimmt? Ich hab doch einmal geträumt wie du einen Kugelblitz in der Hand hattest und Papa hat am nächsten Tag gesagt, du würdest ein mächtiger Donnergott werden und hat Ivaldi gebeten dir eine Waffe zu schmieden!"

„Das war purer Zufall! Diese Waffe werde ich eh später bekommen wenn ich groß bin. Wovon hast du überhaupt genau geträumt?"

Brynhild entsinnt sich kurz über ihren Traum, holte dann Luft und erzählte: „Alles war in unheimliches Licht gehüllt, eine gigantische Lichtsäule ragte aus dem Meer, wie ein Baum. Sonne, Mond, Meer, Donner, Feuer und etwas aus der Unterwelt waren auch dabei, komischerweise auch sogar etwas das wie Saft aussah. Die haben alle versucht diese Lichtsäule zu durchbrechen."

„Du hast am Vortag wohl zu viel Saft getrunken!", plapperte Loki rein und lachte.

Brynhild fuhr fort: „Dann hast du, Loki, ein blau leuchtendes Schwert genommen und Balder in die Brust gestoßen!!!"

„Das war nur ein Traum!", meinte Balder, obwohl er bei der Vorstellung zitterte. „Außerdem… mich kann doch nichts verletzten."

„Du bist ja auch keine Völva, die die Zukunft vorhersagt, erzähle also keinen Mist!!"

„Du wirst schon sehen! Irgendwann wirst du versuchen Balder umzubringen, irgendwann!!"

„Du willst wohl Ärger haben!", knurrte Loki und schritt auf Brynhild zu. „Soll ich dich nochmal schlagen!!"

„Komm nur wenn du dich traust!!" Sie ballte bereits die Fäuste. Loki knackste mit den Knöcheln.

„Mit Vergnügen!"

„Hier prügelt sich heute niemand!!" Thor stellte sich zwischen die Streithähne. Wieder griff er nach Brynhilds Hand und zerrte sie energischer denn je weg.

„Wir gehen jetzt nach Hause! Mama wartet auf uns!"

Thor zog Brynhild hinter sich her, von der Lichtung weg, zu einen ausgetretenen Pfad.
 

„Entschuldige Thor, dass ich dich verprügelt habe, wegen der Äpfel…", sagte Brynhild schuldbewusst nach einer Weile.

„Musstest du so gemein zu Loki sein?!", fragte Thor.

„Ich hab doch gesehen was passieren wird! Balder ist doch unser Bruder, wir beide müssen ihn beschützen!"

„Ich finde es schon toll, dass du dich auch um ihn sorgst, obwohl er unser Halbbruder ist. Aber die Zukunft kann sich ändern."

Brynhild schluchzte auf einmal. Thor drehte sich zu ihr um.

„Was hast du denn?"

„Dieser Traum war so schlimm, ich habe mich danach zu Mama ins Bett geschlichen… Ich will nicht dass Balder stirbt!" Sie schluchzte heftig, als fürchte sie es würde ihre Schuld sein. Thor tätschelte sie zärtlich auf die Schulter.

„Ich doch auch nicht. Wir werden ihn beschützen, du, ich und Loki…"

Brynhilds Tränenfluss stoppte abrupt.

„Er nicht."

„Er ist aber mein Freund."

„Er macht aber immer alles kaputt und ärgert mich. Er bringt nur Unheil."

„Trotzdem ist er ein toller Kerl. Wenn du etwas netter zu Loki wärst, wirst du sehen was für ein toller Freund er ist."

„Ich weiß nicht…"

„Und Balder ist doch unverwundbar, mach dir also keine Sorgen…" Er streichelte dabei ihren dunkelbraunen Schopf.

Sie setzten ihren Weg fort, dabei schwiegen sie wieder eine lange Zeit.

„Thor.", sprach dann Brynhild. „Warum nimmt Papa uns nicht in Walhalla auf?"

Er seufzte: „Brynhild, du weißt doch! Vaters Frau Frigg duldet uns nicht dort, weil wir nicht ihre Kinder sind."

„Aber wir sind doch Papas Kinder und Balders Geschwister…"

„Ja, schon. Aber für Frigg zählt das nicht…" Man konnte in Thors Stimme deutlich hören, dass es ihm schmerzte von Vater und Bruder getrennt leben zu müssen. Er und Brynhild waren nur uneheliche Kinder des Odin. Deren Mutter, Jörd genannt, war wie Loki eine Jötunn und Geliebte des Odin. Nur hatte Odin Frigg geheiratet als Jörd mit Brynhild schwanger war. Zu der Zeit hatte es einen Krieg zwischen dem Götterstamm der Asen und die Jötunn gegeben. Um Jörd und ihre Kinder zu beschützten und das eigene Gesicht zu wahren, hielt Odin sie versteckt. Erst als der Krieg zu Ende war, konnte Jörd mit ihren Kindern ein freies Leben leben, nur ohne ihrem Geliebten. Frigg sah aber eine Gefahr in Thor und Brynhild da die beiden vor Balder geboren waren und fürchtete sie könnten irgendwelche Ansprüche erheben, daher hielt sie die beiden aus Walhalla fern, ließ es aber zu dass sie mit ihren Sohn Kontakt hatten. Ebenso, wenn aber auch widerwillig erlaubte sie ihrem Mann den Kontakt mit seinen unehelichen Kindern.

Thor blinzelte seine aufsteigenden Tränen weg und sprach zu Brynhild: „Vater hat uns aber versprochen uns eines Tages nach Walhalla auf zunehmen. Er wollte mich auch zu seinen Krieger machen."

„Und ich werde eines Tages Walküre!!" Brynhilds Augen strahlten dabei, es war seit Ewigkeiten ihr größter Traum.

„Komm, jetzt nicht schon wieder damit! Vater hat doch andere Pläne mit dir. Du sollst doch später heiraten."

„Ich will aber nicht heiraten!!", quengelte sie.

„Du bist aber ein Mädchen und Mädchen werden nun mal verheiratet."

„Ich will aber nicht wie andere Mädchen sein!! Ich werde Walküre und dann muss ich erst recht nicht heiraten, ha!"

Thor schüttelte nur seinen halbgeschorenen Kopf mit den grünen Haaren und dem dreifachen Blitzsymbol an seiner geschorenen Schläfe.

„Loki hat sich schon mal gefragt ob du wirklich ein Mädchen bist oder vielleicht doch ein Junge. Langsam frage ich mich das auch."

„Aber ich bin ein Mädchen!", quiekte sie und errötete vor Wut.

Thor lachte: „Weiß ich doch! Das stärkste und rauflustigste Mädchen das ich kenne!"

Auch Brynhild lachte laut und hell. „Ich hab dich lieb, großer Bruder…"

Die Kinder erreichten eine Hütte, die groß war und zwischen zwei Felsen stand. Ihre Mutter saß grade draußen und häutete einen Hirsch, den Odin ihr erlegt hatte. Jörd blickte auf, als die beiden kamen. „Ah, gut dass ihr kommt…", schnaufte sie lächelnd. Sie wischte sich mit ihrem Unterarm den Schweiß von der Stirn.

„Ihr beide könnt mir helfen das Gemüse für den… Brynhild!! Thor!! Wie sieht ihr beide aus!!!???"

Jetzt fielen den beiden erst auf, wie schmutzig und unordentlich ihre Kleidung aussah und auch die Haare waren verwuschelt.

„Loki und Brynhild haben sich mal wieder gestritten und ich musste dazwischen gehen.", erklärte Thor, nicht ganz unwahr. Brynhild starrte dabei auf ihre Füße, sie war es ja in Wirklichkeit, die Thor so zu gerichtet hat, weil sie dachte er hätte ihre Äpfel. Jörd seufzte verärgert.

„Verdammt nochmal, ihr beide lernt es wohl nie! Sich zu prügeln ist nicht gut!!" Dabei starrte sie ihre Tochter an. Dass sie sich mit anderen Kindern prügelte, meistens Jungs, war kein Einzelfall. Immer wenn man sie ärgerte, musste sie immer beweisen dass sie auch stark war, trotz dass sie ein Mädchen ist. Jörd ging in die Hütte holte große Wolltücher, frische Kleidung, einen Kamm aus Horn und einen kleinen Tontopf mit Seifenkrautsud drin. Das gab sie ihren Kindern.

„Marsch, sofort an den Fluss mit euch beiden und wascht euch!! Die Kleider könnt ihr gleich mit waschen. So lasse ich euch nicht an den Esstisch!!"

Gehorsam gingen sie zum Fluss und wuschen sich und die Kleider. Als sie heim kamen hatte ihre Mutter schon längst das Gemüse für den Eintopf geschnitten und das Fleisch schmorte bereits im Topf.
 

Loki und Balder saßen immer noch auf der Lichtung und aßen einen Apfel nach dem anderen.

„Hoffentlich habe ich nachher immer noch Hunger.", schmatzte Balder.

„Vater wollte jagen gehen. Hoffentlich bringt er mir ein Wildschwein mit!"

„Irgendwann schaffst du es ein ganzes Wildschwein auf einmal zu essen!"

„Wildschwein ist prima, aber jede Sorte Fleisch ist immer gut." Er freute sich schon sehr auf das Abendessen daheim. Loki zückte aus seiner Tasche sein Taschenmesser und schnitt einen der Äpfel zuerst in zwei Hälften, dann begann er an einer Hälfte herum zu schnitzten.

„Was machst du da?"

Loki war ganz konzentriert. Man konnte, nach einer Weile, schon eine gewisse Form erkennen.

„Guck mal!" Er hielt die Apfelfigur hoch.

„Toll Loki!" Balder staunte. „Ist das ein Bär?"

„Nein. Eigentlich sollte das, ein Hirsch sein…"

„Ah, jetzt sehe ich es!" Loki gab ihm diesen noch recht unförmigen Apfel-Hirsch.

„Ich habe ganz viel geübt. Irgendwann versuche ich einen Hasen hin zukriegen, der ist aber ganz schwer."

„Das schaffst du bestimmt, du hast immer tolle Ideen."

„Danke Balder…" Loki wurde so rot wie sein Haar.

Es kam schon bald die Nacht und die beiden machten sich auf dem Weg nach Hause…

Der Gefangene Asgards

Ein paar Tage später…

In den Gärten Walhallas saß ein alter Mann dösend unter einer Esche. Neben ihm lag ein Helm und ein mit goldenen Runen verzierter Speer aus hellen Holz, aber auch ein mit Runen bekritzeltes Blatt Pergament, welche von seiner poetischen Ader zeugte. Seine rechte Augenhöhle ruhte unter einer ledernen Augenklappe, das andere Auge war friedlich schlummernd geschlossen. Im Baum über ihn dösten zwei Raben und rechts und links von ihm döste, je ein Wolf.

„Odin, Gemahl, erwache!“

Er blinzelte müde mit dem linken Auge.

„Frigg, meine Liebe! Sei gegrüßt…" Gestützt auf seinen Speer stand er auf und trat freundlich lächelnd auf seine Gemahlin zu. Friggs goldene Augen funkelten ihren Mann wütend an.

„Wo ist Balder?! Ich habe ihn überall gesucht!!“

„Ist er nicht bei Thor und Brynhild?"

„Bei deinen Bastarden ist er nicht!! Ich fürchte er ist wieder bei diesen Jötunn, diesem Loki!!"

„He! Erstens, ich verbitte es dass du Brynhild und Thor Bastarde nennst! Zweitens, Loki ist in Ordnung. Hast du nicht bemerkt wie glücklich unser Sohn ist seitdem er Loki als Spielkamerad hat?"

„Mir gefällt das nicht, dass du ihm mit unserem Feind spielen lässt und dass du deine Bastarde so verhätschelst, besonders diese Brynhild!!"

„Ich verhätschle sie nicht! Ich liebe sie einfach, wie ein Vater seine Kinder liebt."

„Besonders Brynhild, richtig?" Sie zischte ärgerlich. „Ich hätte vielleicht, aber auch nur vielleicht, Verständnis wenn du Thor favorisiert hättest, da er dein erstgeborener Sohn ist, aber Brynhild ist ein Mädchen und ein Raufbold!! Zu ihrem Glück, hat sie noch nie die Hand gegen Balder erhoben, sonst hätte ich die meine gegen Brynhild erhoben!"

Odin lachte nur erheitert.

„Sie ist genau wie ich als ich noch in ihrem Alter war. Das ist eines was ich an ihr liebe. Aber warum diskutieren wir wieder darüber. Ich liebe Balder doch genauso viel wie Brynhild und Brynhild liebt auch ihr Brüderchen, er wird einmal ein prächtiger Gott, geliebt und bewundert von allen."

„Mir macht es nur Sorgen, dass ihm was passieren könnte. Mir wäre es lieber dieser Loki spielt nicht mehr mit ihm. Überhaupt, warum lebt er hier in Asgard? Duldet man ihn etwa auch nicht in Jötunnheim?"

„Man duldet in schon in Jötunnheim, aber ich halte ihn hier. Als Geisel."

„Als…Geisel? So wie Freya, vom Stamm der Wanen?" Frigg blickte verwirrt drein.

„Ganz genau."

„Wieso denn das?"

„Aus demselben Grund wie bei Freya. Nun sag mir Frigg, meine Liebe.", sprach Odin im gewichtigen Ton. „Wie viele Angriffe gab es, seitens der Jötunn, seitdem Loki hier lebt?"

Frigg überlegte kurz. „Keine, soweit ich weiß…"

„Genau. Denn ich habe mit den Jötunn und besonders mit Lokis Vater Farbauti eine Vereinbarung. Ich behalte seinen Sohn bei hier uns, dafür greifen die Jötunn uns nicht an. Aber nur solange es Loki gut geht, gilt die Vereinbarung."

„Soll das heißen, er ist unser Gefangener und er weiß es noch nicht einmal?"

Odin gluckste zufrieden und sein Mund kräuselte sich unterm Bart zu einem Lächeln.

„Eine kindliche und unschuldige Freundschaft hält oft länger und besser als ein blutig erzwungener Frieden. Anders als bei Freya, müssen wir Loki nicht mit Gewalt hier festhalten. Er will freiwillig bei seinen Freunden bleiben.

Farbauti ist es schon sehr schwer gefallen seinen jüngsten Sohn herzugeben, auch wenn er schon zwei erwachsene Söhne hat. Loki erinnert ihm an sein geliebtes Weib Laufey, die allerdings bei Lokis Geburt gestorben ist."

„Davon hab ich gehört. Ich habe aber auch Gerüchte gehört dass Teile von Laufeys Familie aus Muspelheim stammen sollen."

„Wenn ich mir Lokis Macht über das Feuer ansehe, scheint es zu stimmen. Wie sonst soll ein Jötunn das Feuer beherrschen."

„Er ist also das Unterpfand des Friedens zwischen Asgard und Jötunnheim…", murmelte Frigg nachdenklich.

„Ja. Dank ihm muss unser Sohn nicht die Schrecken des Krieges erleben und hat einen treuen Spielkameraden. Ist es also so schlimm dass die beiden befreundet sind?"

Frigg antwortete nicht sofort. Ihr Blick schien besorgt und entrückt. „Ich fürchte aber…", begann sie leise. „Loki könnte Balder zu gefährlichen Situationen anstacheln…"

Odin seufzte, seine Hände ruhten jetzt auf den Schultern seiner Frau.

„Du hast doch die ganzen Schwüre von allem und jedem abgelegt, warum sorgst du dich dann? Unser Sohn ist ideal geschützt."

Frigg schauderte leicht. „Ich habe einen Fehler gemacht…", flüsterte sie.

„Was?"

„Als ich vor ein paar Tagen in Manheim einen Spaziergang machte, sah ich zwei kleine Menschenkinder. Es war da Sommer und sie spielten auf einer Wiese. Dabei entdeckten sie dass da eine Linde stand, mit einer Mistel, die Beeren trug. Sofort haben die Kinder den Baum erklommen und den Mistelzweig abgebrochen. Die Beeren haben sie verspeist, offenbar dachten sie, diese seien lecker, aber diese beiden Kinder schliefen zuerst ein und waren dann tot. Die Mistel war giftig für sie!"

„Und was hat das mit Balder zu tun?"

Frigg begann auf einmal hysterisch zu weinen.

„Wenn so ein harmlos aussehender Mistelzweig Menschen töten kann, dann… dann…"

„Frigg!!" Odin hielt sie fest, sein Auge war geweitet vor Angst. „Du hast von allen den Schwur abgenommen!!"

„Eben nicht!!", schluchzte sie. „Ich habe den Mistelzweig unterschätzt!!! Ich dachte er wäre harmlos und so habe ich keinen Schwur abgenommen! Jetzt aber wo ich das mit diesen Menschenkindern gesehen habe…"

„Hast du versucht den Schwur abzunehmen?"

„Ich habe es versucht!!! Doch jeder Zweig, den ich fand, schwieg und erhörte mich nicht!! Ich habe alles versucht, aber…!!!“

„Frigg!“ Odin hielt das Gesicht seiner Frau, kurzzeitig beruhigte sie sich. „Balder sollte, jetzt wo er noch jung ist, besser nichts davon wissen, um ihn nicht zu ängstigen. Wenn er alt genug ist um es zu verstehen werden wir es ihm sagen, bis dahin müssen wir ihm davon fernhalten und uns so verhalten als sein nichts gewesen." Er nahm Frigg in den Arm.

„Es wird ihm nichts passieren…", flüsterte er ihr ins Ohr. „Das verspreche ich dir…"

„Odin… Ich habe einfach Angst um mein Kind…"

„Jede gute Mutter sorgt sich um ihre Kinder, du bist nicht die einzige…"

„ODIN!! ODIN, HILFE!!!"

Das Götterpaar blickte sich um und sah wie der kleine Loki, völlig außer sich in die Gärten stolperte.

„Wo wir grade noch von ihm geredet haben…", murmelte Frigg.

Odin wandte sich dem herbei eilenden Loki zu. Dieser fiel vor Odins Füße, wo er schnaubend liegen blieb.

„Loki, hole erstmal Luft. Was ist denn überhaupt passiert?"

„Ba…Balder…", keuchte Loki. Jetzt erst bemerkte Odin dass Loki mehrere Schnittverletzungen im Gesicht und am Körper trug, als ob er mit Messern oder Pfeilen beschossen wurden war.

„Was ist mit Balder? Wo ist er?!!"

„Die Dienerin hat ihn in sein Zimmer gebracht, er ist vorhin zusammengebrochen."

„Zusammengebrochen?! Was ist passiert?!!!"

„Ich weiß es nicht genau! Ein wütender Mob war hinter mir her, die wollten mich umbringen! Balder hat sich schützend vor mich gestellt, als er plötzlich so seltsam zu leuchten begann. Ich weiß es auch nicht was es ist, aber auf einmal hatte er Lichtblitze und Funken gesprüht, die Bäume in der Umgebung wurden niedergemäht, der Mob wurde schwer verletzt, auch ich wurde verletzt!! Balder schien dabei als ob er nicht mitkriegen würde was geschah, er war völlig weg!! Als er wieder zu sich kam, waren das Leuchten und die Blitze vergangen. Er hatte nicht mitgekriegt was er da angerichtet hat…"

„Hast du ihm gesagt was er da gemacht hat?!", schrie Odin fast Loki an.

„Nein, Herr!! Ich hab nix gesagt!! Ich habe Balder wieder hierher gebracht, vorhin beim Tor ist er zusammengebrochen. Das muss ihm eine Menge Kraft gekostet haben…"

Mit Schrecken hatte Frigg zugehört.

„Sagst du auch die Wahrheit, Laufeysson?!!"

„Herrin, glaubt Ihr etwa, ich habe mir selber diese Wunden zugefügt?!"

„MEIN SOHN!!!" Frigg war dann auf und davon.

Sie rannte einfach nur noch drauf los, fast automatisch zu dem Zimmer ihres kleinen Sohnes. Fulla, ihre Dienerin kam ihr grad entgegen.

„Herrin… Euer Sohn…“ Frigg stieß einfach Fulla zur Seite und platze in Balders Zimmer rein. Der Kleine lag in seinem Bett und rührte sich nicht.

„BALDER!!!“ Fulla ergriff ihre Herrin am Arm.

„Herrin, er braucht Ruhe!!! Loki sagte er sei vorhin vor Erschöpfung zusammengebrochen.“

Odin und Loki waren gefolgt.

„Wie geht es ihm?“, fragte Odin Fulla.

„Er ist geschwächt und muss ruhen. Ich weiß nicht was genau passiert ist, aber er braucht Ruhe.“

Frigg starrte auf das bleiche Antlitz ihres Kindes, während Odin seinen Arm um sie legte und sie zum Gehen bewegte.

„Du hast Fulla gehört. Lass ihn schlafen.“

Auch Loki warf einen besorgten Blick zu seinen Freund, ignorierte den Schmerz seiner Wunden.

„Loki! Geh besser zum Heiler und lass dich behandeln!“, sprach Odin zu ihn.

„Ähm… es geht, ich komme klar!“

„Tue besser was ich dir sage!! Nachher möchte ich dass du zu mir kommst!“

Loki guckte verdutzt, bevor er gehorsam zum Heiler ging, der seine Wunden behandelte.
 

Als er dann später zu Odin in dessen Thronsaal ging, saß der Götterkönig mit besorgtem und nachdenklichem Blick auf seinem Thron, der aus der Wurzel eines Baumes geschnitzt war und auf der Sitzfläche Wolfsfell lag. Die Raben saßen krächzend über ihn und die Wölfe saßen rechts und links von ihm und blickten Loki erwartungsvoll an.

„Ihr wolltet was von mir?“ Loki ahnte dass es was sehr ernstes war.

„Balder weiß nichts, richtig?“, sagte dieser und blickte den kleinen Jötunn, fast drohend, an.

Loki schüttelte heftig den Kopf, dass seine drei hellen Zöpfe flogen.

„Nein!“

„Du hast ihm nichts gesagt?!“

„Nein!! Was denn?“

„Schwörst du, dass du kein weiteres Wort über diesen Vorfall verlierst!!?“

Loki kamen fast die Tränen vor Angst, Odins Stimme klang auf einmal wie ein wütend knurrender Wolf.

„W…W…Wieso? Was ist los mit Balder?“

„Ich habe da so eine Ahnung. Nur du und ich wissen es, nicht einmal meine Frau weiß davon! Schwörst du nun dass du kein Wort sagst!!?“

Er wusste nicht was er zuerst sagen sollte, so tief saß die Angst.

„Schwörst du!!!??“

„J…Ja!!“

„Schwöre es auf die Runen meines Speeres!“ Er hielt ihm den Schaft des Speeres entgegen. Loki flossen jetzt die Tränen über sein Gesicht.

„I…i…i…ich schwöre…“, schluchzte er und berührte mit seiner Hand den Speer. Die Runen rund um die berührte Stelle glühten leicht auf und erloschen dann wieder. Loki zitterte und schluchzte weiter. Was war es nur, was Odin geheim halten wollte, dass er ein kleines Kind so unter Druck setzte?

„Solltest du aber doch wagen, deinen Schwur zu brechen, werde ich es durch meinen Speer merken. Dann Gnaden dir die Nornen dass dein Schicksal nicht so düster wird, wie ich es dafür am liebsten ausführen würde! Hast du verstanden, Loki Laevatein?“

„J…ja, Herr…“

Der Gott der Zerstörung

…Er folgte einer Gestalt durch einen Wald. Er konnte sie nicht erkennen, nur dass sie rote Haare hatte oder etwas Rotes auf dem Kopf trug. Es war ein fremder Wald, nicht die gewohnten Wälder von Asgard. Die beiden erreichten eine Klippe, von da aus hatte man einen herrlichen Blick auf die untergehende Sonne, die das davor liegende Meer in flüssiges Gold verwandelte.

>Wo bin ich hier? Warum bin ich hier?<

Er drehte sich zu der Gestalt um, diese hatte etwas Spitzes und metallisch Glänzendes in der Hand. Ohne es zu wollen, wie ferngesteuert, griff er nach der Hand der Gestalt, die das spitze Ding hielt und richtete sie auf sein Herz, während die Gestalt mit entsetzten Augen von grauer Farbe ihn ansah.

„Loki!“ Es war die Stimme eines ihn unbekannten jungen Mannes, die von der Seite kam. Sie klang verzweifelt und außer Atem, als wäre die Person gerannt.

„Loki, warte!!“

„Halte ihn nicht auf, Thor!“, tönte es aus seinem Mund, aber es war nicht seine Stimme, die war auch von einem jungen Mann, etwas jünger und heller als die des anderen.

„Es ist alles okay, Thor…“ Die Stimme klang resigniert.

>Was?! Was sag ich da?! Was ist hier los?!<

Es verschwamm alles vor seinen Augen, er konnte nichts mehr erkennen und nur unverständliches Gemurmel hören.

Auf einmal dann wurde wieder alles klar, der rothaarigen Gestalt und einer anderen großen Gestalt mit grünen Haaren blickte er frontal entgegen. Die Gestalten starrten ihn erstarrt an.

„Balder, Nein!“

„Danke…“ Er lachte leicht. „Ich liebe euch…“

Er verlor urplötzlich rückwärts den Halt.

>Ich… falle!!!Hilfe!!!<

„BALDER!!!“

>Hilft mir!!! Ich falle!!!<

Er versuchte Halt zu kriegen doch sein Körper gehorchte seinem Willen nicht, gerade so als wollte er in die Tiefe stürzen. Mit einen lautem Platschen, tauchte er in die Fluten, knapp an den Felsen der Küste vorbei.

>Hilfe!!! Ich ertrinke!!! Mutter!! Vater!!<

Das Wasser drang ihn in die Lungen, er wollte den Mund schließen, aber er tat‘s nicht! Die Gestalten von grade eben auf der Klippe waren ihn ins Wasser gefolgt.

>Hilft mir…<

Er spürte schon ein krampfartiges Stechen unter seinem Zwerchfell, als eine Hand nach ihm griff. Dann aber wurde es weiß vor seinen Augen und eine bis dato ungeahnte Macht ergriff ihn und schleuderte die Wogen und die beiden Gestalten von sich weg…

Der kleine Balder schreckte aus dem Schlaf. Es war bereits dunkel, um sich herum.

„MUTTER!!! MUTTER!!!!!“

Er fing an bitterlich zu weinen, obwohl er in seinem warmen, weichen und sicherem Bett lag. Er hatte schreckliche Angst. Ein, zwei Herzschläge später kam seine Mutter herein.

„Balder! Mein kleiner Schatz, was hast du denn?“

Sie setzte sich zu ihm aufs Bett, er klammerte sich sofort an seine Mutter, während er weinte.

„Wein doch nicht… Ist doch gut, ich bin ja da… Was ist denn los?“

„Ich…ich habe was ganz schreckliches geträumt…“

„Was hast du denn geträumt?“

Er versuchte sich zu erinnern, doch der Traum begann sich langsam in Nichts aufzulösen, je mehr er versuchte die Szenen in seinem Geist zu wiederholen.

„Ich…ich weiß es nicht mehr…ich weiß nur…ich bin von ‘ner Klippe gefallen und im Meer ertrunken…“

„Du bist ertrunken?“

„Es war schrecklich! Als ob ich das wirklich erleben würde…“

Friggs Gewand war schon nass von den Tränen ihres Sohnes, sie streichelte tröstend sein Haupt.

„Es war nur ein Traum…“, flüsterte Frigg beruhigend und küsste ihr Kind auf die Stirn. „Es wird dir nichts passieren, das verspreche ich dir…“

„Was ist los?“ Loki, gekleidet in seinem Nachthemd und sich schläfrig die Augen reiben, trat ins Zimmer ein.

„Balder hatte einen Alptraum gehabt.“, antwortete Frigg, während Loki aufs Bett krabbelte.

„War es etwa so schlimm? Was war überhaupt?“

„Den meisten Teil habe ich vergessen. Ich weiß nur noch wie ich mit dem Rücken zuerst von einer Klippe ins Wasser gefallen bin. Ich… ich bin dabei ertrunken…“

„Wie kannst du den ertrinken? Du bist doch unverwundbar.“

Balder hörte auf zu schluchzen.

„Stimmt… Das ist unmöglich…“

„Siehst du…“ Frigg streichelte Balder nochmal zärtlich über den Kopf. „Dir kann nichts passieren… Versuche nochmal zu schlafen, morgen ist alles wieder gut.“

Frigg stand auf und wollte gehen, ebenso Loki.

„Mutter! Darf Loki den Rest der Nacht bei mir schlafen?“

Beide waren überrascht von seiner Bitte. Frigg seufzte nur.

„Von mir aus… Solange du nicht nochmal einen Alptraum bekommst.“

„Danke, Mutter…“, meinte Balder erleichtert, während Loki lächelnd wieder zu Balder ins Bett stieg und sich zu ihn unter die Decke kuschelt. Balder schmiegte sich an Loki und zog die Decke sich bis an die Ohren.

„Gute Nacht, ihr beiden…“, flüsterte Frigg, während sie leise die Tür hinter sich schloss.

„Gute Nacht, Mutter…“

„Nacht, Herrin…“

Loki fand lange keinen Schlaf, Balder dagegen war sehr schnell friedlich eingeschlummert. Loki ging viel durch den Kopf, der Vorfall heute Nachmittag mit dem wütenden Mob, den Schwur den er Odin schwören musste und dann auch noch Balders Alptraum. Was ging hier vor? Und was hat das mit seinem besten Freund zu tun?

Auch ein anderer fand keinen Schlaf. Frigg erzählte ihrem Mann der durch ihre Aufregung aufgewacht ist, was passiert war. Odin grübelte den Rest der Nacht vor sich hin. Er, der König der nordischen Götter und Gott der Magie, Weisheit und des Schicksals, hatte so etwas noch nie erlebt. Er hatte eine furchtbare Ahnung, insgeheim hoffte er sich zu irren.
 

Als der Morgen kam, ritt Odin auf seinem Ross nach Niflheim, an die Grenze zum Totenreich. Es war ein kalter, dunkler und unwirtlicher Ort, der Nebel waberte hüfthoch über dem Boden. An einer Quelle, am Fuß eines mächtigen Baumstammes saßen drei weibliche Gestalten. Eine Greisin, eine erwachsene Frau und ein junges Mädchen. Es waren die Nornen, die Schicksalsgöttinnen. Jede stand für jeweils die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und jede weiß dem entsprechend alles über ihre jeweilige Epoche. Zwischen ihren Fingern waren ein Faden an dem alle drei spinnen, wobei das Mädchen die Wolle dafür zupfte, die Frau sie drehte und verzwirnte und die Greisin den fertigen Faden hielt und führte. Alle drei schienen dabei in tiefer Trance und bemerkten den Besucher nicht, der sich näherte.

„Nornen!“ Odin trat auf sie zu. „Ich komme zu euch mit einer großen Sorge.“

„Wir wissen was Euch betrübt, Alfödir.“, antwortete die Greisin, genannt Urd, die Norne der Vergangenheit. Ihre Augen waren dabei auf den Faden fixiert.

„Wir können aber Euch nicht helfen. Es scheint Ihr seid umsonst gekommen.“, antwortete die Frau mit Namen, Verdandi, die Norne der Gegenwart, die ebenso sich auf ihre Arbeit konzentrierte.

„Doch, ihr könnt mir Antworten geben!! Was hat das alles zu bedeuten?!“

„Bevor Euer zweiter Sohn geboren war, hattet Ihr eine Vision. Erinnert Ihr Euch?“, antwortete Urd.

Odin entsinnt sich zurück. Vor langer Zeit, Balder war noch nicht geboren, hatte er eines Tages eine furchtbare Vision gehabt. Er als Gott der Magie hatte die Gabe in die Zukunft zu sehen, wobei er aber sich nicht nur auf seine eigenen Visionen verließ, sondern auch die Visionen anderer ebenso dazu fähiger Personen zur Rate zog. Damals hatte er eine Vision vom Ragnarök, dem Weltuntergang, gehabt wobei er aber eine Lichtsäule aus einem Meer herausragen sah, die den Himmel in Brand steckte.

„Ja, ich erinnere mich.“

„Und zur Geburt Eures Sohnes hatte Skuld verkündet, dass der Gott der Zerstörung recht bald seine Kräfte entfalten wird. Hat sie nicht auch gesagt dass Euer Sohn recht früh sterben wird und hat eure Gemahlin nicht alles getan um das zu verhindern?“

Skuld, die mädchenhafte Norne der Zukunft, schwieg, während sie die Wolle zupfte.

„Was hat Balder mit alle dem zu tun?! Sagt es mir!! Und warum soll er früh sterben?!!“

„Wir können Euch nicht offenbaren was es heißt.“, meinte Verdandi. „Was die Gegenwart bringt hängt von Euren Entscheidungen ab.“

Odin war frustriert und wandte sich ab.

„Die Zukunft ist unbeständig.“, meldete sich auf einmal Skuld mit zarter Stimme ohne ihn anzusehen. „Nimmt dies als ein Schimmer der Hoffnung…“

Odin blickte verwirrt drein und ging schweigend. Die Nornen waren die einzigen Geschöpfe im Geäste des Weltenbaumes Yggdrasil die seine Bitten und Befehle ablehnen konnten. Zerknirscht wollte er zurück nach Asgard kehren. Doch kaum saß er im Sattel seines Pferdes, fiel ihm ein, wer ihm noch Antworten liefern konnte. Heftig am Zügel ziehend, gab er dem Pferd die Sporen und Ritt ins Totenreich, dafür musste er den Grenzfluss Gjöll überwinden indem er über die Brücke Gjallarbrú ritt. Im Totenreich gab es ebenso kein Licht wie in Niflheim aber es war viel kälter und unheimlicher, die Gegend war eine zerklüftete Felsenlandschaft. Zitternd zog sich Odin seinen Umhang enger um sich. Sein Pferd tänzelte nervös rum, Odin musste absteigen um es zu beruhigen. Man sagt, die Unterwelt oder gar ihre Bewohner seien verflucht und bringen Unglück. Nur wer hier der Herr ist das weiß niemand, wenn dieses Reich überhaupt beherrscht wurde.

Er erreichte eine niedrige Höhle, zwischen zwei scharfkantigen Felsen lag, hingerafft eine uralte Frau, sie war tot und ausgemergelt mit schwarzen zerrissenen Lumpen und nur ein paar silbernen Strähnen auf dem Kopf. Odin hatte gefunden wen er suchte. Er stampfte dreimal mit den Speer auf, die Runen darauf begannen weiß zu glühen und er erhob seine Stimme zu einem beschwörerischen Gesang.

„Aus langem Schlaf weck’ ich dich Schlummernde wach.

Ich rufe dich auf: Herauf! Herauf!

Aus nebliger Gruft, aus nächtigem Grunde herauf!

Herauf! Herauf! Erwache, lebe, höre meine Worte, Völva aus alter Zeit.“

Dreimal sang er mit Trance, während sein Auge leuchtet, dabei stapfte er mit dem Speer, wobei bei jeden Stampfer weiße Energiewellen kreisförmig vom Speer ausgingen. Die Wellen trafen die Tote, durchzuckten sie wie ein Herzschlag und sie erhob sich, langsam wie an Fäden gezogen, mit dem Kopf immer noch herabhängend. Als Odin mit seinem Lied endete, erhob sie ruckartig den Kopf. Ihr Gesicht war runzlig und bleich wie Stein, ihre wenigen noch verbliebenen Zähne waren schwarz, ebenso ihre Augen die blind aus den eingefallenen Höhlen blickten. Rasselnd und schwer atmete sie zum ersten Mal seit Ewigkeiten.

„Wer… wer wagt es hier her zu kommen und mich aus meiner ewigen Ruhe zu reißen?!“ Die Stimme war schrill und erinnerte an Fingernägel die über eine Schieferplatte kratzten, obwohl Odin ihr Auftreten und ihre Stimme leicht grauste, blieb er standhaft.

„Das kümmert dich nicht! Ich will ein paar Antworten! Sprich und ich werde dich wieder in Frieden lassen.“

„So? Und warum sollte ich es Euch sagen?!“

„Zu deinen Lebzeiten hattest du viel prophezeit was sich auch erfüllte. Odins Sohn Balder hat zuerst eine Art Anfall, wo er mit großer Kraft Zerstörung und Tod brachte, dann träumt er vom seinem eigenen Tod. Sprich, Weib! Was hat das zu bedeuten?!“

Die alte Völva hatte zu gehört, dann aber lachte sie hell.

„Sieht Ihr denn nicht?! Ein schweres Los trägt unser Allvater. Es wurde prophezeit dass der Gott der Zerstörung geboren würde. Balder Hringhorni Odinson ist es!!“

Odin blieb das Herz stehen. Seine Befürchtung hatte sich bewahrheitet, seine Vision, Skulds Vorhersage, all das hatte daraufhin gedeutet und jetzt entwickelt sein Sohn seine zerstörerischen Kräfte.

„Genötigt sprach ich, nun will ich schweigen.“

„Nein! Warte! Ich will noch was wissen! Wie kann das passieren, wie wird er den Ragnarök auslösen?!“

„He he he… Männer und Jungen können sehr hitzköpfig sein! Besser er lernt seine Gefühle zu kontrollieren oder die Welt geht recht bald unter.“ Odin erinnerte sich wie Loki erzählt hatte, dass Balder ihn beschützen wollte und er diesen Anfall hatte. Er war wohl dabei sehr wütend gewesen.

„Wie…kann man es verhindern?“, fragte Odin leise, obwohl er wusste dass es nicht möglich war.

„Balder muss sterben oder wir alle sterben. Mir würde es nichts ausmachen, da ich ja bereits tot bin.“

„Ihn…ihn töten? Gibt es keinen anderen Weg?!“

„Das ist zumindest der einfachste Weg.“ Wieder lachte sie, dass einem das Blut in den Adern gefror.

„Ihr stellt aber viele Fragen zu den Jungen, hab ich Recht? Odin Hringhorni Alfödir?“

Odin erschrak, die Alte hatte ihn trotz ihrer Blindheit erkannt.

„Wie konntest du…?!“

„Nur ein besorgter Vater redet so wie Ihr. Ihr seid doch auch fähig in die Zukunft zu sehen oder wolltet Ihr nicht die Wahrheit begreifen?!“ Wieder lachte sie so dass es in den Höhlenwänden widerhallte. Fast wäre Odin umgekehrt und davon gelaufen.

„Großer Götterkönig, als Rache dafür dass Ihr meinen Seelenfrieden gestört hab, weissage ich Euch, ein Kind dass Ihr besonders liebt werdet Ihr in naher Zukunft verlieren, wenn sich nichts ändert sogar noch eins!!! Die Person die Euren Sohn am meisten liebt, stößt ihm das erlösende Schwert ins Herz und wird die Welt erretten!“

„Schweig Weib!!!“, schnaufte Odin und umklammerte fest den Schaft seines Speeres.

„Jetzt wo Ihr die Wahrheit hört, wollt Ihr sie nicht anerkennen. Neue Zeiten werden anbrechen! Die Verbindung zwischen Menschen und Götter ist schwach und wir alle zahlen den Preis dafür!!!“

„Ich sagte SCHWEIG!!!!!“ Dabei rammte Odin mit voller Kraft den Speer in den Boden, eine Schockwelle löste sich, traf die Völva, die dadurch zu Staub zerfällt. Er zitterte und begann leise Tränen aus seinem vorhandenen Auge fließen zu lassen. Die Völva hatte eigentlich Recht, er hatte es vorher gesehen und er wollte es nicht wahr haben. Die Person die Balder am meisten liebt, wird ihn töten. Nur wer, er oder seine Frau? Odin war völlig schockiert von dieser Weissagung.

Als Odin wieder das Totenreich verlassen hatte, musste er erst ein Bad in einem Fluss nehmen um auf andere Gedanken zu kommen, nur leider erfolglos. Wie sollte er das seiner Frau erklären, wie, noch wichtiger, seinem Sohn? Es betraf ja alle. Seine Kinder musste er vor ihrem Bruder schützen. Thor konnte er ohnehin nicht von Balder loskriegen und es ihm verbieten kam ihn nicht in den Sinn. Balder durfte sich auf keinen Fall aufregen oder alles ist aus.

Brynhild hatte oft genug ihre Eltern und ihre Brüder aufgeregt, weil sie sich dauernd mit Loki stritt. Odin fasste schweren Herzens den Entschluss, Brynhild, um wenigstens einen Streithahn und somit Aufregung für Balder aus dem Weg zu haben, ihren sehnlichsten Wunsch zu erfüllen.
 

Einige Tage später, ganz früh am Morgen bevor der Himmel sich rot färbte, war die kleine Brynhild mit Odin unterwegs zu dem Fort der Walküren. Sie hatte ihre wollene Decke und ihr Fell, worauf sie schlief, zu einer Rolle gerollt und zusammen geschnürt. Aus dem halboffenen Holztor trat den beiden eine hellblonde, kräftige Frau mittleren Alters und sehr kurzen Haaren entgegen.

„Seid gegrüßt Herr! Ihr bringt mir meine neue Schildmaid?“

„Ja, Sigrun, das ist meine Tochter Brynhild Mengingjard.“

„Freut mich dich kennen zu lernen, Odinsdóttir.“, meinte die angesehene Anführerin der Walküren und kniete sich freundlich lächelnd zu der Kleinen runter.

„Ich mich auch!! Werde ich jetzt endlich Walküre, Papa?!“

„Ja, das wirst du, Kleines. Ihr achtet auf sie?“

„Ja, das werde ich. Aber verlangt nicht von mir, dass ich sie anders als die anderen behandle!!“

„Das verlange ich nicht! Ich will dass sie fleißig ist und gut lernt.“

„Das wird sie. So, Brynhild, sag dem Papa auf Wiedersehen.“

„Auf Wiedersehen, Papa!! Ich werde auch ganz brav sein!“

„Natürlich.“ Odin küsste Brynhild liebevoll auf die Wange, er und Sigrun verbeugten sich noch voreinander und er wandte sich dann ab.

„Man!! Ich werde endlich Walküre!!! Wenn ich das Mama und Thor erzähle!!“

„Das wirst du nicht!“, meinte Sigrun und ging wieder zum Tor des Forts, das aus Holzpalisaden erbaut war.

„Was?!“ Brynhild tapste fix hinter Sigrun her und durchschritt das Tor.

„Aber meine Mama wird auf mich warten und wenn ich nicht heim komme…“

„Das ist jetzt für die nächste Zeit dein Zuhause.“ Sigrun schloss das Tor und verriegelte es mit einem Holzriegel.

„Aber… darf ich wenigstens ab und zu raus, mit meinen Brüdern spielen?“

„Auf gar keinen Fall! Der Kontakt zu deiner Familie und erst Recht zu Jungen ist dir erstmal untersagt!“

Dabei blickte sie Brynhild streng an, diese fängt dann an zu weinen.

„Aber… ich habe doch Thor und Balder so lieb!!!“

Sigrun kniete sich wieder zu den weinenden Kind runter um es zu trösten.

„Ich weiß, ich weiß… Aber so lauten unsere Regeln. Hier ist dein Zuhause und keine Spiele mit Jungs. Ich weiß es ist hart, aber das gehört zur Ausbildung einer Walküre dazu. Und du willst doch so gerne Walküre werden, oder?“

„Auf jeden Fall!!“, schniefte Brynhild trotzig und wischte sich mit dem Ärmel ihrer Kleidung ab. Die beiden machten sich auf den Weg zu Sigruns Hütte die im Zentrum des Forts lag.

„Dann werden wir damit anfangen, aber keine Sorge dein Papa darf dich ab und zu besuchen, er ist der einzigste Mann der zu uns darf.“

„Darf Thor mit ihm kommen?“

„Nein. Aber wenn du fertig ausgebildet bist, darfst du zurück zu deiner Familie.“

„Auch zu Thor und Balder?“

„Natürlich, die beiden dürfen dann stolz sein, eine Walküre als Schwester zu haben. Vielleicht eines Tages kämpfst du an der Seite von Thor gegen das Böse.“

„Au Ja!!!“ Brynhild war schon wieder ganz heiter.

„Wann werden wir mit Waffen kämpfen?! Ich bin ganz stark und kann schon reiten!!“

Sigrun gluckste amüsiert.

„Du bist wohl eher an der Waffenkunde interessiert als an der Versorgung der Toten.“

„Versorgung? Ich dachte die Walküren kämpfen gegen Dämonen, die Seelen fressen und bringen tote Krieger nach Walhalla?“

„Tja, wir Walküren versorgen auch die Toten die zu uns kommen, manchmal kommen aber auch tapfere Menschen-Frauen dazu, die wir, wenn sie einverstanden sind, ebenfalls zu Walküren ausbilden.“

„Auch Menschen werden zu Walküren?“

„Ja, nicht viele, aber es sind welche dabei. Wir können jede Hand gebrauchen, es gibt immer mehr und mehr Kriege in der Menschenwelt. Offenbar sind die Menschen eher an sich selber interessiert als an uns Götter. Also… Welche Waffe willst du führen?“

„Am liebsten Schwert, Speer… ähmmm…“ Brynhild schwieg verlegen. Sie wusste nicht welche Waffe sie eigentlich wollte. Doch Sigrun lachte erheitert.

„Das werden wir noch rausfinden mit welcher Waffe du am besten umgehen kannst. Ich sehe schon du wirst eine großartige Walküre.“ Sie streichelte ihr über den Kopf und Brynhild lachte fröhlich.
 

„Habt ihr Brynhild gesehen?“ Thor war grade zu seinen Freunden gekommen, die eine Spiel-Hütte aus Ästen und Zweigen bauen wollten. Beide guckten ihn überrascht an.

„Wieso? Ist sie nicht bei dir?“

„Oder macht unsere Prinzessin irgendwelchen Mädchen-Kram?“

„Nein, ich habe sie den ganzen Tag nicht gesehen, da dachte ich sie ist bei euch.“

Beide schüttelten den Kopf.

„Nö! Kein Stück war von ihr zu sehen. Hab mich irgendwie gewundert, dass sie überhaupt nicht da ist.“

„Frag doch Vater wo sie ist, aber er ist heute irgendwie so seltsam traurig.“

„Ich versuch‘s mal…“

Thor wandte sich um und ging zum Tor der Festung Walhallas. Er fragte die Wachen nach dem Verbleib seines Vaters, diese führten ihn in die Gärten. Dort saß Odin auf einem großen Stein und kraulte gedankenverloren einem seiner Wölfe hinterm Ohr.

„Vater! Ich suche Brynhild! Weißt du wo sie ist?“

„Du brauchst nicht nach deiner Schwester zu fragen, Thor…“

Verwirrt starrte er ihn an.

„Was?!“

„Sie ist bei den Walküren. Bis sie ihre Ausbildung beendet hat, wirst du sie nicht mehr sehen…“

Thor wollte seinen Ohren nicht glauben.

„Bei…Bei den Walküren? Aber warum darf ich nicht dahin?! Ich möchte sie sehen! Sie ist doch meine Schwester!!!“

„Ich weiß. Aber den meisten Männern ist der Zutritt zu den Walküren untersagt. Nur ich darf, wenn auch nur kurz, zu ihnen… Thor, auch wenn du mein Sohn bist, darfst du nicht dahin.“ Odin war auf gestanden und zu seinem Sohn getreten.

„Es tut mir Leid, Thor. Hoffentlich kann die Erziehung der Walküren Brynhilds Starrsinn brechen, damit sie vernünftig wird.“ Odin konnte Thor nicht die wahren Gründe nennen, weshalb er Brynhild wirklich dahin geschickt hat. Thors Augen füllten sich mit Tränen. Deshalb war ihr Bett heute Morgen leer gewesen als er aufgewacht war. Sein Vater hatte sie in aller Frühe geholt und weggebracht.

„Sei stark, es ist ja nicht für immer…“ Er nahm Thor in den Arm, wie er das normalerweise meistens mit Brynhild macht. Nicht mal Balder genoss solch eine ähnliche Umarmung von seinem Vater.

„Wie…wie lange wird das dauern? Wann darf ich Brynhild wieder haben?“

„Mindestens bis ihr beide erwachsen seid. Dann darfst du sie wiedersehen, mein Sohn…“

Thor merkte dass sein Vater weinte. Er erwiderte seine Umarmung, ihm war das nicht leicht gefallen Brynhild herzugeben und brauchte ihn jetzt.

„Okay, Vater… Ich werde warten… und ich werde stark sein…“

Am Abend merkte Thor dass seine Mutter bereits alles wusste und sie keinen Bissen vom Abendessen anrührte. Auch Thor hatte keinen Appetit und ging traurig ins Bett. Brynhilds Bett, das in derselben Kammer stand, war immer noch so wie sie es am Morgen hinterlassen hatte. Ein klein wenig hatte er gehofft, sie hätte sich unter der Decke versteckt und würde jeden Augenblick fauchend rausspringen und ihn im Spiel anfallen. Bei diesem Gedanken musste er herzzerreißend weinen bevor er in einen traumlosen Schlaf verfiel. „Ich hab dich lieb, großer Bruder…" das wird er für eine Ewigkeit nicht mehr hören…

Die Walküre

Viele Jahre sind vergangen. Die Zeit des Lernens und des Wachsens hatte die jungen Götter erreicht. Thor, Balder und Loki wuchsen heran und machten Fortschritte mit ihren Kräften, so dass sie recht bald große Macht über jeweils Donner, Licht und Feuer besaßen. Thor hörte eher wenig in der ganzen Zeit von seiner Schwester, auch wenn er immer wenn sein Vater von den Walküren zurückkam, ihn befragte.

Doch dann, kam der Tag den Thor so sehnlich erwartet hatte. Der Tag an dem Brynhild zur vollwertigen Walküre ernannt werden sollte und so ihre Ausbildung beendet war. Doch dieser Tag war noch in anderer Weise besonders, er würde zum Krieger seines Vaters ernannt werden, dafür hatte er auch die Krieger-Ausbildung absolviert. An dem Tag sollte er auch seine Waffe kriegen. Balder sollte zum Nachfolger auf den Thron Asgards ernannt und Odin würde endlich sein Versprechen gegenüber Thor und Brynhild einlösen und sie in Walhalla aufnehmen. Alle freuten sich riesig drauf, es würde ein großer Festtag werden und Vorbereitungen wurden dafür getroffen. Als der große Tag endlich da war, warteten die drei unter dem Baum, wo sie immer als Kinder gespielt haben. Dort hatte sich Brynhild über einen Boten mit ihnen verabredet. Doch lange mussten die drei warten. Schon saßen sie unter dem Baum und wurden immer ungeduldiger.

„Wo bleibt unsere Prinzessin? Oder pennt sie noch?“, fragte Loki nachdem er herzhaft gegähnt hat.

„Quatsch! Das ist nicht Brynhilds Art, sich ohne Grund zu verspäten.“, widersprach Thor, seine Nerven lagen blank, so lange hatte er seine Schwester nicht gesehen.

„Bestimmt hat sie irgendwas Wichtiges zu erledigen. Walküren sind sehr gefragte Frauen.“, meinte Balder und versuchte die beiden zu beruhigen.

„Wie auch immer, ich habe Hunger. Ich geh jetzt.“ Er stand auf und reckte sich ächzend.

„Loki, bleib hier!!“

„Die Feier fängt eh gleich an und ich habe einen Mords…Au!!!“ Ein Stein traf ihm am Hinterkopf als er grade gehen wollte.

„Wer…?!“

„Jetzt sind wir uns quitt, Jötunn-Gezücht!“

Die drei wandten den Blick zu dem Ursprung der Stimme. Eine junge Frau trat auf die Lichtung, ihr Gesicht war durch ihren Helm mit Nasenschild schwer auszumachen. Leicht kichernd nahm sie ihren Helm ab und schüttelte ihr dunkelbraunes langes Haar, das zu einem Pferdeschwanz gebunden war. Die Jungs starrten sie zuerst ungläubig an.

„Hallo Thor…“, sagte sie mit Freudentränen in den Augen.

„Brynhild!!!“ Freudestrahlend fielen sich die beiden Geschwister um den Hals, lachten vor Freude, drückten sich fest und Thor zerrubbelte ihr die Haare, nur dass Brynhild anders als damals es zulässt.

„Du hast mir so gefehlt!“

„Und du mir erst!! Ich habe dich fast gar nicht wieder erkannt!“

„Ich dich aber! Ich würde doch immer meinen großen Bruder wiedererkennen!“

Die beiden ließen einander los und beguckten sich von oben bis unten. Brynhild sah man an den Beinen und den Armen dass sie meisterhaft reiten und mit dem Speer umgehen kann.

„Du hast dich tätowieren lassen?! Wie cool das aussieht!!! Die Mädels müssen verrückt nach dir sein!!“

„Na, lass mal! Die Richtige war bisher nicht dabei.“

„Hallo Brynhild. Schön dich wieder zu sehen.“

„Bist du das, Balder?“

Er lachte: „Wer denn sonst?“

„Ach komm!!! Lass dich drücken, Brüderchen!!!“ Und Brynhild ließ ihren Worten Taten folgen. Obwohl sie jetzt etwas kleiner war als Balder drückte sie ganz, ganz fest.

„He, nicht so fest!!“, lachte Thor und zog sie von ihm weg. „Du zerdrückst ihn noch!“

„Wie denn?“, scherzte sie und knuffte Thor. Die Geschwister lachten erst herzlich bis Loki beeindruckt pfiff, als er sie genauer betrachtete.

„Aber hallo, Prinzessin!! Bist zu einer richtigen Schönheit erblüht.“

„Äh… ja Loki, ich freue mich auch dich zu sehen.“ Sie beließ es bei ihm einem Händedruck, der trotzdem kräftig genug war um Loki zusammen zucken zu lassen.

„Autsch! Bei den Gebeinen Ymirs! Auch ganz schön stark…“ Er schüttelte seine zerdrückte Hand. Brynhild blieb ungerührt.

„Ganz ehrlich, wenn ich nicht wüsste, dass du es bist und du keine Walküre wärst, ich hätte dich zu einen Met eingeladen.“

„Selbst wenn, ich hätte abgelehnt. Ich aber bin Walküre und somit tabu für Männer!“

„Ja jaja, wissen wir alle inzwischen.“

„Und bist du bereit, Brynhild?“, fragte Thor aufgeregt.

„Oh ja, auf jeden Fall!!“

„Also, ich und Loki gehen schon mal vor! Bis nachher, ihr beiden!“, rief Balder, Thor und Brynhild noch zu, während er Loki hinterher zu Walhallas Festung eilte. Die beiden winkten noch nach, bevor eine Weile des Schweigens herrscht. Nochmal sahen sich die beiden an.

„Wahnsinn!!! Jetzt ist es soweit!“

„Ja, unser Kindheitswunsch geht in Erfüllung! Wir beide kommen endlich nach Walhalla, zu Vater und Balder!“

„Ja, endlich! Jetzt sind wir beide Krieger und können Vater dienen! Ich kann es immer noch nicht glauben!!“

In Brynhilds Augen glitzerten wieder Tränen der Freude.

„Sag mal.“, begann Thor, als die beiden auch in Richtung der Festung aufbrachen. „Ich habe Gerüchte gehört, dass du Sigruns…“

„Ja, das ist wahr! Ich bin von Sigruns Schildmaid zu ihrer Adjutantin aufgestiegen!! Ich bin ihre rechte Hand!!!“

„Du bist jetzt gleich quasi die Anführerin der Walküren.“

„Ja!!! Ist das nicht toll!!!“

„Ja das ist es!!!“

Der Thronsaal war festlich geschmückt und lange Bänke standen da, und ächzten unter der Last der darauf servierten Speisen und Getränke. Vorn bei seinem Thron stand Odin, jeweils rechts und links mit je einem Wolf und Raben, standen Frigg und Jörd und blickten in die Runde. Odin hatte grade Balder zu seinem Nachfolger auf den Thron Asgards ernannt, auf dass er später mit Güte über die neun Welten und Yggdrasils Stamm herrschen sollte. Dann rief er Thor und Brynhild zu sich. Beide traten vor seinen Thron im schreitenden Gang, die Leute jubelten ihnen ebenso begeistert zu wie vorhin bei Balder. Odin lächelte zufrieden, als die beiden vor ihn nieder knieten. Auch Balder und Loki die jetzt neben Frigg standen konnten ihre heitere Miene nicht verbergen.

„Meine Kinder!“, erhob Odin seine Stimme und der Saal verstummte abrupt. „Ihr habt eure Ausbildung beendet und euch als würdige Krieger erwiesen, würdig Asgard vor allem Übel zu schützen. Mein Sohn…“, sprach er weiter an Thor gewandt.

„…Dir ist, seit deiner Geburt, die Macht über Blitz und Donner gegeben. Vor langer Zeit sagte ich dir, dass du mein Krieger sein wirst, später wirst du der deines Bruders. Und hier ist deine Waffe…“

Odin machte eine Handbewegung und zwei Männer schleppten ächzend einen großen, schweren Kriegshammer herbei. Thor starrte diesen erst überrascht an. Mit dem schweren Teil, soll er Asgard verteidigen? Bevor er was sagen konnte, kamen zwei weitere Diener herbei, der eine hatte metallene Armschienen bei sich, die man wie Handschuhe überstreifen konnte, der andere einen Gürtel aus eiserneren Kettengliedern.

„Mit diesen Armschienen und diesem Gürtel wirst du in der Lage sein, den Hammer zu beherrschen. Mjöllnir, der Zermalmer, wird nur deinem Griff gehorchen und immer zu dir zurückkehren, wenn du ihn wirfst. Mit diesem Hammer wirst du deine Kräfte verstärken.“ Während Odin sprach legten die Diener Thor die Armschienen und Gürtel an. Mit einer Geste fordert Odin Thor auf den Hammer aufzunehmen. Er ergriff den Stiel des Hammers. Kaum hatte er die Finger darum geschlossen, spürte er wie Energie durch seine Adern im Arm auf den Hammer überging und Funken kamen aus dem runden Hammerkopf. Mit Staunen hob Thor, ohne große Anstrengung, den Hammer Mjöllnir hoch. Ein ehrfürchtiges Raunen ging durch den Saal. Probehalber schwang Thor den Hammer gen Saaldecke und ein baumdicker Blitz schoss daraus in die Höhe und der Donner ließ die Festung erzittern. Ängstliche Schreie aber auch Jubel war zu hören, bis es in Applaus umschlug.

„Wie ich sehe, funktioniert alles bestens.“, meinte Odin stolz und der Saal verstummte wieder.

„Meine Tochter…“, sprach er weiter an Brynhild gewandt. Sie richtete den Blick von ihrem großen Bruder wieder auf ihren Vater.

„Als Walküre hast du nun die Pflicht die gefallenen Sterblichen vom Schlachtfeld nach Walhalla zu bringen und vor hungrigen Dämonen zu schützen, um uns in der letzten Schlacht am Ende aller Zeiten uns zu unterstützen. Dieser Gürtel…“ Auf Odins Wink brachte eine junge Dienerin auf einem Kissen einen Gürtel aus feinen Leder und Bronze. Brynhild nahm den entgegen.

„…soll als Zeichen deines Ranges, einer Kriegerin, dienen.“ Er streichelte ihr über den Kopf und lächelte.

„Danke Vater! Äh… ich meinte Herr!“, antwortete Brynhild während sie den Gürtel umlegte.

Odin lacht erheitert auf und an die Gäste gewandt sprach er laut: „Nun, da wir das Zeremonielle hinter uns haben, lasst uns mit dem Feiern beginnen. Lasst es euch wohl gehen!“

Und der Saal jubelte, bevor sich die Gäste auf Speis und Trank stürzte. Jörd umarmte noch überglücklich im Hintergrund ihre beiden Kinder bevor auch sie sich der Feiergesellschaft anschloss. Außer essen und trinken wurde auch noch gescherzt, gelacht, gesungen und auch getanzt, wobei sich das eine oder andere junge Mädchen sich fast prügelte um einmal mit Balder tanzen zu können. Aber auch Thor und Loki wurden nicht von der Damenwelt verschmäht, nur Brynhild tanzte mit niemanden, stattdessen gab es Armdrücken und Trinkspiele mit einigen jungen Männern, die sie öfter als erwartet gewann. Loki ließ es sich nicht nehmen ab und zu ein paar bunte Flammen oder gar ein ganzes Nordlicht im Saal zu beschwören, was die Gäste entzückte. Die Feier ging bis früh in den Morgen, wo dann aber auch der letzte Zecher aufgab und in seine Kammer ging. Thor und Brynhild wankten auch langsam zu ihren Kammern, der Met war zu stark als dass sie hätten weiter trinken können.

„Tolle Feier, was Bruder?“, lallte Brynhild.

„Ja… ich bin fertig… genau wie ganzen Jungs, die sich mit dir angelegt haben…“, meinte Thor mit schwerer Zunge.

„Hast du gesehen, wie Balder den ganzen Ochsen allein gegessen hat?! Nicht ein Fitzelchen Fleisch hat er übrig gelassen!!“ Dabei brach sie in Kichern aus. Thor stütze sich am Rahmen seiner Tür zu seiner Kammer ab.

„Ja… genauso auch wie Loki die Mädels beim Tanzen begrabscht hat…“ Er öffnete die Tür und wollte sich schon in sein Bett legen.

„Dann, wünsch ich dir noch gute Nacht, Bruderherz!“, sagte Brynhild laut, gab Thor einen Klaps auf den Rücken und dieser fiel dadurch kerzengrade in sein Bett, wobei er sofort eingeschlafen war. Sie begab sich auch in ihre Kammer und warf sich auch ins Kissen ohne einen Gedanken ans Ausziehen zu verschwenden. Auch sie war sofort eingeschlafen. Wie schön war es doch mit der Familie eine tolle Zeit zu verbringen.
 

Doch als der Winter kam musste Brynhild mit den anderen Walküren losziehen, denn eine große Schlacht stand in der Menschenwelt an. Thor war nicht darüber begeistert wieder seine Schwester hergeben zu müssen, aber umso mehr freute er sich auf den Frühling wo sie wieder heimkehren würde. Ab und zu schrieb sie ihrer Familie Briefe, dass es ihr gut ging und so. Thor vertraute sie aber in einem Brief an: „…Ich habe wieder davon geträumt, wie Loki Balder töten wird. Wieder auch von dieser Lichtsäule, dieses Mal habe ich einige Personen sehen können, aber nicht erkannt. Es war aber auch ein blonder Typ mit einem Mädchen da gewesen, die auf einem fliegenden Pferd in die Säule reinflogen. Das ganze macht mir Angst. Pass bitte auf unseren Bruder auf! ...“

Thor hatte beim Lesen dieses Briefes den Kopf geschüttelt. Er fand, Brynhild schenke solchen Träumen zu viel Aufmerksamkeit und ignorierte es. Nur auf Balder auf zu passen nahm er natürlich ernst, vertraut aber immer noch Loki voll und ganz. Der Frühling kam dann endlich, nur wann die Walküren aus der Schlacht zurückkehren würden war nicht bekannt. Also erwartete Thor mit jeden Tag die Ankunft seiner Schwester. Aber eines Tages, als er mit Loki und Balder wieder im Wald etwas abhing, wobei Loki immer wieder mit neuen Flammentricks prahlte, ertönte ein heller aber gedämpfter Schrei und jemand kam herbeigerannt.

„THOR!!! BALDER!!! BRÜDER, HILFT MIR!!!“

Es war Brynhild, die völlig panisch herbei gerannt kam, in voller Rüstung mit Speer und Schild, und dem Helm auf dem Kopf, den sie allerdings im Rennen verlor. Fast rannte sie Thor um, der musste sie festhalten sonst wäre sie einfach an ihm vorbei weiter gerannt.

„He! Was ist denn los?“

„Wovor hast du solche Angst?“

„Oder hat dich etwas angeknurrt, Prinzessin?! Ha! Ha!“

„Vater! Er…“

„BRYNHILD!!!!“, eine strenge Stimme tönte laut durch die Bäume. Keiner fragte sich wem sie gehörte. Brynhild quiekte ängstlich und verbarg sich im Dickicht. Wie auf Kommando stellten sich die Jungs vor die grade entstandene Lücke im Dickicht, um sie zu verbergen. Odin trat wenige Augenblicke später auf die Lichtung zusammen mit seinen jaulenden Wölfen, sein Auge glühte zornig und zuckte prüfend über die Szenerie.

„Wo ist sie?!“, knurrte er die Jungs an, während die Wölfe schnuppernd umhertapsten.

„Wer?“, fragte Thor, ohne möglichst eine Miene zu verziehen.

„Du weißt genau wen ich meine! Wo ist Brynhild?!“

„Keine Ahnung.“ meinte Balder „Ihr Helm lag hier sonst haben wir nix gesehen.“ Unglaublich dass die Söhne des Odin ihren eigenen Vater anlügten, besonders Balder, sein Lieblingssohn.

„Ja… jaja ja Herr! Wir haben sonst nix gesehen. Vielleicht ist sie vor einiger Zeit hier durchgekommen und ist jetzt bestimmt über alle Berge.“, meinte jetzt Loki, mit Unschuldsmiene. „Was hat sie überhaupt verbrochen, weshalb Ihr so sauer auf sie seid?“

„Sie hat einen Befehl von mir missachtet!“, gab Odin als Antwort. „Und Befehl ist Befehl! Thor!!“ Er wandte sich strengen Blickes an ihn. Diesem bracht kalter Schweiß auf der Stirn aus und auch seine Freunde erstarrten. Einer der Wölfe fixierte mit einem Blick das dornige Dickicht.

„Du weißt wo sie ist. Antworte!“ Thor blieben die Worte im Halse stecken.

„Balder! Du weißt es auch! Und wehe du lügst mich an!“ Auch er schwieg, während er ängstlich seinem Vater ins Auge blickte.

„Loki!!“

„Wirklich, ich und die beiden wissen nichts!!!“

„Also gut. Wenn keiner weiß wo sie ist, wird Thor für sie büßen müssen. Du kommst mit…“

„LASS THOR AUS DEM SPIEL!!! ER HAT NICHTS DAMIT ZU TUN!!“ Schluchzend und strauchelnd kam Brynhild aus ihrem Versteck gekrochen.

„Wusste ich es doch! Ihr alle drei habt mich belogen!! Von dir Loki habe ich nix anderes erwartet, aber euch beide!!!“

„Aber nur weil sie mich beschützen wollten!!! Aber…“ Sie klopfte sich schuldbewusst die Blätter und Äste von sich, und richtete sich dann vor dem Vater auf.

„Hier bin ich, Vater: giebte die Strafe! Aber lass die Jungs aus dem Spiel!!“

Odin funkelte sie wütend an.

„Deine Strafe wirst du bekommen, für deinen großen Ungehorsam!“

„Moment mal! Was hat Brynhild genau getan?“, fragte Thor nun seinen Vater.

„Zwei Menschen-Könige haben gegen einander Krieg geführt. Der eine sollte fallen und Brynhild hat anders als befohlen ihn beschützt.“

„Aber auch nur weil er um sein schwangeres Weib daheim bangte!!“

„Die Nornen hatten aber sein Ende vorhergesehen! Das haben sie mir mitgeteilt und ich habe es an euch Walküren weiter gegeben!!“

Die Jungs waren bestürzt.

„Das alles, nur weil Brynhild Mitleid mit einem Menschen hatte?“, meinte Loki ungläubig.

„Ich hätte nicht anders gehandelt als Brynhild.“, mischte sich auch Balder ein. „Eigentlich müsste sie für ihren Edelmut belohnt werden.“

„Ich kann aber nicht das Schicksal nach meinen Gutdünken lenken! Einige Sachen lassen sich nicht abwenden!! Für diesen Mann war der Tod bestimmt und nichts anderes. Auch ohne ihn hat sein Heer gewonnen. Sorge dich also wenig um das Menschenweib, auch wenn Sigrun den Mann an deiner statt hinstrecken musste.“

„Ich werde sowas beim nächsten Mal nie wieder tun. Das schwöre ich bei meiner Ehre als Walküre.“

„Es wird kein zweites Mal geben und deine Ehre hast du vertan, indem du Schicksal spieltest.“ Odin ging an Brynhild vorbei zu einem Schwarzdorngebüsch. Dort brach er einen Zweig ab, woran ein Dorn war. Mit dem Dorn zog er ein paar der Runen auf seinem Speer nach, diese färbten sich schwarz, während er leise und beschwörerisch murmelte:

„Hierher auf den Berg banne ich dich;

In wehrlosen Schlaf schließ ich dich fest:

Der Mann dann fange die Maid,

der am Wege sie findet und weckt.“

Alle Anwesenden erschraken.

„WAS?!“

„Wie bitte?! Ist das nicht etwas hart?!“

„Du willst sie verbannen, Vater?!!“

Odin drehte sich grimmig schweigend zu seiner Tochter.

„Gib mir deinen Finger.“

„Du willst mich allen Ernstes verbannen?!“, schrie Brynhild und hielt ihre Hände zu Fäusten geballt, schützend vor ihrem Körper.

„Schlafend sollst du in Manheim auf einem Berg liegen als Sterbliche und dem ersten Mann gehören, der dich erweckt. Jetzt gib mir deinen Finger!“

„Ne, Odin das ist wirklich zu hart! Sie dem erstbesten Menschen vorzusetzten!“

„Vater, hab Gnade mit ihr, es tut ihr doch leid.“

„O…oder verbanne mich!“

„Schweig Thor!! Auch wenn sie meine Tochter ist und deine Schwester, ich kann keine ungehorsame Walküre gebrauchen! GIB MIR DEINEN FINGER, BRYNHILD!“, bellt Odin und griff nach der rechten Hand seiner Tochter.

„NEIN!!!“

Er versuchte ihr mit Gewalt die Finger auseinander zu biegen, Brynhild versuchte sich dem Griff von Odin zu entwinden. Thor wollte ihr zu Hilfe eilen, doch ein magischer Schwung von Odins Speer fegte ihn mit einer Böe weg.

„Halt dich daraus…“

„Vater, bitte! War es so niedrig, was ich dir tat, dass du so tief mir Erniedrigung schaffst?

Ich habe Mist gebaut, ich weiß!! Aber mich aus Asgard zu verbannen und mich der Willkür eines Menschenmannes auszusetzten?! Bitte, Papa… tu mir das nicht an…“

Er sah ihr ins Gesicht und die Maske der starken Kriegerin war schon längst gefallen. Er hatte nur noch ein kleines, weinendes Mädchen vor sich, das ihn flehend anblickte. Odin zögerte, der Anblick fühlte sich in seiner Brust wie ein Nadelstich an und seine Hand mit dem Dorn zitterte.

„Loki…“, sprach er mit erstickter Stimme. „…du wirst mit mir kommen. Du sollst um ihre Schlafstätte einen Schutzwall aus Feuer errichten.“

„Äh…Ja, Herr!“

„Nur ein Furchtloser darf dich berühren, mein Kind.“, sprach Odin jetzt mit sanfter Stimme. „Mehr kann ich nicht für dich tun…“

Brynhilds tränennasses Gesicht entspannte sich. Sie nickte nur und streckte ihrem Vater den Zeigefinger hin. Odin stach mit dem Schwarzdorn ihr in die Fingerkuppe, leicht zuckte sie zusammen. Ein, zwei Herzschläge darauf begann eine bleierne Taubheit sich über ihren Finger in ihrem ganzen Körper zu verteilen und sie sackte schläfrig in den Arm ihres Vaters. Thor kam zu den beiden und blickte seiner Schwester ins Gesicht. Die goldene Farbe ihrer Augen schwand und wich einem grauen Blau, gleich das Gefieder eines Wanderfalken. Müde lächelte sie noch Thor an.

„Ich hab dich lieb, großer Bruder…", waren ihre Abschiedsworte an ihn, bevor sie die Augen schloss und einschlummerte.

„Ich dich auch, kleine Schwester…“ Thor kämpfte mit den Tränen. Er würde diesen Satz nie wieder hören. Odin drückte seine schlafende Tochter an sein Herz, er hatte diesen Kampf verloren und schluchzte.

„…Mein Kind… du, mein stolzes, prächtiges Kind…“ Dann, aber erst nach einer scheinbaren Ewigkeit, hob er sie auf den Arm.

„Loki, sammle ihre Waffen ein und komm mit.“ Dieser nickte und holte Helm, Speer und Schild von Brynhild. Odin wandte sich zum gehen und Loki folgte. Balder hatte tröstend den Arm um Thor gelegt, immer noch ließ dieser keine Träne fließen.
 

Über einer bergigen Landschaft mit schwerzugänglichen Wäldern, materialisierten sich Odin und Loki. Dort blieben sie in der Luft schweben. Durch eine Beschwörungsformel hatte Odin sich, Loki und auch Brynhild her gebracht.

„Wo sind wir? In Manheim?“

„Ja, genauer an der Grenze zwischen dem Reich von uns nordischen Göttern und dem ehemaligen Gebiet der keltischen Götter.“

„Keltische Götter? Von denen habe ich noch nie was gehört.“

„Das haben wenige. Sie leben sehr zurückgezogen und ihre Gläubigen wurden von Gläubigen der sogenannten olympischen Götter erobert und zum großen Teil ermordet. Sie nennen sich Römer.“

Loki blickte sich um. Die Wälder waren zum Teil in Nebel getaucht und etwas weiter in der Ferne lag ein großer Fluss.

„Die Menschen glauben ein keltischer Gott lebt in diesem Fluss, den sie Rhenos nennen. Deshalb nennen die Menschen den Fluss Rhein.“, sprach Odin als er Lokis Blick folgte.

„Aha.“

Auf einer öden Bergspitze landeten die beiden, es gab da eine Höhle. Auf einem flachen Stein legte Odin Brynhild ab. Mit seiner Speerspitze ritze er rund um sie magische Runen, während er allerlei Zauberformeln murmelte.

„Hat es einen bestimmten Grund dass Ihr diesen Ort ausgewählt habt?“, fragte Loki neugierig.

„Es ist Grenzgebiet, niemand wird damit rechnen dass eine Walküre hier liegt. Würde ich sie auf einer Insel verstecken, wäre sie zwar schwer zu erreichen, aber sie wäre leichter zu finden. Außerdem, die einheimischen Menschenstämme bekriegen sich andauernd und würden deswegen eher wenig nach ihr suchen.“

Loki verstand, Odin wollte Brynhilds Schicksal soweit wie möglich hinauszögern.

Kaum hatte er rund um sie die Runen geritzt, legten sich eiserne Ketten um Hüfte, Hand- und Fußgelenke. Odin legte Brynhilds Speer neben sie und ihren Schild auf ihren Torso. Er betrachtete noch ein letztes Mal ihr schlafendes Gesicht.

„Leb wohl, du kühnes, herrliches Kind...

Du meines Herzens heiligster Stolz…

Leb wohl… Leb wohl… Leb wohl…“

Jeder Abschiedsgruß, ein zärtliches Streicheln über ihren Schopf. Er küsste sie auf die Stirn und zog ihr den Helm auf. Dann verließen er und Loki die Höhle.

„Loki, tu deine Pflicht.“

Dieser stellte sich breitbeinig auf und erhob langsam und konzentriert die Arme, während zuerst der Erdboden rund um die Höhle aufbrach und glühendes Magma empor stieg. Dann aber schoss es in die Höhe, entzündete seine eigenen Gase und ließ eine Flammenwand zurück, glühend heiß, tiefrot und höher als ein Baum. Keiner dem sein Leben lieb ist, würde es wagen die Feuersbrunst zu überwinden.

„Tut mir Leid, Prinzessin…“, meinte Loki, bevor er Odin wieder nach Asgard folgte. „Ich wünsche dir noch alles Gute…“
 

Es war schon dunkel als Odin Jörds Haus erreichte, diese stürmte ihm entgegen.

„Jörd… ich…“ Eine gewaltige Maulschelle traf Odin und gleich darauf eine zweite, geleitet von Jörds trockenem Schluchzen.

„Elender!! Wie konntest du mir das antun?!!! Meine Tochter zu verbannen?!“ Ihre Augen glühten ihm zornig an. Odin rieb sich sein pochendes Gesicht.

„Ich musste sie bestrafen. Sie hatte ihre Pflichten als Walküre verletzt.“

„Aber, ohne mir was zu sagen?! Warum hast du nicht mit mir darüber gesprochen?!! Ich hätte sie auch bestrafen können!!! Ich hätte sie zur Vernunft gebracht!!! Aber du!! Du tust eh nur was du willst!!! Nicht einmal „Lebe wohl“ konnte ich ihr sagen, du… du…“

Thor sah aus der Hütte heraus seinen Eltern zu, er hatte seiner Mutter alles erzählt. Jörd weinte jetzt unerbittlich.

„Jörd…“ Odin fasste zärtlich ihr Gesicht. „Es tut mir Leid…“ Sie schlug seine Hand weg und stürmte wieder in die Hütte. Mit einem Knall schlug sie die Tür zu. Thor vernahm nur noch von seiner Mutter ein Wimmern, bevor er sie umarmte.

„Thor. Versprich mir dass du deinem Vater gehorchst. Nicht dass er dich auch noch verbannt. Wenn ich dich auch noch verliere…“

„Natürlich, Mutter.“ Er tätschelte ihr tröstend den Rücken. „Würde ich auch verbannt, dürfte ich auch nicht mehr bei Balder und Loki sein. Wir haben doch einander versprochen immer zusammen zu bleiben.“
 

Gramgebeugt saß Odin auf seinem Thron im Saal. Jörds Reaktion hatte er erwartet, nun er schämte sich, dass er nicht mit ihr geredet hatte. Frigg trat in die Halle. Sie sah ihn ernst an.

„Und? Bist du jetzt zufrieden?“ Odin sah auf und blickte Frigg verwirrt an.

„Du hast Brynhild verbannt. Balder hat mir alles erzählt. Er war sehr bekümmert.“

„Du machst dir Sorgen um sie?“, fragte Odin überrascht.

„Ja, ich bin wie sie auch eine Frau. Und ich fand ihre Tat eigentlich ehrenhaft. Diese Menschenfrau hätte ihren Gemahl gebraucht.“

„Du hast Brynhild immer verachtet und jetzt lobst du sie für ihre Tat?!“

„Ich hätte auch so gehandelt. Nun haben wir eine Witwe mehr in Manheim. Du weißt ja, dass ich meine Hand schützend über Mütter und ihre Kinder halte, als Göttin der Mutterschaft. Ja, eigentlich verachte ich Brynhild, aber da sie unleugbar Balders Schwester ist und sie nur einer werdenden Mutter ihren Gatten beschützen wollte, bin ich nicht glücklich über ihre Verbannung.“

Odin glaubte nicht recht verstanden zu haben, auch seine Gemahlin die Brynhild als Feind angesehen hat, steht auf ihrer Seite.

„Ich hoffe sehr für dich, mein Gemahl, dass du nach deiner Tat deinen Frieden findest.“

Sie wandte sich ab und verließ den Thronsaal. Odin rieb sich frustriert das Gesicht, seine Geliebte und noch schlimmer seine Gemahlin hatten seine Tat getadelt.

Er seufzte: „Hätte ich sie doch nicht zu den Walküren geschickt! Aber dann, hätte er vielleicht alles zerstören können…“

„Von wem redet ihr den, Odin?“ Loki trat aus dem Schatten hervor. Odin war zuerst überrascht, dann erbost.

„Was machst du hier?! Verlasse den Saal!!“

„Nein, ich will Antworten!“ Loki trat trotzig vor den Götterkönig. „Ihr habt Brynhild nicht aus erzieherischen Gründen zu den Walküren geschickt, richtig?!“

Odin schwieg, dieser neugierige Jötunn wagte es ihm sowas zu sagen.

„Seit jenem Tag, wo Balder diesen komischen Anfall hatte, benimmt ihr Euch seltsam und kurz darauf schickt ihr Brynhild weg. Jetzt benimmt ihr Euch wieder so seltsam! Was geht hier vor, Alfödir!!“ Loki war selber von seinen Mut überrascht, blickt aber Odin streng an. Ohne Antworten, wollte er nicht den Saal verlassen. Odin merkte, dass es keinen Zweck hatte zu leugnen, er musste Rede und Antwort stehen.

„Und warum willst du das wissen, Laufeyson?“

„Balder ist mein bester Freund, er bedeutet mir sogar mehr als Thor und er hatte Brynhild ebenso gern, wie Thor sie. Also was, bei Ymirs Gebeinen, ist hier los?!!“

Odin verharrte einen Augenblick bevor er antwortete.

„Du und Brynhild, habt euch doch immer gestritten als ihr Kinder wart, richtig?“ Loki sah Odin verwirrt an.

„Was hat das mit Balder zu tun?“

„Balder war damals wütend gewesen als er diesen Anfall hatte, richtig?“

„Ja, sehr… er wollte mich halt vor dem Mob beschützen…“

„Ihn hatte es bestimmt auch geärgert, wenn du und Brynhild euch in den Haaren hattet, ist das auch richtig?“

Loki wurde immer verwirrter.

„Wollt Ihr damit sagen, Ihr habt Brynhild weggeschickt, damit wir uns nicht mehr streiten, Balder somit nicht wütend auf uns wird und er so keinen Anfall vor uns kriegt?“

„Damit er nicht unser aller Ende hervor beschwört!!“, korrigierte Odin den entgeisterten Loki.

„Wie bitte? Redet Ihr vom Ragnarök?“

Wieder schwieg Odin und kaute auf seiner Zunge.

„Dir vertraue ich jetzt dies Geheimnis und meine Sorgen an, aber nur weil er dir so viel bedeutet. Die Nornen und eine menschliche Völva hatten vor langer Zeit vorhergesagt, dass dereinst der Gott der Zerstörung geboren würde und er uns alle vernichten wird.“

„Worauf wollt Ihr hinaus, Odin?“, fragte Loki misstrauisch, erntete aber nur einen betrübten Blick Odins, erst dann fiel bei ihm der Groschen. Er wich, kreidebleich, zurück und schüttelte ungläubig den Kopf.

„Nein! Ihr… Ihr meint nicht etwa…?!“ Odin nickte nur.

„Ihr wollt mich wohl verarschen!!!? Niemals!!! Balder könnte nie jemanden oder etwas…“

„Es ist leider wahr, Loki. Man hatte mir auch gesagt, der einfachste Weg den Ragnarök aufzuhalten wäre, Balder zu töten…“

„Nein!!!!!“ Loki war nah daran zu weinen und keuchte entsetzt.

Odin sprach einfach weiter: „Die Person, die ihn am meisten liebt, wird es tun, sagte man mir auch. Es wird wohl ich oder meine Frau sein.“

„Oder Thor! ODER ICH!!!“, kreischte Loki, doch kurzzeitig wurde er wieder ruhig. „Aber er ist doch unverwundbar. Dafür hat doch Eure Frau gesorgt.“

„Leider nein… Thor, Brynhild und Balder selbst, wissen es bereits, aber du nicht. Einzig die Mistel hat Frigg übergangen und viel zu spät gemerkt, dass sie sogar für Menschen gefährlich sein kann. Das ist seine Schwachstelle.“

Loki sackte auf die Knie, er musste grade an Brynhilds Aussage damals denken: „…Du wirst schon sehen! Irgendwann wirst du versuchen Balder umzubringen, irgendwann!!..." Hatte sie es vorhergesehen?

„W…weiß er davon?“, flüsterte Loki, mit erstickter Stimme.

„Noch nicht und ich versuche alles, um jede Art übergroßer Emotionen zu vermeiden. Hat er seine Gefühle nicht im Griff, ist es mit uns allen aus. Nur heute war es sehr riskant mit Brynhilds Verbannung. Sage bitte nichts darüber zu ihn, Loki. Ich will nicht dass er sich damit belastet und vielleicht sogar um seinen Tod bittet.“ Es war mehr ein Flehen als eine Bitte.

„Ich habe schon ein Kind verloren…“

Loki richtete sich auf und wischte seine Augen aus.

„Ja, ich schweige. Ich binde es an den Schwur, den Ihr mir damals abgenommen habt.“ Dabei ging er auf Odin zu und umklammerte fest den Schaft des Speeres, wobei die Runen leicht und nur kurz glühten.

„Danke, Junge.“ Dabei legte Odin erleichtert die Hand auf Lokis Schulter und deutete mit einer Geste an, dass er gehen kann.

Als Loki zu seiner Kammer ging, kam er an die Balders vorbei. Leicht öffnete er die Tür leise und blickte rein. Er sah so friedlich aus, fast verletzlich, er könnte niemanden was tun. Als Loki aber wieder gehen wollte, bemerkte er auf einmal wie güldene Funken vom schlummernden Balder aus gingen. Sie schwebten zu einem Stoß Briefe, die von Brynhild kamen und neben ihn auf einem Schemel lagen. Kaum hatten die Funken das Pergament berührt, löste es sich in goldenen Staub auf. Loki wäre fast das Herz stehen geblieben. Odin hatte nicht gelogen. Wimmernd und schlurfend setzte Loki seinen Weg zu seiner Kammer fort, wo er die ganze Nacht wach blieb und Tränen in sein Kissen fließen ließ.

Sigurd

Schnauben und prustend erklomm der junge Recke den Berghang, dabei spürte er wie die Hitze immer größer wurde.

Dann aber hatte er den Wall aus Feuer vor sich, der inzwischen von den Menschen als Waberlohe bezeichnet wurde. Er blickte sich um. Offenbar gibt es keinen anderen Weg als durch die Flammen.

„Na toll… Okay…“

Er stieg vom Pferd, nahm dann Anlauf und sprang durch die Flammen. Er spürte die Hitze an seinen Körper und einen brennenden Schmerz auf seinem Rücken, bevor er wieder auf dem Boden landete. In sowohl seinem Hemd als auch seinem Umhang war ein Brandloch und die Haut darunter war leicht angebrannt, was ihm verwunderte. Er raufte sich aber auf und erblickte die Höhle, die sich in einiger Entfernung vor ihm befand. Als er eintrat und sich die Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben, entdeckte er auf einem flachen Stein eine Gestalt. Diese trug einen Helm und ein Schild lag auf ihr.

„Ein Krieger? Ist das eine Grabstätte?“

Neugierig näherte er sich. Er merkte wie merkwürdig zierlich der Krieger gebaut war, wenn man von Armen und Beinen ausging. Er hob den Schild und erschrak als er die Gestaltung der Kleidung und des Oberkörpers erkannte.

„Eine Frau?!! Im Kriegsgewand? Moment, dann ist sie vielleicht…“

Er zog vorsichtig ihr den Helm ab. Brynhild lag da vor ihm und rührte sich nicht. Der Anblick ihres Gesichtes ging dem jungen Mann direkt ins Herz.

„Wie schön sie ist… Sie atmet ja! Sie ist nicht tot? Sie schläft?!“

Sachte berührte er ihr Gesicht.

„He… Du… Hörst du mich? Wach auf…“

Er schüttelte sie sanft an der Schulter, doch nichts geschah, außer dass ein metallenes Klimpern zu vernehmen war. Da bemerkte er die Ketten, die um sie geschlungen waren. Der Recke zog sein Schwert, steckte es zwischen die Glieder und stoß zu, so dass durch die Wucht das Eisen zersprang. An allen Ketten verfuhr er so. Als er bei der letzten Kette die Glieder durchtrennte, zerfielen alle zu Roststaub und die Waberlohe draußen sank auf die Hälfte ihrer ursprünglichen Höhe. Er hörte ein gehauchtes Ausatmen und drehte den Kopf wieder zu Brynhilds Gesicht.

„Hey!“ Besorgt beugte er sich über sie. Brynhild schlug die Augen auf. Sie schrie laut auf und beide stoben vor Schreck auseinander. Zitternd und mit angewinkelten Beinen wurde Brynhild erst jetzt gewahr, wen sie da vor sich hat und auf dem Boden saß. Das Schwert hielt er immer noch in der Hand.

„Wer bist du? Und wie hast du mich gefunden?“, waren ihre ersten Worte.

„Wie schön du bist…“, murmelte er nur vor sich hin.

„Beantworte gefälligst meine Frage! Wer bist du?!“

„Ähm… natürlich!“ Er schob sein Schwert wieder in die Scheide und kniete ritterlich vor ihr nieder.

„Nenne mich Sigurd Fafnisbani Sigmundson, meine Holde. Und darf ich auch deinen Namen erfahren?“

„Brynhild Mengingjard … Odinsdottir…“

Der Recke, der sich Sigurd nannte, lachte erfreut auf.

„Also stimmen die Legenden doch, die man sich von dir erzählt!!! Du bist die sagenumwobene Walküre, die hier im Schlaf liegt! Einige meinten du wärst die Tochter des Allvaters, andere meinen dagegen du bist die Tochter eines Menschen.“

„GAR NICHT WAHR!!! Ich bin die Tochter des Odin und Schwester von Thor und Balder!!! Augenblick, hast du grade gesagt, >Legenden<?“

„Ja…“

Brynhild erhob sich von ihrem Lager und wollte raus rennen, doch die Beine versagten ihren Dienst, worauf sie unsanft hinfiel.

„Deine Beine sind noch schwach, strenge dich nicht so sehr an.“

„FASS MICH NICHT AN!!!“, zischte sie wütend, als Sigurd ihr aufhelfen wollte. Sie stand gleich wieder auf und strauchelte wieder auf den Eingang zu. Draußen aber brannte das Licht der Sonne in ihren Augen, so dass sie schützend ihre Arme vors Gesicht hält. Mit schwacher Hoffnung, dass ihre Brüder draußen stehen und mit offenen Armen auf sie warteten, murmelte sie leise: „Jungs?“

Doch als sie die Arme vorsichtig senkte, stand niemand vor ihr. Nur die Waberlohe war zu sehen und über ihr der strahlend blaue, sonnige Himmel. Sie seufzte traurig und hätte am liebsten geweint.

„Alles in Ordnung?“, fragte Sigurd und kam von hinten auf sie zu. Er wollte ihre Schulter fassen, doch sie schlug seine Hand weg.

„Nichts…“

Sigurd betrachtete sie mit glänzenden Augen. Dieses schöne, stolze Wesen was er vor sich hatte und nur aus Legenden kannte, war echt, lebte, atmete und sprach.

„O Heil der Mutter, die mich gebar;

Heil der Erde, die mich genährt.

Dass ich das Aug’ erschaut,

das jetzt mir Seligem lacht.“

„Was faselst du da?!!!“

„Ähhh… nichts…“ Hätte er nur mal den Mund gehalten.

Brynhild blickte sich um, ob es vielleicht eine Lücke in der Feuerwand gab.

„Loki hat ganze Arbeit geleistet.“, meinte sie kopfschüttelnd.

„Du kennst den Gott Loki?“

„Natürlich!!! Er ist der beste Freund meiner Brüder! Viel wichtiger: Wie bist du da durch gekommen?“

„Bin durch gesprungen…“

„Wirklich?“ Sie hob die Augenbrauen und blickte ihn prüfend an. „Wenn du ein Gott wärst oder irgendwo in deiner Familie einer dabei war, will ich dir das vielleicht glauben. Du wärst zwar nicht der erste, bei dem das vorkommt, aber ich zweifle, dass du einen Tropfen göttlichen Blutes in dir hast.“

„Ich bin aber genauso unverwundbar wie Balder.“, meinte Sigurd und strahlte dabei, bis über beide Ohren. Brynhild fing aber an heftig zu lachen.

„…Ne, das… wie Balder!! Ha haha!! Das glaube ich dir nicht!!“

„Das ist aber wahr!“

„Ach ne, bestimmt kannst du auch ohne nass zu werden, im Regen spazieren gehen und bestimmt auch vergifteten Met trinken, ohne irgendeine Wirkung auf dich. Oder vom Baum runterfallen, ohne dir das Genick zu brechen?!“

„Na gut, das nicht, aber mich können weder Schwert, Spieß noch Feuer verletzten. Obwohl…“

Er drehte sich rücklings zu ihr und nahm den Umhang ab. Brynhild sah das Brandloch auf seinem Rücken.

„Du hast dich da verbrannt?“

„Ja, ich weiß auch nicht wieso…“ Brynhild betrachtete das Brandloch etwas genauer.

„Das sieht ja haargenau aus wie ein Blatt… sogar Blattadern kann ich auf deiner Haut erkennen.“

„Wirklich? Hm… Da muss mir wohl beim Bad im Blut ein Blatt auf den Rücken gefallen sein.“

„Was für ein Bad?“

„Ich… habe einen Lindwurm erschlagen… und ich habe halt in seinem Blut gebadet. Das hat mich unverwundbar gemacht.“

Fast wollte Brynhild ihm das nicht glauben, aber die Tatsache, dass er so gut wie unversehens durch die Flammenwand gekommen ist und dann auch noch diese blattförmige Brandwunde existiert, sprachen dafür dass Sigurd nicht flunkerte um vor Brynhild anzugeben.

„Hm… Okay, du hast einen Drachen erschlagen und dann nach mir gesucht?“

„Irgendwie schon… Eigentlich sollte ich das Herz des Drachen für meinen Ziehvater braten, habe aber dabei heißes Blut an die Finger bekommen und diese abgeleckt. Kaum hatte ich das gemacht, konnte ich auf einmal die Sprache der Vögel verstehen und hörte ich wie zwei Adler redeten, dass das Blut einen unverwundbar machen würde, wenn man darin baden würde und genau das tat ich, dabei ist wohl dieses Blatt mir auf den Rücken gefallen sein und das Blut hatte meine Haut nicht benetzt. Und dann hörte ich aber auch von den Adlern, dass mein Ziehvater mich umbringen wollte, dementsprechend habe ich ihn auch bestraft. Später sang ein Kleiber, dass du in der Nähe liegen würdest und bin ihm gefolgt.“

„Dein Ziehvater wollte dich umbringen? Wieso denn das?“

„Der Drache war sein verfluchter Bruder Fafnir … Er hatte einen riesigen Schatz bei sich und ich sollte diesen Lindwurm für ihn erlegen, damit er den Schatz bekommt ohne seine Hände mit dem Blut seines Bruders zu beschmutzen.“

„Stimmt, er wäre sonst ein Brudermörder.“

„Ich hätte nie gedacht, dass Regin zu sowas fähig gewesen wäre…“ Inzwischen waren sie wieder in der Höhle. Brynhild setzte sich auf den Boden, Sigurd wollte sich zu ihr setzten, doch Brynhild schob ihn bockig weg. Schulterzuckend setzte er sich in eine andere Ecke als sie. Ganz offensichtlich wollte sie ihn nicht in der Nähe haben, geschweige denn dass er sie berührt. Eine Weile schwiegen sie beharrlich.

„Brynhild?“, fragte Sigurd „Warum bist du eigentlich hier? Warum hat Odin dich hierher geschickt?“

„Ich wurde verbannt…“, nuschelte sie fast unverständlich und sah ihn dabei nicht an.

„Warum?“

„Ich…ich möchte nicht darüber reden…“

„War es so schlimm?“

„Für ihn schon… Wie lange bin ich jetzt hier?“

„Ich weiß nicht, vielleicht 100 Jahre oder noch länger…“

„100 Jahre… allein das ist für Menschen eine Ewigkeit.“

„Deine Brüder und Loki vermissen dich bestimmt.“

„Loki bestimmt nicht, wir haben uns dauernd gekloppt. Dauernd hat er mich geärgert.“ Brynhild starrte auf den Boden.

„Meine Mutter vermisst mich bestimmt auch… Ich war sehr lange weg…“Sigurd war jetzt betrübt als er darüber sprach.

„Sag mal Brynhild, bist doch Walküre, oder?“

„Bis zu meiner Verbannung, ja. Wieso fragst du?“

„Mein Vater wurde in einer Schlacht schwer verletzt und starb darauf, bevor ich geboren war. Ich dachte du kanntest ihn, vielleicht.“

„Nein, ich kenne keinen Sigmund und außerdem war ich bestimmt schon längst verbannt, bevor er starb.“

„Ach, ja stimmt…Ich hatte gehofft du kanntest ihn, aber wenn du solange hier bist, ist es unmöglich dass du…“

Gedankenverloren zog Sigurd sein Schwert und wog es in der Hand. Der Stahl war hell und blitzte im Schein.

„Hübsches Schwert…“

„Danke, einst hatte es meinem Vater gehört. Es war zertrümmert und ich habe es neu geschmiedet. Es trägt den Namen Gram.“

„Du bist ein Schmied?“

„Ne, aber mein Ziehvater Regin. Er lebte am Hof, von Mutters zweiten Ehemann Hjalprek und arbeitet als Schmied… und er hat anstatt Mutters Mann mich erzogen. Nur das Schwert und meinen Namen habe ich von meinem Vater. Mit seinem letzten Atem sagte er zu Mutter: „Hjördis, Liebste, wenn unser Sohn geboren wird, nenne ihn Sigurd, auf das Frieden und Sieg sein Schicksal würde.““

„Verstehe… Ich hatte es auch nicht immer leicht. Ich und Thor sind eigentlich Vaters uneheliche Kinder, deshalb duldete seine Frau uns nicht in seiner Nähe. Ich bin so froh das Balder, Thor und mich wie gleichgestellte behandelte, dafür bin ich ihm dankbar… und das obwohl er unser Halbbruder ist…“

„Balder ist auch bei den Menschen für seine Güte bekannt und Thor für seine Ergebenheit.“

„Da hatten wir beide es schwer mit unseren Vätern.“

„Ja…“ Sigurd hatte das Gefühl, dass Brynhild langsam auftaute, und wollte sich wieder zu ihr setzten, doch sie schob ihn wieder von sich weg. Etwas geknickt blickte er sie an. Er wollte sich doch nur zu ihr setzten, mehr nicht. Er blickte zu dem Stein auf dem Brynhild gelegen hatte. Kaum wollte er sie fragen, was für seltsame Zeichen darauf seien, erklang ein lautes Grollen auf Brynhilds Bauchgegend.

„Oh Mist…“

„Hast du Hunger?“

„Etwas…“, meinte Brynhild peinlich berührt. Sie hatte sich bis zu dem Augenblick nicht bewusst gemacht, dass sie jetzt ein Mensch war und jetzt jeden Tag Nahrung zu sich nehmen musste um am Leben zu bleiben.

„Warte, ich hole was.“

„He, Sigurd. Bleib hier!!“

Doch der Recke war bereits aufgestanden und zur Waberlohe geeilt. Mit einem Sprung war er durch. Brynhild starrte nur irritiert ihm nach. Dann hörte sie das Wiehern eines Pferdes und einen Moment später, sprang Sigurd wieder durch die Feuerwand zu ihr zurück. Unter seinem Arm hatte er ein Bündel bei sich um es vor dem Feuer zu schützen. Darin war ein Laib Brot und etwas trockener Käse. Einen Brocken je vom Brot und vom Käse brach er ab und gab dies Brynhild.

„Es ist nicht viel und nicht so üppig wie bestimmt bei Walhallas Festmahlen, aber ich hoffe es schmeckt dir.“

Brynhild betrachtete zuerst ihr Essen, dann Sigurd, der sie freundlich anlächelte. Wenn sie nicht so hungrig gewesen wäre, hätte ihr Stolz es verboten es an zunehmen. Sie schwieg einfach, während sie ins Brot beißt. Auch bot er, mit Wein versetztes, Wasser ihr zum Trinken aus seinem Trinkschlauch an, der auch im Bündel war. Trotzdem schwieg sie weiter und hielt Sigurd auf Abstand, trotz seiner Freundlichkeit. Brynhild war mit den Gedanken zuhause in Asgard. Was sie jetzt machen, ohne sie? Denkt man grad an sie? Was jetzt Thor ohne sie macht? Sie kniff die Augen dabei fast zu, als sie wieder an ihre Familie dachte. Sigurd bemerkte ihre traurige Miene, am liebsten hätte er sie umarmt um sie zu trösten, sie würde ihn aber bestimmt wieder wegschubsen. Er konnte also eigentlich nichts machen. Dann aber fiel ihm was ein. Er holte aus dem Bündel eine hölzerne Flöte raus und begann eine leichte und fröhliche Melodie zu spielen. Brynhild horchte auf, zu ihrem Erstaunen gefiel ihr die Melodie sehr, so, dass sie ihre Trauer kurzzeitig vergaß. Allmählich, erst leise, dann immer lauter begann sie zur Flötenmusik zu singen. Ein Lied, das sie und ihre Brüder immer draußen am Lagerfeuer in der Nacht gesungen haben als sie klein waren, eine der wenigen Augenblicke wo es sogar zwischen ihr und Loki Frieden gab. Es war ein Lied über den Frühling. Mit Begeisterung spielte Sigurd weiter und Brynhild sang weiter. Als Sigurd geendet hatte, lächelte jetzt auch Brynhild.

„Das war toll.“

„Du bist aber auch nicht schlecht, mit der Flöte.“

„Dein Lied… stammt es aus Asgard?“

„Natürlich. Ich habe das oft gesungen als ich klein war… Lange bevor ich zu den Walküren geschickt wurde…“

„Man lobt mich auch für mein Flötenspiel. Ich kann also jetzt, ohne Reue behaupten, den Göttern gefällt’s auch.“

Sie lachte etwas. „Gehe damit zuerst zu Bragi, unserem Hofmusiker und Dichter, dann reden wir weiter.“

Auch Sigurd lachte. Bis in den Abend spielte er Flöte und Brynhild hörte zu. Als sich aber beide schlafen legen wollten, schob Brynhild aber Sigurd wieder harsch von sich weg. Beide verbrachten dann, in verschiedenen Ecken der Höhle und eingewickelt in ihren Umhängen, die Nacht.

Am nächsten Morgen erwachte Brynhild wehmütig aus einem Traum von daheim.

„Mama… Papa… Thor…“ Es nur ein Flüstern von ihr, das Sigurd aber nicht hörte, sondern weiterschlief. Sie wimmerte leise, während sie sich noch doller in ihren Umhang einwickelte.

„Ich will nach Hause…“ Das Heimweh war über Nacht größer geworden, dass es schon schmerzte. Es fühlte sich an als ob sie sich von innen heraus auflöste.

„Mama… Papa… Thor… ich will nach Hause…“ Jetzt weinte leise vor sich hin.

„Ich will wieder in mein Bett… Ich will wieder mit Thor raufen… Ich will wieder mit Balder Braten essen… Verdammt, ich will mich auch wieder mit Loki streiten…“

Jetzt war ihr Weinen laut genug, dass Sigurd davon aufwachte.

„Hey, Brynhild…“, sprach er sanft, als er ihren Kummer erkannte. Er kam zu ihrem Lager und legte tröstend die Hand auf die Schulter.

„Fass mich nicht an!“, schniefte sie nur und drehte sich weg. „Ich will wieder nach Hause…“

„Du kannst aber nicht wieder nach Hause.“, versuchte Sigurd ihr klar zu machen, konnte aber nichts damit erreichen. Der Anblick der weinenden Walküre brach ihm das Herz, aber berühren durfte er sie nicht.

„Ich weiß dass es weh tut, aber du bist jetzt nun hier und kannst nicht mehr zurück. Du bist aber nicht allein. Ich möchte für dich da sein… dir sowas wie ein Freund sein. Ich kann dir nicht deine Familie ersetzten, aber Trost möchte ich dir geben… Bitte lass mich dich trösten…“

„Ich will meine Ruhe…“, kam es gedämpft von Brynhild. Sigurd war durch ihre Worte gekränkt, beschloss aber ihre Bitte zu respektieren.

„Na gut… Ich gehe zu Grani, meinem Ross… vielleicht kann ich dir etwas im Wald erjagen…“ Sie schwieg. Sigurd ging.

Schweigend verharrte Brynhild eine Ewigkeit, allein, aber glücklich war sie nicht. So ganz allein fühlte sie sich noch elender.

„Lass mich nicht hier allein… Sigurd, komm zurück…“

Sie bekam es immer mehr und mehr mit der Angst zu tun, er würde sie alleine lassen. Auf einmal setzte sie sich, mit Angstschweiß im Gesicht, auf und rannte zur Feuerwand, um durch zu springen und Sigurd zu suchen. Doch kaum erreichte sie das Inferno, prallte der grade zurückkehrende Sigurd gegen sie, wodurch beide zu Boden purzeln, er auf ihr.

„AUTSCH!!“

„Aua!!!“

Jetzt erst starrten beide sich puterrot an, peinlich berührt und sie rollten schnell voneinander weg.

„‘Tschuldige…“, brabbelte Sigurd hastig. „Das tut mir echt leid!! War irgendwas?!“

„Eh…eh…nichts!!!“, meinte Brynhild wieder bockig, stand auf und strich einige ihrer braunen Haarsträhnen aus dem Gesicht. Ihre Wangen glühten aber immer noch. Er hat auf ihr gelegen, unfassbar!!!

„Ich… ich habe mir nur etwas Sorgen gemacht. Mehr nicht!!“

„Du hast dir Sorgen um mich gemacht?“ In Sigurds Stimme war nicht nur Verwunderung zu hören, sondern auch ein Hauch von gerührt sein.

„Ähm…Ja, natürlich!! Du bist ein Mensch! Du hättest dir was tun können!!“ Jetzt stand Sigurd wieder auf und hob den erlegten Rehbock auf, den er bis zu seinem Sturz über den Schultern getragen hatte.

„Erstens bin ich nicht seit gestern ein Mensch, zweitens mein Bad im Drachenblut… Schon vergessen?“

„Nein, natürlich nicht…“ Die Röte in Brynhilds Gesicht wollte nicht weichen. Warum war sie nur so aufgeregt gewesen?

„Hilfst du mir den Bock hier zuzubereiten?“, fragte Sigurd, als er zur Höhle ging.

„Ja…“, antwortete Brynhild wobei sie sich fühlte wie ein getretener Hund. Sie kam sich sehr dumm und kindisch vor. Sie nahm sich vor, sich nie wieder um diesen Menschen Sorgen zu machen, während sie ihren Speer in den Boden rammte, Sigurd dann den Rehbock mit den Vorderbeinen dran festband und mit einem mitgebrachten Jagdmesser, begann die Haut von den Vorderbeinen ausgehen abzuschneiden. Später verzehrten die beiden den Rehbock, den sie bei der Waberlohe gebraten hatten, ohne ein Wort zu sagen. Danach saß Brynhild draußen beim Eingang, während Sigurd drinnen mit einem Stein sein Schwert schärfte. Ab und zu warf er einen Blick nach draußen zu ihr und schüttelte den Kopf. Warum gab sie nicht zu dass sie nicht allein sein wollte?

„Weiber…“, dachte sich Sigurd. Sein Blick wanderte zu dem Stein mit den Runen, worauf er Brynhild da gefunden hatte. Die eingeritzten Zeichen waren ihm ein Rätsel, weil er sie nicht kannte.

„Was sind das für Zeichen da auf dem Stein?“

„Runen. Das sieht doch jeder…“

„Ich nicht. Ich kenne diese Zeichen nicht.“

„Was?!“ Brynhild glaubte nicht was sie da hörte und trat in die Höhle. „Du kennst keine Runen? Selbst Menschen verwenden sie, zum Schreiben aber auch zu magischen Zwecken!“

„Früher, aber heute nicht mehr…“, antwortete Sigurd unbeeindruckt. „Heutzutage schreiben die Menschen hier so…“ In den Dreck am Boden schrieb er mit den Fingern die ersten drei Buchstaben des lateinischen Alphabets.

„Wie? Wie kann das sein?“

„Vor langer Zeit haben Römer fast das ganze Land erobert und diese Schrift mitgebracht. Auch unsere Sprache ändert sich. In manchen Dörfern wo ich durchgekommen war, nannten mich einige junge Leute Siegfried anstatt Sigurd.“

Brynhild war irritiert über diese Neuigkeit.

„Unglaublich… was sich alles verändert hat…“

„Kannst du mir zeigen wie man mit diesen Runen schreibt?“, fragte Sigurd aufgeregt, fast wie ein kleiner Junge. Brynhild sah ihn erst verwirrt an.

„Ich zeige dir auch wie man mit lateinischen Zeichen schreibt.“ Brynhild zögerte.

„…Na gut, aber ich zeige dir auch ein paar Runenzauber, die mein Vater mir gezeigt hat. Zum Beispiel um Krankheiten zu heilen oder um Waffen im Kampf besser zu führen.“ Sigurd nickte begeistert.

So saßen die beiden, die nächste Zeit oft stundenlang bei einander und brachten sich gegen seitig ihre jeweiligen Schriften bei. Dabei verlor Brynhild ihre Furcht vor Sigurd. Sie merkte sogar bald, dass sie ihn begann zu mögen und dass es ihr nichts ausmachte ihn in ihrer Nähe zu haben.

Doch eines Tages war es sehr stürmisch. Der Himmel war mit dunkelgrauen Wolken verhangen und es blitzte und donnerte, während der Regen heftig zur Erde klatschte. Sigurd hatte sich vor Furcht in den hintersten Winkel der Höhle verkrochen und er wollte, dass sich Brynhild auch in Sicherheit brachte, doch diese stürmte raus in den Regen.

„THOR!!!“, rief sie und wedelte mit den Armen gen Himmel.

„Ich bin es, Brynhild!! Hörst du mich, Bruder?!!“ Ganz aufgeregt fuchtelte sie mit den Armen rum und sprang immer wieder in die Höhe. Ihr Bruder war am Himmel und donnerte rum, da war sie sich ganz sicher und sie wollte ihn so gerne wieder sehen.

„Thor!!! Hier bin ich!!! Bitte!!! Komm doch mal her!“

„Komm wieder rein, Brynhild!!“, meinte Sigurd, ganz erbleicht, denn er fürchtet die göttlichen Kräfte des Thor und die Blitze. „Es ist zu gefährlich!“

„ICH BIN HIER!!! Bitte Thor!! Ich will dich sehen!!“ Brynhild ignorierte dabei Sigurd, noch dazu, dass sie ganz nass war vom Regen. Der Donner grollte ungerührt, bevor ein Blitz diesem nachjagte.

„Bruder, bitte!!! Höre mir doch zu!!! Ich vermisse dich und Asgard!! Ach, bitte Thor!!! THOOOOOOOR!!!“

Ihr Schreien wurde schriller und verzweifelter, niemand hörte sie. Wieder blitzte es.

„Komm rein, Brynhild!!“ Doch sie rührte sich nicht von der Stelle sondern sackte nur auf die Knie, mit dem Gesicht immer noch zum Himmel.

„Thor, bitte!! Ich will doch nur wieder nach Hause, zu dir und Balder!!! BITTTE!! BRUDER!!!! Lass mich nicht allein!!“ Sie weinte, immer noch die Augen auf die Wolken gerichtet.

„Lass mich nicht allein… bitte… Bruderherz…“

Sigurd hatte sich, trotz seiner Angst vor dem Gewitter, aus der Höhle rausgetraut, kniend, hinter ihr nahm er sie in den Arm. Brynhild erstarrte und stockte.

Mit seinen braunen Augen sah er sie tröstend an, während das Wasser von seinen wilden, mittelblonden Haaren und vom Kinnbart tropfte.

„Du bist nicht allein…“, flüsterte er ihr zu. Brynhild zitterte und ihr Herz raste, wie nach einer Hetzjagd. Langsam, unsicher griff sie nach seiner Hand und hielt sie fest.

„Ich bleibe bei dir… ich lass dich nicht allein…“ Brynhild schmiegte sich an Sigurd, ihr Schluchzen beruhigte sich während sie die Augen schloss. Keiner der beiden merkte wie der Regen aufhörte und sich eine Lücke in der Wolkendecke öffnete. Ein gleisend weißer Strahl aus Licht brach durch, schwach hätte ein aufmerksamer Beobachter eine Silhouette mit langen weißen Haaren ausmachen können, wenn jemand dies gesehen. Neugierig sah die Gestalt zu Brynhild runter die von Sigurd tröstend umarmt wurde. Die Gestalt lächelte glücklich.

„Brynhild… Das müssen Thor und Vater erfahren…“

Die Wolkendecke schloss sich wieder, das Licht verschwand aber der Regen war vorüber…

Menschsein & die Liebe

Aufgeregt eilte Balder zu Thor und Loki die grade im Hof bei Walhallas Festung saßen und ein Brettspiel spielten. Thor hatte Loki grade erwischt wie er versuchte zu Schummeln.

„He, Leute!!! Tolle Neuigkeiten!!! Brynhild ist erweckt wurden!!!“

„WAS!?“ Thor warf vor Aufregung das Spielbrett runter. Loki beschwerte sich lauthals aber kurz.

„Ich war vorhin in Manheim, dicht an der Südgrenze des Reiches!!! Ich habe sie schreien gehört, weil sie gedacht hatte, dass das Gewitter was da grade tobte dein Werk sei, Thor!“

„Nicht jedes Gewitter ist von Thor gemacht. Genauso wenig jeder Waldbrand von mir, hehe!“, lachte Loki, doch er war jetzt auch neugierig.

„Du hast sie gesehen?! Wie geht es ihr?! War jemand bei ihr?!“, fragte Thor und hielt Balder dabei an den Schultern.

„Ja, ich habe sie gesehen, sie ist wohlauf und ein junger Menschenmann war bei ihr und hatte sie getröstet. Brynhild geht‘s gut!“ Thor entlockte dies ein Lächeln.

„Das… das ist ja wunderbar! Ich muss das gleich Mutter erzählen!“

„Ich gehe zu Vater und sage ihm Bescheid!“ Und die beiden Brüder trennten sich. Loki blieb allein zurück.

„Jaja, geht nur ihr beide und lasst mich hier alles alleine aufräumen.“ Murrend räumte er das Spiel wieder auf und war aber verblüfft, dass es jemand doch durch seine Feuerwand geschafft hatte.

Balder lenkte seine Schritte zuerst schnurstracks zu der Kemenate seiner Mutter, dort saß sie grade und spinnt wolkenfeine Wolle.

„Mutter! Weiß du wo Vater ist?!“ Frigg sah auf und schüttelte leicht den Kopf.

„Nein, mein Sohn. Zuletzt hatte ich ihn in den Gärten gesehen, vielleicht ist er jetzt in der Bibliothek. In letzter Zeit hält er sich sehr oft dort auf.“

„Na gut, dann suche ich dort.“

„Was ist denn eigentlich los, Balder?“, fragte Frigg, neugierig geworden und stand auf. „Du bist so fröhlich, ist irgendwas passiert?“

„Brynhild ist erweckt worden!! Ich hab sie vorhin gesehen!“

„Sie ist erweckt worden? Von wem?“

„Das weiß ich grade nicht, aber ich wollte es grade Vater erzählen. Er wird sich bestimmt freuen zu hören, dass sie lebt und, dass es ihr gut geht.“ Frigg lächelte nur.

„Mich freut es, dass dein Herz wieder heiter ist. Du strahlst dann so schön.“ Sie küsste ihren Sohn auf die Stirn.

„Jetzt gehe aber zu deinem Vater und verkünde die frohe Botschaft.“ Balder nickte und eilte zur Bibliothek. Kaum war Balder aus den Augen seiner Mutter verschwunden, verschwand auch ihr Lächeln um einer Trauermiene zu weichen. Oft genug musste sie daran denken, welch schreckliches Schicksal ihrem Sohn vorstand. Ihr Mann hatte sie bereits über Balders zerstörerische Kräfte aufgeklärt und es schnürte ihr bei dem Gedanken ihr Herz zusammen, dass ihr Sohn entweder durch den, von ihm selbst ausgelösten, Ragnarök oder durch die Hand einer noch unbestimmten Person sterben würde. Energisch den Gedanken vertreibend, setzte sie sich wieder in ihren Stuhl und spinnte rasch und hurtiger weiter, wobei sie sich fast die Finger blutig sponn.

Tatsächlich fand Balder seinen Vater in der Bibliothek, murmelnd und müde über Berge von Pergament gebeugt.

„VATER! VATER!“

Kaum vernahm der Götterkönig die Stimme seines Sohnes, legte er rasch einige Pergamentbögen anderer Themen über das was er grade las.

„Vater! Brynhild ist erwacht!!!“

„Wie bitte? Sie ist erweckt worden?“, fragte Odin völlig überrumpelt. Ähnlich wie Thor vorhin warf auch er, aus Versehen einige der Schriften vom Tisch.

„Ich habe sie vorhin gesehen! Es geht ihr gut!!“

„Bist du sicher?“

„JA!“ Odin rieb sich erst die Stirn bevor er weiter sprach.

„Hast du mit ihr geredet?“

„Nein.“, meinte Balder kopfschüttelnd. „Sie hat mich nicht einmal gesehen. Aber ich sie!“

„Gut. Denn es ist dir und Thor bei Strafe verboten Kontakt mit ihr zu haben oder Einfluss auf sie zunehmen. Sie ist verbannt und somit keine mehr von uns. Hast du auch gesehen, wer sie geweckt hat?“

„Jemand war bei ihr, wer genau das war weiß ich nicht.“

„Ich hoffe es ist ein anständiger Bursche, dem ich meine Tochter anvertraue, aber Menschen sind sehr unberechenbar.“

„Ach, bestimmt ist er ein guter Mensch, da bin ich mir sicher.“, meinte Balder optimistisch, während er seinem Vater auf die Schulter klopfte.

„Weiß Thor davon?“

„Ja, das habe ich ihm zuerst erzählt.“

„Gut… aber denkt ihr beide daran, zu Brynhild dürft ihr keinen Kontakt haben, verstanden!? Redet nicht mit ihr und zeigt euch ihr nicht!“ Das traf Balder, aber er nickt gehorsam.

„Jetzt geh bitte, ich habe hier zu tun und will nicht gestört werden.“ Schweigsam und in seiner Euphorie gebremst, verließ Balder die Bibliothek. Seufzend setzte Odin sich wieder hin bevor er merkte, dass ein paar Schriftrollen am Boden lagen und er diese aufhob.
 

Der Morgen in der Menschenwelt brach an, der Gewittersturm war vorüber. Sigurd wachte auf ziemlich durchfroren, da er ja gestern auch nass geworden war. Er würde sich gleich zur Waberlohe setzten um sich auf zu wärmen. Als er zu Brynhild rüber sah, die wie immer möglichst weit weg von ihm schlief, bemerkte er wie still sie war. Normalerweise war sie auch um diese Zeit wach.

„Brynhild?“ Er nährte sich ihr und bemerkte wie blass sie im Gesicht war und, dass sie schwitzte. In ihren Augen lag ein glasiger Blick.

„Alles in Ordnung?“

„Sigurd…“, röchelte sie. „Was… was ist mit mir? Mir ist heiß und… mir tut alles weh…“ Sigurd legte die Hand auf ihre Stirn, ihre Haut glühte.

„Bei den Göttern, du hast ja Fieber!!! Du bist krank!“ Sofort legte er seinen Umhang über sie.

„Mir ist nicht kalt… ich brauch das nicht…“

„Unsinn!!! Du musst dich warm einpacken und alles krank Machende rausschwitzen!“

„Ich glaube nicht…“ Sigurd fasste sie bei die Schultern und sah ihr ernst ins Gesicht.

„Hör mal, ich hatte auch mal so eine Krankheit und wurde so behandelt. Wenn ich es bei dir nicht tue, wirst du sterben!“ Brynhild schwieg, sie war ohnehin zu schwach um was entgegen zu setzten.

„Du warst gestern dem Regen und der Kälte zu lange ausgesetzt. Warte ich gehe in den Wald und versuche ein paar Heilkräuter zu finden!!“ Mit diesen Worten eilte Sigurd davon, durch die Waberlohe zu seinem Pferd.

„Lass… mich nicht… allein…“ Schwach streckte sie den Arm nach ihm aus, doch er war bereits weg.

„Beeil dich… ich… ich will nicht sterben…“ Wenn das Sterben war, so dachte sich Brynhild, wäre sie jetzt noch lieber in Asgard, wieder als Göttin. Sie fühlte sich immer schlechter und hilfloser, alles was sie tun konnte war auf Sigurd zu warten, doch bis dahin fielen ihr die Augen zu.

Später merkte sie im Dämmerzustand, wie man ihr mit einem großen Blatt, Flüssigkeit zuführte.

„Mach dir keine Sorgen, Brynhild. Ich sorge für dich…“, hörte sie Sigurds Stimme wie aus weiter Ferne und mit einem schwachen Schatten vor ihrem Auge.

„Sigurd… ich habe Angst…“

Dann wurde wieder alles schwarz um sie. Wie lange sie so im fiebrigen Dämmerschlaf lag wusste sie nicht, ihr war aber, als ob sie manchmal Sigurds verzweifelte Stimme hören würde. Dann hörte sie nichts mehr. Gefühlte Ewigkeiten später wachte sie auf, komplett genesen war sie aber immer noch nicht. Es war dunkel und sie bemerkte, dass Sigurd neben ihr schlief und sie dabei im Arm hielt. Sie erschrak zuerst, war aber noch zu schwach um ihn weg zuschieben. Sie blickte über seine Schulter und sah im Boden Runen, die er offenbar in den Boden geschrieben hatte. Sie erkannte sie Reihenfolge der Zeichen. Es war der Heilungszauber ihres Vaters, den sie Sigurd beigebracht hatte. Brynhild war gerührt, er versuchte offenbar alles um sie zu retten. Sie kuschelte sich enger an ihn und versuchte wieder zu schlafen.

Als sie abermals erwachte, brach grade der Morgen an. Sigurd lag wieder auf seinem Lager nur ohne seinen Umhang, der immer noch bei ihr lag. Sigurd lag ganz eng zusammen gekauert da und hatte offenbar sehr gefroren. Brynhild betrachtete den Recken. Er hatte sich so sehr bemüht sie gesund zu pflegen, ohne auf sich selber Rücksicht zu nehmen. Etwas mühsam erhob sie sich von ihrem Lager, nahm Sigurds Umhang und deckte ihn sacht zu.

„Danke…“, flüsterte sie, bevor sie wieder in ihre Ecke ging, um weiter zu schlafen.

Als die Sonne am Himmel stand, erwachte auch Sigurd, Brynhild lag immer noch wach, sie hatte die ganze Zeit über ihm nachgedacht.

„Du bist schon wach?“, fragte Sigurd überrascht und bemerkte jetzt erst wie ihm sein Umhang von den Schultern glitt.

„Ja… War dir kalt?“

„Hmm… etwas, aber es ging.“ Er kratzte sich unsicher am Nacken. Beide schwiegen, etwas peinlich gerührt.

„Brynhild… wie fühlst du dich jetzt?“

„Besser… aber ich bin noch etwas schwach…“ Es war eigentlich gelogen, aber sie wusste jetzt grad nicht warum sie darüber gelogen hatte. Sie war sehr verwirrt, in ihrem Kopf flirrten ihre Gedanken wie ein aufgeschreckter Vogelschwarm. Sigurd schien es nicht anders zu gehen.

Er räusperte sich: „Ich… ich gehe zur Jagd. Die Krankheit hat dich bestimmt sehr ausgezehrt und du musst ordentlich essen. Ich bin aber sehr bald wieder da.“

„Mach ruhig, ich warte…“

Kaum war Sigurd weg, begann Brynhild wieder nach zu denken. Die ganze Zeit wo sie krank war, hatte er sich so liebevoll um sie gekümmert. Überhaupt die ganze Zeit wo sie sich kennen, hatte er sich bemüht sowas wie ihre Freundschaft zu gewinnen. Er hat nicht geprahlt oder so, er war ehrlich und wollte von ihr lernen, ihr irgendwie nah sein ohne dass es ihr zuwider war. Und in der Zeit wo sie krank und hilflos war, hatte er ihren Zustand nicht ausgenutzt. Je mehr sie über Sigurd nachdachte desto mehr war sie froh, dass es er war der sie erweckt hatte und kein anderer. Sie fühlte wie sich ein Gefühl der Leichtigkeit in ihren Adern ausbreitete, ein fast grade zu erlösendes und heilendes Gefühl. Und eine Sehnsucht nach seiner Nähe erwachte in ihrem Herzen. Was war es nur? Ob Sigurd vielleicht auch so fühlte? Diese Fragen waren noch nie in ihrem Leben in den Sinn gekommen. Ob es daran liegt, dass sie jetzt ein Mensch ist oder weil sie Sigurd kannte? Sigurd kam nach einer Weile zurück mit einem Paar erlegten Hasen. Wieder fasste er sich mit Schmerzen an den Rücken.

„Sigurd, hör auf damit. Du hast dich schon wieder da verbrannt.“ Sie erhob sich von ihrem Lager und kam ihm entgegen.

„Ist doch alles in Ordnung. Keine Sorge.“

„Lass dann mich wenigstens deine Kleider flicken. Gib mir deinen Umhang und dein Hemd.“

Sigurd errötete. Er gehorchte aber und zog sich zum Teil aus. Auch Brynhild wurde rot als sie ihn oben ohne sah, wandte sich aber um, um mit Hilfe einer Nadel aus Knochen und Faden aus Sehnen von Tieren, mit je ein Stück getrockneter Tierhaut, die Löcher in Umhang und Hemd zu zunähen, während Sigurd die Hasen entweidete und häutete, bevor er sie in der Waberlohe briet. Während sie danach aßen, schwiegen sie und auch den Rest des Tages schwiegen sie. Als sie sich dann aber zu Ruh legten, sehnte sich Brynhild seltsamerweise danach, dass Sigurd sich zu ihr legte. Doch ihn darum zu bitten, schien ihr unangebracht.

„Sigurd… du bist ein seltsamer Mensch… was hast du mit mir gemacht… Oh, Sigurd…“ Sein Name ging ihr über die Lippen wie ein Kosename. Ihr Zuhause und ihre Familie hatte sie fast verdrängt, alles drehte sich nur noch um Sigurd.
 

Jemand stupste sie neckisch von hinten in den Rücken, Brynhild schlug die Augen auf, kniff sie aber wieder zu. Sigurd stupste sie wieder und lachte leise. Doch Brynhild knäulte sich in ihren Umhang ein und kicherte.

„Erwache, Brynhild!

Wache, du Maid!“

Sie rührte sich nicht und grinste in sich. Er umfasste sie, sie riss sich los und trat von ihm weg.

„Hab ich dir nicht gesagt, dass du mich nicht anrühren sollst?!“

Sie lächelte ihn herausfordernd an, berauscht von ihren wirren Emotionen. Er grinste und versuchte sie wieder zu fassen, Brynhild drehte sich aber geschickt und schlug lachend Haken um seinem Zugriff zu entkommen. Sigurd gab aber nicht auf, lachend versuchte er immer wieder die Walküre zu fassen. Schließlich hatte er sie geschnappt, sie versuchte sich loszureißen, doch beide stürzten zu Boden, wo sie spielerisch und lachend mit einander rangen, bis sie schnaubend am Boden liegen blieben, welcher noch kühl und feucht vom Morgentau war. Sigurd war über ihr, er hatte einen sonderbaren Glanz in den Augen, während er, noch vom Kampf ermattet, schwer atmete. Brynhild war wundersam schwindelig und es kribbelte sanft in ihrem Bauch. Beide blickten sich tief in die Augen. Dann aber griff Brynhild nach Sigurds Kopf und zog ihn zu sich, sein Mund zu den ihren. Sigurd war ziemlich überrascht davon, schlang doch seine Arme um sie, während sie sich ohne Scheu küssten. Sie ließ es sogar zu, dass er sich zwischen ihre Knie schob, ganz eng an sie geschmiegt, sie glaubte schon, dass ihr Blut anfing zu brodeln, erpicht ihn zu berühren und ihn zu spüren. Als aber Sigurd sich dabei ertappte wie er mit einer seiner Hände über ihren Busen strich, ließ er sie sofort los und setzte sich auf.

„Entschuldige! Ich bin zu weit gegangen, vergib mir!“ Er hatte dabei seine Arme um sich geschlungen und blickte schuldbewusst drein. Brynhild setzte sich auch auf und lächelte ihn nur an.

„Ist doch in Ordnung, du hast doch nichts falsch gemacht.“ Sie fasste seine warme, leicht raue Hand.

„Du bist wirklich ein besonderer Mensch…“ Er sah sie an, während sie seine Hand streichelte.

„Ich liebe dich, Sigurd…“ Sein Gesicht hatte auf einmal einen ungläubigen, aber glücklichen Ausdruck.

„Ist da… Wirklich?!“

„Ja…“, antwortete Brynhild ebenso glücklich.

„Ich… ich dich auch, Brynhild!“, jauchzte Sigurd und umarmte sie. Das erwiderte sie freudvoll. Menschsein ist doch nicht so schlecht, so kann sie auf gleicher Ebene mit ihm sein. Ihm allein gehören. Doch dann ließ Sigurd sie los und sprach mit gewichtigem Blick: „Brynhild, du weißt, da gibt es diesen Schatz, den ich durch den Lindwurm gekriegt habe, den Nibelungenhort. Ich habe ihn in der Nähe des Rheins versteckt.“

„Nibelungen? Du meinst doch nicht eher, Niflungen.“

„Ja, offenbar ist das wohl die moderne Aussprache oder so wird es hier zu Lande ausgesprochen. Also… ich wollte dir sagen… ich muss nochmal danach sehen. Aber ich komme so schnell wie möglich zurück zu dir!“

„Kann ich nicht mit dir kommen?“ Sigurd strich ihr zärtlich übers Gesicht.

„Leider nein. Es ist besser je weniger davon wissen, außerdem hier in der Waberlohe bist du sicher. Hier kann dich niemand mir wegnehmen.“

„Stimmt, es gibt bestimmt in der Nähe keinen Zweiten der in Drachenblut gebadet hat… Na gut, ich werde hier auf dich warten…“ Brynhild war leicht betrübt.

„Wie lange wirst du wegbleiben?“

„Wenn ich mich beeile, bin ich in zwei Wochen wieder bei dir. Und dann nehme ich dich mit, in das Reich von Hjalprek, meines Stiefvaters… Ich…ich möchte dich da zur Frau nehmen…“ Trotz dass Sigurd lächelte, war ihm dieser Satz schwer gefallen. Brynhild starrte ihn an, damit hatte sie nicht gerechnet.

„Sei mein! Sei mein! Sei mein!“, bettelte Sigurd, ihre Hand umklammert, voller Angst sie würde Nein sagen.

„O Sigurd! Dein war ich von je! Seit du mich aufgeweckt hast!“, antwortete Brynhild innig und leicht bebend. Sigurd starrte sie erwartungsvoll an.

„Dein werd’ ich ewig sein!“

„Du willst?“

„Oh Jaaaaa…“ Und sie fällt ihm in die Arme, beide lachten vor Glück.

Die nächsten Tage sammelte Sigurd Vorräte, während Brynhild diese trocknete um sie haltbar zu machen, damit sie versorgt war, ohne die Waberlohe zu verlassen zu müssen. Am Abend bevor Sigurd abreisen wollte, lagen sie zusammen geschmiegt auf ihrem gemeinsamen Lager. Brynhild war sehr still und unruhig.

„Hast du Angst?“, fragte Sigurd, leise.

„Ja, etwas…“

„Wovor?“

„Dass du mich vergessen könntest und nicht mehr zurückkehrst…“ Er schüttelte leicht den Kopf.

„Das wird nicht passieren. Ich werde dich immer lieben und dich niemals vergessen, Brynhild.“ Er zog auf einmal den goldenen Ring, den er am Finger trug ab und gab ihm Brynhild.

„Das ist mein Pfand der Treue. Der Ring aus dem Nibelungenhort.“

Brynhild betrachtete den Ring. Im schwachen Licht der draußen brennenden Waberlohe, erkannte sie schwach, eingeritzte Runen in der Innenseite des Ringes.

„Da sind ja Runen drin. Der Stil… das ist eindeutig von Zwergen Hand, wirklich aus Niflheim… >Wehe, all jenen die, von gierig Hand geleit‘… Ihnen wird auf den Fuß folgen, Tod, nie endendes Unglück und schmerzendes Leid…<“

„Ist das ein Fluch?“

„Ich glaube eher nicht. Nicht jeder Albe beherrscht Runenzauber, es soll bestimmt abergläubische Diebe abschrecken.“ Sie steckte sich den Ring an, er fasste daraufhin ihre Hand und lächelte. Wieder küssten sie sich. Etwas wehmütig musste Brynhild an zuhause denken. Trotzig aber schmiegte sie sich noch enger an Sigurd. Bald würde sie mit ihm zusammen leben, bis an ihrer beider Ende, das war wichtiger. Er streichelte ihren Rücken, sie seine Brust. Sein Atem wurde dabei schwerer und er wälzte sich auf sie, während er sich noch inniger küsste. Er berührte sie an Stellen, die sie zuvor nie so empfindsam empfunden hat. Brynhilds Angst, die grade aufgekeimt ist, schmolz unter Sigurds Berührungen hinweg und ein unbekanntes, starkes Verlangen entflammte in ihr. War es Lust? Kaum hatte sie es gedacht, hielt Sigurd inne, sein Kopf zwischen ihren Brüsten.

„Du wirst mir so schrecklich fehlen…“

„Du mir auch…“ Nach einigem Zögern löste auf einmal sie ihren Gürtel und begann sich aus zu ziehen. Sigurd erstarrte und sah ihr entgeistert zu.

„Brynhild… Was hast du vor?“ Ihre eigene Nervosität unterdrückend, zeigte sie sich ihm, so nackt wie ihre Mutter sie geboren hatte. Ihre Haut schimmerte leicht rötlich durch das Leuchten der Waberlohe draußen. Sigurd wagte es kaum zu atmen.

„Gefalle ich dir?“, fragte sie unsicher.

„J…jjja… Ja, du bist wunderschön…“ Er berührte ihre weiche Haut, sie rührte sich nicht und ließ es zu.

„Willst du etwa wirklich…?“

„Ja.“ Brynhilds Stimme klang fest entschlossen. „Wenn du mich ohnehin zur Frau nehmen willst, macht das doch keinen Unterschied, oder?“

„Ja…“ Jetzt zog sich auch Sigurd aus, aber im hastigen Tempo. Jetzt lagen beide nackt im Arm des anderen, jeder spürte den andern.

>„So wird er mich bestimmt nicht vergessen, so wird er mich bestimmt immer vor Augen haben…“< Während aber Sigurd sacht ihre Schenkel öffnete und diese liebkoste, unterdrückte Brynhild ihre Tränen des Heimwehs, das kurzzeitig wieder aufgeflammt ist, bevor sie ihn in sich empfing.

>„Er ist mir ewig, ist mir immer,

Erb’ und Eigen, ein’ und all’:

leuchtende Liebe, lachender Tod!

Lebt wohl Vater, Mutter… Thor, Balder, meine über alles geliebten Brüder, lebt auch ihr wohl… und auch du, Loki, du alte Nervensäge… ich werde euch nie vergessen, meine neue Heimat wird an Sigurds Seite sein…“<

Die Kinder des Gjuki

„Thor… ich bin mir nicht sicher, ob ich da mitmache!“

„Denk wie du willst, Balder. Ich gehe Brynhild besuchen. Wo hast du sie nochmal gesehen?“

„Im süd-westlichem Grenzgebiet, im etwas höheren Mittelgebirge. Aber Vater hat es uns verboten!!“

„Du könntest echt Stress kriegen, mit deinem alten Herrn. Lass den Blödsinn lieber, Thor.“, mischte sich Loki ein und hielt Thor an der Schulter fest.

„Ich werde schon zurückkommen bevor Vater was merkt. Loki, gib mir ein Zeichen wenn ich zurückkommen soll, am besten eines deiner Nordlichter oder so. Balder, lenke Vater ab, wenn er nach mir fragt, solange bis ich wieder da bin.“

„Du ziehst uns beide auch noch mit rein?“, fragte Balder nervös. „Thor, sei doch bitte vernünftig!!“

„Ich gehe jetzt.“ Und Thor brach auf.

„Thor! Warte!!“

„Lass ihn, Balder…“, erwiderte Loki. „Wir tun am besten, was er gesagt hat. Er doch unser Freund…“
 

Brynhild war jetzt seit sieben Tagen allein. Wie fast jeden Tag, übte sie den Speerkampf um fit zu bleiben und die Sehnsucht nach Sigurd zu vertreiben. Immer wieder lächelte sie in sich rein, nicht mehr lange und endlich würde Sigurd zurückkehren. Doch dann verdunkelte sich der Himmel und ein unheilvolles Grollen war zu hören.

„Gewitter?“ Brynhild ging rasch wieder in die Höhle, aber kein Regen fiel. Nur zuckte urplötzlich ein Blitz vom Himmel direkt vor dem Höhleneingang in den Boden. Kaum war das grelle Licht des Blitzes vergangen, stand, wie aus dem Boden gewachsen, Thor da. Brynhild staunte.

„Thor? DU BIST DA!!!!?“ Sofort stürmte sie raus und fiel ihm um den Hals. Thor drückte sie ganz fest an sich vor Freude.

„Brynhild! Endlich sehe ich dich wieder!“

„Bitte, drück nicht so fest.“, kicherte sie und Thor ließ sie los.

„Gut, siehst du aus. Sag mal…“ Thor blickte sich um.

„Ist irgendwas?“

„Wo ist denn dieser Mensch der dich erweckt hat?“

„Sigurd? Tut mir leid, aber er ist grade nicht da. Er ist unterwegs um nach seinen Schätzen zu sehen.“

„Wie? Und er nimmt dich nicht mit?“, fragte Thor verwirrt. „Wie ist er überhaupt durch Lokis Feuer gekommen?“

Brynhild erklärte: „Er hatte einen Lindwurm erschlagen und in dessen Blut gebadet. Das hatte seine Haut immun gegen Schwert und Feuer gemacht. Und von diesen Lindwurm hat er auch den Goldschatz her, offenbar stammt dieses Gold ursprünglich aus Niflheim.“

„Okay? Das hat er dir erzählt?“

„Ja, und er hat mir einen Ring aus diesem Nifelungenschatz hinterlassen.“ Dabei zeigte sie ihrem Bruder den Ring an ihrem Finger. Thor betrachtete ihn.

„So, das hat er…“ Jetzt war Thor nicht mehr so froh wie vorher. Was Brynhild über Sigurd erzählt hat, kam ihm seltsam vor und er fand, dass Brynhild sich sehr verändert hat.

„Dieser Sigurd…“, fragte Thor unsicher „Ist er in Ordnung?“ Brynhild lächelte nur und legte die Hand auf seine Schulter.

„Ja, ist er. Wir lieben uns wirklich sehr.“ Thor schwieg.

„Ich weiß, du machst dir Sorgen um mich. Aber wenn du Sigurd getroffen hast, wirst du ihn auch mögen.“

„Du bist dir sicher, dass er zurückkommt?“

„Natürlich! Er wollte mich später zur Frau nehmen!“ Thor traf diese Nachricht tief.

„Außerdem muss er zurückkommen, weil…“ Sie kicherte leise, während sie eine Hand auf ihren Bauch legte. „..ich trage unser Kind in mir.“ Das haute Thor fast aus den Socken.

„Du… du bist schwanger?!“ Glücklich lachte Brynhild nur.

„Einen Neffen oder eine Nichte? Was ist dir lieber?“ Thor rang nach Worten, das war etwas zu viel für ihn im Augenblick. Seine Schwester, ganz allein und noch dazu schwanger.

„Brynhild… Du bist irgendwie seltsam, seit du ein Mensch bist. Früher hättest du nie an sowas gedacht, heiraten und Kinder kriegen.“

„Thor, ich war da noch ein Kind und hatte keine Ahnung davon. Glaub mir wenn du das richtige Mädchen findest, wirst du so ähnlich denken wie ich jetzt.“

„Brynhild…“ Er wollte noch was entgegen setzten, als er aus den Augenwinkeln ein schwach rotes Leuchten am Himmel erkannte. Er wandte den Kopf und sah ein hellrotes Lichtband am Himmel, das leicht waberte und dabei seine Farbe von Rot, über Grün, zu Blau wechselte. Ein Nordlicht, Lokis Zeichen!

„Ich muss fort!“

„Aber…Thor…“ Mit einem Donnerschlag entschwand der Bruder, eh sie ihn zu fassen bekam.

„Thor… Grüße die anderen von mir…“
 

Thor erschien wieder in Asgard wo Loki, ihm entgegen kam.

„Verdammt, das war auch echt knapp!! Dein Alter ist grade von der Jagd zurückgekommen!“

„Brynhild… ist schwanger…“, keuchte Thor, mit den Gedanken ganz woanders

„WAS?!“ Loki fiel fast die Kinnlade zu Boden. „Wie? Meinst du… so richtig mit dicken Bauch und…?“

„Na, so weit ist sie noch nicht! Sie hat mir das grade erzählt und dass dieser Sigurd sie heiraten wird.“

„Sigurd? So heißt dieser Kerl?“

„Ja…“ Sie gingen durch die langen Gänge der Festung Walhallas und trafen auf Balder.

„Alles klar, Thor? Hat doch alles gut funktioniert.“

„Balder, unsere Prinzessin hat einen Braten in der Röhre…“

„Wie bitte?“

„Du und Thor werdet demnächst Oheime, Mann!!!“

„Das ist doch toll!“, antwortete Balder entzückt. „Dann müssen wir Brynhild erst Recht beschützen!“

„Ich weiß nicht…“, meinte Thor und hielt sich den Kopf. „…das kommt mir alles so plötzlich. Kaum ist sie erweckt, da ist sie recht bald schwanger und noch später mit diesem Menschen Sigurd im Ehebett.“

„Sag mal Thor, ist Brynhild glücklich mit Sigurd, oder wie auch immer er heißt?“

„Ja… sie schien mir sehr glücklich und du hast sie ja auch gesehen…“

„Na also, warum machst du dir dann Sorgen?“, erwiderte Balder, frohgemut.

„Balder hat Recht. Wenn Brynhild glücklich ist, habt ihr beide eigentlich keinen Grund euch zu Sorgen. Also Thor, ist doch alles in Ordnung. Wer weiß, vielleicht sieht Brynhilds Kind ja so aus wie du!“ Dabei gab er Thor einen Knuff in die Schulter.

„Ich würde mir gerne eine Nichte wünschen.“, meinte Balder mit großer Vorfreude. „Eine hübsche, kleine Nichte!“

„He, sie darf sich jetzt nicht zu sehr anstrengen, Balder.“, lachte Loki. „Außerdem, so oder so wird es hübsch, bei so einer Mutter.“

„Mann, ihr habt ja Nerven…“, grummelte Thor.

„Thor… Es ist doch das Kind unserer Schwester. Wie beide lieben doch Brynhild, also freue dich doch!“ Irgendwie hatten seine Freunde Recht, vielleicht war ihm das alles noch zu fremd, weshalb Thor sich grade nicht wirklich freute.

„Naja… Aber Vater darf nicht wissen was wir machen.“

„Natürlich nicht! Das wird unser Geheimnis bleiben.“

„Tja… ein starker Neffe, wäre mir aber auch recht.“

Thor hatte dann doch ein Lächeln im Gesicht bei dem Gedanken, Brynhild glücklich mit einen Kind auf dem Arm zu sehen. Die Söhne des Odin traten dann, ohne Loki ihren Weg zum Saale ihres Vaters an, wo er auf sie wartete.
 

…Ein Falke flog über den Himmel, mit goldbraunen Federn, sie hörte ihn kreischen und sah ihm liebevoll nach. Auf einmal kamen ein brauner Falke und ein schwarzer Adler herbei. Mit Grausen, sah sie wie der braune Falke den goldenen schwer traf und danach auch der schwarze Adler. Der Falke sank zu Boden, während das Blut vom Himmel tropfte.

>Nein… Bitte, Nein…! <

Auf einmal war sie von Flammen umhüllt, dann verschwamm alles wieder. Ein Wald stand vor ihr, dahinter bahnte sich eine Lichtsäule ihren Weg in den Himmel.

>Nein… nicht schon wieder!! Was soll das!?<

Sie sah ein Mädchen mit dunkelvioletten Haaren, zum Wald eilen. Verzweifelt verweilte sie kurz von dieser Szenerie, Tränen glitzerten in ihren Augen.

„Nein…“, wimmerte sie. „Nicht das… STIRB NICHT, LOKI-SAN!!!“ Sie stürmte wieder los.

>Wer ist sie? <

Es wurde wieder alles trüb. Auf einmal erblickte sie jetzt, wieder klar und deutlich Loki, wieder mit diesem blau leuchtenden Schwert.

„Kusanagi, ich glaube an dich. Überlass den Rest mir!!“ Er stürmte los und versenkte die Klinge bis zum Heft in Balders Brust, der nur überrascht drein schaute.

>DU…DU MÖRDER!!!! LOKI!!!<…

Der Zorn und die Trauer um ihren Bruder riss Brynhild aus dem Schlaf.

„Das ist doch nicht wahr!!! Nein… mein Bruder… Loki, du Bastard…“ Abgesehen von dem Traum mit dem Falken und dem Feuer, war das fast derselbe Traum den sie hatte, seit sie ein Kind war. Dreimal hatte sie ihn jetzt geträumt und jedes Mal waren neue Details dazu gekommen, wie dieses Mädchen jetzt, mit dem seltsamen Namen Kusanagi.

„Das ist nicht wahr… Das ist nicht wahr… ich bin doch keine Völva… niemals… das ist nicht wahr… Er liebt ihn doch… das kann er doch nicht machen…“ Hat sie doch die hellseherischen Kräfte ihres Vaters geerbt? Warum quälte sie dieser Traum schon wieder? Noch lange weinte Brynhild wegen des Traumes. Sie ahnte aber nicht, dass in einiger Entfernung eine andere Person denselben Traum mit dem Falken hatte wie sie. Glücklicherweise für sie, nur mit dem Falken…
 

Sigurd war grade dabei ein Lager für die Nacht aufzuschlagen. Zwei Tagesritte noch und er ist wieder bei Brynhild. Wie sehr ihr entgegen fieberte. Dann aber hörte er aus der Ferne ein Jagdhorn. Etwas später, kam ein Tross mit einigen Jägern vorbei, ein Mann mittleren Alters, mit schwarzen Haaren und dunkler Kleidung und eine alte, aber würdevoll dreinblickende Edeldame mit Krone waren mit Pferden dabei. Sie hielten an als sie Sigurd sahen.

„Was macht Ihr hier, Bursche?“, fragte der Schwarzhaarige.

„Ich… ich wollte hier nur mein Lager für die Nacht aufschlagen. Ich wusste nicht dass es Eure Wälder sind, Herr.“

„Eigentlich gehören diese Wälder mir und meinem verstorbenen Gemahl.“, meldete sich die Dame und blickte etwas hochmütig drein.

„Wer seid Ihr eigentlich, Fremder?“

„Sigurd Fafnisbani Sigmundson, Herrin“

„Sigurd Fafnisbani?“ Ein Raunen ging durch den Tross.

Auf die fragenden Blicke der Anwesenden antwortete Sigurd nur: „Ihr habt offenbar von mir gehört?“

„Na ganz gewiss!“, antwortete der Schwarzhaarige. „Wer hat nicht von König Sigmunds Sohn gehört, der den Lindwurm Fafnir erlegt und den Nibelungenhort gewonnen hat!“

„Übernachtet doch bei uns, edler Held.“, warf die Edeldame ein. „Unsere Burg ist nicht weit. Högni, mein Sohn…“ dabei deutete sie auf den Schwarzhaarigen. „…wird alles herrichten lassen.“

„Danke, Herrin. Ich nehme euer Angebot gerne an, Frau…“

„Grimhild ist mein Name, ich bin die Gemahlin des Landesherren Gjuki, die Götter haben ihn Seelig…“

„Danke Frau Grimhild.“ Sigurd stand auf und raufte seine Sachen zusammen, die er dann auf sein Pferd Grani lud.

Högni und der Tross gingen voraus, zur Burg. Grimhild geleitete in einiger Entfernung Sigurd.

„Was führt Euch eigentlich hier her, Drachenbezwinger? Euer Reich ist doch eigentlich etwas weit weg.“

„Naja, der Sinn nach Abenteuer und natürlich meine große Tat. Sagt, Frau Grimhild, Ihr sagtet, dass Ihr Gjukis Witwe seid. Meintet Ihr doch nicht etwa den mächtigen König der Burgunden?“

Geschmeichelt antwortete Grimhild: „Ja, genau. Gunnar, der amtierende König, ist mein zweiter Sohn.“

„Zweiter Sohn? Und was ist mit Eurem anderen Sohn Högni?“

„Er ist zwar mein Erstgeborener, aber stammt von meinem ersten Ehemann, dem alten Herren von Tronjem im Norden. Leider raffte ihn eine Seuche ihn dahin. Mein Schwager herrscht stattdessen jetzt.“

„Ach so, verstehe. Und wenn dieser keinen Sohn hinterlässt, könnte Euer Sohn und seine Nachkommen herrschen.“

„Ja…“ Grimhild lächelte. „Eine Frau kann stolz sein, wenn zwei mächtige Könige aus ihrem Schoß stammen.“

„Ist es noch weit?“, fragte Sigurd jetzt.

„Gar nicht weit, nicht einmal eine Stunde werden wir brauchen.“

„Gut, dann verliere ich nicht so viel Zeit, wenn ich morgen wieder aufbreche.“

„Ihr wollt uns morgen schon wieder verlassen?“

„Ja, Brynhild, meine Verlobte wartet auf mich.“, meinte Sigurd mit glänzenden Augen.

„Brynhild? Sie heißt ja so ähnlich wie diese Walküre aus den Legenden.“

„Eben, die meine ich!“ Sigurd war ganz aufgeregt. „meine Brynhild… die Götter Thor und Balder hätten keine holdere und klügere Schwester haben können…“

„Wie? Sie ist göttlichen Blutes? Die Legende stimmt da auch?“ Grimhild war ehrlich überrascht. „Da habt ihr Euch aber eine hochgestellte Braut erwählt.“

„Sie ist einfach das wundervollste Geschöpf, das je den Boden von Asgard und Manheim berühren durfte…“, säuselte Sigurd, mit seinen Gedanken nur bei Brynhild. Grimhild schwieg und beide ritten weiter zur Burg.

Högni hatte den Besuch bereits angekündigt und einige Bedienstete bereiteten Speis und Trank für den Gast vor. Später traten Grimhild und Sigurd in die Halle. Ihnen trat ein junger, gekrönter Mann mit hellbraunen Haaren entgegen, etwas älter als Sigurd, aber gekleidet in einer edelbestickten Tunika, wollenen Hosen und einem über der Schulter liegenden Umhang in tiefem rot. Breit lächelnd reichte er Sigurd sie Hand.

„Seid Willkommen, Fafnisbani! Ich bin Gunnar Gjukason, der Herr der Burgunden.“

„Ich bin erfreut, König Gunnar! Verzeiht Euch zu dieser späten Stunde Euch zu behelligen, aber Eure Mutter und Bruder…“

„Aber nicht doch! Es macht uns keine Umstände. Für den Bezwinger des Fafnir und dem Herrn des Nibelungenhortes scheuen wir keine Mühen.“

Beide setzten sich an den Tisch zu Högni, der da schon saß und ein Kammerdiener brachte Sigurds Umhang und Bündel in seine Kammer. Grimhild trat ab und ließ die Männer allein. Hinter dem Türrahmen, durch den aber grade Grimhild durchging, lungerte neugierig ein junges Mädchen. Mit ihren braun-grauen Augen erblickte sie den Gast an der Seite Gunnars. Als Sigurds Blick auf sie fiel, versteckte sie sich scheu wieder hinter der Tür.

„Wer war das?“, fragte Sigurd.

„Wer?“, fragte stattdessen Gunnar.

„Das Mädchen da grade eben.“

„Ach, das kann nur meine Schwester sein, sie ist etwas scheu. Besonders seit sie vor kurzem einen schlimmen Traum mit einem Falken hatte, der zerfetzt wurde.“

„So…“

Das junge Mädchen hielt sich verborgen. Ihre Wangen glühten und ihr Herz wummerte vor Aufregung. Grimhild, die in einiger Entfernung, das Verhalten ihrer Tochter beobachtet hatte, wunderte sich etwas.

„Gudrun.“, sprach Grimhild leise. „Ist irgendwas?“

„Er ist wahrhaftig hier… Sigurd…“, hauchte sie. Grimhild legte die Stirn in Falten. Sie blickte zu Sigurd rüber, dann zu ihrer Tochter und überlegte dabei. Mit einen Male lächelte sie verschwörerisch.

„Gudrun, gefällt er dir?“

„Ach… er sieht besser aus, als ich es mir vorgestellt habe! Und wie er spricht…“

„Hmmm… kann ich dich was fragen? Was hältst du davon, wenn er um deine Hand anhält? Alt genug bist du dafür.“

„Was, um meine Hand?! Aber er würde mich bestimmt nicht beachten…“

„Nun…“, sprach Grimhild. „Es gäbe da eine Möglichkeit. Komm mit.“ Sie gingen in die Kammer von Grimhild, wo diese in ihrer Truhe, ganz unten nach etwas suchte. Schließlich fand die Königin was sie suchte. Ein kleines Ledersäckchen, worin gemahlene Kräuter und ein winziges, bekritzeltes Stück Pergament waren.

„Was ist das, Mutter?“

„Wenn du diese Kräuter mit Wein oder Met mischt, entsteht daraus ein Trank, der Männern die Erinnerung raubt und ihre Leidenschaft für die erste Frau entflammt, die er dann sieht.“ Gudrun staunte.

„Wirklich? Funktioniert das?“

„Deine Großmutter hatte einst einer Völva, im Winter, Obdach für die Nacht gegeben. Aus Dankbarkeit schenkte sie ihr dies Rezept was auf diesem Pergament steht. Deine Muhme hat bereits bei deinem Oheim diesen Trank eingesetzt und sieh sie an…“

„Stimmt, und das war des Trankes Wirkung?“

„Ja, mein Kind…“

„Aber… du willst doch nicht etwa…?“

„Doch, Gudrun… Damit würdest du die Treue Sigurds sichern. Ein Mann solchen Ruhmes und Reichtums ist eine wunderbare Partie und viele Mädchen würden sich um ihn reißen! Du aber, sollst die Glückliche sein… Also nun, willst du Sigurd zum Mann?“ Dabei streckte sie Gudrun das Beutelchen entgegen. Diese zögerte zuerst und dachte nach. Sigurd Fafnisbani der große Held und Herr des Nibelungenhortes, würde dann um ihre Hand anhalten und ihr ewig treu sein? Er würde jedes andere Mädchen ignorieren und nur sie im Sinn haben? Sie griff dann nach dem Beutel.

„Ja…“

„Gut… Lass dir den besten Wein und Met bringen und mischen, dann füge zwei Fingerspitzen voll von den Kräutern hinzu. Serviere dann Sigurd den Trunk und sorge dafür, dass er dich sieht wenn er austrinkt.“

„Wie lange hält die Wirkung an?“

„Wenn du jeden Monat zur selben Zeit, ihn eine Dosis verabreichst, ewig… Aber achte auf die Dosis! Zu wenig und er ignoriert dich! Zu viel und er vergisst sogar seinen Namen!“

„Nein, Mutter ich werde Acht geben!“

„Gut, jetzt geh!

Gedenk’ des Trankes im Schrein;

vertraue mir, der ihn gewann:

den Helden, des du verlangst,

bindet er liebend an dich.

Verlier bloß keine Zeit, mein Kind und tu was ich dir gesagt habe!“

Gudrun tat wie ihr geheißen und orderte einem Diener Met und Wein zu mischen und in Becher ein zu schenken. Servieren würde sie selber machen. Grimhild lächelte zufrieden, diese Verbindung ihrer Tochter mit Sigurd, würde den Burgunden, und somit ihr selber, Ansehen und Reichtum bescheren. Andernfalls wäre es doch eine Verschwendung dieses Mannes, würde er zum Gatten einer verbannten Göttin.
 

„Sagt mal, Sigurd…“, fragte Gunnar. „Wie habt Ihr es geschafft dieses Ungeheuer, diesen Lindwurm zu erlegen?“

„Nun, Regin und ich hatten auf seinem Weg zum Fluss, wo er trinkt, eine Grube ausgehoben und ich habe mich darin versteckt, getarnt mit Ästen und Zweigen. Kaum war der Lindwurm raus gekommen und über der Grube, habe ich ihn mit voller Wucht das Schwert in den Leib gerammt. Das Vieh hatte sich erstmal vor Schmerzen gewunden und hat mich, immer noch am Schwert hängend, ein ganzes Stück mit sich geschliffen, bevor es zusammen brach. Ich konnte mich danach aber mit Mühe unter seinem Leib raus stemmen.“

„Einfacher aber gelungener Plan! Hattet Ihr keine Angst dabei?“

„Naja.. Aufgeregt würde ich eher sagen“, scherzte er und Gunnar lachte.

Auf einmal, kam Gudrun herbei mit einem Tablett mit drei Bechern.

„Gudrun, Schwesterlein… Du kredenzt uns heute den Trunk?“

„Ähm… ja…“, antwortete sie und reichte Gunnar und Högni je einen Becher. Mit flatterndem Herzschlag reichte Gudrun Sigurd den dritten Becher und trat scheu ein paar Schritte zurück. Sigurd stoß mit den andern an und nahm einen tiefen Schluck.

Einige Augenblicke später ließ er aber, bleich im Gesicht, den Becher fallen und hielt sich stöhnend den Kopf.

„Sigurd!“

„Geht’s Euch nicht gut?“, fragte Gunnar besorgt. Gudrun trat zu Sigurd und wollte ihm auf helfen.

„Wollt Ihr Euch nicht lieber hinlegen?“ Sigurd blickte Gudrun direkt ins Gesicht und es lag ein anderer Glanz in seinen Augen als vorher. Auf einmal lächelte er das Mädchen an.

„Nein, alles in Ordnung… Der Wein war wohl stärker als gedacht.“ Gudrun atmete erleichtert auf und wollte wieder gehen, doch Sigurd hielt ihre Hand fest.

„Wie heißt du, meine Schöne…“ Gudrun errötete, es wirkte offenbar.

„Gudrun Gjukasdottír…“

„Gudrun…“ Er küsste ihren Handrücken. „Das bedeutet doch so viel wie „Götter-Rune“, oder irre ich mich?“

„So ungefähr…“ Sacht zog Sigurd Gudrun zu sich. Er hätte sie bestimmt auf seinen Schoß gezogen, würde nicht ein Stuhl neben ihm stehen. Gudrun schwieg einfach, mit so einer raschen Wirkung hatte sie nicht gerechnet.

„Wusstest du, dass ich Runensprache lesen und schreiben kann?“ Sie staunte und schüttelte den Kopf.

„Nein, das wusste ich nicht! Ich dachte nur Gelehrte, kennen diese Schrift noch!“

„Wenn du willst, zeige ich dir wie dein Name in Runen geschrieben wird.“

Er zückte sein Jagdmesser und ritzte in das Holzbrett vor ihm, das ihm eigentlich später als Teller dienen sollte, Gudruns Namen in Runenschrift ein. Alle im Raum waren beeindruckt.

„Erstaunlich…“

„Und sogar richtig.“, meinte Högni, der auch der alten Schrift noch mächtig war.

„Ihr steckt voller Überraschungen, Sigurd“, hauchte Gudrun begeistert. „Wo habt ihr das gelernt?“

„Ähmmm…“ Sigurd überlegte angestrengt, doch er konnte sich einfach nicht erinnern wo oder besser gesagt von wem er das gelernt hat. In seinen Erinnerungen klaffte ein großes schwarzes Loch.

„Es hört sich seltsam an, aber… ich weiß nicht wo ich das gelernt habe…“

„Also mir ist das egal.“, antwortete Gunnar amüsiert. „Nicht jeder kann sowas.“ Sigurd hörte nicht zu und starrte Gudrun unentwegt mit einem feurigen Blick an, während er Gudruns Hand, die er immer noch hielt, an seine Brust legte.

„Ähmmm… Sigurd, Ihr seid Gast… ähm, bitte…“

„Jeder Mann den du anblickst muss sich glücklich und geehrt fühlen. Ich beneide deinen Verehrer, so sehr dass ich ihn am liebsten töten würde.“

„Nun… Gudrun würde von so manchen Mann umbuhlt, aber sie hatte sich nicht entschieden…“ Sigurd wandte ruckartig den Kopf als er es hörte.

„Ich habe noch eine Chance?! Dann möchte ich um die Hand Eurer Schwester bitten!“

„Euch gefällt meine Tochter?“, kam es von Grimhild, die die ganze Zeit hinter der Tür sich verborgen hatte.

„Oh ja… Gudrun ist ein wahrliches Bild von Lieblichkeit, wie nirgend wo sonst…“ Wieder an Gudrun gewandt. „Natürlich nur wenn du willst, liebste Gudrun, möchte ich um deine Hand anhalten… Wenn du mich aber nicht willst, werde ich dich nicht zwingen, aber ich würde nicht mehr leben wollen…“

„Sigurd, natürlich… Ich würde mich so freuen Eure Frau zu werden…“

„Dann ist die Sache abgemacht!“, meinte Grimhild erfreut.

„Nicht ganz, Mutter!“, widersprach Gunnar. „Es ist doch Tradition bei den Burgunden, dass die jüngeren Geschwister nicht vor den Älteren heiraten. Also, wenn ich noch keine Braut habe, kriegt Sigurd Gudrun noch nicht.“

„Gunnar, das ist doch unwichtig!“

„Keine Sorge, Mutter. Ich habe auch schon eine Braut in Aussicht.“

„Gunnar.“, meldete der bisher schweigsame Högni. „Du meinst doch nicht etwa…?“

„Oh doch, Högni! Ich meine die Walküre Brynhild.“, antwortete Gunnar mit leuchtenden Blick. Grimhild erstarrte, das passte ihr nicht in ihren Plan.

„Mein Sohn… Es gibt doch noch andere schöne Mädchen edlen Blutes, die du freien kannst…“

„Aber keine so edel wie sie… Tochter des großen Odin, stark wie ihr mächtiger Bruder Thor und schön wie ihr lichter Bruder Balder… Es wäre eine große Ehre so ein Weib sein eigen zu nennen…“

„Schön und gut… aber du weißt nicht einmal ob sie existiert.“

„Sie existiert…“, meldete sich Sigurd. „Und wenn Ihr wollt, Gunnar, hole ich sie für Euch.“ Gunnar war erfreut über diesen Vorschlag.

„Gerne, wenn ihr aber die Waberlohe nicht fürchtet, denn…“

„Ähnlich wie der Gott Balder bin ich unverwundbar, das Bad im Blut des Drachen hat dies möglich gemacht. Das Feuer kann mir nichts anhaben.“

„Gut! Aber Ihr müsst sie auch im Kampf bezwingen, sie ist stark, immerhin ist sie Walküre.“

„Das tue ich in Eurem Namen und wenn es sein muss in Eurer Rüstung.“

„Perfekt! Dann wird sie denken ich habe sie bezwungen und wird mir dementsprechend Respekt zollen! Gut Sigurd, wir brechen morgen zu Brynhild auf!“

„Gunnar, ich finde es keine gute Idee…“, warf Högni ein. „Du betrügst so deine Braut noch bevor sie in deinem Bett weilt. Das ist kein guter Start für eine Ehe.“

„Außerdem…“, mischte sich Grimhild ein. „Bin ich der Meinung, dass du eine einfachere Braut wählen solltest.“

„Der König hat entschieden!“, donnert Gunnar und schlug mit der Faust auf den Tisch. „Sigurd, das müssen wir besiegeln, mit Blutsbrüderschaft!“ Dieser nickte einverstanden. Schon bat man um ein Gefäß mit Met und beide fügten sich kleine Schlitze in ihre Unterarme zu und drückten diese Wunden aufeinander. Während beide feierlich sich Treue und Ehrlichkeit schwören, ließen sie ihr vermischtes Blut in den Met tropfen, den sie zur Stärkung des Bundes dann tranken. Danach, begab sich jeder zu Bett.
 

Der Morgen graute bei Brynhilds Versteck. Heute würde endlich der Tag sein an dem Sigurd endlich zurückkäme. Ganz aufgeregt achtete sie auf jedes Geräusch, was einen Reiter oder etwas ähnliches ankündigte, während sie ihre Haare zurecht machte so gut wie sie konnte. Sie wollte unbedingt hübsch für ihren Liebsten sein. Dann hörte sie aber Schritte durch das Brausen der Flammen.

„Er ist hier!“ Aufgeregt stellte sich Brynhild vor den Höhleneingang. Die Augen fixiert auf die Waberlohe, sah sie mit Schrecken, dass ein ihr fremder Mann durch die Feuersbrunst brach. Er war in, ihr unbekannter, Kleidung gekleidet und ein Helm verdeckte sein Gesicht.

„Was…?! Wer bist du?!“

Er schwieg und trat auf sie zu.

„Halt, zurück!!! Was hast du vor?!!“

Er wollte nach ihr greifen, sie wich aus, bevor er wieder nach ihr griff. Sie riss sich los und trat ihm in den Magen. Was sie nicht ahnte war, dass es sich hier um Sigurd handelte, der sich verkleidet hatte. Er stöhnte, der Tritt in den Magen war hart. Brynhild eilte zu ihrem Speer und ergriff ihn. Drohend richtete sie die scharfe Spitze auf den Eindringling, dieser zog das Schwert.

„Du hast dir den falschen Gegner ausgesucht!

Bleib’ fern! Fürchte dies Zeichen!“, dabei deutete sie auf ihren Gürtel, ihr Rangabzeichen den sie von ihrem Vater gekriegt hat.

„Zur Schande zwingst du mich nicht,

nicht Odins Kriegerin!“

Sie stürmte mit den Speer auf ihn zu, der parierte mit dem Schwert. Brynhild versucht von mehreren Seiten auf ihn einzudringen, er wich aus und wehrte immer wieder ab. Einen erfahrenen Kämpfer hatte sie vor sich, aber aufgeben würde sie niemals. Wieder versuchte sie, laut schreiend ihren Gegner aufzuspießen, doch dieser schritt geschickt zur Seite und hebelte mit dem Schwert Brynhild den Speer aus der Hand und packte sie. Sie riss sich abermals los, ihr Gegner konnte sich noch an ihrem Gürtel erwischen, der dann aber zerriss. Brynhild wandte sich nach ihrem Speer, bevor ihr Gegner mit dem Schwertknauf ihr auf den Kopf schlug. Brynhild schwankte.

„Sigur…“, hauchte sie noch bevor sie ohnmächtig, zusammen sackte. Schnaubend stand Sigurd über Brynhild und nahm Gunnars Helm ab. Er sah auf die reglose herab und entdeckte seinen eigenen Ring an ihrem Finger.

„Wie kommt der denn an ihren Finger?“, fragte er sich und zog ihn ab. Kaum aber betrachtete er den Ring genauer, pochte es schmerzhaft in seinem Kopf, wie da als er an Gjukis Hof den Wein getrunken hatte. Etwas regte sich in seinem Kopf. Sigurd schüttelte diesen nur und steckte den Ring ein. Dann hievte er Brynhild auf, nahm sie unter den Arm und sprang durch die Feuersbrunst. Kaum war er aber mit ihr durch erlosch das Feuer. Gunnar kam ihn entgegen.

„Hat es funktioniert?!“

„Ja, hier habt Ihr Eure Braut.“ Er übergab die bewusstlose Walküre Gunnar. Er trug sie auf dem Arm, entzückt und glücklich betrachtete er ihr Gesicht.

„Sie ist wirklich wunderschön… Sigurd, hole noch alles was ihr Besitz ist, dann tausche, bitte mit mir wieder die Kleider. Gudrun wartet daheim auf dich…“

„Ja, sofort!“ Sigurd eilte nochmal zur Höhle und holte Brynhilds Speer, Schild und Helm. Dann tauschte er wieder mit Gunnar die Kleider und eilte auf Granis Rücken zurück.

Als Brynhild später erwachte, war sie erzürnt über den Mann der neben ihr saß und auf ihr Erwachen gewartet hatte. Sigurd war schon längst weg.

„Was…Du!!!“ Mit der Faust wollte sie ihm die Nase brechen, doch Gunnar hielt ihre Hand fest.

„Ganz ruhig… Du willst offenbar nochmal kämpfen, richtig?“

„Nein, ich will dich umbringen, du unverschämter Mistkerl!!!“

„Aber, aber… lass die harten Worte gegenüber deinem Bräutigam…“

„Bräutigam?“

„Mein Bruder, will Euch, Odinsdottír, zur Frau nehmen.“, beantwortete Högni ihre Frage, dabei hatte er ihren Speer und Schild in der Hand.

„Meine Waffen!!! Gib sie mir sofort zurück!!!!“

„Deine Waffen brauchst du nicht mehr.“ Gunnar hielt Brynhild fest ehe diese sich auf Högni gestürzt hätte. „Komm, gehen wir Heim. Meine Mutter und Schwester werden sich über die neue Königin der Burgunden freuen.“

Er half Brynhild auf sein Pferd auch wenn diese sich sträubte. Während sie zurück zur Burg ritten, beschloss Brynhild bei der nächsten Gelegenheit, ihr Waffen zurück zu holen und zu fliehen.
 

Fast zwei Tage später, schwebten Thor, Balder und Loki über dem Berg wo Brynhild gelegten hatte, um sie, trotz Odins Verbot, zu besuchen. Als die drei landeten wunderten sie sich, dass das Feuer aus war.

„Das letzte Mal wo ich hier war, hatte das Feuer noch gebrannt.“

Loki untersuchte die Felsspalte woraus die Flammen gebrannt hatten.

„Das ist ja eiskalt! Das Feuer muss sehr lange aus sein.“

„Brynhild?!“ Thor betrat die Höhle, niemand war zu sehen. Ihm fiel aber noch was auf.

„Ihre Waffen sind weg!“

„Ob sie mit diesem Sigurd weggegangen ist?“, fragte Loki und sah sich auch um. Thor war betrübt.

„Bestimmt, deswegen ist alles weg…“

„Bei den Gebeinen Ymirs!!!“, rief Balder auf einmal und hob etwas vom Boden auf. „Brynhilds Gürtel!!! Er ist zerrissen!!!“

„WAS?!!“ Seine Freunde kamen herbei und sahen den zerrissenen Gürtel in Balders Händen.

„Tatsächlich! Das ist ihr Gürtel!!“

„Den hat man ihr ganz offensichtlich mit Gewalt abgerissen. Bestimmt im Kampf“, mutmaßte Loki.

„Du meinst, man hat Brynhild gewaltsam entführt?!“, fragte Balder. Thor erbleichte, dann aber wurde er wütend.

„Wir müssen sie schnell finden!!“

„Aber Vater wird merken, dass wir weg sind!!“

„Willst du unsere Schwester im Stich lassen, Balder?!“, fragte Thor in Rage seinen Bruder.

„Nein, aber ich will nicht, dass wir beide Ärger mit Vater kriegen…“

„Ich werde Brynhild suchen!“, meinte Loki entschlossen. „Ich bin nicht an Odins Verbot gebunden und kann sie so suchen gehen.“

„Ja, bitte Loki, mach das.“, bat Balder verzweifelt Loki. „Thor und ich kehren zurück und halten dir den Rücken frei.“

„Loki, komm ja nicht zurück ohne Brynhild gefunden zu haben!“

„Ja, Thor.“

Und die Freunde entschwebten, Thor und Balder kehrten zurück nach Asgard, Loki schwebte über den Wald und suchte nach Spuren von Brynhild.

Kurz vor einer mächtigen Burg, im Wald entdeckte er zwei Reiter. Loki näherte sich unauffällig. Er entdeckte bei dem einen Reiter, dass eine junge Frau mit dunkelbraunen Haaren bei ihm ritt.

„Brynhild!“, dachte sich Loki und folgte ihnen, ohne von ihnen gesehen zu werden. Er wollte rausfinden was hier vor sich ging und was sie mit ihr vorhatten. Sie erreichten die Burg, Loki versteckte sich hinter den Mauern. Widerstrebend wurde Brynhild durch das Innentor gedrängt. Durch ein Fenster sah Loki, wie die beiden Männer mit Brynhild einen Saal betraten. An der Tafel die da stand, saßen eine alte Frau, ein junges Mädchen und ein junger blonder Mann, der mit ihr rumschäkerte. Kaum hatte sich die Tür geöffnet, standen die drei auf, um die ankommenden zu empfangen.

„Herzlich Willkommen, meine Tochter.“, sprach die alte Dame, betont herzlich und umarmte Brynhild. Diese erwiderte den Gruß nicht, sondern blickte ihr über die Schulter und entdeckte Sigurd an der Seite des jungen Mädchens. Sie stoß die Dame zur Seite und eilte auf Sigurd zu, den sie herzlich umarmte.

„Gepriesen sei Ymirs Herz, Sigurd!!!“ Sigurd rührte sich nicht. „Bitte hilf mir, dieser Kerl behauptet ich wäre seine Braut! Sigurd?“ Irritiert starrte sie Sigurd an, der ins Leere blickte. Auch Loki, der immer noch durchs Fenster guckte wunderte sich.

„Was ist denn los mit dir? Erkennst du mich nicht mehr? Ich bin es doch! Brynhild!“

„Gunnar, deinem Weib ist übel!“, lachte Sigurd auf einmal und schubste sie von sich weg. Brynhild, und auch Loki, konnten nicht glauben was sie da hörten.

„Aber…“

„Sie hat wohl zu lange im Wald gehaust, nicht wahr liebster Sigurd?“, meinte Gudrun und umklammerte seinen Arm.

„Beim Kampf, habe ich wohl ihr zu hart auf den Kopf gehauen. Aber sie wird wieder, liebe Schwester.“, entgegnete Gunnar. Brynhild bemerkte dann an Gudruns Finger ihren Ring, den sie von Sigurd hatte.

„D… der Ring…“

„Den hat mir Sigurd gegeben.“, antwortete Gudrun, fast hochmütig, worauf ihre Mutter sie tadelnd ansah. Sie schwieg dann.

„Tja, dann müssen wir nur noch die Hochzeit vorbereiten. Mutter, bitte geleite Brynhild in ihr Gemach, ich werde viel zu tun haben.“

„Komm mit…“, sprach Grimhild sanft, aber innerlich erzürnt über das Verhalten ihre Kinder. Darüber, dass ihr Sohn doch Brynhild zu sich hatte holen lassen und darüber, dass ihre Tochter fast alles vermiest hätte, nur weil sie stolz war, Sigurds Braut zu sein. Brynhild fühlte sich als ob sie fallen würde, als ob alles um sie herum zerbrach.

Loki am Fenster, hatte genug gesehen.

„Das wird Thor nicht gefallen…“, dachte er schlotternd als er zurück nach Asgard kehrte.
 

In Asgard warteten Thor und Balder, in Balders Gemächern, ungeduldig auf Loki. Endlich war er wieder da.

„Wo ist Brynhild?!“, platzte Thor sofort mit der Frage raus.

„Bei einem Menschenkönig, soweit ich das sehen konnte. Aber ich habe schlechte Nachrichten…“

„Was für schlechte Nachrichten?!“

„Sprich Loki! Was ist passiert?!“

„Dieser Menschenkönig, er will Brynhild heiraten und noch schlimmer dieser Sigurd, der kriegt die Schwester dieses Typen und hat sich über Brynhild lustig gemacht, als sie ihn ansprach…“

„SIGUUUUUUUUUURRRRRRDDDDD!!!!!!!!!!!!!!!!!!“ Thors Stimme ließ den Himmel erzittern und grollende Gewitterwolken aufziehen, sogar in Manheim konnte man Thors Zorn am Himmel erkennen.

„Beruhige dich bitte, Thor!“, bat Balder, stellte sich zwischen ihn und Loki.

„Warum hast du nix getan, Loki?!!!!“

„Was hätte ich tun sollen?! Ich bin auch darüber empört!“

„Dieser Hurensohn!! Ich bring ihn um!!“ Thor griff nach seinem Hammer und stürmte los. Balder und Loki versuchten ihn fest zu halten.

„Halt, Thor!!“

„Das wird Brynhild auch nicht helfen!!“

„Dein alter Herr wird dich verbannen!!“

„Das ist mir egal!! Ich bringe diesen Wurm um!!“ Er riss sich von seinen Freunden los und war fast draußen.

„Loki, mach die Augen zu!!!“ Loki tat was Balder sagte und aus seiner Handfläche schoss ein greller Lichtblitz, der den ganzen Raum erhellte und Thor blendete, so dass er stehen blieb und sich die Augen rieb.

„Tut mir leid, Bruder.“, meinte Balder, der natürlich nicht von seinem eigenen Licht geblendet war. Er trat auf Thor zu, in seinen Weg.

„Wenn du jetzt aber losstürmst und Sigurd umbringst, wird Vater dich verbannen. Er will nicht dass wir Willkür an den Menschen ausüben.“

„Das ist keine Willkür sondern Gerechtigkeit…“, knurrte Thor und blinzelte. „Dieser Mistkerl, verspricht Brynhild die wahre Liebe und Ehe, schwängert sie und dann wirft er sie weg. Was glaubt er wen er vor sich hatte? Eine billige Dirne?!“

„Ich bin auch sauer und verstehe dich, aber Balder hat Recht. Und wenn du verbannt wirst, kannst du Brynhild erst Recht nicht helfen. Und wer weiß, vielleicht wäre Brynhild nicht glücklich darüber wenn du Sigurd umbringst, verliebte Weiber benehmen sich unlogisch.“

„Wir können nur dafür sorgen, dass sie nicht noch mehr Kummer bekommt. Mehr können wir nicht tun.“

„Was ist denn hier los? Thor!“ Odin kam grade herbei. Die Jungs erschraken.

„Was ist den passiert? Der Himmel sieht nach Gewitter aus! Warst du das, Thor?“

„Ja, aber nur weil ein paar Menschen sich über Thor lustig gemacht haben. Das hat ihn echt angekratzt.“, antwortete Loki und Balder nickte zustimmend. Odin schüttelte den Kopf.

„Wenn es nichts anderes ist… Gebe den Worten von Menschen keine Bedeutung. Menschen sind sehr oft sehr dumm…“ Damit tritt Odin ab. Es war besser er weiß noch nichts von dem Schicksal seiner Tochter. Thor bebte immer noch vor Zorn, ließ aber den Griff seines Hammers los.

„Wenn die Gelegenheit günstig ist, wird Sigurd sterben, das verspreche ich…“, sagte er zu sich in Gedanken.
 

Die Hochzeit war dann auch recht bald gefeiert. Brynhild war es die ganze Zeit so unwirklich gewesen, dass sie einen anderen als Sigurd heiratete. Er sah sehr glücklich aus an Gudruns Seite, dass Brynhild schon Mühe hatte während der Zeremonie ihre Tränen zurück zuhalten. Danach würden Sigurd und Gudrun abreisen, in Sigurd sein Reich, dass einst seinem Vater gehörte. Brynhild würde ihn dann nicht mehr sehen. Ohne ihn, schien ihr Leben keinen Sinn mehr ergeben.

Ihre Hochzeitsnacht stand an, Brynhild lag bereits im Bett, bevor Gunnar dazu kam. Sie beachtete ihn nicht als er sich zu ihr legte. Ihm war schon aufgefallen, dass sie schon den ganzen Tag verstimmt war.

„Was hast du denn?“ Brynhild schwieg und sah ihn nicht an. „Komm… lächle mich doch mal an… ich werde dich auch glücklich machen…“ Dabei schlichen seine Finger unter ihr Gewand. Da stoß sie ihm ihren Ellbogen in den Leib, gab ihm einen Tritt dass er aus dem Bett fiel. Dann schnappte sie sich ein Laken und schnürte ihn damit zusammen.

„Aber…Brynhild!!!“ Wie in Trance, hing sie den so verpackten Gunnar an einem Fackelhalter an die Wand, wo er hilflos rum zappelte.

„Was ist mit Euch?!“, begann Brynhild, mit einer Stimme worin Spott und Zorn gleichzeitig zu hören war. „Ihr hattet mich doch im Kampf besiegt und jetzt…? Selbst als ich klein war konnte ich meinen großen Bruder Thor so aufhängen wie Ihr jetzt!“

„Naja… ich hatte den Überraschungsmoment auf meiner Seite… Ach, komm Brynhild, nimm mich wieder runter… Ich bin immerhin dein Mann…“

„Ich bin zwar jetzt Eure Frau, aber Euer Weib werde ich niemals sein… Gute Nacht…“ Fast die Hälfte der Nacht lag Brynhild wach und weinte still. Wieder sehnte sie sich nach daheim. Ihre Mutter würde sie bestimmt im Arm halten und die richtigen Worte zum Trost sagen. Thor würde ihr versichern sie niemals allein zu lassen und Balder würde versuchen sie mit seinem Optimismus anzustecken. Dann aber fühlte sie eine winzige Bewegung in sich, zart wie ein Tropfen Morgentau der über ein Blatt rollte. Ihr Kind von Sigurd. Offenbar spürte es den Kummer seiner Mutter und versuchte auf seine Weise sie zu trösten, was offenbar klappte, den zaghaft gewann sie ihren Mut wieder. Sie begann wieder einen Sinn in ihrem Leben zu sehen. Sigurds verlorene Liebe würde in Form dieses Kindes weiter leben.
 

Sigurd und Gudrun waren nach langer Reise in seinem Reich angekommen und wurden herzlich empfangen. Aber in der Nacht, vor der Nachtruhe, als Sigurd sich bettfertig machen wollte, überkam ihm ein Gefühl der Übelkeit und sein Schädel schmerzte. In seinem getrübten Gedächtnis, waberte leise dann immer lauter ein Name bis er ihn aussprach.

„Brynhild… Bryn…hild… Was mache ich hier?“ Er schwankte, Gudrun kam grade zu ihn.

„Sigurd! Was ist mit dir?!“

„Bryn…Brynhild… ich muss zu ihr…“ Gudrun erschrak, in ihrem Glücksrausch hatte sie, den Trank vergessen. Sie bugsierte Sigurd zu einem Stuhl.

„Be…bevor du gehst, solltest du dich lieber mit einem Wein stärken!“

„Ja… bitte… ich bin sehr…schwach…“ Gudrun lief selber in den Weinkeller, holte etwas Wein und mischte die Kräuter drunter. Das gab sie Sigurd, der daraufhin ohnmächtig wurde.

„Sigurd! Bitte…“ Einen Augenblick später erwachte er wieder.

„Gudrun… was ist passiert?“ Sie atmete erleichtert auf.

„Dir war schlecht… vielleicht war das Brot vorhin nicht das frischeste.“ Sigurd kratzte sich am Kopf. „Sigurd? Liebst du mich?“ Gudrun sah ihn dabei ernst an.

„Wieso fragst du mich das? Ich liebe dich doch über alles!“ Er nahm sie in den Arm und küsste sie.

„Wirklich?“

„Ja, immer und ewig…“ Er lächelte sie dabei an. Gudrun war zufrieden. Aber nie wieder, würde sie vergessen ihn den Trank zu geben, das beschloss sie.

Blutiger Verrat

Frigg sah wie ihr Mann grade seine Sachen packte. Er wollte offensichtlich eine sehr weite Reise machen.

„Wo willst du hin, Odin?“, fragte sie. Odin hing sich seine Tasche um.

„Nach Süden, jenseits unserer Grenzen. Ich will zum Olymp, wo der König der griechischen Götter lebt.“

„Und was willst du bei ihm?“

„Ich habe in der Bibliothek gelesen, dass er ein kluger Mann ist und große Macht hat. Ich will zu ihn gehen damit er mir hilft. Vielleicht weiß er einen Weg, wie wir Balder und die Welt retten können.“

„Bist du dir sicher, dass er uns helfen kann?“

„Anders weiß ich mir keinen Rat.“ Er streichelte Frigg über das Gesicht, die besorgt ihn ansah. „Ich werde nicht eher zurückkommen, bis ich einen Weg gefunden habe, unseren Sohn zu retten. Bis dahin, hüte Asgard und hoffe auf das Beste.“ Sie umarmten sich zum Abschied.

„Pass gut auf dich auf, Odin. Möge das Licht unseres Sohnes und deine Weisheit dich zu deinem Ziel führen…“

„Mögen Asgards Mauern dich beschützen, meine Gemahlin…“
 

Inzwischen sind in der Menschenwelt ein paar Jahre ins Land gekommen. Brynhild hatte zwei kleine Kinder, ihre Tochter Aslaug und ihr Sohn Sigurd, benannt nach seinem berühmten Oheim. Aslaug, Sigurds Tochter, war ihrer Mutter sehr ähnlich und das war gut so. Gunnar dachte sie wäre seine Tochter und liebte sie sehr. Nur war auffällig, dass Aslaug sehr zutraulich mit Vögeln war, besonders mit Raben war, weshalb einige sie Kraka, Krähe, nannten. Brynhild meinte, dass diese Fähigkeit von Aslaugs Großvater Odin stammt, dessen Geleittiere Raben waren. Aber in Wirklichkeit war es von Sigurd, ihrem leiblichen Vater, der durch das Drachenblut ja die Fähigkeit erhalten hatte, die Sprache der Vögel zu verstehen. Schon sehr früh war sie ein wildes Kind und konnte ebenso früh gut Flöte spielen und alle lobten ihr musikalisches Talent. Es kam aber ein Krieg und, Sigurd und Gunnar verbündeten sich gegen die nahenden Sachsen und Dänen. Sigurd war mit Gudrun und seiner kleinen Tochter Swanhild an den Rhein, zu Gunnar gezogen um ihn im Krieg zu unterstützen. Gudrun erwartete ihr zweites Kind und natürlich hoffte man, dass es ein Sohn würde, deshalb sollte sie mit an den Burgundenhof, wo sie dicht bei ihren Mann ist. Der Krieg dauerte lang, aber Sigurd und Gunnar waren erfolgreich. Frohen Mutes verbrachten die beiden Familien die erste Zeit nach dem Krieg zusammen. Aslaug und Swanhild, natürlich unwissend, dass sie Schwestern sind, freundeten sich rasch an, was aber Gudrun missfiel.

An einem schönen Frühlingstag saßen die beiden kleinen Mädchen im Hof und spielten ein Spiel mit bunten Kieselsteinchen. Sie lachten fröhlich. Gudrun, etwas schwerfällig wegen ihrem dicken, schwangeren Bauch, trat auf den Hof und sah die beiden Mädchen.

„Swanhild!“, rief sie streng und kam auf die beiden zu. „Du sollst doch nicht mit Gesinde spielen!“ Dabei nahm sie Swanhild an die Hand.

„Aber Mama… Wir spielen doch grade so schön…“

„Spiele doch drinnen mit deiner Puppe, die Papa dir gemacht hat, das ist doch viel lustiger. Komm…“

Swanhild warf Aslaug einen bedauernden Blick zu. Diese ließ den Kopf sinken. Immer war ihre Muhme gemein zu ihr und sie wusste nicht wieso. Etwas traurig ging sie zu ihrer Mutter, die in ihrer Kemenate saß und den kleinen Sigurd im Arm wiegte.

„Aslaug. Ist irgendwas?“

„Muhme Gudrun will nicht, dass ich mit Swanhild spiele…“

„Oh… Will Swanhild auch nicht mit dir spielen?“

„Nein!!! Sie will mit mir spielen!! Wir sind Freundinnen!“ Brynhild lächelte und streichelte Aslaug über den Kopf.

„Lass dir dass nicht einreden. Spiele ruhig weiter mit ihr, ich werde mit Gudrun ein ernstes Wörtchen reden.“

„Und wenn Muhme Gudrun böse wird?“, fragte das Kind ängstlich.

„Hör mal: Dein Oheim Balder hat einen sehr guten Freund, deinen Oheim Loki. Die beiden spielten immer mit einander als sie so klein waren wie du, auch wenn Großmutter Frigg es nicht mochte. Doch sie hielten zusammen und sind bis heute die besten Freunde. Also lass es dir nicht ausreden, nimm dir deine Oheime als Vorbilder.“

Aslaug setzte sich auf den Boden und strahlte ihre Mutter an.

„Erzähle mir bitte eine Geschichte aus Asgard!“

„Mir auch!“ Swanhild kam grade rein und setzte sich neben Aslaug. Brynhild lächelte.

„Na gut, welche Geschichte möchtet ihr hören?“

„Den Fleisch-Ess-Wettbewerb, den Oheim Balder gewonnen hat!“

„…jaaa... “, quäkte Klein-Sigurd, er konnte noch nicht richtig sprechen.

„Die Geschichte kenne ich noch nicht!“, meinte Swanhild. „Bitte, erzähl sie Muhme Brynhild!!!“

„Ja, bitte Mama!!!“

„Na gut, dann fange ich an…“
 

Es war früh am Morgen, als Brynhild und Gudrun zum Fluss gingen um sich zu waschen. Högni stand in einiger Entfernung um sie zu bewachen. Sie zogen sich die Kleider aus und stiegen in die Fluten des Rheins. Als Brynhild begann ihre Haare nass zu machen, watete Gudrun, trotz ihres gesegneten Zustandes, tiefer in den Strom rein.

„Gudrun! Gehe nicht soweit raus! Sonst nimmt die Strömung dich noch mit!“

„Ich brauche deine Ratschläge nicht.“, antwortete Gudrun keck und watete weiter.

„Jetzt bleib doch stehen! Soweit muss du nicht raus!“

„Aber weit genug um nicht mit dem Wasser beschmutzt zu werden, dass schon auf deiner Haut gewesen war.“ Brynhild wollte zunächst nicht glauben was Gudrun sagte.

„Was soll das jetzt schon wieder?!“

„Eine edle Dame muss sorgsam auf ihren Ruf achten. Also bleibe schön an der Stelle, wo du grade bist.“, meinte Gudrun hochmütig und begann sich zu waschen. Das konnte Brynhild nicht auf sich sitzen lassen und watete zu ihr.

„Willst du damit sagen, ich bin keine Edeldame? Ich bin ebenso eine Königin wie du und wir beide sind mit Königen verheiratet!“

„Hatte ich dir nicht gesagt, du sollst da bleiben wo du bist?“, fragte Gudrun, stattdessen und wollte weiter gehen. Brynhild hielt sie an der Schulter.

„Beantworte meine Frage, Gudrun!!“ Sie schlug ihre Hand weg.

„Fass mich nicht an, Ehrlose!“

„Wie hast du mich grade genannt?! Ehrlose?!“ Gudrun grinste.

„Genau das bist du doch, ehrlos. Hat dein Vater dich nicht aus Asgard verbannt und dich zum Menschen gemacht?“

„Ey… Ich hatte Mist gebaut damals und Vater hat mich deswegen bestraft, das hat aber nichts damit zu tun!“

„Wirklich? Haben deine Brüder nicht versucht es zu verhindern? Hast du ihnen überhaupt was bedeutet?“ Brynhild wurde wütend.

„Du kennst meine Brüder nicht!!! Sie lieben mich noch immer…“

„Haben sie dich auch besucht? Meine Brüder hätten es getan und bestimmt hätten sie mich zurückgeholt und um Gnade für mich gebeten.“

„Selbst Balders Bitte hatte meine Verbannung nicht verhindern können, aber Thor hatte mich besucht bevor ich Gunnar geheiratet hatte.“

„Weißt du was? Das glaube ich dir nicht! Ich glaube eher, du bist deiner Familie egal.“

„Bin ich nicht!“, zischte Brynhild. „Und höre auf so über mich zu reden, was bildest du dir eigentlich ein? Dass du was Besseres bist als ich?!“

„Ich behaupte es nicht, ich bin es… Da hilft selbst dein göttliches Blut nicht. Wenn man mit so einem schwachen Mann wie Gunnar verheiratet ist, verdient eigentlich nur Mitleid.“ Das war genug, Brynhild packte Gudrun und drehte sie zu sich und sah ihr bitterböse ins Gesicht.

„Hör zu!! Ich war nicht scharf darauf in Gunnars Bett zu landen, aber so redet man nicht über den eigenen Bruder!!! Eine Edeldame ist man auch durch Respekt und Bescheidenheit, was dir offensichtlich mangelt!!“

„Du nennst dich edel? Dabei war es nicht mal Gunnar, der dich bezwungen hat.“ Brynhild schwieg erschüttert.

„Es war mein Sigurd, der dich bezwungen hat, in Gunnars Verkleidung. Gunnar hatte es nicht einmal gewagt in die Nähe des Feuers zu kommen. Der Ring des Nibelungen an meinem Finger ist der Beweis, den er dir abgenommen hat. Da siehst du was für ein Mann an deiner Seite ist und wer von uns die Bessere ist. Also wer schuldet hier wen Respekt?“ Brynhild zitterte, sie hatte es geahnt und Gudrun hatte es in ihrer Überheblichkeit gestanden. Sigurd hatte sie nicht nur verlassen, sondern auch noch betrogen und somit auch Gunnar. Sie wollte schon weinen, als Gudrun etwas tiefer im Fluss zu ihr rüber rief: „Ach ja, halte bitte deine Bälger von meiner Swanhild fern, sie verdient besseres.“

„Willst du jetzt auch noch meine Kinder beleidigen?!!!! Sie haben dir nichts getan und haben keine Ahnung von all den ganzen!!“

„Halte sie einfach von Swanhild fern, das ist alles…“ Brynhild war so wütend, am liebsten hätte sie Gudruns Kopf gepackt und ins Wasser getunkt bis sie aufgehört hätte zu schreien.

„Du… du Miststück…“

„Grämt Euch nicht, Herrin“ Brynhild erschrak und hielt sich mit ihren Armen ihre Blöße zu. Es war aber Högni, der noch finsterer drein blickte als sonst.

„Sie war schon als Kind aufsässig, aber jetzt durch ihre Ehe mit Sigurd ist es schlimmer geworden. Ich werde es Eurem Gemahl berichten, wenn ihr es wünscht.“

„Nein, das mache ich! Sonst denkt er noch es ist Weibertratsch.“

„Ihr könnt Euch meiner Loyalität sicher sein, Odinsdottír… das schwöre ich Euch…“ Brynhild sah Högni an.

„Danke…“

Später als sie wieder zu Hofe kamen, kam Sigurd Högni und den Frauen entgegen. Sofort trat Gudrun zu Sigurd und ließ sich herzlich von ihm küssen. Brynhild versetzte solche Szenen immer wieder einen Stich, ihr geliebter Sigurd der eine andere küsst und sie konnte offenbar nichts tun um das zu ändern.

„Brynhild, liebe Schwägerin! Lass dich auch drücken!“, sprach Sigurd auf einmal breit grinsend und trat mit ausgebreiteten Armen auf sie zu. Brynhild stockte und konnte nichts sagen. Wieder war sie den Tränen nah. Bevor Sigurd aber Brynhild umarmen konnte, zog Gudrun ihn weg.

„Du brauchst nicht, so herzlich zu ihr sein! Du bist was Besseres!“, giftete sie.

„Aber Gudrun, darf ich nicht freundlich zu deines Bruders Frau sein?“

„Sie und Gunnar verdienen es nicht, du bist der Edlere und musst nicht deine Manieren an ihnen verschwenden. Du bist ja der Herr des Nibelungenhortes und Bezwinger des Fafnir, Heldentaten von denen Gunnar nur träumen kann. Gehen wir, geliebter Gemahl…“ Verwirrt folgte Sigurd seiner Frau. Brynhild bebte vor Zorn, auch Högni war leicht aufgebracht.

„Das war eine offene Beleidigung gegenüber unseren König. Sowas gehört bestraft.“

Brynhild antwortete nicht, sondern ließ ihren Tränen freien Lauf.

„Wenn Mutter noch leben würde, würde sie Gudrun zurecht weisen.“

„Högni, wir müssen zu Gunnar…“, sagte Brynhild, mit erstickter Stimme. Dieser nickte.
 

„Meine Schwester hat so geredet?!“, fragte Gunnar entsetzt.

„Ja das hat sie. Sie hat auch unsere Kinder beleidigt und gesagt ich solle sie von ihrem Kind fern halten.“

„Ich kann alles bezeugen, Gunnar. Gudrun ist hochmütig geworden und stellt deine Macht in Frage.“, fügte Högni hinzu.

„Das glaube ich nicht!!!! Wie kann Gudrun nur! Ich habe sie immer gut behandelt und lieb gehabt und so bedankt sie sich bei mir!!!“ Gunnar schritt empört und verstört in seinem Gemach auf und ab. Brynhild stand nur da, hinter ihr Högni, beide kalt und stumm wie Stein.

„Daran ist Sigurd schuld. Ich verfluche den Tag als er zu uns kam! Gudrun würde bestimmt sogar wollen, dass Sigurd Herr der Burgunden wird… Sigurd muss sterben!!“ Das schockierte alle im Raum.

„Ohne ihn wird Gudrun merken wie machtlos sie eigentlich ist, dass es Sigurd und ich waren, die sie zu dem machten was sie jetzt ist! Das soll Gudrun eine Lehre sein und jedem klar machen, dass niemand die Macht des Königs in Frage stellen sollte! Außerdem würde dann uns der Nibelungenhort gehören.“

„Darum geht’s dir Gunnar?“, fragte Högni. „Du willst Sigurd sein Gold?“

„Nein, ich will meine Ehre wieder herstellen…“

„Du hast aber Blutsbrüderschaft mit ihm geschlossen. Du würdest deine Ehre bei Sigurds Ermordung ebenso verlieren, wie auch wenn du Gudrun was tust.“ Gunnar stöhnte frustriert, er hatte das grade vollkommen vergessen.

„Ich werde es tun…“, sagte Högni, ohne seine finstere Miene zu verziehen. „Ich bin nicht sein Blutsbruder. Aber wir müssen herausfinden, wie wir ihn verwunden können. Darin ist er dem Gott Balder ähnlich…“ Brynhild lachte auf einmal eiskalt und fast psychotisch.

„Sigurd… ist nicht mein Bruder Balder… Auch der hat eine Schwachstelle, nur ist diese weniger offensichtlich als bei Sigurd.“

„Was?! Kennst du Sigurds Schwachstelle?“

„Gudrun hat es mir erzählt… Zwischen seinen Schulterblättern war beim Bad im Drachenblut ein Blatt hingefallen, so dass das Blut seine Haut da nicht benetzte… Dort ist er verwundbar… Als wenn man meinen Bruder mit einer Mistel treffen würde…“ Dass Gudrun es ihr erzählt hatte war gelogen, doch Brynhild war so wütend und verletzt, dass sie bereit war Sigurds Tod zu unterstützen, auch um Gudrun leiden zu sehen. Die Männer waren perplex über ihre Aussage, waren aber erleichtert darüber jetzt alles zu wissen was sie brauchten. Und so schmiedeten die drei einen Plan.
 

Thor hatte in Asgard etwas gewartet als sein Vater abgereist war um sicher zu sein, dass er in aller Ruhe und unbemerkt von Odin seinen Plan ausführen konnte. Nämlich Sigurd zu töten und so die Schmach, die er seiner Schwester angetan hatte, zu rächen. Endlich war der günstige Zeitpunkt nah und Thor machte sich mit seinem Hammer auf den Weg.

„Wo willst du hin?“ Balder hatte bemerkt, dass Thor gehen wollte und wollte ihn aufhalten. „Bleib stehen! Lass es, Thor!“

„Lass mich in Ruh, Balder! Was lange galt wird endlich gut…“ Ein Feuerball schoss Thor vor die Füße und er blieb kurzzeitig stehen. Loki stand neben Balder und blickte den Freund ebenso streng an.

„Mach keinen Scheiß, Thor! Das bringt uns allen Ärger!!“

„Vater ist nicht da, er wird nichts merken, also wird es nicht so schlimm werden…“

„Thor, bitte…“ Beide hielten Thor fest, auch wenn dieser stärker war als die beiden.

„Brynhild wirst du damit nicht glücklich machen!“

„Soll ich meine Schwester ungerächt lassen? Niemals!! Lasst mich jetzt los!!“

„Nein, werden wir nicht!“ Ein Blitz traf Loki der ihn lähmte, so dass er ihn losließ und auf dem Allerwertesten landete.

„Loki!!“ Balder ließ Thor los und kam zu Loki, der sich aber mit großer Anstrengung wieder aufgerappelt hatte.

„Balder, geh zu Brynhild. Versuche sie darauf vorzubereiten! Ich werde versuchen Thor aufzuhalten!“

Balder wollte widersprechen, gehorchte dann aber Loki und machte sich ebenfalls auf den Weg.
 

Gudrun war grade dabei, den monatlichen Trank für Sigurd vorzubereiten. Als sie aber in seine Kammer ging, war dieser nicht mehr da.

„Sigurd?!“

„Sucht ihr Euren Gemahl, Herrin?“, fragte der grade vorbeigehende Kammerdiener.

„Ja, wo ist er?!“

„Er ist ganz früh, mit Euren Brüdern, Gunnar und Högni zur Jagd aufgebrochen.“

„WAAAAASSSSS???!!!!“ Gudrun geriet fast in Panik.

„Herrin, beruhigt Euch. Denkt an euer Kind, in Euch!“

„Du musst zu ihm! Bring ihm diesen Trunk hier! Aber ganz schnell!!!“

„Wieso, Herrin?“

„Frag nicht! Geh jetzt oder ich lasse dich auspeitschen!!“ Der Kammerdiener gehorchte, füllte den Inhalt des Bechers in eine kleine Tonflasche und machte sich rasch auf den Weg in den Wald.

Thor fand die Jagdgemeinschaft und versteckte sich auf einem Baum. Er musste nur noch warten bis Sigurd sich von der Gruppe trennt, dann würde er zuschlagen. Loki fand Thor und setzte sich zu ihm.

„Hör auf damit, Thor! Das bringt dir nicht!!“

„Stör mich nicht, Loki. Ich muss den richtigen Augenblick erwischen.“

„Habt ihr das gehört?“, meldete sich einer der Jäger und die beiden jungen Götter versteckten sich tiefer im Geäst des Baumes.

„Ich dachte ich hätte Stimmen gehört… Muss mich geirrt haben…“

„Verdammt, Loki“, zischte Thor leise. „Wegen dir hätten sie uns gehört!“

„Wie? Soll ich jetzt schuld daran sein?!“

„Ich hab Durst…“, meldete sich ein blonder Jägersmann.

„Das ist Sigurd…“, entwich es Loki ungewollt seinen Lippen und Thor umklammerte den Griff seines Hammers fester.

„Dahinten gibt es eine Quelle, nicht weit von hier.“, meldete sich ein anderer mit hellbraunen Haaren.

„Gut, ich habe mein Trinkhorn zu Hause liegen lassen.“, antwortete Sigurd und ging in die angedeutete Richtung.

Thor und Loki folgten, verborgen in den Ästen, ebenso am Boden, der braunhaarige und ein schwarzhaariger.
 

Brynhild saß in ihrer Kemenate, auf ihrem Stuhl und weinte leise. Sie hatte mit Gunnar und Högni den Plan geschmiedet, dass Sigurd im Wald getötet werden sollte und es wie ein Überfall einiger verstreuter Sachsen-Rebellen aussehen sollte, die nach dem Krieg noch aktiv waren. Sie vergrub vor Gram ihr Gesicht in ihren Händen und merkte nicht wie jemand durchs offene Fenster zu ihr schwebte.

„Brynhild…“, erklang eine sanfte und vertraute Stimme. Sie hob den Kopf und erkannte Balder, der vor ihr stand.

„Balder… ich habe was ganz schlimmes getan…“

„Brynhild… ich wollte sagen…“

„Ich habe Sigurds Schwachstelle verraten… und gleich wird er durch Högnis und Gunnars Hand sterben…“

„Brynhild, eigentlich wollte ich dir sagen… Thor ist in den Wäldern… er will Sigurd töten…“

„Was?! Thor?!“ Brynhild stand vom Stuhl auf und packte Balder an der Kleidung. „Du musst ihn aufhalten!!! Ich will nicht dass Sigurd durch Thors Hand stirbt!! Nicht durch die Hand meines über alles geliebten Bruders…“

„Ich habe es versucht… Loki versucht es auch, du weißt aber wie Thor ist… Er ist wütend wegen deines Schicksals und will dich rächen…“

„Damit handelt er so ähnlich wie ich damals, wo ich noch Walküre war… Balder, bitte halte ihn auf… Du und Loki seid die einzigen die auf ihn hören…“

„Diesen Plan hegt er schon lange und will ihn durchführen… Er hört nicht auf mich oder Loki… Er hat Loki sogar mit einem Blitz getroffen, als wir versuchten ihn zu stoppen…“

Brynhild brach schluchzend zusammen.

„Loki… bitte sei erfolgreich… mir ist es lieber Sigurd stirbt durch Menschenhand als durch Thors Hand…“

Balder nahm die Schwester in den Arm, auch ihm war zum Weinen zu mute.
 

Sigurd erreichte die Quelle. Als er sich zum Trinken drüber beugte, lauerte Thor bereits im Baum, Gunnar und Högni im Dickicht.

„Zum letzten Mal, Thor! Lass den Scheiß!!“, flüsterte Loki.

„Nein, jetzt! Das ist die Gelegenheit! Jetzt gibt es kein zurück!“ Loki griff auf einmal nach Thors Hammer und versuchte ihn weg zu ziehen.

„He, lass das Loki!“ Der Hammer sprühte schon Funken und lud sich auf.

„Erst wenn du davon ablässt!!“ Die beiden Freunde zogen am Hammer hin und her.

„Lass Mjöllnir los! Der Blitz der sich grad entwickelt wird dich zerreißen!!“

„Erst wenn du aufhörst, dann lass ich los.“

Unterdessen am Boden, trank Sigurd einen Schluck aus der Quelle, als sein Kopf anfing zu pochen. Stöhnend hielt er sich den Kopf, Gunnar und Högni die ihm auflauerten wunderten sich, während über ihnen Thor und Loki sich um den Hammer stritten. Als Sigurd zu sich kam, blickte er sich verwundert um.

„Wo bin ich?! Was mache ich hier? Brynhild… meine liebste Brynhild, ich muss schnell zu ihr…“

„Meineid!!! Meineid!!“, schrie Gunnar, packte Högnis Speer und stürmte aus dem Versteck. Im selben Augenblick konnte Thor Loki seinen Hammer entreißen und der Blitz darin entlud sich dabei schlagartig.
 

Brynhild und Balder hörten in der Ferne den Donnerschlag.

„Nein…“

„Thor…“ Brynhild klagte laut und schluchzend.

„Loki hat es nicht geschafft… Das tut mir so schrecklich leid, Brynhild…“ Er hielt sie noch fester im Arm, Brynhild war aber untröstlich.
 

„Verdammt, Thor!! Willst du den Wald abfackeln!!“ Der Blitz war anders als erwartet in einen Baum eingeschlagen und brannte, Loki löschte die Flammen mit seinen Kräften. Thor aber starrte entgeistert zu Boden, wo Sigurd den Speer im Rücken hatte. Er konnte nicht mehr vor Schmerz schreien und spuckte Blut. Er drehte sich um und sah den zornesgeröteten Gunnar und den erbleichten Högni hinter ihm.

„Wer… wer seid ihr… warum…“

„Willst du uns jetzt auch noch den Dummkopf vorspielen?! Ich bin dein Schwager Gunnar Gjukason, Brynhilds Ehemann!!!“

„Ehemann… aber ich und Brynhild… sind…“

„Du solltest sie in meinem Namen im Kampf bezwingen und freien!!! Erdreistet du dich etwa nicht nur meine Schwester sondern auch noch Brynhild besessen zu haben, du Eidbrüchiger?!!!“ Sigurd knickte zusammen.

„Brynhild…“, sagte er mit Tränen in den Augen. „…Ich… liebe dich…“ Mit diesen Worten hauchte er sein Leben aus. Thor und Loki hatten es auch gehört.

„Gunnar…“, keuchte Högni. „Was hast du getan?!“

„Meineid gerächt… du hast ihn doch gehört… er begehrte Brynhild!!! Bestimmt hatte er sie nach dem Kampf…“

„Gunnar! Du hast deinen Blutsbruder ermordet! Eigentlich sollte ich es, um deiner Ehre Willen tun!“ Gunnar zitterte nur. „Sogar die Götter zürnen, hast du nicht den Blitzschlag gehört?“

„Das ist mir jetzt egal… alles ist mir jetzt egal…“ Auf einmal kam der Kammerdiener, den Gudrun wegen des Trankes geschickt hatte und schrie vor Entsetzten auf als er Sigurds Leiche sah.

„Ich… habe versagt… ich habe Brynhild nicht rächen können…“, flüsterte Thor, von sich selber enttäuscht.

„Ich bin froh, dass es nicht dazu gekommen ist.“, sagte Loki, ernst aber auch erleichtert. „Brynhild wird aber trotzdem nicht froh darüber sein, aber wenigstens muss sie dich nicht hassen oder du dich vor dem Zorn deines Vaters fürchten.“ Thor schnaubte nur zornig und schwebte davon.

„Geh ruhig… Ich gehe zu Brynhild um nach ihr zu sehen…“

Wenig später kam Loki durchs Fenster in Brynhilds Kemenate, wo Balder sie immer noch tröstend im Arm hält.

„Sigurd ist tot…“

„Wir wissen es… wir haben beide den Donner gehört…“

„… das tut mir echt Leid, Prinzessin, was da vorhin passiert ist, aber…“

„Ist schon gut…“, wimmerte Brynhild. „Du hast es wenigstens versucht und dafür danke ich dir…“

„Tja, eigentlich ist das so…“, wollte Loki widersprechen, als es auf einmal sacht an der Tür klopfte und eine helle, zarte Stimme rief: „Mama!“

„Aslaug…“, keuchte Brynhild als sie die Stimme erkannte.

„Wer?“, fragte Balder.

„Mei… Meine Tochter…“ Loki ging zur Tür.

„Loki! Bitte nicht! Du erschreckst sie noch, sie ist Fremde nicht gewöhnt!!“ Doch er hatte bereits die Tür geöffnet und sein Blick fällt sofort auf das kleine braunhaarige Mädchen vor ihm. Aslaug blickte verdutzt auf, schrie spitz und landete vor Schreck auf ihrem Hintern.

„Na Holla…“, lachte er.

„Mama! Wer ist der fremde Mann?!“, rief Aslaug, bemerkte dann aber den zweiten, platinblonden Fremden der bei ihrer Mutter hockte. Grinsend hob Loki das Kind auf die Füße.

„Du brauchst keine Angst zu haben. Ich sehe vielleicht so aus, aber ich fresse keine kleinen Kinder. Besonders nicht wenn sie so niedlich sind wie du.“ Dabei klopfte er ihr den Staub von der Kleidung.

„Wer sind die beiden, Mama?!“, fragte Aslaug etwas energischer.

„Deine Oheime Balder und Loki“ Loki wandte verwirrt den Kopf.

„Sagtest du grade, „Oheim Loki“?“

„Na ja, Oheim ehrenhalber…“, antwortet Brynhild, während Balder leicht darüber lachte.

„Du bist wirklich Oheim Loki?!“, fragte Aslaug, während sie ihm an der Hose zupfte und ihre Augen vor Aufregung strahlten. Loki sah wieder zu dem kleinen Mädchen hinunter, das ihm grad bis zum Knie reichte.

„Ähm… wenn deine Mama das sagt, dann wird es wohl…“ Die Kleine jauchzte und umklammerte seine Beine. Sie lachte laut vor Freude. Brynhild war erleichtert darüber, dass Aslaug sich so über den unerwarteten Besuch freute.

„Oh toll!!! Du siehst genauso aus wie ich mich dich vorgestellt habe!! Ich wusste, dass ihr kommt!!! Ich habe ganz fest dran geglaubt!!!“

„Also…das freut mich…“, lachte Loki, tief gerührt und löste das Mädchen von seinen Beinen. „Schön dich kennen zu lernen, kleine Prinzessin…“

„Oheim Balder!!!“, rief Aslaug, kaum dass sie von Lokis Beinen los war und stürmte auf Balder zu, der sich zu ihr nieder kniete und sie freundlich lächelnd mit offenen Armen empfing.

„Hallo Aslaug!“, lachte er fröhlich, während er sie fest drückte.

„Tja, da hat sich wohl dein Wunsch erfüllt, Balder. Du wolltest doch eine Nichte haben.“, sagte Loki und lächelte froh.

„Wirklich? Er wollte im Ernst eine Nichte?“, fragte Brynhild und wischte sich ihre Tränen weg.

„Ja“, meinte Balder. „Und sie ist echt wunderhübsch geworden!“

„Du bist aber auch sehr hübsch, Oheim!“, rief Aslaug.

„Danke… “ Er setzte sie sanft wieder auf dem Boden ab.

„Aber… wo ist Oheim Thor?“, fragte Aslaug und blickte in die Runde. Alle schwiegen, bevor Loki das Wort ergriff.

„Er ist beschäftig. Er muss deinem Opa Odin, in Asgard helfen.“

„Ganz genau, aber wir werden ihn irgendwann einmal mitnehmen, damit du ihn auch mal kennen lernst. Fest versprochen.“, fügte Balder hinzu und tippte Aslaug neckisch mit den Finger auf die Nasenspitze.

„Na gut…“, sprach Aslaug schmollend, bis sie bemerkte wie nass das Gesicht ihrer Mutter war.

„Mama? Hast du etwa geweint?“

„Ja… aber nur weil ich mich so sehr gefreut habe deine Oheime zusehen…“, antwortete Brynhild beruhigend lächelnd.

„Ach so…“

„He, kleine Prinzessin, guck mal!“, meldete sich Loki und ließ lustig, bunte Flammen über seine Handfläche tanzen, bevor er sie zu einer Blüte aus Flammen zusammensetzte und er sie leise zu farbigen Funken verpuffen ließ. Aslaug lachte und klatschte begeistert. Brynhild war Loki und Balder dankbar, dass sie Aslaug von ihrer Trauer ablenkten. Viel später würde sie wohl oder übel, aber von Sigurds Tod erfahren, aber wenigstens hätte sie vorher Spaß und Freude gehabt.

„Kannst du noch mehr so tolle Feuerspiele, Oheim Loki?“

„Natürlich! Balder kann aber auch tolle Lichtspiele!“

„Machst du mir irgendwann ein Schattentheater, Oheim Balder?!“

„Natürlich, eine Kleinigkeit. Und dann erzähle ich dir dabei die Abenteuer deiner Mama als sie noch Walküre war.“

„SUPER!!!“

„Wir müssen aber bald wieder los, Asgard wartet auf uns.“, mahnte Loki, leicht und Balder nickte bedauernd.

„Ach schade…Oh… ähm… Mama. Ich wollte dich eigentlich fragen ob ich mit Swanhild spielen darf? Sie wartet bestimmt im schon Hof, sie wollte mit mir ein neues Spiel ausprobieren.“

„Natürlich, aber nur bis es dunkel wird!“

„Ja Mama!“ Aslaug drehte sich um und wollte grade gehen als ihr noch was einfiel. „Oh Entschuldige… Auf Wiedersehen, Oheim Balder und Oheim Loki!“

„Mach‘s gut, kleine Prinzessin und viel Spaß.“ Dabei zwinkerte Loki dem Kind verschmitzt zu.

„Auf Wiedersehen, Aslaug. Wir sehen uns ganz bestimmt wieder.“ Balder winkte fröhlich dem kleinen Mädchen noch zu. Laut lachend stürmte sie raus in den Hof, um Swanhild von ihrer Begegnung ihrer göttlichen Oheime zu erzählen. Kaum war Aslaug wieder draußen, kippte Brynhilds Stimmung zurück in tiefe Trauer.

„Ein niedliches Kind.“, schwärmte Balder stolz.

„Ja, das hast du super hingekriegt, Prinzessin!“

„Nur dass sie jetzt durch Thors Hand eine Halbwaise geworden ist…“

„Was?“

„Aslaug… ist Sigurds Tochter…“

„Wie denn das?“

„War sie nicht das Kind, von dem Thor erzählt hat, bevor…“

„Ja… ich war bereits mit Aslaug schwanger, bevor ich mit Gunnar verheiratet wurde… Er denkt sie ist sein Fleisch und Blut und Aslaug denkt, umgekehrt, auch so… Mit der Geburt von meinem Sohn, habe ich meine Pflicht gegenüber Gunnar erfüllt und so hätte er eigentlich keinen Grund sie zu hassen, wenn er es erfährt…“

„Ach… was ich die ganze Zeit sagen wollte! Thor hat Sigurd nicht erwischt.“ Brynhild blickte Loki überrascht an.

„Wirklich?“

„Der Blitz ging daneben. Dein Mann… ähmm… dieser Gunnar er hat Sigurd mit einem Speer erstochen.“ Brynhild fiel ein Stein vom Herzen, wo aber noch dutzend andere liegen.

„…Gut… wenigstens etwas…“

„Es wird alles wieder gut, Schwester…“

„Nein Balder, nichts wird so wie früher sein…“ Ihr Blick war finster und trüb.
 

Gunnar und Högni kamen zurück, mit dem Kammerdiener und der Leiche Sigurds, die auf einem Karren lag. Gudrun sah von ihrem Fenster aus, was da unten vor sich ging und wäre fast vor Schreck in Ohnmacht gefallen. Etwas später wurde Sigurds Leiche im Saal aufgebahrt. Gunnar, Högni, Brynhild und auch Gudrun waren darum versammelt und jeder zeigte auf seine Weise seine Trauer.

„Wie konnte es nur passieren?“, fragte Gudrun, oft unterbrochen von ihren eigenen Schluchzern.

„Er… wurde ermordet…“, antwortete Högni, betrübt. Gunnar wurde bleich, während er Brynhild im Arm hielt.

„Ermordet… Wer…?“ Högni seufzte leise.

„Ich war es…“, antwortete Högni bevor Gunnar es konnte. Dieser starrte erstaunt seinen Halbbruder an.

„Ich bin nicht stolz drauf, aber er hat die Strafe für Meineid und Majestätsbeleidigung gekriegt, die sich auch durch deinen Hochmut ausgedrückt hat, Gudrun!“

„Ich soll mitschuldig sein?!“ Dann fiel ihr Blick auf Brynhild.

„Du… Du hast sie dazu angestiftet!!! Du verlogene Schlampe!! Du hast mir Sigurd nicht gegönnt und ihm nach dem Leben getrachtet!!!“

„Wirklich? Du hattest gewonnen, musstest aber weiter auf den Verlieren rumtrampeln, die schon kapituliert haben. Dich für was Besseres halten und jeden Respekt vor deiner Familie verlieren…“ Gudrun lachte verächtlich.

„Das glaube ich dir nicht! Du wolltest Sigurd für dich, aber ich hatte ihn für mich gewonnen! Ich war die einzigste die er liebte und die er treu war…“

„Aslaug ist Sigurds Tochter!!!!“, brüllte Brynhild laut rein um Gudruns Wortschwall auf zu halten. Alle starrten sie entsetzt an, besonders Gunnar.

„Was hast du gesagt?! Dann hat Sigurd nach dem Kampf doch mit dir…?! “

„Ich trug sie bereits im Schoß als Sigurd mit mir gekämpft hatte und bevor ich deine Frau wurde… Es tut mir leid Gunnar, dass du es auf die Art erfahren musstest, aber Sigurd war lange bevor er zu euch kam, bei mir gewesen, er war es auch der mich erweckte. Wir hatten uns geliebt… sehr geliebt…“

„Das… das… das ist gelogen!“, keuchte Gudrun, man konnte ihre steigende Verzweiflung in der Stimme hören. Sie umklammerte Sigurds Kopf, wie ihren kostbarsten Besitz. „Er hatte dich nie im Leben so geliebt, wie er mich…“ Verächtlich schnaubte Högni und schubste Gudrun mit leichtem Druck weg.

„Wer ist hier die Lügnerin, Gudrun?!! Du und Mutter, die Götter mögen sie für ihre Taten verfluchen, habt Sigurd mit einem Trank verhext!“ Die Nachricht war noch bestürzender für das Burgunden-Königspaar. Besonders für Brynhild.

„Was redest du da, Högni?! Ich habe gar nix gemacht!“

„Du hast einen Kammerdiener uns hinterher geschickt, damit er Sigurd etwas zum Trinken brachte! Ich fragte ihn warum er Sigurd es bringen wollte, er sagte er habe keine Ahnung aber er würde ausgepeitscht wenn er es nicht tue. Als habe ich danach in deiner Kemenate nach Hinweisen gesucht und fand einen Beutel, den Mutter genäht hatte, ich würde ihre Näharbeiten überall wieder erkennen… Darin waren zermahlene Kräuter und ein Zettel der die Wirkung des Trankes verriet!“ Gudrun war ganz bleich geworden, aber trotzig widersprach sie ihrem Halbbruder: „Und?“

„Mutter hatte dir geraten Sigurd das Zeug zu geben, richtig?! Nur um Ruhm und Reichtum durch ihn zu erlangen!!“, mischte sich jetzt Gunnar ein und zeigte drohend mit den Finger auf Gudrun. „Willst du leugnen, Gudrun Gjukasdottír?!“ Gudrun zitterte, noch nie war sie so von ihren Brüdern angeschrien wurden. Sie fühlte sich in die Ecke gedrängt.

„Und wenn schon… Sigurd hätte mich bestimmt auch ohne Trank lieben gelernt…“

„Das hatte dir nichts genützt! Die Wirkung des Trankes hatte nachgelassen und er hatte sein Gedächtnis wiedererlangt! Mit seinen letzten Atemzug, bekundete er seine Liebe zu Brynhild…“ Brynhild taumelte als sie das vernahm und stützte sich gegen die Bahre auf der Sigurd lag. Sigurd hatte sie also immer geliebt, war aber unter Drogen gewesen? Jetzt hatte sie ihn endgültig verloren und war sogar mit schuldig. Gudrun war stumm und senkte langsam den Kopf. Sigurd hatte sie auf zweifache Weise verloren. An den Tod und an Brynhild.

Die Tür öffnete sich und zwei Zofen mit den Kindern traten herein. Swanhild und Aslaug starrten erstarrt auf den aufgebahrten Sigurd.

„PAPA!!!!“, rief Swanhild und stürmte hin. „Was ist mit dir, Papa?! Sag doch was!! Wach doch auf, Papa!!!“

„Swanhild…“, sprach Gunnar leise auf das Kind ein. „Dein Papa… ist tot…“

„NEIN!!!! Papa ist nicht tot!!! Er schläft nur!!! Oder Mama?! Papa wird wieder aufwachen… Ganz bestimmt…“ Dabei klammerte sie sich an das Kleid ihrer Mutter und weinte herzzerreißend. Gudrun konnte nichts machen außer Swanhild den Kopf streicheln. Sie hatte nicht die Kraft etwas zu sagen.

„Oheim Sigurd…“, sprach Aslaug leise und betrachtete den Toten fassungslos. Dieses Bild brach Gunnar das Herz. Dieses Kind, wovon er gedacht hatte es wäre sein, stand jetzt vor seinem leiblichen Vater, den er sogar mit eigenen Händen getötet hatte. Ihm war auf einmal schlecht.

„Papa…“ Aslaug kam zu Gunnar und klammerte sich an ihn. Gunnar hob sie auf den Arm. Er konnte nicht, er konnte dieses kleine unschuldige Kind einfach nicht hassen, das ihn grade Papa nannte und von seiner geliebten Frau stammte. Er konnte und wollte es nicht.

„Oheim Sigurd ist wirklich tot?“

„Ja…“, sagte Gunnar leise und streichelte sacht ihr Haar. Sie weinte.

„Aber warum… warum ist er tot?“

„Weißt du… Ein Keiler hatte ihn während der Jagd von hinten angegriffen und schwer verletzt.“ Er konnte ihr nicht die Wahrheit sagen, es wäre zu schrecklich. Brynhild sah zu Gunnar und Aslaug. Sie fühlte sich schuldig, nicht nur Swanhild sondern auch Aslaug hatte sie den Vater genommen. Ihr Kind hätte somit eine Mörderin als Mutter, so dachte sie.
 

Die Fackeln waren schon längst verloschen als Brynhild wieder in den Saal ging, zu Sigurd. Etwas Mondlicht von draußen fiel auf seine leblose, kalte Gestalt. Morgen würde er bestattet werden, das wusste sie. Sie streichelte ihm über das Haar.

„Oh Sigurd… Wie konnte das alles nur passieren? Wie konnte ich nur so dumm sein? Es ist alles meine Schuld… Hätte ich nur nicht deine Schwachstelle verraten… Hätte ich dich damals nicht gehen gelassen… Hättest du mich nie erweckt… Hätte ich nur Vater damals gehorcht… Wäre ich niemals Walküre geworden… das alles wäre nie passiert…“ Sie umarmte zärtlich seinen Kopf und küsste seine kalte Stirn.

„Einen König sollte ich den Tod bringen, ihn schirmte ich… Den anderen König den ich schirmen sollte, schickte ich in den Tod… dich… Aber solche Fehler werde ich nie wieder machen… Geliebter Sigurd… ich werde dir ins Totenreich folgen… Meine Kinder sollen nicht eine Mörderin als Mutter haben… Und ich habe bereits alles verloren… Nichts hält mich mehr zurück… Warte auf mich, Liebster…“ Ein letztes Mal streichelte sie seinen Kopf und verließ leise die Halle. Auf dem Gang traf sie eine stämmige Gestalt mit kurzem, grünem Haar. Es war Thor, der sie mitleidsvoll und schuldbewusst ansah. Sie stürmte einfach nur auf ihn zu und umarmte ihn, so wie früher als sie Kinder waren. Dabei weinte sie laut.

„Es tut mir so unendlich leid, Brynhild… ich konnte dich nicht rächen…“

„Gib dir nicht die Schuld, großer Bruder… ich trage Schuld an alle dem…“ Thor ließ sie los und starrte sie an. Müde lächelte sie nur, müde aber nicht wegen der Nacht.

„Hätte ich niemals Vaters Befehl missachtet, währe Sigurd noch am Leben und glücklich… Aber ich werde nie wieder Fehler machen… Ich danke dir, Thor, dass ich dich noch einmal sehen konnte…“

„Was?“

„Lebwohl…“ Und Brynhild ging an Thor vorbei. Sie begann leise, ein trauriges Lied zu singen. Thor kannte es. Es war ein Klagelied der Walküren, das sie sangen, wenn eine Kameradrin im Kampf gefallen war.

Ein letzter Abschied & ein zerstörerisches Leuchten

Ein neuer Morgen brach an. Loki lag noch friedlich schlummernd in seinem Bett. Im Halbschlaf bemerkte er wie jemand in sein Zimmer rein kam und sich über ihn beugte.

„Loki!“, hörte er verschwommen. Zuerst dachte er an einen Traum und blinzelte leicht.

„Balder…?“, murmelte er müde und hatte irgendwie das Bedürfnis seine Arme um ihn zu legen und zu sich ins Bett zu ziehen.

„Thor ist weg!!!“, drang es auf einmal laut in sein Ohr und seinen Verstand. Kopfschüttelnd setzte er sich auf und rieb sich die Augen.

„Was?! Was hast du gesagt?“, fragte er und gähnte herzhaft. Da bemerkte er, dass auch Balder noch in Schlafklamotten war.

„Thor ist weg!!! Offenbar war er die ganze Nacht weg! Wir müssen ihn finden!!“

„Woher willst du wissen, dass er die ganze Nacht weg gewesen ist? Vielleicht ist er bei seiner Mutter…“

„Da war ich als erstes gewesen, Jörd weiß auch nichts und sein Bett hier war unberührt! Ich mache mir Sorgen um ihn, wer weiß was er noch machen wird!“

„Ist ja gut!“, maulte Loki, jetzt war er aber auch besorgt und begann seine Kleider zusammen zu raufen. „Wir müssen ihn finden…“

„Ja, aber schnell! Ich ziehe mich auch schnell an! Dann suchen wir Thor!“ Balder eilte raus. Loki rieb sich müde, das Gesicht.

„Verdammt… Wollte ich Balder, ernsthaft zu mir ins Bett ziehen? Wie, als…wenn er ein Mädchen wäre?“ Dieser Gedanke war Loki etwas peinlich, aber er zog sich rasch an um mit zu helfen Thor zu suchen.
 

Während Loki und Balder ganz Asgard nach Thor absuchten, hielt dieser sich in den Wäldern Manheims versteckt. Er wollte noch bei Brynhild sein, in ihrer Trauer. Sie hatte sich gestern Nacht sich eigenartig verhalten. Er konnte beobachten wie die Menschen auf einer Lichtung im Wald Holz aufstapelten für einen Scheiterhaufen, auf dem Sigurds Leiche, ganz nach Brauch verbrannt werden sollte.

Währenddessen saß Brynhild in ihrer Kemenate und polierte ihre Brünne und Helm, außerdem schärfte sie ihren Speer, als wollte sie sich für eine Schlacht rüsten. Ihre Zofe Wigburg, beobachtete sie dabei und half ihr ab und zu etwas. Sie wusste was ihre Herrin vorhatte.

„Herrin, seid Ihr sicher, dass Ihr das tun wollt? Ich meine denkt an eure Kinder…“

„Gunnar büßt bereits für den Mord, indem er Aslaug ein Vater ist, den er ihr genommen hat. Aber sie und mein kleiner Sigurd sollen keine Mörderin als Mutter haben… Beide würden es später mir nie verzeihen, besonders Aslaug…“

„Ich finde…“, antwortete Wigburg. „Sie würde Euch noch weniger das verzeihen, was ihr vorhabt. Sie würde Euch vorwerfen, dass Ihr sie im Stich gelassen habt…“

„Es ist entschieden… und es ist das Beste…“ Brynhild stellte ihre Waffen zur Seite. „Du weißt was du zu tun hast, Wigburg…“ Sie zögerte. Dann nickte sie und ging. Brynhild griff nach einem kleinen Krug mit Öl, welcher auf dem Tisch stand.

Etwas später, die Sonne ging bereits unter, kam Wigburg wieder, mit einem Becher wo eine ölige Flüssigkeit drin war. Brynhild hatte sich und ihre Kleidung mit Öl behandelt, ihr Gesicht glänzte etwas, durch das Öl. Sie hatte sich auch ihre Brünne angelegt und wollte grade den Helm aufsetzten.

„Du hast alles?“, fragte sie ihre Zofe und betrachtete den Becher.

„Ich habe gefleckten Schierling gewählt, das wirkt schnell und ihr werdet den Rauch dann nicht spüren. Und etwas Mohn um die Schmerzen des Schierlings zu lindern. Ich hatte zuerst an den Saft der Beeren von Eichenmisteln gedacht, in gedenken für eure beiden Brüder, wegen Eiche und Mistel, aber die Wirkung dauert zu lange…“

„Danke… Du kannst gehen… den Rest erledige ich…“

„Herrin… ich finde es immer noch nicht richtig was Ihr vorhabt, aber aufhalten werde ich Euch nicht. Ich werde mich um Eure Kinder kümmern und werde ihnen sagen, dass Ihr eine starke und furchtlose Frau ward.“

„Danke, Wigburg…“
 

Der Abend war da, der Scheiterhaufen war errichtet und Sigurd lag bereits in weißer Kleidung darauf, mit seinem Schwert Gram und dem Ring des Nibelungen auf seiner Brust. Auch er wurde mit Öl eingeschmiert, damit der Leichnam besser brannte. Die Kinder hatten sich bereits von Vater und Oheim verabschiedet, der Verbrennung werden sie aber nicht beiwohnen. Alle Erwachsenen waren anwesend, nur Brynhild fehlte. Der Priester sprach heilige Worte, gerichtet an Odin, auf dass Sigurd in Walhalla ankommen würde, um am Ende aller Zeiten an seiner Seite zu kämpfen. Thor beobachtete alles aus dem Verborgenen und fragte sich wo seine Schwester ist. Der Scheiterhaufen wurde entzündet. Die Flammen fraßen sich durchs harzige Holz und erreichten den Leichnam Sigurds. Stummes schluchzen ging durch die Menge, als auf einmal eine Gestalt mit Brünne, Speer, Schild und Helm durch die Menge schritt. Es war Brynhild, gerüstet als würde sie mit den Walküren in die Schlacht ziehen. Alle starrten sie an, sie ignorierte die Blicke, ihr Körper fühlte sich taub an und das Atmen fiel ihr immer schwerer. Sie hatte sich nicht nur gerüstet sondern auch den Schierlingsbecher zu sich genommen.

„…Fühl’ meine Brust auch, wie sie entbrennt;

helles Feuer das Herz mir erfasst,

ihn zu umschlingen, umschlossen von ihm,

in mächtigster Minne vermählt ihm zu sein…“, murmelte sie leise, fast wie im Traum.

„Brynhild, was hast du vor?“, rief Gunnar entsetzt, Brynhild wirkte schon jetzt wie ein Geist.

„Halt, Herrin! NICHT!“, rief Högni, Brynhild ging weiter zum Feuer. Mit getrübten Blick sah sie ins Feuer, zu Sigurd.

„Sigurd… Sigurd… Sieh…

Selig grüßt dich dein Weib…“, sprach Brynhild mit letzter Kraft und wollte zum Sprung ansetzten, auf den Scheiterhaufen ins Feuer rein.

„Brynhild!!!!“, tönte es von der anderen Seite vom Scheiterhaufen, ungesehen und ungehört von den anwesenden Menschen, doch Brynhild hörte es, wenn auch schwach. Sie hob den Kopf und sah durch die Flammen Thor, der sie flehend ansah. Müde aber glücklich lächelte sie. Er war immer noch bei ihr. Thor schüttelte den Kopf und sah sie flehend an.

„Tu es nicht…“

„Ich hab dich lieb, großer Bruder…"

Dann sprang sie. Als sie landete umschlangen ihre Arme den brennenden Sigurd.

„BRYNHILD!!!!!!!!“ Thor und Gunnar schrien gleichzeitig, während auch ihr Körper begann zu brennen. Es war zu spät. Vor Zorn und Trauer hob Thor seinen Hammer und rammte ihn mit voller Kraft in den Boden, wodurch sich ein mächtiger Blitz entlud, der fast kerzengrade zum Himmel schießt. Die Menschen schrien entsetzt.

„Die Götter zürnen, besonders Thor!!!“

„Schnell weg hier!!!“

Und sie rannten davon, Thor blieb beim Scheiterhaufen. Er fiel auf die Knie und weinte unerbittlich.

„Brynhild… warum… kleine Schwester…“

Sie war tot und für immer weg. Nie wieder wird er „Ich hab dich lieb, großer Bruder" von ihr hören und er nie wieder ihre Stimme hören oder ihr Gesicht sehen. Sie hatte sich entschieden mit Sigurd zu gehen und mit ihm vereint zu sein.

Er bemerkte nicht wie jemand zu ihm kam.

„THOR!! Da bist du ja!!!“

„Wir haben den Blitz gesehen… Was ist passiert?“

„Brynhild… ist… tot…“

Loki und Balder blickten zum Scheiterhaufen. Beide erkannten den Helm der in den Flammen lag.

„Nein!“

„Sie hat sich doch nicht etwa umgebracht?!“

„Doch hat sie… trotz dass sie mich gesehen hat, ist sie ins Feuer gesprungen…“

„Schwester…“, keuchte Balder mit Tränen in den Augen. „Das hättest du nicht tun sollen…“

„Und ich war immer früher fies zu ihr… Mann, könnte ich mich jetzt nur bei ihr entschuldigen…“ Auch Loki weinte.

„Es ist meine Schuld… Hätte ich sie doch nur beschützt, das alles hätte ich verhindern können…“ Doch auf einmal beginnt es neben Thor zu strahlen und ein starker Wind fängt an zu wehen.

„Oh nein… BITTE NICHT!!!“, schrie Loki, als dann ein mächtiger Knall ertönte, der ihn und Thor von den Füßen riss und der Erdboden rund um Balder aufbrach. Dieser starrte mit leerem Blick vor sich hin, trotz der Tränen die über sein Gesicht flossen und der Lichtblitze die ihn umgaben, und hin und her zuckten, in Bäume und Boden krachend einschlagend und alles zerfetzten.

„BITTE BALDER!!!! NICHT SCHON WIEDER!!! KOMM ZU DIR!!! BALDER!!!“ Loki stemmte sich in den Wind, versuchte zu Balder zu kommen, dabei fügten die Lichtblitze Loki mehre Wunden zu, die bluteten. Loki konnte doch den Freund erreichen und ihn in den Arm schließen.

„Wir alle trauern um Brynhild… Aber mach uns nicht noch mehr Kummer… Thor und ich sind für dich da…“ Alles wurde wieder ruhiger, der Wind, die zerstörerischen Blitze und auch das Leuchten, das von Balder ausging. Mit einem leisen Hauch sackt er in Lokis Umarmung, Loki fiel zu Boden Balder immer noch im Arm, aber verzweifelt schluchzend.

„Lo…ki…“ Dann verließen ihn die Sinne. Thor starrte auf die beiden, dann auf das Chaos um sie herum, Bäume waren umgeknickt wie bei einem Sturm, der Boden war aufgerissen und das Feuer des Scheiterhaufens war fast ausgeweht und die verkohlten Stücke davon lagen überall verstreut.

„Loki… Was, beim Leibe Ymirs, ist hier passiert?“

Loki wimmerte nur während er Balder hielt, so fest als wollte er ihn nie wieder loslassen.

„Loki! WAS GEHT HIER VOR!!!?“, schrie Thor seinen Freund an.

Loki richtete sich und Balder auf und sah Thor, hilflos an. Er musste seinen Schwur brechen, den er Odin geleistet hatte, Thor hatte ja alles gesehen und er konnte es unmöglich leugnen.

„Wo du alles gesehen hast, kann ich es nicht mehr verschweigen…“, begann Loki. „Dein Vater hat mich schwören lassen, weder dir noch Balder was zu sagen… Sowas hatte Balder schon mal gehabt als wir klein waren, dabei wollte er mich beschützen… Dein Vater meint, Balder ist der von den Nornen angekündigte Gott der Zerstörung, der den Ragnarök einleiten wird…“ Thors Gesicht wurde weiß. Ihm fielen Worte ein die sein Vater, einmal wie im Traum sagte: …Wo viel Licht ist, ist auch Schatten…

Thor zitterte, sein kleiner Bruder soll alles und jeden vernichten? Das wollte er nicht glauben, aber nachdem er das alles gesehen hat…

„Um den Ragnarök zu verhindern müsste Balder sterben… Eine Völva hat auch verkündigt, dass die Person die ihn sehr liebt, ein Schwert in sein Herz stoßen wird…“ Dabei strich Loki zärtlich eine Haarsträhne aus Balders blassem Gesicht.

„…Vielleicht hatte Brynhild recht, damals… Weiß du noch Thor?“ Thor erinnerte sich wie Brynhild als kleines Mädchen Loki beschuldigt hatte, er würde irgendwann Balder umbringen und dass sie davon geträumt hatte.

„Du meinst… du…“

„Warum du, Balder!? Warum du und nicht jemand, der mir scheißegal ist?!!! Ich will das nicht tun!!! NEIIIIINNN!!!!“ Er presste Balders Kopf an sein Herz, während seine Tränen Balders weißes Haar benetzten. Thor war fassungslos. Er starrte auf die Überreste des Scheiterhaufens, nichts außer Brynhilds Helm und Sigurds Schwert zu erkennen war.

„Brynhild… kleine Schwester, warst du am Ende doch eine Völva? Und hast du unser Ende gesehen?“ Dabei hielt er den Helm in seinen Händen, während Loki immer noch um Balder weinte…

Epilog: Rheingold, verfluchtes Gold

Gudrun wanderte in die Gewölbe, der Burg. Dort wo Sigurd sein Gold hin gebracht hatte, um es aus seinem Reich zu haben und so vor Raub durch die Dänen und Sachsen im Krieg zu schützen. Aber als sie mit ihrer Fackel den dunklen Raum erleuchtet, starrte sie in einen leeren Raum. Der Nibelungenhort war weg. Gudrun schrie bestürzt. Gunnar stürmte auch rein und war ebenso überrascht über das Fehlen des Goldes.

„Gunnar! Wo ist mein Gold?!“

„Dein Gold?!! Unser Gold, ich beanspruche ein Teil davon!!“

„Ich bin aber Sigurds Witwe und habe somit den meisten Anspruch!!“

„Du bist aber meine Schwester und er war mein Gast! Also gehört auch mir ein Teil des Goldes!“

„Wie beschämend ihr beide euch benimmt und dabei ist Sigurd erst seit einigen Tagen tot…“ Högni kam auch grade die Treppe runter, mit einem Ausdruck tiefster Enttäuschung und Verachtung.

„Högni? Was hat das zu bedeuten?“, fragte Gunnar verwirrt.

„Ihr streitet euch um das Gold wie eine Räuberbande und scheint dabei Sigurd vergessen zu haben. Mir scheint euch ist das Gold wichtiger als die Familie. Ich schäme mich richtig von derselben Mutter wie ihr beide abzustammen!“

„Wo ist das Gold, Högni?“, fragte Gunnar sachte.

„Dieses Gold ist verflucht und sät Zwietracht zwischen euch, dabei wart ihr als Kinder so harmonisch zusammen… Ich habe Gjuki auf dem Sterbebett geschworen euch beide, seine Kinder, vor allem Übel zu schützen. Und ich halte diesen Schwur, Gjuki war der Vater den ich niemals hatte und deshalb werde ich alles tun um euch zu schützen!“

„Wo ist das Gold, Högni!!?“, keifte Gudrun, streitlustig.

„An einem Ort, wo euch dieses verfluchte Gold für immer verwehrt bleibt…“

„WO?!!“

„‘Zem Loche habe ich es in den Rhein werfen lassen!“

„WAS HAST DU?!!!“

„DU HAST DAS GOLD IM RHEIN VERSENKT??!!“

Er grinste triumphierend.

„Keiner soll es bekommen! Jetzt und auch nicht in Zukunft!!“

Gudrun ballte vor Wut die Faust.

„Du hast mir zwar das Gold geraubt, Högni, aber meiner Rache kannst du nicht fliehen! Das schwöre ich dir, bis zu meinem Lebensende!“

Damit rauschte sie an den beiden vorbei. Noch am selben Tag, trotz der Trauer und ihrer Schwangerschaft verließ sie die Burg und die Burgunden.

Das Gold blieb bis zum heutigen Tag, unentdeckt…

Epilog: Ludere deorum - 3 Könige, 1 Schwert, 1 neue Hoffung...

Seinen Speer als Gehhilfe verwendend, stieg Odin schnaubend und stöhnend den Berg Olymp rauf. Endlich erreichte er ein kleines Plateau wo er sich erst mal erschöpft auf den Boden setzte und sich den Schweiß aus dem Gesicht rieb. Hoch schweben konnte er nicht. Es war ja weder sein Gebiet noch neutrales Gebiet, dadurch wusste er, dass er seinem Ziel nahe war. Nur noch ein Stück und er wäre auf dem Gipfel. Der Teil des Berges wo er bereits war, war von dichten Wolken umhüllt und darüber hörte er leises Donnergrollen. Dabei musste er an Thor und so an daheim denken.

Dann aber hörte er ein Geräusch, das sich von vorne nähert und sich als Schritte entpuppte. Aus den Wolken vor ihm, vor dem Plateau, kam ihm ein fremder Mann entgegen. Odin wunderte sich über die Erscheinung. Der Fremde war ein Mann mittleren Alters, dennoch mit schneeweißem Haar, die er zu einem Pferdeschweif oben am Hinterkopf zusammen gebunden hatte. Drei Strähnen seines Haares waren je rot, hellviolett und dunkelblau, und er hatte einen feinen Bart. Er trug eine Art Mantel den er mit einem einfachen Gürtel kunstvoll zugebunden hatte und über den Mantel sowas wie eine weite Weste. Unterm Mantel trug er Hosen, die so weit geschnitten waren, dass man auf dem ersten Blick denken konnte, er trüge einen Rock. Er hatte eine Art Schwertlanze bei sich und sah sehr würdevoll aus. Der Fremde erblickte Odin.

„Konichiwa…“, sagte der Fremde und verbeugte sich. Odin wusste zuerst nicht wie er reagieren sollte, aber der Fremde war wohl freundlich gesinnt.

„Ähmmm… ich grüße Euch“, sprach Odin, stand auf und verbeugte sich ebenfalls. Dabei bemerkte er, dass der Fremde goldene Augen hatte. War er auch ein Gott?

„Seid Ihr auch auf des Weges zum Berg Olymp?“

„Ja… das bin ich…“

„Wollt ihr auch zum Herrn des Olymps?“ Odin blickte aufgeregt den Fremden an.

„Ja, das bin ich auch.“ Der Fremde lächelte auf einmal.

„Dann lass uns gemeinsam den Rest des Weges gehen…“

„Ja… Aber eigentlich wollte ich grade hier Pause machen…“

„Eine gute Idee.“, warf der Fremde ein und setzte sich hin, die Beine über einander geschlagen. Odin setzte sich auch hin. Der Fremde holte aus seiner Tasche, die er bei sich trug, ein Bündel aus Blättern heraus und begann es vorsichtig zu öffnen.

Odin fragte: „Wer seid Ihr und wo kommt Ihr her, wenn ich mir die Frage erlauben darf?“ Der Fremde nickte.

„Ich bin Izanagi no Mikoto, der Herrscher über die japanischen Götter und Schöpfer seiner Inseln.“, sprach er im würdevollen Ton.

„Ihr seid also doch ein Gott. Ich bin Odin Hringhorni Alfödir, der Herrscher über die nordischen Götter.“

„Also sind wir beide Götterkönige, Odin-sama.“

„Ja, ganz offensichtlich…“ Izanagi holte aus dem Päckchen, etwas kleines, rundes, weißes und offensichtlich leicht klebriges heraus und biss herzhaft rein.

„Was habt ihr da, Jarl Izanagi?“

„Daifuku…“, schmatzte Izanagi. „Nur leider ist der etwas klebrig geworden… Wollt Ihr auch eins?“

„Ja… danke…“ Odin nahm die kleine klebrige Kugel und biss erst vorsichtig rein. Sie schmeckte süßlich und eigensinnig, schien aber zu sättigen.

„Mein Sohn Amaterasu hat sie für mich gemacht. Ursprünglich hatte ich aber zwei Päckchen gehabt… Vielleicht habe ich eines verloren, als ich mich vor diesem dreiköpfigen Hund versteckt hatte.“

„Dreiköpfiger Hund?“

„Ja, das ist merkwürdig…“

„Ihr sagtet Ihr habt einen Sohn. Habt Ihr noch mehr Kinder?“

„Ja, insgesamt habe ich drei Söhne. Amaterasu, Tsukiyomi und Susanoo. Sie sind je für Sonne, Mond und Meer und dessen Stürme verantwortlich.“

„Eure Gemahlin kann stolz auf Eure Kinder sein.“

„Ich bin Witwer…“, widersprach Izanagi, wehmütig.

„Oh, das tut mir leid…“

„Ihr konntet es nicht wissen… Habt Ihr auch Familie?“

„Ja, ich habe zwei Söhne und eine Tochter, die mir besonders am Herzen liegen… Nur leider musste ich meine Tochter verbannen, weil sie mir nicht gehorcht hatte…“

„Das muss bestimmt schwer für Euch gewesen sein.“

„Welchen Eurer Söhne, wenn ich das wissen darf würde Euer Nachfolger?“

„Amaterasu wird mein Nachfolger.“

„Warum nicht einer Eurer anderen Söhne?“

„Amaterasu eignet sich am besten für diese Rolle.“

„Verstehe… Mein jüngerer Sohn Balder wird mein Nachfolger, geleitet und beraten von seinem Bruder Thor und seinem Freund Loki. Er ist sanftmütig und das Volk liebt ihn.“

„Aha… das klingt schon mal nicht schlecht.“ Izanagi und Odin verstanden sich ziemlich gut.

„Weshalb, wenn ich das wissen darf, seid Ihr hier, Jarl Izanagi?“ Izanagi schluckte den Daifuku den er grade im Mund hatte runter, wischte sich den Mund ab und sprach mit ernster Miene: „Eine Miko, die in meinem Schrein lebte, hatte eines Tages eine Vision, dass ein Licht uns alle vernichten wird. Ich zog los und traf mich zuerst mit dem indischen Zerstörungsgott, da ich dachte er würde in der Zukunft das verursachen. Ich hatte mich geirrt, er würde es nicht sein. Deshalb ging ich hierher, weil im Reich des griechischen Götterkönigs auch ein Zerstörungsgott lebt, ich habe aber langsam das Gefühl er ist es auch nicht…“ Odins Miene wurde leicht traurig.

„Ich fürchte, Jarl Izanagi, wir sind mit dem gleichen Problem hier…“

„So? Dann sollten wir keine Zeit verlieren und aufbrechen.“ Izanagi stand auf und auch Odin, beide wandten sich dann ihrem gemeinsamen Weg zu.

Endlich erreichten die beiden die Bergspitze, wo nur wenige Sterbliche vor ihnen da waren und traten vor ein gewaltiges Tor. Erst schien es aus weißen Stein und Gold zu sein, aber der Stein war in Wirklichkeit versteinerte Wolken. Zuerst blickten sich Odin und Izanagi erstaunt an, bis ein leichtes und unheilvolles Grollen das Tor erzittern ließ, und die Pforten öffneten sich langsam und hoheitsvoll. Den beiden trat entgegen ein junger Mann, angetan mit purpurnem Tuch mit türkisen Fransen und langen weinroten Haaren.

„Das ist der Herr des Olymps?“, fragte Odin leise Izanagi.

„Unmöglich… Er scheint nicht viel älter zu sein als mein Sohn Tsukiyomi…“

„Guten Tag, die Herren…“, meinte der Jüngling mit einen entspanntem Gesichtsausdruck.

„Seid… verzeiht meine Unhöflichkeit… aber, seid Ihr der Herr des Olymps?“

„Nein!“, lachte der Jüngling herzhaft. „Aber ich bin sein Sohn. Dionysos Thyrsos ist mein Name. Vater hat mich geschickt um euch zu empfangen, er erwartet euch bereits. Folgt mir einfach…“ Mit einem leichten Wink drehte er sich um und die beiden Götterkönige folgten ihm.

„Dein Vater erwartet uns, Olymp no Ouji-san?“

„Ja… Mein Bruder hat vor einigen Tagen euer Kommen vorhergesagt…“

„Dein Bruder hat unser Kommen vorhergesehen?“, fragte Odin auf einmal sehr interessiert.

„Ja, unser Apollon… der hat manchmal spontane Visionen oder er guckt ganz absichtlich in die Zukunft. Dass ihr aber kommt, sah er ganz spontan.“

„Ich glaube, ich muss mich mal mit deinem Bruder unterhalten. Ich bin auch dazu in der Lage, in die Zukunft zu sehen.“

„Apollon wäre entzückt…“ Dionysos grinste.

Sie kamen, später in eine große Halle mit vielen Säulen. Über dem Dach des Gebäudes hörten sie ein Gewitter. Am Ende der Halle auf einem Thron, ebenfalls aus „Wolkenstein“, saß ein etwas älterer Mann, gekleidet wie Dionysos, im goldenen Tuche, langem goldblondem Haar und Bart. Er hatte eine fremdartige goldene Körperbemalung und trug einen goldenen Lorbeerkranz auf dem Kopf. In der Hand hielt er ein langes Zepter. Er stand auf und kam den Besuchern ein paar Schritte entgegen.

„Herzlich Willkommen in meinem Reich und auf dem Olymp. Ich bin Zeus Keraunos. Ich bin es, zu den ihr wollt.“

„Ich bin Odin Hringhorni Alfödir, König der nordischen Götter und Gott der Magie und Weisheit.“

„Und ich bin Izanagi no Mikoto, Herrscher der japanischen Götter und Schöpfungsgott.“

„Ihr habt bestimmt eine lange Reise hinter euch, setzt euch erstmal.“, sagte Zeus und deutete auf drei Stühle mit einem Beistelltisch, aus demselben Material wie der Thron. „Dionysos! Bringe bitte unseren Gästen deinen besten Wein!“

„Natürlich…“, murmelte Dionysos und wandte sich, munter ein Liedchen summend, ab.

„Ihr kennt bereits meinen Sohn…“, meinte Zeus und setzte sich zu seinen Gästen.

„Ein wenig abwesend wirkt der Junge“, gab Izanagi zur Antwort. „Wenn ich ihn so einschätze…“

„Jarl Izanagi!“, zischte Odin leise, aber Zeus lachte nur.

„Dionysos ist nicht nur Gott der Fruchtbarkeit und des Rausches, sondern auch eben des Weines. Und jeden Tag trinkt er eben ein oder zwei Gläser seines Weines.“

„Er hatte erwähnt, sein Bruder hätte unser Kommen vorhergesehen.“, begann Odin. „Ist Euer anderer Sohn, Gott der Weissagung?“

„Nicht nur, auch der Heilung und Künste, aber hauptsächlich ist er Gott der Sonne.“

„Genauso auch mein Sohn Amaterasu!“, warf Izanagi ein.

„Dann dürften sich die beiden gut verstehen!“

„Auch mit meinen Sohn Balder, welcher Lichtgott ist, würde sich Euer Sohn gut verstehen, wenn sie aufeinander treffen würden.“, gab Odin lächelnd von sich.

„Wir sind also nicht nur Götterkönige, sondern auch stolze Väter…“, stellte Zeus, genauso lächelnd, fest.

„Ja, genau.“, antworteten Izanagi und Odin gleichzeitig. Daraufhin kam Dionysos mit dem Wein wieder. Die drei Könige stoßen an und Dionysos ging pfeifend wieder ab. Als alle einen Schluck vom Wein genommen haben, sprach Zeus: „Offenbar sind eure Kinder euer ganzer Stolz, so wie meine mich stolz machen.“

„Ja, das kann man sagen. Thor, mein ältester, ist stark an Leib und Wille. Vom Wesen aber das Gegenteil seines Bruders Balder. Aber meine Tochter Brynhild… sie ist ein kleiner Wildfang, wie ihre Mutter damals…“

„Meine Tochter Artemis ist auch ungebunden und wild, obwohl sie Apollons Zwillingsschwester ist.“

„Keiner meiner älteren Söhne ist so.“, meinte Izanagi. „Amaterasu hat eine gewisse Ähnlichkeit mit meiner verstorbenen Frau Izanami, ist weise und stark. Deshalb und nicht nur weil er mein erstgeborener ist, wird er mein Nachfolger. Eher wäre sonst mein zweitältester Sohn Tsukiyomi, der Mondgott, mein Nachfolger geworden, er ist belesen und klug, aber zu sanft und nicht flexibel genug um zu herrschen. Mein jüngster Susanoo, der Herrscher über das Meer und Stürme, ist zwar stark aber jähzornig und sehr stolz, daher auch ungeeignet.“

„Eine kluge Wahl, Jarl Izanagi. Balder ist zwar mein jüngster Sohn, aber er wird mein Nachfolger. Nicht nur weil das Volk ihn liebt, sondern weil er auch sanften Geistes ist.“

„Warum ist Euer Ältester nicht Euer Nachfolger?“

„Nun ja… Balder ist mein ehelicher Sohn und, Thor und Brynhild stammen von meiner Geliebten…“

„Mir scheint, Ihr schätzt auch schöne Frauen, oder?“, lachte Zeus amüsiert.

„Ja… so könnte man es ausdrücken… Aber Frigg, meine Frau und Jörd, meine Geliebte sind beide für mich wichtig…“

„Tja… meine Frau Hera ist auch was Besonderes, aber andere Mütter haben auch schöne Töchter. Apollon hat den Optimismus von seiner Mutter Leto und Dionysos hat von seiner Mutter Semele nicht nur seine roten Haare, sondern auch sein ruhiges Wesen… Nur leider starb Semele viel zu früh… Tja, aber Apollon hat auch seinen Hang zur Liebe, von mir geerbt, wenn Ihr versteht was ich meine…“

„Also… sowas kann ich nicht von meinen Söhnen behaupten…“

„Ihr Lustmolche! Ich könnte niemals meine Nami-chan, durch eine andere Frau ersetzten!!“

„Oh… Ihr liebt sie wirklich sehr, nicht wahr Izanagi?“, fragte Zeus etwas überrascht.

„Ja… Izanami… Nami-chan… sie ist zu früh von mir gegangen… ich habe versucht sie zurück zu holen, aber ich versagte… seit her habe ich die Kinder alleine groß gezogen, habe nicht nochmal geheiratet, nur höchstens eine Amme für meinen Jüngsten geholt… er brauchte eine Mutter… Ich liebe sie noch so sehr, wie am ersten Tag…“

„Das tut mir leid, Jarl Izanagi. Wir wussten es nicht…“, sprach Odin tröstend und legte die Hand auf Izanagis Schulter.

„Können wir nicht jetzt über den Grund für unser Kommen reden?“

„Ähm… ja, Jarl Zeus… wir sind hier wegen…“

„Wegen des Weltuntergangs?“ Odin erschauerte.

„Hat Euer Sohn das auch vorhergesehen?“

„Nein.“, antwortete Zeus beruhigend. „Aber die Moiren sprachen darüber als ich meinen Bruder Hades in der Unterwelt besuchte. Kurz darauf hatte Apollon seine Vision von eurem Kommen und ich ahnte, dass ihr deswegen kommt.“

„Ich sprach im Himalaya-Gebirge mit den indischen Zerstörungsgott Shiva ob er unser Ende auslösen würde, er sagte mir aber, seine Priester hätten ähnliches vorhergesehen, wie meine Priester. So kam ich zu Euch, Zeus-sama. Bei Euch lebt auch ein Zerstörungsgott.“

„Ja… Perses ist sein Name, er ist der Schwager meiner Geliebten Leto. Was er aber zerstört wird zu schwarzer Asche und die Moiren sagten, alles was dieser Gott berührt würde zu goldenen Staub zerfallen.“

„Er ist es also nicht?“, fragte Izanagi, aufgeregt, während Odin schamvoll den Kopf senkte.

„Nein, sein Weib und seine Tochter benutzen beide ihre Macht um seine Kräfte einzudämmen. Er ist so gut wie unter Kontrolle.“

Zeus fiel auf einmal auf, wie schweigsam Odin ist.

„Stimmt irgendwas nicht, Odin?“

„Ich… ich weiß wer uns vernichten wird…“

„Ihr wisst es? Wer?“

„M…mein… mein Sohn Balder…“

„Was, Euer Sohn?!“ Odin rannen die Tränen der Verzweiflung übers Gesicht.

„Er ist derjenige der uns vernichten wird, aber nicht mit böser Absicht! Ich schwöre Euch, er ist ein guter Junge! Er liebt diese Welt und hat eigentlich nicht vor uns zu zerstören! Bitte glaubt mir!! Das ist die pure Wahrheit!!“

„Wir glauben Euch, Odin-sama…“, erwiderte Izanagi mit fester Stimme.

„Ja, sonst hättet Ihr vorher nicht so viel Positives von ihm erzählt. Deshalb sagten also die Moiren was von einem Licht aus dem Norden…“

„Auch die Miko, in meinem Schrein sprach von einem Licht.“ Odin brach zusammen. Zeus und Izanagi halfen den gebrochenen Götterkönig wieder auf.

„Der einzige Weg das alles zu verhindern, wäre ihn zu töten… Grausames Schicksal… Warum zwingst du den Vater den Tod seines geliebten Kindes herbei zu führen…“

„Wir müssen ihn nicht töten.“, sprach Zeus. „Perses hat seine Kräfte unter Kontrolle, also wird Euer Sohn es auch lernen!“

„Er wird mit jeden Tag stärker…“

„Perses ist auch stark! Euer Sohn ist aber offenbar die größere Bedrohung weil er noch jung und unerfahren ist.“

„Zeus-sama hat Recht. Außerdem, der indische Zerstörungsgott Shiva, wird trotz seiner Macht, von den Menschen geachtet, verehrt und geliebt und er hatte bis her nichts und niemanden was getan.“

„Das ist es!“, rief Zeus auf einmal, wie erleuchtet.

„Was?!“

„Die Menschen! Das muss es sein! Das Band zwischen Menschen und Götter ist ja geschwächt! Wenn wir diese Verbindung wiederherstellen können, könnten wir vielleicht das Schlimmste verhindern! Die Götter müssen was von den Menschen lernen!“

„Das klingt plausibel…“, erwidert Izanagi. „Wir müssen es zumindest versuchen. Wir oder besser unsere Söhne sollten von den Menschen lernen, weil unsere Söhne übernehmen später unsere Plätze, wenn wir nicht mehr sind.“

„Ihr meint, wenn Balder… oder besser unsere Söhne das menschliche Herz verstehen, kann noch die Welt und mein Sohn gerettet werden?“

„Wenn wir uns nicht irren, ja! Unsere Söhne sollten mit einem Menschen zusammen leben um von ihnen zu lernen.“

„Da würde ich persönlich ein Menschenmädchen dazu setzten. Frauen und Mädchen sind allgemein einfühlsamer. Und mein Bruder Hades könnte auch mal was von lebenden Menschen lernen.“

Izanagi gluckste: „Wenn wir nicht aufpassen, verliebt sich das Menschenmädchen in einen von unseren Söhnen oder gar in Euren Bruder. Aber warum nicht? Dadurch würde das Band zwischen Menschen und Göttern sogar physisch gestärkt.“

„Wenn ich so darüber nachdenke, kein schlechter Einfall. Sie sollen auf einer Schule zusammen lernen. Ich werde gleich eine Nachricht an meinen guten Freund Thoth in Ägypten schicken, er wird mir bestimmt helfen dabei.“

„Einverstanden, wenn das Menschenmädchen erwählt wurde, könnt ihr meine beiden jüngeren Söhne, Tsukiyomi und Susanoo zu Euch nehmen.“

„Dionysos, Apollon und Hades kommen von mir dazu. Apollon könnte es auch gut tun. Seit dem Tod seiner Geliebten Kassandra ist er in tiefer Trauer, es könnte ihm auch helfen.“

„Umso besser! So ist auch Euch geholfen!“

„Ich schicke Euch meine Söhne Thor und Balder, aber sie kommen mit deren gemeinsamen Freund Loki. Ohne ihn gehen die beiden Rabauken nirgendwo hin, besonders Balder hängt an Loki.“

Izanagi feixte und sprach: „Hört sich an als ob Euer Sohn und sein Freund mehr als nur Freunde sind.“

„Was?!“, fragte Odin verwirrt, worauf Izanagi amüsiert gluckste.

„Also, Odin-sama, Ihr braucht euch nicht zu schämen, wenn das wirklich zutrifft.“

„Wovon redet Ihr denn??!!“ Odin wurde Rot.

„In meiner Heimat, in Japan, ist es üblich dass ein Krieger einen seiner Schüler zu seinen Geliebten macht. Das ist normal.“

„WAS???!!!!“

„Sowas Ähnliches gibt es auch hier in Griechenland und mein Apollon hatte schon mal einen männlichen Geliebten gehabt. Nur die Menschen, haben in meinem Reich ihre Meinung darüber geändert.“

„Was??!! Nein!! Das… kann ich mir nicht vorstellen, mein Sohn und Loki…“

„Ihr braucht Euch nicht zu schämen, es war nur eine Vermutung von mir. Wenn ich Euch beleidigt habe Odin-sama, dann verzeiht…“

Odin räusperte sich um sich zu beruhigen. Dann sprach er: „Zurück zum Thema… Wie soll dieses Menschenmädchen ausgewählt werden? Am besten soll ein unparteiischer Richter wählen.“

„Stimmt, jeder von uns würde ein Mädchen seines eigenen Herrschaftsgebiets bevorzugen. Woran denkt ihr, Odin-sama?“

„Wie wär’s mit einem Artefakt?“

„Stimmt, ja. Ich teile Eure Meinung, Odin. Ich persönlich würde es in Form eines Schwertes haben, damit jeder sieht dass es was Besonderes ist.“

„Einverstanden…“ Odin brach die Spitze seines Speeres ab. „Ich gebe einen Teil meines Speeres, für das Schwert. Nur wenn sie klug ist, kann sie es berühren.“

Izanagi brach die Klinge seiner Naginata, seiner Schwertlanze ab, mit den Worten: „Wenn sie Mut besitzt, kann sie das Schwert tragen. Dafür gebe ich meine Klinge…“

„Nun, dann gebe ich auch was…“ Zeus brach von seinem Zepter auch ein Stück ab. „Wenn sie ein großes Herz besitzt, ist sie würdig um den Göttern etwas über Menschen bei zu bringen… Ich werde die Teile, gleich Hephaistos geben damit er das Schwert schmieden kann.“

„Alles klar…“

„VATER!! VATER!!!“ Ein junger Mann kam herbeigeilt. Er hatte wie Zeus goldblondes, langes Haar und eine ähnliche Bemalung, trug aber ein weißes Lendentuch und einen blauen schwebenden Schleier. Ohne Zweifel war das Zeus‘ Sohn.

„Apollon? Was ist denn? Hast du schon wieder Ärger mit den Musen?“

„Dee-Dee hat grad gesagt, dass du Gäste hast! Ist einer dabei der…“ Der blonde Jüngling stockte als er Odin erblickte.

„Ihr… Ihr seid der Einäugige aus dem Norden?“, fragte er unsicher.

„Ja, der bin ich? Ist irgendetwas, Junge?“

„Verzeiht meine Frage aber…“ Apollon kam näher und sprach leise. „Habt Ihr eine Tochter?“

„Was?“

„Warum willst du wissen ob Odin-sama eine Tochter hat?“, fragte Izanagi ebenso verwirrt.

„Es… Es tut mir Leid… Ich hatte eine Vision…“, stotterte der junge Sonnengott. „Ich sah dass ihr beide kommen würdet und auch dass… Es tut mir wirklich, wirklich leid, Herrscher des Nordens, aber… Eure Tochter hat Selbstmord begangen, grad in diesem Augenblick…“

Odin war als verliert er den Boden unter den Füßen, bis er realisierte, dass seine beiden Hände um Apollons Kehle gelegt waren. Izanagi und Zeus schrien entsetzt auf.

„ODIN!!“

„HE, lasst den Jungen los!!!“

„Du… du Lügenbold!! Meine Brynhild lebt!!“, schnaubte Odin während er feste zu drückte.

„Es tut mir leid…“, röchelte Apollon mit Mühe.

„LASST MEINEN SOHN LOS!!!“ Die beiden Götterkönige konnten Odin vom blonden Jüngling wegreißen. Apollon sackte zu Boden und rieb sich röchelnd und hustend seinen Adamsapfel.

„Du lügst… du lügst… meine Brynhild ist nicht…“

„Ich habe es vorausgesehen… In dem Augenblick wo Ihr eintreten würdet, würde sich Eure Tochter in ein Feuer werfen… Es tut mir wirklich, aufrichtig leid…Aber verschweigen wollte ich es Euch nicht…“

„Brynhild…“ Odin zitterte während er sich auf seinem nun spitzenlosen Speer stützte.

„Ihr habt mein Beileid, Odin-sama…“

„Auch das meine, trotz dass Ihr versucht habt meinen Sohn umzubringen…“

„…ein Kind, das Ihr besonders liebt werdet Ihr in naher Zukunft verlieren, wenn sich nichts ändert sogar noch eins… Die Völva hat es auch gesehen… und ich dachte sie redete von Balder! Bei Ymirs Gebeinen… Wie dumm von mir, mich nur auf eines meiner Kinder zu konzentrieren…“

„Eure Tochter hätte es Euch verziehen, dass ihr versucht Euren Sohn zu helfen… Wenn Eure Tochter Euren Sohn auch liebte…“

„Wovon redet ihr?“, fragte Apollon neugierig geworden.

„Nicht was dich noch nichts angeht…“, sprach Zeus und gab Apollon die drei Metallteile von Zepter, Speer und Lanze.

„Geh damit schnell zu Hephaistos und sage ihm er soll ein Schwert daraus schmieden.“

Apollon blickte Zeus zuerst verwirrt an. Dann nickte er nur und ging.

Besorgt zu Odin gewandt fragte Zeus: „Soll ich Euch ein Gemach bereitstellen damit Ihr Euch etwas zurückziehen könnt?“

„Nein… Jarl Zeus… ich danke Euch trotzdem…“ Da blickte Odin auf den Schaft seines Speeres, die Runen darauf glühten und zischten leicht, bevor sie wieder erloschen.

„Was war das Odin-sama?“

„Loki hat seinen Schwur gebrochen? Ich hoffe sehr er hat eine gute Erklärung…“ Odin stand wieder grade und standhaft. „Morgen werde ich abreisen Jarl Zeus… Ich habe noch einige Sachen zu klären in meinem Reich…“

„Ich gehe morgen auch… Zeus-sama, Odin-sama , ich danke für Eure Hilfe! Hoffen wir, dass das Menschenmädchen rasch gefunden wird…“
 

Das Schwert wurde geschmiedet und in die Welt der Menschen gebracht. Doch das richtige Menschenmädchen war offenbar noch nicht geboren. Durch Erben, Schenken, Tausch, Diebstahl und Verkauf wanderte das Schwert durch verschiedene Länder und Epochen. Krieg, Frieden, Katastrophen und so vieles andere erlebte es, bis es im 21.Jahrhundert in einer japanischen Stadt im Schuppen einer Shinto-Priesterfamilie landete, wovon die einzigste Tochter es eines Nachmittags fand…


Nachwort zu diesem Kapitel:
Zitat (Richard Wagner):

"Odin, Gemahl, erwache!" [Im Original: "Wotan, Gemahl, erwache!]

aus der Oper >Rheingold< Akt 2, Szene 2, Fricka

http://www.richard-wagner-werkstatt.com/texte/?W=Ring/ [Achtung!!! Enthält Spoiler!!!!] Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Zitat (Richard Wagner):

„Aus langem Schlaf weck’ ich dich Schlummernde wach..."

aus der Oper >Siegfried< Akt.3, Szene 1, der Wanderer

http://www.richard-wagner-werkstatt.com/texte/?W=Ring/ [Achtung!!!!Enthält Spoiler!!!!] Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Zitat (Richard Wagner):

"Hier bin ich, Vater: giebte die Strafe! "

„Hierher auf den Berg banne ich dich;
In wehrlosen Schlaf schließ ich dich fest:
Der Mann dann fange die Maid,
der am Wege sie findet und weckt.“

"War es so niedrig, was ich dir tat, dass du so tief mir Erniedrigung schaffst?"

„Leb wohl, du kühnes, herrliches Kind...
Du meines Herzens heiligster Stolz…
Leb wohl… Leb wohl… Leb wohl…“

aus der Oper >Walküre< Akt 3, je Szene 2 & 3, Wotan, Brünnhilde

http://www.richard-wagner-werkstatt.com/texte/?W=Ring/ [Achtung!!! Enthält Spoiler!!!!] Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Zitat (Richard Wagner):

„O Heil der Mutter, die mich gebar;
Heil der Erde, die mich genährt.
Dass ich das Aug’ erschaut,
das jetzt mir Seligem lacht.“

aus der Oper >Siegfried< Akt 3, Szene 3, Siegfried

http://www.richard-wagner-werkstatt.com/texte/?W=Ring/ [Achtung!!! Enthält Spoiler!!!!] Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Zitat (Richard Wagner):

„Erwache, Brynhild! Wache, du Maid!“ [Im Original: „Erwache, Brünnhilde! Wache, du Maid!“]
„Sei mein! Sei mein! Sei mein!“
„O Sigurd! Dein war ich von je!“...„Dein werd’ ich ewig sein!“ [Im Original: "O Siefried..."]
„Er ist mir ewig, ist mir immer,
Erb’ und Eigen, ein’ und all’:
leuchtende Liebe, lachender Tod!"

aus der Oper >Siegfried< Akt 3, Szene 3, je Siegfried & Brünnhilde

http://www.richard-wagner-werkstatt.com/texte/?W=Ring/ [Achtung!!! Enthält Spoiler!!!!] Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Zitat (Richard Wagner):

"Gedenk’ des Trankes im Schrein;
vertraue mir, der ihn gewann:
den Helden, des du verlangst,
bindet er liebend an dich." [Im Original von Hagen gesungen]

„Bleib’ fern! Fürchte dies Zeichen!
Zur Schande zwingst du mich nicht“

„Gunnar, deinem Weib ist übel!“ [Im Original: "Gunther, deinem weib ist übel!"]

aus der Oper >Götterdämerung< Akt 1&2, je Szene 1,3 & 4, je Hagen, Brünnhilde, Siegfried

http://www.richard-wagner-werkstatt.com/texte/?W=Ring/ [Achtung!!! Enthält Spoiler!!!!] Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Zitat (Richard Wagner):

„…Fühl’ meine Brust auch, wie sie entbrennt;
helles Feuer das Herz mir erfasst,
ihn zu umschlingen, umschlossen von ihm,
in mächtigster Minne vermählt ihm zu sein…“

„Sigurd… Sigurd… Sieh…
Selig grüßt dich dein Weib…“ [Im Original: "Siegfried... Siegfried..."]

Aus der Oper "Götterdämmerung" Akt 3, Szene 3, von Brünnhilde

http://www.richard-wagner-werkstatt.com/texte/?W=Ring/ [Achtung!!! Enthält Spoiler!!!!] Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück