Anne im Traumhaus von steffinudel ================================================================================ Kapitel 14: Eine freudige Überraschung -------------------------------------- Anne und Gilbert verbrachten eine wundervolle Woche in ihrem Traumhaus. Dann begann Gilberts Arbeit im Krankenhaus in Carmody. Frühmorgens fuhr er hin und kam abends wieder heim, solange das Wetter gut war. Anne hatte begonnen wieder an einem Buch zu arbeiten. Ihr Verleger hatte ihr geschrieben, dass er sehr auf ein neues Werk von ihr hoffe. Somit war auch Annes Alltag ausgefüllt mit Arbeit an ihrem Buch und im Haushalt. Wenn das Wetter schön war, saßen sie und Gilbert abends oft noch auf der Veranda und genossen den Sonnenuntergang und danach die Sterne. Des öfteren besuchte Anne ihre Freundin Diana, die jetzt nicht mehr viel laufen konnte, da ihr Bauch bereits ziemlich dick war. „Anne, ich komme mir vor, wie ein Walross. Ich bin so dick und kurzatmig, es ist einfach schrecklich“, klagte sie bei Annes letztem Besuch. Im Oktober war es dann soweit, Fred und Diana Wright hatten eine kleine, gesunde Tochter bekommen. Sie sollte Anne- Cordelia heißen und natürlich würde Anne ihre Patin werden. Als Anne und Gilbert sie zum ersten mal nach der Geburt besuchten, hielt Anne ihr Patenkind lange Zeit im Arm. Die kleine Anne-Cordelia hatte bereits so rabenschwarzes Haar, wie ihre Mutter. „Sie ist wirklich niedlich, Diana“, sagte Anne und sah auf das kleine schlafende Wesen herab. Gilbert beobachtete Anne heimlich, wie sie das Baby in ihrem Armen hielt. `Anne wird einmal eine wundervolle Mutter werden`, dachte er. Im Dezember musste Gilbert für eine Woche nach Halifax zu einer Ärztetagung. Sein Professor wollte, dass er daran teilnahm, um etwas über neue Methoden in der modernen Medizin zu lernen. Einen Tag vor Weihnachten würde er wieder zurück sein. Anne seufzte und sah aus dem Fenster, draußen wirbelten lustig kleine Schneeflöckchen umher, es schien, als spielten sie miteinander. Seit zwei Tagen war Gilbert nun fort, Anne kam es vor, als wäre es schon eine ganze Ewigkeit. Sie fühlte sich nicht besonders, irgendwie war sie so müde. Anne gähnte und sah wieder aus dem Fenster. Da kamen Diana und Fred Wright angefahren. Sie stand auf und öffnete die Tür. „Was macht ihr den hier?“, fragte Anne erstaunt. Diana stieg vom Wagen und kam auf sie zu, während Fred ihr von weitem zuwinkte. „Fred holt jetzt unseren Weihnachtsbaum und da dachten wir, vielleicht soll er dir auch einen mitbringen. Gilbert kommt ja erst einen Tag vorher wieder zurück“, sagte Diana. „Oh, das ist wirklich lieb von euch. Ich werde das Angebot gerne annehmen, wenn es euch nichts ausmacht“, antwortete Anne. Fred machte sich auf den Weg und Diana blieb solange bei Anne. „Meine Mutter passt gerade auf die Kinder auf“, berichtete Diana „und da Anne-Cordelia gerade endlich mal satt war, habe ich die Gelegenheit genutzt endlich mal wieder aus dem Haus zu kommen.“ Sie setzten sich an den gemütlichen Küchentisch und tranken Tee. „Wie geht es dir, Anne?“ „Soweit, so gut. Aber...“ Anne hielt die Hand vor den Mund, als sie erneut gähnte „entschuldige Diana, ich bin in letzter Zeit so müde.“ „Vielleicht solltest du es mal mit Schlaf versuchen“, lachte Diana. „Ich hab in den letzten Tagen soviel geschlafen, wie in meinem ganzen Leben noch nicht und trotzdem bin ich immerzu müde.“ Anne war aufgestanden, um ein paar Kekse aus dem Schrank zu holen. Auf einmal wurde ihr schwindlig. Beinah wäre sie hingefallen, doch Diana war bereits bei ihr und hielt sie fest. Alles drehte sich in Annes Kopf. „Anne“, rief ihre Freundin entsetzt „was hast du denn?“ „Mir ist auf einmal so schwindlig, Diana.“ „Komm, leg dich auf das Sofa.“ Diana legte ihr einen kühlen Lappen auf die Stirn. „Geht es wieder besser?“ fragte sie besorgt. „Ja, ich weiß auch nicht, was los war, aber jetzt geht es mir wieder gut.“ Diana überlegte eine Weile, dann sagte sie: „ Sag mal Anne, ist dir sonst noch irgendwie komisch in letzter Zeit?“ „Mmmm, ich bin müde, mir ist schwindlig und gestern war mir plötzlich schlecht, aber es war dann auch gleich wieder vorbei.“ „Anne, könnte es vielleicht sein, dass du ein Kind bekommst?“ Anne hatte sich ruckartig aufgesetzt. „Ich denke ich kenne die Anzeichen inzwischen“, sprach Diana weiter „bei mir fängt es auch jedes Mal so an.“ „Diana! Meinst du wirklich?“ „Bist du denn... ich meine.. bist du über deine Zeit?“ fragte Diana und sah ihre Freundin ernst an. Anne überlegte einen Moment. „Ja, jetzt wo ich darüber nachdenke. Ich hab mir bisher nur nichts dabei gedacht.“ „Anne! Du wirst ein Baby bekommen“, strahlte Diana. Freudig umarmte Anne ihre Freundin. „Diana, sag keinem was. Ich möchte, dass Gilbert es als Erster erfährt, versprichst du mir das?“ „Natürlich, ich werde schweigen wie ein Grab.“ Die nächsten Tage, kamen Anne wie eine Ewigkeit vor. Sie konnte es kaum erwarten, dass Gilbert nach Hause kam. Als Marilla vorbeikam fiel es Anne fürchterlich schwer, nicht damit herauszuplatzen, aber Gilbert sollte der Erste sein, der es von ihr hörte. Die Tage zogen sich dahin. Am Tag vor Weihnachten, fing Anne an, den Weihnachtsbaum zu schmücken. Sie lief hinaus, um noch ein paar Tannenzweige zu holen. Als sie durch den Schnee wieder zurückstapfte, sah sie dass Gilbert gerade vom Wagen stieg. „Gil!“, rief sie erfreut, ließ sie Tannenzweige fallen und rannte auf ihn zu. Sie warf sich in seine Arme und küsste ihn. “Das ist aber eine stürmische Begrüßung“, murmelte Gilbert zwischen zwei Küssen, als er sie in seinen Armen hielt. Dann erst bemerkte Anne ihren Schwiegervater, der lachend das Gepäck vom Wagen lud. „Oh, entschuldige Dad“, sagte Anne mit geröteten Wangen. „Ich hab dich überhaupt nicht bemerkt.“ Mr. Blythe lachte: „Es braucht dir nicht leid zu tun, Anne. Es freut mich zu sehen, dass du Gilbert vermisst hast.“ „Meine Frau, kann doch recht temperamentvoll sein“, sagte Gilbert und legte den Arm um ihre Schulter und an Anne gewandt sagte er: „Keine andere Haarfarbe würde zu deinem Temperament passen, Karotte.“ Anne sah ihn gespielt wütend an und gab ihm einen kleinen Tritt an sein Bein. „Autsch, ich sollte wohl lieber mein loses Mundwerk halten“, sagte Gilbert lachend und Mr. Blythe lachte herzhaft mit. Anne überhörte das Lachen der beiden und fragte: „Willst du einen Tee mit uns trinken, Dad?“ „Nein, vielen Dank Anne ich muss noch zu den Lawsons. Wir sehen uns dann morgen zum Essen.“ Er winkte und fuhr los. „Du hast Glück, dass ich heute so gute Laune habe“, sagte Anne zu Gilbert und sah ihn mit blitzenden Augen an „heute lass ich mich nicht von dir ärgern.“ „Ich habe wohl Glück, dass du gerade keine Schiefertafel parat hast, oder?“ Gilbert blickte ihr dabei in die Augen und küsste sie „Du hast mir gefehlt, Karotte.“ Sie gingen ins Haus und Anne deckte den Tisch für das Abendessen, während Gilbert sein Gepäck herein trug. Dann kochte sie Tee in der Küche. Gilbert ging auf sie zu und legte die Arme um sie. Er beugte sich vor und küsste ihren Hals. Anne schloss die Augen und lehnte sich mit dem Rücken an ihn. "Wie schön, dass du wieder da bist, Gil. Diese Tage kamen mir wie eine Ewigkeit vor." Sie drehte sich um und küsste ihn. Während des Abendessens erzählte Gilbert von der Tagung und Anne hörte ihm zu. Sie konnte kaum den Augenblick erwarten, wenn sie ihm ihr süßes Geheimnis anvertrauen würde. Nach dem Essen setzten sie sich ins Wohnzimmer, um den Tee zu trinken. Anne holte ein kleines Päckchen hervor, das mit einer roten Schleife umwickelt war. "Ich weiß, dass erst morgen Weihnachten ist", sagte sie und sah ihm in die Augen "aber so lange kann ich einfach nicht mehr warten. Ich muss es dir einfach jetzt schon geben." Sie reichte ihm das Päckchen und er sah sie verblüfft an. "Das muss ja ein wichtiges Geschenk sein, wenn du damit nicht bis morgen warten kannst." "Nun mach es schon auf, Gil", drängte sie ihn. Gilbert öffnete das Geschenk. Darin befand sich ein kleines, weißes, mit Spitzen besetztes Babymützchen. Einen Moment lang hielt er es verdutzt in seinen Händen. "Anne, willst du damit etwa sagen, dass....", er sah sie verblüfft an und Anne lächelte. "Dass wir ein.... Baby bekommen?", fragte er. Anne nickte. Gilbert sprang auf, riss sie in seine Arme und wirbelte sie umher wie ein übermütiger Schuljunge. "Ist das wirklich wahr, Anne?" "Ja, Gil wir bekommen ein Baby. Freust du dich?" "Du fragst mich, ob ich mich freue? Ich bin begeistert, ich bin überglücklich, ich ...ich kann es gar nicht ausdrücken." Dann beugte er sich zu ihr herab und küsste sie so intensiv und leidenschaftlich, dass Annes Knie zitterten und ihr Herz wie ein wilder Trommelwirbel gegen ihre Brust schlug. "Oh, Anne du machst mich zum glücklichsten Menschen auf der ganzen Welt." Sie setzten sich wieder auf das Sofa und Anne lehnte sich an ihn. "Mein Gott, ich werde Vater. Ist das zu fassen? Anne, das ist das schönste Weihnachstgeschenk, das du mir machen konntest." Lange saßen sie an diesem Abend noch zusammen und genossen ihr Glück. Gilbert legte seine Hand auf Annes noch flachen Bauch und gemeinsam dachten sie an ihr Kind, dass in ihrem Körper heranwuchs. Als Anne am nächsten Morgen die Augen aufschlug, sah sie Gilbert neben sich und lächelte. Es war so schön, aufzuwachen und ihn neben sich zu haben. Plötzlich überfiel sie Übelkeit. Sie kam über Anne wie eine Welle. Hastig krabbelte Anne aus dem Bett und schaffte es gerade noch zur Waschschüssel im Nebenzimmer. Gilbert sah sie noch im Nebenzimmer verschwinden, als er die Augen öffnete. "Anne?", fragte er verschlafen und setzte sich auf. Einen Moment später kam Anne wieder heraus. Blass und bleich mit der Hand vor dem Mund. "Geht es dir gut?" fragte Gilbert besorgt und ging auf sie zu. "Komm, leg dich erst einmal wieder hin." Bereitwillig ließ sie sich zum Bett führen. Gilbert deckte sie sorgsam zu und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Anne lag einen Moment mit geschlossenen Augen da. "Geht es dir wieder besser?" Sie nickte und nahm seine Hand. "Ja, es geht schon wieder. Mir war nur plötzlich fürchterlich übel." "Das ist normal am Anfang, Anne. Ich fürchte da müssen wir durch." Anne lächelte ihn bereits wieder an. "Solange es so schnell wieder vorüber ist." Am Abend waren sie bei den Blythes zum Essen. Auch Marilla und Mrs. Lynde waren eingeladen. Jeder bemerkte, wie sehr Gilbert strahlte. "Was ist los?", fragte seine Mutter ihn "Man könnte meinen es wäre etwas besonders passiert." "Ist es auch, Mom", er gab ihr einen Kuss auf die Wange und sagte nichts weiter. Als dann alle am Tisch saßen, konnte Gilbert das Geheimnis nicht länger für sich behalten. Er sah Anne einen Moment an und sie nickte ihm zustimmend zu. "Ich muss euch allen eine Neuigkeit verkünden." Alle sahen ihn an, nachdem er diese Worte ausgesprochen hatte. "Anne und ich... nun ja, wir werden Eltern." Jetzt war es heraus. Die Bombe war geplatzt. Mrs. Blythe sprang mit einem freudigen Aufschrei auf und umarmte zunächst Anne, dann Gilbert. Marilla, Mr. Blythe und Mrs. Lynde schlossen sich ihr an. Alle waren außer sich vor Freude. Mrs. Lynde fing natürlich sofort an Anne gute Ratschläge zu geben. Sie müsse jetzt besonders auf ihre Gesundheit achten, solle genug essen und genug schlafen. Unaufhörlich redete sie auf Anne ein. "Außerdem sollte man eine werdende Mutter vor Leuten bewahren, die unaufhörlich ihre Meinung mitteilen wollen", sagte Marilla und sah Rachel mit funkelnden Augen an. "Gut, wenn du meinst, Marilla Cuthbert. Aber ich bin nicht schuld, wenn irgendetwas sein sollte", antwortete Rachel beleidigt. Marilla rollte entnervt die Augen. Dann ging man endlich zum Essen über. Anne hatte einen guten Appetit und nichts erinnerte sie an ihre Übelkeit am Morgen. Zum Nachtisch gab es eingelegte Kürbisse. Anne liebte normalerweise eingelegte Kürbisse, doch als Mrs. Blythe ihr nun einen Teller reichen wollte, schüttelte sie den Kopf. "Nein, danke. Ich glaube ich habe genug gegessen." Das war das Stichwort für Rachel Lynde. "Anne, sag so etwas nicht. Eingelegte Kürbisse sind sehr gesund. Du solltest an dein Kind denken und sie essen." "Ansonsten ja sehr gerne, aber heute mag ich wirklich keine mehr essen," sagte Anne bedauernd und sah Mrs. Blythe an. Mrs. Blythe machte dass nichts aus, sie zuckte mit den Schultern und reichte Gilbert den Teller. Doch Mrs. Lynde wollte keine Ruhe lassen. "Es ist wirklich wichtig, dass man genügend Obst und Gemüse ist, Anne. Versuch es doch zumindest", redete sie unablässig weiter und hielt Anne den Teller hin. Anne sah ablehnend den Teller an, sie merkte wie ihr bei dem Anblick erneut übel wurde. "Nun, lass sie doch in Ruhe, Rachel", mischte sich Marilla jetzt ein. Aber Rachel hörte dies gar nicht und hielt immer noch den Teller unter Annes Nase. Anne sah und roch die Kürbisse und plötzlich kam wieder diese Welle von Übelkeit über sie. Hastig stand sie auf, murmelte noch ein "Entschuldigung" und rannte aus dem Zimmer. "Jetzt hast du es geschafft, Rachel, bist du nun zufrieden?", fragte Marilla und sah sie wütend an. Gilbert stand auf und lief Anne hinterher. Sie war in die kalte Nacht hinausgelaufen. Gilbert nahm ihren Mantel und eilte hinterher. Er fand sie im Garten an einen Baum gelehnt und legte ihr den Mantel über die Schultern. "Ist es sehr schlimm?", fragte er zögerlich. "Es geht schon wieder", antwortete sie leise. "Aber das gute Abendessen ist jetzt dahin, ich fürchte es ziert die Hecke deiner Mutter. Beim Anblick der Kürbisse, die sie mir unter die Nase gehalten hat, konnte ich einfach nicht mehr an mich halten. Normalerweise liebe ich eingelegte Kürbisse, doch im Moment kann ich nicht mal den Geruch oder den Anblick davon ertragen." "Mein armes Anne-Mädchen", sagte Gilbert und legte den Arm um sie. "Es ist kalt hier draußen, wir sollten lieber wieder reingehen." "Ich gehe aber erst wieder ins Esszimmer, wenn keine Kürbisse mehr auf dem Tisch stehen", lachte Anne und reichte ihm ihre Hand. Anne war es peinlich, dass sie so aus dem Zimmer gestürmt war. Aber jeder hatte Verständnis für sie. Mrs. Lynde sprach nicht mehr über das Essen und der Abend verlief ohne weitere Komplikationen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)