Goldener Mond von Flos_Sapientiae (Tempus Transit dolorosum) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Thoth-senseis Hand rauschte mit voller Wucht auf die Tischplatte und erschreckte die, daran sitzende Gullveig fast zu Tode. Sie zitterte während sie zu ihrem Lehrer auf sah. „Glaesa…“, sprach er streng. „Deine Hausaufgaben sind mehr als ungenügend, ganz abgesehen von deiner Lernmotivation. Immer bist du abgelenkt!“ „Ich… ich gebe mir aber Mühe…“, widersprach sie leise und eingeschüchtert. Wieder sauste knallend Thoth-senseis Hand auf den Tisch, dass die ganze Klasse zusammen zuckte und sogar Dionysos aus dem Schlaf riss. „Reiß dich gefälligst am Riemen!!! Du bist nicht zum Spaß hier, ich erwarte Verbesserung! Selbst der Trunkenbold hier, ist mit seinen Noten besser als du!“ Gullveig sitzt wie erstarrt auf ihrem Stuhl, die Augen zusammengekniffen und mit Tränen in den Augenwinkeln. Fast unhörbar flüsterte sie, mehr zu sich selber: „Ich tue ja alles was ich kann… aber ich wollte nie etwas über Menschen lernen…“ „Das ist egal!!!“, antwortete Thoth, immer noch mit der Hand auf dem Tisch. „Dein Ziel ist es dieses Schuljahr zu bestehen! Hast du gehört, Glaesa?!“ Sie gab nur ein gepresstes Wimmern von sich, als auf einmal ein Glühen unter ihren Handflächen erstrahlte. Erschrocken nahm sie die Hände vom Tisch und auch Thoth konnte rechtzeitig seine Hand vom Tisch nehmen, denn der Tisch und Heft mit Stift die darauf lagen, waren auf einmal aus purem Gold. Alle starrten sie an, Gullveig sah verschreckt in die Runde und starrte dann auf ihre Hände. „…nicht schon wieder…“ Sie stand auf und rannte, ohne ihre Sachen aus dem Klassenzimmer. Yui war auch aufgestanden und wollte sie aufhalten. „Gullveig…“ „Lass mich in Ruhe, Mensch!!!“, keifte sie und rannte raus. „Aber… ich wollte dir doch nur helfen, Gullveig-san…“ Das tat Yui in der Seele weh. Gullveig hatte zwar schon mal ihr ins Gesicht gesagt, dass sie Menschen hasste, weil diese schon immer gemordet und gefoltert haben für Gold, aber Yui wollte ihr so gerne beweisen, dass Menschen auch anders sein können. „Lass sie, Yui…“, meinte auf einmal Tsukito der hinter Yui gesessen hat, dabei sah er Gullveig nach. „Wir werden schon irgendwie einen Weg finden, ihr Vertrauen zu gewinnen…“ Nach dem Unterricht, draußen im Schulpark, saß Gullveig auf einer Bank und badete in Selbstzweifel. Sie hatte es schon wieder getan, aus Angst und Panik etwas in Gold verwandelt, zum Glück aber dieses Mal keine lebende Person. „Ich werde hier nie wegkommen…“ Dionysos, der grade zufällig vom Schulgarten kam, mit einem Korb voll reifer Weintrauben, entdeckte sie. „Hey, Goldmädchen…“ Er setzte sich zu ihr auf die Bank. „Alles in Ordnung?“ „Nichts ist in Ordnung… Du hast es doch gesehen… ich hasse es…“ „Das war aber auch eine Aktion.“ Er lächelte nur ganz gechillt, wie es nun seine Art war. „Es war aber auch echt fies von Thoth-sensei, dich so fertig zu machen. Aber mit der Zeit kann man sich an ihn gewöhnen.“ Gullveig antwortete nicht und sah Dionysos nicht an. „Das grad eben hat mich an König Midas erinnert.“ „König Midas? Wer ist das?“ „Tja, ein ziemlich einfältiger Typ. Dem hatte ich seinen Wunsch erfüllt, dass alles was er berührt zu Gold wird.“ „Wirklich?! Das hat er sich gewünscht?!“ Dionysos grinste dann. „Er hatte aber nicht daran gedacht, dass auch seine Lebensmittel sich in Gold verwandeln würden. Halb verhungert hatte er mich dann angefleht den „Fluch“ wieder von ihm zu nehmen.“ „Ich wünschte du könntest dasselbe für mich tun. Meine Gabe hat mir nur Unglück gebracht. Sie haben mich gefangen gehalten, gefoltert und mich dreimal fast verbrannt um an meine Schätze zu kommen… Dabei hatte ich einen meiner Peiniger in eine Statue verwandelt…“ „Uhhhh… das muss sehr traumatisch für dich gewesen sein… Tja, deine Gabe kann ich dir aber nicht nehmen, du bist ja kein Mensch. Aber du bist klüger als König Midas, du musst nur lernen mit deinen Kräften um zu gehen.“ Gullveig hörte schon nicht mehr zu und war in sich gekehrt. „Weißt du was.“ Dabei klopfte er ihr herzhaft auf die Schulter. „Ich lade dich auf einen Wein ein, dann lachst du auch wieder. Magst du den Wein trocken oder lieblich?“ „Ich… ich weiß nicht was du meinst. Ich habe noch nie Wein getrunken.“ „Ach so… Na, das ändern wir…“ Dionysos schnappte sich den Korb mit den Trauben und beide gingen zu den Wohnflügel der Jungen. Im Gemeinschaftsraum der Griechen, setzten sich die beiden aufs Sofa und Dionysos schenkte sich und Gullveig ein. „Jamas!“, meinte er schmunzelnd und stoß mit ihr an. „Ähhhh…Skål…“, antwortete Gullveig unsicher und schnupperte zuerst an ihrem Glas. „Das ist ein ganz lieblicher und leichter. Ich dachte mir für den Anfang ist das was für dich.“ Vorsichtig nippte sie daran und musste feststellen, dass der Wein ihr ziemlich gut schmeckte, so dass sie sich traute mehr zu trinken. Später, hing sie unaufhörlich und albern kichernd an Dionysos seiner Schulter, der sie verdutzt anstarrte. „Ki…ki…Kieg i no en Schluck? Hihi hihi…“ „Nein, das reicht. Du hast eindeutig zu viel getrunken.“ Dabei nahm er ihr das leere Glas aus der Hand und stellte es auf den Tisch. „Unglaublich, dabei hast du doch nur ein Glas getrunken…“ „Meeeehhhrrr…“ Gullveig wollte nach dem Glas greifen, beugte sich vor zum Tisch, blieb aber mit ihrem Kopf auf seinem Schoß liegen. „He! Also… Wir sind doch nicht auf einem Bacchanalia! Könntest du bitte…“ „Dee-Dee!!“ Artemis Stimme drang auf einmal durch die Tür, die sich grade öffnete und Artemis eintrat. „Hast du Gullveig gesehen? Yui-Yui und ich suchen sie überall, aber… DEE-DEE!!!“ Artemis schlug sich entsetzt beide Hände an den Kopf als sie die Szenerie sah. „UM HIMMELS WILLEN, WAS MACHST DU DA?!!!!“ „GAR NICHTS!!!“, meinte der errötete Dionysos laut und schubste Gullveig unsanft von sich weg. Diese kicherte nur und fiel auf die andere Seite, aufs Sofa. „Was hast du mit ihr gemacht!!!?“, fragte Artemis energischer, während sie zu Gullveig stürmte. „Ich habe gar nichts gemacht! Ich habe ihr nur ein Glas Wein angeboten um sie aufzumuntern!“ „Wie viel hat sie getrunken?!“ „Nur ein einziges Glas! Mehr habe ich ihr nicht gegeben!!“ Artemis schenkte ihrem Bruder zögerlich Glauben. Gullveig war aber sturzbesoffen und konnte sich nur schwer rühren. „Oh, Gull-Gull… Armes Ding, erst Thoth-sensei und jetzt der Wein…“ „Ich wollte ihr nur eine Freude machen. Ich wusste aber nicht, dass sie so wenig verträgt und sie hatte auch nicht „Nein“ gesagt.“ Ächzend hievte Artemis Gullveig hoch, legte einen ihrer Arme um ihre Schultern und legte den eigenen Arm um Gullveigs Taille, um ihr auf die Beine zu helfen. „Komm, Gull-Gull. Ich bring dich in dein Bett… Morgen sage ich Thoth-sensei, dass du nicht kommen kannst.“ „Äh… Artemis… Du verpetzt mich doch nicht, oder?“ „…Nein… Mach aber sowas nie wieder!“ „Iiiiii will nitt ins Bääättttt!!!“, krakeelte Gullveig, konnte sich aber nicht wehren. Artemis schleppte sie einfach raus. Draußen kamen ihr Yui und die Gebrüder Totsuka entgegen, die bei der Suche nach Gullveig geholfen haben. „Gullveig-san!!!“ „Was ist denn mit der Kleinen passiert?“, meinte Takeru. „Dee-Dee hat ihr Wein zu trinken gegeben und jetzt ist sie völlig weg… Er hat’s zwar gut gemeint, aber es war zu gut…“ „Oh, Gullveig…“, meinte Yui mitfühlend und fasste sie sacht an den Schultern. „Das tut mir schrecklich leid…“ „Iii hassss Menschhhhhh…!! “, drang es aus ihr heraus, mit schwerer Zunge. „Warte Artemis-san, ich helfe dir.“, meinte Takeru und half Artemis Gullveig zu stützen. „Danke, Take-Take.“ So schleppten sie Gullveig, begleitet von Tsukito und Yui, ins Mädchen-Dormitorium, zu ihrem Zimmer und legten sie ins Bett. „Gut…“, seufzte Artemis erleichtert. „Das wäre geschafft…“ „Wir sollten auf sie Acht geben. Ich hole etwas Wasser für sie.“, meinte Yui und ging. „Also, Ani und ich gehen zu deinem Bruder, Artemis und sagen Bescheid dass wir Gullveig gefunden haben.“ „Stimmt, Apollon und Onkel Hades wollten mit den andern auch nach Gullveig suchen. Danke nochmal.“ „Gern geschehen…“ Daraufhin gehen auch Takeru und Tsukito. „Gullveig tut mir so leid …“, begann Tsukito, nach einer Weile. „Seit Beginn des Schuljahrs hat sie so viele Schwierigkeiten. So viel Angst wie sie in sich trägt… Sie muss ganz schön was durchgemacht haben…“ „Thor hat mir erzählt, dass sie Gefangene seines Vaters gewesen war und gefoltert worden ist, wegen ihres Goldes. Dieser hat offenbar dann ein schlechtes Gewissen bekommen und hat sie deshalb hierher zu Zeus geschickt.“ Tsukito war geschockt über die Aussage seines Bruders. „Große Güte! Das erklärt warum sie so verschlossen ist uns allen gegenüber…“ „Und warum sie besonders Angst vor Feuer hat. Weißt du noch beim Frühstück, wo Loki aus Spaß Apollons Orangen flambiert hat? Da ist sie richtig blass geworden vor Angst. Thor hat gemeint sie wäre dreimal verbrannt worden.“ „Welches Leid… die Ärmste…“ Takeru war überrascht von der Reaktion Tsukitos. So ergriffen hatte er ihn noch nie erlebt. „Ich habe das Gefühl, ich muss ihr helfen…“ „Ani, wir alle müssen ihr helfen, da bist du nicht der einzigste.“ „Ich… ich könnte ihr zum Beispiel Hilfe bei den Hausaufgaben geben…“ „Mach ruhig, Ani. Es hindert dich keiner.“ Am nächsten Tag, lag Gullveig mit schlimmen Kopfschmerzen im Bett. Sie fühlte sich elend und hätte, wenn sie gekonnt hätte, am liebsten ihren Kopf abgerissen. Sacht klopfte es an die Tür. „Gull-Gull, bist du wach?“ „Hau ab…“ Sie zog sich die Decke über den Kopf. Die Tür öffnete sich trotzdem und herein traten Artemis und Yui. „Geht’s dir…gut?“, fragte Yui. Sie und Artemis setzten sich neben das Bett. „Haut ab…“, wiederholte Gullveig unter der Decke, mit gedämpfter Stimme. „Gull-Gull…“ Apollon betrat jetzt auch das Zimmer. „Hey… ähhh… Ich soll dir von Dee-Dee eine Entschuldigung bringen… und da ist noch jemand für dich da.“ „Haut ab… Bitte…“ „Gullveig Glaesa?“ Neugierig lugte sie unter der Decke hervor, als sie die Stimme hörte. Es war Tsukito, der ein Tablett in seinen Händen hielt, worauf eine Teekanne im japanischen Stil und ein paar Tassen stehen. Etwas Dampf waberte aus dem Ausguss der Kanne. „Was macht ihr alle hier?“, stöhnte sie, mit dem Gesicht noch halb unter der Decke. „Nun ja, wir wollten nach dir sehen und dir Gesellschaft leisten…“, antwortete Artemis. „Ihr habt aber doch alle eure Clubs.“ „Arte-Arte und ich schwänzen heute mal den Tennisclub.“, meinte Apollon. „Und Takeru kann auch ohne mich ein paar Kata üben.“, fügte Yui noch hinzu. „Wegen mir?“ „Ja, wegen dir. Du bist doch unsere Klassenkameradin!“, sagte Artemis, mit großer Selbstverständlichkeit. „Und ist es nicht unsere Pflicht, dass jeder von uns sich um den Anderen kümmern soll?“, fragte Tsukito, während er das Tablett auf Gullveigs Schreibtisch stellte und dann Tee in die Tassen goss. Die erste Tasse gab er Gullveig. „Sei vorsichtig, der Tee ist noch sehr heiß.“ Mit großer Mühe setzte sie sich auf und blies sacht in den Tee um ihn abzukühlen. Fast den ganzen Nachmittag sitzen sie bei Gullveig, tranken japanischen Tee, plauderten und scherzten auch. Gullveig fühlte sich dabei nicht nur körperlich immer besser, sondern merkte auch, dass sie immer fröhlicher wurde. Irgendwie machte es Spaß mit den anderen abzuhängen, sogar mit Yui, die sie ja eigentlich hasste. Als es langsam Abend wurde, machten die anderen sich auf den Weg zurück in ihre Schlafsäle. Tsukito räumte noch das Teeservice zusammen, bevor er ging. „Danke, Tsukito… für den Tee…“, sagte Gullveig mit pochenden Herzen. Dieser hielt inne und schwieg kurz. „Gullveig… wenn du möchtest… wenn nicht verstehe ich das, könnte ich dir beim Lernen helfen… um halt hier zu bestehen…“ Sofort schoss Gullveig das Blut in den Kopf. Er will, dass sie bei ihm ist und von ihm lernt? Zuerst blieb ihre Antwort im Hals stecken. Tsukito missverstand aber das Schweigen. Mit etwas betrübtem Blick, nahm er das Tablett und wollte gehen. „Verstehe… Es sollte nur ein Vorschlag sein…“ „Nein! Warte!!! Ich möchte es! Ich möchte deine Hilfe…“ Er blickte sie an und lächelte sanft. „Wollen wir morgen nach dem Unterricht beginnen?“ „Oh ja! Das wäre toll!“ „Gut, dann sehen wir uns morgen.“ Tsukito ging, leichter ums Herz als vorher. Gullveig freute sich riesig, morgen mit Tsukito den ganzen Tag zu verbringen, wovon sie schon länger geträumt hatte. Mit der Zeit wurde Gullveigs Schulleistung wirklich besser. Thoth-sensei war positiv überrascht. Gullveig fieberte jeden Tag Tsukitos Nachhilfe entgegen, denn sie wusste, dass sie den sanftmütigen Mondgott liebte. Sie war sich aber nicht sicher, ob er dasselbe für sie fühlte und traute sich auch nicht was zu sagen. Stattdessen genoss sie, mit Hochgenuss jeden Augenblick den sie mit ihm zusammen verbrachte. Eines späten Abends aber, als Tsukito von einem Spaziergang bei Vollmond zurück ins Jungen-Dormitorium kam, wollte Takeru grade zu Bett gehen. Tsukito aber ging nicht ins Bett, sondern setzte sich einfach in den Wohnraum und kraulte gedankenverloren seinen Hasen Usamaro. „Ani? Was ist denn los? Wieso gehst du nicht ins Bett?“ „Ich bin nicht müde…“ Takeru setzte sich zu ihm. „Bedrückt dich was? Seit Tagen bist du ganz unruhig und bist sogar länger auf den Beinen als sonst.“ Tsukito schwieg, er wollte seinen kleinen Bruder nicht mit seinen Gedanken belasten. „Hat es was mit Gullveig zu tun?“ „Es… kann sein… Hab ich dich dadurch vernachlässigt, Ototo?“ „Nein, darum geht’s mir nicht! Ich mache mir nur etwas Sorgen um dich, ob es dir gut geht.“ „Ich sehe es als eine wichtige Pflicht an ihr zu helfen, aber irgendwie… empfinde ich es nicht als Pflicht wie bei anderen Sachen… ich… ich glaube… ich genieße ihre Nähe und muss immer an sie denken. Und ich habe das Bedürfnis sie fröhlich zu machen…“ Takeru grinste auf einmal. „Ani, ich glaube du bist in die Kleine verknallt!“ „Verknallt?“ „Verliebt.“ „Ich weiß es nicht…“ „Na komm, du hast doch so viele Bücher gewälzt, da musst du bestimmt auch was über Liebe gelesen haben.“ „Das habe ich, aber Liebe wird so unterschiedlich beschrieben, dass ich keinen Sinn darin sehe, kein Muster. Ich verstehe es einfach nicht…“ „Ich glaube das muss man nicht verstehen. Magst du das Goldmädchen überhaupt?“ „Ja, sehr…“, gab Tsukito zögernd zu und hörte dabei auf Usamaro zu kraulen. „Siehst du.“ „Aber ich weiß nicht ob sie mich auch mag…“ „Yui hat mir während der Kendo-Stunden erzählt, wie vergnügt und verträumt Gullveig immer von deinen Nachhilfestunden zum Mädchenflügel kam. Ich glaube sie mag dich auch.“ Tsukito geriet leicht aus der Fassung, es war so eine ungewohnte Situation. „Was mache ich dann nur, Takeru?“ Es klang wie ein Flehen, was Takeru noch mehr überraschte. Sein Bruder benahm sich immer merkwürdiger. „Wenn ich du wäre, würde ich es ihr sagen.“ „Was denn?“ „Na, was du für sie fühlst und was du über sie denkst. Oder mach ihr ein Geschenk.“ „Ein Geschenk… nur was…“ „Naja, Mädchen mögen Schmuck und so… Das weiß doch jeder… Besonders wenn es selbstgemacht ist…“ Tsukito setzte Usamaro auf den Boden und ging Richtung Tür. „Wo willst du hin?“ „Ich werde etwas für Gullveig machen.“ „Das kann aber doch bis Morgen warten…“ „Ich werde jetzt damit anfangen, dann kann ich es ihr gleich Morgen geben. Arigato, Ototo!“ Und schon war er draußen. Takeru sah ihm verwirrt nach. Der Hase Usamaro guckte ebenso verständnislos in die Richtung in die sein Herr gelaufen war. „Na sowas… das muss ihn echt schlimm erwischt haben, nicht wahr Usamaro?“ Dieser guckte Takeru nur an und blieb sitzen. Am nächsten Tag, nach dem Unterricht, merkte Takeru sehr deutlich, dass sein großer Bruder die ganze Nacht durchgemacht hatte. Er musste bei fast jeden Schritt aufpassen, dass Tsukito vor Müdigkeit nicht zusammenklappte. „Ich habe dir doch gesagt, warte damit bis morgen! Du schläfst ja fast im Stehen ein!“ „Ich habe es aber geschafft.“, widersprach Tsukito und zückte aus seiner Tasche eine Art Amulett zum Umhängen. Es war aus weißem Mondstein gemacht, der leicht bläulich schillerte, darauf war ein Hase eingeschnitzt und hatte unten eine violette Quaste. „Glaubst du es gefällt ihr?“ Takeru betrachtete das Amulett. „Nicht schlecht, wir werden aber sehen, ob es gut ankommt“ „Irgendwie habe ich Angst davor…“ Takeru lachte auf einmal. „Haha… Eindeutig, du bist verknallt, sonst wärst du nicht so nervös!“ „Stimmt… Oft wurde Liebe in Verbindung mit Angst beschrieben… Du scheinst Recht zu haben…“ „Na dann, wünsche ich dir für nachher viel Glück, Ani!“ Während Takeru zum Kendo ging, machte sich Tsukito auf um Gullveig zu suchen. Er fand sie auch, als sie grade vom Schulladen kam. „Tsukito! Ähh… Hallo… bin ich etwa zu spät zur Nachhilfe?“ Tsukito schwieg. Vor Nervosität brachte er kein Wort heraus. Er streckte nur die Hand wo das Amulett drin war, ihr entgegen. Gullveig, etwas irritiert, nahm das Amulett und staunte wie hübsch es war. „Für dich…“, sprach er, mit einem Hauch Rosa in seinem Gesicht. Gerührt starrte sie ihn an, gerührt davon, dass er sie beschenkt hatte. Ohne nach zu denken, trat sie überraschend auf Tsukito zu und drückte sanft ihren Mund an seinen. Er zuckte überrascht zusammen, aber auch Gullveig wich zurück. Die Hand vorm Mund und Rot wie nach einem Sonnenbrand, wurde sie sich bewusst was sie grade gemacht hatte. Quiekend, wandte sie sich, auf dem Absatz um und rannte, wie gehetzt, davon. Tsukito blieb zurück, ebenfalls mit seinen Fingern an seinem Mund. Er lächelte, als er sich bewusst machte, dass er soeben den ersten Kuss seines Lebens erhalten hatte. Gullveig kam erst tief, auf halbem Weg zur Klippe, im Wald zum Stehen, die Schamesröte immer noch im Gesicht. „Was habe ich da nur gemacht?! Ich Dummkopf!! Warum habe ich das nur gemacht??!! Bestimmt ist er jetzt böse auf mich…“ Zitternd hielt sie immer noch das Amulett in der Hand. Sie betrachtete es erneut. Er sagte, es sei für sie. Sie fand es sehr schön, mit den Fingern befühlte sie die Rillen im glatten Stein. Sie hielt es sich an ihr wild klopfendes Herz. „Für mich…“, murmelte sie verträumt. Da beschloss sie zu Tsukito zu gehen, um sich zu entschuldigen und sich für das Amulett zu bedanken. Gullveig fand Tsukito an seinem Lieblingsplatz, im Schatten eines mächtigen Baumes wo er über seinen Notizen brütete. „Gullveig-san…“ Tsukito stand auf und kam ihr lächelnd entgegen. „Warum bist du vorhin weggelaufen?“ „Entschuldige, dass ich… es war dumm von mir, mit dem Kuss…“ „Warum war es dumm? Mir hat es gefallen.“ Damit hatte Gullveig nicht gerechnet. „Du bist mutiger als du scheinst.“ „Nein… bin ich nicht… ich bin manchmal echt dumm…“ „Woher willst du das wissen?“ Sie schwieg. „Hast du Angst vor dem was du bist? Weil du alles in Gold verwandeln kannst?“ „Ich mag meine Kräfte nicht… Immer wenn ich Angst oder Unbehagen empfinde, verwandle ich alles was ich berühre in Gold, auch Lebewesen…“ „Das ist nicht dumm, du musst nur dir mehr vertrauen. Das kannst du lernen.“ „Meinst du?“ „Letztes Jahr, habe ich mit Yui Kusanagis Hilfe gelernt, auch mal meine Pflichten schleifen zu lassen und einfach das Leben zu genießen. Vorher hätte ich nie daran gedacht, dass ich Spaß oder Vergnügen empfinden könnte.“ „Das hat sie dir beigebracht?“ „Sie hat auf jeden Fall gezeigt, dass so vieles möglich ist. Du kannst auch lernen, über deine Ängste zu triumphieren und deine Kräfte besser zu beherrschen.“ Gullveig zweifelte. Tsukito sah zum Baum rauf. „Versuche eines der Blätter zu vergolden.“ „Was?! Nein… Ich vergolde noch den ganzen Baum und dann kriege ich bestimmt Ärger von Thoth-sensei oder gar Zeus!“ „Lass es uns gemeinsam rausfinden. Ich bürge für dich wenn sie dich tadeln.“ Er leitete sie zu einem niedrig hängenden Ast und stellte sich hinter sie. Gullveig zitterte, aber streckte ihren Finger nach einem Blatt aus. Sacht umfasste Tsukito ihre ausgestreckte Hand mit seiner und legte die andere Hand um ihre Hüften. Gullveig erstarrte, als er sie so berührte. „Das schaffst du… Hab Vertrauen…“, flüsterte er ihr ins Ohr. Seine Stimme, sanft wie das Mondlicht selber, beruhigte sie und sie tippte das anvisierte Blatt an. Da wo sie es berührt hatte, wurde es golden, dies zog sich über das gesamte Blatt bis zum Ansatz, wo das Gold anhielt. Einen Herzschlag später, fiel das goldene Blatt, durch sein eigenes, nun schwereres Gewicht, runter. Der Baum, blieb aber so wie er ist. Gullveig konnte nicht glauben, was sie sah. Sie hatte es tatsächlich geschafft, nur das eine Blatt zu vergolden. „Tsukito! Hast du das gesehen!!“ Sie drehte sich freudig zu ihn um. „Ich hab‘s ge…“ Tsukito hatte aber ihr Gesicht sacht in beide Hände genommen und küsste sie zärtlich auf den Mund. Gullveig starrte ihn zuerst überrascht an als er sich wieder von ihr löste, dann küsste sie zurück, aber länger und inniger. „Ich… ich liebe dich, Tsukito…“ Auch dafür hatte sie jetzt auch den Mut gefunden. „Ich dich auch…“, antwortete Tsukito und nahm sie in den Arm. Gullveigs Zeit des Schmerzes und der Angst war vorbei… In etwas weiter Entfernung, kam Takeru vorbei, der grade beim Joggen war. Er sah seinen Bruder und Gullveig in inniger Umarmung. „Na Super… er hat’s geschafft.“ Dabei lächelte er zufrieden, bis er merkte, dass Usamaro zwischen seine Füße hin durch hoppelte, um zu seinem Herrn zu kommen. Schmunzelnd hob Takeru den Hasen auf und hielt ihn im Arm. „Lass die beiden erst mal allein. Nachher kannst du immer noch zu ihn.“ Etwas sträubte sich der weiße Hase, aber Takeru hielt ihn fest im Arm und setzte seinen Weg fort, glücklich darüber, dass sein großer Bruder jetzt glücklich ist… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)