Kochen kann so schön sein... von Erenya (oder auch nicht) ================================================================================ Kapitel 1: Mit Wein wird alles besser ------------------------------------- Ein Seufzen glitt mir über die Lippen, als ich auf den Berg von Lebensmitteln sah, welchen die Götter besorgt hatten. Dabei hatte ich nur vorgeschlagen eine Kleinigkeit für sie kochen zu wollen. Als Dankeschön dafür, dass sie mich begleiteten. Und nun hatte ich die Möglichkeit für mehr als nur sieben Leute zu kochen. Das ganze würde also ein Festmahl werden. Und ich stand vor den Zutaten und wusste nicht, was ich kochen sollte. Die Auswahl an Zutaten war so gewaltig, dass es alles sein konnte. Curry, Salat, gebratene Nudeln mit Gemüse, als Dessert einen Obstschale... Die Möglichkeiten waren einfach gewaltig. „Ich habe hier noch etwas, dass du zum Kochen benutzen kannst.“ Es war Dionysos der, mit einem breiten Lächeln und vier Flaschen Wein auf den Armen, die Küche betrat. Schon bei diesem Anblick drehte es sich mir, denn damit erweiterte sich die Zutatenliste um vier Flaschen Wein. „Und was wirst du kochen?“, fragte Dionysos mit einem freudigen Grinsen und stellte die Weinflaschen ab. Anders als aber erwartet, entkorkte er eine, zog ein Glas aus dem Hängeschrank über ihn und schenkte etwas Wein ein. Ich war verwundert, wie zielsicher er dieses Glas herausgeholt hatte. Fast so als wusste er wo Weingläser standen. Wahrscheinlich hatte er einen Riecher dafür. Wein war eben voll und ganz sein Metier. „Ich muss ehrlich gestehen, ich habe keine Ahnung was ich kochen soll. Es würde mir leichter fallen, wenn ich wüsste, was ihr so mögt. Dann könnte ich gezielt ein oder zwei Gerichte zaubern.“ „Ich denke jeder von uns freut sich, wenn er etwas von dir zu essen bekommt. Solange du mit den Gedanken an uns etwas zauberst, kann es nicht schlecht werden.“ Ich seufzte leise, denn eigentlich hatte ich gehofft, dass Dionysos mir irgendeinen Tipp geben würde. Ich wusste zwar, dass Anubis scharfes Essen mochte und Hades Erdbeeren und Daifuku, aber von dem Rest hatte ich keine Ahnung. Außer bei Dionysos, dem brauchte ich einfach nur eine Flasche Wein vor die Nase stellen. … Ein Scherz. Sicherlich hatte auch der Grieche seine Lieblingsspeisen. „Was isst du gerne?“, fragte ich nun doch direkter, nachdem er auf meinen indirekten Angriff nicht reagiert hatte. „Trauben.“ Ohne das ich es kontrollieren konnte, schoss eine meiner Augenbrauen nach oben. Trauben... Das war so naheliegend, dass ich mir die Frage eigentlich hätte sparen können. Und dennoch war ich enttäuscht, denn ich hatte etwas anderes erwartet. „Echt jetzt?“ „Jop.“ „Wirklich?“ „Ja~“ „Du verarschst mich, oder?“ „Nein.“ Ein Grinsen lag auf Dionysos Gesicht, als er die Gläser mit Wein füllte und vorsichtig wieder abstellte. „Ihr Götter seid schon seltsam... Apollon mag Orangen... anders kann ich mir die Ladung Orangen sonst nicht erklären... Hades mag Erdbeeren und Daifuku, Thoth bevorzugt Mais, du Trauben... Ich hätte wirklich außergewöhnlichere Gerichte erwartet.“ „Deswegen sagte ich, egal was du kochst, es wird uns schmecken.“ Ich beobachtete Dionysos, wie er Lächeln das zweite Glas gegen das Licht hielt und im künstlichen Lampenlicht die Farbe des Weines begutachtete. „Das hilft mir dennoch nicht bei meinem Dilemma weiter. Ich weiß immer noch nicht, was ich kochen soll.“ „Dann lass dich inspirieren.“ Elegant reichte er das Glas in meine Richtung was mich dazu brachte ihn nur zweifelnd anzusehen. Wie sollte mich ein Glas Wein inspirieren? „Fangen wir mit einem Pinot Noir an. Er ist nicht gerade leicht zu keltern. Dieser ist mir aber besonders gut gelungen. Ich habe ihn sogar benutzt und ein paar Flaschen Champagner herzustellen. Die Reben sind weinblaulich und sind besonders empfindlich gegen späte Frühjahrsfroste. Dank dem Klimawandel ist es nicht mehr so leicht den passenden Zeitpunkt abzuschätzen, aber diesen habe ich vor 15 Jahren angebaut und gekeltert. Ich hatte schon Angst er würde misslingen, weil die Schale vieler Früchte zerstört war. Ein Jammerspiel. Aber jene, die versteckt zwischen den zerstörten waren, haben überlebt und daraus ist dieser Pinot Noir entstanden.“ Dionysos Gesichtsausdruck wirkte liebevoll, als er auf den Wein in seinem Glas sah. Fast wie der eines stolzen Vaters, der sein Kind zum ersten Mal in den Arm hielt. Dieser Wein, war ihm wirklich wichtig, auch wenn das wohl seltsam klang. Aber ich wollte nicht respektlos sein, wenn Dionysos schon mir die Ehre erwies, diesen Wein probieren zu dürfen. „Einen Schluck aber nur.“ „Nur einen Schluck der Rest ist für die Inspiration. Nicht jeder Wein eignet sich zum Kochen.“ Wenn es um Wein ging, konnte ich wohl ganz Dionysos Wissen vertrauen. „Und welcher ist dann fürs Kochen?“, fragte ich. Immerhin konnte es doch nicht sein, dass er mich während des Kochens mit vier Flaschen Wein abfüllen wollte. „Ich empfehle diesen Cabernet Sauvignon. Er ist leicht herzustellen. Aber nicht schlechter wie der Pinot Noir. Er eignet sich gut zum kochen. Ich habe ihn genau 30 Monate im Eichenfass reifen lassen, dadurch hat er ein angenehmes Vanillearoma. Mit ihm kann man zum Beispiel dunkle Soßen oder Dessertsoßen anrühren. Ich empfehle letzteres. Für Bratensoßen empfehle ich diesen Merlot hier. Er ist länger gealtert, schmeckt dadurch nicht fruchtig, sondern hat dieses Kräuteraroma. Mit einem guten Stück Braten macht er sich am besten. Für den Fisch empfehle ich aber diesen hier.“ Während mir Dionysos die beiden Rotweinflaschen zeigte und ich mir irgendwie die Etiketten merkte, damit ich sie nicht verwechselte, lauschte ich seinen Erklärungen. Es war wirklich nur zu deutlich, dass er der Gott der Weine und Feste war. Als Veranstalter wusste er sicher auch, was für Weine er seinen Gästen zum Essen bieten wollte. Erstaunlicher war nur die Tatsache, dass er sie alle selbst gekeltert hatte. Sicher bedurfte das viel Mühe und Aufmerksamkeit. „Hier, der ist direkt aus meiner Heimat. Ein Muscat de Hambourg. Er hat ein sanftes Muskataroma und macht sich gut zu Fisch, auch wenn viele denken, dass Muskat und Fisch nicht passt. Es kommt auf die Würze des Fisches an, denn der Muscat de Hambourg ist kein aufdringlicher Wein vom Geschmack her. Er unterstützt viel mehr die Kräuteraromen und bringt sie stärker zur Geltung.“ Ich konnte mir wirklich nicht vorstellen, wie dieser Wein Fisch unterstreichen sollte. Immerhin war mir der Geschmack von Muskat doch kräftiger in Erinnerung als der von Kräutern. Allerdings, kam es auch hier sicher auf die Menge an. Immerhin mischte man auch etwas Muskat in Kartoffelbrei und dort schmeckte man ihn auch nicht raus. Im Gegenteil, richtig gewürzt kam ein schön cremiger Geschmack hervor. Vielleicht war es auch das, was er bei dem Fisch machen würde. „Also schön. Dann holen wir uns mal Inspiration.“ Ich wollte gerade einen Schluck von dem Glas nehmen, als Dionysos meinen Arm festhielt. „Halt. Du weißt doch wie eine Weinverkostung läuft oder?“ Mit hochgezogener Augenbraue sah ich Dionysos an. Wollte er ernsthaft dass ich nun eine typische Weinverkostung durchführte? „Du meinst diese Sache mit Schwenken, Sehen, Schnüffeln, Schmecken und Spucken? Ist das nicht eine größere Verschwendung für deinen wertvollen Pinot Noir?“ „Aber ist es nicht eine Tragödie, wenn nicht wenigstens der erste Schluck in vollen Zügen genossen wird? Ich würde mich freuen, wenn du den Wein mit allen Sinnen genießt.“ „Eine Tragödie?“ „Glaub mir, ich weiß was Tragödien sind immerhin bin ich Grieche.“ Ein Lächeln lag auf seinen Lippen. Ein entwaffnendes Lächeln. Wie konnte man da noch nein sagen. Außerdem, es war Dionysos wohl genauso wichtig wie es mir mit meinen Geschichten manchmal wichtig war, dass sie gesehen und gelesen wurden. Ich schwenkte das Glas und war erstaunt wie leicht der Wein reagierte, was nur davon zeugte, dass kein Absatz oder Most darin war. Ein vollständig rein gekelterter Wein. Prüfend hielt ihn gegen das Licht. Er leuchtete blutrot. Kräftig aber doch warm und verheißungsvoll. „Wunderschön...“, wisperte ich unbewusst, bevor ich das Glas etwas über meine Nase hielt und das kräftige, fruchtige Aroma des Pinot in mir aufnahm. Ich hätte sogar schon schwören können, dass allein der Geruch mich beschwipste und das obwohl keinerlei stechender Geruch von Alkohol hervortrat. Das Aroma hatte zwar etwas Herbes aber doch behutsames und Sinn weckendes. Es ließ mir den Gaumen tropfen, und voller Erwartung auf den ersten Schluck hoffen. „Prost“, erklärte ich, hob noch einmal das Glas und nahm den ersten Schluck, der meine Geschmacksnerven überflutet und mit sich riss. Dieser Wein war, beherrschend, überwältigend, erotisch. Es fühlte sich an wie die leidenschaftliche Erkundung jeder Region, welche beim Vorspiel die Ekstase zu ihren Höhepunkten brachte und jene zwei Körper miteinander verschmolz, die darin verwickelt waren. Das Verlangen nach mehr erhitzte meinen Körper und ich wollte jeden Moment auskosten. Doch Dionysos hielt mit eine Schüssel hin und wies mich an diesen Schluck puren Genusses loszuwerden. Ich tat wie er es von mir verlangte, fühlte aber die Leere in mir aufkeimen und eine sehnsuchtsvolle Trauer als ich diesen kleinen Schluck in der Schüssel zur Ruhe kommen sah. „Und? Wie ist er?“, fragte Dionysos und brachte mich mit seiner Stimme, die um eine Tonlage rauer und heißer klang, zurück in die Realität. „Einfach unglaublich.“ Meine Stimme war nur ein atemloses Hauchen, als ich zu Dionysos sah. Ich flehte ihn mit meinen Augen an, einen Schluck dieses Weines nehmen zu dürfen, ohne ihn wieder ausspucken zu müssen. Ich wollte meinem Leib dieselben Freuden gönnen, wie meine Zunge sie verspürt hatte. Wenn ich auch nur ansatzweise so gut kochen konnte, wie Dionysos Wein erschuf ich hätte viele Menschen glücklich machen können. Benebelt von dem Rausch der noch immer nachhallte, kam mir eine Idee für das Dessert. Auch wenn ich die Hauptspeise bevorzugt hätte. „Eine Vanillensoße. Klingt einfach, aber mit dem Cabernet Sauvignon könnte sie wirklich eine Wohltat sein. Man könnte einen Obstsalat aus Erdbeeren, Trauben und Orangen machen. Vielleicht noch ein paar Äpfel.“ „Oh die Frucht der Verführung. Wen willst du damit in Versuchung bringen?“, hauchte Dionysos mir fragend ins Ohr, wobei mir ein sanfter Schauer den Rücken hinab fuhr. „Vielleicht... Mh... Ein Griechen?“ Reflexartig wich ich vor Dionysos zurück, konnte aber nicht vermeiden, dass meine Wangen errötete und mir der Atem zurückblieb. Wie auch immer Dionysos es gemacht hatte, ich würde während der Zubereitung des Desserts wohl nicht mehr das Bild von nackten Göttern aus dem Kopf bekommen. Oder viel mehr von einem nackten Dionysos. „Unsinn. Äpfel passen einfach gut. Außerdem sind sie gesund und eine ausgewogene Ernährung kann nie schaden. Es heißt ja nicht umsonst 'A apple a day keeps the doctor away'.“ Es war nicht ganz eine Ausrede, auch wenn ich sie mir in diesem Moment selbst nicht abgekauft hätte. Nicht nachdem ich wusste, was für unzüchtige Gedanken ich nach einem Schluck Wein hatte. Ich wollte gar nicht wissen wie weit diese Gedanken gehen würden, wenn ich länger mit Dionysos in einem Raum war. Und doch... „Nimm dir ein Messer und schäle die Äpfel. Alleine schaffe ich das nicht, wenn ich fünf Dinge auf einmal machen soll. Schneide die Äpfel und tu sie in eine Schüssel. Mundgerechte Stücke. Dasselbe machst du mit den Orangen, Erdbeeren und Trauben. Gibt einen Schuss Zitrone dazu, damit die Äpfel nicht braun werden.“ Aus dem Haufen von Lebensmitteln zog ich drei Vanilleschoten. Sie würden wirklich eine gute Grundlage zur Vanillesoße sein. Dazu etwas Milch, Eigelb und natürlich der Wein von Dionysos. Die Soße musste perfekt werden. Einfach aber der beste Abschluss, den ein Festessen haben konnte. Die letzte Woge der Lust, der einen über die Klippe der Vernunft stieß und sich vergessen ließ. Ein Erfolg würde das nur sein, wenn auch Thoth einen kleinen Funken Ekstase verspürte. Die Röte in meinem Gesicht wich nicht. Irgendwie schaffte es der Ägypter immer wieder meine Gedanken zu beherrschen. Es war gruselig, ärgerlich und traurig zugleich. „Ich bin hier, du solltest nicht an einen anderen Mann denken.“ Ich zuckte zusammen, als ich Dionysos Stimme hinter mir vernahm. Gleichzeitig fragte ich mich, woher er wusste, was ich dachte? „Nur ein Scherz. Du solltest dich konzentrieren wenn du die Vanilleschoten schneidest, nicht dass du dich verletzt.“ Dionysos verwies auf das Messer in meiner Hand, indem er über den Rücken des Messers zu meiner Hand strich und mir damit einen weiteren Schauer den Rücken hinab jagte. Dieses Mal konnte ich aber nicht einfach so zurückweichen. Das Messer war scharf und die Gefahr Dionysos oder mich zu verletzen war einfach zu groß. Ich musste seine Nähe also ertragen. „Keine Sorge, ich weiß wie man damit umgeht.“ „Lass mich dir dennoch helfen“, flüsterte Dionysos mir ins Ohr, umgriff meine Hand und bewegte meinen Arm und so auch das Messer, als wäre ich eine Puppe die er lenkte. Als Ikki das mit der Heroine aus Amnesia gemacht hatte, hatte das etwas romantisches, aber jetzt gerade, fühlte ich mich einfach nur unwohl. Oder viel mehr in Gefahr. „Keine Sorge, ich weiß wie man eine Vanilleschote behandelt. Ich habe mal ein Tiramisu gemacht und dabei echte Vanille verwendet. Die ausgekratzten Schotten kann man gut benutzen, wenn man die Milch mit dem Wein kocht. Einfach reinlegen, dass ganze kochen lassen und dann wieder herausfischen.“ „Das beste aus allem holen, das ist auch mein Motto bei der Weinherstellung. Wir scheinen mehr gemeinsam zu haben als ich dachte.“ Ich war in der Regel stolz darauf, dass ich nicht wusste wann jemand mit mir flirtete, nun war es aber äußerst unerfreulich, denn die Grenze bei Dionysos war so dünn wie Butterbrot Papier. Es war einfach undurchsichtig. „Dio, das Obst schneidet sich nicht von selbst. Mach dir keine Sorgen um die Vanilleschoten. Mit denen komme ich auch ganz alleine klar.“ Ich versuchte Abstand zu bekommen, auch wenn mir gerade das Herz bis zum Hals schlug. Dionysos nahm mir gerade im wahrsten Sinne des Wortes den Atem und ich hatte das Gefühl zu ersticken oder irgendetwas dummes zu tun, wenn er mir nicht gleich von der Seite wich. „Oh richtig. Das Obst. Keine Sorge, ich werde damit genauso vorsichtig sein, wie bei allen anderen Dingen auch.“ Was auch immer das bedeuten mochte. Dionysos verwirrte mich nur noch mehr und machte es mir schwerer mich auf das Kochen zu konzentrieren. Seltsamerweise war ich nun verspannter als zuvor, weswegen ich zu dem Glas Wein griff und erneut einen Schluck nahm. Doch dieses Mal, durfte ich ihn auch schlucken, nachdem ich ihn genossen hatte. Die Anspannung wich und ich konnte mich wieder auf die Vanillesoße konzentrieren.   Eine Zufriedenheit machte sich in mir breit, als ich mir gewiss sein konnte, dass immerhin das Dessert fertig war. Das nächste Problem würde nun also der Fisch sein. Ich hatte geplant Kartoffeln zu kochen, eine Kräutersoße zu machen und den Fisch im Ofen backen zu lassen, innerhalb der Soße. Vor meinem Inneren Auge sah ich schon, wie das Filetstück serviert auf einem Teller, umgeben von den Kartoffeln und der getoppt von der Soße, ruhte. Es war ein Bild für die Götter und ich hoffte, dass ich es genauso auf den Tisch bringen konnte. „Wie sieht es mit den Kartoffeln aus?“, fragte ich und sah zu Dionysos, der gerade die Erdäpfel schälte und in eine Auflaufform legte, nachdem er sie abgewaschen hatte. Dionysos hatte sich wirklich als sehr nützlich erwiesen. Was mich erfreute. „Sind gleich fertig. Wie würzen wir sie?“ „Ganz einfach. Etwas Salz, Olivenöl, Pfeffer und Rosmarin.“ „Du kochst häufiger, oder?“ „Nicht wirklich. Ich wohne alleine und habe daher eher weniger die Gelegenheit groß zu kochen. Für mich alleine lohnt es sich nicht. Aber wenn ich meine Mutter besuche, dann koche ich immer und lade auch meinen Vater ein. Ich bin danach meist total aufgeregt, weil ich immer möchte, dass es schmeckt. Genauso aufgeregt bin ich, wenn Freunde zu Besuch kommen und ich für sie koche. Es ist mir wichtig, dass die Menschen die ich liebe es auch in jedem Bissen schmecken.“ „Du hast also wirklich keinen Lebenspartner?“ Ich seufzte, während ich mich dem Fisch zu wandte und diesen mit Olivenöl bestreute und mit Pfeffer und ein paar Chiliflocken würzte „Nein. Ich bin Single und ich bleibe es wohl auch. Für mich gibt es auch keine One Night Stands oder dergleichen. Dafür bin ich einfach nicht der Typ.“ „Hast du es denn schon einmal probiert?“ Über meine Schulter hinweg sah ich zu Dionysos, der etwas Rosmarin abzupfte und über die Kartoffeln streute. Ich bewunderte seine Fertigkeit mit den Händen, denn so schnell wie er Kartoffeln schälte, war ich nur beim Schreiben und das auch nur an guten Tagen. „Einen One Night Stand hatte ich so gesehen. Aber es war langweilig.“ „Dann hat die Leidenschaft gefehlt. Das ist schade.“ „Ich weiß nicht, ob es fehlende Leidenschaft war oder einfach nur die Einsicht, dass ich für so etwas wie die Liebe nicht geschaffen bin.“ Ich hatte mich wieder voll und ganz auf den Fisch konzentriert, ihn mit dem Olivenöl richtig eingerieben, doch etwas in der Atmosphäre änderte sich, als ich etwas hinter mir spürte. Wärme, die mir zuvor nicht im Rücken lag, nun aber da war. Ein Körper, der zwar Abstand hielt, mir aber nahe genug war, um mich daran zu hindern von der Person bei mir zu weichen. Zu wissen, dass dieser Körper Dionysos gehörte machte mich erneut unruhig. „Es gibt keinen Menschen, der nicht für die Liebe geschaffen wurde. Sei es nur der triebgesteuerten Liebe oder der platonischen Liebe, sie hat Formen und Variationen, die jedem zuteil werden kann. Auch dir. Genauso ist es mit der Leidenschaft. Ob es die Leidenschaft für guter Wein oder für das Kochen ist, es gibt sie immer. Und manchmal, wenn zwei Leidenschaften aufeinandertreffen, kann ein Sturm entstehen.“ Ich hörte Dionysos Stimme nahe bei mir, spürte seinen heißen Atem an meiner Ohrmuschel und erzitterte, als sich seine Lippen entfernten und ein kühler Hauch zurück blieb. Ich wünschte mir gerade so sehr, dass seine Worte wahr waren, dass unsere Leidenschaften einen Sturm auslösten, von dem ich mich mittragen lassen konnte. Gegen den ich nicht mehr ankämpfen konnte. Dionysos wäre dafür der perfekte Partner gewesen. Er wusste was er sagen oder tun musste um mich in die Brandung der Unvernunft zu stürzen. Und ich wusste, dass niemand davon erfahren würde, weil wir hier in der Küche vollkommen alleine waren. „Bei dir ist jeder Schuss ein Treffer, oder?“ Ein sanftes Lachen ertönte von Dionysos, kaum dass mir dieser dumme Gedanke über die Lippen gekommen war. „Du weißt wirklich wie man einen aufkommenden Moment zerstört. Nicht dass ich dir das übel nehme, aber es macht das ganze nur interessanter.“ „Was macht es interessanter?“ „Dich zu erobern.“ „Und dann? Was wenn du mich dann erobert hast?“ „Dann habe ich verloren.“ Verwirrt wandte ich mich zu Dionysos um und sah ihn an. Er lächelte und hielt meinem Blick stand, versuchte mich mit seinen smaragdgrünen Augen in seine Leidenschaft zu drängen. „Wie meinst du das?“ „Auch wenn du es mir vielleicht nicht glaubst, aber jeder Mann hat schnelle Affären und die einzig Wahre. Eine Frau die sich nicht leicht erobern lässt, ist eine Herausforderung. Wir müssen uns mehr anstrengen, müssen diese Lady besser kennenlernen und ehe wir uns versehen, ist es sie, die uns erobert hat. Man kann also sagen, wir haben verloren, noch bevor ihr Herz uns gehört. Und das, ist die erstrebenswerteste Leidenschaft, die sich ein Mann nur wünschen kann.“ Mein Herz schlug schneller und ich ermahnte mich, ihm diese Worte nicht zu glauben. Auch wenn ich wusste, dass Dionysos niemals etwas tun würde, was ich nicht wollte, so konnte ich mir nicht sicher sein, ob er nicht alles tun würde, damit ich es wollte. Vielleicht unbewusst, aber doch gezielt. Ich wollte mir gar nicht ausmalen, wie viele Frauen schon von Dionysos Leidenschaft gekostet hatten. Allein dieser Gedanke machte es mir schwer mich einfach fallen und es passieren zu lassen. Das Essen war dafür die perfekte Ausrede. „Wir werden nicht fertig, wenn wir nur über Leidenschaft und Liebe reden.“ „Und du benutzt nicht einmal die typische 'Was wenn jemand uns sieht' Ausrede.“ Er schmunzelte, legte seine Hand auf meinem Kopf und strich mir sanft darüber. Er verwirrte mich, mehr noch als die anderen mich verwirrten. War das hier nur ein Spiel? Meinte er es ernst? War er auch zu Yui so gewesen? Ich wusste es nicht, doch ich wollte irgendwie an Dionysos glauben. Daran, dass er mich niemals benutzen würde, dass wenn er es ernst meinte, ich nicht nur eine von vielen wäre, denen er ebenfalls diese Worte zugeflüstert hatte. „Kann ich noch etwas Wein haben, bitte?“, fragte ich und reichte ihm das Glas, welches leer war. Irgendwo zwischen Dessert und Fisch hatte ich wirklich das Glas geleert, was nur daran liegen konnte, dass ich jedes Mal nervös wurde, wenn Dionysos mir wieder nahe kam. „Noch etwas Inspiration? Kommt sofort.“ Er entfernte sich von mir und ging zu dem Schrank, auf dem er die Flasche Pinot abgestellt hatte. Ich wandte mich wieder von ihm ab und gab etwas von dem Muscat de Hambourg in die Form und bedeckte den Fisch mit Alufolie. Er war fertig, ebenso die Kartoffeln. Es fehlte also nur noch das Fleisch.   Nachdenklich sahen Dionysos und ich auf das Stück Hirschfleisch, welches Thoth mitgebracht hatte. Scheinbar ging es dem Griechen wie mir. Wir wussten beide nicht, was wir damit tun sollten. „Eine Idee? Abgesehen davon dass der Merlot gut dazu passt?“ „Schwer. Man kann bei Wild viel falsch machen. Es könnte zu trocken werden. Als Steak würde ich es nicht verarbeiten. Und als Braten?“ „Finde ich persönlich zu unspektakulär für den Wein.“ „Für den Wein?“ Dionysos schien verwundert und sah zu mir, wobei ich nicht anders konnte als zu Lächeln. „Natürlich. Wenn man kocht sollte man es richtig machen. Das heißt für einen hervorragenden Merlot muss das Gericht genauso hervorragend sein. Alles andere kann ich nicht gelten lassen.“ „Ein Braten ist also zu unspektakulär. Was schwebt dir so vor?“ Ich dachte nach, denn ich wollte Dionysos Frage auch beantworten. Allerdings fiel mir nichts ein, was dem Merlot gerecht wurde. Ein Gulasch schien mir zu einfach, zu simpel und auch in Anbetracht der Tatsache, dass wir soviel Mühe in die anderen Gerichte gesteckt hatten, nicht fair. „Rouladen... Mit einer Feta-Spinat Füllung vielleicht. Statt Senf könnte man eine Käsecreme benutzen. Gewürzt wird das ganze dann mit Chili, Salz, ein paar toskanischen Kräutern und fertig ist es. Keine Sorge den Wein vergessen wir nicht. Wir arbeiten ihn in den Sud ein, nachdem die Rouladen scharf angebraten wurden. So entsteht eine kräftige Soße, die den Rouladen gerecht wird. Was hältst du davon?“ Mein Blick wandte sich zu Dionysos, der immer noch lächelte. Etwas war an diesem Lächeln aber anders. Ich konnte nur nicht sagen was. „Ich schlage noch etwas Knoblauch vor, im Spinat. Das gibt dem ganzen die richtige Würze.“ „Klingt gut. Also, ran ans Werk. Ich schäle erst einmal den Knoblauch. Würdest du ein paar Zwiebeln schälen? Ich würde sie gerne in die Soße geben.“ Ich griff zu einer Knoblauchknolle, die in dem Haufen aus Gemüse lag. Es war nie leicht diese kleine Zehen zu schälen, aber dank einiger Kochshows hatte ich mir den ein oder anderen Trick abgeguckt. Tricks die diverse Verarbeitungen einfach machten. Ich legte die Knoblauchzehen, welche ich aus der Knolle genommen hatte, auf das Brett und schlug mit dem Messer auf dieses so dass der Knoblauch Risse bekam. Es war nun einfach diesen aus seiner Schale zu pellen. „Wusstest du, das Knoblauch ein Potenzmittel ist?“ Ich sah zu Dionysos, der versuchte ein paar hinterhältige Tränen zurück zu halten. Scheinbar gingen ihm die Zwiebeln nahe. „Du hast den Knoblauch vorgeschlagen. Ich sollte mich nun also fragen wer von den anderen braucht Potenzmittel.“ „Vielleicht der Gott, dem dein Herz gehört?“ Ich errötete und wandte mich schnell dem Schneiden meines Knoblauchs zu. Dem Gott dem mein Herz gehörte... Ich glaubte kaum, dass der ein Potenzmittel brauchte. Ich konnte ihn mir nicht einmal in einem intensiveren Moment vorstellen. Dafür war er zu unschuldig, zu niedlich. Fast noch ein Kind, wenn man es so sehen wollte. Anders als Dionysos, der wie Evas Apfel erschien, so verführerisch, so vielversprechend, so begehrenswert. Mit ihm in diesen Raum zu sein, machte mich irgendwie seltsam. Meine Hormone kochten über und wahrscheinlich musste ich noch länger gegen diese ankämpfen und mich nicht fallen zu lassen und hinzugeben. „Du weißt also, welchem Gott mein Herz gehört?“, fragte ich, während ich die Knoblauchzehen so klein wie möglich schnitt. Denn selbst Knoblauch hatte einen dezenten scharfen Geschmack. Das war mir schon häufiger aufgefallen, wenn ich Knoblauch zum kochen verwendet und aus versehen ein zu großes Stück erwischt hatte. Aber es ging eben nichts über frischen Knoblauch. „Ich hab da so eine Ahnung. Aber gerade möchte ich nicht daran denken, immerhin bin ich es gerade, der Zeit mit dir verbringt. Also genieße ich liebe die Zeit lieber und lerne dich etwas besser kennen.“ „Was hast du denn während unserer gemeinsamen Zeit über mich gelernt?“ Dionysos schwieg eine Zeit und schien über meine Frage nachzudenken. Es war in der Tat eine interessante Frage, denn bisher hatte ich ihm nicht viele Möglichkeiten geboten mich etwas besser kennenzulernen. „Seit wir bei Shizuka waren, ahnte ich es zwar, dass du eine leidenschaftliche Köchin bin, aber erst habe ich bemerkt, wie viel Leidenschaft in deinem Tun steckt. Außerdem gibst du dein bestes nicht deine Fassung zu verlieren. Manche würde es vielleicht als verkrampft bezeichnen, ich nenne es entschlossen. Wahrscheinlich hast du ein paar Probleme damit mir zu vertrauen, was verständlich ist und was ich irgendwie gut finde.“ Da war er wieder. Der Dionysos, der mir immer zeigte, dass er mehr als nur ein griechischer Lustmolch war. Der mir sagte, dass er auch eine Seite an sich hatte, die aufrichtigen Herzens an jemanden Interesse haben konnte, sich Sorgen machte und vieles versuchte, damit man sich besser fühlte. Und er hatte auch diese Seite an sich, die einem eine Standpauke gab. Zugegeben, er war der letzte gewesen, von dem ich die „Wir sind Götter und du eine Sterbliche“ Standpauke erwartet hatte. „Ich habe auch viel über dich gelernt.“ „Was denn?“ „Du hast wirklich Ahnung von deinem Wein. Und vom Kochen. Letzteres habe ich erst heute bemerkt.“ „Und sonst nichts?“ Dionysos schien etwas enttäuscht, was mich lächeln ließ. Ich erkannte nun doch eine gewisse Ähnlichkeit zu Apollon, der genau so einen Schmollmund hatte. „Nichts was ich nicht schon vorher geahnt habe. Meine Theorien über dich haben sich also lediglich bekräftigt und bestätigt.“ „Deine Theorien über mich?“ Ich nickte und griff zu dem Stück Wild, um die Rouladen vorzubereiten. „Kannst du bitte den Frischkäse mit etwas Camembert pürieren? Danach einfach noch etwas Salz, Pfeffer, Paprika rein und gut durch rühren. Wenn du magst kannst du auch ein paar Zwiebeln unterrühren.“ „Okay, aber würdest du mir noch meine Frage beantworten?“ Es schien Dionysos wirklich zu interessieren was ich über ihn dachte. Ob er enttäuscht wäre, wenn ich es ihm sagte? Oder wäre er wütend darüber? Ich wusste es nicht, dennoch wollte ich ihm diese Antwort nicht schuldig bleiben. „Ich denke genau dasselbe über dich wie vorher auch. Beruhend auf meine Theorien. Du bist jemand der zwar ziemlich flirty sein kann, aber doch würdest du niemanden etwas antun was er nicht will. Du bist sehr fürsorglich und sorgst dich um jene, die dir nahe stehen. Auch wenn du immer eher so wirkst als würdest du dich nur ausruhen und würdest keine Anstrengungen in etwas investieren, bemühst du dich auf deine Weise um gute Ergebnisse. Allerdings betrifft das nicht alle Dinge im Leben. Aber da sind wir alle gleich, denke ich. Du bist sehr treu denen gegenüber die du magst. Apollon zum Beispiel oder Hades. Oh und du bist eigentlich richtig clever. Etwas das man dir nicht zutraut, weil deine Art darüber hinweg täuscht.“ Dionysos antwortete mit Stille auf meine Worte. Ich hörte nur, wie er mit einem Löffel in der Schüssel rührte. Wahrscheinlich wollte er sich auf das Essen konzentrieren und ich sollte es ihm gleich tun. Mit einem Holzhammer, den ich aus eine der Schubladen hatte, schlug ich auf das geschnittene Fleisch ein, so dass es schön flach und vor allem rollbar wurde. Ich war froh, dass ich nicht alleine an diesem Essen arbeitete. Irgendwie hatte ich auch das Gefühl, dass ich dank Dionysos wesentlich schneller voran kam, auch wenn seine Annäherungsversuche zu Beginn mich um einiges an Zeit gebracht hatte. „Hier, du brauchst die Creme.“ Aus dem Augenwinkel heraus sah ich, wie Dionysos mir die Schüssel mit der Käsecreme hinstellte. Er hatte bereits die Zwiebeln und alles reingemacht und ich musste gestehen, dass die Käsecreme wirklich gut aussah. „Danke. Wäschst du bitte den Spinat?“ „Was bekomme ich dafür?“ Ich sah ihn an und hob eine Augenbraue. Bisher hatte er nichts für seine Hilfe gefordert. Es war seltsam, dass er es nun nicht ohne eine Gegenleistung tun wollte. Vielleicht verlangte ich aber auch einfach zu viel? „Was willst du dafür?“ Meine Stimme war etwas leiser als gewohnt, denn ich wusste nicht, wie ich mit dieser Situation umgehen sollte. Auch wenn ich hinter den meisten Taten von anderen IMMER eine erwartete Gegenleistung zu spüren glaubte, bei den Göttern hatte ich das nicht erwartet. „Erzähl Thoth-sensei niemals dass ich clever bin.“ Verblüfft sah ich in das Lächelnde Gesicht Dionysos. Er hätte gerade wer weiß was fordern können, aber niemals hätte ich mit so etwas humoristischen gerechnet und das obwohl ich mit den Kamigami Göttern unterwegs war. „1. Ich glaube er weiß das bereits. Wenn er ein guter Lehrer ist. 2. Ich habe keinen Grund mit ihm wirklich zu reden und 3. abgemacht.“ Hätte Dionysos nun etwas frivoleres eingefordert, ich hätte wohl nein gesagt, aber nur so etwas, war doch schon fast ein Witz. „Dann wasche ich mal den Spinat“, erklärte Dionysos und ließ mich verwundert alleine bei dem Wild und der Käsecreme stehen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass seine Bitte nicht das war, was er eigentlich gerne gefordert hätte. Wahrscheinlich war es sogar etwas frivoles und er hatte sich nur nicht getraut. Konnte es sein, dass der Gott der Fruchtbarkeit und des Weines doch eine etwas schüchterne Seite hatte? War es wirklich glaubwürdig, dass er eine passende Gelegenheit einfach so vorbeiziehen ließ ohne auch nur irgendetwas unanständiges zu tun? Wenn dem so war, dann hatte er das, was er mir zuvor bei der Zubereitung des Fisches gesagt hatte, ernst gemeint. Allein dieser Gedanke reichte aus, um mein Herz erneut höher schlagen zu lassen und es gab nur eine Kleinigkeit, die mein Herz beruhigen konnte. Der letzte Schluck Pinot. Ich nahm mein Glas und stürzte diesen genussvoll runter, bevor ich mir das Glas mit etwas Merlot füllte. Ganz soviel würden wir davon nicht brauchen zum Kochen und es wäre viel zu schade, wenn wir den Wein, den Dionysos so liebevoll gekeltert hatte, einfach weg schütteten.   Die Rouladen ruhten scharf angebraten in der Soße, welche einen sanften, lieblichen, alkoholischen Duft verströmte, der dafür sorgte, dass auch der Merlot zur Neige gegangen war. Dionysos und ich hatten ihn uns brüderlich geteilt und wahrscheinlich hatte ich den Gott schwesterlich beschissen, denn ich konnte schwören, dass ich mehr von dem Wein getrunken hatte als er. Ich fühlte mich angeheitert, während ich zum Ofen sah, in dem der Fisch ruhte. Ich wartete nur noch darauf, dass Fleisch und Fisch fertig wurden, um die Teller mit ihnen zu bestücken. „Reichst du mir den Cabernet?“, fragte ich nach einiger Zeit und hielt Dionysos mein Glas entgegen. Er widersprach nicht, und goss mir etwas von den Cabernet ins Weinglas. Es war wirklich gut, dass er der Gott des Weines war, denn mit Sicherheit musste ich mir von ihm nicht anhören, dass ich sicher schon genug hatte. Er würde mir solange nachfüllen, bis ich betrunken ohnmächtig wurde oder mit Alkoholvergiftung ins Krankenhaus kam. „Wir sollten aufräumen...“, nuschelte ich leise und sah auf das Chaos, welches unsere Kochkünste verursacht hatten. Die Messer lagen noch herum und das dreckige Geschirr stapelte sich bereits. Andererseits machte es nicht viel Sinn dieses jetzt schon abzuwaschen, wenn wir noch mit den anderen Essen würden. „Weißt du... eigentlich mag ich es dreckig sogar“, hauchte Dionysos mir zu. Ich erschrak als ich merkte, wie dicht er an mir dran war, wich aber nicht zurück, sondern wandte mich ihm zu und sah ihm einfach nur in die Augen. In diese schönen Smaragdgrünen Augen, die mich erneut einfingen und mit sich rissen. „Du sprichst gerade nicht vom Geschirr, oder?“ Meine Frage war eigentlich sinnlos. Ich wusste genau wie er es meinte und seine Augen gaben mir die Antwort die ich bereits kannte. Ruhig und doch vorsichtig, hob Dionysos seine Hand und legte sie an meine Wange. Ich kannte solche Szenarien aus Filmen. In Momenten wie diesen, wenn zwei sich so intensiv in die Augen sahen, der Mann die Hand auf die Wange der Frau lag, war der Kuss nicht weit. Der Kuss den ich mir am heutigen Tag nicht zum ersten Mal ersehnte. Diese Sehnsucht ließ mein Herz schneller schlagen. Ich wollte es. Ich war mir sicher, dass ich diesen Kuss wollte. Alles in mir schrie danach Dionysos Leidenschaft zu spüren, in ihr zu versinken, mich selbst vergessend. Dieser Moment, indem ich Dionysos Wärme auf meiner Wange spürte, dieser Moment, indem ich ihm in die Augen sah, schien eine Ewigkeit zu verweilen, bevor Dionysos sich vorbeugte und ich die Augen schloss. Ich schluckte schwer, immer noch mit mir kämpfend, ob ich wirklich unvernünftig sein sollte, ob es wirklich niemand außer uns beiden wissen würde. Doch... der ersehnte Kuss blieb aus. Fast. Ich fühlte Dionysos Lippen, allerdings fanden sie ihren Platz nicht auf meinen. Stattdessen ruhten sie liebevoll und zärtlich auf meiner Stirn, bevor sie sich wieder entfernten und in mir eine Welle der Erleichterung und Enttäuschung auslösten. „Ich hab verloren“, flüsterte Dionysos heißer, bevor er sich von mir löste. Ich öffnete die Augen und bemerkte, dass er ein gutes Stück Abstand zwischen uns gebracht hatte. Fragend sah ich ihn an, doch er kümmerte sich stattdessen um den Fisch und das Fleisch. „Es wird wohl Zeit, dass wir das Essen servieren.“ Ich war verwirrt, denn ich hatte gedacht, er würde wirklich weitergehen, würde mich küssen und ich brauchte einen Moment um mir wieder in Erinnerung zu rufen, dass Dionysos ein anständiger Kerl war. Vielleicht zu anständig in diesem Moment auch wenn ich seine Worte, dass er verloren habe, nicht ganz verstand. Ich seufzte leise. Es half ja nichts darüber nachzugrübeln. Stattdessen fand ich mich einfach damit ab, dass Dionysos im letzten Augenblick einen Rückzug gemacht hatte. Warum auch immer. Wichtig war gerade sowieso nur das Essen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)