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Perfect little liars

wie wir waren und wie wir immer sein werden
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich konnte einfach nicht aufhören zu schreiben, weil ich verdammt noch mal nicht einschlafen kann ^^"
Wenn ihr Pech habt - :P - erwartet euch noch ein Kap xD Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich glaube, es wirkt stellenweise etwas kitschig. Aber ich gönne den beiden ein bisschen traute Zweisamkeit XD wer Romantik mag, wird's lieben xD denke ich. Hab mir Mühe gegeben, so richtig kräftig zu schnulzen *lol* Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich weiß nicht, wie gut mir dieses Kapitel gelungen ist. Ich habe mir jedenfalls die größt, erdenkliche Mühe gegeben, das Ganze mit dem adeligen Hintergrund zu beleuchten und die Situation angemessen darzustellen xD
Also viel Spaß dabei... Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Ohweh. Ich fürchte der Teil ist nicht sonderlich gut geworden und hoffentlich ist alles verständlich. Wenn etwas unklar sein sollte -> Kommentar. Komplett anzeigen

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Zweifel an sich selbst

Anfang des 19. Jahrhunderts war es noch immer Gang und Gebe, seine lieben Kinder mit knapp 20 Jahren zwangs zu verheiraten. Ein ähnliches Schicksal sollte auch uns ereilen. Vor allem die spanischen Frauen hatten darunter zu leiden, für sie war es ein notwendiges Übel, um ein zufriedenes, schönes Leben zu erlangen. So war ihnen kaum erlaubt, einer Arbeit nachzugehen. Entweder wurden sie Krankenschwester, oder Hebamme, wobei die Hebamme bei weitem überwiegte. Und wenn man das nicht tat, dann heiratete man, diente seinem Ehemann und zog die Kinder zusammen mit einer Gouvernante groß. Von großer Liebe sprach man nicht.

Aber das war im Grunde nicht unser eigentliches Problem. Wir plagten uns mit gar scheußlichen Dingen herum, wie der spanischen Armee. All dem Ärger zum Trotz den adelige junge Menschen stets einzuholen pflegte, hatten wir Träume und Wünsche, die es galt in die Tat umzusetzen. Eine von diesen Wünschen war ein friedliches Leben. Eine glückliche Zukunft, in der wir es mit unserem Gewissen vereinbaren konnten, Kinder in diese schreckliche Welt zu setzen. Diese Welt, sie war verdorben und teils verrottet. Und dennoch, gemeinsam schafften wir es noch immer zu lachen und auch zu träumen. Nicht selten hatten wir den Tag zusammen verbracht und beobachteten den Mond, als Kinder schon. Wir sprachen über traurige Dinge, die wir schönredeten. Oft war es Diego, der noch immer in der traurigsten Geschichte etwas Schönes fand. Ich erinnerte mich noch genau an den Tag, als wir vom Balkon der de la Vegas den Mond betrachteten und Diego sagte, seine Mutter sei dort oben auf dem Mond, aber eines Tages würde sie zu ihm zurückkommen, du wirst schon sehen, Lolita. Es war ganz einfach, als sei er immun gegen all das Schlechte im Leben, dabei konnte er einem wirklich Leid tun. Im Gegensatz zu ihm hatte sie noch ihre beiden Elternteile. Er hingegen hatte seine Mutter als kleiner Junge bereits verloren, es war erstaunlich, wie er das alles verarbeitet hatte, wie so viele andere Dinge… Er war ein ganz und gar tapferer Junge, den man einfach bewundern musste. Umso weniger war es verständlich, wie er sich manchmal verhielt. Aber wahrscheinlich war es eine Art Eigenschutz und den hatte sie schon seit langer Zeit zu akzeptieren gelernt.

Als er mit 10 Jahren ein kleines Kind zu seinem Bruder erklärt hatte, war es, als sei es nicht bloß dem Schein nach. Er hatte den rothaarigen Jungen tief in sein Herz geschlossen, ich jedoch auch. Er war ein ziemlicher Flegel, aber eigentlich nur das Abbild seines großen Bruders. Er war jetzt genauso, wie Diego es früher gewesen war. Ein Raufbold, ein richtig wilder, kleiner und tapferer Held. Eines Tages würde er in seine Fußstapfen treten, ganz sicher.

Noch während ich diesen Gedanken nachging, klopfte meine Mutter an der Tür und rief mich zum Essen. Als ich sie hereinbat, sah sie sofort, dass ich meinen Gedanken nachgegangen war.

„Lolita, Kind, was ist nur los mit dir? Seit Tagen hast du dein Zimmer nicht verlassen! Und blass siehst du auch aus! Willst du deiner Mama nicht erzählen, was dich bedrückt?“

Tja, was genau war die Antwort? Was bedrückte sie? Wenn sie es nur selbst so genau gewusst hätte.

„Ach, es ist nichts“, log die Blondine und schüttelte mit einem Lächeln den Kopf. „Ich bin nur ein bisschen müde, das ist alles.“

„Doch nicht schon wieder dieser Maskierte, oder? Kind, hör auf den Rat deiner Mutter!“ Sie kam mit erhobenem Zeigefinger auf Lolita zu und ergriff sanft ihre Wangen und streichelte sie über das Gesicht. „Es gibt viele Männer in dieser Welt, Kind. Aber nicht alle davon sind gut. Und willst du dich denn wirklich einem Verbrecher hingeben, statt das zu nehmen, was direkt vor deiner Nase ist?“

Sie kam sich unendlich verspottet vor. Diese Frage, sie klang so töricht und ihre Antwort darauf… Sie wusste selbst, dass die Zeit drängte und man sie bald zu einer Heirat zwingen würde. Wenn nicht mit Diego, dann mit irgendeinem daher gelaufenen Schnösel, der außer sein Geld nichts weiter zu bieten hatte. Es sei denn sie rannte davon… Aber konnte sie ihren Eltern wirklich etwas gar so scheußliches antun? Aber der Gedanke, sie hatte ihn, nicht nur einmal.

„Ich weiß es selbst, Mama!“ sagte sie doch etwas patzig und wirkte dabei ziemlich verbohrt, aber sie kannte die Wahrheit und sie wusste selbst nur zu genau, wie gut Diego als Ehemann wäre. Und sie wollte auch keinen anderen in Erwägung ziehen. Wenn diese Gefühle zu ihrem Helden nicht gewesen wären… Ja, es war dumm.

„Nur weil es dir nicht gefällt, musst du ihn nicht gleich als einen Verbrecher bezeichnen, so wie die Armee das gerne tut. Als was würdest du dann Menschen wie Leutnant Gabriel und Kommandant Raymond bezeichnen? Engel vielleicht? Oh bitte, Mutter. Wenn Zorro ein Verbrecher ist, dann sind sie der Teufel schlechthin!“ Sie war wütend, denn auch ihren Eltern hatte dieser tapfere Mann so oft geholfen und was bekam er dafür? Er wurde als Verbrecher gebrandmarkt und eines Tages vielleicht würde man ihn schnappen. Was wohl niemand hoffte, aber was dann…? Sie würden ihn wahrscheinlich vor den Augen der gesamten Siedlungsbewohner hinrichten. Ihr Herz würde zerbrechen, wie das so vieler junger Mädchen.

„Dieser Mann bedeutet nur Schwierigkeiten. Ich verbiete dir, dich in diese Sache dermaßen hinein zusteigern, Tochter! Schau lieber zu, dass Diego weiterhin vernünftig bleibt, sonst ergeht es dir am Ende wie mir…“ Ihre Mutter wirkte sehr theatralisch, wenn sie anfing. Sie holte ihr Taschentuch hervor, biss darauf und vergoss Tränen.

Niemals, nie würde Lolita so enden. Sie würde nicht darüber weinen, wenn ihr Mann Mut bewies. Alles, was ihre werte Mutter zu interessieren schien, war Geld. Diegos Geld. Alleine deswegen sträubte sie sich noch immer. Es war doch nicht das einzig Gute an ihm…

„Papa hat getan, was er für notwendig hielt und wurde dafür bestraft. Er war so tapfer und nie dankst du es ihm!“

Sie selbst hatte sehr darunter gelitten, unter dem, was man ihrer Familie angetan hatte. Man hatte ihr Land konfisziert, ihnen das Meiste an Reichtum genommen, ihnen den Adelstitel aberkennen wollen. Dennoch trugen sie ihr Haupt aufrecht, allesamt, oder? Sie hatten nicht mehr so viel Geld wie die de la Vegas, aber ihr adeliges Blut konnte ihnen niemand rauben. Sie waren eine stolze, spanische, ehrenhafte Familie. Sie besaßen adeliges Blut, das man nur durch Geburt, nicht gar durch einen Titel erwerben konnte. Deswegen erlaubte Don Alejandro seinem Sohn ja auch noch immer, an ihrer Seite zu sein, Tag für Tag. Und sein Einverständnis zu ihrer baldigen Vermählung zu geben. Sie sollte dem alten Mann dafür danken. Er könnte auch anders, wenn er gewollt hätte.

Damals, als ihr Vater ihr mitteilte, er könne ihr keine teuren Kleider mehr kaufen, war das für Lolita ein Schock, ein sehr großer. Sie war im Reichtum groß geworden. Trotzdem gab es wichtigere Dinge als Geld. Werte zum Beispiel. Ihre Mutter versuchte sie immer damit zu locken, dass sie vieles von den Vegas erben würde, sobald sie sich mit Diego verheiraten ließ. Und er war der einzige blaublütige junge Mann weit und breit in dieser Stadt. All die anderen Dons konnten ihm kaum das Wasser reichen, dem Sohn von Don Alejandro de la Vega. Sie sollte stolz sein. Warum fühlte sich alles dann wie eine Farce an? Warum konnte sie nicht einfach wie ihre Mutter es von der praktischen Seite sehen?

„Du wirst dich noch in dein eigenes Unglück stürzen, Lolita!“

Vielleicht, ja vielleicht würde sie das. Zusammen mit Zorro am Galgen. Das war womöglich eine etwas derbe Ansichtsweise, aber wer würde bei ihm sein, wenn dieser Tag käme? Sie hatte sich so oft Gedanken um diesen Mann gemacht. Ob er denn niemanden hatte, der ihm half? Außer ihr natürlich. So landete er doch immer wieder bei ihr, um seine Wunden behandeln zu lassen. Hätte er jemanden, dann wäre er wohl kaum dazu gezwungen, sich von ihr seine Wunden verbinden zu lassen. Sie fühlte sich bereits wie seine Komplizin. So viel war klar. Und diesen Job nahm sie sehr ernst. War das gar ihre Bestimmung? Diesem Mann auf diese Weise zu dienen? In seinen schlimmsten Stunden für ihn da zu sein? Und dafür setzte sie so viel aufs Spiel. Und Diego, er belächelte es stets nur. Dennoch wusste sie, dass tief in sich drin er sehr wohl sich anderes erhofft hätte, als eine Freundschaft mit ihr. Ihre Liebe, ihre Zuneigung. So wusste Lolita doch ganz genau, dass Diego sie liebte. Aber es ging nicht. Es ging einfach nicht, solange Zorro sie so bitter nötig hatte. Sie käme sich verlogen vor, ihn zu heiraten, wenn ihr Herz nicht Ja dazu sagte. Nicht ganz eindeutig. Aber manchmal zweifelte sie sogar daran, dass ihr Herz wahrhaft nur einem einzigen Mann gehörte. Es gab Momente da hätte sie ihn sofort geheiratet, aus einem Impuls heraus. Woher kam das nur? Wen liebte ich denn nun eigentlich wirklich? Mit Bestimmtheit konnte sie es nicht sagen. Sie war doch froh, dass Diego entschlossen hatte, sie zu wollen, und keine andere daher gelaufene Prinzessin, die ihn eines Tages nur langweilen würde. Sie glaubte auch, dass sie das einzig Richtige für ihn war. Dass er eine Frau wie sie sogar brauchte und keine Dienerin, die ihm jeden Wunsch erfüllte. Aber trotzdem wollte sie ihn nicht von morgens bis abends herumscheuchen und ihn wie ihren Fußabtreter behandeln. Trotz seiner Feigheit, so viel Schmach verdiente er nicht. Nichtsdestotrotz war Diego ihr langjähriger Freund, der ihr eine Menge bedeutete. Wahrscheinlich mehr als ihr Leben. Und mit dieser Erkenntnis war sie doch froh, wenn er die Füße still hielt und nicht den Hals in die Schlinge steckte, wie sie es früher von ihm gern verlangt hätte. Denn wenn ihm etwas passierte, das würde sie niemals ertragen… Sie war ein sehr wildes Frauenzimmer und nicht viele Männer mochten das. Leute wie Gabriel vielleicht, jedoch nur um sie dann in der Ehe zu zähmen. Wahrscheinlich mit einer ordentlichen Tracht Prügel. Wirkliche Akzeptanz erfuhr sie nur bei einem einzigen Mann, Diego. Und dafür liebte sie ihn von Herzen. Sie wollte ihm nicht so wehtun. Und zu wissen, dass er alles ertrug, hielt sie aufrecht. Es schien in Ordnung für ihn zu sein, so wie es im Augenblick war. Oder? So ganz sicher konnte man sich da nie sein, da er alles beschönigen konnte.

„Essen kommen musst du trotzdem. Sei nicht so sturköpfig!“ Mit den Worten verließ ihre Mutter endlich das Zimmer. Es war als wenn eine schwere Last von ihrer Brust genommen werden würde, was sie endlich wieder dazu bemächtigte frei heraus zu atmen. Manchmal nahmen ihr diese Dinge einfach die Luft zum Atmen.
 

„Ach, dieses Kind! Immer ist sie so launenhaft und störrisch!“ beschwerte sich Doña Catarina bei ihrem Ehegatten.

„Das wird sie wohl gewiss von dir haben, Teuerste.“ Derartige Dialoge führten sie ständig und jedes Mal gaben sie sich gegenseitig die Schuld.

„Sie sollte sich nach einem ruhigen Leben sehnen, so wie ich. Stattdessen will sie weiterhin diesem Zorro hinterher rennen!“ Die Hausherrin hielt sich den Kopf. „Davon bekomme ich noch Migräne… So schön dieser Mann auch ist, und so tapfer! Man muss manchmal aber der Wahrheit ins Auge sehen, Liebster. Und das will sie einfach nicht verstehen…“

Don Carlos wollte seine Tochter beim besten Willen nicht zu irgendetwas zwingen, oder ihr etwas verbieten müssen, doch genau darauf lief es hinaus… Sie wünschte das von ihm, dass er von seiner Tochter verlangte, sich endlich zu beugen. Aber er liebte seine Tochter über alles, sie war seine kleine Prinzessin, schon immer gewesen…
 

Es war eine sehr unruhige Nacht. Stürmisch und kalt. Nicht nur, dass der Regen gegen ihr Fenster klopfte, auch ihr Innerstes war aufgewühlt. Das ungestüme Wetter passte auch perfekt zu ihrem wilden Herzen. Sie lag wach und fragte sich, ob er gerade vielleicht wieder durch die finstere, stürmische Nacht ritt. Denn selbst der schlimmste Regenguss konnte diesen Mann nicht bremsen. Wenn Gefahr drohte, dann war er unverzüglich zur Stelle. Sie riss die Decke von sich und setzte sich in ihrem Bett auf. „Ich kann an überhaupt nichts anderes denken…“ Es machte sie verrückt, all diese Gedanken, die immer wiederkehrten und sie nicht ruhig schlafen ließen…

Sie war bereits wach, als Schüsse durch die bedrohliche und finstere Nacht hallten. Wie Donnergrollen. Sofort rannte sie zum Fenster. Fernab von all dem Übel der Armee stand ihr Haus. Und doch hörte sie die Schüsse so deutlich. Meilenweit entfernt wahrscheinlich… Sorge beschlich sie und sie wusste, dass sie diese Nacht ruhelos verbringen würde… Ein weiteres Mal.

Ein kurzer Moment voller Ewigkeit

Beim waghalsigen Versuch die Geschäftsbücher der Southern Trade Company der Öffentlichkeit zuzuführen – und wir wussten ziemlich gut, worauf wir uns einliesen – kam es zu einigen schwerwiegenden Problemen. Okay, fast. ICH wusste, worauf ich mich einließ. Mit dem festen Entschluss, sie an sich zu reißen, waren sie bei Wind und Wetter unterwegs, im Kampf gegen das Böse. In einem erbitterten Kampf mit dem Mann, der sich selbst als der Tod bezeichnete. Nun gut, der Name war passend… Er läutete die Glocken des Todes in dieser Furcht erregenden Nacht. In einem einseitigen Kampf, einem Kampf um Leben und Tod. Was er bekam, das führte die Armee weiter. Einen geschwächten Zorro, der sich beim Sturz vom Dach glücklicher Weise nicht das Genick gebrochen hatte, aber einige Blessuren hatte er sich dennoch zugezogen. In einer solchen Kondition, ein leichtes zuzuschlagen. So war es immer, die Gunst der Stunde nutzend, egal wie schäbig es auch gewesen sein sollte… Dieses Mal war dieser Versuch von Erfolg gekrönt…

Noch während des Fluges vom Dach durchforstete der Gedanke Zorros Kopf: Dieses Mal… UGH… Keuchend und benommen vom Aufprall biss er die Zähne zusammen, doch den Versuch sich aufzurappeln unternahm er nicht. Als sei alle Kraft aus dem Körper gewichen. Geradezu wie als wäre der Körper von etwas sehr Schwerem überrollt worden…

Es musste der Aufprall mit dem Kopf gewesen sein, denn ihm schwirrte der Schädel. Noch im selben Moment hörte man das Geklapper der Pferdehufe, die sich näherten. Und der laute Schrei von Bernardo. „ZORRO!!“

Aufstehen, weg, flüchten… Der Körper unfähig sich zu rühren, kraftlos und schwarz vor Augen in diesem Moment.

Das war’s…

Ein Pfeifen. Erneutes Ertönen von Pferdehufen. Viento… Kaum fähig für einen weiteren Gedanken, erfasste ihn der linke Arm und etwas zog ihn mit sich.

„DAS IST ZORRO!!“ Gonzales kam nicht umhin seine Erkenntnis lautstark mit einem Ruf zu verkünden.

Durch Pfützen, durch Matsch, durch den tosenden Regen, den schneidenden Wind. Schüsse, die durch die Nacht hallten und in den Boden einschlugen. So nah und doch ungesehen. Und ein VOLLTREFFER.

Oh verdammt! Der Schuss hatte gesessen. Ich konnte nicht mehr entsinnen, welche Todesangst in mich gefahren war. Der Schuss hatte sich tief in mein Fleisch gebohrt und ließ mir kaum einen Atemzug. Vor Schmerz blieb mir der Schrei im Hals stecken, die Luft ebenso. Ich merkte, wie alle Sinne verblassten und ich in eine tiefe Ohnmacht fiel, in Sekundenschnelle. So schnell, dass mir kaum Zeit blieb, mich meiner Liebsten zu entsinnen. Lo… Es war vorbei. Diesmal war es endgültig vorbei und ich würde alle Menschen, die ich lieben gelernt hatte, niemals wieder sehen… Diese unglaubliche Hoffnungslosigkeit, sie ergriff von mir Besitz, noch bevor ich in absolute Dunkelheit gehüllt wurde. Aber dieser unglaublich vernichtende Schmerz, der blieb mir erhalten. Ob ich wohl träumte kann ich heute nicht mehr sagen. Aber der Schmerz saß tief in meiner Brust und raubte mir sämtliche Luft zum Atmen. Ich konnte nichts sehen, aber ich konnte etwas schmecken. Einen ekelhaft bitteren Geschmack im Mund. Blut, was sich meine Kehle hinauf kämpfte. Hustend, halb bei Bewusstsein lieferten sie uns eine Verfolgungsjagd. Ich bekam längst nicht mehr mit, welchem glücklichen Umstand ich es zu verdanken hatte, dass sie mich nicht einkassierten. Und wie Bernardo es geschafft hatte, mich irgendwo in Sicherheit zu bringen. Wobei von Sicherheit nur indirekt die Rede sein konnte. So sehr verletzt war ich noch nie, dass ich nicht mehr wusste, wo mir der Kopf steht. Dieses Gefühl hatte ich bisher nur wegen einem anderen Umstand. Mir schwirrte der Kopf, ein jedes Mal, wenn ich an sie dachte… Und jetzt sollte alles vorbei sein. So wagemutig ich auch manchmal war, dieses Mal hatte ich Angst. Die Furcht davor, alles zu verlieren, was mir lieb und teuer war.

Ich dachte nur an eines. Hoffentlich würde sie mich niemals zu Gesicht bekommen… Was fast ausgeschlossen war, falls Bernardo es irgendwie schaffte zu flüchten. Er würde es gewiss nicht ohne mich tun. Und dann würde sie mich finden… das war meine größte Angst. Es gab kaum etwas schlimmeres, als den geliebten Mann in einem solchen Zustand vorzufinden. Mehr tod als lebendig, denn wirklich lebendig kam ich mir nicht vor…
 

Als das Gezerre an seinem Armgelenk aufgehört hatte und man ihn sanft auf dem Boden ablegte, war er bereits bewusstlos und doch spürte er all den Schmerz zweifellos, denn sein Gesicht sprach Bände. Obwohl er Bernardo nicht mehr hörte und dieser es kaum übers Herz brachte, ihn dort so liegen zu lassen, war dem kleinen Jungen bewusst, dass diese Sache eine Nummer zu groß für ihn war. Also entweder holte er jetzt sofort Hilfe von einer dritten Person, oder sein Bruder würde sterben. Und er tat das, was ihm als einziges gerade richtig vorkam…

Er holte SIE… Und dabei sorgte er nicht einmal dafür, dass sein Freund und Bruder seine Maske wiederbekam, die beim Ritt irgendwo gelandet war. Das war ihm in dem Moment so egal, wie nichts auf dieser Welt…
 

Das, was ich noch als den größten Alptraum bezeichnet hatte, das würde eintreten…
 

Es war tiefste Nacht, als Bernardo den Tränen nahe und völlig verzweifelt vor ihrem Fenster stand. Wohl bewusst, dass Diego ihm den Kopf abreißen würde, wenn er es wüsste. Aber gerade konnte dieser gar nichts dergleichen tun. Und womöglich würde er nie wieder irgendetwas tun… Niemand konnte ihn von seinem Vorhaben abhalten. Er hatte so viel Angst um ihn, dass er alles vergaß, was er ihm versprochen hatte. Niemals mit einer Menschenseele darüber zu sprechen, was sie des Nachts taten. Bisher hatte er als treuer Freund sich immer brav an dieses Versprechen gehalten, doch heute würde er die einzige Person einweihen, die sie seit Jahren belogen, um sie zu schützen. Es war seine Entscheidung gewesen… ganz alleine seine. Bernardo hätte Lolita vom ersten Tag an alles gesagt. Aber Diego war stur wie ein Esel und wollte niemals Hilfe annehmen, dachte er könne alles alleine schaffen. Allerdings stimmte das nur teilweise. So oft schon hatte Lolita seine Wunden versorgt. Ohne jemals etwas zu ahnen. Leider…

Doch in dieser Nacht änderte sich alles mit einem Schlag. Noch mit schlechtem Gewissen stand er unter dem Fenster der jungen Dame. Sein Gesicht gezeichnet von der unendlichen Trauer in seinem Herzen. Als sie ihn erstaunt anschaute und ihn mit Little Zorro ansprach, zog er die Maske runter und sah sie mit seinem flehentlichen Augen an.

„Was ist denn passiert?“ Stille. „Bernardo? Was ist…?“ Unschlüssig, was er ihr sagen sollte sah er zu ihr hoch.

In einem solchen Moment fehlten ihm die Worte, um diese einfache Frage zu beantworten. Und er musste sie schnell, kurz und knapp beantworten.

„Zorro ist verletzt…“ Seine Augen wurden noch verzweifelter. „SCHWER verletzt! Du musst schnell kommen!“
 

Ein Blitz zuckte am Himmel, zeitgleich mit dem Zucken ihres Leibes. Kurz wurde alles in grelles Licht gehüllt und sie sah seine Gesichtszüge genauer. „WAS?!“ Sie besah das Zorro Kostüm des kleinen Jungen. Es brauchte keine weiteren Worte. Noch im selben Moment stürmte sie vom Fenster weg. Es fiel ihr wie Schuppen von den Augen.

Wo Bernardo ist, da ist Diego nicht weit… Was sonst so kompliziert schien, um es zu verstehen, war plötzlich ganz simpel. Die Angst packte sie wie eine Hand im finsteren Nichts. Noch niemals in ihrem Leben hatte sie so schreckliche Angst, wie sie ihn wieder sehen würde. Wenn der Junge sagte schwer verletzt, dann meinte er wohl auch schwer verletzt. Sonst wäre Zorro gewiss bei ihm. Sie packte alles zusammen für den Ernst der Fälle. All ihre Utensilien. Decken, Tücher, Alkohol – hochprozentigen. Alles für eine ärztliche Notversorgung wie sie es in all den Büchern gelesen hatte. Lolita wusste, ihre Zuneigung zu tapferen Männern würde dieses Wissen irgendwann notwendig machen. Deswegen war sie so geschickt darin, sämtliche Wunden eines gewissen Idioten zu versorgen… Ja, der Idiot. Sie hatte große Lust, ihn zu verprügeln. Aber was wenn sie dazu nicht mehr käme? Sie hatte so schreckliche Angst um ihn. Ihren allerbesten Freund, ihren Gefährten, ihren Verlobten, ihren Geliebten. Er war all das von dem.

Sie rannten zur Kutsche. Ein Wunder, dass ihre Eltern vom Lärm, den sie machte, nicht aufwachten. Sie hatten eben doch einen guten Schlaf… Sie hätte es ihnen nicht erklären können, oder gar dürfen.

Sie hatte so viele überflüssige Fragen in ihrem Kopf. Warum er sogar ihr etwas vorschwindelte… Wieso er in Kauf nahm sie zu verlieren, wo er so offensichtlich in sie verliebt war… All das schien nun unnütz und unwichtig geworden zu sein. Dass ihm geholfen wurde, das war nun das einzig wichtige. Und sie musste tapfer sein, so wie er stets tapfer war.
 

Es dauerte keine 15 Minuten, da hatten sie den nahe gelegenen Wald erreicht. Nun war es ruhig. Sie hatte sich nicht umsonst gesorgt, als sie die Schützen gehört hatte. Auf dem Pfad, den sie beschritten, wimmelte es nur so von Blut. Sie roch es und sie sah es. Ihr war schlecht, doch sie schluckte es herunter. Ganz tief hinab in ihre Kehle. Dem Blutpfad folgend, erreichten sie schließlich den Baum, an den er gelehnt lag. Lolita musste schlucken, nicht nur einmal. Es war einfach schrecklich. Ein Alptraum für alle Beteiligen. Sie schleppte den Korb mit den Decken, Tüchern und den Arzneien. Den Korb stellte sie ab und beugte sich langsam zu ihm nieder. Er war von oben bis unten mit Blut besudelt und sah aus, als sei er durch den Dreck gezogen worden. „Himmel…“, durchfuhr es sie und sie legte ganz vorsichtig ihre Hand an seine Wange. „…Z…Diego?“ Im letzten Moment entschied sie sich ihn nicht Zorro zu nennen, aber er antwortete nicht. „Er ist bewusstlos…“ Bei dem, was sie wohl mit ihm tun musste, war das wahrscheinlich sogar noch von Vorteil. Sie gab sich die größte Mühe, aber sein Anblick brachte sie beinahe um. Und sie hielt sich immer wieder an, tapfer zu sein. Tränen brachten in diesem Fall nichts, ihm nichts und ihr nichts. Sie würden das Kind nur noch mehr aufwühlen. Er war bereits so verzweifelt. „Ganz ruhig bleiben“, murmelte sie und sprach sich selbst Mut zu. Du schaffst das, du kannst das!!

Sie hatte die Öl-Lampe mitgebracht und beleuchtete damit seinen Körper. Nur fadenscheinig konnte sie die Stellen ausmachen, die Verletzungen aufzeigten. Es war nun keine Zeit für falsche Scham. Lolita riss sein Hemd entzwei und legte damit bereits die erste schlimmere Wunde frei. Sie riss es ihm vom Leib, ohne jegliche Skrupel. Das Reißen von Stoff schnitt kurz die Nacht und der Wind blies einmal stärker um ihre Ohren. Zum Glück hatte es aufgehört zu regnen.

Sie säuberte erst einmal oberflächlich seine Wunden mit klarem Wasser. Bevor sie mit dem Hochprozentigen an die Sache ging. Er zuckte nicht einmal… Aber seine stockende Atmung zeigte wenigstens, dass er am Leben war. Sie hätte sofort beim kleinsten Anzeichen, dass nicht atmete, durchgedreht, ganz sicher. Aber so blieb sie noch relativ ruhig und ging ernst an die Sache ran. Wahrscheinlich dachte man gerade über sie, sie sei herzlos. So ernst und auf ihre Sache fixiert, wie sie seine Wunden behandelte. „Du bist ein riesengroßer Vollidiot!“ Diesen Ausruf konnte sie sich nicht verkneifen, das war das Mindeste. „Das ist nur passiert, weil du deinen Dickschädel durchsetzen musst! Und meinst, alleine bist du am besten dran!“ Sie war wütend, aber nur weil sie so besorgt um ihn war. Er wusste wahrscheinlich nicht einmal was sein Tod bei ihr anrichten würde. Sie wollte nicht daran denken. Er war nicht tot. Er war am Leben… Noch…

Lolita wollte den Teufel nicht an die Wand malen, aber es sah mehr als übel um ihn aus… Aber sie verzog nicht die Miene und machte ihre Arbeit so gut, wie sie es gelernt hatte. Eigentlich hatte er nicht einmal verdient, dass sie ihm Laudanum gab. Aber sie verabreichte ihm die passende Dosis, um ihn die Nacht über schlafen zu lassen. So spürte er hoffentlich nichts, oder wenigstens nicht so viel und sein Körper konnte ein wenig ruhen. Er brauchte alle Kraft, die ihm zur Verfügung stand, sonst würde er die Nacht niemals überstehen. Sie dankte ihre Großmutter, die ihnen ein Geheimrezept der Indianer da gelassen hatte. Der Ureinwohner Kaliforniens. Ohne diese wäre er bestimmt gestorben. Aber ihre Großmutter hatte schon das schlimmste Kriegsverletzten vor dem sicheren Tode bewahrt.
 

Die ganze Nacht verbrachten beide an seiner Seite. Das schlimmste war wohl die Schussverletzung. Ehe sie die Versorgung abgeschlossen hatte, stellte sie keine Fragen, doch danach…

„Wie ist es eigentlich dazu gekommen? Er war doch sonst immer viel zu flink, als dass eine Kugel ihn mehr als gestreift hätte?“ Sie saß neben Diego und hielt seine Hand in ihrer. Sie streichelte sanft darüber und die Wut schien wie verflogen. Jetzt wollte sie nur noch, dass er die Nacht überlebte, dann standen seine Chancen ziemlich gut. Sie hatte noch nie in ihrem Leben eine Kugel aus dem Fleisch eines Menschen entfernt. Doch irgendwann war immer das erste Mal.

„Nachdem er mit diesem Monster gekämpft hat, kam die Armee. Der Sturz vom Dach ist schuld daran gewesen. Er ist nicht wieder aufgestanden, da habe ich ihn mit Viento einfach hinter uns hergezogen. Und diese feigen Hunde haben dann…“ Bernardo brach die Stimme und holte tief Luft. Auch er bewies, dass er keine Heulsuse war, obwohl ihm sehr wohl zum Heulen zumute wäre. „…haben sie geschossen… Mehrmals… Ich würde es als unglücklichen Treffer bezeichnen…“

„Diese feigen Schweine! Wahrscheinlich war dieser Gabriel wieder bei ihnen… Er war ihm doch von Anfang an ein Dorn im Auge… Weil ich…“ Lolita verstummte und blickte an sich hinab. Ich bin schuld daran. Ich habe seinen Hass auf Zorro ja schließlich sogar noch geschürt… Wie schrecklich… Er hat es auch meinetwegen auf ihn abgesehen…

„Er gab den Feuerbefehl…“

Lolitas Gesicht huschte zur Seite zu Bernardo. Obwohl es sie nicht schocken durfte, war sie erzürnt. Am liebsten wollte sie… Ja sie wollte… Gabriel die gleiche Behandlung zukommen lassen. Ihn erschießen… „Dieser…“

Sie sah besorgt zu Diego hinab. „Nur was machen wir, wenn die Armee wieder kommt? Sie dürfen ihn auf keinen Fall finden… Wir können ihn erst einmal aber auch nicht bewegen. Er muss so bleiben… bis er sich erholt hat und bei Bewusstsein ist.“ Die Besorgnis wälzte sie fast nieder. Er wäre ihnen jetzt schutzlos ausgeliefert.

„Lass uns einfach hoffen, dass ihnen dieser Kerl wichtiger als Zorro ist… Sie haben ja auch auf ihn geschossen und obwohl er verletzt war, von ihm abgelassen. Die haben nur Angst, dass alles rauskommt. Zorro ist denen gerade ziemlich egal.“ Es war ein Glück, sie durften sich darüber nicht beschweren.

„Du solltest schlafen, Bernardo. Ich pass solange auf ihn auf…“

„Glaubst du im Ernst, dass ich auch nur ein Auge zubekomme? Nein, geteiltes Leid ist halbes Leid.“
 

In dieser unglückseligen Nacht kam es nicht nur einmal vor, dass die Arme wie der Teufel an ihnen vorbei ritt und ihnen die Angst in sämtliche Glieder fahren ließ. Sie suchten noch immer nach dem Spion. Aber sie suchten zum Glück nicht den Wald ab bis zum Morgengrauen. Aber eine ruhige Nacht war es nicht. Für keinen von ihnen.

Und sie machten kein Auge zu, wie Bernardo gesagt hatte. Sie hielten den Verletzten im Auge. Mitten in der Nacht bekam er dann auch noch Fieber und sie mussten sich um dieses kümmern. Er machte ihnen ziemlich viele Sorgen.

So verging die unruhige Nacht, bis zu den Zeitpunkt, indem ihr tapferer Held entschloss endlich die Augen zu öffnen…
 

„Oh, er kommt zu sich…“ Diego glaubte es wahrscheinlich selbst nicht, aber er hatte wie durch einen Schleier Bernardos Stimme gehört, doch sehen konnte er ihn nicht gleich. Alles war verschwommen und trübe.

„Ich hoffe, dass es ihm bald besser geht. Ich habe ihn nach einem Rezept, das ich von meiner Großmutter habe behandelt. Ich glaube er wird wieder gesund.“

Sein Kopf hob sich minimal, zu mehr war er gerade nicht im Stande. Er wandte sich etwas mit dem Kopf zur Seite und erfasste das engelsgleiche Gesicht, was ihn so sanft anlächelte. „Lolita…“ Er konnte sein Glück und sein Unglück zur gleichen Zeit nicht fassen. Nur zu deutlich spürte er, dass er die Maske nicht trug. Ein Blick abwärts seines Körpers verriet ihm, dass er ärztlich versorgt worden war. Aber er fühlte sich schwach. Zu schwach für eine Auseinandersetzung. „Du bist hier…“ Seine Stimme war genauso schwach, wie der Rest seines Körpers. Diese unendliche Schwere, die ihn gänzlich einhüllte. Sie nickte nur ganz zaghaft und sein Blick huschte hinüber zu Bernardo. Diego wusste einfach, dass es keine Ausflüchte mehr gab und er nicht mehr leugnen konnte. So ignorierte er für den nächsten Moment den tiefen Wunsch, sie um Verzeihung zu beten. „Konnte der Bursche fliehen…?“ fragte er stattdessen. Stets nur um seine Mission bemüht. Dazu verdammt, seine Gefühle hinten anzustellen. Auch dieses Mal dachte er an nichts anderes…

„Die Soldaten haben noch bis zum Morgengrauen nach ihm gesucht… Er war wie vom Erdboden verschluckt…“

Diego nickte. Sein Blick erfasste erneut Lolita und seine Augen sahen sie mit diesem traurigen Schimmer an. Er wusste um seine Lage. Sein Blick bat sie bereits um Verzeihung. Es tat ihm wirklich Leid, obwohl er sich nie gewünscht hatte, dass sie es erfuhr. Er hatte sich ganz andere Dinge gewünscht.

„Kannst du mir mein Geheimnis verzeihen?“ Die Frage kam todunglücklich über seine Lippen. Es gab nichts, was er mehr fürchtete, als dass sie ihm nicht verzeihen würde…
 

So eine dumme Frage. Dafür möchte ich dich schlagen, mein Lieber… Lolita konnte nicht fassen, dass er so etwas wirklich fragte. Sie war eine Begnadete Schwindlerin und Schauspielerin. Schon als Kinder hatten sie ihre Eltern immer hinters Licht geführt.
 

Diego glaubte eigentlich, dass sie nun überglücklich sein müsste. Er war ihr Held, den Mann, von dem sie immer geträumt hatte… Da war er natürlich mehr als nur überrascht und geschockt, als sie davon sprach, sich die Sache noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Da ging er schon fast drauf und sie wollte ihn noch weiter bestrafen. Aber eigentlich konnte er es ihr nicht verübeln, dass sie jetzt wütend auf ihn war.

„Ich dachte immer, dass wir drei so was wie Freunde wären…“

Es machte ihn ungeheuer traurig, dass sie nicht die Notwendigkeit seiner Lüge sah. Dass sie nun sogar an ihrer Freundschaft zweifelte. Die Last der Trauer machte es schwer und die wog stärker als die Schmerzen kurz unterhalb der Brust, oder die in seinem Rücken. Und er fühlte sich nicht einmal danach, in Tränen auszubrechen. Aber es tat weh und das sagte sein Gesicht auch. „Das sind wir auch…“, antwortete er nur ganz schwach. Er konnte nicht verbergen, dass ihre Worte ihn traurig gemacht hatten.

Doch nach ihren Worten, sah sie ihn butterweich an, sie konnte ihm beim besten Willen nicht böse sein.

Du bist einfach ein unvergleichbarer Holzkopf…

„Ach, sehr nett war es nicht, du hättest mir ruhig vertrauen können…“

Als wenn er das nicht wüsste. Darum ging es ihm ja auch gar nicht.

Alles hätte so nett sein können. Wäre er nicht so schwer verletzt, wäre sie ihm wahrscheinlich um den Hals gefallen.
 

Lolita versteht es immer noch nicht… Wahrscheinlich wird sie meinen Beweggrund auch nie gutheißen. Und sie wird ihre Meinung auch nie ändern. Sie ist ein solcher Sturkopf… Aber diesen Sturkopf, den liebe ich so sehr…

Er hatte sie darum gebeten, es zu vergessen. Hatte sie darum gebeten, weiterhin so zu tun, als sei er der feige Diego. Weil es einfach zu gefährlich war, wenn sie ihre Gefühle nun so offen auslebte, wie sie es sich wahrscheinlich wünschte.

Aber sie endeten nur damit, dass sie ihre Dominanz mal wieder unter Beweis stellte und ihm ihre Hilfe förmlich auf zwängte… Aber am Ende war er doch ganz froh darum, dass sie ihm in den Fall geholfen hatte. Es war ja doch ganz nett gewesen. Aber er hatte nicht vor, dies zu wiederholen…
 

Diese Nacht würde ihnen ewig im Gedächtnis bleiben. Und auch danach wagte keiner von beiden auch nur zu hoffen, dass irgendetwas zwischen ihnen passierte. Obwohl sich mit einem Schlag alles verändert hatte, so versuchten sie sich nichts anmerken zu lassen.

Übrig blieben nichts als unzählige Gedanken, die sie nicht wagten, einander mitzuteilen. Ein kurzer zärtlicher Moment, der schneller vorbeigegangen war, als die eigentliche Nacht. So vieles hatte er nicht mitbekommen.
 

Auch jetzt denke ich noch daran. Nun, da das Abenteuer der Vergangenheit angehört. Natürlich hat sich der Kerl aus dem Staub gemacht und uns mit leeren Händen stehen lassen. Aber ich schwöre, ich werde den Kampf nicht aufgeben… Aber seine Gedanken gehörten nicht alleine Raymond und seinem Gefährten Gabriel, die eine wahre Gefahr darstellten. Es würde eine harte Zeit auf sie zukommen, das sei gewiss. Zwar hatte Lolita ihm das Leben gerettet. Aber das hatte nichts zu heißen. Verletzt war er noch immer und das würde er wohl auch eine Weile sein. Es blieb nur zu hoffen, dass nun vorerst Ruhe einkehrte, ansonsten war er dazu gezwungen einzugreifen…

Verdachtsmomente

Die Uhr schlug bereits weit über die Mittagsstunde hinaus. Maria stampfte durch das Haus. Sie hatte diesen Faulpelz bereits mehrere Male gerufen, aber er hatte ihr keine Antwort gegeben. Jetzt schlug’s aber 13, im wahrsten Sinne des Wortes. Lolitas frommen Worte hin oder her, sie würden diesem Bengel nun Beine machen… Sie riss die Zimmertür auf, baute sich vor Diegos Bett auf und tippte unruhig mit dem Fuß auf und ab. „Wann gedenkt der gnädige Herr endlich aus dem Bett aufzustehen! Es ist bereits Mittag!“ Maria war ungnädig und zog Diego die Bettdecke weg. Dieser murrte sogleich und meckerte. So einen ungezogenen Bengel hatte sie lange nicht erlebt. In diesem Alter und dann nur so faul herumhängen. Sie wollte ihn nicht wie Hochwohlgeboren behandeln, auch wenn es ihm zustünde. Ein junger Herr musste arbeiten, seinem Vater helfen. Er wurde immer älter und gebrechlicher, da ging es nicht, dass sein Sohn faul im Bett lag. Im Eifer des Gefechtes übersah die Küchenfee leider auch das Glänzen auf Diegos Stirn und auch, dass er nicht gewollt faul war. Es ging ihm einfach nicht sonderlich gut, aber er ließ sich nichts anmerken und stand dann aus dem Bett auf. Bernardo war schon den ganzen Morgen draußen und erledigte, was man ihm aufgetragen hatte. Sie war ja so froh, dass sie ihn hatte und er anders als Diego zu etwas nutze war. Als sie sich bei Don Alejandro dann aber über Diego ausließ, ließ dieser dem Anschein nach keine Wou Raymond eine wahrte gelten.

„Das Einzige, was ich mir wünsche, das Diego jetzt tun sollte, ist einen guten Schwiegersohn abgeben. Das ist, was ich mir wünsche. Schick ihn doch zu den Pulidos, er soll ihnen etwas zur Hand gehen. Bei was auch immer Carlos einfällt. Da kann er wenigstens dort einen guten Eindruck hinterlassen und vielleicht hilft es Lolita ja auf die Sprünge.“ Er schien bester Laune, denn in Alejandros Augen hatten sich so einige Dinge verändert. Vor allem Lolitas Verhalten gegenüber ihrem Sohn. Sie schien ihm diesen schätzen gelernt. Und sein Sohn war zweifellos daran interessiert, einen guten Schwiegersohn abzugeben. Er hasste harte Arbeit, aber einen guten Mann abgeben wollte er dann doch, wo er Lolita so sehr mochte.

„So zart und gebrechlich wie mein Sohn sich immer gibt, muss ich mir ernsthafte Sorgen machen, dass er stirbt, bevor er mir Enkelkinder schenkt.“ Obwohl er es mit einem Lächeln gesagt hatte, sorgte sich sein Vater in Wirklichkeit sehr darum, dass sein Sohn sterben könnte. Er sagte es jedoch nicht so direkt.

Maria war jedenfalls ernsthaft entsetzt, dass Don Alejandro seinem Sohn all seine Faulenzereien durchgehen lassen wollte. Aber was wunderte es sie? Sie entstammten dem Geblütsadel. Solche Menschen wussten einfach nicht was es hieß hart zu schuften. Sie vergaß das ziemlich oft, da die Hausherrin ein sehr liebevoller, aber auch fleißiger Mensch gewesen war. Obwohl sie ebenfalls dem Adel entstammte, hatte man ihr das selten angemerkt. Sie grüßte die einfachen Leute, so wie sie ihren Gleichen gegrüßt hatte, ohne den kleinsten Missmut, als seien alle gleich. Allerdings musste sie sagen, zeigte Diego ganz genau die gleichen Züge. Alejandro konnte der hochmütige Adelige sein, doch Diego war niemals gefährdet. Manchmal war er genauso, wie die Bauerssöhne – leider zur Schande aller. Dann war er wieder die Galanz in Person, oder der edle Mann aus Spanien. Er hatte bereits so viele Fassetten gezeigt, dass sie sich manchmal sehr über den jungen Herrn wunderte. Leider hatte er wegen Bernardo ganz viel Blödsinn im Sinn. Man musste die beiden einfach mal eine Weile voneinander fernhalten, dann war Diego der Vorzeigesohn schlechthin.
 

Kurz nach dem Mittagessen, was sehr mager ausgefallen war für ihren Geschmack, verkündete Diego seinen Mittagsschlaf zu brauchen. Sie glaubte es kaum, denn er war ein junger Bursche. Er war doch kein alter Mann und trotzdem ließ er sich so gehen.

Doch im Gegensatz zu Maria kannte Don Alejandro seinen kränklichen Sohn. Und er war gewillt sein Spiel mit ihm zu spielen. Er hielt Maria davon ab, dass sie seinen Sohn allzu sehr stressen konnte. Ihre Erziehungsmethoden waren in seinen Augen gerade überflüssig. Seinen Sohn plagte etwas ganz anderes, als seine Faulheit. Er hatte es ihm angesehen, er log nicht, wenn er sagte, er fühle sich erschöpft. Und das bereitete dem alten Mann wirklich Sorgen.

So viele Dinge, worüber er nachts grübelte. Sein Sohn hatte sich merkwürdig verändert. Früher war einer der gesündesten Jungs gewesen und nun sollte er so wehleidig sein, ein Feigling noch dazu. Ein Drückeberger. Das passte einfach nicht zu ihm.

Nachdem Diego auf sein Zimmer gegangen war, folgte Alejandro ihm. Durch einen Spalt der Tür sah er ihn, er lag auf dem Bett. Die Decke nur ein kleines Stück über die Beine gelegt und hielt sich die Seite. Er keuchte und schien unter Schmerzen zu leiden… Doch wirklich den Mut, ihn zu fragen, was er hatte, den hatte er in dem Moment nicht. So oft schon hatte er gehört, wie sein Sohn sich des Nachts davon geschlichen hatte… Seinem alten Herrn Vater konnte er nicht so anschwindeln…

Dann noch Lolitas manchmal sehr merkwürdiges Verhalten. All die Heimlichtuereien waren ihm nicht im Verborgenen geblieben.
 

Gegen 17 Uhr stahl sich Diego doch noch einmal aus seinem Zimmer und passierte die Treppe, was seines Vaters Aufmerksamkeit auf sich zog.

Er unterhielt sich im Flur mit Bernardo…

„Das heißt, es ist ruhig in der Stadt? Ich muss mir keine Sorgen machen? Ja, das ist sehr gut. Ich dachte schon… Aber was planen sie, wenn sie so inaktiv sind? Da ist doch etwas faul…“ Worüber sie genau redeten, war zwar unbekannt, aber er könne schwören, dass es dabei um Raymond und Gabriel ging.

„Das einzige, was mir ja Sorgen macht, ist das Dauergrinsen von diesem Gabriel, als sei etwas Tolles passiert.“

„Ach, das kann ich dir erklären“, Diego sagte es spöttisch und verschränkte dabei die Arme. „Das ist die Freude darüber, dass sie Zorro angeschossen haben. Wahrscheinlich halten sie ihn jetzt für tot und Gabriel glaubt, dass er jetzt endgültig bei Lolita punkten kann.“

„Der Kerl ist widerlich… Willst du nichts dagegen unternehmen?“

„Um mir Ärger einzuhandeln? Nein, besser nicht. Lolita kennt Mittel und Wege diesem Kerl die kalte Schulter zu zeigen. So viel Vertrauen müssen wir in sie einfach haben. Sie macht das schon.“

„Und wenn er sie wieder erpresst?“ befürchtete Bernardo und sah dabei Diego traurig und besorgt an.

„Das wagt er wohl kaum… Er will ironischerweise von ihr gemocht werden, deswegen ist er immer so zuckersüß. Absolut Ekel erregend.“

„Schleimer…“ Bernardo rollte mit den Augen.

„Nur zu dumm, dass Lolita nicht so einfältig ist, um auf sein schleimiges Getue reinzufallen…“ Diego begann zu lachen, doch dieses stoppte abrupt, als er einen Schmerz verspürte, der ihm das Lachen zunichte machte.
 

Alejandro hatte die gesamte Konversation mitangehört und merkte durchaus die Ernsthaftigkeit, in der die beiden Jungs miteinander sprachen. Ganz anders, als er mit ihm sprach. Er hätte nie so offen über die Armee mit ihm gesprochen. Aber, dass Lolita ihnen treu ergeben war, hörte er gerne. Allerdings könnte er schwören, dass sein Sohn irgendetwas hatte… so hatte sein Lachen viel zu plötzlich mittendrin gestoppt.

Ist er verletzt? Warum sagt er nichts? Hält er uns für einfältig?
 

Lolita unterdessen befand sich zu Hause in der Hacienta. Sie machte sich viele Gedanken. Die meisten kreisten um Diego. Ihren Diego. Es waren sowohl traurige Gedanken, als auch schöne Gedanken. Sie erinnerte sich an all die Begebenheiten, die ihr schon so lange spanisch vorgekommen waren. Warum sie daran gezweifelt hatte, ihm seine Maskerade abzukaufen. Er war ein kleiner Schauspieler, ein begnadeter. Aber sie, sie war auch nicht so dämlich, wie man sie oft hielt. Nur weil sie eine Frau war, sie nicht ernstzunehmen… Aber dazu neigten die Männer dieses Landes leider. In Frankreich wurden Frauen sehr viel ernster betrachtet, als hierzulande.

Dennoch, ihre Wangen glühten noch jetzt feuerrot, wen sie daran dachte, als er auf der Plaza erschienen war, um gegen Gabriel zu kämpfen. Um ihren Kuss zu gewinnen. Er hatte gesagt, er brauchte den Gewinnerpreis nicht, nur ihren Kuss… Er war so charmant. Sie konnte sich Diego kaum so charmant vorstellen, er hatte nie so unverfroren mit ihr geflirtet. Aber zu feige, zuzugeben, dass er sie liebte, war er auch nicht. Was also war los mit diesem Mann? Man hielt Zorro für einen unwiderstehlichen Casanova, der so mancher Frau den Kopf verdrehte, einschließlich ihrer Wenigkeit. Sogar die Schmiedin schien in ihn verliebt… Nicht, dass es ihm noch zu Kopf stieg und er sich etwas einbildete… Oh Gott bewahre. Das musste sie einfach verhindern… Doch Diego war ein schlauer Fuchs, ihm konnte man so schnell nichts vormachen. Das hatte er so manches Mal bewiesen…

Mit einem Besucher rechnete sie nicht. Doch als sie Stimmen hörte, stand sie in freudiger Erwartung es sei vielleicht Diego auf und rannte aus dem Zimmer. Mit einem freudigen Lächeln im Gesicht. „Papa, wer ist denn da?“

Noch ehe Carlos seiner Tochter antworten konnte, sah sie das Gesicht des Rotschopfes. Der Mann mit dem ungezähmten Zottelkopf und dem Bart. Ihr freudiger Ausdruck im Gesicht wich Verwunderung. Es war der Capitan. „Captain Jekyll, was führt Euch in unser Haus?“ fragte sie gleich frei heraus und dieser verneigte sich kurz vor der Señorita.

„Señorita Lolita, entzückend wie eh und je.“

Lolita wurde rot. Es schockte sie ziemlich, dass er sie entzückend nannte und fast den gleichen Ton in der Stimme hatte, wie Gabriel, wenn er plante mit ihr zu flirten… das war hoffentlich ein schlechter Scherz, dass er nun auch…?
 

Doch Lolita täuschte sich, wenn sie dachte, Jekyll war gekommen, um ihr den Hof zu machen. Er hatte es als Vorwand genommen, um bei der Señorita vorsprechen zu dürfen, ohne dass ihre Eltern die ganze Zeit anwesend waren. Sie vertrautem dem Oberst. Alle wussten, dass er ein rechtschaffener Offizier mit Ehre im Leib war. So ließen Carlos und Catarina Pulido den Oberst mit ihrer Tochter alleine in den Salon.

Sie bot ihm Tee an und war nett und höflich, wie man sie erzogen hatte. Trotz ihres oft impulsiven und aufmüpfigen Verhaltens konnte sie ebenfalls charmant sein, eine richtige Señorita eben von edler Herkunft. Schließlich sollte sie mal einen erstklassigen Ehemann bekommen. Sie könnte niemals einen Mann wie Alejandros Sohn zum Gatten bekommen, hätte man sie nicht hervorragend erzogen.

Jedoch fiel Jekyll nicht gleich mit der Tür ins Haus, er wollte die junge Dame in Sicherheit wiegen… Sie plauderten Nebensächliches, wie der hübsche Garten. Redeten ganz beiläufig über Don Diego de la Vega und dessen Vater.

Bis er schließlich entschied ihr auf den Zahn zu fühlen.

„Ich hörte, dass Don Alejandos Sohn seit Tagen nicht das Haus verlassen hat. Fehlt ihm etwas? Wisst Ihr das zufällig, Señorita?“ Er klang augenscheinlich besorgt um den jungen Don.

Lolita sah ihn verblüfft an und schüttelte dann den Kopf. „So genau weiß ich es nicht, aber ich habe nichts dergleichen gehört. Bestimmt ist er einfach nur zu faul und hat Angst vor einem Sonnenstich.“ Sie lächelte und lachte dann ganz leicht.

„Wäre das mein zukünftiger Mann, würde ich das nicht so witzig finden…“, meinte er ernst und sah sie dann durchdringlich an.

„Aber, ich möchte nun ehrlich zu Ihnen sein, Señorita. Ich bin hergekommen wegen einer bestimmten Begebenheit, an die Sie sich doch sicher erinnern. Wir sind uns am Hafen begegnet.“

Lolita schluckte und fühlte sich ertappt und ihr Gesicht wurde gleich ein wenig blasser. „Wieso fragt Ihr, Oberst?“

„Ganz einfach! Ich möchte Sie rügen! Sie haben wissentlich diesem Zorro zur Flucht vor der Armee geholfen. Euer Vater sollte Euch dafür übers Knie legen. Ihr wisst, dass es strikt verboten ist, diesem Banditen zu helfen! Raymond lässt jeden HINRICHTEN, der ihm hilft. Ihr seid Euch hoffentlich der Gefahr bewusst? Nun, ich mag Euch… Ich möchte nicht, dass Ihr Euer Leben so leichtfertig aufs Spiel setzt.“

Lolita glaubte ihm. Er war ein ehrlicher und aufrichtiger Mann. Jemand, der das Herz am rechten Fleck hatte, wie Diego. Eigentlich wollte sie ebenso ehrlich mit ihm umgehen, aber das ging nicht. Sie konnte und durfte Diego nicht verraten, in keiner Weise…

„Das wird nichts nützen…“, sagte sie, doch um genug Ehrlichkeit bemüht, die er sich verdient hatte, seit er in diese Stadt gekommen war. „Ich bin hoffnungslos in unseren Banditen verliebt… Ich würde zur Hölle und zurück für ihn gehen…“, sie lächelte, schaute den Rothaarigen dabei aber nicht an, doch ihre Gesichtzüge verrieten, dass es die Wahrheit war. „Selbst wenn es heißt, dass ich als Komplizin von Zorro angeprangert werde… So würde ich es wieder tun, SIR!“

Der ältere Mann schloss die Augen, dabei lächelte er lammfromm. „So etwas dachte ich mir, dennoch wird er als Geächteter gehandelt. Sei also auf der Hut. Es wäre schade um so ein hübsches Mädchen, wie Euch.“ Als er die Augen wieder öffnete, schaute er sie traurig an. „Leutnant Gabriel, dieser gemeine Schuft hält Zorro im Übrigen für tot. Und er wird nicht lange zögern, Euch zu besuchen. Lasst Euch besser schnellst möglich öffentlich mit Eurem Freund Don Diego verloben. ÖFFENTLICH, so dass er es auch mitbekommt. Er wird schäumen vor Wut. Aber er müsste sich fügen. Ansonsten müsstet Ihr ihn abermals abweisen, das würde er wahrscheinlich noch weniger gut verdauen. Er glaubt wirklich, dass er Chancen hätte, wenn er Zorro erledigt. Sein Eifer diesen Mann dem Erdboden gleich zu machen hat nichts mit Pflichtgefühl zu tun. Es ist mehr der Ehrgeiz eines Mannes, der sein Herz an Euch verloren hat…“ Er missbilligte dies. Dieser Mann hatte keinerlei Ehre im Leib. Gonzales hatte ihm davon erzählt, mit welchen miesen Tricks und Intrigen er versucht hatte Señorita Lolita sich gefügig zu machen. Sie liebte ihn nicht, er sollte sie in Frieden lassen. „Und Diego ist doch ein netter Kerl, nicht wahr?“ Im Gesicht des Mannes war ein seichtes Lächeln getreten. „Man kann ihm vertrauen, nicht wahr?!“ Die Worte klangen so seltsam, dass sie sie nicht voreilig beantwortete…

Lolita schluckte, denn irgendetwas in seinem Gesicht ließ sie zweifeln, ob sie diese Frage nicht besser unbeantwortet lassen sollte. Es kam ihr geradezu vor, als wisse er etwas. Noch vorhin hatte er nach Diegos Befinden gefragt. Dann erzählte er ihr von Zorro, den man für tot hielt…

„Diego ist sicher willig, mir im Zweifellsfall zu helfen, falls der Leutnant sich ungebührlich aufführen sollte. Seit euch dem gewiss. Er mag nicht sonderlich mutig sein, aber er weiß, wann seine Hilfe erforderlich ist. Er hat meinem Vater schon einmal aus der Patsche geholfen und sich dabei in Gefahr gebracht. Ich weiß ihn als guten Freund zu schätzen.“ Es fühlte sich schrecklich an, so zu lügen. Und sie hoffte, dass man ihre Gefühle ihr nicht an der Nasenspitze ansehen konnte.

„Diego ist kein Feigling“, sagte Jekyll jetzt und schüttelte den Kopf. „Man schätzt ihn falsch ein. Davon bin ich überzeugt.“

Dieser Mann war nicht so dämlich wie die anderen. Es war erschreckend, aber zugleich ernüchternd. Sie hatte keine Angst, dass er Diego anprangerte, obwohl sie glaubte, dass er etwas ahnte, Beweise hatte er keine, oder?
 

Jekyll hatte Diego beobachtet, seit dem ersten Tag. Seit sie gemeinsam in der Kutsche waren. Als die Banditen sie angriffen, war er ganz ruhig gewesen. Wenn dieser junge Mann ein Feigling war, dann hatte er sich verdammt gut im Griff gehabt an diesem Tag… Jeder Feigling hätte gejammert, wenn eine Horde berüchtiger Banditen sie angreifen wollte… Und das hatte garantiert nicht mit Gonzales und seiner eigenen Anwesenheit zu tun…

Die Dorfbewohner hatten Diego als frechen Lausejungen in Erinnerung. Das war der eigentliche Grund, weshalb er sein TUN nicht ernst nehmen konnte. Zorro war unverschämt zu ihm gewesen – wie ein Lausejunge. Noch immer trug er es ihm nach. Seine Begrüßung. Die meisten Offiziere seien Strolche. Ob er denn genauso wäre, oder eine Ausnahme… Er wollte diesem Kerl bestmöglich den Hintern versohlen, was sein Vater offensichtlich versäumt hatte. Dennoch musste er sich eingestehen, dass er Hochachtung davor hatte, was Zorro für diese Stadt tat. Kurzum, er war weit davon entfernt, ihn zu hassen. Und seine Lust, ihn zu schnappen war sehr milde ausgeprägt… Aber seine Taten billigen konnte er dennoch nicht. Er war Offizier mit Leib und Seele. Er hatte sich seiner Arbeit verschrieben. Also musste er ihn eigentlich festnehmen, sobald er ihn zu Gesicht bekam. Und die junge Dame müsste er als seine Komplizin auch Dingfest machen. Doch es widerstrebte ihn. Er wollte sie warnen. Dass sie sich auf dünnem Eis bewegte.

„Richtet doch Don Diego aus, er soll auf der Hut sein.“ Er hatte entschieden aufzustehen und es darauf beruhen zu lassen. Obwohl er todsicher war, dass die beiden gemeinsame Sache machten und all ihre Streitigkeiten in Grunde nur eine Show waren. Eine Tarnung, um Zorro zu decken. Es war nun einmal ein Fakt, dass wann immer Zorro auftauchte, von Diego jegliche Spur fehlte… Und er war mindestens genauso vernarrt in Lolita wie Diego. Auch er war nicht zu blind, das zu erkennen. „Nehmt Euch in Acht. Es ist nur eine Frage der Zeit, dass auch Gabriel auf dumme Gedanken kommt. Leider ist er nicht so ehrenhaft wie ich es bin. Er würde ohne mit der Wimper zu zucken bei dem kleinsten Verdacht Diego einbuchten, oder gar hinrichten lassen. Er ist ihm schon lange ein Dorn im Auge, wie Ihr wisst… Immerhin habt Ihr ihm den Vorzug gegeben. Es wäre für Gabriel wie ein Festtag, sollte sich herausstellen, dass er Zorro ist. Ich wage zu hoffen, dass ich mich irre.“

Er hatte es gesagt, noch während er sich zum Gehen gewandt hatte…

Lolita blieb zurück mit dem Schock. Sie wusste nicht, ob sie es ihm sagen sollte. Aber wahrscheinlich sollte sie. Sie war unsicher. Der Oberst war ein ehrlicher, aufrichtiger Mann. Er musste doch die Dringlichkeit sehen, mit der Zorro agierte. Sie rannte ihm nach und packte ihn an der Schulter. Fest entschlossen. „Zorro würde all dies nicht tun, wenn einige der Offiziere so ehrbar wären, wie Ihr es seid! Ihr könnt die Augen nicht davor verschließen, dass Gabriel und Raymond eine wahre Gefahr für uns sind, oder?“

Stehen geblieben war er und noch schwieg er. „Pfah!“ gab er schnippisch von sich. „Wenn das sein Grund ist, muss ich ihn loben! Auch ich warte auf einen Fehler, damit ich die beiden ihrer gerechten Strafe zuführen kann. Es ist mir dabei einerlei, wer sie überführt, solange es der gerechten Sache dient!“

„Diego würde NIEMALS Unrecht begehen! Darauf gebe ich mein Wort… ich darf mir einbilden, ihn seit meiner Kindheit zu kennen. Er ist der liebevollste Mensch, den ich kenne. Er würde selbst dem Feind helfen, sei er in Not…“

Er wollte nicht fragen, ob er Recht hatte. Ob Diego Zorro war. Er wollte es gar nicht so genau wissen…

„Passt auf Euch acht, Señorita. Ich meine das ehrlich…“ Daraufhin verließ er die Hacienta und Lolitas Mutter kam ganz aufgeregt auf ihre Tochter zu und diese fiel auf der Treppe zu Boden und blieb sitzen. Sie antwortete ihrer aufgeregten Mutter nicht. Sie hoffte, dass sie alles richtig gemacht hatte und er jetzt nicht auf dem besten Wege war, Diego zu verhaften… Dass sie sich nicht in ihm getäuscht hatte…

„Kind, was hast du? Fühlst du dich nicht?“ war ihre Mutter nun gleich besorgt und sie sah auf, lächelnd.

„Nein, alles gut. Ich hatte nur zu wenig gegessen.“

„Was hat er denn jetzt gesagt? Hat er seine Aufwartun-!“

Lolita begann zu lachen. „Ach wo denkst du hin? Er ist doch viel zu alt für mich!“ Sie lachte noch immer, doch dann lächelte sie traurig. „Es ging ihm nur um Zorro, nicht um mich…“

„Verdächtigt er dich etwa?“ Señora Pulido war ernsthaft besorgt, wie man sehen konnte.

„Keine Sorge, selbst wenn, er wird mir nicht schaden. Er mag mich.“ Sie lächelte und wollte ihre Mutter nicht beunruhigen, deswegen sagte sie ihr nichts weiter, als nur das…

Vorspiele

Nicht nur das Fieber, welche die Sommerhitze mit sich brachte, kostete Diego und Lolita den erholsamen Schönheitsschlaf. Auch die Hitze ihre Liebe quälte sie des Nachts. Sie trafen sich des tags wie gewohnt in der Stadt. Die glühende Hitze um sie herum. Beide waren mehr als vorsichtig, sich keine verliebten Blicke zuzuwerfen, jene Blicke, die Lolita Zorro stets zugeworfen hatte. Es wäre einfach zu riskant und mit ihnen war die Angst, entdeckt und entlarvt zu werden, in ihrer stillen Verbindung wussten jedoch beide, dass sie dem jeweilig anderen gehörten. Diesem Vorhaben zum Trotz, ein jedes Mal, wenn der Vorhang des Tages gefallen war, kamen sie zu ihrem eigentlichen Verhalten zurück, welches sie sie des Nachts einläuteten. Der Vorhang war gefallen und ihre Show vorüber, sobald der Tag endete und sie sich unentdeckt und heimlich auf Pfaden bewegten, die weniger besucht waren. Es war jedoch ziemlich ungezogen von einer jungen Senorita alleine des Nachts mit einem Mann spazieren zu gehen, und oh Gott bewahrte, das Pferd mit ihm zu teilen. Und doch war es genau so. Sie hielt die Zügel, saß gepresst an seinen Schoß auf dem Pferd und seine Hände hielten sie in einer engen Umarmung. Sie ritten, ohne großartig nachzudenken durch Wälder und Tal. Entlang der Felder und Wiesen, bis sie so erschöpft waren, dass sie die kühle Nachtluft benötigen, um wieder Luft zu bekommen. Der streichelnde Wind, der sanft ihr Gesicht passierte, beruhigte ihre erhitzten Gemüter und linderte das Fieber, was sie beide so stark befallen hatte. Es war ganz und gar nicht Diegos Art, so dachte sie, so schnell schlapp zu machen, doch schnappte er ziemlich hektisch nach Luft und brauchte wohl die Pause, also stieg er ab und sie wäre gerne in seine Arme gesprungen, auf direktem Wege vom Pferd hinein in dieses Vergnügen. Doch sie wusste, die kleinste dumme Bewegung wäre fatal gewesen, so wusste sie noch immer, dass ihr Liebster verletzt war. Also stieg sie ganz langsam vom Pferd, ließ sich hinabgleiten, zu ihm. Obwohl sie nahe bei ihm war, berührten sich ihre Körper kaum.

„Hui“, meinte sie und fächerte sich Luft mit der hand zu. „Das war ein aufregender Ritt, so wie früher, Diego.“ Ja, es erinnerte sie an jene Tage, als sie noch jung und wild gewesen waren. Zum Trotz ihrer Eltern immer zusammen waren. Obwohl es sich für eine junge Dame nicht schickte, mit ihrem besten Freund irgendwelche Abenteuer zu bestreiten. Dabei war es nur von Vorteil, sich einen noblen jungen Mann warm zu halten, den man später mal heiraten konnte. Lolita wusste schon damals ganz genau, dass sie ihren Helden aus Kindertagen heiraten wollte. Während seiner Abwesenheit hatte sie ihren Vater um geduld gebeten. Auf seine Rückkehr zu warten, bevor er entschied, welcher Kandidat für sie bestimmt sein sollte. Und er hatte den Wunsch seiner Tochter akzeptiert, zumal die de la Vegas ein hohes Ansehen genossen, das höchste wahrscheinlich in Kalifornien. Es war also eine sehr weise Entscheidung, die keinerlei Widerstand vermochte. Dass er als fauler Taugenichts wiederkehren würde, konnte sie ja nicht ahnen. Und das alles nur, um die Armee hinters Licht zu führen. Aber Lolita sah schnell ein, dass dieses Verhalten klug gewesen war… So war Diego kaum da, dass dieser Gabriel ihn zum Duell forderte, auf Leben und Tod. Eine schreckliche Erkenntnis, die sie auch jetzt wieder beschlich. Dieser Mann war gefährlicher als es den Anschein machte. Gefährlich für sie beide. Er durfte niemals von ihren Gefühlen zueinander erfahren, was sich als schwierig erweisen würde, sobald Diego offiziell ihr einen Heiratsantrag machte, den sie so ungern ausschlagen wollte. Es war ihr Los, dann seine wenig romantischen Avancen zu akzeptieren, aus Pflichtgefühl. Obwohl sie viel lieber ihre stillen Sehnsüchte mit ihm teilen wollte und sie in die Welt am liebsten hinausgeschrieen hätte. So begab sie sich in dieser stillen und ruhigen Nacht vorsichtig in seine Arme und bettete ihren Kopf an seiner Brust. Er hielt sie, stumm mit Worten, aber so gesprächig in seinen Taten, als sich seine Arme so fest um ihren Körper schlangen, wusste sie, ihn quälte die gleiche Sehnsucht, die sie nachts nicht mehr schlafen ließ. Obwohl es bloß eine Umarmung war, die ihre geteilten Sehnsüchte niemals stillen konnte, war es ein kleines bisschen tröstend. Sie wusste nicht mehr, wie lange sie sich von ihm so halten ließ, denn sie wollte am liebsten nie mehr aus seinen Armen entweichen.
 

Er lehnte an einem Pferde-Zaun, hatte ihr gemeinsames Pferd festgebunden, um ganz auf sie fixiert zu sein. Neben ihnen fraß das braune Ross vom Gras um sie herum.
 

„Deine Eltern werden sich sorgen, wenn du nicht zeitig nach Hause kommst, Lolita.“

Dabei klang seine Stimme ein wenig traurig, aber er wusste um seine Pflicht, sie bald nachhause zu bringen. Und sich für die späte Stunde zu entschuldigen. Und doch wusste er, es war okay. Oder würde okay sein. Ihre Eltern wünschten sich, dass ihre Tochter vernünftig wurde und endlich ja zu dieser Heirat sagte. Sie billigten dieses Verhalten also nicht nur und würden es mehr begrüßen. Sie hatten schon so manches Mal versucht, Diego in eine Falle zu locken. Wenn etwas passiert wäre, hätten sie wohl eher vor Freude gejubelt, statt ihn zu rügen. Dennoch schickte es sich nicht, doch das war Doña Pulido ziemlich einerlei, solange die Heirat dann stattfand. Und sei es wegen der unglücklichen Umstände, dass Diego nun einmal Lolita liebte und sich nicht mehr zügeln konnte. Er wusste um diese Pläne, doch er plante seine Liaison nicht mit einer Schande oder irgendwelcher Unehre zu beginnen. Sein Abenteuerliches Verhalten hatte er in Spanien zurückgelassen. Dort hatte er so manche Schandtat begangen. Also als wirklich sündlos konnte man ihn nicht mehr bezeichnen. Er war ganz ein Mann, in jeder Hinsicht. Hätte er gewollt, so fragte er sich, wäre er wohl erfolgreich gewesen? Lolita pflegte ja stets zutun, was sie sich wünschte und sei es noch so schändlich und ungehörig. Sie war ein unartiges Mädchen, schon so oft, aber sie hatte sich dennoch alles bewahrt, was ein Mädchen sich bewahren sollte. Vor allem war ihr herz unbefleckt von jeglichem Tadel. Jene Tugenden, die auch sein Vater schätzte, sie besaß sie alle in großem Umfang. Das ehrte sie. Obwohl viele sie verurteilten, gerade wegen ihrer unziemlichen Zuneigung zu Zorro, hielt sie noch immer ihr Haupt aufrecht. Die jungen Damen von edler Herkunft, die sich über sie das Maul zerrissen, seit ihre Familie so tief gefallen war, sie interessierten Diego herzlich wenig. Er würde ihr immer nahe sein, egal wie. Das hatte er sich geschworen damals. Immer zu ihr zu halten, was auch immer geschah. Er hielt sich sichtbar zurück, auch jetzt noch. Er wollte keine Schande über sie bringen, dennoch spürte er diese Sehnsucht, mit der sie sich an ihn gedrückt hatte. Dieser Blick, mit dem sie ihn bedachte, als sie an ihm hinauf schaute und ihre Augen sich trafen. Und dies traf ihn ziemlich hart, seine Augen verrieten all die Gedanken, die er bis jetzt ihr gegenüber gehabt hatte.
 

„Dann sorgen sie sich eben ein bisschen darum, dass ich mit Zorro davon gelaufen bin… So ganz unwahr ist das ja auch nicht, oder, Diego??“ Ihre Stimme klang verspielt und anscheinend wollte sie tatsächlich nun mit ihm flirten.

Der Blondschopf drückte ihr seinen Finger sanft auf die Lippen, um sie zum Schweigen zu bringen. „Bitte, drücke es doch nicht so aus, dann würde ich mich ja gar schrecklich fühlen, solch eine Schandtat ist unverzeihlich.“ Diego merkte, wie er in dieses Verhalten hinein rutschte. Als er sich so poetisch auszudrücken pflegte, merkte sie, dass ihm Poesie und all das feminine Zeug durchaus ein Begriff waren. Dass er sich nicht nur für langweilige Männer-Literatur begeisterte, sondern durchaus Bücher las, die wohl eher für das weibliche Geschlecht bestimmt waren. Anders konnte es auch nicht sein, denn Zorro wusste stets die perfekten Worten zu wählen, um ihr zu schmeicheln. Ganz anders als Diego die ganze Zeit über, der vorgegeben hatte, nichts von Frauen zu verstehen. Nicht einmal ein Kompliment hatte er bisher verkündet.

„Anscheinend hast du doch einen Sinn für Romantik. Bisher hast du dir deine Sinnlichkeit immer nur für deine Maskerade bewahrt. Wieso? Was wäre so schlimm daran gewesen, ein wenig liebevoll zu sein? Hattest du tatsächlich Angst, dass ich eins und eins zusammen zähle und dein Geheimnis entdecke?“ flüsterte sie in einem zwar verständnisvollen, aber auch ungläubigen Ton. „Lass mich doch an deinen Gedanken teilhaben, so wie es früher immer gewesen ist… Hast du nun so ein großes Problem, deine wahren Gefühle zu offenbaren. Glaub mir Diego, bei mir sind sie sicher. Ich würde lieber sterben, als dich jemals zu verraten.“

Das war nicht das Problem, er wusste, dass er ihr vertrauen konnte. Er hatte sich nicht dazu entschieden, faul, dumm und nutzlos zu sein, weil er ihr nicht vertraute. „So ist es nicht…“, fing er an und fuhr dabei sachte entlang ihrer Wange. „…ich wollte auf keinen Fall, dass du dich in mich verliebst. Das wäre gefährlich gewesen“, verriet Diego dann und lächelte sie dabei traurig an. „Zorro sollte man nicht lieben, das wollte ich nicht. Und weil er nun einmal ein Teil von mir ist, dachte ich, eine Hochzeit wäre das Schlimmste, was mir widerfahren könnte. Ich müsste meine Ehefrau in Gefahr bringen, das wollte ich nicht. Ebenso wenig wie meinen lieben Vater. Ich wollte NIEMANDEN in Gefahr bringen. Und du weißt doch, dass die Armee jeden bestraft, der mit einem Rebellen in Kontakt steht. Erinner dich doch nur an den alten Paul… sie wollten ihn hängen, nur weil er einem Aufmüpfigen half… Solche Nichtigkeiten reichen ihnen bereits aus… Es ist nur Gabriels Zuneigung dir gegenüber zu verdanken, dass er bisher nichts unternommen hat. Du bist wie ein offenes Buch mit deinen Gefühlen für diesen Banditen… Ich war ziemlich froh, als du begonnen hast, dich etwas davon zu erholen, was ich dir angetan habe.“ Diego fühlte sich schuldig, denn sein unbewusstes ihr Annähern hatte sie im Grunde am meisten in Gefahr gebracht. Sie musste sich ja in ihn verlieben. Leider war er zu schwach, um diese Gefühle gänzlich abwehren zu können. Sie hatten ihn mitgerissen, wie ein tosender Sturm auf dem weiten Meer.

„Angetan? Was hast du mir angetan?“ Lolita war bestürzt, denn ihr würde nichts einfallen, was schlimm genug war, um von ANTUN zu sprechen.

„Den Kuss, den ich dir gestohlen habe. Der hat mehr angerichtet, als ich wollte…“ Er selbst war von Sinnen, man konnte es nicht direkt Eifersucht nennen. Diego wollte sie beschützen, doch er konnte nicht. Weil er sich als Feigling ausgegeben hatte, musste er als Zorro kommen. Denn er konnte einfach nicht zulassen, dass ein aalglatter Kerl wie Gabriel ihr so etwas Wichtiges raubte. Nur dieser eine Kuss war es gewesen, der einzig schwache Moment. „Ich bin schwach gewesen.“

„Unsinn, du warst sogar sehr tapfer“, korrigierte sie ihn. „Du hast der Armee deine wahren Gefühle auf dem Silbertablett serviert und das war zwar sehr töricht von dir, aber gleichzeitig so mutig, dass es mir imponierte.“ Sie lächelte, allerdings war dieses Lächeln äußerst traurig. „Meinetwegen bist du in so viele Gefahren gerannt. Nur wegen mir… Sie nahmen mich gefangen, nur um dich anzulocken. Meinst du, das weiß ich nicht? Und ich fühle mich schuldig deswegen. Daher habe ich mich entschlossen, meine Gefühle ruhen zulassen, bis zu dem Tag, an dem ich sie dir offenbaren kann. Der Tag, an dem die Maske fällt. Aber Zeit mit Diego zu verbringen, war aufbauend. Sein erfrischendes Gemüt, hat meine Welt erhellt, in dieser tiefsten Dunkelheit. Daraus schöpfte ich Hoffnung, dass diese Welt irgendwann eine bessere sein wird… Es gab mir Mut, um auf den rechten Zeitpunkt zu warten. Aber keine Frau kann ewig warten, das wusste ich. Manchmal dachte ich wirklich, dass du eine Chance verdient hast. Ich wusste dich immer als meinen guten Freund zu schätzen und wünschte mir, dass du der Mann meiner Träume sein könntest. Und der warst du letztendlich dann ja auch.“ Erneut drückte sie ihren Körper gegen seinen und umschlang ihn, ohne ihn dabei zu sehr zu quetschen, immerhin hatte er eine Schussverletzung, die bei weitem noch nicht komplett verheilt war. „Aber glaub ja nicht, Diego, dass ich einfältig bin!“ Ihre Hände griffen jetzt zu seinen Wangen und packten sie fest, sie hielt ihn, das Gesicht direkt auf ihres gerichtet, mit den Augen in seine eindringend, forschend. Seine blauen Augen, die kein Mensch jemals vergessen konnte, wenn er einmal in diese Augen gesehen hatte. „Tief in mir wusste ich es bereits… Und ich wartete nur darauf, dass du es mir sagst. Aber du hast geschwiegen… Immerzu… Denn… es gab einen Moment, in dem es mir vergönnt war, dir tief in die Augen zu sehen. Deine Augen können nicht lügen…“ Sie hatte die ganze Zeit gehofft, gebetet und gewartet. All die Zeit. Aber sie hatte akzeptiert, dass die Zeit noch nicht gekommen war. „Kam es dir nicht spanisch vor, Diego, als ich mich plötzlich entschlossen hatte, nachzugeben? Warst du nicht misstrauisch? Nachdem ich dich öffentlich so bloß gestellt hatte… Nachdem ich es am Strand beim Rodeo so lautstark rumgebrüllt hatte, dich niemals heiraten zu können, sondern nur Zorro? Glaubst du denn ernsthaft, dass man mich zu irgendetwas drängen kann? Du musst mich nun wirklich besser kennen… Eine Weile war ich ziemlich gekränkt und beleidigt, dass ausgerechnet du mich abgewiesen hast. Und was führte bei dir diese Sinneswandlung herbei, zusammen mit deinem Vater am Ende doch deine Aufwartung bei uns zu machen? Du hast auf jegliches Vergnügen und deine Freiheit verzichtet, als du dich bereit erklärtest, dich mit mir zu verloben.“

„Lass es mich so ausdrücken, deine süßen Lippen haben mich dazu verführt, meine Entscheidung zu überdenken. Denn eigentlich wollte ich dich auf keinen Fall in irgendetwas hineinziehen. Wie ich sagte, ich war schwach… und dieser Versuchung zu widerstehen, war mir nicht gegönnt. Ich wollte dich nicht an… Zorro, den Geächteten verlieren. Das wäre furchtbar gewesen. Also habe ich all meine aristokratischen Vorteile ausgenutzt, um dich an mich binden zu können. Um dann an deiner Seite zu sein, wenn Zorro für immer verschwindet… Um dich dann über dein gebrochenes Herz hinwegzutrösten… als dein Mann. Außerdem, so konnte ich die ganze Zeit mit dir zusammen sein, ohne dass die Leute schlecht von dir dachten. Immerhin musste ich ja deine Ehre wenigstens teilweise wieder herstellen.“ Nach diesem Kuss auf der Plaza. Für welchen Raymond ihn am Ende erschießen wollte, dabei hatte er ihn in einem ehrenwerten Kampf gewonnen.

Lolita war sehr beeindruckt. Diego hatte so viel Mut und Selbstvertrauen, dass er nicht einmal in Erwägung gezogen hatte, vielleicht in seinem Kampf zu sterben. Sie hingegen hatte sehr wohl Angst um ihn gehabt. Er war so viel stärker als sie, aber dieser Tatsache verschloss sie sich gerne. Alles hatte er genaustes durchdacht. Wenn Zorro für immer verschwand, hatte er gesagt… also hatte er niemals vor, seine Maske fallen zu lassen, um sein wahres Gesicht ihr zu offenbaren. Nun musste sie sich noch mehr darüber freuen, auch wenn die Umstände mehr als nur bescheiden gewesen waren, die dazu geführt hatten, dass sie sein Geheimnis jetzt doch kannte.

„Meine Ehre ist mir egal, Diego. Solche Dinge zählen für mich schon lange nicht mehr… Unsere Familie wurde bereits entehrt und gedemütigt. Edelmut begegnet man kaum noch in dieser Welt. Diese Welt voller Korruption und Intrigen. Dass man sie fast nicht mehr ertragen kann. Mit dir ist diese Welt wenigstens ein bisschen erträglich… Manchmal war ich ziemlich verloren und einsam. Keine Señorita gibt sich mit einer verarmten Adeligen ab. Aber ich vermisse nichts davon… Man begegnet nirgends so viel Verlogenheit wie in der Welt der Adeligen. Das weißt du selbst nur zu genau…“ Sie erinnerte sich noch ganz genau, als sie neben Diego stand als seine sehr gute Freundin. Und ihr gemeinsamer Freund Lapaz zurück aus Spanien die Willkommensfeier feierte. Wie herablassend seine Mutter von Diego gesprochen hatte. Selbst ihr Vater war beeindruckt davon und schlug seiner Tochter gleich darauf vor, dass sie sich ja mit Lapaz verloben konnte, wenn sie Diego nicht wollte. Es war einfach unglaublich, wie wankelmütig er mittlerweile war. Er griff wohl nach jedem Seil, das sich ihm anbot. So etwas war einfach traurig. Er war mal so ein ehrenhafter, edelmütiger Mann gewesen, bevor der Gouverneur ihm fast alles genommen hatte.

„Nun gut, lass uns nicht diesem Trübsinn hingeben“, schlug Diego vor, der ganz eindeutig nicht über die Sitten und Gegebenheiten seiner Welt sprechen wollte, weil er sie tagtäglich weg zu ignorieren pflegte. Immer dann, wenn er sich mit den einfachen Leuten abgab, was sich für einen Mann seiner Herkunft eigentlich nicht schickte.

„Du warst schon immer der positive Part von uns beiden. Egal, wie schrecklich der Tag war, du hast es immer geschafft, einen Grund zu finden, dass es wieder gut wird.“ Aber er war auch zu tollkühn, deswegen hatte man ihm einen solch vernichtenden Schlag verpassen können. Während sie daran dachte, löste sie ihre feste Umarmung, strich über seinen Rücken, die Stelle, die sie vor ein paar Tagen noch so hingebungsvoll versorgt hatte. „Schmerzt dich denn gar nicht deine schwere Verletzung? Versprich mir, dass du dich genügend ausruhst. Dass du genügend schläfst, und keinen Unsinn machst. Keine waghalsigen Ritte als Zorro, ich bitte dich. Du hattest so viel Glück, dass nichts Lebenswichtiges getroffen wurde. Dein Leben war bereits bedroht… Ich könnte nicht ertragen, dich jemals zu verlieren.“

Es war grausam, einfach schrecklich, ihre Sorge und diese Angst um ihn. Genau das war es, was er niemals gewollt hatte. „Du hast so viel unverschämtes Glück, Diego. Du könntest tot sein. Würdige es wenigstens ein bisschen, dass Gott dir dein Leben gelassen hat. Gönn dir eine Pause… Es wäre töricht. Und sie hätten leichtes Spiel. Ich will dich nicht ‚schon wieder’ verlieren.“

„Mach dir keine Sorgen. Es müsste etwas sehr Schreckliches geschehen, dass ich dieses Risiko eingehe…“ Er wollte nicht sterben, das wollte er niemals. Aber das hieß nicht, dass er sich einem Angstgefühl hingab. Er fürchtete sich nicht, mit ihr an seiner Seite glaubte er alles schaffen zu können. Ihre Liebe zu ihm hatte Diego schon so oft unmenschliche Kräfte verliehen…
 

Lolita hatte vorgehabt, ihm von Jekylls Besuch zu erzählen, doch schonte sie ihn. Denn von ihm ging ihrer Meinung nach keine Gefahr aus. Ihre Aufgabe von nun an sollte sein, ihn davon abzuhalten, loszustürmen, wie er es in dieser unheilvollen Nacht getan hatte. Es war ein unnötiger Kampf, das hatte selbst er am Ende einsehen müssen. Ein bisschen tollkühn war ja okay, aber bitte nicht zu viel davon. Sie hatte einfach Angst, die einzige Person, die sie wirklich verstand und die sie wahrhaft liebte, zu verlieren.

Und sie entschied sich nun doch dazu, es ihm zu sagen. „Jekyll war heute bei mir, weil ich Zorro zur Flucht verholfen habe. Ich glaube, er ist auf unserer Seite, denn er sah von einer Verhaftung wegen Beihilfe ab… Stattdessen warnte er mich davor, dass Leutnant Gabriel Zorro bereits abgeschrieben hat und nun voller Vorfreude hofft, von mir erhört zu werden, dieser törichte Scharlatan. Aber mach dir deswegen keine Sorgen, ich werde ihm gebührend empfangen, sollte er es wagen, unverschämte Forderungen zu stellen. Und vielleicht ist es eine gute Möglichkeit für dich, bei meinem Vater vorzusprechen.“ Sie lächelte und man durfte sich nicht wundern, wenn Diego sich jetzt für einen Moment unbehaglich fühlte, denn er wusste ganz genau, worauf seine Teuerste hinaus wollte.

„Wir beide wissen doch, dass es an der Zeit ist für den abschließenden Showdown.“

Einen Moment lang, als er in ihre Augen sah, dachte er darüber nach, wie er dieses Problem wohl lösen konnte, ohne dass Gabriel allzu viel in die Sache hinein interpretierte. Zorro war nicht tot und er plante auch nicht, ihn bereits tot sein zu lassen… Dieses Problem stellte ihn auf eine harte Probe, aber er plante dieses Problem mutig anzugehen. So wie er alles mutig anging. Für einen Moment dachte er sogar daran, seine Gefühle offen darzulegen. Vor seinem Vater, vor Don Carlos, vor allen. Dachte das nicht sowieso ein jeder? Aber was würde sie tun…? Sie durfte ihre eigenen Gefühle auf keinen Fall ungeschützt ausleben. Der Leutnant würde Verdacht schöpfen, wenn sie plötzlich ihre Liebe zu Diego bekündete. „Meine Liebe zu dir ist grenzenlos, aber meine Angst um dich ist noch viel größer, meine Schöne. Bitte riskier nichts. Und wenn es heißt, mich in meiner Ehre zu verletzen. Es ist schon in Ordnung. Ich werde wie der adelige Sohn, der ich bin, handeln. Und du wirst es ertragen, als das schlaue Mädchen, das du bist…“ Diego strich ihr sanft über die Wange, um es schon im Vorneherein wieder gut zu machen, das, was er sich in seinem Innersten ausgemalt hatte, zu tun. Es war wenig nett. Wahrscheinlich würde es jeden schocken. Aber es war die Lösung. „So sehr es dir auch widerstrebt, einfach nur das brave Mädchen zu sein, das Don Carlos sich gewünscht hat. Du darfst deine Gefühle mir gegenüber auf keinen Fall zeigen.“

Ja, es war hart, sie wusste, dass es noch härter kommen könnte. Aber sie konnte kaum sich zu ihrer Liebe bekennen. Das war viel zu gefährlich. Sie würde dem Rat von Oberst Jekyll folgen und eine weise Entscheidung treffen… Die Entscheidung, die man von ihr die ganze Zeit erwartete…

„Wenn ich weiß, dass ich bei dir sein kann, nehme ich alles in Kauf.“ Ihr Gesicht war seinem sehr nahe und sie stellte sich auf die Zehenspitzen. Es war das allererste Mal, dass sie ihn wirklich küsste. Direkt auf seine schönen Lippen. Weder Zorro, noch Diego hatte sie jemals mit einer solchen Frechheit geküsst. Das hätte sie niemals gewagt. Ihre Lippen verschlossen seine und dieser Kuss war alles andere als unschuldig, so wie seiner auf der Plaza gewesen war. Dieser zuckersüße, kurze Moment. Sie presste ihre vollen Lippen gegen seine und raubte ihm den Kuss, den er ihr damals gestohlen hatte. Ein Kuss im seichten Vollmondlicht.

Kurz darauf löste sie sich von ihm und lächelte. „Jetzt sind wir quitt.“

Machtspielchen

Bevor der Captain auch nur ansatzweise Worte an seinen Kollegen Gonzales richtete, schaute er aus dem Fenster. Alles war ruhig. Die Soldaten verrichteten ihre ihnen aufgetragene Arbeit und auch ansonsten war absolut niemand in der Amtsstube. Der Kommandant und der Leutnant machten ihre geheimen Pläne in ihrem stillen Kämmerlein, stets ungestört. Eigentlich waren sie ganz genauso.

„Ich habe Sie hergebeten, Gonzales, um ganz offen und ehrlich mit Ihnen sprechen zu können.“ Der Ältere arbeitete gerne mit dem Dicken. Ganz zum Gegenteil zu Gabriel oder Raymond, die dem Mann rein gar nichts zutrauten. Man musste ihn nur richtig leiten, dann war er durchaus mehr als brauchbar. Er hatte jedenfalls keinen Grund, ihn pausenlos anzuschnauzen und zu schikanieren. Er nahm sich solcher angeblich schwierigen Leute gerne an.

„Das wird kein Dienstgespräch, ich interessiere mich für Ihre Meinung. Dieses Gespräch sollte nicht nach außen dringen. In der Sache kann ich Ihnen ja vertrauen, nicht wahr?“

Gonzales hatte seine Füße hochgelegt und saß am Tisch, dabei polierte er seinen Degen, was ab und zu einfach notwendig war. Bisher hatte er seinen Vorgesetzten nicht angesehen und sich auf das Polieren konzentriert, doch bei der Ansage musste er ihm einfach einen Blick schenken. Es sah dem Oberst nicht ähnlich, so etwas zu sagen. Jedenfalls hatte er es bisher nie getan. „Hier findet man längst kaum noch jemandem, dem man vertrauen kann und sollte“, fing er an, „manchmal habe ich sogar das Gefühl, meine eigenen Leute betrügen mich und selbst ein Bandit würde einem eher die Hand reichen, statt einen hinterrücks zu ermorden. Ich bin mir meiner mangelnden Beliebtheit bewusst. Die Soldaten finden empfinden mich als Ungeheuer, dabei mache ich nur meine Arbeit, wie es sich gehört. Sie nehmen nur ungern Befehle von mir an, aber wenn sie es müssen, tun sie es wahrscheinlich aus Angst, nur um dann im erstbesten Moment beim Kommandant vorzusprechen, dass ich zweifelhafte Befehle gebe.“ Man wollte ihn loswerden. „Aber nicht nur die einfachen Soldaten. Viel gefährlicher noch ist Gabriel. Er nutzt jede Gelegenheit um sich beim bei meinem Vorgesetzten einzuschleimen, dazu benutzt er sogar mich. Es wäre nicht das erste Mal, dass er mich anschwärzt. Es bleibt mir also keine andere Wahl, als entweder nur auf mich selbst zu vertrauen, oder jemanden einzuweihen. Nun, ich bin Einzelgänger wenn es sein muss, aber ich hasse Alleingänge. In meiner Zeit in Spanien habe ich gelernt, dass ein einzelner Mann niemals gegen eine Truppe angehen soll. Und unsere feinde sind leider zahlreicher. Können Sie mir so weit folgen, Gonzales?“

Der dickere Mann verstand den Missmut des Oberst, legte sein Schwert beiseite und dachte ernsthaft darüber nach, wie er ein aufmunterndes Wort sprechen konnte. „Ich war immer allein gegen alle. Selbst die einfachen Soldaten missachten so manches Mal meine Befehle, aber dass sie das bei Ihnen auch tun, ist eine Frechheit. Es stimmt, dass man hier niemandem trauen kann… Manchmal braucht man einfach jemanden, den man vertrauen kann. Sie können sich sicher sein, dass alles, was Sie mir sagen, nicht weiter getragen wird. So etwas ist gemein, das macht man nicht.“ Er war fair und ehrlich, genauso wie Diego. Deswegen war er sein guter Freund. „Meistens plappere ich in der Taverne mit Don Diego… Ich weiß, dass man so etwas nicht machen sollte und ich entschuldige mich. Aber manchmal weiß ich nicht, wohin mit meinem Leid. Also klage ich ihm mein Leid bei einem Glas Wein, oder bei vielen Gläsern Wein.“

„Aha.“ Der Oberst verschränkte die Arme und schloss geheimnisvoll die Augen. „Und da denken Sie so ein harmloser Kerl wie Diego, dem kann man vertrauen und alles erzählen… So ist es doch, oder?“

Es gab kaum jemand vertrauensseligeres, fand Gonzales. „Genau. Diego würde mich niemals beim Kommandant anschwärzen, was hätte er davon? Werden Sie das melden, Oberst?“ Er schwitzte, denn es war sehr unklug gewesen, dies so anzusprechen, auch wenn es Jekyll ähnlich ging. „ich wusste nicht, dass es Ihnen genauso geht, dann hätte ich mich eher mit Ihnen unterhalten.“

„Das mag sein, dass Diego nichts davon hätte, Sie anzuschwärzen, aber was wenn…?“ Er sah dem jungen Sergeant direkt in die Augen und sprach zunächst nicht weiter… „Lassen Sie es mich so ausdrücken… Was wäre wenn Diego Zorro wäre?“

Jekyll legte die Karten auf den Tisch, sprach nicht in einer heimtückischen Weise, sondern konfrontierte sein Gegenüber mit seinem zwar haltlosen Verdacht, aber ganz unbegründet war dieser nicht. Umso schlimmer war es, als nun Gonzales schallend zu lachen begann.

Doch der Oberst lachte nicht mit ihm, er blieb todernst und es dauerte zwar einen kleinen Moment, aber der Dicke merkte bald, dass Jekyll dies nicht so komisch fand, wie er. „Also wenn Diego Zorro ist, dann bin ich der König von Spanien“, scherzte er, doch noch immer trat noch nicht einmal ein Grinsen auf das Gesicht des Älteren.

„Jetzt wirklich im Ernst? Wie kommen Sie auf so eine absurde Idee? Diego ist der harmloseste Zeitgenosse, den man weit und breit findet. Seine Künste mit dem Degen entsprechen denen eines Tölpels. Er verletzt sich eher selbst als seinen Widersacher. Er könnte nie so…“ Gonzales verstummte und begriff nun langsam, worauf sein Vorgesetzter hinaus wollte. „…Aber es würde bedeuten, dass ich immer all unsere Pläne an Zorro verraten hätte. Sie haben natürlich Recht. Es war dumm von mir.“

Er stand auf, stellte sich kerzengerade vor dem Oberst und salutierte. „Ich bitte untertänigst um Verzeihung!“ Er war sich seines Fehlers durchaus bewusst, doch dann trat ein bekümmerter Ausdruck auf sein Gesicht. „Manchmal habe ich bewusst die Pläne unseres Kommandanten verraten. Einige Male sagte ich sogar zu Diego, ich würde hoffen, dass Zorro kommt… Immer dann, wenn ich etwas als unrichtig empfand. Der Kommandant ist, mit Verlaub, ein Tyrann, den man stoppen muss.“ Es war seine ehrliche Meinung und er hoffte einfach, dass Jekyll dies verstand, wo er den Kommandant selbst nicht gerade gut leiden konnte.

„Ich mache Ihnen keinen Vorwurf deswegen. Ich selbst ermittle gegen meine eigenen Leute. Das ist genauso schlimm!“ Er drehte sich herum und sah erneut aus dem Fenster. „Das darf keiner wissen! Aber ich vertraue dir. Ich weiß, dass ich das kann.“ Er hatte eine gute Menschenkenntnis. „Wenn ich Zorro vertrauen kann, dann dir doch erst recht.“ Er hasste es, die Sache von dieser Seite zu sehen. „Das soll nicht heißen, dass ich es gutheiße, was er macht. Aber ich finde auch nicht, dass man ihn hinrichten sollte, deswegen hoffe ich eigentlich, dass er davon kommt. Solange, bis man hier tatsächlich von Gerechtigkeit sprechen kann. Das, was der Kommandant macht… das ist keine.“

Jekyll drehte sich zu seinem Kollegen herum. „Aber was wäre, wenn er Zorro wäre? Denkt bitte ernsthaft darüber nach.“

„Aber er ist nicht Zorro!“ lachte Gonzales. „Niemals ist dieser Feigling ein Freiheitskämpfer. Das passt doch überhaupt nicht zu ihm.“ Es passte nicht, es passierte überhaupt nicht, kein bisschen passte es. „Aber Lolita, die wäre überglücklich, wenn Diego der berüchtigte Zorro wäre. Sie würde jubeln und na ja… ihn küssen vor Glück.“ Er dachte wirklich darüber nach, wie ihre Reaktion ausfallen würde, dabei schaute er einmal zur Decke und rollte die Augen. „… Es ist absurd wahrscheinlich, aber dann müsste er sich nicht mehr so anstrengen, sie für sich zu gewinnen.“

Jekylls Gesicht verdunkelte sich und er bedachte den Jüngeren mit einem äußerst traurigen Seitenblick. „Glaubst du das wirklich?“ Beinahe war Gonzales wie ein kleiner Junge, in kindlicher Naivität ging er davon aus, dass Lolita sich wünschte, Zorro wäre ihr Freund Diego… Er hingegen sah es ernsthaft.

„Das wäre sehr töricht von ihr… Man wird ihn mit dem Tode bestrafen, wenn man ihn fängt. Sie ist ein kluges Mädchen. Ich für meinen Teil denke, sie ist Zorro gar nicht so hörig, wie man denkt. Ich denke, sie weiß sehr wohl, dass Diego die bessere Partie für sie ist…“

Gonzales blinzelte und sah dann runter. „Von der Seite habe ich es nie betrachtet.“ Aber auch ihn machte der Gedanke traurig, was man mit Zorro anstellen würde, sollte man ihn je kriegen. „Jetzt verstehe ich das ganze Theater endlich. Sie hat eingesehen, dass es so besser ist. Die ganze Zeit hatte ich Tomaten auf den Augen. Das würde endlich erklären, warum sie sich so sehr verändert hat. Sie scheinen ein Herz und eine Seele zu sein.“

„Es bleibt ihr wohl kaum etwas anderes übrig. Sie weiß, dass auf Zorro der Galgen wartet, auch wenn sie immer noch hofft, dass man ihn nie erwischt.“

Es war immer noch ein Verdacht, aber er bekam ihn nicht los, egal was Gonzales darüber dachte. „Dennoch… Es gibt einige Indizien dafür, dass Zorro in engem Kontakt mit Lolita steht und auch mit DIR. Viele Menschen kommen dafür nicht in Frage. In meinen Augen ist Diego ein ganz großer und begnadeter Schwindler, der dich ausnutzt. Wenn er nicht selbst Zorro ist, dann kennt er ihn. Für einen Mann, der Lolita anscheinend liebt, bleibt er viel zu ruhig. Und jetzt erzähle mir ja nicht, dass Don Alejandro es schon richten und dafür sorgen wird, dass die Hochzeit zustande kommt… Das ist Unfug und das weißt du.“

Gonzales merkte, dass Jekyll tief in sich gerade aufgetaut war und sie sich nun duzten. Aber es war wirklich schön zu wissen, dass er nun einen zweiten Freund hier in der Stadt hatte, dem man anscheinend vertrauen konnte. Er wollte Diego weiterhin vertrauen, denn wenn er wirklich Zorro kannte und ihm alles verriet, dann war es ihm gerade nur recht. Es war nicht so, dass er nie bemerkt hatte, wenn er Diego etwas sagte, dass Zorro es wusste. Manchmal machte er das sogar ziemlich bewusst und absichtlich.

„Falls es ein nächstes Mal gibt und Gefahr im Verzug ist. Sollte Diego irgendwo in der Nähe sein, dann halte ihn davon ab, wegzulaufen. Und dann schauen wir mal, ob Zorro dann auch auftaucht.“

Gonzales schluckte und ihm lief der eiskalte Schweiß von der Stirn. Er hoffte natürlich, dass Zorro auftauchen würde… und irgendwie hatte er mächtig Schiss davor, so etwas zu tun. Es klang geradezu, als wollte der Oberst ihm eine Falle stellen.
 

Sie hatten ihr Gespräch nicht weiterführen können, weil Gabriel wenig später Jekyll mitteilte, dass der Kommandant nach ihm schickte… Und sie wussten im Grunde, dass das nie etwas Gutes zu heißen hatte…

Aber dieses eine Mal war es keine Rüge, kein Auftrag, sondern eine Einladung zu einem Fest. Jekyll überlegte, wie er sich wohl geschickt aus der Affäre ziehen konnte, um drum herum zu kommen. Aber der Kommandant befahl ihm am Ende anwesend zu sein. Der Kommandant zog ihn ab, als Patrouille, nicht gar nur als Gast. Sie sollten anwesend sein, da die vornehmen Leute in voller Pracht erscheinen würden. Es gab also für die Banditen dieses Landes jede Menge zu klauen. Ganz unrecht hatte der Mann nicht, aber es missfiel ihm dennoch für die Reichen den Beschützer zu spielen, während sie so viel wichtigere Dinge zu tun hatten, als deren Klunker vor dem Diebstahl zu schützen. Aber Raymond teilte auch sein Amüsement mit und spottete dabei nicht wenig, da es sich um eine Feierlichkeit der reichsten und adeligsten Familie handelte. Eine der de la Vegas. Noch dazu eine förmliche, mit einem Anlass, der ihn einfach schmunzeln ließ. Endlich bewies dieser Taugenichts von Sohn, dass sein Vater Macht besaß und diese Macht nun endlich Anwendung fand… Man konnte von Zwingen, oder gar Erpressen sprechen. In seinen Augen jedenfalls. Sonst würde dieses eigenwillige Weibsbild Lolita Pulido niemals freiwillig die Braut für Diego spielen… Er spottete auch ein wenig darüber, dass man Leutnant Gabriel zu dieser Farce von Verlobung eingeladen hatte. Er sollte ja gut aufpassen, dass der junge Leutnant nicht der Kragen platzte und er Diego am Ende erwürgte… Aber es war eine Sache der Höflichkeit, der Einladung des Dons nachzukommen.
 

Es wurde jede angesehene Familie von Los Angeles anwesend sein, nein nicht nur das. Einige würden von weit her anreisen, um dieser Feierlichkeit beizuwohnen, wie es sich schickte. Sie würden aus allen Teilen Kaliforniens anreisen. Menschen, die sie wahrscheinlich einmal im Leben gesehen hatten, wie auch immer. Eigentlich hasste Diego solche Feierlichkeiten, aber heute gab er sich besonders Mühe, wirklich gut auszusehen. Sich so sehr rausgeputzt hatte er noch nie. Nur dieses eine Mal würde er Gebrauch davon machen, seine aristokratische Seite zu zeigen, dazu gehörte ebenfalls seine teuerste Kleidung zu tragen. Diese durfte nicht einmal einen Knick aufweisen. Zwei junge Männer und eine dritte Person, eine junge Frau wuselten um den jungen Herrn herum und achteten darauf, dass alles wie angegossen passte und auch schön glänzte. Nicht umsonst hatte er ein seidenes Jackett ausgewählt, das edelste Hemd angezogen und seine Haare geziemt nach hinten frisiert. „Wie ein Lackaffe…“, sagte er selbst spöttisch zu sich selbst. Das letzte Mal so ausgesehen hatte er in Spanien, als er zum Bankett eingeladen gewesen war mit Menschen, die er wünschte niemals wieder in seinem Leben treffen zu müssen.

Bernardo hatten sie in sein Zimmer geschickt und ihm verboten, Diego heute allzu sehr auf die Nerven zu gehen, er durfte bei der Feierlichkeit wahrscheinlich nicht einmal selbst anwesend sein, weil er sich doch immer geweigert hatte, diese teuren Klamotten zu tragen, und oh Gott bewahre, Baden. Die Seife stank entsetzlich sagte er immer. Also durfte er eben nicht dabei sein, obwohl er Maria an die hundert Mal angebettelt hatte, mit Don Alejandro zu sprechen, dass er doch unbedingt dabei sein wollte, wenn sein Bruder sich jetzt offiziell mit Lolita verlobte, was für den kleinen Jungen wie ein lang ersehnter Wunsch war.

„Ach was, Ihr seht toll aus, Don Diego“, lobte ihn die Dame. „Jetzt kann rein gar nichts mehr schief gehen.“

„So leichtfertig würde ich das nicht sagen, Sophia“, erwiderte er und zupfte selbstständig an seinem Schal herum, den die Dons nun einmal trugen.

„Don Diego, würdet Ihr das bitte lassen…? Ich muss es dann wieder richten!“ Sie klang nicht böse, aber sie wusste, dass der junge Mann es hasste, wenn man allzu viel an ihm herumzerrte.

„Tut mir Leid.“

„So fertig!“ meinte sie und hielt die Hände ineinander, um ihn zu bewundern. „Ja, sehr schön. So wird es für Señorita Lolita ganz bestimmt mehr als ein notwendiges Übel sein, Euch das Ja-Wort zu geben!“ Selbst ihre Bedienstete dachte diesen Unsinn. Sie waren wirklich perfekte kleine Lügner, die jedem etwas vorgaukeln konnten. Diego seufzte und wirkte gleich darauf ziemlich traurig, was ihm wohl jeder abgekauft hatte. „Ich sehe also unverschämt gut aus, ja?“

„Oh ja, oh ja! Wie der Märchenprinz, jetzt fehlt nur das weiße Ross und…“

„Das Cape… der Sombrero… Die Maske…“

Sophia holte tief Luft und wirkte regelrecht schockiert. Sie hatte es nicht so gemeint und Diegos trauriges Gesicht war kaum zu ertragen für sie. Eine junge Frau ihres Alters, die dazu verdammt war, unverheiratet zu bleiben und einem gut aussehenden Mann zu dienen, konnte sich wahrlich glücklich schätzen, ihn aus der Ferne anzuschmachten.

„Aber mein Herr, Ihr seht immer gut aus.“

„Dafür sollte ich dir wohl danken… Also, danke.“ Er drehte sich herum, denn eigentlich dürfte er sie nicht einmal eines Blickes würdigen. Wahrscheinlich dachte auch sie, dass er ein Spinner war, Lolita noch immer zu wollen. Aber sie verstand nichts von dieser Materie. Nichts davon, wie ein Adeliger dachte, fühlte, wenn ihm denn ein Gefühl zugesprochen wurde. Im Grunde wurde ihnen alles entsagt, alles was geschah, passierte aus einem Pflichtgefühl heraus. Zu wissen, dass er wirklich wie geleckt aussah… Das und dass er auch ohne die schicke Kleidung wohl der best aussehendste, junge, adelige Mann in der gesamten Stadt war, machten es nicht besser. Sie würden dieses Spiel bis zu Ende spielen. Das einzige, was es erträglich machte all diesen Menschen, die er hasste, entgegen zu treten war SIE Lolita. Weil sie ihn immer verstand, weil sie so wie er war. Sie scherte sich nicht um diese Adeligen, die heute hier anreisen würden, nur um ihm die Hand zu schütteln.
 

„Ahhh, da bist du ja mein Junge!“ Er hörte aus der Tür heraus seinen werten Vater, der seinen Sohn gleich mit Lobpreisungen überschüttete. „Lass dich genauer anschauen! Oh ja, sehr gut. Du siehst gut aus. So kannst du dich vor den Leuten blicken lassen.“

„Vater, mich interessiert nur, ob ich mich vor Lolita so blicken lassen kann“, lächelte er und machte keinen Hehl daraus, dass die anderen ihm egal waren.

„Aber Sohn, viele junge Damen werden anreisen und dir ist es nicht erlaubt, auch nur eine von ihnen heute Abend abzuweisen, wenn sie mit dir tanzen möchten. Also reicht es bei weitem nicht, dass Lolita dich akzeptiert, das hat sie bereits. Das ist eine belanglose Nebensächlichkeit.“ In Momenten wie diesen hasste er es, er hasste es zutiefst, diese Regeln, diese Etiketten, die ihm in Spanien vermittelt worden waren. Er erinnerte sich noch ganz genau, wie sehr er das Ganze mit knapp Fünfzehn gehasst hatte. Diese egoistischen, arroganten, aristokratischen Snobs. Diese eingebildeten Mädchen, die sich nur für Schmuck und teure Kleider interessierten. Genauso wie sie einen Mann nach seinem Vermögen beurteilten. Eines wusste er ganz sicher, Lolita war keine von ihnen. Sie mochte ihn aus vielerlei Gründen, die allesamt wenig mit guten Manieren, gutem Aussehen, Geld und Macht zu tun hatten. Und dafür schätzte er sie als Freundin seit vielen Jahren. Sie war die einzige, die er sich jemals als Gattin hätte vorstellen können. Doch jetzt war sie mehr als das. Sie fand mehr als Akzeptanz bei ihm. In ihr hatte er die wahre Liebe gefunden. Etwas, wovon die meisten reichen Menschen wohl nur träumen konnten. Weil sie mit dem erstbesten Partner verheiratet wurden. Beurteilt einzig und allein nach Ansehen und Vermögen. Wäre es darum gegangen, hätte er sich mit fast jeder in Kalifornien verheiraten können. Sein Vater war ein angesehener Mann, der Charakter seines Sohnes zählte für die meisten nicht einmal. So war das, traurig aber wahr. Deswegen hatte er als Kind diesen Anforderungen stets entfliehen wollen, auch heute versuchte er es noch. Aber heute gab es kein Entkommen, wie sein Vater ihm gerade noch einmal mitgeteilt hatte. All die reichen Damen würden vor Neid erblassen, das wusste er. Alleine bei der Vorstellung, dass eine verarmte Adelige wie Lolita ihn bekommen sollte. Er würde ihnen allen ins Gesicht lächeln, so wie sie, aber nicht gar mit Hochmut. Es gab Dinge wie eine schlichte Ignoranz gegenüber allen Menschen, die man nicht ausstehen konnte. Er fragte sich wirklich, ob auch nur eine einzige Person erscheinen würde, die er als Freund bezeichnet hätte. Mit solcherlei Entscheidungen war er mittlerweile ziemlich vorsichtig. Freunde… Theo… McCulley. Bernardo. Gonzales. Mehr gab es eigentlich nicht zu nennen. Und zwei davon würden nicht anwesend sein. Es war ihm zu wenig Zeit gegeben, um wenigstens einen Brief an seine Freunde in Spanien zu adressieren. Aber eine davon wäre auch nicht erreichbar für ihn. Einen Moment fühlte er sie, die Wehmut, als er in Gedanken seinem toten Freund nachging.

Sein Vater hatte abgelehnt, einen einfachen Soldaten wie Gonzales zum Fest einzuladen, dabei hätte er ihn gerne dabei gehabt. Heute kamen wirklich nur die ganzen reichen Leute. Und die Ärmste davon war wohl Lolita, ganz zur Missgunst aller anderen. Er wollte nicht in ihrer Haut stecken. Aber sie hatte Mittel und Wege alles perfekt zu ignorieren, was ihr nicht passte. Also musste er sich darum wenig Sorgen machen. Er hatte ja sogar ihr Kleid ausgesucht und wusste, wie in etwa sie wohl vor ihm erscheinen würde. Sie würde sich wieder mit unzähligem Schmuck zieren wie ein Pfau. Dabei brauchte es nichts für ihn, um sie für wunderschön zu halten.
 

„Señor Vega“, sprach die junge Dienerin den Hausherren an, „die Kusche von Señorita Lolita und ihrer Familie ist gerade eingetroffen.“ Die Verkündung ließ Don Alejandro vor Freude in die Hände klatschen. „Oh wunderbar. Ich werde sie sogleich begrüßen.“
 

Jetzt begann der Ernst der Sache und nun beschlich Diego doch eine leichte Nervosität, dabei ging es nur darum die Form zu wahren. Es war nicht so, als würde er jetzt mit ihr in die Kirche marschieren. Da wäre Nervosität wohl eher angebracht. Aber seinesgleichen machten ihn immer nervös. „Ich bin fertig, Vater.“ Er würde an seiner Seite gehen, wie es sich gehörte. Zuerst ihre Eltern begrüßen und dann sie mit dem längsten Kuss auf die Hand bedenken. Er kam sich vor, als hätte er all die Förmlichkeiten wieder vergessen, aber er hatte sie nur verdrängt und wusste ganz genau, wie er sich zu verhalten hatte. Wahrscheinlich würden sie sich fragen, was mit Diego passiert war. So ein vorzeigbarer junger Mann. All das. Sie passierten das Tor und blieben wie in einer Linie direkt in diesem stehen.

„Willkommen, meine lieben Freunde.“ Don Alejandro breitete die Arme aus und empfing die Familie herzlich, für ihn gehörten sie bereits zur Familie und das demonstrierte er vor der gesamten Gesellschaft, die bereits in munterem Plausch sich befand, doch dann urplötzlich verstummte.

„Schön, Euch zu sehen, Don Alejandro“, sagte Lolita mit einem sanften Lächeln und machte einen Knicks, wie es sich für eine Dame gehörte. Diego schüttelte Don Carlos die Hand, daraufhin wandte er sich Lolitas Mutter zu, gab ihr den Handkuss und ging dann direkt zu Lolita, deren Hand er unwahrscheinlich lange in seine nahm, bevor er seine Lippen auf ihre Hand setzte und diese einen Moment so verweilen ließ. Sie hatte ihm höflich die Hand hingestreckt. „Ich bin erfreut dich zu sehen, Diego“, meinte sie und wurde leicht rot bei seinem galanten Kuss. Er streckte ihr den Arm hin und ließ sie sich einhaken, bevor sie sich zu der versammelten Gesellschaft herumdrehten und man ihnen Platz machte wie am Hofe. Diegos Blick wich nicht von Lolita, die in strahlender Schönheit erblühte, dass er am liebsten alle Förmlichkeiten hätte ausfallen lassen, um sie direkt auf seinem weißen Pferd zu entführen, um sich mit ihr davon zu stehlen. Aber was sein musste, musste sein. „Du siehst bezaubernd aus, mein Herz.“

Diego hörte noch das Seufzen von Lolitas Mutter, die mehr als verzückt von seinem Verhalten war.

„Was für ein Schmeichler du sein kannst, Diego“, gab Lolita zurückhaltend von sich und schenkte auch ihm nun ein leichtes Lächeln. ‚Er kann es ja doch…’ Ziemlich gut konnte er das sogar, dieser Schlawiner.

Es war nicht gelogen, Diego sagte genau das, was er gerade empfand, ohne irgendwelche Lügen. Ihr blass rotes Kleid mit Schleifen und Rüschen (ich übertreibe mal) brachte ihre unendliche Grazie hervorragend zur Geltung. Der Blumenhaarschmuck hatte ihre wilde Mähne in einer Hochsteckfrisur sehr geziemt im Griff, obwohl er ihre wilden Haare durchaus mochte. Das Dekolleté geschmückt mit einem Collier, das selbst in Madrid als majestätisch gegolten hätte. Die ebenfalls hell roten Handschuhe, die ihr bis zu dem Oberarm reichten.

Lolita bemerkte die neidvollen Blicke als sie mit Diego am Arm an den ganzen reichen Damen vorbei ging. Ihren Kopf hielt sie ziemlich aufrecht und man könnte meinen, dass sie kaum eingebildeter rüberkommen konnte. Kaum, dass sie vorüber gegangen waren, ignorierte man sie und die Damen schnatterten weiter.

Don Carlos und Doña Catarina begaben sich links neben ihre Tochter Lolita, während Don Alejandro rechts neben seinem Sohn Diego stand. Der Hausherr läutete seine Rede ein, indem er dreimal kräftig gegen sein Glas klopfte und alles verstummte.

„Versammelte Gemeinde, Freunde, Verwandten. Ich begrüße euch recht herzlich zum gemeinsamen Fest. Anlass dieses Festes ist die Verlobung meines Sohnes Diego mit Señorita Lolita Pulido. Für reichlich Gesang und Schmaus ist gesorgt. Bitte, vergnügt euch und feiert dieses wunderbare Ereignis zusammen mit mir, Don Alejandro de la Vega. Die beiden nehmen jetzt zunächst eure Glückwünsche entgegen.“

Kaum, dass der Don dies gesagt hatte, erschien Leutnant Gabriel aus seiner Ecke, in der rechten Hand das Glas, welches er postwendend auf dem Tisch abstellte, um die Hände frei zu haben. Er kam jedem zuvor und wahrscheinlich ließ alleine das alle Menschen Argusaugen bekommen.

„Ich beglückwünsche Euch zu Eurem bezaubernden Fang. Don Diego.“ Jeder hier wusste, dass diese Glückwünsche alles andere als von Herzen kamen, am besten wohl Diego und Lolita selbst. Aber beide lächelten. Diego machte gut Miene zu bösen Spiel.

„Wie außerordentlich nett von Euch mir dieses Kompliment zu machen, Leutnant Gabriel. Ja, sie ist eine wahre Pracht, wie eine Rose.“ Sie als Fang zu bezeichnen war eine glatte Frechheit, die ihn zwar entzürnt sein ließ.

Der blonde Offizier hielt sich nicht lange mit Diego auf und wanderte sogleich zu Lolita hinüber, um ihr die Hand zu reichen. „Alles gute zu eurem wahrhaft tapferen Gefährten“, spottete er. „Mit Verlaub, ihr seid am heutigen Tage mit Abstand die schönste Dame hier.“

„Ihr beneidet mich doch sicher“, legte Diego ein und ließ seine Augen auf dem Mann ruhen, der Lolitas Hand küsste, okay natürlich nur den Handschuh, ansonsten… Er wusste nicht, ob er mehr dulden könnte, als das.

Der Leutnant schüttelte den Kopf und lachte einmal leise. „Nein… Bedauern trifft es besser…“, gab Gabriel mit einem hinterhältigen, boshaften Grinsen zurück.

Liebe zwischen Eifersucht und Hass

Diego konnte ihm nichts vormachen, es FUCHSTE ihn doch sicher, dass sie ihn bloß wegen seines Geldes heiratete. „Es liegt jawohl auf der Hand, dass dies hier eine Zweckehe wird. Aber so bleibt Ihr wenigstens vor dem Schaden bewahrt, zusammen mit eurem GELIEBTEN“ er schrie es fast in den Hof, „am Galgen hängen zu müssen, sollte er denn JETZT noch immer unter uns weilen. Denn da werde ich ihn hinbringen. Meine besten Empfehlungen“, er verneigte sich vor Lolita. „Euer erhabenster Diener. Erlaubt mir doch auch weiterhin euch mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Es erfreut mich wirklich sehr, dass ihr nicht immun gegen Ratschläge seid und endlich von diesem Banditen ablasst. Es wäre ein Trauerspiel für mich, eine schöne Frau wie Euch hängen zu sehen.“ Er spielte mit beiden, seine gehässigen und schmutzigen Spiele.

Don Alejandro wusste, dass er sofort einschreiten musste, denn Lolita hielt ihren Fächer ausgebreitet vor dem Gesicht und dabei knackte dieser bereits auf eine Weise, als würde sie ihn jeden Moment brechen, oder gar Gabriel damit ins Gesicht schlagen. Das wäre die höchste Beleidigung und man könnte ihr sogar vorwerfen, sich ungebührlich zu benehmen. Das wollte der alte Mann nicht riskieren.

Sie war wirklich zornig und wollte am liebsten alles tun, was ihr heute untersagt war. Ihr war befohlen ihm ins Gesicht zu lachen, nicht wütend zu werden. Es machte sie einfach rasend, wie er alles ins Lächerliche zog. Wie er ihre aufrichtige Liebe zu Diego bezweifelte und so missbilligend mit ihr redete, als wäre ihre andere Entscheidung mit Zorro am Galgen zu hängen. Sie holte gerade Luft, da kam ihr Alejandro zuvor…

„Es ist genug!“ mischte sich nun Alejandro ein. „Sie hat nichts Unziemliches getan. Nichts, was Ihr nicht auch im Begriff wart zu tun, Leutnant!“ nahm er Lolita in Schutz, doch der Offizier gab sich weiterhin unbeeindruckt. Und es war gefährlich. Sie erschrak sich bei dieser Ansage, die eindeutig gegen den Offizier ging. Offiziersbeleidigung. Sie sah es bereits vor sich, dass er ihn deswegen verhaften ließ… Er hatte Diego wegen weniger schlimmen Sachen, einem bedauerlichen UNFALL einsperren lassen.

„Es ist okay, Don Alejandro, wirklich“, versuchte sie den alten Mann zu stoppen, der sie beschützt hatte. Man merkte sehr eindeutig, woher Diego seinen Beschützerinstinkt hatte. Von seinem Vater…

„Ach ja? Mir sind ganz andere Dinge zu Ohren gekommen. Man munkelt so vieles, wisst Ihr?“ entgegnete Gabriel mit einem Lächeln.

„Was kümmert es mich, was die Leute reden?“ legte Diego ein und hob einmal das Glas, um einen kräftigen Schluck vom Wein zu kosten. „Die Leute sprechen auch davon, dass ihr zu jeder Schandtat bereit seid, in Lolitas Nähe zu sein. Wir sind hier nicht bei Hofe, wo man sich als königlicher Berater anbietet… Es macht mir im Übrigen nichts, zu wissen, dass sie Zorro verehrt. Das weiß jeder in dieser Stadt.“ Aber es kam noch härter und Diego gab sich die größte Mühe, sich wie ein Adeliger zu benehmen und auch so auszudrücken. Er sprach sehr gehoben, doch schon abgehoben. „Ich werde mich ganz gewiss nicht irgendwelchen lächerlichen Eifersüchteleien hingeben“, meinte er mit einem kleinen Lachen. „Es ist nur eine Frage der Zeit und gar nicht so schwer, sie ihm zu entreißen. Das einzig Notwendige hierfür ist eine Hochzeit, die bald stattfinden wird. Grämt euch das sehr, oder wollt Ihr sie nur nicht einem Gesetzlosen überlassen? Nichtsdestotrotz… sorgt euch nicht, Señor Gabriel. Gleich nach der Hochzeit gehört sie zu mir, no importa qué...” Diego hatte noch nie in seinem Leben, etwas derartig Verruchtes verkündet. Denn seine Andeutung war mehr als nur schambehaftet.

In Lolitas Gesicht trat die Schamesröte, sie hoffte sehr, dass er es nicht weiter verdeutlichen wollte, sondern es darauf beruhen ließ. Er sollte sich auch gar nicht so sehr auf eine derartige Diskussion einlassen. Trotzdem war sie verblüfft darüber, wie Diego aufeinmal sprach. Er schien in Spanien ziemlich gut gelernt zu haben, sein Gesicht zu wahren... Es war erschreckend. Also kein Wuunder, das niemand auf die Idee kam, wer Zorro war. Er verstellte sich einfach viel zu gut. Dieser Mann gerade hatte wenig mit dem Diego zu tun, den sie wahrhaft kannte.

So etwas Schändliches vor allen Leuten zu sagen… „Hütet besser eure Zunge, Don Diego“, belächelte Gabriel ihn, „noch hat sie nämlich nicht JA gesagt. Sie kann ihre Entscheidung jederzeit widerrufen. So weit ich weiß war sie schon immer sehr wankelmütig. Also seid lieber vorsichtig mit eurem Hochmut. Derartige Angebereien stehen Euch erst zu, wenn sie Euch auch wirklich gehört. Dazu muss es schon zur Hochzeitsnacht kommen. Und wer weiß, vielleicht seid Ihr sogar dazu zu feige?“

Unter normalen Umständen hätte ein richtiger Caballero ihm nun wahrscheinlich für diese Beleidigung den Handschuh ins Gesicht geworfen, aber Diego blieb ruhig. „Es gibt ein Sprichwort in Spanien. Das besagt, Liebe denjenigen, der dich am allermeisten liebt. Sie weiß, dass ich das bin. Immerhin bin ich mutig genug, sie um ihre Hand zu bitten. Im Gegensatz zu Euch“, er legte seine Hand an die Uniform und strich darüber, „trage ich keine Verkleidung, hinter der ich mich verstecke, um sie zu etwas zu zwingen. Ich habe sie ganz schlicht, gefragt, ob sie sich vorstellen kann meine Frau zu werden. Dabei habe ich mich vor ihre Füße geworfen und sie wahrscheinlich mit meinem romantischen Anfall so überwältigt, dass sie zu weinen begann und sofort JA sagte. Wisst Ihr Gabriel mit Frauen das ist so eine Sache. Eine richtig gute Frau wird einen zunächst mit ihrer Gleichgültigkeit quälen. Danach muss man ihr nur beweisen, dass man der Allerbeste für sie ist. Und der Allerbeste ist, der sie auf Händen trägt und ihr die Sterne vom Himmel holt. Zu Eurem Pech bin ich diese Person. Ich kenne sie seit ich 5 Jahre alt bin, als sie damals nach San Tasco gezogen sind. Sie war damals noch sehr klein, aber schon immer wahnsinnig hübsch. Ich wusste bereits als kleiner Junge, dass ich sie heiraten WILL! Und was bietet Ihr Lolita, wenn Sie Euch erhören würde? Außer diese hässlich grüne Uniform? Mit Euren Beschwörungen, dass Ihr Zorro bald fangen werdet, erreicht Ihr jedenfalls nichts. Sie hasst Soldaten und Offiziere noch viel mehr, sie würde nie so einen wie EUCH zum Mann nehmen. Schaut der Wahrheit ins Gesicht.“ Diego hatte dick aufgetragen, dicker als er es je vorgehabt hatte und dabei war er doch zumindest in einigen Kleinigkeiten mehr als ehrlich gewesen und ließ Lolitas Mutter weiter schmachtende Seufzer von sich geben. Während Gabriel vor Wut nur so schäumte, weil er sich von diesem Einfallspinsel und Feigling provoziert fühlte und nur weil er Don Alejandros Sohn war jetzt wohl besser nicht sein Schwert zog. Aber er hatte die Hand bereits an diesem und zitterte am ganzen Leib vor Wut.

„Ich könnte Euch auf der Stelle ins Gefängnis werfen lassen. Anscheinend gefiel’s euch da ja besonders gut!“ Die Art und Weise wie Diego ihn verschaukelt hatte, entsprach ganz und gar diesem Banditen, der ihn jederzeit lächerlich aussehen ließ und das missfiel ihm doch sehr.

„Aber bitte, Leutnant!“ mischte sich Jekyll ein. „Mäßigen Sie sich! Der Kommandant gab den strikten Befehl, hier für Ruhe zu sorgen und keine Unruhe zu fabrizieren! Wollen Sie Ihrem Kommandanten etwa den Befehl verweigern?“ Er besah Diego mit einem strengen Blick und schüttelte den Kopf. „Ein Mann muss sich auch mal zurückhalten können… Auch wenn er noch so eifersüchtig zu sein scheint.“

„Ich??“ Er lachte. „Aber ich bin doch nicht eifersüchtig! Der einzige, der sich dieser Leidenschaft hingibt, die nur Leid schafft, ist der werte Leutnant. Ich pflegte mich nur zu verteidigen, indem ich die Wahrheit sprach.“

„Eine sehr überflüssige Wahrheit, nicht wahr? Man sollte sehr vorsichtig mit dem Wort WAHRHEIT sein, Don Diego“, rief Jekyll dem jungen Mann und seine Augen trafen auf seine. Ein kleiner Moment, der es Diego kurz kalt den Rücken runter laufen ließ. „Und Offiziersbeleidigung gilt noch immer als Delikt! Also bitte, halte Euch zukünftig mit so etwas zurück. Die Schuld dem anderen zuweisen tun normalerweise nur Kinder. Die sagen nämlich ‚der hat angefangen’.“

Es war sehr amüsant mit anzusehen, wie Diego sich wahrhaftig von Jekyll rügen ließ und leicht den Kopf schüttelte. „Ich weiß. Aber in dem Fall war es so. Er müsste ja dieses unsägliche Thema ansprechen. Und ich verteidigte lediglich meine Braut. Ich dulde nicht, dass irgendwer“, er schaute sich in der Menge um, „sie beleidigt!“

Er wusste, keiner der Anwesenden, und wenn sie Lolita noch so hassten, würde es heute noch wagen, ein schlechtes Wort über sie zu verlieren, da Diego es sehr demonstrierend in die Menge warf. „Und jetzt wollen wir ein Fest feiern! Trinkt Leute!“ Er erhob das Glas und alle Anwesenden taten es ihrem Gastgeber gleich. Sie tranken und sollten feiern, so hatte er wenigstens seine Ruhe vor den Meisten. Viele waren doch nur hierher gekommen, um sich voll laufen zu lassen und sich den Bauch voll zu schlagen.

Einige der anwesenden Gäste beglückwünschten sie noch immer, jedoch weniger ausschweifend waren die meisten. Der Schock von Gabriels leicht aggressiv wirkenden Anfall lag noch allen im Ohr. Er hatte sich vollkommen lächerlich gemacht und Lolita gleich mit. Sie sah die missmutigen Blicke der jungen Mädchen, die von einem Mann wie Diego träumten. Sie wusste es und jetzt sah sie es auch, zum ersten Mal. Sogar eine Person, die sie mal als Freundin bezeichnet hatte, bedachte sie mit Blicken, die sie schockierten. Und sie kam noch nicht einmal zu ihr, um sie zu beglückwünschen. Gönnte man ihr das nicht?

Da war sie glatt froh, als sie eine bekannte Stimme hörte. „LOLITAAA~! Meine Kleine!“ Okay, es war peinlich und sie errötete, als man sie Kleine nannte, aber sie war noch nie so glücklich gewesen, diese Person zu sehen. Sie kam auf sie zu, mit diesem fröhlichen Strahlen im Gesicht, was so manches Männerherz höher schlagen ließ. „Lasalle! Schön, dass du doch noch geschafft hast, herzukommen!“ Sie spürte die Hände ihrer Cousine auf ihren Schultern. „Wie schön du geworden bist, Lolita! Diego ist bestimmt der glücklichste Mann auf der ganzen Welt!“ Sie drehte sich herum und strahlte Diego mit einem so warmen Lächeln an, dass er einfach zurück lächeln musste und sofort vergaß, was gerade passiert war.

„Hallo Lasalle. Lange nicht gesehen! Geht’s dir gut, ja?“

„Wunderbar, es könnte nicht besser sein! Immerhin wird meine kleine Lolita ja jetzt heiraten, nicht wahr? Und sie bekommt einen so wunderbaren Mann!“ Sie schwärmte förmlich von Diego, was aus der kleinen Distanz den guten gabriel noch mehr zur Weisglut brachte.
 

‚Ich… Am liebsten will ich… Ich will ihn… UMBRINGEN! Hinrichten! ZUSAMMEN MIT DIESEM ZORRO! Sollte der noch leben, aus dem mache ich Hackfleisch!’ regte er sich in Gedanken auf und sein Körper erzitterte, so sehr, dass sogar sein Schwert mit bebte.
 

‚Grundgütiger… Dieser Mann ist rasend vor Eifersucht! Kaum auszudenken, was er mit Diego machen würde, wenn er wüsste…’, dachte Jekyll und legte eine Hand auf die Schulter des Mannes. „Wir sollten uns hier einmal umsehen. Wir sollen ja schließlich hier unsere Arbeit verrichten! Kommt Leutnant!“ Er wollte den Blondschopf nur schnell außer Sichtweite von Lolita und Diego bringen, bevor er noch sich schwor, doch Diego den Hals umzudrehen…

„Ach, fassen Sie mich nicht an! Was verstehen Sie schon? Sie sind es ja nicht, der von ZORRO immer vernichtend geschlagen wird! Und sich jetzt auch noch von so einem Feigling veralbern lassen muss!“ Er platzte fast. „Wie wär’s wenn Sie mal in Erfahrung bringen, ob dieser Zorro noch lebt oder ob wir den endlich losgeworden sind?“

„Falls es Ihnen entgangen ist, Gabriel, der einzige Offizier hier, der mir Befehle erteilen kann, ist der Kommandant. Sie sollten sich etwas abkühlen. Ein Mann muss auch mal eine Niederlage verkraften können.“ Er blieb ruhiger, als sonst. Jekyll wusste, dass er nicht noch mehr Hass schüren sollte, er wusste bereits von Gabriels Nächstenliebe ihm gegenüber. Er war ja schließlich die rechte Hand ihres Kommandanten. Sicher hatten sie bereits Pläne, wie man ihn loswurde… Dennoch würde er auch nicht davor zurückschrecken ihn vor allen anzubrüllen, wenn er es zu sehr übertrieb. Aber der gute Leutnant war ein wenig empfindlich, wenn man ihn allzu sehr demütigte. Er hatte ja sogar schon einmal den Kommandanten im Stich gelassen, nur weil er ihn gerügt hatte, in aller Öffentlichkeit.

„Zu entscheiden, wie in der Sache rund um Zorro verfahren wird, ist nicht mein Gebiet, also mäßigen Sie sich endlich und kriegen Sie sich ein! Als wäre Zorro das einzige Problem hier, pah!“
 

Diego beschäftigte sich nur zu gerne mit Lolitas liebreizender Cousine und führte sie zusammen mit Lolita durch den Garten, wo sie weit fern von der gesamten Gesellschaft sich doch etwas ungestörter unterhalten konnten.

„Macht dieser Leutnant Gabriel euch etwa Ärger?“ meinte Lasalle jetzt in einem sehr besorgten Ton. Sie hatte alles mitbekommen, von Anfang bis Ende. Sie erinnerte sich noch genau an diesen Mann, der sie nach Strich und Faden betrogen hatte, nur um an ihren Edelstein heranzukommen.

„Wie man’s nimmt! Er versucht es jedenfalls! Das kümmert mich aber nicht weiter. Seine Wünsche gegenüber Lolita sind nicht gerade sehr anständig, verstehst du? Da musste ich mich ja mit ihm anlegen.“

„Bist du denn verrückt, Diego, so etwas kannst du ihr doch nicht sagen! Du bist unmöglich!“ schellte Lolita Diego sofort, der einfach ein zu großes Plappermaul war, wie eh und je.

Doch Lasalle sah das ganze gelassen und begann zu lachen, als ihre Cousine Diego so den Kopf wusch. Sie amüsierte sich sehr darüber und konnte sich nicht erinnern, in den letzten Monat etwas so erfrischendes wie die beiden Süßen gesehen zu haben. „Tut mir Leid, dass ich lache, aber“, sie wischte sich kleine Lachtränen aus dem Gesicht, „ihr seid einfach so niedlich zusammen, besonders wenn ihr euch streitet. Ihr wisst doch sicher um das Sprichwort, was sich liebt das neckt sich!“ Sie strahlte Lolita an. „Mir scheint, Diego wächst deinetwegen über sich hinaus. Ist das nicht schön?“

„Hm, was?“ Lolita blinzelte und verstand nicht so ganz, was ihre Cousine damit meinte, aber diese drehte sich herum und legte ihre Hände gegen Diegos Brust. „Es macht mich glücklich, zu sehen, dass du so gut auf meine Kleine aufpasst…“

„Hey… Moment mal“, beschwerte sich Lolita, weil man sie erneut als Kleine bezeichnete. „Ich bin nicht mehr so klein, immerhin werde ich ja bald…“ Fast hätte sie es gesagt. Es stimmte, sie würde ganz gewiss bald heiraten und diese Erkenntnis ließ es ihr nun doch etwas merkwürdig zumute werden. Andererseits stimmte es, sie konnte sich glücklich schätzen, weshalb sie wenig später dann doch lächelte. „Ja, Diego passt auf mich auf, das hat er schon immer.“ Ein Seitenblick zu ihm, ein kurzer doch sehr verliebter Blick, verriet sofort ihre wahren Gefühle.

„Du kannst unbesorgt sein, Lasalle, bei mir ist sie in guten Händen.“

„Das glaube ich dir aufs Wort.“ Sie lächelte sanft und besah ihn dann mit ihren wissenden Frauenaugen, die schon lange bemerkt hatten, dass die beiden zusammen gehörten. „Ich habe ganz üble Gerüchte gehört, aber die darfst du nicht glauben, Diego“, meinte sie und seufzte. „Lass sie einfach reden. Lolita ist nicht diese Art von Mädchen, das dir jemals untreu wäre.“

„…Was?“ Er war schockiert davon, dass irgendwer tatsächlich so etwas zu Lasalle gesagt hatte.

„Stimmt, da muss sich Lolita wohl eher bei Diego Sorgen machen“, sprach sie eine Männerstimme von hinten an und Diego zuckte. Zuerst verblüfft, dann auch ein bisschen beleidigt. „Hey… begrüßt man von so seinen Cousin, Juan?“

„Wir sind gerade angekommen. Ich war ehrlich gesagt ziemlich schockiert davon, als Mutter mir mitteilte, Diego wird heiraten… Ich konnte es wahrhaftig nicht glauben, aber…“ Seine Augen nahmen Lolita gefangen und er lächelte dann doch ein bisschen fies in Diegos Richtung. „… Hallo Lolita. Schön, dass ich dich endlich kenne lerne!“ meinte er, nahm ihre Hand und gab ihr einen Handkuss. Sie war ein bisschen überrascht, da sie ihn nicht kannte, aber er schien wohl tatsächlich sein Cousin zu sein, denn er war definitiv ein fein gekleideter junger Mann, ein sehr gut aussehender sogar. „Du bist wahrhaftig sehr viel schöner, als Diego dich beschrieben hat.“

„Hey, nun reicht es aber!“ meinte Diego beleidigt, als hätte er jemals etwas Derartiges gesagt.

„Tja, Lügen haben kurze Beine, mein Lieber. Das letzte Mal, als du mir geschrieben hast, hast du noch gemeint, sie sei eine Nervensäge!“

„Ugh… Ach, rede doch nicht so einen Unsinn daher.“ Ja, ugh. Diego schluckte und bemerkte neben sich den missmutigen Blick von Lolita, dabei hatte er sich vorgestellt, dass ihr erster Ehekrach wohl anders aussehen würde. Jedenfalls nicht vorgezogen, vor die Hochzeit natürlich. „Und was sagst du zu deiner Verteidigung? Soll das heißen, du bist ein Weiberheld und ich nerve dich bloß, ja? Wolltest du das damit sagen?“

„Also na ja, weißt du… Das habe ich doch nur im Affekt so geschrieben. Das war, als du…“ Es war peinlich es direkt auszusprechen, warum es tatsächlich so gewesen war, dass er Derartiges über sie geschrieben hatte.

„Lass ihn leben! Er sagte auch, dass er dir nicht widerstehen kann und dir jeden Wunsch erfüllen würde. Ich wollte meinen Cousin nur ein bisschen ärgern.“

Diego atmete auf, denn auf so einen Streit war er weder gefasst, noch hatte er sich diesen erhofft. „Aber ob man ihn Weiberheld nennen kann…? Also zumindest waren die Mädchen in Spanien verrückt nach ihm.“

„Jetzt reicht’s! Hör auf damit!“ Diego wollte anscheinend nicht, dass sie von seinem wilden Leben in Spanien erfuhr, also hatte Juan einen kleinen Trumpf im Ärmel, mit dem er seinen Cousin jetzt ein bisschen aufziehen konnte.

„Ich habe nur Spaß gemacht! Du weißt doch, ich gönne meinem einzigen Cousin seine hübsche Verlobte.“ Er stellte sich kurz darauf dann auch Lasalle vor. „Ich bin Juan de la Cruz, es freut mich Eure Bekanntschaft zu machen, meine Gnädigste.“ Auch ihre Hand wurde mit einem charmanten Handkuss bedacht und dann wandte er sich doch wieder von der schönen Frau ab. „Ich habe gehört, so ein maskierter Bandit treibt hier sein Unwesen. Damit liege ich doch richtig, oder? In Kalifornien scheint es ja richtig gefährlich zu sein. Du solltest zurück nach Spanien kommen.“

„Nein, lieber nicht“, meinte Diego. Im Gegensatz zu seinem Cousin hatte er fast sein ganzes Leben hier verbracht, eigentlich wollte er auch gar nicht mehr hier weg. „Ich habe vor hier tatsächlich sesshaft zu werden.“

„Wo Räuber und Banditen ihr Unwesen treiben? Du warst schon damals verrückt.“ Er seufzte. „Tut mir Leid. Leider kann ich nicht weiter mit dir plaudern. Ich kann meine Eltern nicht so lange alleine lassen. Aber ich wünsche dir von Herzen, dass du glücklich wirst. Den wilden Mann zu spielen, bricht einem nur das Genick eines Tages. Denk an meine Worte, falls du doch mal wieder deiner Sehnsucht nachgehst und zum Degen greifst…“

Juan hatte ein noch viel flinkeres Mundwerk, als Diego manches Mal. Und das hätte unter Umständen wirklich fatale Folgen. Er konnte ja froh sein, dass Lolita es wusste und er sich jetzt nicht vor ihr verteidigen musste. Aber er war einfach viel zu schnell im Reden. „Juan, ich möchte dich bitten, das nicht überall herumzuzählen, was ich in Spanien so gemacht habe. Okay?“

Juan lächelte und sagte dann etwas, was Diego doch sehr erschütterte. „Wieso denn? Ist denn nicht jeder Mann gerne ein Held? Hast du etwa Angst, dass man dich dann mit diesem Zorro verwechseln könnte? Zugegeben, schon alleine aus den Erzählungen hat er Ähnlichkeit mit dir.“ Er ließ ihn mächtig ins Schwitzen geraten, aber er senkte kurz darauf den Kopf. „Ich habe damit aufgehört. Als ich Spanien verlassen habe, war ich fest entschlossen, niemals wieder einen unnötigen Kampf zu bestreiten. Also behalt’s bitte für dich. Wenn jemand davon erfahren würde, würde sich wieder jeder mit mir herumschlagen wollen. Du weißt doch, wie viele junge Caballeros mich in Spanien immer damit belästigt haben.“

„Ach, komm. Die machst du ja alle mit links fertig.“

„Ich meine es ernst!“ Diego wurde lauter und Juan war doch sehr überrascht davon, dass Diego aufhören wollte den Wilden zu spielen, der jedem Abenteuer nachjagte. „Okay, okay. Beruhig dich. Ich verrate es ja keinem. Aber… Wenn ich Zeit habe, dann musst du mir deine neuen Finten verraten. Denn weißt du, ich habe sehr viel trainiert. Um eines Tages, DICH, der du die absolute Nummer 1 an der Akademie warst, eines Tages zu schlagen. Darüber hinaus wurde mein Vater als Gouverneur von Mexiko eingesetzt. Das heißt, sein Leben hängt am seidenen Faden. Ich muss meinen Vater ja schließlich beschützen, nicht wahr? So wie du den deinen beschützt.“

Lasalle war reichlich verwirrt und sah zwischen den beiden Männern hin und her. Aus Lolitas Erzählungen in all ihren Briefen wusste sie nur, dass Diego überhaupt nicht mit dem Degen umgehen konnte… Das verwirrte sie nun wirklich.

„Oh, so ist das. Wusste ich ja noch gar nicht“, entgegnete Diego. „Da hat es dein Vater aber wirklich weit gebracht. Gouverneur…“

„Ja, das ist ein bisschen mehr als Alcalde, so wie es dein Vater früher war.“ Es klang ein bisschen so, als wenn er ziemlich stolz darauf wäre, der Sohn des Gouverneurs von Mexiko zu sein, das konnte er wohl auch.

„Mein Vater ist alt, er sollte nicht mehr eine so schwere Position besetzen, Juan“, meinte Diego und seufzte dann. „Vergiss nicht, was du versprochen hast.“

„Du hast mein Ehrenwort.“ Daraufhin verabschiedete sich sein Cousin und man merkte ganz eindeutig, dass Diego einen Moment lang seinen eigenen Gedanken nachging und wohl auch ein bisschen traurig war, dass ihr Zusammentreffen so kurz gewesen war.

„So ein Wichtigtuer“, sagte er dann wenig später, drehte sich herum und zog die Aufmerksamkeit der beiden Damen auf sich. Lasalle besah ihn kritisch. „Das musst du mir jetzt aber erklären. Lolita schrieb mir jedes Mal, wie ungeschickt du mit dem Degen bist, aber er… was bedeutet das?“

Lolita legte ihre Hände auf Lasalles Schultern und bewies wie gut sie doch im Lügen war. „Er hat es doch bereits gesagt“, sie lehnte sich leicht an ihr Ohr und flüsterte den Rest ihr nur zu, „er tut nur so als ob, damit er seine Ruhe hat, sonst würden sie sich pausenlos mit ihm duellieren. Da würde er ja zu gar nichts mehr kommen und könnte auch nicht mehr so viel Zeit mit mir verbringen.“

Ziemlich raffiniert…Da konnte er ja glatt noch etwas lernen…
 

Wenig später stürmte ein total außer Atem gebrachter Gonzales zum Tor herein und meldete Jekyll, dass sie überfallen worden seien, sie aber keinen Befehlshaber hatten, da der Kommandant zu einem der Außenposten geritten war, sie jedoch nicht genug Zeit hatten, um diesen zurückzuholen und weitere Befehle abzuwarten. Es sei dringlich und ihm fiele keiner ein, der besser geeignet wäre, sie anzuführen, als er. Es kam natürlich dem Captain mehr als gelegen, um diese FEIER verlassen zu können. Er war kein Adeliger und verstand auch nicht die Art und Weise, wie sie ihre Feste feierten. Von den ganzen verlogenen Menschen ganz zu schweigen, da bot er sich natürlich sofort an…

Sie machten sich sofort auf den Weg.
 

Gabriel hatte diesen Moment still und heimlich abgewartet und war jetzt auf der Suche nach Diego und Lolita. Jetzt konnte ihm zumindest niemand mehr ins Handwerk pfuschen…

Gut und Böse Teil 1

Natürlich ließ das nächste Unglück nicht auf sich warten. Aber man irrte, sollte man glauben, dass der Rotbraunhaarige derartiges nicht bereits erwartet hatte. Menschen wie Raymond und Gabriel, denen machte man nicht ungestraft Ärger. Nicht umsonst wurde Jekyll aus vielen Dingen schlichtweg herausgehalten. Dieser hatte schon lange bemerkt, dass ihm stets berichtet wurde, was rund um Zorro geschehen war – alles, nur nicht die Wahrheit. Sie stellten alles so hin, dass der Bandit nicht gut dabei wegkam.

Am Anfang – da hatte er diesen Kerl verabscheut. Nicht umsonst hatte der Maskierte ihn mit den Worten begrüßt, ob er genauso ein Strolch war wie die anderen Offiziere, oder besser. Im Nachhinein konnte der Captain es Zorro gar nicht mehr übel nehmen, da dieses Land hier so verrottet war, dass es unglaublich schien. Bis vor kurzem hatte sich Jekyll als den einzig guten Kerl hier bezeichnet – ohne hochmütig sein zu wollen. Aber jetzt war Gonzales an seiner Seite, sein Verbündeter im Kampf gegen die Intrigen und Machenschaften von Gabriel und Raymond.

Doch auch die Beiden hatten längst erkannt, dass Jekyll ernst zu nehmen war – dass von ihm eine ähnliche Gefahr ausging, wie von Zorro, der so manche Machenschaft aufgedeckt hatte, die ihr Kommandant an den Tag gelegt hatte.

Und dann passierte das, was der Captain längst erwartet hatte.

Sie wurden von einer Horde Banditen überfallen. Dieser verwickelten beide Männer in einen erbitterten Kampf. Es ging nicht darum, sie zu besiegen, sondern darum den stämmigen Mann zu töten.

„Wenn dir dein Leben lieb ist, Dicker, dann mach dich aus dem Staub! Um dich geht’s hier nicht!“

Auch ein Dummerchen wie Gonzales verstand, was das hier sollte. Wusste, weshalb sie überfallen worden waren. Raymond und Gabriel war der Oberst ein Dorn im Auge. Er stellte Pläne in Frage und wollte viel zu viel wissen. Kurzum, der Mann störte beide wie eine lästige Fliege, die um die Suppe kreiste.

Als man dem Sergeant dann auch noch offenbarte, er ginge nicht um ihn und ihm die Entscheidung überließ, seine Haut zu retten, beschlich ihn die Vermutung, er solle ihnen nur nicht dazwischen funken, aber ihm erschien es einfach unmöglich, an Flucht zu denken, so zog er sein Schwert und blieb an Jekylls Seite, um ihn in diesem Kampf zu unterstützen.

Die Bande erwies sich als äußerst flink und gewitzt. Einfache Banditen waren das nicht – Kopfgeldjäger vielleicht?

Wirklich – es kam Gonzales mehr als vertraut vor. So viele Kopfgeldjäger und Killer hatte man auf Zorro angesetzt. Jetzt war es so weit, dass sie auch nach des Oberst Kopf Leben trachteten. Ein Grund mehr, um an seiner Seite zu bleiben…

„Sie haben es ja gehört, Gonzales! Mit denen werde ich noch ganz alleine fertig! Ich lasse mich doch nicht von einer Horde Bestien umbringen! Die werden ihr blaues Wunder erleben!“ Todesmutig und tollkühn warf sich Captain Jekyll mit einem Kampfschrei seinen Widersachern entgegen und ging hemmungslos auf sie los. Sein paradoxer Kampfstil, der mehr einem wilden Löwen glich und seine Manneskraft zeichneten sich dadurch aus, dass er mit Brutalität gegen sie vorging und so manchen von ihnen niederstreckte, ohne den kleinsten Anschein von Reue oder Gnade.

Einmal mehr war Gonzales glücklich, dass es nur sehr selten zu einem Gefecht zwischen Zorro und Jekyll gekommen war. Er hätte diesen auseinander genommen, hätte er dies gewollt. So wie er diese Killer nun auseinander nahm. Aber eines bedachte er dabei nicht: Sie waren in der Überzahl.

Es stand dem bärtigen Mann ins Gesicht geschrieben - Mich kriegt ihr nicht klein!

Womöglich hatte man wahrhaft versucht den wilden Offizier gegen Zorro aufzuhetzen – aber leider war er zu gut – gut in seinem Edelmut, viel zu ehrenvoll und fair, als dass er ihnen den Gefallen getan hätte, mit allzu großer Leidenschaft gegen Zorro vorzugehen. Er erinnerte sich noch sehr gut daran, als Jekyll entschieden hatte, Zorro ziehen zu lassen, da er ihnen geholfen hatte. Obwohl Gonzales auch wusste, wie sehr Jekyll abgenervt war von der ständigen Einmischung des Banditen, wusste er genau was sich gehörte. Dankbarkeit, wenn einem geholfen war stand an erster Stelle. Dass er ihn mochte, war eigentlich ausgeschlossen – sie waren dazu verdammt, sich zu bekämpfen, obwohl sie sich vielleicht hätten mögen können. Das Schicksal ging oft seltsame Wege – so wie in dieser Nacht.

Ausgerechnet an Diegos Verlobungstag musste so etwas Furchtbares wieder passieren.

Alles ging viel zu schnell – einige hatte Jekyll ja bereits entwaffnet – und dennoch… Ein gezielter Pfeil, der direkt vom Baum kam, der traf den Oberst in den rechten Oberarm und ließ ihn doch einen Moment geschockt den Atem anhalten und einen Schmerzlaut von sich geben. Gonzales begab sich tapfer vor seinen Gefährten.

„Mischst du dich ein, Soldat, töte ich dich!“ wandte sich eine Stimme an ihn. Es war ein Mann mit maskiertem Gesicht. Die blaue Maske ging von Mund bis zur Nase, schluckte einen Teil seiner Stimme und ließ sie noch bedrohlicher und düsterer klingen. Der Verdacht bewahrheitete sich, zwar drohte man ihm, aber es ging nicht um ihn, sondern nur um den Oberst. Unter keinen Umständen durfte er ihn alleine lassen. Obwohl seinen Körper die Angst erzittern ließ, musste er jetzt furchtlos sein. In solchen Momenten wünschte er sich, dass Zorro kommen würde, um sie aus dieser Misere zu befreien. Da kam ihm wieder das Gespräch mit Jekyll in den Sinn – was wäre, wenn Diego Zorro wäre? Dann hätte er ihm alles verraten.

„Gehen Sie, Gonzales! Das hat rein gar nichts mit Ihnen zu tun!“ schrie ihm Jekyll entgegen. Blutend von der Verletzung, diese sich mit einer Hand haltend, quasi wehrlos.

„W-WAS?“ Der Dicke war entsetzt und schockiert davon, was sein Vorgesetzter ihm da abverlangte.

„Aber die werden Sie töten!“

„Und wenn schon! Rette deine Haut!“ Der Oberst gab dem Sergeant einen Schubs. „DAS IST EIN BEFEHL! Gehen Sie, oder sie töten und alle beide!“

„A-Aber…“

„HOLEN SIE VERSTÄRKUNG! Ich halte aus! So leicht bin ich nicht kleinzukriegen!“ Es war ein kurzer Moment, in dem Gonzales ihrem übermütigen Captain ins Gesicht sah – die Angst und Panik stand ihm ins Gesicht geschrieben. So manches Mal wünschte er sich genauso tapfer sein zu können, wie Jekyll – wie denn, wenn sein ganzer Körper vor Angst bebte?

Hilfe holen – Verstärkung!

Noch einen Moment der Zögerung, dann wandte sich Gonzales um, was Jekyll zutiefst beruhigte… Obwohl er sich seiner verhängnisvollen Lage bewusst war, schickte er ihn weg. Er würde das Richtige tun, das Notwendige… Sie konnten ja nicht zulassen, dass Banditen das Land überrollten – aber ihm war auch klar, dass sie es nur auf ihn abgesehen hatten. Aber sich opfern, das plante der Oberst nicht. Er würde vielleicht vernichtend geschlagen werden – aber das würde er nicht kampflos geschehen lassen. Er sah der Gefahr ins Auge – schon einmal war er auf sich allein gestellt. Und den Tod, den fürchtete er nicht. Es war seine Pflicht, die Verbrecher ihrer gerechten Strafe zuzuführen – alle, auch ihren Oberboss, Raymond, der wohl hierfür verantwortlich war – da wäre er jede Wette eingegangen.
 

Zwar hatte Jekyll lautstark um Verstärkung gebeten, doch wenn man ehrlich mit sich selbst war, war dieser Plan sogar sehr töricht. Würde es nicht viel zu lange dauern zurück in die Stadt zu reiten, um die so genannte Verstärkung anzufordern – nein, dafür war nun keine Zeit! Er wollte sich nicht mit Jekylls Tod abfinden.

Und die Hazienda de la Vega war nicht weit…

Der Sergeant wusste nicht, was in ihn gefahren war, als er diese stürmte – direkt in die Menschenmenge ritt er mit seinem braunen Ross. Doch nicht etwa begab er sich sofort zu Leutnant Gabriel – der würde ihnen eher noch ein Messer in den Rücken rammen als dem Oberst zu helfen – und ihn, Gonzales konnte er ja noch nie leiden, oder?

Seine Augen suchten den Hof nach Diego ab, doch er konnte ihn nirgends entdecken. Verzweiflung machte sich in ihm breit – und gleich sahen ihn die Leute so komisch an, weil er mitten in den Hof gestürmt war mit dem Pferd. Ein nervöses Lachen entfuhr ihm. Gonzales stieg ab und entdeckte Alejandro. „Don Alejandro!“ rief er ihm entgegen. „Wo ist euer Sohn?“

„Sergeant, Sie sind ja völlig außer Atem! Ist etwas passiert?“ erwiderte Diegos Vater, ließ jedoch die Frage unbeantwortet.

Don Juan, der mit seinen Eltern im Gespräch war, beobachtete das Geschehen entspannt mit einem Glas Wein – vorerst.

„Oberst Jekyll ! Wo ist Diego? Ich muss dringend mit ihm sprechen! Jetzt sofort!“

Der Mann war total aufgelöst und wahrscheinlich wunderte sich die ganze Gesellschaft warum.

Man sah nicht wenig, dass Don Alejandro absichtlich die Frage nicht beantwortete, weshalb nun Juan sein Glas abstellte und sich der kleinen Gruppe entgegen bewegte. „Vielleicht kann ich ja helfen! Mein Vater ist Gouverneur von Mexiko! Ich bin mit solchen Dingen vertraut. Wie kann ich Euch helfen?“ Er bewies sich als äußerst hilfsbereiter Mensch, was aber Don Alejandro nicht einfach so geschehen lassen wollte und dem jungen Mann einen strengen Blick zuwarf.

„Das sind Belange der Armee, da solltest du dich nicht einmischen, Junge!“

Gonzales wirkte mit den Nerven am Ende, das sah Alejandro gewiss und das konnte sein Neffe natürlich überhaupt nicht nachvollziehen. „Achso, na da weiß ich ja bescheid!“ gab er von sich, gab Gonzales jedoch ein Zeichen, ihm nach draußen zu folgen. Auch wenn er es so aussehen ließ, als hätte er verstanden, wanderte er zur Hazienda hinaus und warte dort um de Ecke auf Gonzales.

Dieser stieg wieder auf sein Pferd und wahrscheinlich dachte der alte Narr, dass er sich nun wirklich in die Siedlung begeben würde, um die Soldaten zu holen, doch als er hinaus geritten war, stand Don Juan gegen die Mauer gelehnt dort. Mit verschränkten Armen, die Augen abwartend geschlossen, bis die hilfsbedürftige Person mit dem Pferd vor ihm auftauchte, dann öffnete er diese und sah, ohne den Kopf zu bewegen zur Seite.

„Mir scheint, man schuldet mir ein paar Antworten – aber dafür scheint jetzt keine Zeit zu sein. Ich weiß, wo Diego ist… Soll ich ihn informieren? Und was soll ich ihm sagen?“

Gonzales strahlte über das gesamte Gesicht, auch wenn man ihn rügen würde, einfach so einem Fremden zu vertrauen. Aber gewiss, dies hatte er vor. Der junge Mann wirkte auf ihn vertrauensselig.

„Unser Hauptmann – Jekyll sein Name, wir waren gemeinsam auf Mission und dann wurden wir überfallen! Er befahl mir, mich in Sicherheit zu bringen. Er benötigt dringend Hilfe!“

Juan stieß sich von der Mauer ab, wandte sich mit dem Gesicht nun um zu Gonzales und nickte. „Gut – ich werde ihn suchen und ihm alles sagen…“

„Die Banditen sind in dieser Richtung!“ Gonzales zeigte in die Richtung, aus der er angeritten gekommen war. „SCHNELL!“

Juan verstand und ließ keine weitere Zeit verstreichen, rannte hinein und auch wenn er durchaus dabei gesehen wurde, war Diegos Vater längst wieder mit seinen anderen Edelleuten im Gespräch, da bekam er es nicht mit. Der Adelige suchte Diego genau dort, wo er ihn zuvor mit Lolita und deren hübscher Cousine angetroffen hatte. Kaum dass er sie wiedergefunden hatte, fand er alle Drei bei bester Laune auf. Diego hatte gerade ziemlich herzhaft gelacht und es tat Juan ja wirklich Leid, aber er half gern…

„Diego, ich will deine gute Laune ja nicht trüben, aber da draußen wartet so ein dicker Soldat – ich glaube, er ist Sergeant. Ich soll dich holen, sein Hauptmann befindet sich in einem Gefecht mit irgendwelchen Verbrechern! Er verlangte ganz ausdrücklich nach dir.“ Juan klang ernst – tief in sich wusste er, dass Diego nun losstürmen würde – denn sie waren vom gleichen Schlag, oder nicht? Er hätte genauso gehandelt und rechnete jetzt eigentlich damit, dass sie beide helfen würden.

Das Lachen seines Cousin verstummte und Lolita wirkte sichtlich besorgt, das sah der Dunkelhaarige Juan sofort.

„Wie bitte? Gonzales?! Entschuldigt mich.“ Noch ehe Diego das hatte sagen können, klammerten sich zarte Frauenhände an sein Hemd. Er spürte diese und mit einem Seitenblick machte er Lolita aus – sie sah ihn besorgt an und ihre Hände umfassten das Hemd fester. Sie wollte nicht, dass er ging und etwas unternahm.

„Es schien mir, dass der Soldat sehr verzweifelt und besorgt um seinen Hauptmann ist.“

Vorsichtig und sanft löste Diego Lolitas Hände von sich und teilte ihr stumm mit einem Blick mit, dass er gehen musste… Es vergingen keine zwei Sekunden, da bekam sie einen Kuss auf die Wange und dann rannte er los, zusammen mit Juan. Zurück blieb die Blondine in ihrer endlosen Sorge um ihren Zukünftigen, den noch immer seine Verletzungen quälten. In stummer Verzweiflung formten ihre Lippen ein schlichtes Pass auf dich auf
 

Das Schockierende an der Sache war, als Diego Juan mitteilte, dass er ihn nicht mitnehmen würde – es sei zu gefährlich. Innerlich dachte der junge Mann zu zerbersten. Wie konnte sein dämlicher Cousin so etwas wagen zu sagen? Hielt er ihn für schwach? Und dann wurde auch er stehen gelassen und Diego rannte ins Haus. Wahrscheinlich holte er seine Waffe – höchstwahrscheinlich seinen heißgeliebten Degen. Doch als Diego nach ganzen fünf Minuten nicht zurückkam, schöpfte Juan verdacht – er hatte ja schließlich auf die Dringlichkeit hingewiesen… Was zum Geier hatte das zu bedeuten?

Er begab sich ins Haus – auch wenn man ihn nicht darum gebeten hatte – so wollte er, dass Diego ihm nun Rede und Antwort stand. Glaubte er, dass er so davon kommen würde? Hier war doch eindeutig etwas faul. Hatte er nicht vorhin noch behauptet, er kämpfe nicht mehr? Und nun wollte er ihn hier stehen lassen und die Action alleine abkassieren.

Aber auf den Weg in die Hazienda fiel es ihm wieder ein. Als sie klein waren, war er schon einmal hier gewesen. Er lief wie selbstverständlich ins Haus auf direktem Wege zu Diegos Zimmer. Als er dieses erreicht hatte, öffnete er die Tür und starrte ins leere Zimmer…

Von Diego war weit und breit keine Spur.

Gut und Böse Teil 2 - Geheimnisse

Juan lugte in jeder Ecke des Zimmers und probierte sich verzweifelt zu erinnern. Leider waren sie kleine Kinder gewesen und die Erinnerung schwebte lediglich wie dicke Wolken irgendwo in seinem Kopf.

„Es muss diesen Geheimgang noch geben“, sagte er zu sich selbst und bekam vor einem Bücherregal zu stehen und wühlte alles durcheinander…

Der junge Mann gab nicht auf und irgendwann hatte er die Geheimtür gefunden, die richtige Stelle gedrückt und siehe da Sesam öffne dich~!

Schnellen Schrittes passierte er den dunklen Korridor und erreichte wenig später die Höhle.

„Diego??“ schallte es in die Höhle hinein und ein Echo wurde an ihn zurück getragen, jedoch keine Antwort erreichte ihn. Beim näheren Erkunden der Höhle, kniete er sich nieder und entdeckte Hufspuren. Sie waren ganz frisch, was er durch Anfassen sofort feststellte. Ein besorgter, aber auch leicht verärgerter Gesichtsausdruck war ihm gegeben und er wusste, Diego ritt wie ein Teufel – das hatte er früher schon als Kind getan. Es war also unmöglich zu Fuß irgendetwas zu erreichen. Brav hier sitzen und Däumchen drehen, das fiel ihm aber so gar nicht ein. „Was für einen Mist hast du dir da wieder eingebrockt, lieber Diego?“

Juan verlor keine Zeit und lief zurück ins Zimmer, dann die Treppe hinab und ging wieder hinaus zu den anderen Reichen.

Allerdings gesellte er sich nicht zu ihnen, sondern nahm sich ein Pferd der Vegas und ritt dann zum Tor hinaus, was lediglich Bernardo mitbekommen hatte.

 

Dieser Typ, er hatte den ganzen Abend nur doof rumgestanden, Wein gesoffen und hatte Leute beobachtet. Die ganze Zeit schon fand er ihn verdächtig, bis Lolitas Mutter ihn eingeweiht hatte, er sei der reiche adelige Cousin von Diego. Trotzdem – etwas an dessen Verhalten missfiel dem Jungen. Deswegen suchte er sich ebenfalls schleunigst eins der Ponys, um dem Älteren folgen zu können…

Gonzales wartete noch immer vor der Eingangspforte. „Melde gehorsamst, habe Diego Bescheid gegeben, aber so wie es aussieht… Sind wir jetzt erstmal auf uns gestellt…“ In dem Moment redete er wie ein Soldat, das hörte Bernardo natürlich – umso mehr misstraute er ihm. Natürlich gab er sich nicht zu erkennen und folgte ihnen heimlich.

 

Juan legte einen Affenzahn hin, so dass sogar Gonzales Mühe hatte mit dem Pferd Schritt zu halten. Er schien ein exzellenter Reiter zu sein. Genauso wie …

Beim Besehen des Jungspundes hoffte er, dass dieser den Degen an seiner Linken nicht nur zur Zierde trug – jedenfalls sollte Zorro nicht wie aus dem Nichts auftauchen…

 

Ehrlich gesagt, Jekyll hatte gelogen, als er Gonzales versprochen hatte, durchzuhalten. Nichtsdestotrotz richtete er sein Schwert gegen die Banditen, die den Verletzten natürlich nur mit Spott verhöhnten.

„Sprich dein Gebet!“

„Pfah!“ entgegnete Jekyll unbeeindruckt und sofort kreuzten sich Klingen und sie duellierten sich, aber man durfte nur nicht dem Irrglauben erliegen, dass die Banditen auch nur im Ansatz fair kämpften. Allein die Tatsache, dass sie an die zehn Mann waren. Fünf von ihnen mit schweren Schwertern, die sich gemeinsam auf den Offizier stürzten und ihm sämtliche Kraft abverlangten. Es dauerte auch nicht lange, da ging ihnen die Geduld aus, weil der Offizier eben einfach nicht einsehen wollte, sich zu ergeben und einer der Mistkerle sogar vom Baum auf Jekylls Arm schießen wollte. Gleich darauf ertönte auch schon ein Schuss, jedoch galt er nicht Jekyll, sondern dem Kerl auf dem Baum, der getroffen das Gleichgewicht verlor und vom Baum segelte.

„Zehn gegen einen Mann – ach wie fein – zehn gegen zwei klingt doch schon besser, nicht wahr? Ich sehe schon, mit euch muss ich nicht zimperlich umgehen!“ Es waren Kopfgeldjäger – die kannten keine Gnade – also würde er diese ebenfalls aus seinem Gedächtnis streichen. Nur kurz prüfend besah er den Captain und war doch sichtlich erleichtert, dass seine Verletzungen nicht schweren Grades waren.

„Ich freut mich euch wiederzusehen, Captain und Euch dienlich sein zu können.“ Zorro verbeugte sich vor dem Offizier, dieser durfte sich glücklich schätzen, er half selten ranghohen Offizieren – bei ihm machte er eine Ausnahme natürlich.

 

Von nicht weit entfernt hörte man Pferdehufe und die Banditen konnten ihr Pech gar nicht fassen. Aus dem Nichts war Zorro in Erscheinung getreten, wie der Retter der Menschheit – und dieser fette Kerl hatte wohl anscheinend auch noch einen weiteren Kerl mitgebracht.

„Scheiße, als wenn Zorro nicht reicht! Was machen wir denn jetzt?“

„Wie wär’s mit Weglaufen?“ konterte Zorro mit einem stichelnden Grinsen im Gesicht und löste unbändige Wut in einigen von ihnen aus.

„Du halt’s Maul, du Möchtegernheld!“ Mit diesen Worten attackierten ihn gleich drei, die er spielerisch mit der Klinge abfing. Er schwang seine Peitsche und riss ihnen den Boden unter den Füßen weg, so dass alle drei Männer von den Socken geworfen wurden und sich beim Rückwärtsfallen noch den Kopf stießen.

Schmerzenslaute waren zu hören, daraufhin attackierten Zorro die Nächsten, stellten sich aber ein bisschen geschickter an, als die anderen.

„Knallt diesen Clown doch einfach ab! Worauf wartet ihr?“ In solchen Gefechten ging das leider sehr schnell. Während dieser Armleuchter mit seinem Degen kämpfte, würden sie eben einfach auf ihn schießen, ihn schwer verletzen und dann den Sieg einheimsen – und das Geld, was man ihnen geboten hatte, für den Captain. Bestimmt würden sie noch fürstlicher entlohnt werden, wenn sie einen berüchtigten Kriminellen wie Zorro auch gleich mit lieferten…

„Auf den ist eine noch viel höhere Belohnung ausgesetzt! Los, machen wir ihn fertig! Alle gemeinsam! ATTACKE!“

 

Juan, welcher voran geritten war, sah das Treiben der Banditen – inmitten unter ihnen der Captain, dieser schien am Leben, was ihn auch sehr erleichterte. Außerdem der schwarz gekleidete – auch aus der Entfernung erkannte Juan, dass das Zorro sein musste. Für einen Moment besah er ihn nur, wie er den Degen führte.

So, du willst mich also verarschen, mein Guter? Nicht mit mir!

Auch Gonzales entdeckte Zorro und einerseits stimmte es ihn traurig, andererseits wiederum überhaupt nicht – er war sogar ehr glücklich darüber, ihn hier anzutreffen, zu sehen, auf ihn war doch immer noch Verlass.

 

Knallt ihn ab! So schnell ist er nicht! Noch nie in seinem 24-jährigen Leben hatte Gonzales diesen Satz so fürchterlich gefunden, weil er ihn an jene Tage erinnerte, wo sie nichts anderes getan hatten. Und nun war er hier, half dem Captain. An diesem regnerischen Tag, die Schüsse polterten durch die Nacht und trafen Zorros Leib – trotzdem hatten sie ihn in dieser Nacht nicht verfolgt – wahrscheinlich wäre er dann auch heute nicht hier. Fast hätte der kompolente Mann geglaubt, dass der Bandit nie wiederkehren würde, aber nun war er wieder da. Die gemischten Gefühle verwirrten ihn und es dauerte einen Moment, bis er zornig seine Fechtwaffe aus der Scheide zog. „Euch mache ich Beine! Feige Leute abzuknallen! Euch werde ich lehren, was Anstand ist!“

Sofort richteten sich die Blicke der Männer auf Gonzales, diese Gunst der Stunde nutzten nicht nur Jekyll und Zorro, um das Blatt zu wenden, auch Juan, der vom Pferd sprang und mit einem Satz direkt vor den Banditen landete, das Schwert noch im Sprung ziehen konnte und dieses dann einem der Anführer an die Kehle hielt.

„So etwas kann ich hier nicht dulden! Los, wehrt euch! En Garde!“

Einen solchen Ausruf hörten sie sonst nur von Zorro, wäre der nicht auch hier gewesen, hätte man Juan garantiert für ihn gehalten.

Aber auch Zorro schien für einen Moment die Fassung wahren zu müssen, als er das Gesicht des jungen Don Juan erblickte.

„Der Captain ist verletzt! Wir sollten uns hier keinesfalls verausgaben!“ sagte Gonzales, jedoch schien Juan die Sache anders zu sehen. Seine gesamte Mimik hatte sich mit einem Schlag gewandelt und er legte einen Kampfgeist an den Tag, den man jungen Caballeros zusprach, die keinen Kampf scheuten, um für irgendeine Señorita einen unnötigen Tod zu sterben… Aber er erwies sich als exzellenter Schwertkämpfer und entwaffnete zwei von ihnen mühelos.

„Na, wollt ihr noch mehr, oder zieht ihr es vor, feige zu verduften?“

„Mistkerl!“ spie man ihm entgegen. „Der ist ja noch frecher als Zorro!“

„Danke für das Kompliment, das hört man gerne“, grinste Juan und sie umzingelten ihn.

„Freiwillige vor“, ärgerte er sie und sofort griffen erneut mehrere von ihnen an und verwickelten ihre Waffen in eines hartes Gefecht.

Zorro hatte leider keine Zeit und auch nicht die Ruhe, um Juans Fechtkünsten allzu lange zuzusehen. Aber eines merkte er sofort du bist ja richtig gut geworden in den letzten Jahren. Da muss ich ja teuflisch aufpassen, dass du nicht auch auf mich losgehst. Und frech geworden bist du auch ganz schön… Als ich von Spanien wegging, warst du noch ein kleiner Junge. Deswegen hast du mich also so entsetzt angesehen, als ich sagte, es sei zu gefährlich…

Es war wie in alten Zeiten. Sie standen Rücken an Rücken und standen füreinander ein. Es war eine glückliche Wendung, auch wenn die Banditen von Fairness wenig hielten, schafften sie es, ebenjene zu entwaffnen und dann in die Flucht zu schlagen.

 

Captain Jekyll begrinste Zorro und obwohl er ihn zu Tode nervte, heute freute er sich nicht wenig, dass er hergekommen war. Ihm glänzte der Schweiß auf der Stirn, doch obwohl er so sehr schwitzte, war er im Gegenzug dazu ziemlich blass.

„Ich würde mich gern bei dir bedanken, Zorro, aber – du bist zu spät gekommen…“

Erschrocken blickten sie auf den Captain, der noch weißer wurde als eine Wand und sich die Seite hielt, wo man natürlich sofort eine Wunde vermutetet.

Diego ärgerte sich über seine eigene Dummheit, so etwas wichtiges übersehen zu haben.

„Gott nein!“ entwich ihm schockiert und er fluchte, wie man Zorro selten kannte. „Scheiße!“

Auch Juan war entsetzt, ebenso Gonzales, doch Zorro war es, der den fallenden Jekyll im letzten Moment noch schnappte, als dieser zusammensackte. Unter seine Arme gegriffen hatte er und hielt ihn.

„Ich hoffe doch, dass das alle Banditen waren…“ Juan schaute sich um. „Wir müssen ihn sofort hier wegbringen, er braucht dringend ärztliche Versorgung!“

„Bis in die Stadt ist es zu spät – ich habe eine andere Idee! Die Hacienda de la Vega ist in diese Richtung“, Zorro deutete die Richtung an, „mir scheint es jedoch, sollten wir Jekylls Verletzung lieber geheim halten“, sagte er todernst.

Sein Blick richtete sich auf die Banditen, die nun so gar nicht lustig fanden, dass Zorro sie mit einem solch bösen Blick bedachte.

„Ich glaube, der ist sauer… Los, lass uns abhauen!“ 

„Feige Aasbande!“ schrie Juan und wirkte nicht minder verstimmt als Zorro und drohte ihnen. „Hiergeblieben! Oder ich schieße!“

„Verdammte Scheiße, der ist schießwütig!“

Juan schien ernst zu meinen, was er ihnen androhte, den seine Waffe war geladen und somit scharf.

„Juan~“

Der Angesprochene zuckte, als er seine Stimme vernahm. „Du kennst diese Gegend wie deine Westentasche – und du kennst bestimmt auch gewisse Höhlen, nicht wahr? Bring ihn dorthin und warte dort auf mich!“ wies er den Jüngeren an und war sich teuflisch sicher, dass er wusste, was er damit meinte.

„Gut, das eine Mal, ZORRO! Nur diesmal helfe ich dir! Ich will mit dem Unfug, den du hier betreibst nämlich nicht in Verbindung gebracht werden, verstanden? Und später reden wir darüber!“

Als würde Papa mit mir sprechen – unglaublich. Was denkt er sich? Dass ich ein Kleinkind bin?

Diese Selbstverständlichkeit, in welcher Zorro Juan Jekyll so einfach überließ – das machte kein normaler Mensch, wenn er den anderen nicht ziemlich gut kannte. Je mehr Juan darüber nachdachte, umso fuchsiger machte es ihn. Fuchsiger… Bin ich etwa auch schon so link?

 

Gonzales dämliches Gesicht ließ Zorro nur kurz schmunzeln. „Keine Sorge, Gonzales! Ich räume mit denen hier noch ein bisschen auf und fordere Antworten! Juan wird sich gewiss gut um deinen Captain kümmern! Verzage nicht! Alles wird gut werden!“

Nun war es Zorro, der seinen Degen ihnen entgegen richtete. „Also, spuckt es aus! Damit der Sergeant wenigstens im Bilde ist! Wer hat euch dazu veranlasst, den Captain anzugreifen?“ Die bebende Stimme des Bandits donnerte ihnen entgegen und sie hatten wirklich Schiss. Ihre Waffen lagen am Boden und der Typ war darüber bekannt, überall sein Z reinzuritzen – auch in nicht so nette Stellen – und gerade war der unheimlich wütend.

„Hast du einen Knall? Die Armee jagt dich! Was schert es dich, ob man ihn versucht umzulegen?“

„Meine Beweggründe sind zu hoch für unterbelichtete, die nur für Geld töten! Ihr habt meine Frage nicht beantwortet!“ Dem einen drückte er den Degen gegen die Kehle und dieser begab sich sogar auf die Zehenspitzen, um der Waffe zu entkommen.

„Kommandant Raymond natürlich! Was glaubst du denn? Scheint so, als wenn der Captain ihn zu sehr genervt hat und er ihn jetzt loswerden will!“

„Dankeschön für dieses Geständnis!“ Zorro grinste gefährlich und hinterließ sein Zeichen. Das Zeichen des Zorro – ein Z. Höflich wie er war, zückte er sogar den Hut.

„Gonzales! Ich überlasse die Typen euch! Kümmern Sie sich gut um sie! Schön brav einsperren. Ich empfehle mich dann!“

Beim herumdrehten zu seinem Pferd sah er zwar, den bekümmerten Blick des jungen Soldats, es tat ihm ja in der Seele weh, aber mehr als versprechen sie würden sich gut um Jekyll kümmern, konnte er auch nicht. Nur kurz warf er ihm noch einen Blick zu und hatte geradezu das Gefühl, Gonzales wollte etwas sagen, was ihm leider im Halt stecken blieb. Aber er hatte das Gefühl, man brachte ihm Vertrauen entgegen.

„Danke, dass du gekommen bist. Das müsstest du nicht, immerhin jagen wir dich, wie der Bandit gesagt hat.“

„Ach, keine Ursache – ich hasse Leichen.“ Ein Seufzen entkam ihm. „Leichen von guten Leuten, wie ihr beide.“ Das musste er ihm noch sagen, bevor er mit einem „ADIOS!“ davon ritt, in dieselbe Richtung wie Juan mit dem Captain geritten war.

„Glaubt ja nicht, dass ich blöd bin und ihr abhauen könnt!“ fauchte er die Banditen an und wirkte dabei wohl so gefährlich in seiner Aufmachung, dass sie einen Schritt zurückwichen und sich anstandslos fesseln ließen und nicht einmal ansatzweise auf die Idee kamen, einen Fluchtversuch zu starten. Die gefesselten Leute zog er mit einem Seil hinter sich her und sie mussten den ganzen Weg zu Fuß zurücklegen – das war bereits eine dicke Strafe konnte man meinen.

„Ich hoffe wirklich, dass seine Verletzung nicht allzu schlimm ist. Was soll ich denn ohne den Captain machen? Er war der einzige, der nett zu mir war und mich ernst genommen hat?“ Gonzales hatte schon oft bewiesen, dass er Heulen konnte und jetzt tat er es. Nicht nur weil sein neu hinzugewonnener Verbündeter verletzt worden war. Viel schlimmer -  Juan hatte Diego bescheid gesagt, nicht wahr? Das hatte Juan doch so gesagt. Diego ist Zorro – zweifellos. Und jetzt? Klappe halten, Gonzales! Jetzt muss ich wohl lügen lernen…

 

Juan hatte es geschafft – es stimmte, was Diego gesagt hatte. Er kannte diese Gegend wie seine Westentasche. Sofort hatte er die Stelle wiedergefunden, wo das geheime versteck war, zu dem Diego und er als Kinder gerne entwischt waren, bis sein Vater ihre Freundschaft mehr als nur unterbunden hatte.

Als sie ankamen, erlangte Jekyll das Bewusstsein wieder.

„Euch muss ich wohl auch danken…“ Es schien nicht, dass der Rothaarige sich allzu gern bedankte. „Wie kommt es, dass Zorro Euch vertraut? Da müsst ihr ja ein guter Mann sein.“

Juan war erfreut die Stimme des Verletzten zu hören. „Señor, Sie sollten jetzt nicht reden!“

Hinter ihm war bereits Zorro im Anmarsch, das hörte man, da langsame Hufschläge zu hören waren.

„Welche Art Beziehung pflegt ihr beide?“ fragte Jekyll den Dunkelhaarigen und dieser lächelte. „Ach, sagen wir FREUNDE ist treffend.“

„So? Dann sei ein guter Freund und lauf ins Haus und informiere mir bitte Lolita! Ich bleib bei dem Captain! Sie soll alles notwendige mitbringen, um seine Wunde zu behandeln.“

„Gut… Na toll… Jetzt lässt er auch noch eine Frau für sich arbeiten. Unglaublich so was…“, murmelte Juan und seufzte tief, nahm dann aber die Beine in die Hand und holte Lolita, wie ihm geheißen wurde.

„So, so-“ Diese Worte von Jekyll schienen Zorro nicht zu beunruhigen. Dieser kniete sich zu dem Captain, den Juan vorsichtig abgelegt hatte.

„Wo bin ich hier nun? Sag nicht, dass das der Fuchsbau ist.“ Es klang irgendwie belustigt.

„Kann man wohl meinen. Aber anbetracht der Tatsache, dass sie des halben Weges nicht bei Bewusstsein waren, werden Sie den Weg nicht noch einmal finden. Welch ein Pech für Sie. Wo man für Zorros Erfassung ja vielleicht sogar befördert werden könnte.“

Zorro schien ihm äußerst redselig zu werden, leider hatten sie bisher nie die Gelegenheit mehr als ein paar Worte zu wechseln.

Was der junge Mann – denn das sah man ihn an, dass er jung war – sagte, wirkte in den Ohren des Captains doch ein bisschen traurig.

„Einen Mann wie mich, den befördert man nicht. Außerdem könnte ich es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, wenn man Sie hängt, Zorro. Genau das plant der Kommandant mit Ihnen. Ich würde Sie gerne schnappen, damit man Sie für ihre andauernde Einmischung in Armee-Angelegenheiten bestraft. Aber ich sehe davon ab, Jedenfalls solange, bis man in dieser Stadt auch wirklich von Gerechtigkeit sprechen kann.“

„Das juckt mich nicht.“ Es klang gleichgültig, als hätte Zorro mit seinem Leben schon vor langer Zeit abgeschlossen.

„Das ist traurig – wirklich.“ Zum ersten Mal sah man Emotionen in Jekylls Gesicht, jedenfalls war es das erste Mal, dass sie Zorro gewidmet waren. „Und was ist mit der Señorita, die ihr Herz an Sie verloren hat? Juckt Sie das etwa auch nicht?“

Die Frage war unangenehm und Zorro schwieg, dachte überhaupt nicht daran zu antworten, als besagte Person auch schon den Korridor entlang gestürmt kam, auf Juans Führung hin. Auch sie war zum ersten Mal hier – vor ihr hatte man dieses Geheimversteck bis zuletzt verschwiegen.

Es war schon ein großer Schock für sie, dass Diego Jekyll hierher gebracht hatte. Es war das Haus der de la Vega – wenn er das heraus fand, dann…?

Ein dicker Kloß saß in ihrem Hals. „Willst du ihm nicht antworten? Juckt es dich nicht?“ Dass sie sich immerzu Sorgen um ihn machen musste – war ihm das egal? Dachte er, eine starke Frau wie sie konnte das einfach wegstecken?

Zwar fragte sie, verlor aber auch keine Zeit, zu dem Offizier hinüberzukommen.

„Kümmer dich bitte um ihn. Das andere – das gehört nicht hierher.“ Damit versuchte sich Zorro rauszuwinden, bekam aber nur einen empörten Blick und einen schnippischen Laut. „Pff!“

„Er darf unter keinen Umständen sterben, hörst du?“

„So schnell sterb ich ni- AH!“ Sie hatte ohne Gnade seine Kleidung an der Stelle zerrissen, wo die Wunde noch klaffte, was sogar einen starken Mann wie Jekyll nicht kalt ließ.

Noch immer war es merkwürdig, hier zu seinem. Einem Banditen mehr Vertrauen entgegen bringen zu können als den meisten eigenen Leuten. Es war ja sehr edel von Zorro, sich um sein Leben zu sorgen. Gerade eben hatte er ihm noch mitgeteilt, dass er ihn gerne gerecht bestrafen würde. Also machte ihm das wirklich nichts aus? Aber welche Strafe war angemessen?

„Diesem Rotzlöffel gehört eine ordentliche Trachtprügel, Señorita! Wollt Ihr das nicht vielleicht übernehmen? Damit würdet Ihr mir einen großen Gefallen tun…“

Lolita sah ihn verwirrt an, wenig später Zorro. Dieser räusperte sich über die Nettigkeit vom Captain.

„Ich denke, Rotzlöffel trifft es nicht so ganz! Dafür ist er zu alt“, meinte sie und schüttelte den Kopf. „Aber ich sehe, was ich machen kann.“ Lolita versuchte Jekyll nicht mehr als nötig zu quälen, aber wie sie sah machten die Männer nur zu viel Aufriss. Sterben würde er nicht – auf keinen Fall.

„Tja, Zorro! Seine Verletzung ist zwar nicht zu verachten, aber ein richtiger Mann wird wegen so etwas doch nicht den Löffel abgeben. Ist ja schließlich kein schwanger Mann.“ Es war ein süßes Lächeln in ihrem Gesicht – sie wollte ihn ärgern. Er wusste wahrscheinlich auch ganz genau, wie es gemeint war.

Ja doch! Gib’s mir! Hab’s wohl verdient!  Du meinst, er ist kein Schwächling wie ich, um den man sich so sehr sorgen muss?

Sie war schon ein Früchtchen, so etwas zu sagen – aber gerade das unverschämte Mundwerk liebte er so sehr an ihr.

„Umso schlimmer! Wäre er ein Kind, könnte man es als Jugendstreiche durchgehen lassen, aber mir war bewusst, dass dem nicht so ist. Ich möchte nur heute einmal klarstellen, dass ich nicht blind bin. Und dass ich mehr weiß, als ihr vielleicht annehmt. Ich mag es, wenn ich alles weiß. Deswegen forsche ich auch gerne nach. Das findet mein Kommandant wohl leider nicht so berauschend in manchen Fällen. Was Zorro angeht, habe ich meine eigenen Studien betrieben. Ich war es Leid, immer wieder nur Geschichten von ihm zu hören, die hinten und vorne keinen Sinn ergeben. Das Bild, was man mir vermittelt hat, passt schon solang nicht mehr. Ich würde mir wünschen, dass er mit dem Unsinn aufhört und die Armee einfach ihre Arbeit machen lässt.“

Juan seufzte laut und schüttelte den Kopf, wollte dazu ja eigentlich nichts sagen, grinste in sich hinein und gab dann doch ein ganz kleines Lachen von sich. „Gelungener Witz, Captain! Es gibt weit und breit kein stureres Individuum als ihn.“ Damit verriet er aber zumindest Lolita und Zorro, dass er besten bescheid wusste.

„Der junge Mann scheint um eure Identität zu wissen. Seid bloß vorsichtig, wer weiß, wer noch davon weiß?“ Es schien den Captain doch ein kleines bisschen zu amüsieren. Juan schien es noch belustigend zu finden, in Zorros Gesicht war jedoch sämtliche Amüsierung gerade gestorben.

„Ich möchte nichts davon hören. Es gibt gewisse Offiziere, die sämtliche Mitwisser eliminieren würden.“

„Dafür müssen sie erst einmal davon wissen, was wir wissen. Ich denke wir alle sind erwachsen genug, um dieses Geheimnis zu hüten.“

„Es gibt Menschen, die hüten es schon ziemlich lange und sagten doch nie ein Wort. Denken Sie über meine Worte nach, Zorro. Tun Sie es reiflich, dann wird ihnen auffallen, wem Sie zu Dank verpflichtet sind, weil diese Leute Kopf und Kragen riskieren. Seien Sie also ein bisschen umsichtiger mit Ihrem Leben.“

„Sagt der Richtige, der sich in wildem Kampfgeschrei in Unterschlüpfe von Banden wagt, um ihnen den Gar auszumachen. Schau mich nicht so an, Lolita! Im Gegensatz zu IHM bin ich vorsichtig…“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Und damit, meine lieben Lesen beginnt wohl die eigentliche Geschichte… Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aus die Maus. Tja… jetzt seid ihr bestimmt enttäuscht, dass ich nicht weiterschreibe. Aber keine Sorge, mehr wird nicht zwischen ihnen passieren ganz gewiss nicht XD Davon dürft ihr gerne weiter träumen. Aber ihr dürft euch auf Gabriels AUFSTAND gefasst machen. Und wie Diego das ganze händeln wird… :P Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
So.
Wie Diego darauf reagiert, darauf müsst ihr nun leider warten xD Und Lolita. Wird sie im Boden versinken? Es weg ignorieren oder so wie sie nun einmal ist laut werden? *ggggg* Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Tja, was hat Gabriel vor? Und was wird mit Jekyll und seinem treuen Gefährten Gonzales passieren? Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (3)

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Von:  MayAngel
2017-05-30T13:36:17+00:00 30.05.2017 15:36
bis hierher bin ich gekommen und bin total begeistert >.< so schlecht wie du behauptet hast, ist es gar nicht xD ich mag wie du die Charaktere bisher beschrieben hast. auch die Erzählung ist schön. Vor allem liebe ich die Ich - Perspektive...
so etwas können nur sensible Menschen so schreiben xD
Von:  igorrrr
2017-03-26T18:38:55+00:00 26.03.2017 20:38
Ich habe jetzt nur mal kurz reingeschaut, aber ich werde sie definitiv lesen. Habe sie schon mal als Favo markiert.
Tüdelü Igorrrr alias Néko alias Gesine
Von:  Masaki
2017-03-05T16:21:31+00:00 05.03.2017 17:21
pls translate me to english xD


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