Rapunzel, Rapunzel von Yuri91 (Lass dein Internetkabel herunter) ================================================================================ Kapitel 1: Wenn Internet und Realität aufeinandertreffen -------------------------------------------------------- [Cherrypie_012601] Hey! Alles gut bei dir? Du bist heute echt spät dran. [LoneWolf012110] Alles in Ordnung. [Cherrypie_012601] Dachte schon, du hättest mich vergessen. [LoneWolf012110] Als ob. Es gab nur mal wieder den üblichen Stress. [Cherrypie_012601] Dein Bruder? [LoneWolf012110] Ja. [Cherrypie_012601] Okay. Jetzt soweit alles in Ordnung? Wir  müssen ja nicht miteinander chatten. Kann verstehen, wenn dir nicht der Sinn danach steht.     Mit klopfendem Herzen blickte die junge Frau auf den Bildschirm. Sein blaues, kaltes Licht war die einzige Lichtquelle in ihrem sonst dunklen Zimmer. Sie hatte sich bislang nicht die Mühe gemacht das Licht einzuschalten und das würde sie wohl auch erst tun, wenn sie ins Bett ging. Doch das konnte noch ein paar Stunden dauern. Vorausgesetzt LoneWolf0121100 würde heute mit ihr reden wollen. Gespannt wartete sie auf die Antwort. Das Chatfenster zeigte ihr an, dass er gerade dabei war ihr eine Nachricht zu schreiben. Eigentlich war ihr Verhalten kindisch. Sakura war bereits 22 Jahre alt, ging an die Universität von Tokio und studierte dort Medizin und verbrachte doch jeden Abend damit zu, mit einem Kerl zu chatten, dessen Namen sie nicht kannte, geschweige denn den sie noch nie gesehen hatte. Und doch freute sie sich jeden Tag aufs Neue darauf, mit LoneWolf012110 zu chatten. Okay, vielleicht war es nicht kindisch. Vielleicht war Sakura auch einfach nur einsam. Sie hatte Freunde und Familie. Sie unternahm auch regelmäßig etwas mit ihnen. Dennoch fehlte etwas in ihrem Leben. Sakura war noch nie richtig verliebt gewesen und bislang hatte sie es nicht bereut, noch keinen Freund gehabt zu haben. Nur jetzt, wo all ihre Freundinnen und Freunde einen Partner hatten und die ersten bereits übers Heiraten nachdachten, war ihr bewusst geworden, dass sie sich, trotz Freunde und Familie, einsam fühlte. Dabei war Sakura immer stolz darauf gewesen, dass sie auf keinen Mann in ihrem Leben angewiesen war. Sie lief Männern einfach nicht hinterher. Sie war mit ihnen befreundet, aber nicht mehr. Bislang hatte sie auch nie einen Freund gewollt. Bis jetzt. Seit einigen Wochen – es waren wohl schon etwas über 3 Monate – chattete sie regelmäßig mit LoneWolf0121100 abends, nicht selten bis spät in die Nacht hinein. Und so sehr sie sich immer darauf freute mit ihm zu reden, so nervös war sie jetzt, da die Möglichkeit bestand, dass er sie versetzen und etwas anderes tun würde. Mit Erleichterung las sie die neue Nachricht ihres anonymen Chatpartners. [LoneWolf012110] Mit dir chatten lenkt mich ab. Außerdem ist es ein viel schönerer Zeitvertreib, als irgendetwas anderes, was mir in den Sinn kommt, Prinzessin. Lächelnd begann Sakura ihre Antwort zu tippen. Vor gut vier Monaten war sie durch Zufall auf einer Internetseite gelandet, in der man unter anderem mit Fremden chatten konnte. Sie hatte zu diesem Zeitpunkt nichts Besseres vorgehabt und aus reiner Langeweile ein wenig auf dieser Seite gesurft und mit verschiedenen Leuten einen Chat angefangen. Mehr wurde zunächst nichts daraus. Danach war sie noch ein paar Mal sporadisch auf diese Seite gegangen. Die meisten Leute dort hatten nach einer Beziehung oder Sex gesucht. Nur selten hatte sie sich mit jemandem über ein anders Thema unterhalten können. Bis sie mit LoneWolf0121100 angefangen hatte zu chatten. Anfangs hatten sie über politische Themen geredet, über aktuelle Dinge, bestimmte Filme, Bücher und sie hatten sogar ein wenig herum philosophiert. Es war nichts Persönliches gewesen. Aber es hatte Spaß gemacht mit jemanden zu reden, der sich anscheinend auf derselben Wellenlänge befand wie sie. Dann irgendwann hatten Sakura und LoneWolf0121100 angefangen über persönlichere Themen zu reden. Zunächst zögerlich, dann jedoch immer offener. Sakura wusste, er war Angestellter in einer Bank. Er mochte den Job nicht sonderlich und wollte eigentlich etwas Kreatives tun, aber nach seinem Wirtschaftsstudium – auf das bereits seine Eltern bestanden hatten – war er dem Wunsch seines Vaters nachgekommen und hatte in einer großen, berühmten Bank angefangen und hatte dort gute Karrierechancen, wenngleich ihn das eher wenig interessierte. LoneWolf0121100 hatte auch noch einen Bruder. War er älter oder jünger? Sakura hatte es vergessen. Allerdings gab es zwischen den Brüdern, und vor allem in Kombination mit dem Vater, immer mal wieder Reibereien und Spannungen zwischen ihnen. So wie heute. Trotzdem hielten sie wie Pech und Schwefel zusammen. Sakura, die ein Einzelkind war, konnte das nicht so ganz nachvollziehen. Sie selbst hatte LoneWolf0121100 von ihrem Studium erzählt und von ihrem Traum, einmal eine eigene Praxis zu haben. Auch unterhielten sie sich ein wenig über ihre Freunde, gaben lustige Geschichten aus ihrer Schulzeit zum Besten, unterhielten sich über ihre Hobbys und was ihnen sonst so in den Sinn kam. Alles in allem konnte Sakura mit LoneWolf0121100 eigentlich über alles reden. Seitdem sie mit ihm chattete, fühlte sie sich auch nicht mehr so einsam. Es war, als würde die Leere in ihrem Innern durch ihn gestillt werden. Sie hatte sich bereits das ein oder andere Mal gefragt, ob sie sich nicht in den ihr unbekannten Mann verliebt hatte, wegen dem sie immer aufgeregt ihren Laptop hochfuhr, um mit ihm stundelang zu chatten. Aber das war Unsinn. Wie konnte sie sich in jemanden verlieben, den sie nie gesehen hatte? Außerdem konnte alles, was LoneWolf0121100 ihr schrieb, erstunken und erlogen sein. Nur weil Sakura die Wahrheit schrieb, hieß das nicht automatisch, dass ihr Chatpartner dasselbe tat. Geschweige denn, dass er für sie auf ähnliche Art und Weise empfand. Kosename hin oder her. Es war wirklich Schwachsinn. Dabei hatte sich Sakura des Öfteren dabei ertappt, wie sie LoneWolf0121100 nach einem Treffen hatte fragen wollen. Die Frage hatte sie auch schon häufiger aufgeschrieben, sich dann aber doch nie getraut die Nachricht abzuschicken. Was, wenn er sie nicht treffen wollte? Was, wenn er ein alter, perverser Sack war oder ein ganz ekliger Typ? Eventuell war er ja auch extrem übergewichtig oder es war ein 12 jähriger, mit dem sie sich stundenlang unterhielt. Und die Möglichkeit, dass sie mit einem Familienvater schrieb, bestand auch. Da war es doch besser, sie beließ es wie es war. So konnte sich Sakura weiter ihrer Illusion hingeben, dass LoneWolf0121100 irgendwann ihren Turm der Einsamkeit erklimmen und sie retten würde. Wie in dem Märchen von Rapunzel, das ihre Mutter ihr damals als Kind fast täglich hatte erzählen müssen, weil sie sonst nicht hatte schlafen gehen wollen. Bis heute war es eines ihrer Lieblingsmärchen. Obwohl Sakura nicht auf ihren Prinzen in glänzender Rüstung, der auf einem weißen Pferd herangeritten kam, wartete, so hoffte sie doch irgendwann auf die Person zu treffen, die sie aus ihrer Einsamkeit holte. [Cherrypie_012601] Da bin ich froh. Und, wie war die Arbeit heute? [LoneWolf012110] So wie immer. Langweilig. Wobei, heute hatten wir einen interessanten Kunden, wegen dem sogar der Sicherheitsdienst gerufen wurde. Und so chatteten Sakura und der Unbekannte, der sich in der Anonymität des Internets nur LoneWolf0121100 nannte, bis weit nach Mitternacht. Gut das morgen Samstag war.   Genervt verdrehte die junge Medizinstudentin ihre grünen Augen. Würde das jetzt die nächsten Minuten nur so weiter gehen oder würden sie irgendwann auch mal über etwas anderes reden. In Sakura kam der Verdacht auf, dass ihre beste Freundin Ino, mit der sie gerade am Handy telefonierte, so schnell nicht das Thema wechseln würde. Wenn Ino eines war, dann hartnäckig. Wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, gab es kein Entrinnen. Dann gab es nur zwei Möglichkeiten. Entweder gab Sakura Klein bei oder aber sie würde sich auf einen Streit einlassen, der anschließend dazu führen würde, dass sie wieder einmal tagelang nicht miteinander reden würden. „Komm schon. So schlimm wird es nicht. Versprochen.“ „Ich habe aber keine Lust darauf.“ „Na, du hast ja wohl kaum etwas Besseres vor. Sakura, in den letzten Wochen waren wir so gut wie gar nicht weg. Es tut dir gut mal wieder unter die Leute zu kommen.“ Eigentlich hatte Ino Recht. In den letzten Wochen war sie so sehr damit beschäftigt gewesen mit LoneWolf0121100 zu chatten, dass sie dafür sogar ihre Freunde versetzt hatte. „Außerdem sind Naruto, Hinata und Tenten auch mit dabei. Und wir lernen dann endlich mal Tentens neuen Freund kennen!“ Aufgeregt stellte Ino die unterschiedlichsten Vermutungen, was für ein Typ das wohl sein würde. Bislang hatte Tenten ein großes Geheimnis darum gemacht. Lediglich, dass er älter und beim Militär war, hatten sie ihr als Information entlocken können. Wenn Sakura ehrlich war, interessierte es sie auch brennend, wen ihre Freundin sich da wohl angelacht hatte. „Und damit du nicht die einzige unter uns drei Paaren bist“, fuhr Ino fort, deren Verlobter Sai auch mit von der Partie sein würde, „hat Tenten gesagt, würde ihr Freund auch noch einen Kumpel mitbringen.“ Genervt stöhnte Sakura auf. „Ein Blinddate? Auf keinen Fall!“ Gerade eben hatte sie noch überlegt, ob sie nicht doch mitgehen sollte, doch jetzt war ihre Motivation ins Bodenlose gesunken. „Nur über meine Leiche!“ „Sakura, jetzt stell dich nicht so an! Niemand hat etwas von einem Blinddate gesagt“, versuchte Ino ihre aufgebrachte Freundin zu beruhigen.“ Er wird nur mitkommen, damit du nicht ganz alleine unter Paaren bist.“ „Ich habe kein Problem damit, das fünfte Rad am Wagen zu sein“, entgegnete Sakura prompt. „Mag sein. Es bringt dich aber auch nicht um neue Leute kennen zu lernen. Du musst ja nicht gleich was mit dem Typ anfangen. Es reicht doch, wenn ihr euch nett unterhaltet und dann wieder getrennte Wege geht. Oder vielleicht werdet ihr ja auch Freunde! Was weiß ich. Du kannst den Kerl auch komplett ignorieren. Wir wollten dir nur etwas Gutes tun und dir mal ein bisschen Abwechslung verschaffen. Immerhin hängst du seit Jahren mit denselben Leuten ab. Da wirst du nie im Leben weiterkommen.“ Und schon wieder hatte Ino Recht. Sakura selbst wusste, wenn sie etwas gegen das Gefühl der Einsamkeit machen wollte, durfte sie eben nicht wie die Prinzessin aus ihrem Lieblingsmärchen in ihrem Turm untätig sitzen bleiben und auf ihren Prinzen in weißer Rüstung warten. Sie musste sich selbst die Haare abschneiden, ein Seil daraus knüpfen und aus dem Turm klettern! Was konnte es also schaden, jemand Neues kennenzulernen? Dass ihr bei dem Gedanken daran automatisch LoneWolf0121100 in den Sinn kam und sie ein schlechtes Gewissen bekam, als sie Ino letztendlich zögernd zusagte, ignorierte Sakura. Sie mochte zwar ihren Chatpartner mögen und die Gespräche mit ihm schätzen, aber alles andere wäre wohl wirklich übertrieben. „Super! Dann sehen wir uns in vier Tagen! Bis Samstag dann!“ Und schon erklang das übliche Tuten des Telefons, das Sakura sagte, dass Ino bereits aufgelegt hatte. Ob Ino wirklich nur ihr Bestes im Sinn hatte oder sie doch eher darauf spekulierte, dass Sakura endlich einen Freund fand? Seufzend legte sie das Handy beiseite. Jetzt war es auch zu spät. Sie würde hingehen.     [Cherrypie_012601] Bin wieder da. ’Tschuldige fürs Warten lassen. [LoneWolf012110] Mach dir keinen Kopf. [Cherrypie_012601] Ich glaube meine Freundin hat mich gerade zu einem Blinddate überredet. Überrascht blickte Sakura auf das eben Geschriebene. Warum fing sie jetzt damit an? Tief in ihr wusste sie, dass ihr die Reaktion von LoneWolf0121100 wichtig war. Ein kleiner – oder besser gesagt recht großer – Teil von ihr hoffte, er würde seinerseits nun ein Treffen vorschlagen und dass er nicht wollte, dass sie einen anderen Mann traf. Mit den nächsten Worten zerstörte er zugleich diese aufkommende Hoffnung.     [LoneWolf012110] Wirklich? [Cherrypie_012601] Ja. Will da aber nicht wirklich hin. [LoneWolf012110] Wird bestimmt besser, als es sich anhört, Prinzessin. Lass dich einfach drauf ein. So schlimm wird es sicherlich nicht. [Cherrypie_012601] Warst du schon mal auf einem Blinddate? [LoneWolf012110] Ich nicht, aber ein Kumpel von mir. Jetzt ist er mit seinem Date seit ein paar Monaten zusammen. Also Kopf hoch. [Cherrypie_012601] Danke.     Nach dieser knappen Antwort wechselte Sakura das Thema. Was interessierte sie sein Kumpel? Sie wollte einen Protest von LoneWolf0121100 hören. Sie wollte, dass er um sie kämpfte. Aber da hatte sie anscheinend zu viel erwartet. Niedergeschlagen gestand sich Sakura ein, dass ihre Gefühle wohl einseitig waren. Es war wohl auch besser so. Immerhin brauchte sie keinen Typen, den sie über das Internet kennengelernt hatte. Sie würde sich selbst aus ihrem Turm der Einsamkeit befreien!   Die nächsten Tage vergingen wie im Flug. Wie immer hatte Sakura mit LoneWolf0121100 jeden Abend gechattet, wenngleich sie das Thema „Blinddate“ vermieden hatte. Und das, obwohl LoneWolf0121100 das ein oder andere Mal versucht hatte das Thema darauf zu lenken. Jetzt stand Sakura vor ihrem Kleiderschrank. Auf dem Boden und dem Bett verteilt lagen bereits ausgemusterte Kleidungsstücke. Sie alle waren von Ino für nicht gut genug befunden worden. „Wir müssen dringend mal wieder shoppen gehen. Ein paar aktuellere Klamotten wären nicht verkehrt“, meinte Ino, die auf Sakuras Bett saß. Ihre langen, blonden Haare hatte sie wie immer zu einem hohen Pferdeschwanz zurückgebunden. In ihrer schwarzen, engen Hose und dem dunkellila Top mit tiefen Ausschnitt – was die Blondine mit ihrem üppigen Dekolleté gut ausfüllte – sah ihre Freundin einfach fantastisch aus. Ino hatte einfach ein Händchen für Mode. Nicht nur das. Für Kunst generell. Kein Wunder, dass sie Kunst studierte. Und es war auch kein Wunder, dass ihr Verlobter ebenfalls dasselbe Fach an der Uni belegt hatte und sie ihn dort kennengelernt hatte. „Na, ich laufe lieber in Klamotten herum, die aus der Mode gekommen sind, als im Partnerlook.“ Sakuras bezog sich dabei auf Sai, den Schwarzhaarigen Verlobten von Ino, der ebenfalls eine schwarze Hose und ein T-Shirt in Dunkellila trug und im Moment in der Küche auf die zwei Freundinnen wartete. Lächelnd zuckte Ino mit den Schultern. „Ich habe wenigstens jemanden, mit dem ich mich im Partnerlook zeigen kann.“ Die spitze Antwort war nicht böse gemeint. Ein Gespräch zwischen Ino und Sakura wurde von Außenstehenden schnell als Streit fehlinterpretiert, obgleich kein Blatt Papier zwischen die besten Freundinnen passen würde. „Lieber Single sein, als sich zum Affen machen, finde ich“, konterte Sakura. Im nächsten Moment lachten die beiden Freundinnen laut los. „Ja, ja, schon gut. Du wirst nie im Partnerlook rumlaufen. Habe kapiert. Aber jetzt lass uns erst mal etwas finden, das du heute Abend anziehen kannst. Du kannst ja schlecht nackt gehen. Wobei…“ fügte Ino mit einem perversen Lächeln hinzu. Ihre Augenbrauen gingen dabei anzüglich in die Höhe. Lächelnd verdrehte Sakura die Augen. „Hör auf damit und hilf mir lieber.“ Letztendlich hatten Ino und Sakura irgendwann ein Outfit gefunden, dass beiden Frauen gefiel. Nicht zu sexy – Sakura hatte einige Vorschläge ihrer Freundin abgetan, mit der Begründung nicht wie eine Nutte aussehen zu wollen – und nicht zu bieder. Ein luftiges, türkisfarbenes Sommerkleid hatte den Sieg davon getragen, das ihre eher bescheidenen weiblichen Rundungen an den richtigen Stellen betonte. Außerdem liebte die Rosahaarige sämtliche Röcke und Kleider, die glockenförmig fielen und beim Gehen immer schwungvoll mitwippten. Der Sommer in Tokio war immer lang, heiß und schwül. Daher konnte Sakura auch abends mit einem Neckholder-Kleid problemlos ausgehen, ohne gleich zu frieren. Dennoch hatte sie vorsichtshalber eine weiße, dünne Strickjacke mitgenommen. „Sie verspäten sich.“ „Um ehrlich zu sein sind wir zu früh.“ Überrascht riss Ino ihre blauen Augen auf. „Wirklich? Wir sind zu früh?“ Als Antwort nickte Sai seiner Verlobten zu und hielt ihr sogar noch seine Armbanduhr entgegen. „Zu früh warst du wohl noch nie. Sonst müssen wir ja immer auf dich warten“, gab Sakura lachend ihre Meinung kund. Empört schnaubte Ino kurz auf, stimmte dann aber selbst in das Lachen mit ein. Mit einem Lächeln im Gesicht saß Sai nur stumm daneben. In der Tat kam Ino normalerweise immer zu spät zu Verabredungen. Seitdem sie jedoch mit Sai zusammen war, hatte sich das deutlich gebessert. Anstatt dass man nun eine halbe Stunde oder gar eine ganze Stunde auf sie warten musste, waren es in der Regel 10 bis 15 Minuten. Aber nicht nur Sai hatte einen positiven Einfluss auf seine Verlobte. Andersherum verhielt es sich ähnlich. Der blasse Kunststudent zählte nicht zu den geselligsten Menschen und war eher von ruhiger Natur. Inzwischen jedoch hatte er sich deutlich mehr geöffnet. Die Bar, die Ino und Tenten für heute ausgesucht hatten, war gut besucht. Freunde, Pärchen, Singles und wer alles sonst noch saßen an den vielen Tischen oder am Tresen, lachten, redeten, tranken und hatten Spaß. Das Licht war ein wenig gedimmt, sodass der Anschein von Privatsphäre dennoch gewahrt wurde. Ino, Sai und Sakura selbst saßen an einem Tisch in der hinteren Ecke des Lokals. Vor ihnen standen bereits ihre Getränke. Ein Wasser für Sai, der später noch Auto fahren musste, ein Glas Aperol Spritz für Ino und einen Caipirinha für Sakura. Während Sakura an ihrem Strohhalm zog, war ihr Blick auf den Eingang gerichtet. Sie konnte zwar die schwere Holztür ausmachen, aber wenn jemand kam, dauerte es einen Moment, bis sie Näheres erkennen konnte. Dank des gedimmten Lichtes erkannte Sakura ihre Freundin daher auch nicht gleich. Doch sobald sie die zwei runden Kugeln aus Haar auf dem Kopf einer Frau erblickte, die gerade mit einer Gruppe Männer die Bar betrat, hob die Roshaarige ihre Hand und winkte den Neuankömmlingen zu. Der suchende Blick Tentens erfasste Sakura und sie winkte zurück. Es war recht praktisch, dass Tenten ihre Haare immer zu zwei Dutts an den Seiten wickelte. Ein unverwechselbares Erkennungszeichen. „Hey Leute!“ „Tenten!“ „Schön dich endlich mal wieder zu sehen!“ Begrüßten sich die drei Freundinnen, umarmten sich und für einen Moment waren die männlichen Begleiter vergessen. Aber nur für einen kurzen Augenblick. „Ja, seitdem du deinen Freund hast, bist du deutlich beschäftigter“, sagte Ino augenzwinkernd und die drei Freundinnen lachten los. „Apropos. Das wäre dann Neji, mein Freund“, stellte Tenten ihre neue Liebe vor und Ino und Sakura staunten nicht schlecht. Neji Hyuuga war ein großgewachsener, junger Mann, mit langen, schwarzen Haaren, ungewöhnlich hellen, aber faszinierenden Augen und einfach gutaussehend. „Und das hier sind Sasuke Uchiha, Nejis bester Freund und Itachi Uchiha, der ältere Bruder, sowie Obito Uchiha, ein Cousin der Zwei“, stellte Tenten auch die anderen drei Männer vor und zeigte dabei immer auf die entsprechende Person. Ino und Sakura kamen aus dem Staunen nicht heraus. Während Tenten ihre Freundinnen den jungen Männern vorstellte, hatte Sakura nur einen Gedanken. Waren die alle Models? Der Gedanke war nicht abwegig. Sie alle hatten schwarze Haare und Augen, die fast dieselbe Farbe aufwiesen, so dunkel waren sie. Die Ähnlichkeit der drei Männer endete nicht da. Sie waren alle ein wenig blass, aber nicht kränklich blass. Hohe Wangenknochen, eine starke, gerade Nase, volle Lippen, ausgeprägtes Kinn. Man sah ihnen an, dass sie alle miteinander verwandt waren. Und doch wirkten die drei Männer unterschiedlich. Obito war der Größte von ihnen, wirkte auch ein paar Jahre älter als seine Cousins und ihn umgab eine interessante Aura aus Traurigkeit und gleichzeitig Frohsinn. Sasuke, der Kleinste der drei Männer und dennoch fast zwei Köpfe größer als Sakura, hatte etwas längere, zerstrubbelte Haare. Er blickte wenig interessiert drein und Sakura fand, er wirkte ziemlich cool. Ebenso wie Neji. Ob die beiden wohl auch so unnahbar sein würden, wie sie wirkten? Bei Neji bezweifelte sie es. Ansonsten hätte sich Tenten wohl nicht in ihn verliebt. Der Letzte im Bunde war Itachi, der ein wenig größer als sein jüngerer Bruder war. Seine langen Haare hatte er, wie Neij auch, zu einem Zopf nach hinten gebunden. Neben seinen warmen, dunklen Augen fand Sakura jedoch auch die zwei Grübchen – oder waren es hauchfeine Narben? – faszinierend, die sich vom inneren Augenwinkel bis  zu den Wangen hinunterzogen. Alle sahen ohne Frage unglaublich gut aus. Wenn Sakura wählen müsste, dann fand sie jedoch, dass die zwei Brüder noch am besten aussahen. Nachdem jeder begrüßt und vorgestellt worden war, setzte sich Ino wieder neben ihren Verlobten und Sakura neben sie. Die fünf Neuankömmlinge ließen sich an den restlichen freien Plätzen am Tisch nieder, wobei Itachi mit einem Stuhl neben Sakura saß und Sasuke wiederum neben seinem Bruder und ihr damit gegenüber. Obito, der zwischen Neji und Sasuke saß, erklärte gerade: „Ich bleibe aber nicht lange. Nachher wollen noch Freunde von mir vorbei kommen und mal schauen, was wir danach noch machen.“ „Dir wird hier heute Abend wirklich eine schmackhafte Auswahl angeboten“, flüsterte Ino der Rosahaarigen da ins Ohr und grinste vielsagend. Sakura dagegen verdrehte nur die Augen. Als ob sie jetzt mit jedem hier flirten würde! Klar sahen die Männer alle gut aus. Unverschämt gut sogar! Aber deswegen würde sie doch nicht gleich wie ein sabbernder Hund den Männern hinterher hecheln! Nein, das war so gar nicht ihr Ding. Ino wandte sich Tenten und Neji zu, verwickelte die beiden in ein Gespräch, in das sich auch Sai einklinkte. An sich würde Sakura auch gerne mit ihnen reden, nur kam in ihr das Gefühl auf, irgendwer müsse sich auch um die Uchihas kümmern. Immerhin waren sie auch noch hier und sie konnte die drei Männer ja nicht links liegen lassen. Das taten immerhin schon ihre Freundinnen. Allerdings vermutete Sakura, dass sich Ino so etwas gedacht hatte. Sie wusste, Sakura mochte es nicht, jemanden außen vor zu lassen. Aus reinem Pflichtgefühl heraus wandte sich die Medizinstudentin daher an die Uchihas und begann ein oberflächliches Gespräch mit ihnen. Irgendwer musste immerhin mit ihnen reden. Zu Beginn übernahm hauptsächlich Obito das Reden. Itachi und Sasuke hielten sich zurück, was es Sakura nicht gerade leicht machte, jeden in das Gespräch miteinzubeziehen. Zunächst redeten sie darüber, wie es kam, dass sie alle nun hier saßen. Sasuke und Neij waren bereits seit der Schulzeit beste Freunde. Zwischen den Brüdern gab es nur ein Altersunterschied von vier Jahren, weswegen sich Itachi und Neji auch irgendwann angefreundet hatten. Da Neji Sasuke gebeten hatte heute Abend mitzukommen und dieser seinen älteren Bruder an einem Wochenende nicht alleine lassen wollte und Obito davon mitbekommen und nichts Besseres zu tun hatte, bis seine Freunde hier auftauchten, waren alle drei Uchihas nun hier. Sakura ließ aus, dass ihre Freundinnen darauf bestanden hatten, dass Neji noch jemanden mitbrachte, damit sie womöglich so einen Freund finden konnte. Danach erklärte Obito, dass er in einem Büro arbeitete, aber es ziemlich öde fand. Dass Sakura Medizin studierte, fand er interessant und wollte sogleich mehr darüber wissen. Ab hier klinkte sich auch Itachi in das Gespräch mit ein. Ab und an gab sogar Sasuke einen Kommentar von sich. Obwohl die zwei Brüder eher ruhiger waren, fand Sakura es ganz angenehm mit ihnen zu reden. Obito dagegen war ihr ein wenig zu aufgedreht und ziemlich oft klangen seine Aussagen etwas melancholisch. Im nächsten Moment riss er jedoch wieder einen Witz. Es war ein wenig schizophren. Ob Obito wohl an Depressionen litt? „Was macht ihr Zwei eigentlich?“ mischte sich nun Ino in das Gespräch ein. „Arbeiten in einer Bank.“ „Es ist sogar die gleiche Abteilung.“ „Itachi ist da aber in einer höheren Position als ich“, erklärte Sasuke. Verdutzt blickten sich Sakura und Ino kurz an, dann wandten sie sich wieder den Brüdern zu. „Ehrlich? Ihr arbeitet in einer Bank?“ „Wenn ich euch so ansehe, finde ich, seht ihr gar nicht wie Bankangestellte aus.“ „Und wie sehen für dich Bankangestellte aus?“ fragte Itachi. „Und nach was für einer Arbeit sehen wir sonst aus?“ wollte er auch noch wissen. Neugierig ruhte sein Blick auf Sakura, die in die Bredouille gekommen war. Sie konnte ja schlecht sagen, dass die Brüder locker als Unterwäschemodels hätten arbeiten können. „Na ja, Bankangestellte tragen doch immer nur Anzüge und die Arbeit stelle ich mir auch ziemlich eintönig vor.“ „Ganz meiner Meinung“, stimmte Sasuke ihr überraschenderweise hinzu. „Wir machen das auch nicht, weil wir Lust drauf haben.“ „Unser Vater hat darauf bestanden. Unsere Familie hält Anteile an der Bank und er will, dass wir später einmal im Vorstand davon arbeiten.“ „Das klingt doch schon interessanter“, versuchte Ino dem Ganzen etwas Positives abzugewinnen. „Nein, hört sich immer noch langweilig an“, widersprach Sasuke. „Was also, sollten wir deiner Meinung nach, machen?“ brachte Itachi seine Frage von eben wieder ins Spiel. „Na ja“, druckste Sakura ein wenig herum. „Vielleicht etwas kreativeres, oder sportlicheres. Etwas mit Verantwortung.“ Alle drei Uchihas lachten daraufhin kurz auf. Sakura war es unangenehm und peinlich. Zu ihrem Pech merkte sie, wie ihre Wangen heiß wurden. Gut, dass das Licht hier ein wenig gedimmt war. „Ich wäre auch viel lieber Polizist geworden“, gestand Sasuke. „Mich hätte ein Jurastudium interessiert.“ „Oder etwas kreativeres, nicht wahr? Die beiden haben wirklich ein Händchen, was Kampfsport angeht. Und künstlerisch sind sie auch veranlagt“, erklärte Obito. Während Ino darüber sofort mehr wissen wollte und sich auch Sai nun in das Thema einmischte – für zwei Kunststudenten gab es nichts besseres, als mit jemandem über Kunst zu reden – klopfte Sakuras Herz ein wenig schneller. Diese Aussagen erinnerten sie sehr an LoneWolf0121100. Hatte er ihr nicht etwas Ähnliches erzählt gehabt? Verdammt, sie war heute Abend hierher mitbekommen, um Abstand zu ihm zu bekommen und ihn zu vergessen. Jetzt war er aber wieder in ihrem Kopf präsent. In diesem Moment kam eine recht große Gruppe von Leuten an ihren Tisch. Sie sahen alle sehr interessant aus und lenkten Sakuras Gedanken auf sie. Da war ein ziemlich großer Kerl mit weiß gefärbten Haaren und ein noch Größerer, dessen Haare blau gefärbt waren. Ein kleinerer Mann hatte rotgefärbte Haare und da war sogar einer mit grünen Haaren! Lediglich ein Kerl mit Mütze und hochgeschlossener Jacke, sodass man sein Gesicht kaum sehen konnte, sah nicht danach aus, dass er seine Haare gefärbt hatte. Zwei Frauen waren mit dabei. Eine hatte lange, blonde Haare, die Sakura unweigerlich an Ino erinnerte. Moment, war das überhaupt eine Frau? Nee, ein Kerl, oder? Die andere war auf jeden Fall eine Frau, hatte blaue Haare und eine große Papierblume in ihrem Haar. Ein stark gepiercter Mann mit orangefarbenem Haar hatte einen Arm um sie herum gelegt. Du meine Güte, waren das etwa die Freunde von Obito? Was war das denn für eine schräge und schrille Truppe? Überschwänglich begrüßte Obito alle, schlug mit manchen in einen Handschlag ein und auch Sasuke und Itachi wurden knapp gegrüßt. Dann verabschiedeten sie sich auch schon wieder und Obito winkten ihnen zum Abschied hinterher. Etwas perplex blieben Tenten, Sai, Ino und Sakura zurück. Neji, Sasuke und Itachi dagegen schienen sich nicht groß darum zu kümmern. „Ja, Obitos Freunde sind schon ein wenig speziell. Viele von ihnen sind auch Künstler“, erklärte Itachi und riss Sakura aus ihrer Starre. „Jetzt gehen sie wahrscheinlich in irgendeinen Undergroundclub und betrinken sich.“ Sasuke klang nicht begeistert. Kurz darauf erfuhren sie auch wieso. Wenn Obito betrunken war, rief er immer die Brüder an, lallte sie zu und falls sie auflegten, rief er immer und immer wieder an. Falls sie das Handy ausmachten, konnte es passieren, dass Obito dann vor dem Haus der Brüder stand und dort Krach machte. „Gut das er unsere Handynummer nicht hat“, meinte Tenten lachend. Der Abend war wirklich unterhaltsam gewesen. Schon lange hatte Sakura nicht mehr so viel Spaß gehabt. Sie alle hatten sich wunderbar miteinander verstanden und waren erst vor etwas mehr als einer halben Stunde nach Hause gegangen. Tenten hatte wirklich einen Volltreffer mit Neji gelandet. Sie drückte ihrer Freundin die Daumen, dass die Zukunft von Dauer war. Gähnend lag Sakura in ihrem Bett, als ihr Handy vibrierte. Mit schweren Lidern blickte sie auf den jetzt viel zu hellen Bildschirm ihres Handys. Sie hatte eine Nachricht von Ino erhalten. Was ihre Freundin jetzt wohl wollte? Immerhin  hatten sie sich doch erst eben voneinander verabschiedet. Und? Was hältst du von den Jungs? Sind doch beide sehr sexy! Wir sollten uns noch einmal mit ihnen treffen. Entnervt verdrehte Sakura die Augen, klickte die Nachricht weg, ohne zu antworten. Ino ließ ihr wirklich keine Ruhe. Sie musste nicht verkuppelt werden. Erneut vibrierte das Handy. Obwohl Sakura bereits wusste, dass Ino ihr wieder geschrieben hatte, zögerte sie kurz, ehe sie letztendlich doch die Nachricht las. Irgendwann musst du mal aus deinem Schneckenhaus raus und das Alleinsein hinter dir lassen. Selbst wenn es nichts Ernstes ist, du solltest deine Festung der Einsamkeit ab und an mal verlassen. Seitdem Ino die Batman-Filme gesehen hatte, sagte sie immer, Sakura lebe in ihrer eigenen Festung der Einsamkeit. So ein Quatsch. Es war ein Turm. Wie bei Rapunzel. Den sarkastischen Gedanke beiseiteschiebend, wollte Sakura ihr Handy gerade ausschalten und ein wenig schlafen. Morgen konnte sie noch immer antworten. Dann schoss ihr jedoch kurz der Gedanke durch den Kopf, ob LoneWolf012110 noch wach war. Ein Blick auf die digitale Uhr auf ihrem Handy zeigte ihr an, dass es bereits 3:07 Uhr war. Da schlief er sicherlich. Es war auch lächerlich. Warum sollte Sakura jetzt mit ihm schreiben? Sie hatte heute erfolgreich jeglichen Gedanken an ihren Internet-Schwarm verdrängt. Sie sollte aufhören, ihre Gefühle nach Nähe und Liebe auf ihn zu projizieren. Als Sakura die Augen schloss und versuchte zu schlafen, hatte sie dennoch Schuldgefühle LoneWolf012110 gegenüber. Sie hatte sich mit Sasuke und Itachi sehr gut verstanden, fand beide attraktiv und ja, vielleicht hatte sie sogar mit dem älteren Uchiha ein wenig geflirtet. Sie fand ihn anziehend. Das war auch in Ordnung so. Die beiden Brüder waren echt. Real. Kein anonymer Chatpartner, den sie noch nie getroffen hatte. Warum nur fühlte sie sich dann schuldig?     [LoneWolf012110] Lief dein Blinddate nicht gut? [Cherrypie_012601] Wie kommst du darauf? [LoneWolf012110] Wir chatten bereits seit zweieinhalb Stunden und du hast noch nichts von gestern Abend erzählt. Dachte immer, das sind Themen, über die Frauen sehr gerne reden. [Cherrypie_012601] Tja, ich bin eben keine typische Frau. [LoneWolf012110] Das stimmt! Aber das schätze ich auch so an dir, Prinzessin.     Wie konnte ein so kleiner Satz ihr Herz so wild zum Schlagen bringen? LoneWolf012110 brachte sie wirklich aus dem Konzept. Was sollte Sakura ihm jetzt aber von gestern Abend erzählen? Dass sie mit Itachi ein wenig geflirtet hatte und es ihr Spaß gemacht hatte? Dass sie sich mit beiden Brüdern, aber vor allem Itachi, gut verstand? Vielleicht würde er ja ein wenig eifersüchtig werden, wenn Sakura ihm davon erzählte. Vielleicht aber interessierte es LoneWolf012110 auch gar nicht und er hatte aus reinem freundschaftlichem Interesse nachgefragt.     [Cherrypie_012601] Es war ganz unterhaltsam gewesen. Es waren sogar noch mehr Leute dabei, als ursprünglich ausgemacht. Der beste Freund des Freundes meiner Freundin, der ja ursprünglich alleine kommen sollte, hatte dann noch seinen älteren Bruder und Cousin dabei gehabt.   Das klang doch gut. Ganz unverfänglich und oberflächlich.   [LoneWolf012110] Ach ja? Alles Single-Männer? War auch einer für dich dabei gewesen?     Was sollte das denn jetzt? War LoneWolf012110 nun eifersüchtig oder zog er sie nur auf? Fragend blickte Sakura auf den Bildschirm, dachte angestrengt nach und erkannte dennoch nicht, was LoneWolf012110 mit seiner Aussage beabsichtig hatte. Falls er sich überhaupt etwas dabei gedacht hatte. Überrascht zuckte Sakura zusammen, als plötzlich ihr Klingelton „Koi“ von Hoshino Gen erklang. Jedes Mal wenn sie das Lied hörte, wollte sie gar nicht abnehmen. Viel zu sehr genoss sie es, dem peppigen Lied zu lauschen. Nach ein paar Sekunden jedoch ging Sakura dennoch an ihr Handy. Nicht jedoch, bevor sie LoneWolf012110 eine kurze Nachricht schrieb, sie sei jetzt kurz beschäftigt. „Ja?“ „Hey, Sakura. Dir hat es doch gestern Abend auch gefallen oder?“ „Ja“, antwortete sie skeptisch. Es war zwar Tenten, die sie gerade anrief, aber etwas im Tonfall ihrer Freundin gefiel ihr so überhaupt nicht. Vor allem, dass die Brünette gleich mit der Tür ins Haus fiel, ließ sämtliche ihrer Alarmglocken läuten. „Hättest du was dagegen, wenn wir uns heute noch mal treffen? Oder nächste Woche?“ „Wir zwei oder sonst noch wer?“ Hatte Tenten etwa Stress mit Neji? Sie hoffte es nicht. Allerdings würde die Alternative bedeuten, dass… „Na ja, nicht nur wir zwei, sondern auch mit den anderen. Und den Uchiha-Brüdern, wenn du nichts dagegen hast.“ Also hatte Sakura mit ihrem Gefühl richtig gelegen. Seufzend antwortete sie ihrer Freundin: „Ich finde es ja wirklich sehr lieb von Ino und dir, aber ich lasse mich nicht verkuppeln. Und zieht da die Uchihas nicht mit rein. Die sind unschuldig.“ „Ja, weißt du, es ist aber so, dass die Idee gar nicht von Ino oder mir kam, sondern von ihnen.“ Abrupt änderte sich Sakuras Stimmung. Nun deutlich neugieriger fragte sie nach. „Wessen Idee?“ „Na, die der Jungs. Du scheinst ja einen bleibenden Eindruck auf sie hinterlassen zu haben.“ „Und wer von den Beiden?“ „Keine Ahnung. Neji hat mir nur gesagt, ich soll dich mal fragen.“ Damit hatte Sakura beim besten Willen nicht gerechnet. Sie hatte sich zwar gut mit den schwarzhaarigen Brüdern verstanden und vor allem Itachi hatte ihr Interesse geweckt, aber dass die Zwei sie wiedertreffen wollten. Und vor allem beide? War das nicht ein wenig merkwürdig? Dasselbe fragte Sakura auch Tenten. „Ich glaube eher, dass einer der beiden dich mag und ein erneutes Treffen in der Gruppe nur als Vorwand dient.“ „Und was denkst du, welcher der Beiden?“ Jetzt war Sakura in der Tat neugierig. Wenn sie schon die Wahl hatte, hoffte sie, dass Itachi sie wiedersehen wollte. Sasuke war wohl keine schlechte Alternative, aber mit Itachi befand sie sich eher auf einer Wellenlänge. „Puh, da fragst du mich was. Du hast doch hauptsächlich mit ihnen geredet. Also, ist ein weiteres Treffen für dich okay oder soll ich absagen?“ Hm, was sollte Sakura tun? Um LoneWolf012110 zu vergessen und sich eine Beziehung im realen Leben zu suchen, wäre ein weiteres Treffen wohl das Beste. Aber wollte Sakura das? Sie unterhielt sich gerne mit LoneWolf012110. Mit ihm konnte sie stundenlang selbst über Belangloses reden und es wurde nie langweilig. Ach, wenn sie doch nur wüsste, wer LoneWolf012110 war… Aber das wusste sie nun einmal nicht und das würde sich in Zukunft wohl auch nicht ändern. Es wäre wohl klüger von ihr, ihn einfach zu vergessen. „In Ordnung. Sag mir wann und wo, ich werde da sein“, stimmte Sakura einer weiteren Verabredung zu. [Cherrypie_012601] Scheint so, als treffe ich die Jungs von gestern heute wieder.   Nachdem Sakura mit Tenten eine weitere Verabredung für heute Abend um 21 Uhr in einem Izakaya um die Ecke ausgemacht hatte, hatte sie ihre Unterhaltung mit LoneWolf012110 fortgesetzt. Entschlossen würde sie nun LoneWolf012110 aus ihrem Herzen verbannen und Platz für jemand anderes schaffen. Mit einem der Uchiha-Brüdern hatte sie da doch eine recht gute Wahl getroffen, befand Sakura und hoffte, ihr Plan würde aufgehen. Vielleicht hatte sie Glück und einer von ihnen war ihr Prinz in glänzender Rüstung, der die geheime, zugemauerte Tür zu ihrem Turm finden und sie aus ihrer Isoliertheit holen würde.     [LoneWolf012110] Wirklich? Gleich mehrere? Nicht schlecht. Prinzessin, du bist wohl sehr beliebt bei der Männerwelt. [Cherrypie_012601] Eigentlich nicht. Keine Ahnung, wer von denen mich wirklich treffen will. Laut meiner Freundin dient das nur als Vorwand, um die Lage ein wenig zu sondieren. [LoneWolf012110] Kein schlechter Schachzug, wenn man sich noch nicht gut genug kennt und man zu schüchtern ist, um nach einem Date zu fragen. Oder natürlich wenn man denkt, man bekommt einen Korb. [Cherrypie_012601] Wer weiß. Ich kann dir ja später sagen, was zutrifft. Vielleicht auch gar nichts davon. [LoneWolf012110] Das denke ich nicht. Ich bin mir sicher, er mag dich. Wie sieht es mit dir aus? [Cherrypie_012601] Ich weiß nicht mal, wer um das Treffen gebeten hat.     Was nahm das Gespräch denn jetzt für eine Wendung? Bislang hatten Sakura und LoneWolf012110 noch nie ein solches Gespräch geführt. Es hatte ja auch nie einen Grund dafür gegeben. Außerdem, was bezweckte er mit all seinen Aussagen? Wollte er sie einfach nur unterstützen oder war er vielleicht eifersüchtig und wollte überprüfen, wie es um ihre Gefühle stand? Schwer seufzte Sakura auf. All diese Fragen waren sinnlos. Sie hatte eh vor LoneWolf012110 aus ihrem Herzen zu verbannen. Da machte es keinen Sinn, darüber nachzudenken. Dennoch konnte sie es sich nicht verkneifen, mit ihrer nächsten Antwort zu testen, ob er nicht doch eifersüchtig war.     [Cherrypie_012601] Aber den einen Bruder fand ich schon ganz nett. [LoneWolf012110] Ach ja? Den Jüngeren? [Cherrypie_012601] Falsch. Den Älteren. [LoneWolf012110] Verstehe. Du stehst auf reifere Männer. [Cherrypie_012601] Na, nur weil er der Ältere der Zwei ist, heißt das ja nicht, dass er alt ist! Er ist nur ein paar Jahre älter als ich. [LoneWolf012110] Ich weiß. Ich wollte dich nur ein wenig aufziehen. Dann drücke ich dir die Daumen, dass es der Ältere der Brüder ist, der dich noch einmal treffen will. Ich bin mir sicher, du wirst einen schönen Abend haben. [Cherrypie_012601] Ich weiß nicht. Es ist merkwürdig zu wissen, dass einer der beiden mich eventuell mag, ohne zu wissen wer. [LoneWolf012110] Das merkst du sicherlich schnell. Außerdem ist die Stimmung in einem Izakaya ungezwungen und gelassen. [Cherrypie_012601] Stimmt. Danke!  Ich sollte mich jetzt auch langsam fertig machen. Was hast du heute Abend vor?   Anscheinend war LoneWolf012110 nicht an ihr interessiert, so sehr, wie er versuchte Sakura zu helfen. Falls doch, ließ er es sich jedenfalls nicht anmerken. Da war ihre Entscheidung, im realen Leben einen Mann zu finden, doch die richtige.     [LoneWolf012110] Ich gehe heute Abend mit meinem Bruder weg. [Cherrypie_012601] Dann wünsche ich euch viel Spaß! [LoneWolf012110] Danke. Ich dir auch. Und erzähl mir später, wie es lief!     War LoneWolf012110 schwul? Kurz schoss Sakura dieser Gedanke durch den Kopf. Bislang hatten sie nie groß über solche Themen geredet und sie hatte nie den Eindruck gewonnen, er habe an Männern ein Interesse. Allerdings interessierte er sich doch ziemlich für ihre Verabredung. Es war ein wenig so, als würde Sakura sich mit Ino oder Tenten darüber unterhalten. Egal. Das spielte keine Rolle. Sakura schaltete ihren PC aus und begann erneut die Suche nach einem passenden Outfit. Anschließend war ein dezentes Make-up dran und schon war es fast 21 Uhr. Wie schnell die Zeit verging! Während Sakura ihre Wohnungstür zuschloss, huschte ihr ein Gedanke durch den Kopf. Woher hatte LoneWolf012110 gewusst, dass sie sich in einem Izakaya treffen würden? Das hatte sie doch überhaupt nicht erwähnt, oder?   Seit etwas länger als drei Stunden saßen Sakura, Tenten, Neji, Sasuke und Itachi beisammen. Das Izakaya, eine japanische Bar, in der es etwas lauter zu ging, viel getrunken und geraucht wurde und man gutes, fettiges Essen bekam, war gut besucht. Jeder von ihnen hatte bereits das ein oder andere Bier getrunken und Sakura konnte schon gar nicht mehr mitzählen, wie viele leckere Hähnchenspieße, Yakitori genannt, sie gegessen hatte. Auf jeden Fall viele, denn ihre Hose schnitt ihr ein wenig in den Bauch. Etwas, das die Jeans noch nicht getan hatte, als sie diese angezogen hatte. Aber das war okay. Niemand achtete darauf und Sakura war in guter Stimmung. Nach den drei Stunden, in denen sie wirklich eine spaßige Zeit hatte, war sie zu dem Entschluss gekommen, dass Itachi derjenige gewesen sein musste, der nach dem zweiten Treffen gebeten hatte. Falls nicht, war ihre Menschenkenntnis wirklich kläglich. Immerhin unterhielt sich Sakura hauptsächlich mit Itachi und ab und an mit den anderen. Es war, als wären sie zwei nicht wirklich Teil der Gruppe, aber das war in Ordnung. Neji, Sasuke und Tenten unterhielten sich prächtig und wirkten nicht so, als würden sie es ihnen übelnehmen. Diese Technik kannte Sakura. Dieselbe Nummer hatten sie damals bei Ino und Sai abgezogen, als Ino zwar ein Date mit Sai wollte, dieser aber zu schüchtern war, Ino alleine zu treffen. Also hatten sie sich alle in der Gruppe zusammen getroffen und Ino und Sai ihre Zeit alleine gegeben. Bei ihnen hatte es funktioniert und auch heute Abend klappte es super. Sich mit Itachi zu unterhalten war einfach. Wirklich. Sakura hatte das Gefühl den Uchiha schon lange zu kennen. Sie befanden sich eindeutig auf einer Wellenlänge und mehr als einmal hatte er sie zum Lachen gebracht. Anders als gestern jedoch, wo sich die heutige Verabredung deutlich mehr nach einem Date anfühlte, konnte Sakura LoneWolf012110 nicht aus ihrem Kopf verbannen. Immer wieder verglich sie die beiden Männer miteinander. Es war schon ein wenig unheimlich. Als ob ihre Gefühle für den anonymen LoneWolf012110 ein reales Ebenbild erschaffen hatten und dieses nun vor ihr saß. Außerdem suchte sie immer wieder nach einer Entschuldigung, warum sie hier mit Itachi saß und redete, anstatt mit LoneWolf012110 zu chatten. „Was denkst du?“ Aus ihren Gedanken gerissen, blickte Sakura verwirrt drein. Itachi blickte sie mit einem milden Lächeln an, so, als könne er ihre Gedanken erahnen. „Bitte was?“ „Ich habe dich gefragt, ob du noch lange bleiben willst. Es ist ja bereits recht spät und du wirkst ein wenig müde.“ „Oh.“ Überrascht stellte Sakura fest, dass es bereits nach Mitternacht war. Aber sie war nicht müde, wie Itachi glaubte. Hoffentlich dachte er nicht, sie fände seine Anwesenheit langweilig. „Ich kann dich nach Hause bringen. Tenten meinte, du wohnst nicht weit weg.“ Von dem Angebot überrascht, blickte Sakura kurz zu ihrer Freundin, die ihr mit einem verdeckten Daumen hoch und einem deutlichen Blick signalisierte, sie solle das Angebot annehmen. War das wirklich in Ordnung? Normalerweise tat Sakura so etwas nicht. Allerdings schien Itachi ein wirklich anständiger Kerl zu sein. Außerdem wollte er sie ja nur nach Hause bringen. Nicht mehr. Daher fasste sich Sakura ein Herz und nahm Itachis Angebot dankend an. Es dauerte nicht mehr lange, dann läuteten Tenten und Neji den Aufbruch ein. Sasuke erklärte, er würde sich mit Tenten und Neji ein Taxi teilen. Itachi dagegen beteuerte, ihn mache es nichts aus, Sakura nach Hause zu bringen. Dann mochte er sie vielleicht doch und sie bildete es sich nicht nur ein. Daher schob Sakura ihre Gedanken beiseite. Nachdem sich alle voneinander verabschiedet hatten, verließ sie mit dem Uchiha zusammen das Izakaya. Die ersten Minuten legten sie schweigend zurück. Der Fußmarsch würde nur 10-15 Minuten dauern. Je nachdem wie schnell sie gingen. „Danke für’s nach Hause bringen.“ „Immer wieder gern zu Diensten.“ Gespielt geschockt blieb Sakura abrupt stehen, die Hände hatte sie vor der Brust verschränkt. Theatralisch meinte sie: „Hätte ich das gewusst! Sind deine Begleitdienste teuer oder haben meine Freunde dich bereits bezahlt?“ „Keine Sorge. Deine Freunde haben die Rechnung bereits beglichen.“ „Na dann muss ich mir ja keinen Kopf machen.“ „Und für Überstunden kommen sie sicherlich auch auf.“ „Was hab ich nur für tolle Freunde.“ Lachend und Scherze machend, setzten Sakura und Itachi ihren Weg fort. Wenngleich ihr sein letzter Satz nicht mehr aus dem Kopf ging. Was hatte er damit gemeint? Obwohl sie es wissen wollte, verdrängte sie jeden Gedanken, der in eine nicht jugendfreie Richtung ging und sie versuchte den Heimweg zu genießen. Viel zu schnell war er auch schon wieder vorbei. Dabei waren sie beide wirklich langsam gegangen, waren immer mal wieder stehen geblieben. Für den Heimweg hatten sie deutlich länger benötigt als üblich. Nur jetzt standen sie vor der Eingangstür des Wohnblocks, in dem sich Sakuras Wohnung befand. Was nun? Sollte sie ihn noch zu sich einladen? Das konnte aber ziemlich schnell als Einladung für Sex missverstanden werden. Nicht, dass Sakura Itachi abgeneigt war. Eher das Gegenteil traf zu. Doch sie wollte auch nichts überstürzen. Sie genoss seine Nähe und wollte weiter mit ihm reden. Es machte Spaß, Sakura fühlte sich bei ihm wohl. Aber da war auch immer noch LoneWolf012110, den sie einfach nicht aus ihrem Kopf und womöglich ihrem Herzen, verbannen konnte. Schluss damit! Genieß den Moment. Vergiss den anonymen Typen und halt dich an den Kerl, der direkt vor dir steht! Der mentale Arschtritt half. Bevor Sakura und Itachi in die Verlegenheit des Verabschiedens kam – was sollte man sagen, was tun? – ergriff die junge Medizinstudentin die Initiative, bevor die Wirkung ihres mentalen Arschtritts wieder nachließ. Itachi, der seinen Mund wohl gerade für eine Verabschiedung öffnete, kam nicht dazu etwas zu sagen. Schon längst hatte sich Sakura vorgebeugt, sämtliche Zweifel beiseite geschoben und ihren Mund auf seinen gepresst. Im ersten Moment wusste Sakura nicht, wer von ihnen beiden überraschter war. Sie oder Itachi. Doch noch während die ersten Zweifel in der Studentin aufkamen, ob sie das Richtige tat, beugte sich der Schwarzhaarige ein wenig vor und intensivierte den Kuss. Aus anfänglichen testenden, probierenden Küssen, wurde schnell mehr. Es war ein herrliches Gefühl. Der Kontrast seiner weichen Lippen, die gleichzeitig einen angenehmen Druck auf ihren Mund ausübten, lösten ein Kribbeln in ihrem Bauch aus, das wie ein Flächenbrand langsam jede ihrer Zellen in Brand setzte. Ewig könnte Sakura hier so dastehen, eng an Itachi gepresst, der seine Hände auf ihre Taille gelegt und sie so noch enger an seinen Körper zog. Wie lange sie sich engumschlungen küssten, wusste Sakura nicht. Es war ihr auch egal. Sie wusste, es war bei weitem besser als sich das mit einem anonymen Typ aus dem Internet vorzustellen. Die Realität war um Längen besser. Irgendwann jedoch – aus Sauerstoffmangel? – lösten sich ihre Münder voneinander. Heftig atmend, mit geröteten Wangen und geschwollenen Lippen, blicken sich Sakura und Itachi wortlos an. Und jetzt? Was sagte man nach einem solch leidenschaftlichen, ersten Kuss? Danke, bis zum nächsten Mal? Mist. Wer noch kein Date gehabt und bis dato ungeküsst gewesen war, hatte nun ein Problem. Sprich, Sakura wusste nicht weiter. In so einem Moment kam Sakura ihre Unerfahrenheit in die Quere. Das ihr Herz wie wild pochte, ihr Hirn vor lauter Leidenschaft und dem Verlangen nach mehr ganz vernebelt war und sie nun total unsicher wurde, halfen nicht, eine passende Reaktion auf das eben geschehene aus dem Hut zu zaubern. Dann jedoch lächelte Itachi. Es war verführerisch und ließ Sakuras Herz gleich nochmal an Geschwindigkeit zulegen. Warm strich sein Atem über ihr Gesicht. „Du schmeckst zwar nicht nach Kirschkuchen, aber damit kann ich leben, Prinzessin.“ Das verträumte Lächeln, das sich eben in ihrem Gesicht gebildet hatte, verschwand und machte Verwirrung und einem Stirnrunzeln Platz. „Kirschkuchen? Prinzessin?“ Das war keine Reaktion, mit der Sakura gerechnet hatte. „Ja. Hätte ja sein können. Bei deinem Namen Cherrypie.“ Cherrypie? Ihr Name war Sakura. Was hatte Itachi denn jetzt für Probleme? Sakura bedeutete Kirschblüte und nicht Kirschkuchen. Als Japaner sollte er das wissen. Vielleicht war sein Englisch ja nicht so gut. Die Sekunden verstrichen, in denen Itachi einfach nur sein faszinierendes Lächeln lächelte, Sakura in seinen Bann schlug und dann, verspätet aber immerhin, setzte sich ihr Gehirn in Gang. Perplex, ja fast schon ungläubig, riss Sakura die Augen auf, als ihr endlich dämmerte, was Itachi meinte. Nein, das konnte nicht sein. „Unmöglich“, flüsterte die Rosahaarige, während Itachis Lächeln intensiver wurden. Ein entschuldigender Ausdruck lag in seinen dunklen Augen. „Ich muss gestehen, ich habe damit auch nicht gerechnet. Als mein Bruder mich gefragt hat, ob ich zu dem Treffen mitgehen will. Ich hatte keine Ahnung, dass du da sein würdest. Während unseres ersten Treffens hatte ich schon so ein Gefühl gehabt, dass Sakura und Cherrypie dieselbe Person sein könnten“, erklärte Itachi, während Sakuras Unglaube wuchs. Da standen sie hier, vor ihrem Apartment, wollte LoneWolf012110 endlich vergessen und dann stand er vor ihr?! „Aber als mir Cherrypie dann von ihrem Blinddate erzählt hatte, mit dem neuen Freund der Freundin, der den besten Kumpel, dessen Bruder und Cousin mitbrachte… Was ich anfangs noch für einen Zufall gehalten hatte, war dann für mich klar.“ „Aber…“, war alles, was Sakura hervorbrachte. Wenn das stimmte, was Itachi sagte, dann hatte sie gerade den Kerl geküsst, in den sie womöglich schon längst verliebt war und den sie die ganze Zeit hatte treffen wollen! „Ich hoffe du verzeihst mir, dass ich es dir nicht gleich gesagt habe. Ich wollte sehen, wie es ist, wenn wir uns noch einmal treffen. Ich habe dich schon gemocht, während wir gechattet haben, aber jetzt,…“ Sein Lächeln wurde weicher, seine Augen blickten sie voller Zuneigung und Zärtlichkeit an, was augenblicklich wieder zu heftigem Herzrasen bei Sakura führte. „Dann… dann war Sasuke als mein Blinddate gedacht und du… du bist LoneWolf012110 und…“, versuchte Sakura irgendwie den Wirrwarr an Informationen zu ordnen. „Und ich mag dich“, beendete Itachi den Satz für sie. Bevor Sakura darauf noch etwas erwidern konnte, spürte sie Itachis Mund wieder auf ihrem. Instinktiv schlang sie die Arme um Itachis Nacken. Als sie die federleichte Berührung seiner Zunge an ihrer Unterlippe spürte, keuchte Sakura vor Lust auf. Als er seine Chance nutzte und seine Zunge begann ihre zärtlich zu umspielen, war es gänzlich um Sakura geschehen. Der Mann setzte sie in Flammen und das nur mit einem Kuss! Sakura wusste nicht, ob sie unter anderen Umständen, nach nicht mal einem richtigen Date, jemand anderen so küssen würde. Aber das hier war LoneWolf012110, nein, Itachi Uchiha. Den Mann, den Sakura schon so lange treffen wollte. Der ihr Herz schon längst für sich gewonnen hatte. Ja, LoneWolf012110 passte charakterlich super zu ihr. Das hatte sie vorher bereits gewusst. Itachi dagegen passte charakterlich und körperlich zu Sakura. Das stand außer Frage. Irgendwann lösten sich Sakura und Itachi wieder voneinander, dieses Mal noch heftiger atmend als zuvor. Mit einem überglücklichen Lächeln strahlte Sakura. Der Prinz hatte die geheime Tür gefunden und war ihren Turm empor gestiegen. Sie konnte ihr Glück kaum fassen. „Sauer?“ fragte Itachi nach. Auf keinen Fall. „Vielleicht ein wenig. Aber mit noch so einem Kuss, könnte mich das eventuell wieder besänftigen“, erwiderte Sakura neckisch. Jetzt, wo sie wusste, dass sie den Mann vor sich schon länger kannte, fiel es ihr noch einmal leichter, mit ihm zu reden. „Das sollte ich dann wohl mal ausprobieren.“ Mit diesen Worten trafen ihre Münder erneut aufeinander. Als sie sich das nächste Mal voneinander lösten, trat Itachi einen Schritt zurück und fuhr sich mit einer Hand durch sein langes Haar. „Wenn du jetzt nicht mehr sauer bist, ist es wohl an der Zeit, dich nach einem offiziellen Date zu fragen.“ „Na, bei einer solch romantisch gestellten Frage, kann ich ja schlecht ablehnen“, erwiderte Sakura neckisch, noch ganz gefangen von seinem Anblick. Als sie plötzlich jemand anrempelte, eine Entschuldigung murmelte und wieder verschwand, wurde der Rosahaarigen erst bewusst, dass sie noch immer mitten auf der Straße, vor ihrem Wohnhaus, standen und sich in aller Öffentlichkeit gegenseitig verschlungen hatten. Kein Wunder, dass Itachi das Küssen für beendet erklärt hatte. „Ich freu mich“, hauchte Itachi, beugte sich vor und gab ihr erneut einen Kuss. Dieses Mal nur nicht so lang und intensiv wie vorher. Dennoch blieb Sakura mit zitternden Knien zurück.     [LoneWolf012110] Tisch ist reserviert. Auch die Kinokarten. [Cherrypie_012601] Super. Ich freue mich! [LoneWolf012110] Dann stehe ich in zwanzig Minuten vor deiner Tür. [Cherrypie_012601] Bis gleich.   Mit einem glücklichen Lächeln schaltete Sakura den Laptop aus, stand von ihrem Stuhl auf und überprüfte im Bad noch einmal ihr Make-up. Die letzten Tage hatten sowohl sie als auch Itachi keine Zeit für das Date gehabt. Jetzt, eine Woche später, würde es endlich stattfinden. Die restlichen Tage hatten sie wie immer miteinander gechattet. Es war wie früher und doch ganz anders. Wenn das virtuelle und das reale Leben aufeinandertrafen, veränderte sich so einiges. Zum Guten, wie Sakura fand und lächelte ihr Spiegelbild an. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)