Bis du mein bist... von Lady_Shanaee (- edited version -) ================================================================================ Kapitel 5: Ein Tier im Käfig ---------------------------- Saladir starrte den König der Naralfir an, als hätte dieser den Verstand verloren. Die Kälte und die Bedeutung des Gesagten verschlugen ihm buchstäblich die Sprache. Er hatte was gewollt? Und nun sollte er sich... zusammenreißen? Worte hatten keinen Platz in seiner Kehle, und so war alles, was aus seinem Mund kam, ein einziger, frustrierter Aufschrei. „Immer so laut...“, seufzte Azul. „Erzieht man alle Lythari zu solchen Weichlingen, dass sie ständig schreien, sobald ihnen auch nur ein wenig Schmerz zugefügt wird?“ Noch immer fand Saladir keine Worte. Ihm war gerade etwas angetan worden, was jede Faser seines Wesens verletzte, ihn zutiefst erschütterte und jedem zivilisierten Verhalten widersprach. Und er, der darüber verständlicherweise zutiefst verstört und erschrocken war... sollte ein weinerliches Kind sein? Einmal mehr wurde ihm auf das Grausamste bewusst gemacht, in was für einer Welt er gelandet war: Einer Welt, die allem widersprach, was er bisher gekannt hatte. Am ganzen Körper zitternd stand der junge Prinz da, die Hände in ihrem Gefängnis zu Fäusten geballt, mit Tränen der Wut, die ihm über das Gesicht liefen... und Worten, die er Azul gerne ins Gesicht geschleudert hätte... die er aber nicht fand. Er schrie erneut auf und versuchte trotz seiner Fesseln, nach dem König der Naralfir zu schlagen – doch dieser trat nur einen Schritt zurück und war damit aus Saladirs Reichweite: Die Kette um seinen Hals hielt ihn wie einen Hund an der Leine. Wutentbrannt trat er nach ihm... doch während der König lächelnd noch einen Schritt zurücktrat, riss seine Fessel den Wütenden beinah wieder von den Füßen. „Du hast wirklich einen sehr ansehnlichen Körper, kleiner Dieb“, sagte Azul und ließ seinen Blick unbeeindruckt über seinen Gefangenen gleiten. „Diese helle Haut, das lange blaue Haar und diese funkelnden silbergrauen Augen... ein auffälliger Gegensatz zu allem, was man hier finden kann. Ich muss Haruim wirklich danken, dass er so gute Arbeit geleistet hat. Ich war besorgt, Ich war besorgt, der Kerkerwächter wäre zu hart mit dir umgegangen.“ Endlich fand Saladir seine Sprache wieder. „Soll... soll das heißen, du wusstest davon?“, fragte er keuchend. „Wovon?“ „Was er... vorgehabt hat?“, flüsterte der junge Prinz, dem Azuls Worte über das Reden seiner Untergebenen einfiel. Der Naralfir lächelte tückisch. „Meinst du, ich hätte es wissen sollen?“ „Du... da-dann hast du es geplant?!“ Saladirs Stimme überschlug sich. „Das Schloss ist voller Naralfir, die Hand an dich legen wollen... aus den verschiedensten Gründen, wie du weißt“, erinnerte Azul ihn ruhig und verzog das Gesicht, doch Saladir war sich nicht sicher, ob er tatsächlich Bedauern darin lesen konnte. „Vielleicht hätte ich wirklich besser aufpassen sollen... kleine Blume.“ „Ich bin keine Blume!“, fauchte der junge Prinz, um seine Verlegenheit zu überspielen. „Aber zerbrechlich wie eine.“ „Duuu...“ Wieder verschlug Saladir die Arroganz des Naralfir die Sprache. „Da-das... du... du hast doch keine Ahnung, was ich... was ich bisher durchgemacht habe!“ „Beklagst du dich? Ich habe dir eine einfache Frage gestellt, und du hast mir deine Antwort gegeben.“ Azul schüttelte den Kopf und kicherte. „Und jetzt erst werden dir die Folgen bewusst? Hast du wirklich irgendwo in deinem Herzen die Hoffnung gehegt, wir würden einen Dieb gut beherbergen, nur weil er sagt, er sei ein Prinz? Dass es die Naralfir in irgendeiner Weise interessieren würde, warum du gestohlen hast? Dieben werden hier die Hände abgeschlagen und eingesperrt, bis ich über sie entschieden habe. Je nach dem, was gestohlen wurde, schickt man sie in die Minen...“ „Dann schick' mich in die Minen!“ „Dort würdest du keinen Tag überleben.“ Azul schmunzelte, „Aber vielleicht würde es die Preise für Edelsteine in die Höhe treiben, wenn die Händler erfahren, dass sie von einem Prinzen geschürft wurden.“ Saladir konnte nicht anders, als sein Gegenüber einmal mehr sprachlos anzustarren. Der Kerl brachte ihn wirklich dazu, an seinem eigenen Verstand zu zweifeln. Sollte der Kerker tatsächlich die beste Alternative von allen sein? Nicht verhungernd oder vor Erschöpfung sterbend, nicht gedemütigt, weil er als Sklave in Ketten gehen musste... dafür mit einer eigenen Zelle in einem Verlies? Unter solchen Umständen war es schwer, auf die Würde einer adligen Abstammung zu beharren – wenn es hier keinen wirklichen Adel gab, weil sich hier jeder, egal welcher Herkunft und Eignung, zum König morden konnte. „Wenn... wenn du sowieso auf alles eine Antwort hast“, fauchte Saladir, „dann verrate mir, was du in meiner Situation gemacht hättest!“ „Ich hätte den Tod meines Vaters akzeptiert und wäre bis zuletzt bei ihm geblieben...“ Wieder ließ der Schock Saladirs Knie weich werden, und wieder fiel er. Hastig versuchte er wieder auf die Beine zu kommen, während er fassungslos die Kälte der Worte zu verarbeiten versuchte. „Aber man muss doch... man muss... doch alles versuchen, um die, die man liebt, zu retten!“, wisperte er heiser. Nicht nur durch die Halsfessel hatte der junge Prinz Mühe, den Kloß in seinem Hals herunterzuschlucken. „Ich kann meinem Vater doch nicht einfach beim Sterben zusehen!“ „Stattdessen wird er nun mit dem Gedanken sterben, dass sein jüngster Sohn wegen ihm und einer fixen Idee gestorben ist? Und du nennst mich grausam?“ „Es war keine fixe Idee“, entgegnete Saladir nicht ohne Stolz. „Ich habe doch gefunden, wonach ich gesucht habe.“ „Mich?“, fragte Azul amüsiert. „Wohl kaum, du Wahnsinniger! Die Nachtrose!“ „Ihr hättet nur ein offizielles Handelsangebot schicken müssen.“ „Die Händler haben gesagt, dass sie keine hätten.“ „Dann habt ihr die falschen gefragt. Was meint ihr, woher ihr Lythari eure geliebten Juwelen bekommt? Woher die Schmiede ihr edles Metall? Aus unseren Minen. Woher kommen Kissard-Schuppen für magische Zeremoniendolche, der süße Silberrebenwein für Festgelage oder die schwarzen Perlen der Waldelfen? Alles von uns, den bösen Dämonen, mit denen man Kindern Angst macht, damit sie gehorchen... Viele Völker in Kerui kümmert es nicht, woher ihr Luxus stammt, so lange er verfügbar ist.“ „Ihr hättet ein Handelsangebot von uns angenommen? Dass ich nicht lache“, entgegnete Saladir bitter, wunderte sich jedoch gleichzeitig darüber, wie einfach alles gewesen sein sollte. „Ich allein bestimme, welche Angebote angenommen werden“, erklärte Azul. „Ihr habt – trotz eurer angeblichen Sorge um das Wohlbefinden eures Königs – nicht einmal eines gestellt. Im Gegenteil: Du hast dich sogar entschieden, lieber zu stehlen, und nun sieh, wohin es dich gebracht hat. Nun habe ich das Leben des Königs der Lythari und das seines zweiten Sohnes in der Hand.“ „Unsere Völker sind verfeindet. Hätten wir ein Handelsangebot geschickt, hättet ihr uns wahrscheinlich Gift geschickt und behauptet, es wäre Medizin.“ „Sind eure Heiler so unwissend, dass sie nicht merken, wenn man sie hinters Licht führt? Die Dosis macht das Gift, kleiner Dieb. Ganz besonders bei Heiltränken.“ „Ihr... ihr hättet uns... geholfen?“ Der junge Prinz runzelte misstrauisch die Stirn. „Warum?“ „Wir hätten nicht „geholfen“. Ihr hättet etwas gekauft und dafür bezahlt, also warum nicht? Es wäre nicht das erste Mal, dass ein lytharischer Händler die Rosen oder Himmelsessenz haben will – und es wird auch nicht das letzte Mal sein. Das Leben deines Vaters ist dabei nicht von Bedeutung.“ Saladir wusste, dass er etwas anderes fragen sollte, doch der Gedanke war laut ausgesprochen, noch bevor er seine Zunge zurückhalten konnte. „Also hast du gelogen, als du sagtest, du würdest mich gehen lassen, wenn du etwas im Tausch bekommst?“ Ein Schatten flog über das Gesicht Azuls, und der junge Prinz fürchtete kurz, den Naralfir verärgert zu haben. „Ich lüge nie“, antwortete dieser kalt. „Du selbst hast dafür gesorgt, dass niemand weiß, wo du jetzt bist.“ Er lächelte hinterhältig. „Und ich habe derzeit nicht die Absicht, daran etwas zu ändern.“ „Als ob ich zulassen würde, dass du mich noch einmal anrührst!“ „Wenn ich dich nehmen will, nehme ich dich. Ich brauche dein Einverständnis dafür nicht.“ „Du verdammter...“ Azul kam mit einem wölfischen Lächeln und funkelnden Augen auf Saladir zu und tauchte unter dessen gefesselten Händen hindurch in eine enge Umarmung. Der Überraschte hielt vor Schreck die Luft an, als er merkte, wie ihm das Leinenhemd wieder hochgezogen wurde und Azul seine Oberschenkel umfasste. Im nächsten Moment hob der Naralfir ihn hoch, und der Lythari spürte das Zeichen der Erregung, das sich gegen seinen Hintern presste. Zappelnd versuchte er zu entkommen. „Nicht so ungeduldig, kleiner Dieb... sonst tust du dir weh...“ „Nein...“, krächzte Saladir und rüttelte verzweifelt an seinen Fesseln. „Nicht nochmal...“ Wieder spürte der junge Prinz, wie Azul in ihn eindrang. Es tat nicht so weh wie vorher, aber angenehm war es auch nicht. Es war nicht nur demütigend, sondern auch etwas, wofür ihm die Worte fehlten. Saladir erkannte, dass er nicht mehr Herr seiner selbst war, weder seines Körpers noch seines Verstandes, denn beide wurden mit Eindrücken und Gefühlen überflutet und jedes Weigern, jeder Fluchtversuch, jede kleinste Bewegung... alles verlief ins Leere. Der junge Prinz war wehrlos, eine verstörende Feststellung. So biss Saladir die Zähne zusammen, wandte den Kopf zur Seite und schloss fest die Augen. Er wollte diesem Mann nicht ins Gesicht sehen müssen, der ihn hielt, als hätte er nur das Gewicht einer Taube, während seine Erektion wie ein perverses Streicheln in ihm ein und aus glitt. Es war ein widerliches Gefühl, und der junge Prinz kämpfte zischend den Ekel hinunter, der seine Kehle mit bitterer Galle füllte. Die schlürfende Geräusch, das Azuls Stoßen in diese verbotene Öffnung verursachte und das Gefühl dieser Bewegung in seinem Inneren, dieses heiße Ding... wie ein lebender Wurm, der sich schmatzend in ihn hineinfraß... Saladir versuchte verzweifelt auszublenden, was mit ihm geschah, damit er sich nicht übergab. Er hoffte stumm, dass dem Mann in ihm bald die Lust daran vergehen würde, sich an jemandem zu vergreifen, der nicht mehr Entgegenkommen als ein nasser Mehlsack zeigte. Im Moment konnte er nichts anderes tun, als alles stoisch zu ertragen. Wie konnte es Leute geben, die das als so schön empfanden, dass sie Männer einer Frau vorzogen? Der junge Prinz verstand es nicht. Sollte das jetzt sein Schicksal sein? Würde diese Art von Sex jetzt das Einzige sein, was er während seiner Gefangenschaft zu erwarten hatte? Im Kerker seiner Todfeinde zu versauern, wo Azul sich in ihm erleichterte, wenn ihm der Sinn danach stand? Diese Aussicht war das Gegenteil von dem, was der Lythari sich für seine Zukunft vorgestellt hatte. Als sich sein Peiniger nach einer gefühlten Ewigkeit ein zweites Mal einem Orgasmus hingab, schüttelte es Saladir, weil es auch Azul schüttelte. Der König der Naralfir erstickte einen dunklen Aufschrei, indem er in den Hals des Lythari biss, und der Gequälte knirschte mit den Zähnen, um nicht wieder vor Schmerz aufzuschreien. Als der junge Prinz endlich wieder auf seinen eigenen, zitternden Beinen stand und verstohlen zu Azul blickte, sah er, dass dieser schweißgebadet war. Die hellroten Augen funkelten und nachdem sich sein Atem wieder etwas beruhigt hatte, erschien ein herausforderndes Grinsen auf seinen Lippen. Bevor Saladir jedoch dazu etwas sagen konnte, was ihn womöglich in noch tiefere Schwierigkeiten gebracht hätte, hörte er ein platschendes Geräusch und spürte eine schleimige Flüssigkeit aus ihm herauslaufen und zu Boden tropfen. Sein Körper schüttelte sich vor Abscheu, Schande färbte seine Wangen rot und ließ ihn die Augen fest zukneifen. Das Gefühl, sich übergeben zu müssen, wurde unerträglich. Er – ein Prinz – war nicht mehr als ein Tier, das man angekettet hatte... „Du fühlst dich unglaublich an, kleiner Dieb“, hörte er Azuls Stimme an seinem Ohr, vor Lust dunkler als sonst, „so eng und dein Gesicht, wenn ich in dich stoße... es ist so hinreißend, dass es mich noch härter macht...“ Im nächsten Moment spürte Saladir den kalten Stein der Verliesmauern an seinem Rücken und die Zunge des Naralfir heiß in seinem Mund. Erschrocken keuchte er auf, doch Azul brach den Kuss nicht ab. Fordernd plünderte er den Mund des jungen Prinzen, presste ihn gewaltsam an sich und vergrub eine seiner Hände in dem hellblauen Haar, als Saladir den Kopf abwenden wollte. Als er mit der anderen Hand den Stoff um seine Unterarme zerriss, wollte der junge Prinz gerade erleichtert aufatmen, doch Azul drehte ihn grob um, zerrte wieder das Leinenhemd hoch und bestieg ihn ein drittes Mal. Seine Gewalt und seine Gier pressten dem Lythari die Luft aus den Lungen, und so vermischte sich ihrer beider Keuchen zu einem einzigen. Zum ersten Mal war Saladir unendlich dankbar dafür, dass Wände nicht sauber verputzt, sondern von Moos und Algen überwuchert waren, denn so federten die Pflanzen ein wenig die Wucht ab, mit der Azul seine Hüften malträtierte. Es roch zwar nach Moder und verfaulendem Laub, aber das war immer noch besser, als der Schmerz wundgescheuerter Haut. Eingeklemmt zwischen der Wand und Azuls Körper hob ihn jeder Stoß zudem ein Stück vom Boden auf die Zehenspitzen, wodurch auch seine Knie rhythmisch gegen die Wand stießen. Hatte dieser Kerl denn nie genug? Saladirs Keuchen vermischte sich erneut mit dem seines Peinigers, dessen Lust mit jedem Mal größer zu werden schien. Als Azul dieses Mal zum Höhepunkt kam, krachte er Saladirs Hüften so heftig gegen die Wand, dass dieser schmerzerfüllt aufschrie. Wenn das so weiterging, würde er von dem Naralfir zu einem äußerst peinlichen Tod verdammt, schoss es dem Lythari durch den Kopf. Schließlich wusste selbst er, der behütet aufgewachsen war, dass manche Sexspiele tödlich endeten, oder zumindest schlimme Verletzungen verursachen konnten. Bei den Naralfir musste man sich wohl darauf gefasst machen, dass... Saladir schüttelte mühsam den Kopf, um seiner Fantasie Einhalt zu gebieten. Azul hatte inzwischen die Stirn auf die Schulter des Erschöpften gelegt und stützte sich mit rasselndem Atem an der Wand ab. Saladir wagte es nicht, den Kopf zu drehen und ihm in die Augen zu blicken, sondern hielt still und wartete mit zitternden Knien darauf, dass sein Peiniger sich aus ihm zurückzog. Sein Herz raste vor Angst, und das Blut rauschte in seinen Ohren, aber der Lythari presste die Lippen aufeinander, damit dem Anderen seine Furcht verborgen blieb. Ein Klicken ertönte, und die Kette an der Halsfessel fiel klirrend zu Boden. Dennoch ließ Azul Saladir nicht los. Stattdessen presste er seinen unfreiwilligen Geliebten an sich und trat ein Stück von der Wand zurück. Saladir blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen, doch als sich eine der Hände des Naralfir an seiner Seite entlang nach unten bewegte und seine Mitte erreichen wollte, hielt er sie hektisch fest. „Nein, nicht... bitte...“, brachte er mühsam heraus. „Ich... ich kann... nicht mehr.“ Azul zog sich ruckartig aus ihm zurück, und der junge Prinz musste schmerzhaft erkennen, dass er diesen offenbar verärgert hatte. Erschöpft brach er in die Knie und blieb dort sitzen. Jedes Mal, wenn Azul ihn besuchte, tat ihm hinterher alles weh. Der Naralfir musterte ihn kurz mit unergründlicher Miene und warf Saladir Ugruis Reisemantel zu. Ohne ein weiteres Wort ging er zur Tür.  „Dann werde ich dich jetzt in deiner „Residenz“ wieder dir selbst überlassen. Adieu, kleiner Dieb.“ Saladir schwieg, bis er hörte, wie sich die Tür zu seinem Verlies öffnete, Azuls Schritte sich entfernten und die Tür wieder verriegelt wurde. Seine Anspannung ließ nach, und der junge Prinz ließ sich stöhnend auf die Seite fallen. Träge zog er sich Ugruis Mantel wie eine Decke über die Schultern und fiel in einen unruhigen Halbschlaf. Naralfir waren anstrengend, dachte er noch, egal ob man sich mit ihnen unterhielt oder körperlich mit ihnen zu tun hatte. Einige Zeit später schreckte er benommen auf, als er hörte, wie das Verlies erneut geöffnet wurde. Der junge Prinz kauerte sich ängstlich zusammen, als er hörte, wie dieses Mal die Schritte von zwei Leuten in seine Zelle traten. Der Mantel wurde hochgehoben, und ein leises Pfeifen zischte durch den Raum. „Interessant...“, murmelte eine Stimme heiser. „Das ist wirklich Rateshvars Sohn. Er ist ziemlich groß geworden. Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, war er dreizehn...“ Ein Naralfir, der ihn kannte? Saladir verkrampfte sich und zwang sich, den Schlafenden zu spielen, während sein Kopf fieberhaft überlegte, wer da gekommen sein mochte. Was auch immer die beiden Naralfir vorhaben mochten – er hatte keine Kraft für sie. Heute nicht mehr. Leder knirschte, und der Mantel wurde wieder über ihn gebreitet. Der andere Mann war Azul, erkannte Saladir, als dieser sprach. „Weißt du, kleiner Dieb, der alte König wollte immer eine Lythari-Konkubine...“, flüsterte er halblaut, „so etwas wie eine Schwester von dir wäre ideal gewesen, weil sie direkt von der königlichen Linie abstammt, aber... ich frage mich, was er dafür getan hätte, um dich in seine Finger zu kriegen, wenn er dich einmal zu Gesicht bekommen hätte.“ Hatte Azul etwa gemerkt, dass er wach war?! „Aber hast du ihn schon gefickt?“, fragte der andere Mann neugierig und schnalzte mit der Zunge. „Wenn man den Soldaten Glauben schenkt...“ „Das Gerede solltest du nicht überbewerten, Luban. Der Prinz hier sagt mir immer wieder, dass er mir nicht gehört, also kannst du dir denken, was passiert ist.“ Eine Woge der Dankbarkeit überflutete Saladir, dass Azul nicht damit angab, sein erster Mann gewesen zu sein. Hatte er ihn auch deshalb wieder zugedeckt, damit die verräterischen Spuren auf seinen Oberschenkeln verborgen blieben? Das konnte doch nicht sein, oder? „Aber Tradui hast du umgebracht, weil er ihn probeliegen wollte, habe ich gehört!“ Kühle Finger mit spitzen Nägeln strichen über Saladirs Wange und fuhren seinen Hals hinunter. Das Herz des Lythari schlug schneller. „Ja, ich habe Tradui umgebracht“, entgegnete Azul mit Eiseskälte in der Stimme – und die Hand von Saladirs Hals verschwand sofort. „Er wollte eine wichtige Geisel töten. Meinst du, ich riskiere einen Krieg wegen einem Gerücht, oder weil ein Lythari sagt, er sei ein Prinz, ohne es zu prüfen?“ „Hm, auch wieder wahr. Wenn du also nichts dagegen hast, würde ich ihn gerne in meine Obhut nehmen...“ „Nichts da, der bleibt hier. Man kann ihm nicht trauen.“ „Auch gut. Je weniger ihn zu Gesicht bekommen, desto besser und sicherer.“ „Wieso besser?“ Die Schritte entfernten sich wieder, und Saladir atmete leise auf. „Weil dieser kleine Kerl hier sonst reihenweise die Herzen brechen wird. Nicht nur mein Bruder und Tradui hatten eine Schwäche für alles, was selten ist. Wenn du ihn draußen rumlaufen lässt, musst du dir ständig Sorgen machen, ob ihm was passiert.“ „Ich bin hier! Es ist unhöflich, über jemanden zu reden, als wäre er nicht da!“, rief Saladir entsetzt über diese Unterstellung und wusste nicht, ob er gekränkt sein sollte. „Was für ein Mundwerk!“ Luban brach in Gelächter aus. „Bis jetzt ist es noch unterhaltsam“, stimmte Azul ihm zu und verließ mit seinem Begleiter das Verlies. „Ich würde es ihm stopfen...“ „Das glaube ich dir unbesehen...“ Die Schritte entfernten sich wieder, während Saladir ein eisiger Schauder den Rücken hinunterlief. Hastig zog er Ugruis Mantel enger um sich. Dunkel in seiner Erinnerung blitzte das Bild eines Naralfir auf, der bei seinem Vater vorgesprochen hatte, weil er eine Lythari zu heiraten gewünscht hatte, um ein Friedensbündnis zu schließen. Auch Rarya hatte zur Wahl gestanden. Doch die Gier in den Augen des Mannes, mit der er das Schloss und seine Bewohner gemustert hatte, hatte Saladir bei der ersten Audienz so sehr verstört, dass er noch Nächte später Alpträume gehabt hatte. Alpträume, in denen er die geforderte Braut gewesen war... und dieser Mann war Herzog Luban gewesen, der jüngere Bruder des früheren Königs? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)